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esperanto und interlinguistik im 21. jahrhundert ... - Plansprachen.ch

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„For la maldekstrismon ! Vivu la objektiveco kaj la honesteco !“<br />

Sozial-„ethis<strong>ch</strong>e“ Bewegung zwis<strong>ch</strong>en Sekte <strong>und</strong> Partei:<br />

ESPERANTO UND INTERLINGUISTIK<br />

IM <strong>21.</strong> JAHRHUNDERT – WIE WEITER?<br />

Kritis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> unabhängige Anmerkungen<br />

zum s<strong>ch</strong>izoid-paranoiden, halbreligiösen <strong>und</strong> halbkommunistis<strong>ch</strong>en Charakter<br />

der Esperanto-Bewegung <strong>und</strong> der Interlinguistik<br />

Von Andreas Künzli<br />

Jedes ambitionierte <strong>und</strong> <strong>ch</strong>arismatis<strong>ch</strong>e Mens<strong>ch</strong>heitsprojekt beginnt, oder begann, <strong>im</strong> Prinzip mit dem Guten<br />

– um mehr oder weniger in der Katastrophe zu enden: Der von den Stalinisten deformierte Marxismus,<br />

Ersatzreligion der Sozialisten, Kommunisten <strong>und</strong> Atheisten, der die klassenlose Gesells<strong>ch</strong>aft anstrebte,<br />

s<strong>ch</strong>eiterte na<strong>ch</strong> Terror <strong>und</strong> Unterdrückung <strong>im</strong> grossen Stil am Ende des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts als<br />

Gesells<strong>ch</strong>aftssystem klägli<strong>ch</strong>. Die <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>e Kir<strong>ch</strong>e, die den Erdbewohnern die reine Gottesliebe <strong>und</strong><br />

Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit verhiess, geriet na<strong>ch</strong> zahlrei<strong>ch</strong>en Skandalen in eine <strong>im</strong>mense moralis<strong>ch</strong>e Krise der<br />

Glaubwürdigkeit <strong>und</strong> erstarrte mit ihren realitätsfremden Predigern <strong>und</strong> leeren Kir<strong>ch</strong>en in der langweiligen<br />

Routine des Dogmatismus. Und aus der Idee des Esperanto, die Völker der Erde mit einer neutralen, lei<strong>ch</strong>ten<br />

<strong>und</strong> gere<strong>ch</strong>ten Spra<strong>ch</strong>e zu vereinen, wurde ni<strong>ch</strong>ts.<br />

Obwohl diese genialen Mens<strong>ch</strong>heitserfindungen <strong>und</strong> ihre Bots<strong>ch</strong>aften no<strong>ch</strong> heute mit<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>er Intensität na<strong>ch</strong>wirken, ers<strong>ch</strong>einen sie <strong>im</strong> <strong>21.</strong> Jahrh<strong>und</strong>ert do<strong>ch</strong> vielen Zeitgenossen als<br />

ana<strong>ch</strong>ronistis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> überflüssige Auslaufmodelle, die in einer postmodernen Zivilisation keinen Platz,<br />

keine Existenzbere<strong>ch</strong>tigung mehr zu haben s<strong>ch</strong>einen <strong>und</strong> sozusagen auf den „Müllplatz der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te“<br />

geworfen werden können. Denn sie hielten ni<strong>ch</strong>t, was sie verspra<strong>ch</strong>en. Kurz <strong>und</strong> bündig: Sie waren eine<br />

Täus<strong>ch</strong>ung, ein Trugbild, ein S<strong>ch</strong>windel. Weder die <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>en Kir<strong>ch</strong>en no<strong>ch</strong> die kommunistis<strong>ch</strong>en Parteien<br />

hatten <strong>und</strong> haben au<strong>ch</strong> nur das Geringste mit Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>ten zu tun; es waren alles totalitäre Systeme, die<br />

die Mens<strong>ch</strong>en unterdrückten <strong>und</strong> verfolgten <strong>und</strong> nur die loyalsten <strong>und</strong> unterwürfigsten Mitglieder<br />

bevorzugten. Ein Neuanfang s<strong>ch</strong>eint in allen drei Fällen s<strong>ch</strong>wierig bis unwahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>, obwohl die Aura<br />

der Unsterbli<strong>ch</strong>keit no<strong>ch</strong> eine Weile strahlen wird. Der Marxismus wurde vom Kapitalismus, den er<br />

bekämpfte, besiegt. Die ratlosen Amtskir<strong>ch</strong>en werden – zumindest in Europa 1 – <strong>im</strong>mer häufiger dur<strong>ch</strong><br />

Massenaustritte, religiöse Glei<strong>ch</strong>gültigkeit oder dur<strong>ch</strong> die Konkurrenz von Seiten neuer Sekten <strong>und</strong><br />

Freikir<strong>ch</strong>en bedrängt. Als Weltspra<strong>ch</strong>e hat si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t Esperanto, sondern vor allem das Englis<strong>ch</strong>e<br />

dur<strong>ch</strong>gesetzt. Von den drei genannten Bewegungen des Weltverbesserertums werden wohl nur die<br />

transzendenten, auf das Jenseits ausgeri<strong>ch</strong>teten Lehren <strong>und</strong> Kräfte einer e<strong>ch</strong>ten Religion die Zeiten <strong>und</strong><br />

Krisen überdauern, während die anderen, diesseitigen Utopien ´vom realen Leben´ ersetzt werden, weil sie<br />

den ´objektiven´ irdis<strong>ch</strong>en Realitäten widerspre<strong>ch</strong>en.<br />

Verlassen wir aber die Ebenen des Marxismus <strong>und</strong> des Christentums, denn <strong>im</strong> Folgenden interessiert<br />

uns nur Esperanto, beziehungsweise die Idee von der internationalen neutralen Planspra<strong>ch</strong>e, <strong>und</strong> die<br />

Interlinguistik, die selbsternannte Wissens<strong>ch</strong>aft von dieser Spra<strong>ch</strong>e.<br />

Als Ausgangspunkt hat man si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> wie vor mit L.L. Zamenhof <strong>und</strong> seiner Doktrin zu befassen,<br />

der für Esperanto ungefähr die glei<strong>ch</strong>e Rolle spielte wie Jesus von Nazaret für das Christentum <strong>und</strong> Karl<br />

Marx für den Kommunismus. Diese Namen stehen für die Begründer der entspre<strong>ch</strong>enden Bewegung da<br />

(wobei Zamenhof <strong>im</strong> Verglei<strong>ch</strong> zu den anderen in der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te natürli<strong>ch</strong> die geringste Bedeutung hatte).<br />

Zu Re<strong>ch</strong>t darf man diese drei einmaligen historis<strong>ch</strong>en Figuren als Humanisten bezei<strong>ch</strong>nen. Und sie sind <strong>und</strong><br />

waren die einzigen Humanisten ihrer neuen Bewegung geblieben, die als humanistis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> ethis<strong>ch</strong> verkauft<br />

wurde (obwohl v.a. das Christentum <strong>und</strong> der Marxismus <strong>im</strong>mense S<strong>ch</strong>adensopferbilanzen hinterliessen –<br />

1<br />

Die ganze hier präsentierte Si<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> Analyse bezieht unf bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> auf die Verhältnisse in Europa.<br />

1


allein der Kommunismus verursa<strong>ch</strong>te weltweit etwa 100 Millionen Tote), während ihre Jünger die<br />

ursprüngli<strong>ch</strong>en Ideen <strong>und</strong> Absi<strong>ch</strong>ten später deformiert, uminterpretiert, vers<strong>ch</strong>leiert <strong>und</strong> vers<strong>ch</strong>andelt haben.<br />

Problematis<strong>ch</strong> war in einem <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> atheistis<strong>ch</strong>en Umfeld, wo diese Ideologien <strong>und</strong><br />

Bewegungen in Ers<strong>ch</strong>einung traten, au<strong>ch</strong> die jüdis<strong>ch</strong>e Herkunft ihrer humanistis<strong>ch</strong>en Stifter. Was Zamenhof<br />

als aufgeklärten russis<strong>ch</strong>en Juden (des sogenannten litwakis<strong>ch</strong>en Zweigs) betrifft, wurde von den (v.a.<br />

polnis<strong>ch</strong>en) Esperantisten hartnäckig – <strong>und</strong> mit Erfolg – versu<strong>ch</strong>t, aus ihm einen POLEN zu s<strong>ch</strong>mieden, was<br />

ni<strong>ch</strong>t nur von der internationalen Esperanto-Propaganda unterstützt, sondern au<strong>ch</strong> von der Interlinguistik<br />

systematis<strong>ch</strong> ´gelehrt´ wurde, 2 während das Jüdis<strong>ch</strong>e an ihm, mit dem die Esperanto-Bewegung offenbar ein<br />

Problem hatte <strong>und</strong> ni<strong>ch</strong>ts zu tun haben wollte, lange Zeit unterdrückt <strong>und</strong> gerne vers<strong>ch</strong>wiegen wurde.<br />

Zamenhof war ein Zionist, der ni<strong>ch</strong>t nur das Esperanto erfand, sondern au<strong>ch</strong> die Lehre des Hillelismus bzw.<br />

des Homaranismus s<strong>ch</strong>uf. Während mehr oder minder allgemein bekannt ist, was Esperanto ist, wissen heute<br />

nur no<strong>ch</strong> wenige Bes<strong>ch</strong>eid über den Hillelismus bzw. Homaranismus, der Zamenhof no<strong>ch</strong> mehr bewegte als<br />

die Spra<strong>ch</strong>e Esperanto selbst. Vor allem erzkatholis<strong>ch</strong>e (Dambrauskas <strong>und</strong> Co.) <strong>und</strong> erzkommunistis<strong>ch</strong>e<br />

(Drezen <strong>und</strong> Co.) Esperantisten <strong>und</strong> die Juden selbst lehnten den 1906 publizierten Homaranismus ab.<br />

Man<strong>ch</strong>e hielten diese Lehre für zu jüdis<strong>ch</strong>, andere erblickten in ihr sogar eine neue Religion, oder eine<br />

Mystik. In der Esperanto-Bewegung fand deswegen ein erbitterter Glaubens- <strong>und</strong> Ans<strong>ch</strong>auungskrieg statt,<br />

der bis zum S<strong>ch</strong>isma führte. Au<strong>ch</strong> heute no<strong>ch</strong> stösst dieses Thema bei den Esperantisten auf taube Ohren.<br />

Ab <strong>und</strong> zu wird es von irgendwel<strong>ch</strong>en Interlinguisten neu entdeckt <strong>und</strong> bei Vorträgen als Kuriosum der<br />

Historie aufgewärmt. Obwohl das meist indifferente bzw. allergis<strong>ch</strong>e Publikum merkt, dass Esperanto ohne<br />

Homaranismus nur eine halbe Sa<strong>ch</strong>e ist, bleibt die Erkenntnis <strong>im</strong> Allgemeinen ohne Resonanz. 3<br />

Also blieb von Zamenhofs genialer Inspiration, die weltweite Bea<strong>ch</strong>tung fand, nur die Spra<strong>ch</strong>e<br />

Esperanto mit ihrem Geist der sogenannten „interna ideo“ übrig, die das humanistis<strong>ch</strong>e Anliegen Zamenhofs,<br />

den sogenannten „Esperantismus“, zum Ausdruck bringen sollte. Die Esperantisten hielten Esperanto also<br />

für mehr als nur eine Spra<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> glaubten, dass nur derjenige zu einer e<strong>ch</strong>ten internationalen Verbrüderung<br />

fähig ist, der Esperanto spri<strong>ch</strong>t. Die Esperantisten begannen, Esperanto mit Friedensideen zu verknüpfen,<br />

denn na<strong>ch</strong> ihrer Meinung stiftet oder fördert eine gemeinsame „neutrale“ Spra<strong>ch</strong>e wie Esperanto Frieden <strong>und</strong><br />

Fre<strong>und</strong>s<strong>ch</strong>aft zwis<strong>ch</strong>en den (verfeindeten) Völkern. Allerdings konnte diese Behauptung bis heute<br />

wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> weder bewiesen no<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>vollzogen werden. Es s<strong>ch</strong>eint, dass Kriege <strong>und</strong> Hass ni<strong>ch</strong>t<br />

aufgr<strong>und</strong> des „Spra<strong>ch</strong>(en)problems“ hervorgerufen werden, wie die Esperantisten ideologis<strong>ch</strong> behaupten.<br />

Kriegeris<strong>ch</strong>e Konflikte fanden <strong>und</strong> finden statt, Esperanto spielte bei ihrer Verhinderung oder Überwindung<br />

aber keine Rolle.<br />

Obwohl man Esperanto also – zu Re<strong>ch</strong>t oder zu Unre<strong>ch</strong>t – au<strong>ch</strong> irgendwie mit dem Pazifismus<br />

verknüpfte (v.a. bis zum Ende des 1. Weltkriegs), sind die Esperantisten ni<strong>ch</strong>t als eigentli<strong>ch</strong>e<br />

Friedensbewegung bekannt geworden oder als Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>tsbewegung anerkannt worden, denn dazu war<br />

ihre Nähe zu den Herrs<strong>ch</strong>enden <strong>und</strong> Regierenden, von denen sie si<strong>ch</strong> die Anerkennung <strong>und</strong> Einführung des<br />

Esperanto erhofften, viel zu gross <strong>und</strong> ihre politis<strong>ch</strong>e Unabhängigkeit viel zu gering, trotz politis<strong>ch</strong>er<br />

Neutralität (die offenbar nur als Lippenbekenntnis <strong>und</strong> als Fassade diente). Im Gegenteil: Die Esperanto-<br />

Bewegung muss si<strong>ch</strong> den Vorwurf gefallen lassen, eine Komplizin des Kommunismus (1917-90) <strong>und</strong> des<br />

Nationalsozialismus (1933-45) gewesen zu sein, ferner Antisemitismus toleriert <strong>und</strong> diese Ideologien, v.a.<br />

den Kommunismus, sowie diverse hö<strong>ch</strong>st reaktionäre <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentalistis<strong>ch</strong>e Diktaturen, direkt oder<br />

indirekt politis<strong>ch</strong>-moralis<strong>ch</strong> unterstützt zu haben, in der Hoffnung, dass die entspre<strong>ch</strong>enden Regierungen<br />

2<br />

Diese unlautere Polen-Propaganda s<strong>ch</strong>affte es, dermassen na<strong>ch</strong>haltig ihr Unwesen zu treiben, dass sogar André Martinet (in seinem<br />

Handbu<strong>ch</strong> über die Linguistik von 1969), Umberto Eco (in seinem Bu<strong>ch</strong> über die vollkommene Spra<strong>ch</strong>e von 1993) <strong>und</strong> selbst der<br />

Esperantist Geoffrey Sutton (in seiner Enzyklopädie der Esperanto-Literatur von 2008), um neben zahlrei<strong>ch</strong>en anderen nur drei<br />

renommierte Beispiele zu nennen, Zamenhof als einen Polen auswiesen (bei Sutton ist sogar von einem „Polish citizen“ die Rede!).<br />

Au<strong>ch</strong> der neue brasilianis<strong>ch</strong>e Redaktor der UEA-Zeits<strong>ch</strong>rift Esperanto lässt die alten Mythen <strong>und</strong> Legenden weiterleben, wenn er<br />

eine unbekannte Esperantistin zitiert, die behauptet, Zamenhof sei „<strong>im</strong> Herzen Pole“ gewesen. (Esperanto, Feb. 2014 S. 36). Leider<br />

haben die Esperantisten ni<strong>ch</strong>ts aus der an ihren Behauptungen geübten Kritik gelernt!<br />

3<br />

In meiner ausführli<strong>ch</strong>en Zamenhof-Biographie (Harrasswitz 2010) habe i<strong>ch</strong> versu<strong>ch</strong>t, die historis<strong>ch</strong>-kulturellen Unters<strong>ch</strong>iede<br />

zwis<strong>ch</strong>en Polentum, Russentum <strong>und</strong> Judentum herauszuarbeiten <strong>und</strong> den Hillelismus bzw. Homaranismus no<strong>ch</strong> einmal kritis<strong>ch</strong> unter<br />

die Lupe zu nehmen. Die Reaktionen auf diese Arbeit waren vor allem in deuts<strong>ch</strong>en Esperanto-Kreisen von zutiefst glei<strong>ch</strong>gültiger<br />

<strong>und</strong> konfuser bis ablehnender Natur.<br />

2


Esperanto fördern <strong>und</strong> einführen, denn vom bösen kapitalistis<strong>ch</strong>en Westen, der mit Hilfe des „US-<br />

Imperialismus“ den Rest der Welt kolonisierte <strong>und</strong> unterdrückte, war diesbezügli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t viel zu erwarten. 4<br />

Die tumbe Anglophobie ist für die Feinde des Westens <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>, zu denen die gesamte<br />

marxistis<strong>ch</strong>-kommunistis<strong>ch</strong>-sowjetis<strong>ch</strong>-russis<strong>ch</strong>e Welt gehört. Leider hat sie au<strong>ch</strong> viele Befürworter in der<br />

Esperanto-Bewegung gef<strong>und</strong>en. 5 Das Paradoxe am Ganzen liegt darin, dass selbst die Feinde der<br />

angelsä<strong>ch</strong>sis<strong>ch</strong>en Zivilisation ni<strong>ch</strong>t darum herum kommen, die englis<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e an ihren S<strong>ch</strong>ulen eifrig zu<br />

lehren <strong>und</strong> zu lernen, um die westli<strong>ch</strong>en Errungens<strong>ch</strong>aften <strong>und</strong> Gepflogenheiten na<strong>ch</strong>ahmen zu können, ja<br />

überall <strong>im</strong> Westen Spionage zu betreiben, um an die dringend benötigten Te<strong>ch</strong>nologien heranzukommen,<br />

um sie kopieren zu können.<br />

So sind au<strong>ch</strong> die entspre<strong>ch</strong>enden Artikel zu den Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>ten in den Statuten der Esperanto-<br />

Organisationen als reine Formalität, eigentli<strong>ch</strong> als eine Heu<strong>ch</strong>elei zu betra<strong>ch</strong>ten, um der UNESCO zu<br />

gefallen. Denn wenn die Rede von verletzten Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>ten konkret wird, weigert si<strong>ch</strong> die Esperanto-<br />

Bewegung, si<strong>ch</strong> dazu zu äussern, etwa an Weltkongressen in China, Kuba <strong>und</strong> Vietnam. 6 Das Gefasel von<br />

der „Spra<strong>ch</strong>e des Friedens“ ist also reiner Quats<strong>ch</strong> mit Sosse, pure Ideologie, Phantasie, eine hohle Phrase,<br />

leere Propaganda, Maskerade. Esperanto hat zur Erhaltung des Weltfriedens keinen Beitrag geleistet.<br />

Linguistis<strong>ch</strong> gesehen gibt es au<strong>ch</strong> eine „neutrale“ Spra<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t. Das sind alles dubiose ideologis<strong>ch</strong>e<br />

Erfindungen der Esperantisten (die von niemandem sonst auf der Welt anerkannt werden).<br />

Während also die pseudoreligiöse Komponente <strong>im</strong> Friedensmythos des Esperanto zu su<strong>ch</strong>en ist,<br />

weist es <strong>im</strong> Verglei<strong>ch</strong> mit dem Marxismus-Leninismus unübersehbare Parallelen <strong>im</strong> Berei<strong>ch</strong> der<br />

Heilsbots<strong>ch</strong>aft der egalitären Kommunikationsidee auf. 7 Wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> liess si<strong>ch</strong> die Esperanto-Bewegung<br />

mental, bewusst oder unbewusst, sogar vom Egalitarismus des Kommunismus inspirieren (viellei<strong>ch</strong>t aber<br />

einfa<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> nur von den s<strong>ch</strong>izophrenen Anti-Zivilisatoren der James Bond-Filme). Zamenhof war aber<br />

alles andere als ein Kommunist, s<strong>ch</strong>izophren oder paranoid. Und er äusserte si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> nie gegen das<br />

Englis<strong>ch</strong>e no<strong>ch</strong> gegen irgend eine andere Ethnospra<strong>ch</strong>e. Was die USA anbelangt, bew<strong>und</strong>erte er ihre<br />

historis<strong>ch</strong>e Rolle als Einiger der Völker, als er <strong>im</strong> Jahr 1910 Amerika besu<strong>ch</strong>te. Man lese seine<br />

Kngressanspra<strong>ch</strong>e, die er damals hielt.<br />

Der Grössenwahn der Esperantisten ging sogar so weit, einigen Nationalspra<strong>ch</strong>en wie dem<br />

Englis<strong>ch</strong>en als potentielle Konkurrenz den Rang einer Weltspra<strong>ch</strong>e streitig ma<strong>ch</strong>en zu wollen, um Esperanto<br />

selbst in den Status einer sol<strong>ch</strong>en zu erheben.<br />

Aber Englis<strong>ch</strong> ist die internationale Spra<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>thin <strong>und</strong> wird heute von ca. 1,5 Milliarden<br />

Mens<strong>ch</strong>en verwendet, während es hö<strong>ch</strong>stens no<strong>ch</strong> ein paar Tausend Leute gibt, die Esperanto spre<strong>ch</strong>en,<br />

Tendenz sinkend. Und es gibt Esperantsten, die no<strong>ch</strong> <strong>im</strong>mer behaupten, Englis<strong>ch</strong> sei ni<strong>ch</strong>t wirli<strong>ch</strong> akzeptiert. 8<br />

Die eigenen Spre<strong>ch</strong>erzahlen wurden von der Esperanto-Propaganda <strong>und</strong> der Interlinguistik stets masslos<br />

überhöht, während in diesen Kreisen glei<strong>ch</strong>zeitig <strong>im</strong>mer wieder Versu<strong>ch</strong>e unternommen wurden, die<br />

4<br />

Einer der bekanntesten <strong>und</strong> lautesten antiamerikanis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>reihälse der Esperanto-Bewegung ist der gläubige Titoist Zlatko<br />

Tišljar aus Zagreb/Maribor, dem u.a. die Esperanto-Zeits<strong>ch</strong>rift Monato eine ideale Plattform bietet, um si<strong>ch</strong> so ri<strong>ch</strong>tig gegen die<br />

USA, die NATO <strong>und</strong> gegen den „pr<strong>im</strong>itiven <strong>im</strong>perialistis<strong>ch</strong>en Kapitalismus“, der die Na<strong>ch</strong>folgestaaten Jugoslawiens ins Elend<br />

geführt habe <strong>und</strong> ausbeutet, auszutoben. An vorderster Front der mehr oder weniger <strong>ch</strong><strong>im</strong>äris<strong>ch</strong>en „Eŭropa Esperanto-Unio“ gesellt<br />

er si<strong>ch</strong> zu denjenigen naiven <strong>und</strong> verdrehten Propaganda-Spiessern, die das titoistis<strong>ch</strong>e Jugoslawien unkritis<strong>ch</strong> verherrli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> die<br />

Probleme der sozialistis<strong>ch</strong>en Staaten völlig übersehen bzw. fals<strong>ch</strong> eins<strong>ch</strong>ätzen. Seiner Meinung na<strong>ch</strong> ist Jugoslawien ges<strong>ch</strong>eitert,<br />

weil es über keine gemeinsame Spra<strong>ch</strong>e (wie Esperanto) verfügt habe. Ebenso bizarr <strong>und</strong> weltfremd mutet seine rein ideologis<strong>ch</strong>e<br />

Überzeugung an, die EU werde dereinst aus demselben Gr<strong>und</strong> aufgelöst werden.<br />

5<br />

Typis<strong>ch</strong> für die Paranoia der Esperantisten ist, dass sie si<strong>ch</strong> sogar darüber aufregen, dass dereinst au<strong>ch</strong> auf dem Mars nur Englis<strong>ch</strong><br />

gespro<strong>ch</strong>en werden dürfte (s. http://www.liberafolio.org/2013/sur-marso-oni-parolos-nur-angle). Im Internet-Forum Libera Folio,<br />

wo allerlei Spinner ihre Kommentare hinterlassen (<strong>und</strong> das übrigens der Moderator für A. Künzli eigenmä<strong>ch</strong>tig gesperrt hat, weil er<br />

dessen kritis<strong>ch</strong>en Stellungnahmen ni<strong>ch</strong>t mehr ertrug) haben si<strong>ch</strong> die mitdiskutierenden Esperantisten als unfähig erwiesen <strong>und</strong> die<br />

Chance leider verpasst, die Probleme der Esperanto-Bewegung objektiv <strong>und</strong> rational zu erörtern.<br />

6<br />

Viellei<strong>ch</strong>t mit Ausnahme der Organisation IKEL, eine Fa<strong>ch</strong>organisation der UEA, die in den letzten Jahren aber keine grosse Rolle<br />

mehr spielte.<br />

7<br />

Über Marxismus <strong>und</strong> internationale Spra<strong>ch</strong>e/Esperanto s. unter<br />

http://www.planspra<strong>ch</strong>en.<strong>ch</strong>/Esperanto_Stalinismus_Sowjetunion_1920-30er.pdf.<br />

8<br />

So etwa in Libera Folio, das si<strong>ch</strong> ebenfalls zu einer anti-englis<strong>ch</strong>en Plattform entwickelt hat.<br />

3


Bedeutung des Englis<strong>ch</strong>en zu s<strong>ch</strong>mälern <strong>und</strong> kleinzureden, so etwa von gewissen Autoren der Zeits<strong>ch</strong>rift<br />

Language Problems and Language Planning. 9<br />

So mutierte spätestens na<strong>ch</strong> 1974 die einst neutrale ´ethis<strong>ch</strong>e´ Bewegung für Esperanto eher zu einer<br />

linksgeri<strong>ch</strong>teten militanten Protest- <strong>und</strong> Widerstandsbewegung gegen das Englis<strong>ch</strong>e, das als Hauptfeindbild<br />

der Esperantisten aufgebaut wurde, na<strong>ch</strong>dem si<strong>ch</strong> herausgestellt hatte, dass Esperanto als Universalspra<strong>ch</strong>e<br />

keine Chance hatte bzw. haben wird, als sol<strong>ch</strong>e ges<strong>ch</strong>eitert war <strong>und</strong> dass si<strong>ch</strong> in der Rolle als modernen<br />

Universalspra<strong>ch</strong>e weltweit das Englis<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong>gesetzt hat. So ist diese Esperanto-Bewegung zum<br />

unerträgli<strong>ch</strong>en Konglomerat diffuser Strömungen mit verdeckten politis<strong>ch</strong> reaktionären Akzenten <strong>und</strong><br />

Tendenzen ausgewa<strong>ch</strong>sen, die in weiten Teilen dieser Bewegung gut verankert sind, jedo<strong>ch</strong> nur selten<br />

explizit politis<strong>ch</strong>en Ausdruck finden, weil ein offenes Bekenntnis etwa zum Sozialismus, Kommunismus,<br />

Antikapitalismus, Antiamerikanismus usw. dur<strong>ch</strong> die vorhandene Idee der politis<strong>ch</strong>en Neutralität oder<br />

Abstinenz verhindert wird.<br />

Man kommt daher unweigerli<strong>ch</strong> zur S<strong>ch</strong>lussfolgerung, dass die Esperanto-Bewegung von s<strong>ch</strong>izoiden<br />

oder s<strong>ch</strong>izophrenen <strong>und</strong> paranoiden Fanatikern sowie von religiösen F<strong>und</strong>amentalisten <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>en<br />

Extremisten (oder Radikalen) angeführt wird. Das bedeutet, dass eine Reihe von Esperantisten <strong>und</strong> v.a.<br />

führenden Esperanto-Propagandisten also ni<strong>ch</strong>t nur sowohl an S<strong>ch</strong>izophrenie wie au<strong>ch</strong> an Paranoia zu leiden<br />

s<strong>ch</strong>einen, sondern in der Tat daran leiden müssen. Die plausibelste Formulierung des Unters<strong>ch</strong>ieds <strong>und</strong> des<br />

Zusammenhangs zwis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>izophrenie <strong>und</strong> Paranoia in der Politik habe i<strong>ch</strong> in Belkovskijs Putin-<br />

Biographie (von 2013) gef<strong>und</strong>en. Dana<strong>ch</strong> sind S<strong>ch</strong>izophrene vom soziopsy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>en Standpunkt aus<br />

gesehen Kreative <strong>und</strong> Antreiber (z.B. Politiker), die Paranoiker Manager <strong>und</strong> Wä<strong>ch</strong>ter (z.B.<br />

Staatsbürokraten). Die S<strong>ch</strong>izophrenen leben streng <strong>und</strong> auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> in einer von ihnen erda<strong>ch</strong>ten Welt, in<br />

der ihre eigenen Gesetze gelten. Sie sind fur<strong>ch</strong>tlos, können zwar an einem dünnen Fäd<strong>ch</strong>en hängen <strong>und</strong> auf<br />

Messers S<strong>ch</strong>neide wandeln, ohne Panik oder wenigstens Unruhe zu empfinden. Die Welt empfinden die<br />

S<strong>ch</strong>izophrenen ni<strong>ch</strong>t als feindli<strong>ch</strong>, s<strong>ch</strong>on allein deswegen, weil sie ein W<strong>und</strong>erland hinter den Spiegeln ist,<br />

in der vorhandenen materiellen Realität ni<strong>ch</strong>t existiert. Im Gegensatz dazu denken <strong>und</strong> handeln die<br />

Paranoiker in der e<strong>ch</strong>ten Realität dieser Welt, die sie als kalt <strong>und</strong> feindli<strong>ch</strong> empfinden. Sie haben vor allem<br />

Angst, <strong>und</strong> ständig hegen sie irgendeinen Verda<strong>ch</strong>t. Ihre wi<strong>ch</strong>tigste Aufgabe ist, si<strong>ch</strong> vor diesem Feindli<strong>ch</strong>en<br />

zu s<strong>ch</strong>ützen (z.B. vor dem Westen, dem Kapitalisms, dem US-Imperialisms oder vor der englis<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e,<br />

die diese Welten verkörpert). 10 Im hö<strong>ch</strong>sten Grad s<strong>ch</strong>izophren <strong>und</strong> paranoid waren zum Beispiel die<br />

Kommunisten. Es erstaunt daher ni<strong>ch</strong>t, dass es in der Esperanto-Bewegung besonders viele Kommunisten<br />

<strong>und</strong> Linke aller Art gibt. Bei den Esperantisten besteht die S<strong>ch</strong>izophrenie <strong>und</strong> Paranoia in der<br />

Wahnvorstellung, in einer (S<strong>ch</strong>ein-)Welt zu leben, wo nur Esperanto gespro<strong>ch</strong>en wird <strong>und</strong> wo das Englis<strong>ch</strong>e<br />

abges<strong>ch</strong>afft, ausgerottet <strong>und</strong> verboten ist.<br />

Im Unters<strong>ch</strong>ied zu den fanatis<strong>ch</strong>en Propagandisten der Esperanto-Bewegung, die ho<strong>ch</strong>gradig<br />

s<strong>ch</strong>izophrene <strong>und</strong> paranoide Züge aufweisen, war L.L. Zamenhof stets ein bes<strong>ch</strong>eidener Realist geblieben,<br />

obwohl er s<strong>ch</strong>on zu Lebzeiten von seinen Kritikern als naiver Idealist belä<strong>ch</strong>elt wurde. Dies ma<strong>ch</strong>t(e) ihn so<br />

sympathis<strong>ch</strong> <strong>im</strong> Gegensatz zu seinen eingebildeten <strong>und</strong> ho<strong>ch</strong>ges<strong>ch</strong>raubten Jüngern, die si<strong>ch</strong> für weiss was<br />

hielten, vor allem für einzigartig, unverzi<strong>ch</strong>tbar <strong>und</strong> unersetzli<strong>ch</strong>. Die bombastis<strong>ch</strong>en, teils hö<strong>ch</strong>st albernen<br />

<strong>und</strong> banalen Reden, die die Hauptdarsteller der Esperanto-Bewegung an ihren in pompösen <strong>und</strong> teuren<br />

Kongresszentren dur<strong>ch</strong>geführten „Weltkongressen“ hielten, wo sie von niemandem sonst bemerkt wurden,<br />

waren meist nur aberwitzige <strong>und</strong> surreale Gardinenpredigten einfältiger S<strong>ch</strong>önredner <strong>und</strong> naiver Fanatiker,<br />

die Zamenhofs ursprüngli<strong>ch</strong>en Anliegen inhaltli<strong>ch</strong> teilweise stark entfremdet waren. 11 Sie merkten ni<strong>ch</strong>t<br />

9<br />

In der Sowjetunion waren es v.a. ausgere<strong>ch</strong>net die Esperantisten <strong>und</strong> Interlinguisten Bokarjov <strong>und</strong> Isaev (s.<br />

http://www.planlingvoj.<strong>ch</strong>/Recenzo_BokarevB.pdf).<br />

10<br />

Es ist daher bezei<strong>ch</strong>nend, dass dieselben Leute, die ständig gegen die englis<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e als Spra<strong>ch</strong>e des Kolonialismus <strong>und</strong><br />

Imperialismus wettern, glei<strong>ch</strong>zeitig die historis<strong>ch</strong>e Rolle etwa der russis<strong>ch</strong>en oder <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>e für die Unterdrückung <strong>und</strong><br />

Kolonialisierung von Völkern komplett vers<strong>ch</strong>weigen.<br />

11<br />

Ein abstruses Beispiel einer sol<strong>ch</strong>en Ent-, ja Verfremdung sind die folgenden Visionen, wie sie in der Esperanto-Bewegung<br />

offenbar salonfähig sind <strong>und</strong> sogar kommunistis<strong>ch</strong>e Vorstellungen überbieten: „Mi opinias, ke intergenta diseco kaj malamo plene<br />

malaperos nur tiam, kiam la tuta homaro havos unu lingvon, unu religion, unu aspekton, samajn havaĵojn, saman pejzaĝon, saman<br />

edzon, saman edzinon, saman dorlotbeston, samnivelan inteligentecon...“ (Cindy McKee, in: Libera Folio, 16.12.2013). Den<br />

max<strong>im</strong>alen grotesken Höhepunkt der S<strong>ch</strong>izophrenie <strong>und</strong> der zweifelhaften Vermis<strong>ch</strong>ung von Esperantismus <strong>und</strong> Ökonomismus<br />

(typis<strong>ch</strong> für das <strong>21.</strong> Jh.) hat die Esperanto-Bewegung errei<strong>ch</strong>t, wenn ein etwas einfältiger UEA-Präsident (Fettes, Esperanto, Jan.<br />

2014, S. 3) verkündet: „(…) Ni vendas ne nur lingvon. Ni vendas unue, kaj ĉefe, homaranecon.“ In neuen „Strategis<strong>ch</strong>en Vision“<br />

der UEA wurde die Esperanto-Bewegung sogar mit einem „komplexen Sonnensystem mit Planeten <strong>und</strong> Asteroiden“ vergli<strong>ch</strong>en.<br />

Berühmt <strong>und</strong> berü<strong>ch</strong>tigt für ihre s<strong>ch</strong>izophrenen Amokläufe sind au<strong>ch</strong> die Meldungen des „Esperanta Civito“, quasi eine Sekte in der<br />

4


einmal, dass sie auf die raffinierte Liebedienerei von Seiten allerlei (umstrittener) Politiker reinfielen, die die<br />

Esperanto-Bewegung diplomatis<strong>ch</strong> hofierten <strong>und</strong> ums<strong>ch</strong>wei<strong>ch</strong>elten, um sie dana<strong>ch</strong> wie eine heisse Kartoffel<br />

fallen zu lassen. Von diesem Glanz, den Figuren wie Tito, Jonas, M´Bow, Fidel Castro <strong>und</strong> neuerdings au<strong>ch</strong><br />

des isländis<strong>ch</strong>en Staatspräsidenten 12 aufpolierten, blieb jeweils ni<strong>ch</strong>t viel übrig. Wie es s<strong>ch</strong>eint konnte si<strong>ch</strong><br />

die Esperanto-Bewegung also vor allem dank der Mittel des Bluffs, der S<strong>ch</strong>arlatanerie <strong>und</strong> der Täus<strong>ch</strong>ung<br />

der Mitglieder <strong>und</strong> der Öffentli<strong>ch</strong>keit am Leben halten.<br />

So haben die Esperantisten <strong>und</strong> Interlinguisten ihre heile Welt mit eigenen Wertvorstellungen<br />

ers<strong>ch</strong>affen, eine Welt, die wie ein Bollwerk von der übrigen Welt (die Esperantisten nennen sie „ekstera<br />

mondo“) dur<strong>ch</strong> eine dicke Trennmauer hermetis<strong>ch</strong> abges<strong>ch</strong>ottet <strong>und</strong> abgekoppelt ist, an der jegli<strong>ch</strong>e Ideen,<br />

die dem Geist des Esperanto widerspre<strong>ch</strong>en, automatis<strong>ch</strong> abprallen. 13 Die „Esperanto-Welt“ ist eine Welt,<br />

deren eigene Logik mit der Logik <strong>und</strong> der Realität der „ekstera mondo“ ni<strong>ch</strong>t viel gemein hat, sieht man von<br />

einigen wenigen Berührungen mit Politikern <strong>und</strong> Tourismus-Veranstaltern ab.<br />

Es ist also müssig, die Frage zu diskutieren, ob die Esperanto-Bewegung mit einer halbreligiösen<br />

Sekte 14 oder mit einer quasi-politis<strong>ch</strong>e Partei verglei<strong>ch</strong>bar sei. Viellei<strong>ch</strong>t lässt si<strong>ch</strong> die Esperanto-Bewegung<br />

eher mit der Heilsarmee oder der Scientology als mit Greenpeace oder WWF verglei<strong>ch</strong>en. Der<br />

Hauptunters<strong>ch</strong>ied ist, dass die Esperanto-Bewegung viel weniger Mitglieder <strong>und</strong> weniger Geld hat. Ferner<br />

haben si<strong>ch</strong> Organisationen wie der WWF, Greenpeace, Amnesty International oder Transparency<br />

Internatonal für die Mens<strong>ch</strong>heit als sehr nützli<strong>ch</strong> erwiesen, während Esperanto für überflüssig gehalten wird.<br />

Die mannigfaltigen Entstellungen <strong>und</strong> Verrenkungen in der Esperanto-Bewegung haben si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

negativ auf die Interlinguistik ausgewirkt, deren Aufgabe es in erster Linie gewesen zu sein s<strong>ch</strong>ien, die<br />

Existenz des Esperanto „wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>“ zu re<strong>ch</strong>tfertigen <strong>und</strong> die Ansprü<strong>ch</strong>e der Konkurrenten in Abrede<br />

zu stellen, ja sie zu diffamieren, diskreditieren <strong>und</strong> verdrängen. Was die Inhalte der Interlinguistik selbst<br />

betrifft, s<strong>ch</strong>eint der Fall vorzuliegen, dass <strong>im</strong> 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert zu <strong>und</strong> über <strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong> mehr oder<br />

weniger alles gesagt <strong>und</strong> ges<strong>ch</strong>rieben wurde. So sind die Diskussionen, an denen allerlei skurrile<br />

Meinungsspekulanten beteiligt waren, heute dazu verurteilt, si<strong>ch</strong> nur no<strong>ch</strong> <strong>im</strong> Kreis, um die ewigglei<strong>ch</strong>en<br />

Themen <strong>und</strong> Namen zu drehen. Die Meinungen von blind zitierten Esperanto-„Klassikern“, die au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />

be<strong>im</strong> akademis<strong>ch</strong>en Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>s als quasi sakrosankt gelten, wurden offenbar meist für bare Münze<br />

genommen <strong>und</strong> kaum hinterfragt, während kritis<strong>ch</strong>e Analysen früherer oder jüngerer Autoren in der<br />

„Standardliteratur“ der Interlinguistik, die weitgehend von den „Blankisten“ kontrolliert wird, gar keine<br />

Bea<strong>ch</strong>tung fanden. 15 Ein Grossteil dieser „klassis<strong>ch</strong>en“ Theorien ist aber ni<strong>ch</strong>t nur für unwissens<strong>ch</strong>afli<strong>ch</strong>,<br />

sondern au<strong>ch</strong> als veraltet, ja als ungültig zu betra<strong>ch</strong>ten, da sie dur<strong>ch</strong> abwegige Spekulationen <strong>und</strong><br />

Phantastereien von bizarren Fiktionalisten allerlei ideologis<strong>ch</strong>er, ni<strong>ch</strong>t nur rein linker Provenienz, zustande<br />

kamen <strong>und</strong> von keiner anderen Wissens<strong>ch</strong>aft anerkannt wurden. Dies s<strong>ch</strong>eint aber niemanden von den<br />

Interlinguisten zu stören. Es s<strong>ch</strong>eint au<strong>ch</strong> niemanden zu geben, der dieses erzkonservative <strong>und</strong> sektiereris<strong>ch</strong>e<br />

Meinungsmonopol, das den ideologis<strong>ch</strong>en Kern der Esperanto-Bewegung bildet <strong>und</strong> das no<strong>ch</strong> nie na<strong>ch</strong> seiner<br />

Sti<strong>ch</strong>haltigkeit <strong>und</strong> Glaubwürdigkeit (von unabhängiger Seite) überprüft wurde, aufbre<strong>ch</strong>en könnte. Das<br />

Gegenteil ist der Fall: Es wird von Generation zu Generation, wenn mögli<strong>ch</strong> mit neuen Hirngespinsten<br />

angerei<strong>ch</strong>ert, <strong>im</strong>mer wieder von neuem tradiert <strong>und</strong> dem Publikum, das mehr oder weniger dem glei<strong>ch</strong>en<br />

Mainstream folgt, serviert, wobei kritis<strong>ch</strong>e Einwände oder Widerstände meist ausbleiben. Auf Kritik wird in<br />

Sekte, na<strong>ch</strong>zulesen unter www.esperantio.net. Der (die) einzige Autor(in) aus diesem vernebelten Milieu, der (die) normal, klar <strong>und</strong><br />

gut s<strong>ch</strong>reibt, ist Perla Martinelli. Was diverse Phantasten sonst no<strong>ch</strong> über Esperanto zu sagen hatten s. unter<br />

http://sezonoj.ru/2011/11/rec206.<br />

12<br />

S. http://planlingvoj.<strong>ch</strong>/Salutmesagho_Islando_UK2013.pdf.<br />

13<br />

Das Desinteresse der Esperantisten an den Dingen <strong>und</strong> Themen der „ekstera mondo“ lässt si<strong>ch</strong> sehr gut an Wikipedia ablesen.<br />

Inzwis<strong>ch</strong>en gibt es dort zwar <strong>im</strong>mer mehr Esperanto-Versionen zu thematis<strong>ch</strong>en Einzelartikeln, die Esperanto ni<strong>ch</strong>t direkt betreffen.<br />

Denno<strong>ch</strong> sind viele Themenberei<strong>ch</strong>e von den Esperantisten no<strong>ch</strong> weitgehend unberührt geblieben, woraus man s<strong>ch</strong>liessen kann,<br />

wel<strong>ch</strong>e Gebiete die Esperantisten kaum interessieren. Es wäre si<strong>ch</strong>erl<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> eine vergebli<strong>ch</strong>e Arbeit, alle diese Artikel zu<br />

„esperantisieren“, denn real verwendbar brau<strong>ch</strong>bar sind sowieso nur diejenigen Wikipedia-Artikel, die in den wi<strong>ch</strong>tigsten<br />

Weltspra<strong>ch</strong>en verfasst sind (v.a. Englis<strong>ch</strong>, Französis<strong>ch</strong>, Deuts<strong>ch</strong>, Russis<strong>ch</strong>). Den Esperanto-Wikipedianern kann man daher<br />

empfehlen, ihre Zeit <strong>und</strong> Energie vor allem in die Aufarbeitung der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Esperanto-Bewegung zu investieren, um hier<br />

qualitativ herausragende Arbeit zu leisten. Jegli<strong>ch</strong>er unwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Ansatz ist dabei aber tunli<strong>ch</strong>st zu vermeiden.<br />

14<br />

Zur Vorstellung der Esperanto-Bewegung als Sekte mag au<strong>ch</strong> der groteske Meisterkult r<strong>und</strong> um Zamenhof als Esperanto-Guru<br />

beigetragen haben. Diese Eins<strong>ch</strong>ätzung kommt besonders in diesem Kits<strong>ch</strong>bild gut zur Geltung:<br />

http://katalogo.uea.org/grandaj/7655.jpg.<br />

15<br />

Eine sozusagen ´alternative ´Rezension des Hauptwerkes von D. Blanke s. unter<br />

http://www.planspra<strong>ch</strong>en.<strong>ch</strong>/Recenzoj_diversaj.pdf, ab S. 73.<br />

5


dieser ni<strong>ch</strong>t kritisierbaren Bewegung gewöhnli<strong>ch</strong> mit ungebändigtem Fanatisms reagiert, um die kritis<strong>ch</strong>en<br />

Meinungen dabei hartnäckig zu bekämpfen <strong>und</strong> die eigenen hehren Ideen zu verteidigen. Wegen seines<br />

ho<strong>ch</strong>gradig spekulativen Charakters verpasste es das Fa<strong>ch</strong>, von der Wissens<strong>ch</strong>aft ernst genommen,<br />

respektiert <strong>und</strong> anerkannt zu werden. Persönli<strong>ch</strong> sehe i<strong>ch</strong> für die Interlinguistik, so wie sie bisher betrieben<br />

wurde, <strong>im</strong> <strong>21.</strong> Jahrh<strong>und</strong>ert keine Entwicklungsperspektiven. Alles was vor 1989 in <strong>und</strong> über Esperanto <strong>und</strong><br />

<strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong> an wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>em S<strong>ch</strong>rifttum ers<strong>ch</strong>ien, müsste kritis<strong>ch</strong> hinterfragt <strong>und</strong> überprüft, na<strong>ch</strong><br />

seiner Verwendbarkeit <strong>und</strong> Gültigkeit neu bewertet, von ideologis<strong>ch</strong>em Ballast gesäubert <strong>und</strong> vom<br />

Linksdrall befreit werden, der nur andere – <strong>und</strong> vernünftigere, d.h. objektivere – Si<strong>ch</strong>tweisen verhindert. Die<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te des Esperanto wäre also na<strong>ch</strong> den Normen der modernen Wissens<strong>ch</strong>aft neu zu s<strong>ch</strong>reiben <strong>und</strong> die<br />

Interlinguistik dana<strong>ch</strong> neu auszuri<strong>ch</strong>ten. Dass dies passiert ist ziemli<strong>ch</strong> unwahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>, denn es fehlen die<br />

Ressourcen, die Kapazitäten, die neuen Ideen <strong>und</strong> die Motivationen in einer Bewegung, die alles auf<br />

populistis<strong>ch</strong>e Propaganda gesetzt hat, sogar die wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Arbeit.<br />

Der Tiefpunkt der Interlinguistik wird errei<strong>ch</strong>t, wenn folgende Konstellationen deren<br />

Glaubwürdigkeit unterhöhlen:<br />

- Wenn unkritis<strong>ch</strong>e Amateur-Rezensenten aus dem allgemeinen, teilweise unqualifizierten<br />

Lesepublikum aus reiner Gefälligkeit <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>s<strong>ch</strong>aft, aber au<strong>ch</strong> aus Naivität heraus<br />

halbfertige oder pseudowissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Ma<strong>ch</strong>werke populärer Autoren als „vollendete<br />

Meisterwerke“ enthusiastis<strong>ch</strong> in den H<strong>im</strong>mel loben.<br />

- Wenn arrogante <strong>und</strong> zynis<strong>ch</strong>e ´Hofkritiker´ (meist deuts<strong>ch</strong>er Provenienz) der Esperanto-Bewegung<br />

die Arbeiten seriöser Autoren vor allem aus persönli<strong>ch</strong>en Gründen s<strong>ch</strong>noddrig in den Dreck<br />

ziehen,<br />

- wenn also das Glei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>t des Urteils fehlt <strong>und</strong> die kritis<strong>ch</strong>e Bespre<strong>ch</strong>ung dur<strong>ch</strong> Lobhudelei<br />

ersetzt wird (das sollte v.a. den Gelobhudelten selbst zu denken geben).<br />

- Wenn jeder x-beliebige Idiot Artikel veröffentli<strong>ch</strong>en kann, ohne die notwendigen<br />

wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Anforderungen zu erfüllen <strong>und</strong> ohne von einer kompetenten Instanz<br />

akzeptiert oder zure<strong>ch</strong>tgewiesen zu werden. (In der Esperanto-Bewegung kann leider jeder alles<br />

tun <strong>und</strong> lassen was er will).<br />

- Wenn ein x-beliebiger Mist, der in oder über Esperanto publiziert wird, für annehmbar betra<strong>ch</strong>tet<br />

wird (na<strong>ch</strong> der Devise: Hauptsa<strong>ch</strong>e man liest irgend etwas über Esperanto, besser als ni<strong>ch</strong>ts,<br />

selbst der grösste S<strong>ch</strong>marrn könnte nützli<strong>ch</strong> sein).<br />

- Wenn <strong>im</strong> Internet seriöse Beiträge mit s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>sinnigen Kommentaren quittiert werden <strong>und</strong><br />

glei<strong>ch</strong>zeitig tumbe propagandistis<strong>ch</strong>e Artikel <strong>und</strong> lä<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong>e Kommentare naive Anerkennung<br />

finden.<br />

- Wenn in Interlinguistik-Bibliographien <strong>und</strong> Interlinguistik-Veranstaltungen (politis<strong>ch</strong><br />

motivierte) Zensur ausgeübt wird, wenn si<strong>ch</strong> Esperanto-Zeits<strong>ch</strong>riften weigern, kritis<strong>ch</strong>e Artikel<br />

abzudrucken <strong>und</strong> wenn Redakteure von Internetforen kritis<strong>ch</strong>e St<strong>im</strong>men unterdrücken <strong>und</strong><br />

auss<strong>ch</strong>liessen.<br />

- Wenn den Autoren die moralis<strong>ch</strong>e Integrität abhanden kommt, d.h. wenn z.B. der<br />

Nationalsozialismus <strong>und</strong> der Holocaust vers<strong>ch</strong>wiegen werden oder wenn der Kommunismus<br />

unkritis<strong>ch</strong> dargestellt wird.<br />

- Wenn fragwürdige Esperanto-Aktivitäten die Interlinguistik beeinflussen (untergraben), wenn<br />

<strong>ch</strong><strong>im</strong>äris<strong>ch</strong>e Organisationen (wie diverse auf dem Papier bestehende Esperanto-„centroj“, „-<br />

institutoj“, „-akademioj“, „-fondaĵoj“ u.ä.) zum Zwecke des S<strong>ch</strong>eins <strong>und</strong> der Wi<strong>ch</strong>tigtuerei<br />

einzelner Personen unterhalten <strong>und</strong> wenn diverse inoffizielle akademis<strong>ch</strong>e Pseudotitel <strong>und</strong> -<br />

funktionen geführt <strong>und</strong> ausgeübt werden, die Wasser auf die Mühlen der Ho<strong>ch</strong>staplerei giessen. 16<br />

Mit all diesen Unpraktiken, die in der Esperanto-Bewegung (<strong>und</strong> leider au<strong>ch</strong> in der Interlinguistik)<br />

gang <strong>und</strong> gäbe sind, wird die Glaubwürdigkeit der Interlinguistik ni<strong>ch</strong>t nur ers<strong>ch</strong>üttert <strong>und</strong> untergraben,<br />

sondern <strong>im</strong> Prinzip au<strong>ch</strong> ad absurdum geführt. Aus diesem Gr<strong>und</strong> lohnt es si<strong>ch</strong> eigentli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t (mehr),<br />

für diese Bewegung (ehrenamtli<strong>ch</strong>) tätig zu sein, persönli<strong>ch</strong>e Energie <strong>und</strong> Geld zu vers<strong>ch</strong>wenden, ehrli<strong>ch</strong>e<br />

wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Arbeit zu leisten, da diese vom pseudowissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Mob dieser Bewegung sabotiert<br />

wird. Ausser man betreibt Esperantologie <strong>und</strong> Interlinguistik als Hobby, d.h. als Zeitvertreib an<br />

16<br />

Für alle hier erwähnten Punkte verfüge i<strong>ch</strong> über konkfete namentli<strong>ch</strong>e Beispiele. Aus Raumgründen verzi<strong>ch</strong>te i<strong>ch</strong> auf eine<br />

ausführli<strong>ch</strong>e Dokumentation.<br />

6


Wo<strong>ch</strong>enenden, in den Sommerferien oder <strong>im</strong> Pensionsalter, dann hat man kein Problem mit der Seriosität.<br />

Für die Förderung des Esperanto <strong>und</strong> der Wissens<strong>ch</strong>aft selbst bringt dies natürli<strong>ch</strong> alles ni<strong>ch</strong>ts.<br />

Dass eine Weltspra<strong>ch</strong>e frei von Ideologie sein sollte, forderte s<strong>ch</strong>on der angesehene amerikanis<strong>ch</strong>e<br />

Linguist Mario Pei (1901-78), der wie einst Jan Baudouin de Courtenay, Umberto Eco, Robert Phillipson<br />

<strong>und</strong> Philippe van Parijs, Glanzli<strong>ch</strong>ter der modernen kritis<strong>ch</strong>en Linguistik <strong>und</strong> der Spra<strong>ch</strong>philosophie, dem<br />

Esperanto dur<strong>ch</strong>aus mit Sympathie begegnete <strong>und</strong> eine Chance einräumte. Die kritis<strong>ch</strong>en Anmerkungen zu<br />

Esperanto <strong>und</strong> der <strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong>frage, die diese noblen Gelehrten hinterlassen haben, sind von Relevanz <strong>und</strong><br />

wären wieder vermehrt in den Vordergr<strong>und</strong> der Diskussion zu stellen. Überhaupt müssten die kritis<strong>ch</strong>eren<br />

St<strong>im</strong>men in der Interlinguistik grösseres Gewi<strong>ch</strong>t erhalten. Last but not least müsste die Kardinalfrage geklärt<br />

geführt werden, warum <strong>und</strong> wieso Esperanto si<strong>ch</strong> als Weltspra<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong>gesetzt hat, obwohl es do<strong>ch</strong><br />

von der Propaganda, unterstützt von vielen berühmten Persönli<strong>ch</strong>keiten, als die Lösung des<br />

„Spra<strong>ch</strong>enproblems“ verkauft wurde. Hier wären ni<strong>ch</strong>t nur selbstkritis<strong>ch</strong>e Debatten zu führen, sondern au<strong>ch</strong><br />

neue <strong>und</strong> jüngere, vor allem planspra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> unbefangene Experten <strong>und</strong> Meinungsträger hinzuzuziehen, die<br />

viellei<strong>ch</strong>t Aufs<strong>ch</strong>luss über die „Wahrheit“ geben könnten. Mehr Ehrli<strong>ch</strong>keit, mehr Aufri<strong>ch</strong>tigkeit, mehr<br />

Objektivität, 17 mehr Intelligenz <strong>und</strong> mehr Realitätssinn wären der Diskussion zu wüns<strong>ch</strong>en. An diesen<br />

Werten mangelt es nämli<strong>ch</strong> in der Bewegung, denn eine ideologis<strong>ch</strong> ausgeri<strong>ch</strong>tete Bewegung kann ni<strong>ch</strong>t<br />

ehrli<strong>ch</strong> sein. Die Diskussion, von den Esperantisten <strong>und</strong> Interlinguisten zunehmend grotesk, infantil,<br />

realitätsfremd <strong>und</strong> pseudoakademis<strong>ch</strong> geführt, kann ni<strong>ch</strong>t länger den (ratlosen <strong>und</strong> verzweifelten)<br />

Sonderlingen („stranguloj“), Vereinsmeiern, Fre<strong>und</strong>eskreisen (koterioj), Dilettanten, Ideologen <strong>und</strong><br />

Zensoren (Verhinderern) der Esperanto-Bewegung überlassen werden, sondern sollte unter dem Einfluss<br />

seriöser <strong>und</strong> unabhängiger Personen stehen, die gewillt sind, Kritik ernst zu nehmen <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> bereit sind,<br />

diese au<strong>ch</strong> umzusetzen, um den Stillstand zu verhindern <strong>und</strong> den Forts<strong>ch</strong>ritt zu begünstigen. Die Stagnation<br />

der Esperanto-Bewegung wird dadur<strong>ch</strong> hervorgerufen, dass die ganzen Chefaktivitäten in dieser Bewegung<br />

si<strong>ch</strong> seit Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten auf das Engagement mehr oder weniger derselben Gruppen von Aktivisten<br />

<strong>und</strong> auf einige „bekannte Persönli<strong>ch</strong>keiten“ bes<strong>ch</strong>ränken, die „re<strong>ch</strong>t haben“, während andere Akteure, die<br />

viellei<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> etwas Bedeutsames zu sagen hätten, ni<strong>ch</strong>t bea<strong>ch</strong>tet <strong>und</strong> ausgegrenzt werden. Aber es s<strong>ch</strong>eint,<br />

dass neue Ideen ni<strong>ch</strong>t gefragt sind, die die alten in Frage stellen. Ni<strong>ch</strong>t S<strong>ch</strong>izophrene <strong>und</strong> Paranoiker sollten<br />

eine sol<strong>ch</strong>e Bewegung leiten, sondern Realisten <strong>und</strong> Pragmatiker.<br />

Dem Englis<strong>ch</strong>en für die Misere des Esperanto die S<strong>ch</strong>uld zuzus<strong>ch</strong>ieben, wie dies in der Esperanto-<br />

Bewegung gerne praktiziert wird, ist zu kurzsi<strong>ch</strong>tig, zu kurz gegriffen, ein zu s<strong>im</strong>ples Rezept, das si<strong>ch</strong> für<br />

Demagogie, Populismus <strong>und</strong> Propaganda sehr gut eignet. Aber dieser Ansatz ist abwegig <strong>und</strong> unstatthaft,<br />

unwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>, eigentli<strong>ch</strong> dumm <strong>und</strong> in jeder Hinsi<strong>ch</strong>t sinnlos <strong>und</strong> zum S<strong>ch</strong>eitern verurteilt, denn er<br />

führt direkt in die Sackgasse. Die Esperantisten <strong>und</strong> Interlinguisten, die in Bezug auf das Englis<strong>ch</strong>e offenbar<br />

an einem Minderwertigkeitskomplex leiden, sollten die Realitäten auf der Welt endli<strong>ch</strong> zur Kenntnis nehmen<br />

<strong>und</strong> mit ges<strong>und</strong>em Mens<strong>ch</strong>enverstand die entspre<strong>ch</strong>enden S<strong>ch</strong>lussfolgerungen <strong>und</strong> Konsequenzen ziehen.<br />

Ni<strong>ch</strong>t das Englis<strong>ch</strong>e ist s<strong>ch</strong>uld an der Krise des Esperanto, sondern s<strong>ch</strong>uld ist vor allem die Esperanto-<br />

Bewegung selbst, denn nur sie selbst hat mir ihrem unseriösen Verhalten dem Esperanto ges<strong>ch</strong>adet.<br />

Esperanto kann si<strong>ch</strong> erst brüsten, wenn es in der Lage ist, si<strong>ch</strong> quantitativ <strong>und</strong> qualitativ auf der glei<strong>ch</strong>en<br />

Augenhöhe mit den anderen UN-Spra<strong>ch</strong>en zu messen. Die Esperantisten sollten dies endli<strong>ch</strong> einsehen <strong>und</strong><br />

zugeben <strong>und</strong> si<strong>ch</strong> von ihrer Dogmatik, ihrer Ideologie <strong>und</strong> ihrem Fanatismus lösen. Es gibt au<strong>ch</strong> ohne<br />

„pracelismo“ <strong>und</strong> „finkvenkismo“ no<strong>ch</strong> Spielraum, um für die eigenen Ideen zu werben: Nämli<strong>ch</strong> indem<br />

man beginnt, Esperanto <strong>im</strong> s<strong>ch</strong>öpferis<strong>ch</strong>en Arbeitsalltag praktis<strong>ch</strong> anzuwenden. Praktis<strong>ch</strong> heisst: Ni<strong>ch</strong>t zum<br />

Selbstzweck, wie dies bisher der Fall war, sondern zugunsten <strong>und</strong> auf der Gr<strong>und</strong>lage der Dinge, Themen <strong>und</strong><br />

Realitäten der „ekstera mondo“.<br />

Aber es ist zu befür<strong>ch</strong>ten, dass es zu spät ist für Esperanto. Die Esperanto-Bewegung <strong>und</strong> mit ihr die<br />

Esperantologie <strong>und</strong> Interlinguistik s<strong>ch</strong>eint ausgedient, ausgehau<strong>ch</strong>t zu haben, die Zitrone ist ausgepresst, die<br />

Sa<strong>ch</strong>e s<strong>ch</strong>eint gelaufen. Das wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong>ste Szenario geht dahin, dass Esperanto in den nä<strong>ch</strong>sten Jahren<br />

mangels Mitglieder <strong>und</strong> Anhänger, d.h. mangels Substanz, vers<strong>ch</strong>winden wird, weil die Voraussetzungen<br />

fehlen <strong>und</strong> die Prämissen weggebro<strong>ch</strong>en sind, Esperanto <strong>im</strong> Sinne der S<strong>ch</strong>affung eines Mehrwerts zu<br />

betreiben. Dieser fatale Erosionsprozess, wie er in der Esperanto-Bewegung mit dem Mitglieders<strong>ch</strong>w<strong>und</strong><br />

17<br />

Oft hört <strong>und</strong> liest man in Esperanto-Kreisen, dass es die Objektivität ni<strong>ch</strong>t gäbe. I<strong>ch</strong> verstehe Objektivität als Synonym für<br />

Ehrli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Redli<strong>ch</strong>keit.<br />

7


seit Anfang der 1990er Jahre bereits eins<strong>ch</strong>neidend eingesetzt hat, wird si<strong>ch</strong> voraussi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> in den nä<strong>ch</strong>sten<br />

10-20 Jahren na<strong>ch</strong>haltig fortsetzen. 18<br />

Mit ihrer dünkelhaften Blasiertheit, ihren unsinnigen alternativistis<strong>ch</strong>en Denkmustern <strong>und</strong> ihrem<br />

sektiereris<strong>ch</strong>en linksreaktionären Radikalismus, die den modernen Mens<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t überzeugen konnte,<br />

Esperanto zu lernen, haben die Esperantisten <strong>und</strong> gewisse Interlinguisten si<strong>ch</strong> selbst isoliert <strong>und</strong> die<br />

Akzeptanz des Esperanto vermasselt <strong>und</strong> zerstört, das Projekt in die Sackgasse, ins Dilemma geführt. Der<br />

unselige <strong>und</strong> vergebli<strong>ch</strong>e Propaganda-Aktivismus der Esperanto-Bewegung hat die Glaubwürdigkeit des<br />

Projekts stark ers<strong>ch</strong>üttert, unterhöhlt <strong>und</strong> verspielt. Au<strong>ch</strong> in Osteuropa dürfte Esperanto na<strong>ch</strong> dem<br />

ges<strong>ch</strong>eiterten Kommunismus, der Esperanto für eigene politis<strong>ch</strong>-ideologis<strong>ch</strong>e Zwecke usurpiert <strong>und</strong> für die<br />

verlogene Propaganda missbrau<strong>ch</strong>t hatte, weitgehend diskreditiert sein. Die „Aussenpolitik“ der Esperanto-<br />

Bewegung war von Opportunismus, Heu<strong>ch</strong>elei <strong>und</strong> Zynismus geprägt, in Esperanto wurden am liebsten<br />

Reden von Hitler <strong>und</strong> Werke von Kommunisten wie Stalin, Tito, Mao Zedong übersetzt <strong>und</strong> ohne Ende<br />

Lobesartikel über Ho Chi Minh, Georgi D<strong>im</strong>itrov, Fidel Castro <strong>und</strong> andere S<strong>ch</strong>werverbre<strong>ch</strong>er des<br />

Kommunismus ges<strong>ch</strong>rieben; die Esperanto-Gazetten Osteuropas (allen voran der esperantist/DDR <strong>und</strong><br />

Bulgara Esperantisto) waren voller grotesker Lobhudelei für die zweifelhaften „Erfolge des Sozialismus“<br />

<strong>und</strong> die angebli<strong>ch</strong>e „Ri<strong>ch</strong>tigkeit“ des Marxismus-Leninsmus. Der vom Ostblock propagierte Pazifismus war<br />

eine reine Farce. Jedes Kind in Ost <strong>und</strong> West wusste, dass der Sozialismus den Ländern <strong>und</strong> Völkern<br />

Osteuropas von der Sowjetunion aufoktroyiert wurde <strong>und</strong> dass Sozialismus sowjetis<strong>ch</strong>er Imperialismus<br />

bedeutete. Die offiziellen Esperanto-Organisationen des Ostblocks haben diese historis<strong>ch</strong>e Farce<br />

massgebli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> aus eigenem Antrieb aktiv unterstützt. Diese fatale einseitige Politisierung des Esperanto<br />

dur<strong>ch</strong> die Kommunisten hatte unmittelbare Folgen für die Interlinguistik als Wissens<strong>ch</strong>aft der <strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong>,<br />

die nun wohl ebenfalls gegenstandslos geworden ist.<br />

Die Etablierung eines akademis<strong>ch</strong>en wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Fa<strong>ch</strong>s benötigt au<strong>ch</strong> die Unterstützung der<br />

Politik, <strong>und</strong> zwar einer sol<strong>ch</strong>en, die auf einem breiten demokratis<strong>ch</strong>en Konsens beruht. Diese Politik <strong>und</strong><br />

dieser Konsens fehlt <strong>im</strong> Fall des Esperanto <strong>und</strong> der Interlinguistik fast vollständig. Esperanto <strong>und</strong> die<br />

Interlinguistik werden an keiner bedeutenden Universität der Welt auf der Promotions- oder<br />

Habilitationsebene gelehrt, <strong>und</strong> man muss si<strong>ch</strong> mit diesen Themen na<strong>ch</strong> wie vor <strong>im</strong> Rahmen anderer Fä<strong>ch</strong>er<br />

befassen. 19 Esperanto <strong>und</strong> Interlinguistik ist also sozusagen reine Privatsa<strong>ch</strong>e, die weitab von Universitäten<br />

betrieben wird (mit einigen unbedeutenden Ausnahmen). So kann für diese Disziplin, die ni<strong>ch</strong>t einmal den<br />

Status eines „Or<strong>ch</strong>ideenfa<strong>ch</strong>s“ geniesst, weder ein akademis<strong>ch</strong>er Anspru<strong>ch</strong> abgeleitet no<strong>ch</strong> ein akademis<strong>ch</strong>er<br />

Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>s generiert werden, mit fatalen Konsequenzen für die Interlinguistik, die Esperantologie <strong>und</strong><br />

Esperanto selbst, das die Unterstützung der Interlinguistik brau<strong>ch</strong>t. 20 Esperanto <strong>und</strong> Interlinguistik sind also<br />

keine (relevante oder wi<strong>ch</strong>tige) Themen mehr, weder in der (Spra<strong>ch</strong>-)Wissens<strong>ch</strong>aft no<strong>ch</strong> in der Politik no<strong>ch</strong><br />

sonstwo. Seriöse Arbeit in <strong>und</strong> für Esperanto zu leisten lohnt si<strong>ch</strong> also ni<strong>ch</strong>t (mehr), denn sie wird weder in<br />

der Esperanto-Bewegung no<strong>ch</strong> in der „ekstera mondo“ von irgend jemandem anerkannt, ges<strong>ch</strong>ätzt oder<br />

unterstützt, ausser von einigen Akademikern <strong>und</strong> Aktivisten selbst, die in eigener Sa<strong>ch</strong>e arbeiten; vom Rest<br />

des Pöbels der Bewegung, der anderen Interessen na<strong>ch</strong>geht, wird sie gering ges<strong>ch</strong>ätzt, ignoriert <strong>und</strong><br />

sabotiert. Ausser abartiger Reaktionen von diesen Idioten, die den Sinn der Kritik überhaupt ni<strong>ch</strong>t begriffen<br />

haben, erhält man von den „führenden“ Esperanisten sonst kein Feedback mehr. Sie haben si<strong>ch</strong> alle in ihr<br />

S<strong>ch</strong>neckenlo<strong>ch</strong> zurückgezogen, fühlen si<strong>ch</strong> von der Kritik ni<strong>ch</strong>t betroffen <strong>und</strong> bezei<strong>ch</strong>nen Kritiker der<br />

Esperanto-Bewegung als „Nestbes<strong>ch</strong>mutzer“, „Friedensstörer“, „Geistesgestörte“ <strong>und</strong> no<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>l<strong>im</strong>mer. 21<br />

Au<strong>ch</strong> finden die öffentli<strong>ch</strong>en Diskussion meist auf einem ers<strong>ch</strong>reckend tiefen intellektellen Niveau statt. So<br />

18<br />

Wie das Beispiel UEA (s. http://eo.wikipedia.org/wiki/Membronombroj_de_UEA) deutli<strong>ch</strong> aufzeigt, sind vor allem in den 1990er<br />

Jahren die Mitgliederzahlen drastis<strong>ch</strong> eingebro<strong>ch</strong>en. Obwohl aufgr<strong>und</strong> einer approx<strong>im</strong>ativen Ho<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>nung der Mitglieders<strong>ch</strong>aften<br />

<strong>im</strong> Jarlibro de UEA (statistis<strong>ch</strong>e Hauptquelle für die Mitgliederzahlen der Esperanto-Bewegung) si<strong>ch</strong> etwa 20´000 Anges<strong>ch</strong>lossene<br />

(inkl. Delegierte, Kollektiv- <strong>und</strong> Individualmitglieder, Funktionäre) na<strong>ch</strong>weisen lassen, sind weltweit ni<strong>ch</strong>t mehr als einige h<strong>und</strong>ert<br />

Esperanto-Aktivisten zu verzei<strong>ch</strong>nen. Im Dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>nitt können etwa 10-20% der Vereinsmitglieder als Aktive betra<strong>ch</strong>ten werden.<br />

Wieviele Esperantisten es sonst no<strong>ch</strong> ausserhalb der Esperanto-Vereine gibt ist nur s<strong>ch</strong>wer abzus<strong>ch</strong>ätzen, da es dazu keine Statistik<br />

gibt.<br />

19<br />

Aber ni<strong>ch</strong>t einmal dies kann garantiert werden. Meine Sondierung bei etwa 10 Universitäten in Deuts<strong>ch</strong>land, der S<strong>ch</strong>weiz <strong>und</strong><br />

anderen Ländern (<strong>im</strong> Zeitraum 2006-2012), ein Dissertatonsprojekt zum Thema (Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der) Interlinguistik (in<br />

Russland/Osteuropa) dur<strong>ch</strong>zuführen, lief überall (d.h. in den den Fä<strong>ch</strong>ern Slavistik, Osteuropäis<strong>ch</strong>e Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te <strong>und</strong> Soziolinguistik)<br />

ins Leere, vor allem weil si<strong>ch</strong> kein Professor für dieses Thema zuständig oder kompetent fühlte.<br />

20<br />

I<strong>ch</strong> habe nie begriffen, wieso <strong>und</strong> warum die GIL ihre Jahrestagung ni<strong>ch</strong>t <strong>im</strong> Rahmen einer Universität abhält.<br />

21<br />

Ähnli<strong>ch</strong>e Reaktionen wurden s<strong>ch</strong>on hervorgerufen, als Jerzy Leyk seinen S<strong>ch</strong>riftsatz veröffentli<strong>ch</strong>te („Kio bremsas la evoluon?“,<br />

1981) <strong>und</strong> als Tazio Carlevaro sein Papier vorstellte („Ĉu Esperanto postvivos la jaron 2045“? 2008). Die Esperanto-Bewegung<br />

ma<strong>ch</strong>te keine Anstalten, aus diesen nützli<strong>ch</strong>en Überlegungen Lehren zu ziehen.<br />

8


werden diese Domänen, Sparten <strong>und</strong> Tätigkeitsfelder au<strong>ch</strong> in Zukunft wohl nur als privates Hobby von<br />

einigen wenigen überzeugten Esperanto-Hardlinern betrieben werden, sei es in Form von eigenbrötleris<strong>ch</strong>en<br />

Vereinsdebatten <strong>und</strong> vergebli<strong>ch</strong>en Propaganda-Aktionen oder <strong>im</strong> Rahmen oberflä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er Diskussionsforen<br />

sowie als mehr oder weniger sinnvolle touristis<strong>ch</strong>e Freizeitgestaltung vor allem für ältere Leute (dies war in<br />

der Esperanto-Bewegung übrigens sowieso seit eh <strong>und</strong> je der Fall). Na<strong>ch</strong> Auss<strong>ch</strong>öpfung des Potentials der<br />

Mitglieder, K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> des kompetenten Personals werden diese ledigli<strong>ch</strong> dem Selbstzweck dienenden<br />

Tätigkeiten wohl von der Bildflä<strong>ch</strong>e ganz vers<strong>ch</strong>winden. Die meisten Esperanto-Ortsgruppen, die genau<br />

diese (Sub-)„Kultur“ am Rande der Gesells<strong>ch</strong>aft gepflegt hatten, sind vor allem aus Überalterung der<br />

Mitglieder inzwis<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>on längst aufgelöst worden. Das Internet wird diese Kultur leider auf no<strong>ch</strong> tieferem<br />

intellektuellen Niveau fortsetzen, während ein Grossteil der tragenden Esperanto-Pioniergenerationen<br />

ausstirbt <strong>und</strong> die übrigen Esperantisten den Ans<strong>ch</strong>luss an die Postmoderne, die ohne Esperanto sein wird,<br />

weitgehend verpasst haben. Der Esperanto-Na<strong>ch</strong>wu<strong>ch</strong>s (TEJO) ist in jegli<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t stark<br />

unterentwickelt. Um die Relevanz (oder Irrelevanz) einer Idee wie des Esperanto genauer eins<strong>ch</strong>ätzen zu<br />

können <strong>und</strong> das eventuelle Interesse der Massen an Esperanto zu eruieren, müssten neue umfangrei<strong>ch</strong>e<br />

Umfragen unter der Bevölkerung, Politikern <strong>und</strong> Lehrern in den einzelnen Ländern dur<strong>ch</strong>geführt werden.<br />

Die Esperanto-Propaganda „von unten“ ist also klägli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>eitert, <strong>und</strong> „von oben“ war die<br />

Einführung des Esperanto ni<strong>ch</strong>t erwüns<strong>ch</strong>t oder zumindest ni<strong>ch</strong>t zu erwarten. Aus dieser für das Esperanto<br />

verheerenden Lage wären die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Es s<strong>ch</strong>eint aber, dass die Interlinguisten<br />

si<strong>ch</strong> starrköpfig weigern, si<strong>ch</strong> dieser Analyse zu stellen. Esperanto <strong>und</strong> die Interlinguistik werden nur eine<br />

Überlebens<strong>ch</strong>ance haben, wenn es diesen Domänen gelingen sollte, vor allem neue Zielpublika der „ekstera<br />

mondo“ (S<strong>ch</strong>riftsteller, Publizisten, Intellektuelle, Wissens<strong>ch</strong>aftler, Politiker) zu gewinnen, die si<strong>ch</strong> des<br />

Esperanto(s) bedienen mö<strong>ch</strong>ten, um ihre Werke in dieser Spra<strong>ch</strong>e zu publizieren, ganz zu s<strong>ch</strong>weigen von<br />

Wits<strong>ch</strong>aftsunternehmern, die Esperanto für ihre Reklame verwenden mö<strong>ch</strong>ten. Denn die Eliten ents<strong>ch</strong>eiden<br />

über Sein oder Ni<strong>ch</strong>tsein eines Produkts. Mit diesen neuen Zielpublika <strong>und</strong> Strategien müsste Esperanto dem<br />

traditionellen Sektierertum der Bewegung entrissen <strong>und</strong> in neue Bahnen gelenkt werden können. Mit der<br />

Frage na<strong>ch</strong> den Gründen warum diese Publika mit Esperanto bisher ni<strong>ch</strong>t in Berühung kamen oder es für<br />

ihre Verwendungszwecke ni<strong>ch</strong>t in Betra<strong>ch</strong>t zogen, obwohl <strong>im</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert genug „Lärm“ für Esperanto<br />

gema<strong>ch</strong>t wurde, sollten die Interlinguisten si<strong>ch</strong> empiris<strong>ch</strong> <strong>und</strong> analytis<strong>ch</strong> vermehrt ernsthaft<br />

auseinandersetzen.<br />

Lesen wir zum Abs<strong>ch</strong>luss einige Zeilen aus dem Beri<strong>ch</strong>t Dr. Albert Ste<strong>ch</strong>es, 22 des Vorsitzenden des<br />

Deuts<strong>ch</strong>en Esperanto-B<strong>und</strong>es, den er zum Thema „Ist Esperanto eine Wissens<strong>ch</strong>aft“ in Germana<br />

Esperantisto, Januar 1920, veröffentli<strong>ch</strong>en liess:<br />

„Im Januar 1916 erhielt der Deuts<strong>ch</strong>e Esperanto-B<strong>und</strong>, der in einer Eingabe be<strong>im</strong> Sä<strong>ch</strong>sis<strong>ch</strong>en<br />

Kulturministerium de Erri<strong>ch</strong>tung eines Lektorates für Welthilfsspra<strong>ch</strong>e an den Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ulen des Landes<br />

erbeten hatte, die Antwort: man könne na<strong>ch</strong> Anhörung der zuständigen Senate dieser Bitte ni<strong>ch</strong>t entspre<strong>ch</strong>en,<br />

weil Esperanto keine Wissens<strong>ch</strong>aft sei <strong>und</strong> deshalb einen Lehrstuhl ni<strong>ch</strong>t beanspru<strong>ch</strong>en könne. Ausserdem<br />

wäre es au<strong>ch</strong> ausserhalb der Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ulen zu erlernen. Wennglei<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> nun infolge der Leistungen der<br />

Esperantospra<strong>ch</strong>e <strong>im</strong> Kriege <strong>und</strong> <strong>im</strong> Hinblick auf die Forderungen der Kriegsfolgezeit neuerdings die<br />

Ansi<strong>ch</strong>ten au<strong>ch</strong> in Gelehrtenkreisen etwas geändert habe, so ers<strong>ch</strong>eint es do<strong>ch</strong> nötig, da die damals<br />

ents<strong>ch</strong>eidenden Stellen eine nähere Begründung für ihre ablehnende Auffassung ni<strong>ch</strong>t gegeben haben,<br />

einmal die Frage zu erörtern: Ist Esperanto eine Wissens<strong>ch</strong>aft oder ni<strong>ch</strong>t ?“ Ste<strong>ch</strong>e lieferte die Antwort glei<strong>ch</strong><br />

dazu mit: Esperanto sei eine „angewandte <strong>und</strong> reale Wissens<strong>ch</strong>aft“ <strong>und</strong> bedauerte, dass „die Überzegung von<br />

dieser Nützli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Notwendigkeit des Esperanto in den Gelehrtenkreisen, die ja hier zu ents<strong>ch</strong>eiden<br />

gehabt haben, no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t hinrei<strong>ch</strong>end dur<strong>ch</strong>gedrungen“ sei. Es s<strong>ch</strong>eint, dass die Situation au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> 100<br />

Jahren keine wesentli<strong>ch</strong>e Veränderung erfahren hat, trotz einiger mehr oder weniger erfolgrei<strong>ch</strong>er Versu<strong>ch</strong>e,<br />

Esperanto zu institutionalisieren.<br />

So ist ni<strong>ch</strong>t zu erwarten, dass die unbelehrbaren <strong>und</strong> hinter ihrer eigenen Engstirnigkeit in ihren<br />

Privatvereinen verbarrikadierten „Tonkinisten“, „Postonkinisten“ <strong>und</strong> „Blankisten“ mit ihren Komplizen in<br />

<strong>und</strong> ausserhalb der Esperanto-Bewegung eine andere Si<strong>ch</strong>t der Dinge zulassen werden, solange sie die<br />

Interlinguistik mit ihrer eind<strong>im</strong>ensionalen Geisteshaltung <strong>und</strong> den Instrumenten der Zensur <strong>und</strong> der<br />

22<br />

Albert Ste<strong>ch</strong>e (1862-1943), Chemiker, Unternehmer <strong>und</strong> Landtagsabgeordneter in Leipzig (um 1914), war ein Bruder des<br />

berü<strong>ch</strong>tigten NS-rassenbiologis<strong>ch</strong>en „Pädagogen“ Otto Hermann Ste<strong>ch</strong>e. Anfang 20er Jahre nahm Albert Ste<strong>ch</strong>e in Germana<br />

Esperantisto zu diversen brisanten Themen der Zeit Stellung, um diese mit der Esperanto-Frage zu verknüpfen. In seinem Tagebu<strong>ch</strong><br />

hatte si<strong>ch</strong> Albert Ste<strong>ch</strong>e <strong>im</strong> Sinne des Antisemitismus geäussert (gemäss Referat von U. Lins vom 30.11.2013 in Berlin).<br />

9


Unterdrückung der freien Meinung made in DDR kontrollieren <strong>und</strong> sie in Geiselhaft <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong> halten<br />

können. Eine sol<strong>ch</strong>e Si<strong>ch</strong>t der Dinge zu adoptieren würde bedeuten, dass die Bonzen der Interlinguistik mit<br />

ihren „intellektuellen Spiel<strong>ch</strong>en“ ni<strong>ch</strong>t nur ihrer Pfründe verlustig gingen, sondern dass au<strong>ch</strong> ihr Esperanto-<br />

Weltbild, ohne das ihre gesamte Existenz in Frage gestellt wäre, zerstört würde. Eine sol<strong>ch</strong>e persönli<strong>ch</strong>e<br />

Katastrophe bei diesen Leuten auszulösen ist wahrli<strong>ch</strong> weder meine Absi<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> mein erklärtes Ziel, <strong>und</strong><br />

i<strong>ch</strong> würde es au<strong>ch</strong> ablehnen, dafür eine Verantwortung zu übernehmen.<br />

Mit allen anderen, die <strong>im</strong> religiösen oder marxistis<strong>ch</strong>en Sinn fanatis<strong>ch</strong> an Esperanto glauben <strong>und</strong><br />

si<strong>ch</strong> an die Interlinguistik klammern, gestaltet si<strong>ch</strong> eine objektive <strong>und</strong> realistis<strong>ch</strong>e Diskussion sowieso als<br />

s<strong>ch</strong>wierig <strong>und</strong> erweist si<strong>ch</strong> <strong>im</strong> vornherein als Fehls<strong>ch</strong>lag.<br />

Autor dieses S<strong>ch</strong>ritsatzes: Andreas Künzli, lic. phil., Bern (S<strong>ch</strong>weiz), Ex-Esperantist, Ex-Interlinguist,<br />

November 2013 (mit Na<strong>ch</strong>tragungen <strong>im</strong> Falle des aktuellen Bedarfs).<br />

Novaj tekstoj de A. Künzli en Esperanto:<br />

1.<br />

Lingva justeco laŭ Philippe van Parijs:<br />

http://planlingvoj.<strong>ch</strong>/vanParijs_lingvajusteco.pdf<br />

2.<br />

Mario Pei kaj interlingvistiko / Esperanto<br />

http://www.planlingvoj.<strong>ch</strong>/Mario_Pei_interlingvistiko.pdf<br />

3.<br />

9a Universala kongreso en Bern 1913 (enkonduko plus dokumentaro kaj 1 artikolo)<br />

http://www.planlingvoj.<strong>ch</strong>/9aUK_Berno1913_Dokumentaro.pdf<br />

4.<br />

Pripensaĵo pri la salutmesaĝo de la islanda ŝtatestro<br />

http://planlingvoj.<strong>ch</strong>/Salutmesagho_Islando_UK2013.pdf<br />

5.<br />

Milito kaj paco laŭ Hector Hodler<br />

http://www.planlingvoj.<strong>ch</strong>/Hodler_Novajvojoj_neu.pdf<br />

6.<br />

Esperanto kaj interlingvistiko en Sovetunio<br />

http://www.planspra<strong>ch</strong>en.<strong>ch</strong>/Esperanto_Stalinismus_Sowjetunion_1920-30er.pdf<br />

(letzte Aktualisierung: Spra<strong>ch</strong>philosophie <strong>und</strong> Spra<strong>ch</strong>politik bei E.K. Drezens /S. , Filin über Loja /S).<br />

7.<br />

Iamaj tabuoj kaj sekretoj ĉirkaŭ Georgi D<strong>im</strong>itrov<br />

http://www.planlingvoj.<strong>ch</strong>/Georgi_D<strong>im</strong>itrov_Bulgario.pdf<br />

8.<br />

13 hipotezoj pri Esperanto<br />

http://www.planlingvoj.<strong>ch</strong>/13_HIPOTEZOJ_PRI_ESPERANTO_2012.pdf<br />

Weitere aktuelle <strong>und</strong> geplante Texte s. auf www.planspra<strong>ch</strong>en.<strong>ch</strong> / www.planlingvoj.<strong>ch</strong> / www.zamenhof.<strong>ch</strong><br />

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