Marktplatz
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Österreichische Post aG info.Mail Entgelt bezahlt<br />
<strong>Marktplatz</strong><br />
Hofsteig<br />
ausgabe september 2010<br />
Wolfurter HerbstMarkt<br />
am sonntag, 3. oktober<br />
iMMer Weiter<br />
herbert albrecht in seinem atelier<br />
scHindeln für Meine bank<br />
architekt christoph Kalb zur raiba am hofsteig<br />
preisgekrönt<br />
rad.fahren & Ein.Kaufen gewinnt Mobilitätspreis<br />
MeHr als ein einfacHer bürojob<br />
lehrlingskoordinatorin angelika alfara von haberkorn ulmer<br />
Wir braucHen keine ideologie<br />
interview teil 2 mit den Wolfurter schuldirektorinnen<br />
Kontakt: wirtschaft.wolfurt@gmx.at<br />
Wirtschaft Wolfurt
Österreichische Post aG info.Mail Entgelt bezahlt<br />
<strong>Marktplatz</strong><br />
Hofsteig<br />
ausgabe september 2010<br />
Wolfurter HerbstMarkt<br />
am sonntag, 3. oktober<br />
iMMer Weiter<br />
herbert albrecht in seinem atelier<br />
scHindeln für Meine bank<br />
architekt christoph Kalb zur raiba am hofsteig<br />
preisgekrönt<br />
rad.fahren & Ein.Kaufen gewinnt Mobilitätspreis<br />
MeHr als ein einfacHer bürojob<br />
lehrlingskoordinatorin angelika alfara von haberkorn ulmer<br />
Wir braucHen keine ideologie<br />
interview teil 2 mit den Wolfurter schuldirektorinnen<br />
Kontakt: wirtschaft.wolfurt@gmx.at<br />
Wirtschaft Wolfurt
Wolfurter<br />
HerbstMarkt<br />
HandWerk und Handarbeit<br />
sonntag, 3. oktober<br />
Der frühe herbsttermin hat sich im letzten Jahr bewährt und wurde von der Bevölkerung<br />
sehr gut angenommen. auch in diesem Jahr findet der herbstmarkt deshalb am ersten<br />
oktoberwochenende statt.<br />
am sonntag, 03.10.2010, werden unter dem Motto handwerk und handarbeit selbstgefertigte<br />
accessoires, schöne Geschenkideen und allerlei Nützliches angeboten.<br />
Neu ist das team der Wirtschaft Wolfurt: Yvonne Böhler, seit april Gemeinderätin für<br />
Wirtschaft & Nahversorgung, und christian hartmann organisieren den Markt.<br />
11 uhr Markteröffnung<br />
durch Bürgermeister christian Natter und Pfarrer German amann. Wie schon in den<br />
Vorjahren wird der längste apfelstrudel angeschnitten. Der Verkaufserlös kommt<br />
einem guten zweck zugute.<br />
11.30 uhr frühschoppen<br />
mit der Wolfurter Bauernkapelle auf dem <strong>Marktplatz</strong><br />
Handwerk und Handarbeit<br />
filz, Keramik, Metall, Draht, stein, Korbwaren - eine bunte zusammenstellung edler<br />
und individuell gefertigter Werkstücke.<br />
das Musikhaus Hinteregger<br />
zeigt, wie instrumententeile gefertigt werden.<br />
Happy Hands austria<br />
formen sie die eigene hand aus Wachs.<br />
Weitere programmpunkte<br />
> Kürbisschnitzen für Kinder<br />
> Modeschau mit Mode aus dem Weltladen<br />
> informationen zur althaussanierung vom e5-team<br />
- hoch hinaus: mit dem steiger der feuerwehr Wolfurt Überblick behalten<br />
MarKtPlatzHofsteig 2 | 3
hErBErt alBrEcht: iMMEr WEi<br />
t + f: BB<br />
birgit battlogg hat Herbert albrecht – einen der<br />
bedeutendsten bildhauer im deutschsprachigen<br />
raum – in seinem atelier in Wolfurt aufgesucht.<br />
albrecht, 1927 im bregenzerwald geboren und in<br />
Wien bei fritz Wotruba ausgebildet, arbeitet vorwiegend<br />
als steinbildhauer. sehr bekannt sind seine<br />
„köpfe“. arbeiten von Herbert albrecht finden<br />
sich beispielsweise vor dem cubus in Wolfurt,<br />
vor dem orf in dornbirn und – seine neueste –<br />
am bregenzer Hafen.<br />
Etwas versteckt ist die kleine siedlung hinter der Wolfurter<br />
Kirche. Die schmale straße führt zu häusern, vor<br />
denen unverkennbar albrecht-skulpturen stehen. Das<br />
atelier lässt sich leicht ausfindig machen: Ein seilzug<br />
hängt vor der türe. Er hilft dem Künstler, die steinbrocken<br />
zu bewegen. Neben einer halbfertigen skulptur<br />
liegt ein hammer. Der stein ist noch hellgrau und staubig.<br />
herbert albrecht befeuchtet ihn und zeigt, wie<br />
sich die farbe entwickeln wird, sobald er poliert ist:<br />
dunkelgrau mit einem starken Braunton.<br />
im atelier stehen skulpturen: fertiggestellte, Modelle<br />
und studien. für einen laien sind sie nicht zu unterscheiden,<br />
aber für herbert albrecht hat jedes stück ein<br />
Eigenleben. Eine treppe führt in ein halb erhöhtes Büro.<br />
Überall sind große fenster, das licht fällt von zwei seiten<br />
herein. Vom Büro aus sieht man in die Werkstatt hinunter.<br />
Der raum ist gefüllt mit Büchern, zeichen- und<br />
Malutensilien, Bildern und zeichnungen. und es gibt<br />
drei gemütliche stühle – hier ist also auch Platz für Besucher.<br />
heute ist es sein Neffe Kilian, der überraschend<br />
vorbeikommt. herbert albrecht nimmt sich zeit. sehr<br />
gerne sogar. Er möchte alle Neuigkeiten hören. zuvor<br />
aber noch schnell das interview...
tEr<br />
MpH: seit wie vielen Jahren leben sie schon in Wolfurt?<br />
Wie hat es sich ergeben, dass sie sich hier niedergelassen<br />
haben?<br />
Herbert albrecht: Es war mehr oder weniger zufall.<br />
Wir lebten in einer Mietwohnung in Bregenz, mein atelier<br />
war in Dornbirn. als uns der Mietvertrag gekündigt<br />
wurde, sind wir auf dieses haus hier in Wolfurt gestoßen.<br />
Das war 1965, und seither sind wir Wolfurter.<br />
obwohl – ein Wälder wird natürlich immer ein Wälder<br />
bleiben. trotzdem: Wolfurt ist eine schöne Gemeinde<br />
und wir wohnen gerne hier.<br />
MpH: Warum sind sie Bildhauer geworden? hat sie je<br />
eine andere Kunstrichtung interessiert?<br />
Ha: zuerst habe ich gemalt und gezeichnet. Mit 12 oder<br />
13 habe ich dann begonnen, figuren zu schnitzen. Mein<br />
onkel Kaspar albrecht – er war architekt und Bildhauer<br />
- war immer ein Vorbild für mich, und bald war für mich<br />
klar, dass ich in die Kunstgewerbeschule wollte.<br />
MpH: Mit 14 Jahren sind sie nach innsbruck, weg von<br />
der familie, von ihrer heimat. Wie war das für sie?<br />
Ha: herrlich! zum ersten Mal selbstständig sein, nicht<br />
mehr gehorchen müssen, tun und lassen können, was<br />
ich wollte. Das war eine großartige zeit. Mein Vater war<br />
lehrer und hat selbst in innsbruck studiert. Er hat seine<br />
Kontakte genutzt, um mir ein Quartier zu organisieren.<br />
Wir hatten Bekannte in innsbruck, also fühlte ich mich<br />
auch nie einsam.<br />
MpH: Dann kam der Krieg dazwischen. sie mussten<br />
einrücken und gerieten sogar in Gefangenschaft. Wie<br />
geht man mit solchen Erinnerungen um?<br />
Ha: sicher denke ich manchmal daran. Das Größte, an<br />
das ich mich erinnern kann war, schwimmend die Elbe<br />
zu durchqueren. aber albträume habe ich keine. ich<br />
war so jung. als dieses system gestürzt wurde, sah<br />
ich keine chance mehr. ich dachte, es würden alle, die<br />
nur irgendetwas mit dem deutschen reich zu tun gehabt<br />
haben, einfach erschossen. Wir wussten es nicht.<br />
ohnmacht – das war das zentrale Gefühl. Während der<br />
ganzen zeit, im Krieg und danach, gab es für mich eigentlich<br />
nur einen Gedanken: Überleben.<br />
MpH: Nach dem Krieg haben sie die Kunstgewerbeschule<br />
abgeschlossen, danach bei ihrem onkel mitgearbeitet<br />
und sind dann nach Wien, um an der akademie<br />
der Bildenden Künste zu studieren. War hier ihr onkel<br />
eine treibende Kraft?<br />
Ha: Nein. ich glaube, mein onkel hätte mich gerne in<br />
seiner Werkstatt behalten, aber ich wollte nach München<br />
oder nach Wien. Bei uns daheim haben immer<br />
schon Künstler verkehrt. ich wusste, dass ich für die<br />
akademie in Wien zuerst die Kunstgewerbeschule besuchen<br />
musste. Das war damals fast Voraussetzung,<br />
denn die Professoren erwarteten von uns, dass wir das<br />
handwerk beherrschten.<br />
MpH: 1955 sind sie wieder nach Vorarlberg zurückgekehrt.<br />
haben sie je mit dem Gedanken gespielt, in Wien<br />
zu bleiben oder dahin zurückzukehren?<br />
Ha: Ja, selbstverständlich. Beides. aber 1955 glaubte<br />
ich nicht, dass die russen Wien jemals verlassen würden.<br />
und ich habe miterlebt, was russische Besatzung<br />
bedeutet hat. Der Westen stand damals wirtschaftlich<br />
viel besser da und es war sicherer dort. also kam ich<br />
zurück. Bleiben wollte ich nicht, ich wollte irgendwohin.<br />
aber dann kamen die frauen ins spiel und ich bin,<br />
wie man so schön sagt, hängengeblieben.<br />
MpH: Von ruhestand ist bei ihnen noch nicht viel zu<br />
spüren. sie haben eben eine skulptur für den Bregenzer<br />
hafen fertig gestellt.<br />
Ha: Nein, an ruhestand denke ich nicht. Es geht immer<br />
weiter. Mein Bildhauerkollege Pillhofer ist gerade<br />
gestorben, mit 89 Jahren. auch er hat bis zuletzt gearbeitet.<br />
MarKtPlatzHofsteig 4 | 5
MpH: Woher nehmen sie die ideen für ihre Kunstwerke?<br />
Ha: Das ist ganz verschieden. Das lässt sich auch<br />
nicht planen. Manchmal fällt mir beim lesen eines<br />
Buches etwas ein, oder es ist etwas, das man irgendwo<br />
sieht. reisen sind schön, Museumsbesuche, aber<br />
auch Gespräche unter Kollegen können neue ideen<br />
bringen.<br />
MpH: sie haben immer wieder auch sakrale Kunstwerke<br />
geschaffen. ist das ausdruck ihres Glaubens?<br />
Ha: Die ganze abendländische Kunst wurde für die Kirche<br />
geschaffen. Kunst und Kirche – das lässt sich nicht<br />
trennen.<br />
MpH: ihr bevorzugtes Material ist stein. Wo bekommen<br />
sie ihre steine her? Wo liegt die faszination?<br />
Ha: aus dem südtirol, aus Kärnten, aus carrara. Von<br />
überall. ich fahre in die steinbrüche und suche die stücke<br />
aus. stein ist wunderbar. aus stein ist die ganze Welt.<br />
MpH: hören sie Musik, wenn sie arbeiten?<br />
Ha: Nein, das geht nicht. ich brauche ruhe. Beim arbeiten<br />
muss ich auch alleine sein.<br />
MpH: Möchten ihre Enkelkinder von ihnen lernen? Bringen<br />
sie ihnen etwas von ihrem handwerk bei?<br />
Ha: Ja, natürlich. Wir malen regelmäßig miteinander.<br />
Morgen ist so ein tag. sie haben angerufen und wollten<br />
unbedingt mit mir malen gehen.<br />
MpH: Wo steht die Bildhauerei im Moment, und wie<br />
wird sie sich entwickeln?
Ha: Man hört sehr viele Negativaussagen, die Jungen<br />
würden alles kaputt machen. ich halte nichts von dieser<br />
schwarzmalerei. Es gibt hochtalentierte junge Bildhauer.<br />
Nur am anfang sieht man das vielleicht noch<br />
nicht. Die Materialien haben sich geändert. stein ist<br />
langsam, schwerfällig. Davor schrecken manche vielleicht<br />
zurück, aber ich bin überzeugt, dass dieses Material<br />
immer wiederkommt.<br />
MpH: an welchem Projekt arbeiten sie zurzeit? Wo<br />
wird man ihre arbeiten als Nächstes sehen können?<br />
Ha: ich arbeite immer an verschiedenen Dingen gleichzeitig.<br />
Derzeit habe ich eine ausstellung in salzburg,<br />
und für 2011 ist eine in Wien geplant.<br />
MpH: alles Gute und vielen Dank für das Gespräch.
schiNDElN fÜr MEiNE BaNK<br />
t + f: Mh<br />
am 26. oktober weiht die raiffeisenbank am Hofsteig mit einem tag<br />
der offenen tür ihr neues altes gebäude ein. aus dem ehemals braunen<br />
giebeldachhaus ist ein grauer Quader geworden. geplant hat es der<br />
dornbirner architekt christoph kalb. Was sagt die architektur über die<br />
bank, wie soll sie auf die Menschen wirken? Martin Hartmann hat bei<br />
christoph kalb nachgefragt.<br />
MpH: Was muss ein Bankgebäude nach außen vermitteln<br />
– wie muss es innen sein?<br />
christoph kalb: Das Bankgebäude hat zum einen<br />
die aufgabe die inneren Werte der raiffeisenbank am<br />
hofsteig nach außen in die Öffentlichkeit zu transportieren<br />
und zum anderen an diesem sehr prominenten<br />
Platz in Wolfurt, am Eingang zum alten Dorfkern,<br />
einen städtebaulichen akzent zu setzen. Der innenraum<br />
muss eine einladende atmosphäre für die Kunden<br />
sowie ein optimales räumliches arbeitsumfeld für<br />
die Mitarbeiterinnen bieten. Durch den Einbau eines<br />
viergeschossigen atriums/lichthofes im zentrum des<br />
Gebäudes konnten wir beide aufgaben erreichen.<br />
MpH: Warum dunkler schiefer als außenhaut?<br />
ck: Das natürliche Material schiefer erscheint je nach<br />
lichtverhältnis und sonneneinstrahlung in unterschiedlicher<br />
intensität – unterschiedlicher farbe, weiters<br />
führt auch die farbveränderung bei regenwetter<br />
zu einem interessanten Einfluss. Durch die lage des<br />
Bankgebäudes am alten Dorfkern mit seinen geschin-<br />
delten häusern erhält die fassade eine wichtige funktion.<br />
Die umsetzung der fassade mit einem Material<br />
in schindelform, hier mit schiefer, zeigt bewusst eine<br />
hommage an die alte Baustruktur in Wolfurt. Dieses<br />
thema wird sich im innenraum mit raumbezeichnungen<br />
– raumnamen fortführen.<br />
MpH: Wie werden die Menschen durch die vorhandene<br />
architektur beeinflusst?<br />
ck: ich glaube, dass gute architektur Menschen positiv<br />
beeinflussen kann. Die wichtigsten Bereiche, Plätze<br />
und stimmungen des neuen Gebäudes werden dies<br />
tun. Die positiven Wahrnehmungen werden den Besuchern<br />
Möglichkeiten aufzeigen, wie räume gestaltet,<br />
atmosphären geschaffen werden können, sei es<br />
durch die lichtführung, die verwendeten Materialien,<br />
die Veränderung der fassade im tagesverlauf, die gerahmten<br />
ausblicke aus den räumen (z.B. Gebhardsberg<br />
oder das schloss Wolfurt), der autofreie Vorplatz<br />
für Begegnungen und Veranstaltungen, der niedrige<br />
Energieverbrauch (knapp Passivhausstandard).
MpH: Das alte Gebäude war im innern eher dunkel – wie<br />
sind sie bei der Planung mit dem licht umgegangen?<br />
ck: Das natürliche licht ist für uns Menschen lebensnotwendig.<br />
Der Eingriff in das bestehende Gebäude mit<br />
dem Einbau eines atriums, eines lichthofes mit Dachverglasung<br />
und integrierten Prismen war sehr wichtig. Dadurch<br />
erhalten wir in der schalterhalle im Erdgeschoss<br />
eine ausleuchtung mit natürlichem licht, ebenso werden<br />
die an das atrium angrenzenden Büroräume im 2.<br />
und 3. obergeschoss mit natürlichem licht versorgt.<br />
MpH: Welche rolle spielt das repräsentative?<br />
ck: Natürlich hat ein Bankgebäude auch eine gewisse<br />
repräsentative aufgabe eines Geldinstitutes<br />
auszuüben. Dies hat aber im rahmen der lage des<br />
Gebäudes im Dorfgebäudeverband, der ortsüblichen<br />
Materialien und der angemessenheit der Erscheinung<br />
zu geschehen. ich glaube, dies wurde mit dem sanierten<br />
und erweiterten Bankgebäude der raiffeisenbank<br />
am hofsteig mit der schieferschindelfassade sehr gut<br />
erreicht.<br />
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architekturwerk christoph Kalb Gmbh<br />
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MarKtPlatzHofsteig 8 | 9
PrEisGEKrÖNt!<br />
aktion ein.kaufen & rad.faHren wurde am 23. september<br />
mit dem österreichischen Mobilitätspreis ausgezeichnet<br />
im vergangenen Juni wurde in Wolfurt, Kennelbach,<br />
schwarzach, lauterach und hard erstmals die aktion<br />
„EiN.KaufEN & raD.fahrEN“ durchgeführt. organisiert<br />
wurde die aktion, an der sich 24 Wolfurter Betriebe<br />
beteiligt haben, von der Wirtschaft Wolfurt und<br />
dem umwelt- und Mobilitätsausschuss der Gemeinde<br />
Wolfurt. Der Erfolg kann sich sehen lassen: trotz regnerischem<br />
Wetter wurden innerhalb von fünf Wochen<br />
allein in Wolfurt und Kennelbach 782 vollständig aus-<br />
uwe Mauch vom Kurier, der über<br />
diese aktion in Wien berichtet,<br />
Gr Yvonne Böhler, Gerhard schmid<br />
(plan b) und susanne Mathis<br />
foto: Marlene salzgeber<br />
gefüllte sammelpässe abgegeben, was mehr als 7.000<br />
Einkäufen entspricht.<br />
Die hohe Beteiligung von Bevölkerung und Betrieben<br />
sowie der umstand, dass hier eine zusammenarbeit<br />
über Gemeindegrenzen hinweg stattgefunden hat, hat<br />
nun sogar zur auszeichnung mit dem österreichischen<br />
Mobilitätspreis geführt, der von VcÖ, dem umwelt- und<br />
dem Verkehrsministerium verliehen wird.
Mit der aktion sollte zum einen ein zusätzlicher anreiz<br />
gesetzt werden, bei der Erledigung seiner täglichen Besorgungen<br />
öfter vom auto auf das fahrrad umzusteigen.<br />
Gleichzeitig war die aktion auch als „Dankeschön“<br />
für jene Personen gedacht, die schon viele Jahre ihre<br />
Einkäufe überwiegend im ort und mit dem fahrrad<br />
oder zu fuß erledigen.<br />
einkaufen mit dem fahrrad stärkt nahversorgung<br />
Neben dem umweltgedanken und dem Beitrag zur persönlichen<br />
Gesundheit, stand bei der aktion auch das<br />
ziel der stärkung der Nahversorgung im Vordergrund.<br />
Dieser Effekt wird durch aktuelle untersuchungen aus<br />
der steiermark und aus holland belegt: fahrrad-Einkäufer/innen<br />
setzen pro Einkauf zwar weniger Geld um als<br />
Personen, die mit dem PKW unterwegs sind. Dies wird<br />
aber dadurch ausgeglichen, dass sie öfters einkaufen<br />
und die Einkäufe vorwiegend in der Nähe erledigen.<br />
Während also der Einkauf mit dem auto oft in form<br />
eines wöchentlichen Großeinkaufs in einem weiter entfernten<br />
Einkaufszentrum durchgeführt wird, trägt der<br />
Einkauf mit dem fahrrad in der regel zur stärkung der<br />
Nahversorgung im ort bei.<br />
Noch ein weiterer, nicht unwesentlicher aspekt sei an<br />
dieser stelle genannt: Während Betriebe „auf der grünen<br />
Wiese“ in aller regel über eine große zahl von PKW-<br />
Parkplätzen verfügen, sind Parkplätze bei Betrieben in<br />
ortszentren naturgemäß eher Mangelware. Nachdem auf<br />
einem auto-Parkplatz bequem 6 bis 8 fahrräder abgestellt<br />
werden können, sorgen die radfahrenden Geschäftskunden<br />
somit dafür, dass die knappen auto Parkplätze für<br />
jene Personen freigehalten werden, die auf diese Parkplätze<br />
angewiesen sind. aus gesundheitlichen Gründen,<br />
auf Grund einer weit entfernten Wohnlage oder im falle<br />
eines besonders „schwerwiegenden“ Einkaufs.<br />
Vor dem hintergrund der gewonnenen Erfahrungen wird<br />
nun geprüft, ob und in welcher form die aktion im nächsten<br />
Jahr wiederholt werden kann. Die Wirtschaft Wolfurt<br />
und die Gemeinde Wolfurt bedanken sich bei allen Personen<br />
und Betrieben für die rege Beteiligung und wünschen<br />
weiterhin viel spaß beim Einkaufen und radfahren!<br />
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„MEhr als EiN EiNfachEr BÜro<br />
t & f: rr<br />
lehre zum großhandelskaufmann bei Haberkorn ulmer<br />
jährlich bewerben sich über einhundert lehrlinge<br />
um eine der sieben lehrstellen bei dem<br />
unternehmen Haberkorn ulmer in Wolfurt. die<br />
wenigsten bewerber wissen jedoch, was genau<br />
man eigentlich als großhandelskaufmann bzw.<br />
großhandelskauffrau lernt. es handle sich dabei<br />
einfach um einen bürojob, so die Meinung vieler<br />
bewerber. spätestens beim akribischen auswahlverfahren<br />
und beim schnuppern merken<br />
sie, dass eine lehre bei Haberkorn ulmer alles<br />
andere ist als ein „einfacher bürojob“.<br />
Genauer gesagt, kann man sich bei der firma haberkorn<br />
ulmer eigentlich für zwei lehren bewerben: für<br />
die lehre zum Großhandelskaufmann oder auch für<br />
die lehre zum lagerlogistiker. in ersterem lehrberuf<br />
stellt die firma jedes Jahr fünf neue lehrlinge ein, in<br />
der lagerlogistik zwei. Wer sich im Wolfurter standort<br />
des Betriebes bewirbt, muss einiges können, erklärt<br />
angelika alfare, die lehrlingskoordinatorin: „Es muss<br />
ein technisches Grundverständnis da sein, weil wir<br />
mit technischen Produkten handeln. Wir haben über<br />
100.000 verschiedene Produkte im sortiment – von<br />
schrauben über Bohrmaschinen und schweißgeräten<br />
bis hin zur arbeitsbekleidung, die wir ein- und wieder<br />
verkaufen. Wir fragen die Kandidaten im Bewerbungsgespräch<br />
nicht nach den unterschiedlichen schraubentypen,<br />
ein interesse an technischen Produkten<br />
sollte aber vorhanden sein.“<br />
Darüber hinaus sei wichtig, dass ein angehender<br />
lehrling persönliches Engagement und interesse zeige.<br />
außerdem müsse man auch einen guten umgang<br />
mit Kunden haben, und man sollte aufgeschlossen<br />
auf leute zugehen können. „Wenn ein Kandidat im<br />
Gespräch sehr schüchtern ist, ist es schwierig, ihn<br />
als Großhandelskaufmann zu sehen. Natürlich brauchen<br />
14-Jährige oft etwas zeit um „aufzutauen“. Beim<br />
schnuppern lässt sich aber gut erkennen, wie er auf<br />
Kunden zugeht und wie es ihm dabei geht“, so die<br />
junge Personalmanagerin.<br />
Großhandelskaufmann ist bei haberkorn ulmer ein<br />
vielseitiger Beruf. Damit die lehrlinge alle facetten davon<br />
kennenlernen, arbeiten sie während der lehre immer<br />
wieder in verschiedenen abteilungen, dem Prinzip<br />
der rotationsausbildung folgend. angelika alfare<br />
erklärt: „innerhalb von zwei Jahren arbeiten die lehrlinge<br />
in vier verschiedenen abteilungen. sie starten in
JoB“<br />
angelika alfare, lehrlingskoordinatorin<br />
bei haberkorn ulmer<br />
der logistik oder in unserem abholmarkt, weil sie hier<br />
mit unseren Produkten in Kontakt kommen. sie lernen<br />
die Vielfalt unserer Produktpalette kennen, und sie<br />
haben auch direkten Kundenkontakt. außerdem ist es<br />
für später wichtig, dass sie wissen, wie die logistik<br />
bei uns funktioniert. sie lernen, welche schritte notwendig<br />
sind, bis die Ware beim Kunden ankommt. im<br />
zweiten lehrjahr sind die auszubildenden im Einkauf<br />
und im Verkauf im innendienst tätig, und auch hier arbeiten<br />
sie in verschiedenen Produktbereichen. im dritten<br />
lehrjahr beginnt die spezialisierungsphase. „Erst<br />
sprechen wir mit den lehrlingen, was ihnen in den<br />
letzten zwei lehrjahren am besten gefallen hat und<br />
wo ihre stärken und interessen sind. Dann versuchen<br />
wir im Betrieb eine geeignete Position für sie zu finden.<br />
idealerweise können wir dem lehrling dann eine<br />
ausbildungsstation im gewünschten Bereich anbieten.<br />
Nach absolvierter lehrabschlussprüfung möchten wir<br />
unsere lehrlinge dann auch behalten.“<br />
Die arbeit als Großhandelskaufmann beinhaltet großteils<br />
Wareneinkauf und Verkauf. Dabei muss man<br />
beispielsweise mit lieferanten Kontakt halten, Produktdaten<br />
in der internen Datenbank pflegen und im<br />
Verkauf natürlich die Waren verkaufen. Der Verkauf<br />
beinhaltet Kundenkontakt und Kundenberatung, oft<br />
via telefon oder internet. „Die Jugendlichen interessiert<br />
an der lehre meistens der Kundenkontakt. Bei<br />
uns läuft der Kundenkontakt meist über telefon und<br />
internet und ist somit anonymer als im Einzelhandel,<br />
bei dem man den Kunden tagtäglich direkt gegenüber<br />
steht. Die Verbindung von technischem Know-how<br />
mit kaufmännischem Wissen ist ebenfalls für viele Jugendliche<br />
ansprechend. Es bewerben sich bei uns einige<br />
um eine lehre, die sich zuerst für rein technische<br />
Berufe wie spannngstechniker oder Verpackungstechniker<br />
interessiert haben.“<br />
MarKtPlatzHofsteig 14 | 15
Erratum: angelika Bickel und<br />
anna stadelmann sind lehrlinge<br />
bei ulmer haberkorn und nicht<br />
bei der fa. lukas, wie in der<br />
vorigen ausgabe vermeldet.<br />
insgesamt werden derzeit bei haberkorn ulmer in Wolfurt<br />
15 lehrlinge beschäftigt. Davon machen 12 eine ausbildung<br />
zum Großhandelskaufmann und 3 eine ausbildung<br />
in der lagerlogistik. Das lehrlingskonzept spricht Jungs<br />
und Mädchen gleichermaßen an. Die firma ist mehrfach<br />
„ausgezeichneter lehrbetrieb“ und wurde vom „Great<br />
Place to Work institut“ als einer der attraktivsten arbeitgeber<br />
Österreichs bewertet. Der jährliche ansturm mit<br />
jeweils über einhundert Bewerbungen zeigt, wie viele<br />
Jugendliche gerne hier arbeiten würden. Das lehrlingsauswahlverfahren<br />
ist genau auf die Bedürfnisse des Betriebs<br />
abgestimmt und sehr umfangreich. „Wir wollen<br />
lehrlinge wirklich für unseren Betrieb ausbilden. Das<br />
geht auch auf: Man merkt immer wieder, dass sie den<br />
Betrieb teilweise besser kennen als langjährige Mitarbeiter.<br />
Einfach aus dem Grund, weil manche Mitarbeiter<br />
beispielsweise noch nie in der logistik gearbeitet haben<br />
und darum dort die abläufe auch nicht so gut kennen.<br />
Wir haben in letzter zeit auch immer alle lehrlinge nach<br />
der lehre behalten. Die letzten Jahre ist der Betrieb auch<br />
stetig gewachsen. Durch die Wirtschaftskrise wird es<br />
schwieriger, aber es ist unser ziel, unsere lehrlinge auch<br />
nach ihrer ausbildung weiter bei uns zu beschäftigen.“<br />
haberkorn ulmer beschäftigt derzeit allein in Wolfurt<br />
über 300 Mitarbeiter. Die firma ist eine fusion zweier<br />
alter Vorarlberger familienunternehmen. Mittlerweile<br />
gibt es noch weitere österreichweite Geschäftsstellen,<br />
etwa in Wien, Pasching, Graz, Villach und innsbruck,<br />
sowie andere europaweite Niederlassungen. abgesehen<br />
von der chance auf einen fixen arbeitsplatz, haben<br />
die Mitarbeiter bei haberkorn ulmer danach auch Möglichkeiten<br />
sich weiterzuentwickeln, so lehrlingsbeauftragte<br />
angelika alfare: „Wenn interesse daran besteht,<br />
in einem anderen Bereich zu arbeiten, hat man bei uns<br />
die Möglichkeit, dies auch zu tun.“<br />
Jene Jugendliche, die einen der begehrten lehrplätze<br />
haben, wissen das zu schätzen, so wie angelika Bickel<br />
aus lauterach. sie ist derzeit im zweiten lehrjahr und<br />
froh über ihre interessante arbeit: „Man lernt zum Beispiel<br />
die vielen Produkte kennen, und man arbeitet am<br />
computer. am besten gefällt mir, dass man viel mit<br />
Kunden zu tun hat.“ anna stadelmann aus lauterach<br />
ist ebenfalls im zweiten lehrjahr. ihr gefällt vor allem<br />
das rotationssystem der lehre, weil man so den ganzen<br />
ablauf der firma kennenlerne: „Dabei kommt man<br />
wirklich in jede einzelne abteilung: ein halbes Jahr lang<br />
ins lager, ein halbes Jahr lang in den abholmarkt, dann<br />
in den Verkauf und ins Büro. also man sieht, wie alles<br />
funktioniert. Momentan bin ich im Büro, und das gefällt<br />
mir sehr gut. im Verkauf hat man viel mit Kunden<br />
zu tun, und im Einkauf mit den lieferanten. Man ist viel<br />
unter leuten, und das hat mir immer schon gefallen.<br />
ich bin froh, dass ich hier die lehre machen kann.“
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MarKtPlatzHofsteig 16 | 17
Wir BrauchEN KEiNE iDEoloGi<br />
t + f: Mh<br />
Wolfurter schuldirektoren über schule, Migranten und politik<br />
silvia Benzer von der Volkssschule Mähdle, Bernd Dragosits<br />
von der Volksschule Bütze und Norbert Moosbrugger<br />
von der Vorarlberger Mittelschule Wolfurt.<br />
Martin hartmann hat sich mit den Direktoren der Wolfurter<br />
schulen getroffen. in der vergangenen ausgabe<br />
von <strong>Marktplatz</strong> hofsteig ging es um leistungsbereitschaft<br />
bei den schülern, unterricht als Event und die<br />
rolle des fernsehens. Nun geht es zunächst um die<br />
politische farbenlehre:<br />
MpH: sie sind politisch in einem jeweils anderen lager<br />
(silvia Benzer fPÖ, Bernd Dragosits sPÖ, Norbert<br />
Moosbrugger ÖVP) – führt das zu Problemen?<br />
bernd dragosits: Die politischen farben waren bei<br />
uns drei noch nie thema. ich erlebe in Vorarlberg alle<br />
im schuldienst tätigen – bis auf wenige ausnahmen –<br />
als schulorientiert und nicht als politikorientiert. auf<br />
Bundesebene – das große thema „gemeinsame schule“,<br />
das mich verfolgt, seit ich lehrer bin – also 26<br />
Jahre, das ist so verpolitisiert, dass es mir in der seele<br />
weh tut. Da wird nicht mehr über inhalte gesprochen,<br />
sondern nur noch reflexartig gehandelt. ich erlebe<br />
Vorarlberg – und das sage ich jetzt auch als sozialdemokrat<br />
– als sehr aufgeschlossen in vielen Bereichen –<br />
das könnte man in Wien nicht machen. ich sehe, dass<br />
das land auch Geld in die hand nimmt – und die neue<br />
Mittelschule, die von vielen jetzt verteufelt wird, war<br />
der kleinste gemeinsame Nenner, den wir gefunden<br />
haben. Da bin ich Pragmatiker, das ist für mich besser<br />
als ein Einfrieren im Nichtstun. Es soll ein offener Prozess<br />
sein, und jetzt werden wir uns anschauen, was<br />
man bewirken kann.<br />
silvia benzer: Wir drei haben begriffen, dass es nur<br />
ein Miteinander geben kann – unabhängig von der Einstellung.<br />
auf Bundesebene wird Politik missbraucht<br />
als Machtspiel zwischen den zwei Großparteien. Deshalb<br />
geht nichts vorwärts.<br />
MpH: Braucht schule heute mehr oder weniger ideologie<br />
in punkto was sie für wen wie leisten soll?<br />
bernd dragosits: ideologisierung brauchen wir gar<br />
nicht – aber wir brauchen ein schauen über den eigenen<br />
tellerrand. Wir müssen gute Modelle anschauen<br />
und dann an unsere Gegebenheiten anpassen. Wir<br />
müssen das rad nicht neu erfinden, aber es hat auch<br />
in den vielgerühmten nordischen ländern eine Entscheidung<br />
gebraucht um anzufangen. Wir haben es<br />
nicht geschafft, das system von heute auf morgen total<br />
umzukrempeln. Da gibt es auch sachen, die heute<br />
noch für die lehrer ganz schwierig sind sich vorzustellen<br />
– etwa schulen mit ganztägiger anwesenheit.<br />
zweitens kommt dazu, dass eine politische atmosphäre<br />
im land dazu gehört, die für Bildung ist und auch<br />
das ansehen von lehrern fördert.<br />
silvia benzer: Die Vorarlberger Mittelschule war ein<br />
reagieren auf die sogenannte „restschule“ hauptschule,<br />
die ein schlechtes image hatte. aber das ist<br />
ganz typisch, dass man etwa erst jetzt fortbildungen<br />
für lehrer dieses neuen schultypus macht – das hätte<br />
man vor 10 Jahren machen sollen. für mich ist es zu<br />
spät, es fehlt der Blick nach vorne. Wir haben jetzt<br />
so viele kleine unterschiedliche Pflänzchen in punkto<br />
schulformen im land, dass es wieder schwierig wird.<br />
Es fehlt der Mut, sich von der Klientelpolitik zu verabschieden.<br />
MpH: ist man sich wenigsten darüber einig, was denn<br />
ein junger Mensch am schluss der schulkarriere können<br />
soll?<br />
bernd dragosits: Die Wirtschaft sagt dir schon, was<br />
sie braucht. Es ist etwa über aMs-Daten belegt, dass<br />
handwerkliche Berufe große Probleme haben, gute<br />
lehrlinge zu finden.<br />
im Bregenzerwald – der für mich eine Modellregion<br />
ist – weil alle Kinder gemeinsam in die schule gehen
E<br />
und zwar bis zur vierten Klasse hauptschule, also de<br />
facto eine Gesamtschule – dort gibt es dieses Problem<br />
nicht, im rheintal sehr wohl. in städten wiederum gab<br />
es den run aufs Gymnasium, da gab es Volksschulen,<br />
die in den vierten Klassen nur Einser vergeben haben<br />
und auch Kinder aufs Gymnasium geschickt haben,<br />
die in einer hauptschule besser aufgehoben gewesen<br />
wären. Jetzt wacht man langsam auf.<br />
MpH: Wäre es eine Möglichkeit, Kinder nicht nach ihrem<br />
biologischen alter zu sortieren, sondern nach ihrem<br />
tatsächlichen Entwicklungsstand?<br />
norbert Moosbrugger: Es gibt Modelle mit jahrgangsübergreifenden<br />
Klassen. Das ist eine philosophische<br />
Debatte: tu ich die Überflieger zusammen,<br />
die Mittelmäßigen und die unterdurchschnittlichen?<br />
ich antworte als Vater: Meine Kinder sind in der<br />
Volksschule mit unterschiedlichen leuten zusammen<br />
gekommen – und das schätze ich, als Vater und als<br />
staatsbürger. ich möchte nicht hier die Wohlerzogenen,<br />
hier die mit dem fernseher im Kinderzimmer, hier<br />
die Migranten und hier die Kinder mit sPf. auch wenn<br />
es hin und wieder schwer ist. Wenn man sagt, das will<br />
man, kommt man mit der Pädagogik aus dem letzten<br />
Jahrhundert nicht weit. ich brauche dann Beratungslehrer,<br />
brauche sozialarbeiter, brauche den schularzt,<br />
brauche am Nachmittag eine Bewegungsmöglichkeit<br />
und so weiter. ich halte die bunt zusammengesetzte<br />
Gesellschaft für eine stärke und würde davor warnen,<br />
dass man es als schwäche ansieht, Migranten und so<br />
weiter zu haben. (zustimmendes Nicken von Benzer<br />
und Dragosits).<br />
bernd dragosits: Das ist eines der ersten Dinge die<br />
ich Eltern von Erstklässlern sage: Dass die Klasse im<br />
idealfall ein spiegel der realen Verhältnisse ist – da sitzen<br />
wohlhabende neben weniger Wohlhabenden, da<br />
gibt es Migranten etc... . selektion findet nicht am Be-<br />
MarKtPlatzHofsteig 18 | 19
ginn der Volksschule, sondern beim halbjahreszeugnis<br />
in der vierten Klasse statt – das ist ein eklatanter<br />
Bruch im pädagogischen system und in der chancengleichheit<br />
der Kinder. im Klartext: Wenn ich ein Kind im<br />
städtischen Bereich in die hauptschule schicke, dann<br />
kann es mir passieren, dass es in eine Klasse kommt,<br />
in der es eines von drei Kindern ohne migrantischen<br />
hintergrund ist.<br />
norbert Moosbrugger: ... und das ist weder für die<br />
Migranten noch für die drei andern gut.<br />
MpH: Gibt es Eltern, die von ihnen verlangen, dass<br />
das eigene Kind nicht in eine Klasse mit Migranten<br />
kommen soll?<br />
bernd dragosits: ich habs bereits erlebt, aber das<br />
sagt man mir genau einmal – das ist kein argument. ich<br />
schaue darauf, ob die Kinder zusammen passen – und<br />
zwar auf die Empfehlung des Kindergartens. Etwa kommen<br />
mehrere sogenannte Problemkinder, die eine Gruppe<br />
sprengen können, nicht gemeinsam in eine Klasse.<br />
aber bei solchen Wünschen reagiere ich sehr deutlich.<br />
silvia benzer: Wenn es passiert, ist es nicht mehr als<br />
ein Versuch – und da rennen sie mit dem Kopf an eine<br />
Wand – das ist ganz klar.<br />
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norbert Moosbrugger: ich hatte schon eine türkische<br />
Mutter, die gesagt hat: „ich möchte nicht, dass<br />
andere türken in der Klasse sind. Die stehen dann in<br />
der Pause zusammen und reden nur türkisch. ich will,<br />
dass mein Kind Deutsch lernt. Deshalb sollen möglichst<br />
wenig türken dabei sein.“ Das ist nachvollziehbar<br />
für mich. Die sorge muss man ernst nehmen. Die<br />
Mutter ist bei uns selbst in die schule gegangen und<br />
hat das selbst erlebt. Das wäre genau dasselbe, wenn<br />
einige von uns in der türkei ihre Kinder in die schule<br />
schicken würden – dann würden sie auch zusammen<br />
stehen und Deutsch sprechen. Da muss man angebote<br />
machen, dass das anders wird.<br />
silvia benzer: Das Problem sind ja nicht die Pausen.<br />
Das Problem ist, dass die frühsprachförderung lange<br />
unterschätzt wurde. Jetzt gibt es das angebot, aber<br />
viele familien können es einfach nicht annehmen –<br />
einfach vom Background her. aber es braucht einen<br />
sanften Druck, dass sie es annehmen.<br />
MpH: Die Gesamtschule bis zum alter von 14 oder 15<br />
wird von ihnen allen also befürwortet?<br />
norbert Moosbrugger: Ja – ich denke auch hier sind<br />
wir uns über die Parteigrenzen hinweg einig. (zustim-<br />
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sind eine Wissensgesellschaft – müssen wir, was Wissen<br />
und innovation anbelangt, vorne mit dabei sein,<br />
das ist überlebenswichtig, sonst sind wir weg vom<br />
fenster.<br />
silvia benzer: Die Volksschule ist ja quasi eine Gesamtschule.<br />
Wir haben in der Vs Mähdle ein Drittel<br />
Kinder mit migrantischem hintergrund, 19 Kinder mit<br />
sonderpädagogischem förderbedarf (sPf), wir haben<br />
hochbegabte, Kinder die eine Klasse überspringen<br />
usw. um das alles unter einen hut zu bringen, brauche<br />
ich gut ausgebildete lehrer, finanzielle Möglichkeiten,<br />
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silvia Benzer, Vs Mähdle<br />
Bernd Dragosits, Vs Bütze<br />
Norbert Moosbrugger, Ms Wolfurt<br />
bauliche Voraussetzungen. Wir haben das Glück, dass<br />
alles in den gerade abgeschlossenen umbau der schule<br />
miteingeflossen ist – pädagogische Entwicklung<br />
geht hand in hand mit räumlicher Entwicklung – das<br />
ist ein Muss.<br />
norbert Moosbrugger: Da stimme ich voll zu – und<br />
das Mittelschulkonzept ist in unserem momentanen<br />
hauptschulbau nur schwer möglich umzusetzen. Wir<br />
haben auch Konzepte, was zu ändern wäre. Nun ist<br />
Wolfurt zwar eine reiche Gemeinde, und es ist teuer<br />
eine schule zu bauen. aber eine nach der anderen<br />
schule wird nun adaptiert werden.<br />
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