Präsentation Prof. Dr. jur. Feldhoff - Kreis Borken
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Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter<br />
Personen<br />
§ 72 a SGB VIII<br />
Vorlage erweiteter Führungszeugnisse für Neben- und<br />
Ehrenamtliche<br />
Vereinbarungen mit freien Trägern<br />
Rechtspolitische Hintergründe und rechtliche<br />
Rahmenbedingungen
Rechtspolitische Hintergründe<br />
• Anfang 2010: Berichte über sexuellen Missbrauch und Gewalt in<br />
Institutionen zeigen ein Versagen der Institutionen, der Justiz, der<br />
Fachkräfte….<br />
• März 2010: Einrichtung des Runden Tisches „Sexueller<br />
Kindesmissbrauch in Abhängigkeits und Machtverhältnissen in<br />
privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich“<br />
• Ernennung von <strong>Dr</strong>. Christine Bergmann zur „Unabhängigen<br />
Beauftragten zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs“<br />
‣ Zusammenarbeit von Ministerien (BMFSFJ, BMJ, BMBF) und<br />
Experten aus, Wissenschaft, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen,<br />
Medizin, Jugendhilfe, Sport, Kinderschutzorganisationen…<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
Rechtspolitische Hintergründe<br />
• Abschlussbericht des „Runden Tisches“ mit Empfehlungen,<br />
Leitlinien und Gesetzentwürfen (u. a. Gesetz zur Stärkung der<br />
Rechte der Opfer sexuellen Missbrauchs) Ende 2011<br />
• Abschlussbericht der „Unabhängigen Beauftragten“ (März 2011) und<br />
Fortführung ihrer Arbeit (bes. der telefonischen Anlaufstelle)<br />
– Abschluss von Vereinbarungen über die Umsetzung der Empfehlungen<br />
mit Verbänden, Vereinen, Kirchen<br />
– Zahlreiche Expertisen, Gutachten und Tagungen<br />
► Verabschiedung des Bundeskinderschutzgesetzes u. a. mit<br />
Änderungen im SGB VIII<br />
► Änderung des § 72 a SGB VIII „Tätigkeitsausschluss einschlägig<br />
vorbestrafter Personen“<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
Rechtspolitische Hintergründe<br />
Vorlage von Führungszeugnissen durch Neben- und Ehrenamtliche<br />
heftig umstritten<br />
Ablehnung einer generellen Vorlagepflicht (z. B. AGJ)<br />
- „Ehrenamtliche unter Generalverdacht“<br />
- Abschreckungseffekt<br />
- Bürokratische Hindernisse<br />
- „Falsche Gewissheiten“ über effektiven Kinderschutz<br />
Befürwortung einer generellen Vorlagepflicht (u. a. Unabhängige<br />
Beauftragte)<br />
- Ausschluss einschlägig vorbestrafter Personen<br />
- Abschreckung<br />
- Sensibilisierung der freien Träger, ihrer haupt-, neben-, ehrenamtlich<br />
Beschäftigten für das Thema<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
§ 72 a SGB VIII - Systematik<br />
Verpflichtung des öffentlichen Trägers zur<br />
1. Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses bei<br />
Einstellung von hauptamtlichen Beschäftigten<br />
2. Sicherstellung, dass sie keine einschlägig vorbestraften<br />
Neben- und Ehrenamtlichen beschäftigen<br />
– Entscheidung über jeweilige Tätigkeit in<br />
Abhängigkeit von Art, Intensität und Dauer des<br />
Kontakts zu Kindern (Vertrauensverhältnis)<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
§ 72 a SGB VIII - Systematik<br />
3. Verpflichtung des öffentlichen Trägers<br />
zum Abschluss von Vereinbarungen mit<br />
dem freien Träger<br />
– zur Sicherstellung, dass keine einschlägig<br />
vorbestraften Personen hauptamtlich<br />
beschäftigt werden<br />
– über Tätigkeiten, für die ein erweitertes<br />
Führungszeugnis für neben- und<br />
ehrenamtlich tätige Personen vorgelegt<br />
werden soll.<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
„Einschlägig vorbestraft“ wegen …<br />
– Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht (§ 171 StGB)<br />
– Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 StGB)<br />
– sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen und Kindern<br />
– (§174 ff StGB, 176 StGB, §179 StGB, § 182 StGB)<br />
– sexuelle Nötigung und Vergewaltigung (§ 177 ff StGB)<br />
– Ausbeutung von Prostituierten, Zuhälterei (§ 232f StGB)<br />
– Kinder- und Menschenhandel (§§ 233-236 StGB)<br />
– Straftaten wg. Exhibitionistischer Handlungen (§ 183 StGB)<br />
– Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie, Verbreitung<br />
pornographischer Schriften (§§ 183-184f StGB)<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
Nebenamtlich Tätige<br />
Nebenamtliche Tätigkeit<br />
‣ Kein hauptamtliches Beschäftigungsverhältnis zum Träger<br />
‣ Tätigkeit auf der Grundlage eines Dienstvertrages<br />
‣ Tätigkeit gegen Vergütung<br />
‣ Aushilfen (geringfügig Beschäftigte)<br />
‣ Freie Mitarbeiter<br />
‣ Honorarkräfte<br />
‣ Praktikanten ab drei Monaten ?????<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
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Ehrenamtliche<br />
Ehrenamtliche Tätigkeit<br />
‣ „dem Gemeinwohl dienend“<br />
‣ freiwillig (keine vertragliche Grundlage, keine vertragliche<br />
Verpflichtung)<br />
‣ keine Vergütung, nur Aufwandsentschädigung bzw. Auslagenersatz<br />
Keine ehrenamtliche Tätigkeit (vertragliche Bindung)<br />
‣ Bundesfreiwilligendienst<br />
‣ Freiwilliges soziales/ökologisches Jahr<br />
► Auch Neben- und Ehrenamtliche, die KEINE pädagogischen<br />
Tätigkeiten ausüben<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
Konkretisierung der Tätigkeiten in Vereinbarungen<br />
Entscheident ist nicht die rechtliche Einordnung der Tätigkeit, sondern<br />
ob Beschäftigte tatsächlichen Zugang zu Kindern/Jugendlichen<br />
haben<br />
„ Tätigkeiten, die nach Art, Intensität und Dauer den Aufbau eines<br />
„besonderen Vertrauensverhältnisses“ ermöglichen“<br />
• Regelmäßige Tätigkeiten oder über einen längeren Zeitraum<br />
• Tätigkeiten, die vertrauliche Situationen ermöglichen<br />
• Tätigkeiten, die Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse ermöglichen<br />
(auch z. B. durch Online-Beratungen)<br />
• Tätigkeiten, wo regelmäßig die Intimsphäre von Kindern- und<br />
Jugendlichen tangiert wird (insbes. sehr junge Kinder, Kinder und<br />
Jugendliche mit Beeinträchtigungen…)<br />
‣ Bindung des freien Trägers an die in Vereinbarungen festgelegten<br />
Konkretisierungen<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
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Inhalte des erweiterten Führungszeugnisses<br />
• Persondaten<br />
• Tag der (letzten) Tat<br />
• Tag des (ersten) Urteils<br />
• Tag der Rechtskraft<br />
• Rechtliche Bezeichnung der Tat mit Strafvorschriften<br />
• Verhängte Strafe(n)<br />
‣ Aufnahme aller rechtskräftigen Verurteilungen wegen der in § 72 a<br />
genannten Delikte ohne Rücksicht auf Strafmaß<br />
‣ Problem: Aufnahme der Verurteilungen wegen anderer Delikte:<br />
werden bei Einsichtnahme auch bekannt !<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
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Erweitertes Führungszeugnis: Datenschutz<br />
Einsicht der freien Träger in Führungszeugnis = Erhebung +<br />
Speicherung personenbezogener Daten: Datenschutz zu beachten<br />
Erhebung und Speicherung von folgenden Daten<br />
• Einsichtnahme in Führungszeugnis<br />
• Datum des Führungszeugnisses<br />
• Information, ob Person wegen einer in § 72 a genannten Straftat<br />
rechtskräftig verurteilt worden ist<br />
– Informationen über andere Straftaten dürfen nicht erhoben und<br />
gespeichert werden<br />
‣ Schutz dieser gespeicherten Daten für die Dauer der Beschäftigung<br />
‣ Sofortige Löschung der Daten mit Ablehnung des Bewerbers<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
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Rechtspolitisches Fazit<br />
§ 72 a SGB VIII = Versuch einer differenzierten Lösung auf der<br />
Grundlage der Diskussionen beim „Runden Tisch“<br />
• Vermeidung eines Generalverdachts<br />
• Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch<br />
Begrenzung auf bestimmte Tätigkeiten<br />
• Erkenntnis, dass erweitertes Führungszeugnis einzige Möglichkeit<br />
für öffentliche und freie Träger zu ermitteln, ob Bewerber einschlägig<br />
vorbestraft ist<br />
► Begrenzte Wirkung in Bezug auf effektiven Schutz der<br />
Kinder/Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch und Gewalt in<br />
Institutionen: nur ein Element in einer Gesamtstrategie, die<br />
► rechtliche und tatsächliche Maßnahmen zur Prävention umfassen<br />
muss<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
FH Münster
Literatur:<br />
Abschlussbericht: Runder Tisch „Sexueller Kindesmissbrauch in<br />
Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen<br />
Einrichtungen und im familiären Bereich“, Nov. 2011 (Internet)<br />
• Leitlinien zur Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden<br />
• Leitlinien zur Prävention und Intervention sowie zur langfristigen<br />
Aufarbeitung und Initiierung von Veränderungen nach<br />
sexualisierter Gewalt durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in<br />
Institutionen<br />
Abschlussbericht: „Unabhängige Beauftragte zur Aufarbeitung des<br />
sexuellen Kindesmissbrauchs“ (Internet)<br />
Begründung zum Bundeskinderschutzgesetz BT-<strong>Dr</strong>s. 17/6256<br />
(Internet: www.dip.bundestag.de)<br />
Meysen/Eschelbach (2012): Das neue<br />
Bundeskinderschutzgesetz.Baden-Baden: Nomos<br />
Andresen/Heitmeyer (2012): Zerstörerische Vorgänge. Missachtung<br />
und sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Institutionen<br />
Enders (2012)(Hg.): Grenzen achten. Schutz vor sexuellem<br />
Missbrauch in Institutionen. Ein Handbuch für die Praxis<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>jur</strong>. Kerstin <strong>Feldhoff</strong><br />
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