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Management der Jungebermast

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26<br />

Schweinezucht aktuell 42 - 2013<br />

<strong>Management</strong> <strong>der</strong> <strong>Jungebermast</strong><br />

Dr. S. Müller, Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft Jena<br />

Mit <strong>der</strong> Novelle zum Tierschutzgesetz wurde die betäubungslose<br />

Ferkelkastration ab 1.1.2019 verboten. Als Alternative favorisieren<br />

große Schlachtunternehmen die Mast intakter Eber.<br />

Für die Mast von Hybridebern sprechen die günstigere Futterverwertung<br />

und bessere Schlachtkörperqualitäten (Muskelfleischanteil<br />

und Bauchfleischanteil), wenn an<strong>der</strong>e Begleiterscheinungen<br />

beherrschbar wären bzw. sich nicht grundsätzlich<br />

nachteilig auf das Verfahren auswirken. Dazu gehören:<br />

● Agonistisches Verhalten männlicher Tiere und daraus resultierende<br />

Konsequenzen, z.b.:<br />

● Anfor<strong>der</strong>ungen an die Haltungsverfahren<br />

● Auswirkungen auf die Selektionsanteile/Verlustraten<br />

● Anfor<strong>der</strong>ungen an die bedarfsgerechte Fütterung<br />

● Vergütung <strong>der</strong> Eberschlachtkörper mit nachweisbaren Geruchsbelastungen<br />

Welche Rolle diese Faktoren bei <strong>der</strong> <strong>Jungebermast</strong> spielen, ist<br />

im Nachfolgenden dargestellt.<br />

Agonistisches Verhalten<br />

Um unter Praxisbedingungen aussagefähige Informationen<br />

über das Verhalten von Masthybridebern zu erhalten, wurden<br />

in einem Thüringer Mastbetrieb über einen Zeitraum von vierzehn<br />

Tagen Videoaufnahmen vorgenommen. In den zeitgleich<br />

erfassten Buchten standen je 22 männlich intakte (linke Bucht)<br />

bzw. weibliche Masthybriden<br />

(rechte<br />

Bucht) auf Teilspaltenboden.<br />

Die<br />

Fütterung erfolgte<br />

über eine Sensorfütterungsanlage<br />

mit<br />

Kurztrog in 4 Futterblöcken.<br />

Aus den<br />

Videoaufnahmen<br />

wurde ein Tagesver-<br />

Prüfung von Masthybridebern<br />

in <strong>der</strong> LPA<br />

Fotos: Müller, S.<br />

Dornburg<br />

haltensmuster für<br />

Eber und weibliche<br />

Tiere erstellt, indem<br />

zwischen „Ruhen“,<br />

„Fressen“ und „Aktivität“ differenziert wurde. Innerhalb <strong>der</strong><br />

Aktivitätsphasen wurden noch die Anzahl <strong>der</strong> beobachteten<br />

Aufreitvorgänge ausgezählt.<br />

In den täglichen Anteilen für Ruhen, Fressen und Aktivität<br />

fielen bei Ebern im Vergleich zu denen von Sauen in <strong>der</strong> Endmastphase<br />

(ca. 80-90 kg) in <strong>der</strong> Schweinemastanlage B. folgende<br />

Unterschiede (Abb. 1), auf:<br />

1. Eber ruhten im Tagesverlauf ca. 1,5 Stunde je Tag länger<br />

und hatten eine leicht verkürzte Futteraufnahmezeit.<br />

2. Wenn Eber aktiv waren, dann zeigten sich die erwarteten<br />

Unterschiede im agonistischen Verhalten, d.h. den Kämpfen<br />

und Aufreiten. Während innerhalb <strong>der</strong> Untersuchungsserie<br />

Sauen 16 Minuten am Tag sichtbar miteinan<strong>der</strong><br />

kämpften, nahm Kämpfen bei gleichaltrigen Ebern mit 36<br />

Minuten am Tag doppelt soviel Zeit in Anspruch.<br />

3. Das Aufreiten wurde an keinem Tag bei Sauen beobachtet,<br />

demgegenüber bei Ebern mit durchschnittlich 14 x pro<br />

Abb. 1: DLG-Fütterungsempfehlungen für Masthybriden<br />

mit differenziertem Wachstumsvermögen und die <strong>Jungebermast</strong><br />

(DLG, 2010)<br />

Tag. Auffällig erscheint, dass das Aufreiten häufiger in den<br />

Nachmittags- bzw. Abendstunden beobachtet wurde.<br />

Durch die vom Institut für Tierschutz und Tierhaltung des FLI,<br />

Celle, durchgeführten Verhaltensbeobachtungen von Mastebern<br />

unter LPA-Bedingungen konnte das auftretende agonistische<br />

Verhalten noch intensiver differenziert werden (BÜNGER<br />

et al., 2012): So traten im Vergleich zu Sauen und Kastraten<br />

ca. 3mal so häufig gegnerische Interaktionen (Stoßen, Beißen,<br />

Kämpfen und Aufreiten) zwischen Ebern am Tag vor dem ersten<br />

Rausschlachten auf. Unerwartet war, dass sich diese nach<br />

<strong>der</strong> Ausstallung <strong>der</strong> schwersten Tiere nicht erhöhten.<br />

Um während <strong>der</strong> Mastperiode möglichst geringe Verluste o<strong>der</strong><br />

Selektionen zu verursachen, werden stabile Gruppen empfohlen,<br />

da durch feste Rangordnungen in diesem Fall eine geringere<br />

Fülle von Auseinan<strong>der</strong>setzungen beobachtet wird.<br />

Bezüglich <strong>der</strong> Verletzungshäufigkeiten, die sich aus dem<br />

verän<strong>der</strong>ten Verhalten von Ebern ergeben, berichtete MEYER<br />

(2011), dass nach Einstallung über 50% und zu allen an<strong>der</strong>en<br />

Zeitpunkten 10% <strong>der</strong> Eber in Kategorie ‚mittelgradige’ bis ‚extrem<br />

stark blutende Verletzungen’ eingestuft werden mussten.<br />

BÜNGER et al. (2012) unterschieden bei den verursachten Verletzungen<br />

zwischen den Körperregionen Hals/Nacken, Schulter,<br />

Flanke, Rücken und Schinken. Obgleich Eber mit 27% deutlich<br />

häufiger leichte Hautverletzungen zeigten, lag <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />

Tiere mit häufigeren o<strong>der</strong> größeren Hautverletzungen unter 3%.<br />

Zum Vergleich: Nur 1,3% <strong>der</strong> Sauen und 4,5% <strong>der</strong> Kastraten<br />

hatten ebenfalls leichte Hautverletzungen. Verletzungen o<strong>der</strong><br />

blutende Wunden wurden auch bei Ebern nicht beobachtet.<br />

Zu berücksichtigen sind auch sehr geschlechtsspezifische Verletzungen,<br />

die sich nur männliche Tiere zufügen können, wie<br />

das so genannte „Penisbeißen“. Insgesamt muss von ca. 1%<br />

höheren Verlusten in Ferkelaufzucht und Mast gegenüber den<br />

kastrierten Wurfgeschwistern ausgegangen werden.


Schweinezucht aktuell 42 - 2013 27<br />

Es gibt eine Reihe von Empfehlungen, Masthybridebern aus<br />

den o.g. Gründen mehr Platz in den Mastbuchten anzubieten.<br />

Jedoch realisierten Eber sowohl in Klein- als auch Großgruppen<br />

nach SCHULZE-LANGENHORST et al. (2012) bei einem höheren<br />

Platzangebot je Tier keine besseren biologischen Leistungen.<br />

Bedarfsgerechte Fütterung<br />

Für eine bedarfsgerechte Fütterung sind Kenntnisse über die<br />

Zusammensetzung des Zuwachses und das Futteraufnahmevermögen<br />

notwendig. Es ist bekannt, dass sich Eber von Kastraten<br />

nicht nur durch ihren um 3- 5% höheren Muskelfleischanteil<br />

und eine um ca. 1-2% geringere Ausschlachtung, son<strong>der</strong>n auch<br />

im Futteraufnahmevermögen und dem Wachstumsverlauf unterscheiden.<br />

Auch die Gewebe- und die Ganzkörperzusammensetzung<br />

von Masthybridebern unterscheidet sich deutlich<br />

von <strong>der</strong> von Kastraten bzw. weiblichen Masthybriden.<br />

Auf <strong>der</strong> Basis bekannter Kenngrößen zum Proteinansatz-,<br />

Futteraufnahmevermögen, Körpermassezuwachs und Muskelfleischanteil<br />

im Zuwachs wurden von <strong>der</strong> GfE Fütterungsempfehlungen<br />

abgeleitet (Abb. 1), die für die Ebermast im Gehalt<br />

an essentiellen Aminosäuren deutlich höhere Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

stellt. Ursachen dafür sind insbeson<strong>der</strong>e das begrenzte Futteraufnahmevermögen<br />

und <strong>der</strong> höhere Proteinansatz je Tag, <strong>der</strong><br />

für Eber mit 160 g/d veranschlagt wurde (SUSENBETH, 2012).<br />

Tab. 1: Ergebnisse <strong>der</strong> Fleischleistungsprüfung von Masthybriden<br />

mit differenziertem Versorgungsniveau an EAS<br />

(BLE-Verbundprojekt „Eberfütterung, 1. Durchgang)<br />

Nach den vorläufigen Ergebnissen im Rahmen des BLE-Verbundprojektes<br />

„Eberfütterung“ 1 konnten im Vergleich zur<br />

Kontrolle (100% EAS), die in <strong>der</strong> Versorgung den DLG-Empfehlung<br />

entsprach, mit Zulagen von 115 bzw. 130% essentieller<br />

Aminosäuren (EAS) keine positiven Effekte auf die Mastleistung<br />

und den Schlachtkörperwert von Masthybridebern<br />

(Pietrain x Hybridsau) erreicht werden (Tab. 1). Der auf <strong>der</strong><br />

Basis <strong>der</strong> Ganzkörperanalysen ermittelte mittlere tägliche Proteinansatz<br />

betrug im Durchschnitt 151 bis 156 g je Tag.<br />

1 Das Verbundvorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums<br />

für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter dem<br />

Geschäftszeichen 313-06.01-28-1-38.026-10 bis 313-06.01-28-1-<br />

38.031-10 geför<strong>der</strong>t.<br />

Risiko des Auftretens von Ebergeruch<br />

Der Gehalt <strong>der</strong> geruchsaktiven Substanzen Androstenon, Skatol<br />

und Indol im Fettgewebe wird sowohl von endogenen (Genetik,<br />

Alter) als auch exogenen (Fütterung, Haltung) Faktoren<br />

beeinflusst.<br />

Die auftretenden Rassen- und Linienunterschiede sind beachtlich,<br />

wobei insbeson<strong>der</strong>e zwischen den Vaterrassen Pietrain<br />

bzw. Duroc erhebliche Differenzen im Androstenongehalt des<br />

Fettes bestehen (NIGGEMEYER, 2012).<br />

Auffallend sind nach wie vor die recht großen Diskrepanzen in<br />

<strong>der</strong> Häufigkeit des Auftretens von Ebergeruch, wenn man die Ergebnisse<br />

<strong>der</strong> wissenschaftlichen Untersuchungen (bis über 50%)<br />

mit denen <strong>der</strong> Angaben<br />

aus Schlachtunternehmen<br />

(2 bis 5%)<br />

vergleicht.<br />

Es bleibt zu hoffen,<br />

dass auch zukünftig<br />

den Mästern die Anteile<br />

geruchsbelasteter<br />

Schlachtkörper<br />

nicht durch erhebliche<br />

Anzüge angelastet<br />

werden. Um einem<br />

Eberläufer in <strong>der</strong> Ferkelaufzucht <strong>der</strong><br />

LPA Dornburg<br />

hohen Anteil von Schlachtkörpern mit Ebergeruch entgegen zu<br />

wirken, können folgende Maßnahmen umgesetzt werden:<br />

1. Durch Einsatz von Eberlinien, die auf niedrigen Ebergeruch<br />

gezüchtet wurden, kann <strong>der</strong> Anteil geruchsauffälliger Eberschlachtkörper<br />

deutlich reduziert werden (GRÜN, 2012).<br />

Auch vom MSZV wurden die ersten 60 Pietrain-Eber<br />

hinsichtlich ihres Androstenongehaltes zum Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

Zuchtbenutzung typisiert. Es zeigte sich eine beachtliche<br />

Varianz innerhalb <strong>der</strong> geprüften Vatertiere, die bei <strong>der</strong> Anpaarung<br />

von Endstufenebern genutzt werden könnten.<br />

2. Fütterung von Zusätzen mit skatolreduzieren<strong>der</strong> Wirkung,<br />

z.b. 5 bzw. 10% Inulin 4- 6 Wochen vor Schlachtung (LIN-<br />

DERMAYR, 2012), 30% rohe Kartoffelstärke 4 Wochen vor<br />

Schlachtung (SANDER, 2012)<br />

3. Wahrung <strong>der</strong> Sauberkeit in den Buchten, damit Verbesserung<br />

<strong>der</strong> sensorischen Bewertung von Fett (ALUWE et al.,<br />

2011)<br />

Fazit:<br />

Die Mast von intakten Jungebern ist praktikabel. Beson<strong>der</strong>er<br />

Wert sollte gelegt werden auf :<br />

1. Kein erneutes Vermischen von Haltungsgruppen, um Verletzungen<br />

und Selektionen infolge von Rangkämpfen zu<br />

reduzieren<br />

2. Eine Fütterung, die sich an den Empfehlungen <strong>der</strong> DLG<br />

orientiert und möglichst auch bei weitem Tier-Fress-Platz-<br />

Verhältnis eine ad libitum ähnliche Versorgung aller Tiere<br />

<strong>der</strong> Haltungsgruppen gewährleistet, um ein Auseinan<strong>der</strong>wachsen<br />

<strong>der</strong> Tiere zu vermeiden<br />

3. Die Umsetzung von Maßnahmen, die möglichst geringe<br />

Anteile von Schlachtkörpern mit Ebergeruch gewährleisten<br />

Mit Nachdruck ist an <strong>der</strong> Entwicklung objektiver Verfahren<br />

zur Reduzierung des Anteils bzw. <strong>der</strong> Erkennung von Schlachtkörpern<br />

mit Ebergeruch zu arbeiten, um das Verfahren ab 2019<br />

ohne negative Auswirkungen für den Schweinefleischabsatz<br />

in größerem Umfang etablieren.

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