Perspektive Wiedereinstieg - Beruf & Familie gGmbH
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<strong>Beruf</strong>liche Neuorientierung<br />
Prinzipiell ist die Einschätzung, ob eine Tätigkeit ausbildungsadäquat ist oder nicht, schwierig<br />
(vgl. auch Kapitel 2.4.5). Eine berufliche Neuorientierung macht diese Einschätzung nicht<br />
einfacher, im Interviewmaterial ist hier aber meist eine berufliche Abwärtsmobilität erkennbar:<br />
Zum Beispiel arbeitet eine ausgebildete Bademeisterin in einer geringfügigen Helfertätigkeit<br />
im Hotelgewerbe und führt ihren erlernten <strong>Beruf</strong> im Ehrenamt weiter. Eine berufliche<br />
Neuorientierung ist im qualitativen Sample relativ häufig zu beobachten: Von den 15 wieder<br />
erwerbstätigen Frauen arbeiten fünf Frauen (Fälle 9, 22, 23, 25, 26) in einem anderen als ihrem<br />
erlernten <strong>Beruf</strong>. Drei weitere Frauen (Fälle 3, 11, 29) befinden sich in einer Umschulung oder<br />
Ausbildung.<br />
Diese Ergebnisse zeigen auch, warum gerade die Orientierungsphase bei der Beratung durch<br />
den Modellträger so wichtig ist. Auch manche Flyer, Werbe und Informationsmaterialien der<br />
Träger, die in der Implementationsstudie analysiert wurden (Kapitel 3.1.4), gehen auf die Frage<br />
ein, ob man wieder in den alten <strong>Beruf</strong> zurückkehren oder sich neu orientieren möchte. Sie<br />
setzen sich mit Fragen auseinander wie „Soll ich in meinem alten <strong>Beruf</strong> arbeiten oder ganz<br />
neue Wege gehen?“, „Brauche ich eine Weiterbildung?“ oder „Was kann ich und was möchte<br />
ich?“.<br />
Veränderte Prioritäten durch die <strong>Familie</strong>nphase<br />
Der Wunsch nach einer beruflichen Veränderung ist zum einen damit verbunden, dass sich in<br />
der <strong>Familie</strong>nphase Prioritäten verschoben haben bzw. neue Potenziale entdeckt wurden:<br />
„Durch die persönliche Entwicklung stelle ich fest, dass meine Schwerpunkte und Fähigkeiten in<br />
ganz anderen Bereichen liegen, wie ich immer gedacht hab. Es ist nicht Verwaltung und Controlling<br />
und Zahlen, sondern es sind wirklich Menschen. Beraten, Kontakt herzustellen. Denen<br />
irgendwie Alternativen aufzuzeigen. Und sie da zu begleiten, das ist eher meins.“ (F22: 211)<br />
Erlernter <strong>Beruf</strong> nicht Wunschberuf<br />
Zum anderen erfolgt die berufliche Umorientierung in unserem Sample meist dann, wenn die<br />
ursprünglichen Wunschberufe aus unterschiedlichen Gründen nicht erlernt werden konnten.<br />
Meist wurden die Frauen von ihren Eltern in einen bestimmten <strong>Beruf</strong> gedrängt, wie uns eine<br />
gelernte Bankkauffrau berichtet:<br />
„Man hat nicht gefragt, was ich lernen will, sondern man hat gesagt: ‚Bank ist super. Da bist du<br />
gut aufgehoben. Und das ist eine Lehrstelle. Und da gehst du hin.‘ “ (F23: 40)<br />
Ähnlich eine gelernte Industriekauffrau:<br />
„Ich wollte Biologie, irgendwie so was wollte ich machen. Das hat mich damals fasziniert, Biologie.<br />
Mein Vater hat aber gesagt: ‚Vergiss es. Das ist brotlose Kunst. Da musst du schon studieren.‘<br />
Wollte mich eigentlich dann auch ein Stück weit in das Studium drücken. Aber halt immer ins<br />
Kaufmännische. Weil er ein Kaufmann war. Und das als solide angesehen hat.“ (F15: 47)