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Hintergrundwissen<br />
© mct media consulting team Dortmund GmbH
Inhalt<br />
Medien und ich<br />
Wie Jugendliche Medien nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
Unterschiede zwischen Medien kennenlernen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
Sinnerschließendes Lesen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
Journalistische Praxis<br />
Recherchieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Verständlich schreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />
Journalistische Darstellungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
Das Zeitungsfoto . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
Medien und Gesellschaft<br />
Die Rolle der Medien – Was sie können, sollen<br />
und (nicht) dürfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
Wie sich Zeitungen unterscheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />
Wie soziale Netzwerke die (Medien-)Welt verändern. . . . . . . . . . . 62<br />
Das ZeitungsWiki . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67<br />
Ethik und Objektivität im Journalismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />
Die Zeitung als Wirtschaftsunternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />
Wie Nachrichten ausgewählt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />
Glossar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />
Nützliche Internetadressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />
Literaturhinweise. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 3<br />
Wie Jugendliche Medien nutzen<br />
Medienausstattung in den Familien<br />
Jugendliche wachsen heute ganz selbstverständlich mit vielen verschiedenen<br />
Medien auf: Fernseher, Mobiltelefon und Computer mit Internetzugang sind<br />
heute in nahezu allen Familien vorhanden, häufig sogar mehrfach: Im Schnitt<br />
besitzt ein Haushalt 4 Handys, 2,7 Computer und 2,4 Fernseher. Das klassische<br />
Medium Zeitung spielt auch in der digitalisierten Welt eine Rolle: 58 Prozent<br />
der Haushalte haben eine Tageszeitung abonniert. Ein Zeitschriftenabo haben<br />
41 Prozent der Haushalte.<br />
Persönliche Medienausstattung<br />
Auch die persönliche Medienausstattung der Jugendlichen ist beeindruckend:<br />
Nach der Studie „Jugend, Information, (Multi-)Media“ (JIM) aus dem Jahr 2011,<br />
herausgegeben vom Forschungsverband Südwest, besaßen 96 Prozent der<br />
Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren ein eigenes Handy (25 Prozent sogar<br />
ein Smartphone oder iPhone). 79 Prozent hatten einen Computer im eigenen<br />
Zimmer, die Hälfte der Jugendlichen mit eigenem Internetanschluss. Realschüler<br />
und Gymnasiasten sind dabei eher mit eigenem Computer oder Laptop<br />
und Internet ausgestattet als Hauptschüler. Während die Zahl der Computer<br />
im Jugendzimmer seit Jahren steigt, nimmt die Zahl der Fernseher im eigenen<br />
Zimmer (52 Prozent) wieder ab.<br />
www.mpfs.de<br />
Mediennutzung und Freizeit<br />
Musikhören ist Jugendlichen am wichtigsten, doch gleich darauf folgt in der<br />
Rangliste der liebsten Medienbeschäftigungen das Internet. Wie oft und wie<br />
lange bewegen sich die Jugendlichen im Internet? 89 Prozent sagen, dass sie<br />
regelmäßig (also täglich oder mehrmals pro Woche) online sind, und zwar<br />
nach eigener Einschätzung 134 Minuten am Tag, wobei Jungen etwas mehr<br />
Zeit im Internet verbringen als Mädchen. Mit zunehmendem Alter steigt die<br />
Online-Nutzung von 80 Minuten (12-13 Jahre) auf 168 Minuten (18-19 Jahre)<br />
täglich an.<br />
Insgesamt wird die Online-Nutzung nur um 21 Minuten höher eingeschätzt<br />
als die Fernsehnutzung (113 Minuten). Das Fernsehen spielt nach wie vor eine<br />
wichtige Rolle, 60 Prozent sehen täglich fern. Der Lieblingssender der 12- bis<br />
19-Jährigen ist ProSieben, gefolgt von RTL – die Jugendlichen präferieren also<br />
die privaten Programme und dort vor allem Serien.<br />
Weniger als die Hälfte der 14- bis 19-Jährigen liest regelmäßig eine Tageszeitung.<br />
Das haben Befragungen des media consulting team Dortmund ergeben.<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 4<br />
Dagegen steigt die Zahl der Schülerinnen und Schüler, in deren Elternhaus<br />
keine Zeitung vorhanden ist.<br />
Die JIM-Langzeitstudie kommt zu dem Schluss, dass Zeitschriften und Tageszeitungen<br />
ebenso wie das Medium Buch keinen Bedeutungsverlust erfahren<br />
haben – „allen kulturpessimistischen Befürchtungen zum Trotz“. In den vergangenen<br />
zehn Jahren sei der Anteil der regelmäßigen Buchleser unter den<br />
Jugendlichen (44 Prozent) sowie der regelmäßigen Tageszeitungsleser (42Prozent)<br />
annähernd stabil geblieben.<br />
Trotz der Zeit, die die Jugendlichen heute Medien widmen, sind sie keine Stubenhocker.<br />
Im Gegenteil: 84 Prozent der 12- bis 19-Jährigen treffen sich regelmäßig<br />
mit Freunden, 72 Prozent treiben häufig Sport.<br />
Diejenigen Jugendlichen, die Handy und Internet häufig nutzen, haben meist<br />
ein besonders ausgeprägtes Sozialleben. Diejenigen, die viel vor dem Fernseher<br />
sitzen, pflegen dagegen weniger soziale Kontakte.<br />
Jugendliche und Zeitung<br />
Die Frage, was Jugendliche zu Zeitungslesern macht, war Gegenstand einer<br />
Langzeitstudie am Institut für Journalistik der TU Dortmund. Demnach gibt es<br />
keine typische Zeitungsleserkarriere. Je früher man mit der Zeitung in Berührung<br />
kommt, desto größer die Chance, sich zum Zeitungsleser zu entwickeln.<br />
Die Jugendlichen, die schon in der Grundschule einen Blick in die Zeitung<br />
werfen, zählen später eher zu den regelmäßigen Lesern. Am wichtigsten ist<br />
jedoch die Verfügbarkeit der Zeitung: Haushalte, in denen es keine Zeitung im<br />
Abonnement gibt, bringen seltener Zeitungsleser hervor.<br />
Eine Zeitung im Elternhaus allein ist jedoch auch kein Garant mehr dafür, dass<br />
die Jugendlichen Zeitungsleser werden. Bei den Befragungen im Schuljahr<br />
2008 bis 2010 waren nur 54 Prozent der Jugendlichen, die zu Hause die Chance<br />
dazu haben, auch Zeitungsleser. Impulse von außen sind also nötig.<br />
Schulprojekte können einen positiven Einfluss auf die Zeitungslektüre der Jugendlichen<br />
haben. Das bestätigen die Untersuchungen des media consulting<br />
team. Nach Abschluss der Projekte äußert die Mehrheit der Schülerinnen und<br />
Schüler die Absicht, auch künftig regelmäßig Zeitung lesen zu wollen. Vor allem:<br />
Mehr als ein Drittel (39 Prozent) der ehemaligen Nichtleser will künftig<br />
in die Zeitung schauen. Auch die Zeitung kann etwas dafür tun, Jugendliche<br />
zu gewinnen. Jugendliche wünschen sich eigene Kinder- und Jugendseiten,<br />
unterhaltende und jugendnahe Themen sowie eine verständliche Sprache.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 5<br />
Unterschiede zwischen Medien<br />
kennenlernen<br />
Wie sich Medien unterscheiden<br />
Jedes neue Medium hat etwas Besonderes, eine Stärke, die ältere Medien nicht<br />
hatten. Dennoch sind die früheren Medien nicht verschwunden.<br />
Die Zeitung leistete eine erste, zumindest begrenzte Erfahrung von Gemeinsamkeit,<br />
indem sie gleichzeitig am Tag alle informierte. Nach dem Frühstück<br />
hatten in der Regel alle den gleichen Informationsstand. Anfang der 1920er<br />
Jahre schuf das Radio eine unmittelbare Gemeinschaftserfahrung. Es vermittelt<br />
seine Welt durch gesprochene Sprache, denn Zuhören ist „wirklicher“ als<br />
Lesen. Es galt: „Radio ist Kino im Kopf“. Zum Teil saßen Millionen Hörer gleichzeitig<br />
vor den unscheinbaren, manchmal krächzenden Apparaten und teilten<br />
das virtuelle Erlebnis gemeinsamen Zuhörens. Zum ersten Mal mussten damit<br />
die Menschen ihren Tagesablauf auf ein Medium einrichten. Diese zeitstrukturierende<br />
Funktion hat heute größtenteils das Fernsehen übernommen, das seit<br />
Anfang der 1940er Jahre sendet. Noch heute gelten in vielen Haushalten die<br />
Nachrichtensendungen als Ritual und als Signal für den Abendbeginn.<br />
Das Internet hat keine zeitstrukturierende Funktion, da die Informationen jederzeit<br />
abgerufen werden können. Es ist das erste Medium, das alle Kommunikationsmittel<br />
einsetzen kann: gedruckten Text, bewegte und statische Bilder,<br />
Ton und Sprache. Dazu kommt die Interaktivität: Die Nutzer können Beiträge<br />
spontan und jederzeit kommentieren und miteinander diskutieren, was wieder<br />
Rückwirkungen auf den Beitrag haben kann. Insofern greift es zu kurz, das<br />
Internet als neues Medium sehen, „vielmehr saugt es alle bestehenden Massenmedien<br />
in sich auf, deutet sie um und definiert deren Ausdrucksformen<br />
und publizistische Wirkung neu“, wie Stephan Weichert und Leif Kramp in<br />
ihrer Studie „Das Verschwinden der Zeitung?“ (2009) schreiben. Das hat auch<br />
für Journalisten Auswirkungen: Während sie sich früher als Hörfunk-, Fernseh-<br />
oder Zeitungsjournalisten spezialisierten, sind zunehmend Generalisten<br />
gefragt, die die Inhalte journalistisch für alle Kanäle aufbereiten können.<br />
Informationen in der Tageszeitung<br />
Zeitungen haben den Vorteil der Beständigkeit des gedruckten Wortes. Man<br />
kann die Information mit Muße aufnehmen und den Text gegebenenfalls<br />
nachlesen. Allerdings erscheinen sie „nur“ einmal täglich. Die Fußballergebnisse<br />
vom Samstag stehen erst am Montag in der Zeitung.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 6<br />
Die Stärke der Zeitung liegt eher darin, ausführliche Hintergrundinformationen<br />
zu liefern. Außerdem kann der Zeitungsleser selbst die Informationen<br />
auswählen, die ihn inte re ssieren. Die Redaktion bietet ihm eine Entscheidungshilfe,<br />
indem sie ihre Artikel durch Platzierung, Überschriftengröße und<br />
Länge gewichtet. Die Ressorts oder Artikel, die den Leser nicht ansprechen,<br />
überblättert er einfach.<br />
Themenvielfalt<br />
Im Vergleich zu einzelnen Nachrichtensendungen im Fernsehen oder Radio<br />
bietet die Zeitung eine größere Themenvielfalt. Internationale und nationale<br />
Politik stehen neben Sport, Buntem aus aller Welt und lokalen I n for mationen.<br />
Gerade im Lokalen und Regionalen hat die Zeitung eine Kompetenz, die ihr<br />
bisher kein anderes Medium streitig machen kann. Neben den klassischen<br />
Ressorts (Politik, Wirtschaft, Kultur, Vermischtes, Lokales) hat die Zeitung in<br />
den letzten Jahrzehnten ihr Angebot stetig erweitert: Es gibt Seiten für einzelne<br />
Zielgruppen wie Kinder oder Gartenliebhaber, und Seiten zu Themen wie<br />
Computer, Wissenschaft, Medizin usw. Kurze Nachrichtensendungen können<br />
diese Vielfalt nicht leisten.<br />
Außerdem lässt sich die Zeitung an jedem Ort und zu jeder Zeit lesen. Und<br />
manche Leserin und mancher Leser bleibt der Zeitung vielleicht treu, weil es<br />
auch ein sinnliches Erlebnis ist, eine nach Druckerschwärze riechende Zeitungsseite<br />
in die Hand zu nehmen und sie rascheln zu hören.<br />
Informationen im Internet<br />
Im Internet kann man hochaktuelle Informa tionen finden, da es möglich<br />
ist, das Angebot jederzeit zu aktualisieren. Außerdem kann man, wie bei der<br />
Zeitung, die Informationen in Ruhe noch einmal nachlesen. Das Internet ist<br />
weniger flüchtig als Radio oder Fernsehen. Und wenn das Angebot hilfreiche<br />
Links bietet, kann man gleich auf Vorgeschichte oder andere Hintergründe<br />
zugreifen. Dabei muss das Internet keine Rücksichten auf die Menge der Seiten<br />
oder Sendezeiten nehmen. Durch die Integration von Text, Bild, Film und<br />
Audiomaterial können Nachrichtenanbieter im Internet die Stärken jedes einzelnen<br />
Mediums nutzen.<br />
Hohe Flexibilität<br />
Der Nutzer ist, wie bei der Zeitung, frei in der Entscheidung, welche Informationen<br />
er aufnimmt. Es gibt keinen Programmfluss wie bei Fernsehen oder<br />
Radio. Problematisch ist allerdings das Lesen am Bildschirm bzw. Display: Es<br />
ist besonders auf Dauer anstrengender als das Lesen einer Zeitung und damit<br />
auch flüchtiger. In der Zeitung sieht man, welche Artikel man nicht liest.<br />
Im Internet bleiben Informationen verborgen, solange man sie nicht aufruft.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 7<br />
Zeitlich lässt das Internet alle Freiheiten: Wann der Nutzer online geht und<br />
Informationen abruft, entscheidet er selbst. Auch räumlich kann das Internet<br />
heute bei entsprechender Ausrüstung fast überall genutzt werden. Und Nutzung<br />
meint im Internet nicht nur das Lesen: Viele Informationsangebote im<br />
Internet können sofort kommentiert werden.<br />
Problem der Zuverlässigkeit der Quellen<br />
Im Internet stehen private Seiten neben kommerziellen. Aktuelle Informationen<br />
findet man nicht nur auf journalistischen Seiten. Die Frage nach Zuverlässigkeit<br />
und Interessen der Quelle ist deshalb oft schwer zu beantworten. Dazu<br />
gehört auch, dass es bislang kaum Trennungsnormen zwischen Journalismus,<br />
Werbung und E-Commerce im Netz gibt. Deshalb empfiehlt es sich, auch im<br />
Internet journalistische Angebote bekannter Medien (Zeitungen, Magazine,<br />
Rundfunksender) anzusteuern, will man verlässliche Informationen von ausgebildeten<br />
Journalisten erhalten. Oft bieten die Online-Auftritte der Medien<br />
mehr als das Muttermedium: Zusätzlich zu Nachrichten gibt es Bildergalerien,<br />
Filme, Abstimmungen, Links zu weiterführenden Seiten oder vorangegangenen<br />
Artikeln zum Thema, Blogs, Kommentare und Diskussionsforen etc.<br />
Blogs<br />
Ein Blog ist ein auf einer Webseite geführtes Magazin im Stil eines Tagebuchs.<br />
Charakteristisch ist die zeitlich chronologische Sortierung – die aktuellsten<br />
Einträge stehen stets oben. Inhaltlich sind keine Grenzen gesetzt: Es gibt Blogs<br />
zu nahezu jedem gesellschaftlichen oder privaten Thema. Auch viele journalistische<br />
Blogs kursieren im Netz (Tagesschau-Reporter kommentieren z. B. aus<br />
der Hauptstadt). Ein bekannter und preisgekrönter Watchblog, der die Fehler<br />
und Verfehlungen der Bild-Zeitung und anderer Medien verfolgt, ist www.<br />
bildblog.de.<br />
Interessant sind Blogs z. B. bei wichtigen Ereignissen, wenn Augenzeugen<br />
tagebuchartig vom Ort des Geschehens berichten (Arabische Revolution,<br />
Erdbeben-Katastrophe in Japan u. Ä.). Als einzige verlässliche Quelle eignen<br />
sich Blogs nicht, da Subjektivität ein Wesenzug ist. Sie können aber helfen, ein<br />
Thema in den Zusammenhang einzuordnen oder die Meinung von Betroffenen<br />
zu erfahren.<br />
Informationen im Radio<br />
Hörfunk und ebenso das Fernsehen vermitteln Informationen durch das gesprochene<br />
Wort, das zusätzlich Informationen durch die Intonation, den Klang<br />
der Stimme usw. liefert. Ein betroffener Tonfall verdeutlicht die schlechte<br />
Nachricht von einer Katastrophenmeldung. Ob etwas ironisch gemeint ist<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 8<br />
oder nicht, erkennt man besser an der Intonation des Moderators/der Moderatorin<br />
als beim Lesen.<br />
Das Radio ist ein schnelles Informationsmedium. Sobald eine Meldung einer<br />
Nachrichtenagentur „über den Ticker kommt“, kann sie im Grunde im Radio<br />
verlesen werden.<br />
Das Radio vermittelt Unmittelbarkeit: Ein Journalist kann in einer Live-Reportage<br />
von einem Unglück oder einem Sportereignis berichten. Der Hörer ist in<br />
dem Augenblick, in dem etwas passiert, zumindest am Radio dabei. Dadurch,<br />
dass die Hörerin oder Hörer die Stimme eines Menschen hört, seine Betroffenheit<br />
oder Begeisterung, erlebt sie oder er die Situation mit. Umgebungsgeräusche,<br />
die sogenannte Atmo, unterstreichen den Eindruck und erzeugen Bilder<br />
im Kopf. Und auch Interviews sind interessanter, wenn man zusätzlich zur<br />
sachlichen Information über die Stimme noch etwas über die Person erfährt.<br />
Unmittelbar, aber flüchtig<br />
Jedes Wort im Radio ist unwiederbringlich: Nachlesen wie in der Zeitung geht<br />
nicht. Damit sich die Informationen besser einprägen, lesen zum Beispiel die<br />
Nachrichtensprecher beim Deutschlandfunk zur vollen Stunde meist zunächst<br />
einen Überblick, dann die Nachrichten und zum Schluss noch einmal den<br />
Überblick.<br />
Das Radio bietet nicht die gleiche zeitliche Unabhängigkeit wie die Zeitung<br />
– der Hörer muss sich an Sendeplätzen und -zeiten orientieren. Podcasts und<br />
Mediatheken vor allem öffentlich-rechtlicher Sender ermöglichen aber auch<br />
zeitlich unabhängiges Radiohören.<br />
Beim Radiohören kann man Auto fahren, kochen, bügeln und herumlaufen,<br />
solange ein Gerät in der Nähe ist. Für viele Menschen ist das Radio allerdings<br />
ein Begleitmedium, dem man nicht sonderlich aufmerksam folgt.<br />
Informationen im Fernsehen<br />
Die Faszination des Fernsehens liegt im Namen: das Ferne so zu sehen, als<br />
wäre es nah. Und dazu sieht man Dinge, die sonst nur Wissenschaftlern oder<br />
anderen Spezialisten zugänglich wären. Pjöngjang, Fukushima oder Gaza werden<br />
von abstrakten Nachrichten zu realen Orten, wenn man sie im Fernsehen<br />
sieht. Der Zuschauer empfindet sich als Beteiligter. Am deutlichsten wird dies<br />
bei Live-Übertragungen, zum Beispiel von Sportereignissen. Bei einem Interview<br />
mit der Bundeskanzlerin kann sich der Zuschauer im Wortsinne ein Bild<br />
von ihr machen. Auch die Person der Moderatorin bzw. des Moderators schafft<br />
eine Bindung: Im bes ten Fall vermittelt sie oder er Glaubwürdigkeit und<br />
schafft Vertrauen. Die Kehrseite der Stärken des Fernsehens ist seine Ober-<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 9<br />
flächlichkeit. Analysen und Hintergründe kann die Zeitung viel besser liefern,<br />
weil das Fernsehen oft nicht die dafür nötige Zeit hat.<br />
Mehrere Informationen gleichzeitig<br />
Der Fernsehzuschauer muss sich auf mehrere Informationen gleichzeitig konzentrieren:<br />
Auf das Bild und auf die gesprochenen Informationen aus dem Off,<br />
die erklären, worum es bei der Konferenz geht. Bei verlesenen Nachrichten<br />
liefert nicht nur das im Hintergrund eingeblendete Bild eine eigene Information,<br />
sondern auch das Bild des Nachrichtensprechers. Die dazu gesprochene<br />
Nachricht zu verfolgen, erfordert hohe Konzentration. Die Chance des Fernsehens,<br />
gleichzeitig den akustischen und den visuellen Sinn anzusprechen, kann<br />
deshalb auch ein Nachteil sein. Wenn die Krawatte des Moderators oder Nachrichtensprechers<br />
schief sitzt, stört das manchmal schon die Konzentration auf<br />
die Information. Was man im Fernsehen gesehen hat, wird normalerweise<br />
schneller vergessen als Gelesenes. Vom Fernsehen bleiben allgemeine, vor allem<br />
emotionale Erinnerungen.<br />
Bilder bestimmen das Fernsehen<br />
Damit Fernsehen nicht nur verfilmtes Radio oder Zeitung ist, muss der Hauptakzent<br />
der Fernsehberichterstattung auf der Vermittlung von Bild-Informationen<br />
liegen. Mit der Vermittlung von Gedanken und Entwicklungen tut sich<br />
das Medium deshalb schwer. Es gibt kaum etwas Langweiligeres für den Zuschauer<br />
als die ewig gleichen Bilder von Konferenzen oder Bundestagsdebatten.<br />
Deshalb wird unter Umständen ein Ereignis in die Nachrichtensendung<br />
gehoben, weil es davon „spannende Bilder“ gibt. Die Versuchung für einen<br />
Fernsehredakteur ist groß, statt einer Erklärung eines Politikers Bilder von einem<br />
spektakulären Verkehrsunfall zu zeigen.<br />
Die Stunde des Fernsehens schlägt, wenn Entwicklungen in ein Ereignis münden<br />
(Demonstration, Krieg). Die Fernsehinhalte sind daher konflikt orientierter<br />
als in anderen Medien. Deutlich sehen kann man das an den Nachrichten von<br />
privaten Sendern, die einem weniger strengen Informationsauftrag unterliegen<br />
als die öffentlich-rechtlichen Sender.<br />
Jedes Fernsehbild zeigt nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit. Harte Schnitte<br />
oder eine Kamera-Einstellung aus der Frosch-Perspektive wirken sich auf die<br />
Bildaussage aus. Eindrücke können verstärkt, Charaktereigenschaften von Personen<br />
betont oder suggeriert werden (vgl. Das Zeitungsfoto).<br />
Das Fernsehen ist das Medium, das dem Zuschauer die strengsten Regeln<br />
auferlegt: Er muss sich vor den Bildschirm setzen. Zudem muss man alle Informationen<br />
der Reihe nach aufnehmen und kann sie nicht nach den eigenen<br />
Interessen aussuchen. Und der Zuschauer muss sich an die Sendezeiten halten<br />
– die Hauptsendung der „Tagesschau“ beginnt – bis auf wenige Ausnahmen –<br />
immer um 20 Uhr.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 10<br />
Sinnerschließendes Lesen<br />
Die vier Schritte der Textanalyse<br />
Beim Erschließen von Texten können vier Schritte unterschieden werden, die<br />
nicht immer einen getrennten Arbeitsgang erfordern:<br />
1 Überblickslesen: Worum geht es im Text, was ist die Hauptaussage?<br />
2 Klärendes Lesen: Fachbegriffe und unbekannte Wörter markieren<br />
und klären.<br />
3 Gliederndes Lesen: Inhaltliche Einzelheiten erkennen, Zentralbegriffe und<br />
Schlüsselwörter markieren, Hauptaussagen von Abschnitten formulieren.<br />
4 Kernaussage des gesamten Textes herausarbeiten.<br />
Den Text mit Vorwissen und eigenen Gedanken verknüpfen<br />
Inhalte bleiben dann besonders im Gedächtnis, wenn das Gelesene mit eigenen<br />
Erfahrungen oder dem Vorwissen zum Thema verknüpft wird. Daher hilft<br />
es bei der Erschließung eines Textes auch darüber nachzudenken, welchen<br />
Zugang man selbst zu dem Thema hat. Gibt es bereits Vorerfahrungen mit<br />
dem Thema? Was weiß man schon zu dem Thema? Besonders nachhaltig in<br />
Erinnerung bleibt das Gelesene dann, wenn der Inhalt des Textes auch noch<br />
mit eigenen Fragestellungen oder Standpunkten verknüpft wird.<br />
Inhalte grafisch darstellen<br />
Ein Schaubild ist manchmal deutlicher als viele Worte. So kann man die Kernaussagen<br />
eines Textes auch in eine Grafik oder ein Mindmap übertragen.<br />
Dieses Vorgehen zur Texterschließung erfordert genaues Nachdenken, das<br />
Reduzieren des Inhalts und macht deutlich, an welchen Stellen ein Text noch<br />
nicht verstanden wurde.<br />
Fremdwörter und Schlüsselbegriffe<br />
Unbekannte Wörter und Schlüsselbegriffe können Schwierigkeiten beim Lesen<br />
mancher Artikel bereiten. Fremdwörter kann man im Lexikon nachschlagen.<br />
Schlüsselbegriffe (z. B. Riesterrente, Mindestlohn oder Risikostrukturausgleich)<br />
in der Regel nicht. Hier hilft nur eine Suche im Archiv. Zum Beispiel im Internet:<br />
Auf der Website der Zeitung, wenn sie ein Online-Archiv hat, oder bei anderen<br />
Medien mit Archiven, zum Beispiel tagesschau.de oder welt.de. Dort kann man<br />
ältere Artikel heraussuchen und damit die Begriffe aus dem Vorgeschehen<br />
erläutern.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und ich 11<br />
Ein paar Tipps, wo man Erklärungen im Internet finden kann:<br />
• www.bpb.de/wissen/H75VXG,0,0,Begriffe_nachschlagen.html – Online-<br />
Lexikon der Bundeszentrale für politische Bildung.<br />
• www.hanisauland.de/lexikon/ – Online-Lexikon der Bundeszentrale für<br />
politische Bildung für Kinder<br />
• www.neuneinhalb.wdr.de/lexikon/A/index.php5 – ein Online-Lexikon für<br />
Kinder, herausgegeben von der ARD-Sendung „neuneinhalb“, die samstags<br />
das politische Geschehen der Woche erklärt.<br />
Wer kontinuierlich liest, versteht Inhalte besser<br />
Journalisten bemühen sich um verständliche Texte. Dennoch sind nicht alle<br />
Artikel leicht zu verstehen. Fremdwörter oder Fachbegriffe machen das Lesen<br />
manchmal schwer. Doch je regelmäßiger man liest, um so besser versteht man<br />
Zusammenhänge und lernt immer mehr Schlüsselbegriffe kennen.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 12<br />
Recherchieren<br />
Keine Pressemitteilung und keine Agenturmeldung kann Journalisten von<br />
ihrer wichtigsten Aufgabe befreien: der Recherche. Einer Sache nachgehen,<br />
Fakten aufspüren und zusammentragen, Informationen überprüfen und unterschiedliche<br />
Stellungnahmen einholen – das kann viel Arbeit machen. Aber<br />
es schafft erst die Grundlage für einen sorgfältigen Bericht oder einen soliden<br />
Kommentar. Ohne Recherche bleiben Artikel oberflächlich. Wer sich nur auf<br />
eine Quelle (Pressemitteilung, Stellungnahme) verlässt, veröffentlicht leicht<br />
Falsches, oft Einseitiges.<br />
Ebenso nötig ist es, angelieferte Informationen zu überprüfen. Andernfalls<br />
kann man böse reinfallen. So verbreitete sich im März 2011 im Internet rasend<br />
schnell das Gerücht, Karl-Theodor zu Guttenberg habe in seiner Abschiedsrede<br />
nach der Plagiatsaffäre ein Zitat aus dem Film „Star Trek“ verwendet. „Ich war<br />
immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht“,<br />
sagte zu Guttenberg – das soll auch Captain Kirk in „Der Zorn des Khan“ gesagt<br />
haben. Über Twitter und Facebook machte das Gerücht um das erneute Plagiat<br />
schnell die Runde, auch Tageszeitungen verbreiteten es weiter. Allerdings war<br />
die Geschichte nicht nur witzig, sondern auch ein Witz: Im Star Trek-Drehbuch<br />
taucht das Zitat nirgends auf.<br />
Kritisch auseinandersetzen<br />
Journalisten müssen sich mit allen Informationen kritisch auseinandersetzen,<br />
die sie erhalten – auch wenn sie unter Zeitdruck stehen. Sind die Informationen<br />
plausibel? Ist die Quelle glaubhaft? Das Internet kann die Recherche<br />
extrem beschleunigen, andererseits sind bei der Recherche im Internet einige<br />
Grundsätze zu beachten. In jedem Fall gilt: Planvolles Herangehen an komplexe<br />
Recherchen ist die halbe Miete. Dabei hilft ein Rechercheplan.<br />
Rechercheplan<br />
Der Rechercheplan enthält die wichtigen Schritte der Recherche:<br />
• Thema eingrenzen und Aspekte festlegen,<br />
• Informationen sammeln,<br />
• Informationen bewerten,<br />
• Gesprächspartner festlegen,<br />
• Interviews führen,<br />
• Informationen zusammenführen.<br />
Im Laufe der Recherche sollten folgende Fragen beantwortet werden:<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 13<br />
• Ist am Thema etwas dran? Ist das Thema wichtig bzw. interessant? Welche<br />
Aspekte sind neu?<br />
• Sind die gesammelten Informationen umfassend? Beantworten sie alle<br />
wichtigen Fragen des ausgewählten (eingegrenzten!) Themas? Gibt es<br />
unterschiedliche Standpunkte und haben wir sie berücksichtigt?<br />
• Sind die Informationen zutreffend?<br />
• Erklären die Informationen Ursachen, Zusammenhänge und Folgen?<br />
Zeitplan<br />
Bei umfangreichen Vorhaben bietet es sich an, einen Zeitplan aufzustellen,<br />
bis wann wer was recherchieren soll. Dies ist besonders bei Gruppenarbeiten<br />
sinnvoll, da man sich bei der Recherche leicht verzetteln kann – und dann am<br />
Ende die Zeit zum Schreiben fehlt.<br />
Ein Beispiel für einen Rechercheplan zum Thema Mobbing im Internet stellen<br />
wir in diesem Kapitel vor.<br />
Ist an dem Thema etwas dran?<br />
Zuallererst gilt es, zu überlegen und eventuell auch zu recherchieren, ob an<br />
dem Thema überhaupt etwas dran ist. Ist es tatsächlich relevant, also betrifft<br />
bzw. interessiert es einen größeren Personenkreis? Wie sieht es mit Cybermobbing<br />
bei Jugendlichen in unserer Stadt aus? Ist das Thema gerade aktuell?<br />
Nimmt Cybermobbing zu? Wird in letzter Zeit vermehrt über das Thema berichtet?<br />
Spielt das Thema eine Rolle für die Schülerinnen und Schüler? Ein Blick<br />
ins Zeitungsarchiv und ins Internet hilft.<br />
Wenn über ein Thema schon oft berichtet wurde, ist es für die Zeitung nur<br />
interessant, wenn man einen neuen oder ungewöhnlichen Zugang findet.<br />
Eingrenzung des Themas<br />
Welche Aspekte sollen im Artikel dargestellt werden? Welche Aspekte könnten<br />
neu und interessant sein? Was könnte für das Zielpublikum besonders<br />
spannend sein? Was ist in den Projektwochen überhaupt machbar? Bei der<br />
Recherche sollte man sich auf ein paar Aspekte beschränken, um sich nicht zu<br />
verzetteln.<br />
Eine Auflistung von Zahlen und Statistiken zum Thema kann wichtig sein, da<br />
diese das Ausmaß und die Dimensionen des Themas zeigen und seine Relevanz<br />
deutlich machen. Trotzdem soll es kein reiner Faktenartikel werden. Interessanter<br />
und anschaulicher ist es, sich mit den Gründen und Konsequenzen zu<br />
beschäftigen und einen Einblick in den Alltag von Betroffenen zu geben. Das<br />
können Schüler vielleicht sogar besser als Journalisten.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 14<br />
Lokaler Aspekt<br />
Die Beiträge werden in lokalen Medien veröffentlicht, also sollte ein lokaler<br />
Aspekt gesucht werden. Fragen, denen Schüler nachgehen können: Ist Cybermobbing<br />
auch ein Problem in unserer Stadt, an unserer Schule? Wissen<br />
Eltern und Lehrer darüber ausreichend Bescheid? Wohin, an wen können sich<br />
betroffene Jugendliche in unserer Stadt wenden? Finden wir jemanden, der<br />
Erfahrungen mit Mobbing im Internet hat – als Opfer, als Täter oder als Zeuge?<br />
Wichtig ist, dass die Schüler ein Thema klar formulieren und nicht alle Fragen<br />
in einem Text beantworten wollen, sonst wird die Recherche schnell unübersichtlich.<br />
Wenn es genügend Interessenten in der Klasse gibt, kann man sich<br />
mehrere Artikel vornehmen und in Gruppen die Teilaspekte behandeln. Mögliche<br />
Aspekte des Themas Cybermobbing sind:<br />
• Interview mit einem Psychologen über Ursache und Wirkung von Cybermobbing;<br />
• „Ich wurde gemobbt“ – oder auch „Ich habe gemobbt“ – Schüler berichten;<br />
• Nach einer Studie wurde jeder dritte Schüler schon einmal Cybermobbing-<br />
Opfer – an unserer Schule auch?<br />
• Was wissen Eltern über Mobbing im Internet, und was sollten sie darüber<br />
wissen?<br />
• Cybermobbing – was ist das überhaupt, und wo fängt es an?<br />
• Lokale Beratungsstellen vorstellen und ihre Möglichkeiten, Betroffenen zu<br />
helfen.<br />
Vorinformationen sammeln<br />
Zunächst geht es darum, sich einen Überblick zu verschaffen, um überhaupt<br />
konkrete Fragestellungen zu entwickeln und herauszukriegen, wer interessante<br />
Gesprächspartner sein könnten.<br />
Auch die Vorrecherche sollte auf die Aspekte beschränkt bleiben, die für den<br />
Beitrag notwendig sind. Sonst studiert man alle möglichen Informationen, die<br />
hinterher gar keine Rolle spielen. Gerade das Internet bietet nicht nur viele<br />
Möglichkeiten, sich zu informieren, sondern auch eine Fülle von Abwegen, auf<br />
denen man Stunden über Stunden ohne Erkenntnisgewinn für das eigentliche<br />
Ziel verbringen kann.<br />
Tipps zur Recherche im Internet behandeln wir weiter hinten in diesem Kapitel.<br />
Zur Vorrecherche gehört auch, zu prüfen, ob sich das Thema tatsächlich<br />
mit einem lokalen Aspekt versehen lässt: Gibt es in unserer Stadt, in unserem<br />
Kreis tatsächlich Ansprechpartner etc.?<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 15<br />
Informationen bewerten<br />
Für ein systematisches Vorgehen ist die Reihenfolge der Informationssuche<br />
wichtig. Dabei unterscheidet man zwei Ebenen: Fakten und Deutungen.<br />
Zunächst sollten alle durch Fakten verifizierbaren Informationen zusammengetragen<br />
werden, die die Fragen wer, was, wann, wo beantworten. Erst wenn<br />
die Sachverhalte klar sind, kann man nach Begründungen und Folgen suchen.<br />
Fakten<br />
Die Faktenrecherche betrifft in unserem Beispiel das Ausmaß des Problems:<br />
• Gab es in unserer Stadt bereits öffentlich gewordene Fälle von Cybermobbing?<br />
Gibt es Anzeichen, dass das Problem zu- oder abnimmt?<br />
• Gibt es Experten/Fachleute/Berater in unserer Stadt, die zum Thema Mobbing<br />
im Internet etwas beitragen können?<br />
• Was droht den Tätern?<br />
• Wie kann man Cybermobbing verhindern oder vorbeugen, wie Betroffenen<br />
helfen?<br />
Deutung<br />
Auf der Deutungsebene werden die Fragen wie, warum und welche Folgen beantwortet.<br />
Was bedeuten die Fakten und Zahlen? Oder: Was bedeutet es, dass<br />
(lokale) Zahlen dazu so schwer zu bekommen sind? Wenn Cybermobbing für<br />
die Jugendlichen der Stadt tatsächlich ein Problem ist: Welche Folgen hat das?<br />
Welche Maßnahmen zur Aufklärung sind sinnvoll und welche nicht?<br />
Verlässlichkeit von Quellen<br />
Wenn man entscheiden will, ob eine Information verlässlich ist, sollte der erste<br />
Blick auf die Quelle fallen. Woher stammt die Information? „Das Internet“<br />
ist noch keine Quelle – wer hat die Information verbreitet, auf wen geht sie<br />
zurück?<br />
Für die Verlässlichkeit einer Quelle gibt es einige Faustregeln:<br />
• Behörden, Polizei, Ministerien und ähnliche staatliche Einrichtungen dürfen<br />
keine falschen Informationen veröffentlichen. Auf die Richtigkeit der Fakten<br />
kann man sich verlassen. Aber die Behörden müssen natürlich nicht alle<br />
Aspekte eines Themas abdecken.<br />
• Handelt es sich um eine Primär- oder eine Sekundärquelle? Wird über Einstellungen<br />
und Äußerungen eines Politikers auf der eigenen Homepage<br />
oder der eigenen Partei berichtet oder auf der Website einer Bürgerinitiative?<br />
Wenn die Bürgerinitiative die Haltung des Politikers beschreibt, muss<br />
das nicht unbedingt stimmen. Hier empfiehlt es sich, beim Politiker selbst<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 16<br />
nachzufragen. Gleiches gilt umgekehrt. Wer die Argumente einer Bürgerinitiative<br />
entkräften will, gibt sie möglicherweise nicht korrekt oder verkürzt<br />
wieder.<br />
• Je authentischer die Quelle, desto glaubwürdiger. Wenn jemand über ein<br />
Ereignis berichtet: War er wirklich dabei oder gibt er die Ereignisse aus<br />
zweiter Hand wieder? Jeder kennt das Stille Post-Spiel. Was am Ende herauskommt,<br />
hat mit dem, was die erste Person erzählt hat, oft kaum noch<br />
etwas zu tun.<br />
Wikipedia als Quelle<br />
Wikipedia gehört mittlerweile zu den meistbesuchten Internetseiten. Wer eine<br />
Erklärung sucht, schaut oft bei Wikipedia nach und selten im Lexikon. Wikipedia<br />
schreibt über sich selbst: „Wikipedia ist eine im Januar 2001 gegründete<br />
Online-Enzyklopädie in zahlreichen Sprachen. (...) Die Artikel der Online-Enzyklopädie<br />
werden weltweit von Freiwilligen kollektiv erstellt, und jeder Internetbenutzer<br />
kann die Artikel nicht nur lesen, sondern meist auch bearbeiten, auch<br />
anonym. Bestand hat, was von den anderen Benutzern akzeptiert wird. Bisher<br />
haben international etwa 1.016.000 angemeldete und eine unbekannte Zahl<br />
nicht angemeldeter Nutzer zur Wikipedia beigetragen. Mehr als 6.700 Autoren<br />
arbeiten regelmäßig bei der deutschsprachigen Ausgabe mit.“ Das bedeutet,<br />
die Artikel bei Wikipedia verändern sich ständig. Jeder und jede kann Artikel<br />
verfassen und bearbeiten, etwas hinzufügen, löschen oder korrigieren.<br />
Auf wikipedia.org findet man Artikel und Informationen zu fast allen Themen.<br />
Manche von ihnen sind qualitativ hochwertig, andere nicht. Es gab in der<br />
Vergangenheit Fälle bewusster Falschmeldungen, PR-Abteilungen schönten<br />
Einträge. In der Rubrik Humor sammelt Wikipedia selbst Fake-Artikel. Zur<br />
Qualitätssteigerung gibt es ein Netz von Administratoren, die Einträge kontrollieren.<br />
Fachredakteure bewerten Einträge und versehen einzelne Beiträge mit<br />
Prädikaten wie „exzellent“ oder „Überarbeitungsbedarf“. Vergleichsanalysen<br />
mit der Encyclopaedia Britannica haben keine signifikant höhere Fehlerhäufigkeit<br />
bei Wikipedia ergeben.<br />
Es ist also erlaubt, Wikipedia in seine Recherche einzubeziehen. Texte der Wikipedia<br />
geben häufig einen guten Überblick und können z. B. als Ausgangspunkt<br />
der Recherche dienen. Oft finden sich auch nützliche Links zum Thema. Man<br />
sollte aber darauf achten, ob es „Warnhinweise“ der Fachredakteure gibt. Die<br />
einzige Quelle darf Wikipedia nicht sein.<br />
Zitiert: http://<br />
de.wikipedia.org/<br />
wiki/Wikipedia,<br />
Zahlen nach dem<br />
Stand vom 31.<br />
Oktober 2009<br />
Vorsicht bei Statistiken<br />
Unabhängig von der Quelle gilt: Immer mitdenken! Beim Lesen einer Information<br />
nie den eigenen Kopf ausschalten. Die erste Überprüfung ist die nach dem<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 17<br />
gesunden Menschenverstand. Sind die Aussagen oder die Zahlen plausibel?<br />
Kann das sein?<br />
Quellen einordnen<br />
Um eine Information zu bewerten, ist es auch wichtig, sich klarzumachen,<br />
welche Interessen die Quelle vertritt.<br />
Die erste Frage ist: Vertritt der Mensch bzw. die Organisation in der Sache eigene<br />
Interessen oder nicht? Je distanzierter und neutraler die Person/Organisation<br />
zu der Sache steht, desto zuverlässiger sind die Informationen. Sind die<br />
Befragten selbst involviert, können ihre Auskünfte interessensgeleitet sein. Sie<br />
werden die Informationen danach auswählen, ob sie ihren Interessen dienen<br />
oder nicht.<br />
Bei fast allen Themen gibt es mehrere Gruppen, die aus ihrer Position etwas zu<br />
sagen und unterschiedliche Sichtweisen haben.<br />
• Fachleute<br />
Fachleute sind Experten für ein Thema, zum Beispiel Wissenschaftler oder<br />
Menschen, die sich aufgrund ihres Berufes mit einem Thema gut auskennen.<br />
Beim Thema Cybermobbing wären das zum Beispiel Schul- oder<br />
Jugendpsychologen, Pädagogen, Polizeibeamte, Juristen oder (Medien)<br />
Forscher an Universitäten oder Instituten, die Zahlen und Daten liefern können.<br />
• (Politisch) Verantwortliche<br />
Verantwortliche sind alle, die theoretisch etwas gegen das Problem „Mobbing<br />
im Internet“ tun können – zum Beispiel, indem sie Aufklärung veranlassen,<br />
Strategien zur Vorbeugung beschließen oder Straftaten verfolgen.<br />
Das sind Parlamente, Ministerien und Behörden, auf lokaler Ebene sind es<br />
Stadtrat, Jugendamt, der zuständige Dezernent und die Polizei.<br />
• Betroffene<br />
Direkt betroffen sind Mobbing-Opfer, doch zu den Betroffenen, die mit<br />
dem Problem konfrontiert sind, zählen auch andere Jugendliche sowie ihre<br />
Eltern. Auch Lehrerinnen und Lehrer müssen sich mit Mobbing auseinandersetzen<br />
und zählen zu den Betroffenen.<br />
Die Reihenfolge der Befragung<br />
Bei der Recherche ist die Reihenfolge der Befragung wichtig. Als Faustregel gilt:<br />
Von außen nach innen recherchieren. Das bedeutet: Dem Kern der Recherche,<br />
also den wichtigsten Ansprechpartnern, nähern Journalisten sich zum Schluss,<br />
wenn sie schon so viel wie möglich über das Thema in Erfahrung gebracht<br />
haben.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 18<br />
Am besten spricht mal also zuerst mit unabhängigen Fachleuten, die Hintergründe<br />
erläutern können. Am Schluss kommen die (politisch) Verantwortlichen.<br />
Fachleute werden Informationen nicht nach ihren Interessen filtern, wie<br />
es Betroffene und politisch Verantwortliche möglicherweise tun. Wenn man<br />
vorher mit einem Experten gesprochen hat, der einem die Zusammenhänge<br />
erklärt hat, kann man die Aussagen der Gesprächspartner besser einschätzen<br />
und bessere, genauere Fragen stellen.<br />
Noch ein wichtiger Grundsatz: Die meisten Themen haben mehrere Seiten.<br />
Journalisten müssen sich stets bemühen, verschiedene Standpunkte und<br />
Sichtweisen zu hören und in ihren Berichten zu erwähnen.<br />
Exkurs: Das Informationsfreiheitsgesetz<br />
Seit 2006 erleichtert ein neues Gesetz die journalistische Recherche bei Behörden<br />
und Ministerien auf Bundesebene. Auch Nicht-Journalisten können<br />
sich nun einfacher informieren. Das Informationsfreiheitsgesetz ist Jedermannsrecht,<br />
d. h. jede Person kann Informationen von der Verwaltung verlangen<br />
– und muss den Antrag weder begründen noch persönlich betroffen sein.<br />
Mit dem Informationsfreiheitsgesetz wird das Prinzip des Amtsgeheimnisses<br />
durch den Grundsatz der Transparenz ersetzt. Im Zweifel muss nun nicht derjenige,<br />
der etwas wissen will, seinen Antrag rechtfertigen, sondern die Behörde<br />
muss sich rechtfertigen, wenn sie ausnahmsweise Informationen zurückhalten<br />
will. Das kann weiterhin der Fall sein, wenn zum Beispiel die persönlichen<br />
Daten von anderen Menschen geschützt werden sollen.<br />
Informationsfreiheitsgesetze gibt es bisher in Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein,<br />
Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg,<br />
Bremen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. In<br />
anderen Bundesländern gibt es Initiativen. Auf Bundesebene gilt das Gesetz<br />
seit 2006 für alle Bundesbehörden.<br />
Recherche im Internet<br />
Das Internet ist ein gutes und schnelles Mittel, um an Informationen zu einem<br />
Thema zu kommen, verschiedene Aspekte eines Themas zu prüfen und sich für<br />
eines zu entscheiden, sich auf ein Expertengespräch vorzubereiten oder auch,<br />
um geeignete Experten überhaupt erst zu finden.<br />
Wer sich allgemein zu einem Thema informieren möchte und prüfen will, was<br />
in anderen Medien bisher zu dem Thema erschienen ist, kann direkt auf die<br />
Medienseiten im Internet gehen und nach Artikeln zum gewünschten Begriff<br />
suchen. Allerdings haben nicht alle Medien kostenlose Archive. Überregionale<br />
Medienadressen mit guten kostenlosen Archiven sind zum Beispiel: tagesschau.de,<br />
zeit.de, welt.de.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 19<br />
Offizielle Stellen sind zum Beispiel Ministerien wie das Bundesministerium für<br />
Familie, Senioren, Frauen und Jugend (bmfsfj.de). Links zu allen Ministerien<br />
findet man unter bundesregierung.de. Zu vielen Themen liefern die Wissenschaftlichen<br />
Dienste des Bundestages Informationen und Analysen (bundestag.de).<br />
Das Statistische Bundesamt www.destatis.de liefert statistisches<br />
Material zu zahlreichen Themen, u. a. zur Entwicklung von Jugendkriminalität.<br />
Wenn man die Webadressen der Institutionen nicht kennt, kann man sie leicht<br />
über eine Suchmaschine, wie Google, finden.<br />
Suchmaschinen<br />
Natürlich kann man Suchmaschinen, wie Google, auch nutzen, um gezielt<br />
Antworten und Informationen zu finden. Suchmaschinen sind automatisch<br />
arbeitende Programme, die das Internet nach Webseiten durchsuchen. Mit<br />
Hilfe von Schlüsselwörtern kann man nach Seiten suchen, auf denen diese<br />
Wörter vorkommen. Da man bei der Suche mit Suchmaschinen häufig viele<br />
Zehntausend oder Hunderttausend Treffer bekommt, sollte man sich seine<br />
Suchwörter vorher gut überlegen.<br />
Es gibt auch thematisch orientierte Spezial-Suchmaschinen, die das ganze<br />
Internet oder auch ausgewählte Teile davon nach ganz speziellen Inhalten<br />
durchsuchen. Das können z. B. Nachrichten oder Zeitungsartikel, Musikdateien<br />
oder Stellenangebote sein. Unter netzeitung.de findet man etwa Nachrichten<br />
und Artikel aus 500 Tageszeitungen und Onlineportalen seit 1992, soweit sie<br />
kostenlos zugänglich sind. Weitere Suchmaschinen, die ausschließlich in Webkatalogen<br />
oder Verzeichnissen zu bestimmten Themen suchen, findet man<br />
zum Beispiel unter klug-suchen.de oder suchfibel.de.<br />
Meta-Suchmaschinen ermöglichen es, einen möglichst großen Suchbereich<br />
mit vielen Suchmaschinen gleichzeitig abzudecken. Sie schicken Suchanfragen<br />
gleichzeitig zu den verschiedenen Suchmaschinen, nehmen die Ergebnisse<br />
entgegen und vergleichen sie miteinander. Doppelte Ergebnisse sortieren<br />
sie aus. Meta-Suchmaschinen sind also Suchmaschinen, die Suchmaschinen<br />
durchsuchen. Der Vorteil von Meta-Suchmaschinen: Man bekommt viele verschiedene<br />
Ergebnisse in kürzester Zeit. Meta-Suchmaschinen ermöglichen<br />
nur wenige Verknüpfungen in den Suchbegriffen, da sie mit dem kleinsten<br />
gemeinsamen Nenner aller Suchmaschinen arbeiten. Ein Beispiel für eine<br />
Meta-Suchmaschine ist z. B. metager.de.<br />
Recherche-Strategien für Suchmaschinen<br />
Recherchen mit Suchmaschinen müssen gut geplant werden, sonst versinkt<br />
man in Ergebnisbergen ohne wirklichen Erkenntnisfortschritt.<br />
Die weltweit populärste Suchmaschine ist Google. Google hat ein eigenes<br />
System des Rankings entwickelt und patentieren lassen: Die Suchmaschine<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 20<br />
wertet aus, wie viele Links auf eine Seite verweisen und wie wichtig wiederum<br />
die verweisenden Seiten sind. Viele Verweise rücken die Seite in der Ergebnisliste<br />
nach oben.<br />
Mittlerweile haben viele Website-Betreiber dieses System begriffen und schaffen<br />
absichtlich ein System von Verweisen und Links. Es lohnt sich also, nicht<br />
automatisch die ersten Ergebnisse anzusehen, sondern erst einmal den Vorschautext<br />
zu lesen und dann zu entscheiden, welche Seite man aufruft. Und<br />
man sollte noch eine andere Suchmaschine benutzen.<br />
Die meisten Suchmaschinen platzieren ganz oben auf der Trefferliste Werbung.<br />
Je nach Suchbegriff wird passende Werbung eingeblendet. Bei Google<br />
sind diese bezahlten Links als ‚Sponsored Links‘ bzw. ‚Anzeigen‘ gekennzeichnet<br />
und farbig unterlegt.<br />
Präzise Formulierung<br />
Um die Anzahl der potenziellen Fundstellen einzugrenzen, vor allem aber, um<br />
auch das zu finden, was man sucht, sollten die Suchbegriffe möglichst präzise<br />
formuliert werden.<br />
Sucht man bei google nur unter „Cybermobbing“, so erhält man über Hunderttausende<br />
sehr unterschiedliche Suchergebnisse. Unter den ersten zehn<br />
Treffern findet sich etwa ein vier Jahre alter Artikel aus 2007 von der Website<br />
spiegel-online.de, der Wikipedia-Eintrag zum Begriff „Cybermobbing“<br />
und Cybermobbing-Informationen von Klicksafe, einer EU-Initiative für die<br />
kompetente und kritische Nutzung von Internet und Neuen Medien. Mit den<br />
Suchwörtern „Cybermobbing Studie“ sucht man nur nach Webseiten, in denen<br />
beide Wörter enthalten sind und findet unter den ersten zehn Treffern Links zu<br />
vier verschiedenen Artikeln über Studien, die sich mit Cybermobbing beschäftigen.<br />
Logische Verknüpfung von Suchwörtern<br />
Die meisten Suchmaschinen erlauben es, mit logischen Verknüpfungszeichen<br />
die Suche zu erweitern oder einzuengen. Nicht alle Suchmaschinen arbeiten<br />
mit denselben Ausdrücken, ein Blick in die Hilfe-Rubrik bringt Klärung. Einige<br />
wichtige Funktionen:<br />
• Setzt man zwei Wörter in Anführungszeichen, so wird nach genau dieser<br />
Wortkombination in genau dieser Reihenfolge gesucht.<br />
• Ein Sternchen * im Wort funktioniert als Platzhalter (Wildcards). Gibt man<br />
Schul* an, werden auch Seiten angezeigt, in denen Schule als Kompositum<br />
vorkommt, z. B. Schulhof.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 21<br />
• Ein Minuszeichen vor einem Wort schließt dieses von der Suche aus. Beispiel:<br />
Die Anfrage „Sport -Fußball“ führt zu Treffern, in denen Fußball nicht<br />
erwähnt wird.<br />
• Google ermöglicht auch die Suche nur auf bestimmten Webseiten. Die<br />
Anfrage „Mobbing site:zeit.de“ liefert Seiten über Mobbing, die auf zeit.de<br />
erschienen sind.<br />
• Mit einem groß geschriebenen ODER zwischen zwei Suchbegriffen werden<br />
Seiten gesucht, die den einen oder den anderen Suchbegriff enthalten. Zwei<br />
Wörter, die nicht mit ODER verknüpft sind, werden z. B. von Google automatisch<br />
mit einem UND ergänzt – dann erscheinen nur Seiten, auf denen<br />
beide Begriffe auftauchen.<br />
Was tun mit den Treffern?<br />
Noch wichtiger als die Formulierung der Suchbegriffe ist die kritische Überprüfung<br />
der Treffer. Bei der Durchsicht der Trefferlisten sollten nicht blind alle<br />
Links von oben nach unten angeklickt werden. Die Kurzbeschreibungen helfen<br />
bei der Entscheidung, welche Seiten nützlich sind und welche nicht.<br />
Verlässlichkeit prüfen<br />
Bei jeder Suchmaschine gilt: Wichtig für die Verlässlichkeit der Informa tionen<br />
ist der Autor der Seite. Handelt es sich um ein Unternehmen, einen Verein, eine<br />
öffentliche Einrichtung, eine Privatperson – und welche Interessen werden<br />
verfolgt? Falls sich dies nicht bereits aus dem Namen der Seite oder der Startseite<br />
ergibt, hilft das Impressum weiter.<br />
Informationen im Internet müssen auch nach ihrer Aktualität beurteilt werden.<br />
In den Ergebnislisten vieler Suchmaschinen wird zu jeder Fundstelle angegeben,<br />
wann sie zum letzten Mal geändert wurde.<br />
Findet man auf einer Internetseite einen Text, in dem Zahlen, Daten und Fakten<br />
erwähnt sind, ist Vorsicht angebracht: Man darf die Informationen durchaus<br />
übernehmen, wenn sie auf einer offiziellen oder öffentlichen Seite stehen<br />
und wenn der Autor der Seite auch der Urheber der Informationen ist. Sobald<br />
man jedoch Informationen verwenden will, deren Ursprung nicht mehr klar<br />
ist, muss man sie überprüfen. Ein Beispiel dazu: Auf den Seiten des Bundesministeriums<br />
für Jugend kann man lesen, dass ca. 30 Prozent der Jugendlichen<br />
zwischen 12 und 19 Jahren im Cybermobbing eine der größten Gefahren des<br />
Internets sehen. Dazu wird als Quelle „JIM 2010“ angegeben, weiter unten<br />
findet sich auch ein Link zu dieser Studie. Diese Zahl sollte man auf den Seiten<br />
der Studie selbst überprüfen. Denn auch ein Ministerium kann Fehler bei der<br />
Übertragung der Informationen machen. Übrigens: Wer aus Studien zitiert,<br />
muss die wichtigsten Informationen zu der Studie mitliefern. Wer und wie<br />
viele Menschen wurden wie befragt? Aus welchem Jahr stammen die Zahlen?<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 22<br />
Das Interview<br />
E-Mail oder Gespräch – wie befragt man seine Gesprächspartner? Manchmal<br />
ist es schwierig, die Verantwortlichen ans Telefon zu bekommen. Oft kostet es<br />
auch Überwindung, einen unbekannten Experten anzurufen. E-Mails sind da<br />
oft der schnellere und bequemere Weg. Trotzdem: Ein persönliches Gespräch<br />
am Telefon, noch besser von Angesicht zu Angesicht, ist meist die bessere Alternative.<br />
Nur im persönlichen Gespräch merkt man, bei welcher Frage der Gesprächspartner<br />
zögert oder sich herauszureden versucht, nur im persönlichen<br />
Gespräch kann man direkt nachfragen. Bei einer schriftlichen Anfrage kann<br />
sich der Gesprächspartner selbst aussuchen, welche Fragen er beantwortet<br />
und welche nicht. Im persönlichen Gespräch muss er das zumindest begründen.<br />
Das richtige Fragen<br />
Manchmal ist es gar nicht so leicht, die richtigen Fragen zu stellen, um die Informationen<br />
zu bekommen, die man haben möchte. Hier ein paar Grundsätze<br />
für das richtige Fragen:<br />
• Vorinformation<br />
Nur wenn man schon etwas weiß, kann man auch gute Fragen stellen. Deshalb<br />
sollte man nicht ohne Vorinformationen ins Interview gehen.<br />
• Vorbereitung<br />
Seine Fragen muss man vorbereiten, sollte dabei aber nicht sklavisch am<br />
Konzept kleben. Wichtig ist es, zuzuhören und gegebenenfalls auch nachzufragen,<br />
wenn neue Aspekte auftauchen oder wenn man das Gesagte nicht<br />
verstanden hat. Das fällt vielen anfangs schwer. Eine Hilfe ist es, gemeinsam<br />
mit Mitschülern zum Interview zu gehen. Einer ist für das Mitschreiben<br />
zuständig, eine oder besser zwei weitere Schülerinnen führen das Gespräch,<br />
das heißt sie hören zu und fragen nach. Beim Nachfragen ist Scheu fehl am<br />
Platze. Journalisten fragen im Auftrag ihrer Leser so lange nach, bis sie es<br />
verstanden haben.<br />
• Mehr als Fakten<br />
Nicht nur nach Fakten fragen. „Wie häufig kommt Cybermobbing vor? Ab<br />
wann können Jugendliche für ihre Taten bestraft werden?“ Solche Fakten<br />
lassen sich oft schon in der Vorrecherche beantworten. Die Chance beim<br />
persönlichen Interview liegt darin, Einschätzungen, Hintergründe und<br />
Erlebnisse zu erfahren. Psychologen können die Probleme durch reale Beispiele<br />
veranschaulichen und die abstrakten Zahlen interpretieren. Schülerinnen<br />
und Schüler können beschreiben, welche Erfahrungen sie selbst<br />
gemacht haben.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 23<br />
Fragearten<br />
Es gibt verschiedene Fragearten, mit denen man unterschiedliche Antworten<br />
bekommt:<br />
• Geschlossene Fragen sind Faktenfragen, die mit Ja oder Nein oder mit<br />
konkreten Fakten beantwortet werden. „Sind Mädchen häufiger Opfer<br />
von Cybermobbing als Jungen?“, „Werden die Jugendlichen immer früher<br />
gemobbt?“, „Hat das Phänomen in den vergangenen Jahren zugenommen?<br />
Auf solche Fragen bekommt man entweder nur sehr kurze Antworten, die<br />
nicht sehr ergiebig sind. Oder ein geübter Gesprächspartner redet einfach<br />
weiter, und zwar über das, was er sagen will, und nicht unbedingt über das,<br />
was man wissen wollte.<br />
• Offene Fragen regen den Gesprächspartner dazu an, weiter auszuholen.<br />
„Was sollten Opfer als Erstes tun?“, „Wie – glauben Sie – wird sich das<br />
Cybermobbing in Zukunft noch entwickeln?“<br />
Aber Vorsicht vor zu offenen Fragen. „Was wissen Sie über Cybermobbing?“<br />
Hier kann sich jeder aussuchen, was er sagen will. Geübte Gesprächspartner<br />
übernehmen die Regie des Gesprächs. Ungeübte Gesprächspartner<br />
wissen nicht, was sie sagen sollen.<br />
• Mehrfachfragen: „Wie können Jugendliche Cybermobbing vorbeugen? Geht<br />
das überhaupt? Sollte das Thema auch in Schulen behandelt werden?“ – In<br />
der Regel suchen sich die Gesprächspartner aus den drei Fragen jene aus,<br />
die sie am leichtesten beantworten können und vergessen die anderen.<br />
Also, lieber eins nach dem anderen fragen.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 24<br />
Verständlich schreiben<br />
Artikel schreiben<br />
Wenn alle nötigen Informationen gesammelt sind, geht es ans Schreiben.<br />
Journalistische Artikel müssen vor allem verständlich geschrieben sein, unabhängig<br />
von der Stilform des Artikels. Dabei geht es um die Wortwahl, den<br />
Satzbau, die Auswahl von Informationen und die Gliederung.<br />
Merkmale von Zeitungsartikeln<br />
Egal, ob man journalistische Texte, Briefe oder Aufsätze schreibt. Bei allen<br />
Textsorten müssen die Adressaten berücksichtigt werden: Was und wie erzählt<br />
man der besten Freundin, der Oma oder den Lesern der Lokalzeitung von<br />
einer Theateraufführung der Klasse? Die Oma ist am meisten daran interessiert,<br />
welche Rolle die Enkelin gespielt hat. Der besten Freundin möchte man<br />
vielleicht mitteilen, wie man sich während der Proben mit den Klassenkameraden<br />
verstanden hat. Die Leser der Lokalseite möchten eher lesen, welches<br />
Stück aufgeführt wurde, welche Klassenstufen mitgespielt haben und wie<br />
viele Leute die Aufführung gesehen haben. Auch die Wortwahl ändert sich je<br />
nach Adressat: Die Oma versteht vielleicht einige Worte gar nicht, die Kinder<br />
und Jugendliche untereinander ganz selbstverständlich benutzen.<br />
Wer einen Artikel für die Zeitung schreibt, muss sich überlegen, worüber er<br />
schreiben will und Informationen suchen. Die Autorin muss auswählen, welche<br />
Informationen die Leser besonders interessieren, und weglassen, was weniger<br />
wichtig ist. Welche Informationen brauchen die Leser, um den Inhalt des<br />
Beitrags zu begreifen? Schließlich muss sie eine knappe und treffende Sprache<br />
finden – die Zeitung bietet nur begrenzt Platz.<br />
Verständlichkeit<br />
Wer zweimal lesen muss, um zu begreifen, worum es geht, bricht die Lektüre<br />
des Artikels schnell ab. Das kennt man von seinen eigenen Lesegewohnheiten.<br />
Daher ist verständliches Schreiben das A und O für Journalisten. Aber was ist<br />
verständlich? Kurz gesagt erreicht man Verständlichkeit durch vier Schritte:<br />
• Kürze (so kurz wie möglich, aber so lang wie nötig!)<br />
• einfache Sprache<br />
• gute Gliederung<br />
• anregende, ansprechende Zusätze<br />
Kurz, einfach, gut gegliedert und anregend – was das genau bedeutet, darauf<br />
gehen wir noch etwas genauer ein.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 25<br />
Einfachheit<br />
Einfachheit meint einerseits die Wortwahl, andererseits den Satzbau.<br />
Eine wichtige Regel zur Wortwahl lautet:<br />
• Geläufige Wörter verwenden, fremde Wörter erklären<br />
nicht: Gefahrensituation, sondern: Gefahren<br />
nicht: Glatteisbildung, sondern: Glatteis<br />
nicht: Kontamination, sondern: Verunreinigung<br />
• Konkrete Wörter haben Vorrang gegenüber abstrakten:<br />
nicht: Postwertzeichen, sondern: Briefmarke<br />
nicht: Fahrzeug, sondern: Auto<br />
nicht: Gehölze, sondern: Bäume und Sträucher<br />
• Vorsicht mit Adjektiven! Häufig sind sie nur Wortballast ohne wirkliche<br />
Funktion, z. B. konkreter Schritt oder sinnloses Morden. Kann man sich<br />
unkonkrete Schritte und sinnvolles Morden vorstellen? Zur Anschaulichkeit<br />
tragen sie nur selten bei.<br />
Ein Beispiel:<br />
Gestern gelangte auf der Wiese hinter dem Schulhaus ein Spielfest für Kinder<br />
zur Durchführung.<br />
Adjektive machen den Satz kaum besser:<br />
Gestern gelangte auf der grünen Wiese hinter dem dreistöckigen Schulhaus<br />
ein buntes Spielfest für fröhliche Kinder zur erfolgreichen Durchführung.<br />
Erst bildhafte Verben der Aktion machen den Satz lebendig:<br />
50 Kinder haben gestern auf ihrer Schulwiese stundenlang gespielt, gerauft,<br />
gesungen und gefeiert.<br />
Anschaulich zu schreiben, heißt vor allem beschreiben statt bewerten. Bewertungen<br />
wie schön, interessant, erlebnisreich u. Ä. sind für den Leser abstrakt.<br />
Vorstellen kann man sich das Schulfest nur, wenn der Journalist beschreibt,<br />
warum das Schulfest schön war.<br />
Verben machen einen Text lebendig, Nominalstil wirkt bürokratisch. Daher<br />
sollen Handlungen immer mit Verben ausgedrückt werden:<br />
• Nicht: Die Beherrschung des Chinesischen beinhaltet für mich die Möglichkeit,<br />
…<br />
Sondern: Da ich chinesisch spreche, kann ich …<br />
• Nicht: Bei der Formulierung eines Nachrichten-Satzes ist es immer als Optimierung<br />
anzusehen, wenn die Substantivierung eines Verbes einer Umkehrung<br />
unterzogen wird und somit eine Rückführung in die ursprüngliche<br />
Form erfolgt.<br />
Sondern: Ein Nachrichten-Satz wird verständlicher, wenn Substantive wieder<br />
zu Verben werden.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 26<br />
Der Satzbau sollte kurz und klar sein. Nicht mehr als eine Information in einen<br />
Satz packen. Die Hauptsachen stehen in Hauptsätzen, Nebensachen in Nebensätzen.<br />
• Weite Satzklammern vermeiden.<br />
Kompliziert: FBI-Agenten haben gestern Nacht US-Präsident Obama mit<br />
Waffengewalt … (gezwungen?) …vor einem Attentat gerettet (aha!).<br />
Einfach: US-Präsident Obama ist einem Attentat entgangen. In der<br />
vergangenen Nacht haben …<br />
• „Täter“ benennen, Aktiv bevorzugen<br />
Kompliziert: Es ist beschlossen worden, den Schulausflug nach<br />
Österreich zu machen.<br />
Einfach: Die Schulpflegschaft hat beschlossen, …<br />
• Hauptwortketten auflösen<br />
Kompliziert: Er besitzt das Vermögen der richtigen Anwendung der Mittel<br />
der Sprache.<br />
Einfach: Er beherrscht die Sprache.<br />
• Partizipialkonstruktionen auflösen:<br />
Kompliziert: Der durch die dem NATO-Rat unterstehende Eingreiftruppe in<br />
Bedrängnis geratene Generalsekretär wird morgen dem nach seinen eigenen<br />
Worten von der Entscheidung überraschten US-Verteidigungsminister<br />
seinen Rücktritt erklären.<br />
Besser: Der Generalsekretär wird morgen dem US-Verteidigungsminister<br />
seinen Rücktritt erklären. Der US-Verteidigungsminister ist nach seinen<br />
eigenen Worten von dieser Entscheidung überrascht. Der Generalsekretär<br />
war durch die Eingreiftruppe in Bedrängnis geraten, die dem NATO-Rat<br />
untersteht.<br />
• Auch die Satzperspektive kann eine unbewusste Wertung enthalten, weil<br />
man eine Sichtweise übernimmt:<br />
Beispiele: Herr Meier fuhr mit seiner Frau (und einigen Gepäckstücken) in<br />
den Urlaub. Oder: Herr und Frau Meier fuhren in den Urlaub.<br />
TWA-Absturz: Iran unter Verdacht.<br />
Oder: TWA-Absturz: USA verdächtigen Iran.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 27<br />
Kürze<br />
Auch Kürze macht Texte verständlicher. Das gilt für die Länge der Sätze und die<br />
Auswahl der Informationen. Welche Informationen sind nötig, um den Sachverhalt<br />
zu verstehen, welche Informationen lenken nur ab?<br />
Ein Beispiel aus einer Gebrauchsanweisung:<br />
Lang: Schrauben Sie mit einem Schraubendreher die sechs Schrauben an<br />
der manchmal blauen, oft aber auch schwarzen Gehäuserückwand ab.<br />
Kurz: Gehäuserückwand abschrauben. Dann …<br />
Doch Kürze um jeden Preis kann auf Kosten der Verständlichkeit gehen. Dann<br />
nämlich, wenn ein komplexer Zusammenhang zu knapp dargestellt wird. Also:<br />
Entweder den Sachverhalt erklären oder weglassen, was nicht klar ausgeführt<br />
werden kann.<br />
• Häufig lassen sich Füllwörter streichen. Gewissermaßen, selbstredend,<br />
schlichtweg, insbesondere, regelrecht, echt, irgendwie – solche Wörter<br />
kann man ohne Bedeutungsverlust weglassen.<br />
• Viele Floskeln sind aufgebläht.<br />
zu diesem Zeitpunkt – jetzt<br />
zu einem späteren Zeitpunkt – später<br />
keine Seltenheit – häufig<br />
ein Ding der Unmöglichkeit – unmöglich<br />
• Unnütze Verhältniswörter streichen.<br />
Nicht: „Im Rahmen des Berichts ...“, sondern: „Im Bericht“,<br />
Nicht: „Nach Ablauf von zwei Jahren ...“, sondern: „Nach zwei Jahren“<br />
• Streckverben vermeiden.<br />
Nicht: „Ich gebe meinem Bedauern Ausdruck ...“,<br />
Sondern: „Ich bedaure, ...“<br />
Gliederung<br />
Neben einer verständlichen und knappen Sprache ist die Gliederung entscheidend.<br />
Der erste Arbeitsschritt heißt sortieren: Welche Informationen sind<br />
wichtig, welche nicht? Welche Informationen brauchen die Leser, um den<br />
Inhalt des Beitrags zu begreifen? In welcher Reihenfolge ist der Inhalt sinnvoll<br />
geordnet, damit die Leser folgen können? Bei nachrichtlichen Zeitungstexten<br />
steht das Wichtigste immer zuerst. Hintergrundinformationen zum Aufbau<br />
von Nachricht und Bericht stehen unter „Journalistische Darstellungsformen“.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 28<br />
Anschaulichkeit<br />
Anschaulich schreiben heißt zum Beispiel, Vergleiche zu wählen, die einen<br />
Sachverhalt vorstellbar machen. „Die Milch in Brasilien ist teuer.“ Dieser Satz<br />
sagt dem Leser wenig, der sich in Brasilien nicht auskennt. „Ein Liter Milch<br />
kostet in Brasilien den halben Tageslohn eines Hilfsarbeiters“ beschreibt anschaulich<br />
und nachvollziehbar, dass Milch in Brasilien teuer ist.<br />
Anderes Beispiel: „400.000 Taler bezahlte August III. 1741 für den ‚Grünen Diamanten‘;<br />
die damaligen Baukosten für die Dresdener Frauenkirche betrugen<br />
288.000 Taler.“<br />
Auch wörtliche Zitate von Gesprächspartnern lockern Texte auf. Am schönsten<br />
sind dabei Zitate, die keine Fakten, sondern (möglichst pointiert) Meinungen<br />
und Einschätzungen wiedergeben.<br />
Anregender (und damit auch verständlicher) werden Texte, wenn abstrakte<br />
Sachverhalte in konkreten Beispielen erklärt werden.<br />
Zu einem anregenden Text, den die Leser gerne lesen, gehört unbedingt ein<br />
guter Einstieg bzw. Vorspann. Daran basteln Journalisten häufig besonders<br />
lange. Der Einstieg muss den Leser in den Text einführen, in knapper Form<br />
die wichtigsten W-Fragen zusammenfassen und gleichzeitig reizen, dranzubleiben.<br />
Oft wird der erste Satz erst ganz zum Schluss geschrieben, weil er<br />
dann ganz gezielt auf den fertigen Beitrag hin formuliert werden kann.<br />
Vor allem bei nachrichtlichen Berichten und Meldungen sollen alle wesentlichen<br />
Informationen zu Beginn mit so wenigen Worten wie nötig vermittelt<br />
werden. Am besten sind verständliche, treffende Formulierungen in klaren,<br />
kurzen Sätzen. Mehrere kurze Sätze mit einfachen Nebensätzen sind besser für<br />
den Einstieg als eine lange Satzkonstruktion. Nach den ersten Sätzen entscheiden<br />
die Leser, ob sie den Artikel zu Ende lesen oder abbrechen – komplizierte<br />
Sätze schrecken eher ab.<br />
Ein Beispiel:<br />
Schlecht: Der Sprecher der großen Computerfirma hat in einer Pressekonferenz<br />
am Mittwoch nachmittag in Stuttgart Sorge um den Umsatz geäußert.<br />
Hintergrund ist die Entdeckung von Computer-Viren.<br />
Besser: Gefährliche Computer-Viren sind im Umlauf. Das teilte ...<br />
Nicht alle Themen, nicht alle Genres verlangen einen streng nachrichtlichen Aufbau.<br />
Moderationstexte sollen z. B. erstmal neugierig machen. Das gilt auch für<br />
farbige Zeitungsberichte wie Features und Reportagen. Für diese Darstellungsformen<br />
gibt es keine strengen Aufbauregeln. Sie sind oft in einem persönlicheren<br />
und farbigeren Stil gehalten. Sie stellen vielfach eine reizvolle Einzelheit, eine<br />
humorvolle Anspielung oder ein interessantes Zitat an den Anfang. Wichtig ist<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 29<br />
jedoch auch hier, dass man schnell weiß, worum es in dem Beitrag gehen wird.<br />
Ein Beispiel für einen Featurevorspann (Feature siehe Schwerpunkt I: Darstellungsformen):<br />
Schlecht: Hinter den Kulissen beim TBV Lemgo<br />
Seit Mitte 2003 ist die neue Geschäftsstelle des TBV Lemgo in der Kramerstraße<br />
1 am Marktplatz in Lemgo die neue Anlaufstelle für alle Fans und<br />
Interessenten, die Karten oder Infos über Spieler und Spiele benötigen.<br />
Vor interessanten Spielen, die in der Lipperlandhalle ausgetragen werden,<br />
gehen bis zu 1000 Anrufe täglich in der Geschäftsstelle ein, die alle von den<br />
drei netten und zuvorkommenden Ansprechpartnerinnen Kerstin David,<br />
Annette Woznikowski und Kerstin Diekmann bewältigt werden müssen.<br />
Besser: Im Infozentrum des TVB Lemgo klingelt es. Nicht nur ein Telefon,<br />
nein, drei Telefone gleichzeitig bimmeln um die Wette. Gut, dass Kerstin<br />
David, Annette Woznikowski und Kerstin Diekmann den Überblick behalten.<br />
Seit Mitte 2003 sorgen die drei kompetenten und freundlichen Ansprechpartnerinnen<br />
dafür, dass der Laden läuft.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 30<br />
Jornalistische Darstellungsformen<br />
Welche Darstellungsform man für seinen Artikel wählt, hängt vom Thema und<br />
dem Ziel ab, das man verfolgt. Will man sachlich und kurz über aktuelles Geschehen<br />
berichten, bieten sich eine Meldung oder ein nachrichtlicher Bericht<br />
an.<br />
Geht es auch darum, Stimmungen und Details darzustellen, kann man eine<br />
Reportage oder ein Feature wählen. Das Feature wechselt zwischen anschaulichen<br />
Beispielen, Hintergrundwissen und Schlussfolgerungen. Die Reportage<br />
zeigt ein Problem oder Thema meist an einem ausführlich dargestellten Beispiel.<br />
Geht es zum Beispiel um obdachlose Jugendliche, liefert das Feature<br />
allgemeine Zahlen und beschreibt das Thema in kurzen Beispiel-Szenen. In der<br />
Reportage begleitet der Journalist vielleicht einen obdachlosen Jugendlichen<br />
und beschreibt seinen Tag. Im Interview kann ein Experte die Gründe für Obdachlosigkeit<br />
bei Jugendlichen erläutern.<br />
Will man ein Geschehen oder einen Sachverhalt bewerten, kommentieren,<br />
analysieren oder persiflieren, stehen Rezension, Kommentar, Leitartikel/Analyse<br />
oder Glosse als meinungsbetonte Darstellungsformen zur Verfügung.<br />
Im Schwerpunktmodul I haben wir zu einem Thema Beispiele für verschiedene<br />
Darstellungsformen abgedruckt. Außerdem gibt es ein Übersichtsblatt mit<br />
den wichtigsten Merkmalen der Darstellungsformen, Aufbau und Beispiele<br />
für ihre Anwendung in einer Tabelle zusammengefasst. Im Folgenden geben<br />
wir einen ausführlichen Überblick über informierende und meinungsbetonte<br />
Darstellungsformen.<br />
Informierende Darstellungsformen<br />
Nachrichten und nachrichtlicher Bericht<br />
Nachrichten bilden das Gerüst der Tageszeitung, ob als Meldung oder längerer<br />
Bericht. Sie informieren in knapper und sachlicher Form über aktuelle Ereignisse,<br />
die von allgemeinem Interesse sind, und haben einen strengen Aufbau.<br />
„Nachrichten sind aktuelle Mitteilungen über Ereignisse, Sachverhalte oder<br />
Äußerungen, die die Öffentlichkeit interessieren, weil sie bisher Unbekanntes<br />
enthalten, das folgenreich, nützlich oder unterhaltsam oder auch alles zugleich<br />
ist“, beschreibt Verena Hruska in „Die Zeitungsnachricht. Information<br />
hat Vorrang“.<br />
Nachrichten entstehen in allen Lebensbereichen. Und so haben sie auch ihren<br />
Platz in allen Ressorts: im Lokalen und in der Wirtschaft, im Feuilleton und im<br />
Sport, auf der Wissenschaftsseite und im Reiseteil. Sie stehen dort neben anderen<br />
journalistischen Darstellungsformen.<br />
Literatur: Hruska,<br />
Verena (1993): Die<br />
Zeitungsnachricht.<br />
Information hat Vorrang.<br />
Bonn, S. 12<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 31<br />
Meldungen und Berichte folgen einem strengen Aufbau, der sich stark von literarischen<br />
Texten, Erörterungen, Nacherzählungen oder Schulaufsätzen unterscheidet.<br />
Die Nachrichtenpyramide (siehe Schaubild) veranschaulicht deutlich<br />
den Aufbau von Nachrichten/Meldungen. Bei Nachrichten wird das Wichtigste<br />
gleich am Anfang vorweg ge nommen.<br />
Das ist notwendig, um den Lesern die<br />
schnelle Orien tie rung und die Auswahl<br />
unter den vielen Artikeln in der<br />
Tageszeitung zu erleichtern.<br />
Meldungen<br />
Meldungen sind die kürzes te Form der<br />
Nachricht. Sie stellen Vorgänge kurz<br />
und sachlich dar und sind in der Regel<br />
Einspalter, die zwanzig Zeilen nicht<br />
überschreiten. In dieser Kürze sollten<br />
die für das Thema wichtigen W-Fragen beantwortet werden: Was ist geschehen?<br />
Wo? Wer ist beteiligt? Wann? Wie ist es geschehen? Warum? Woher weiß<br />
man das? Nicht immer ist es sinnvoll oder nötig, alle sieben W-Fragen zu beantworten,<br />
aber anhand der W-Fragen kann man nach dem Schreiben schnell<br />
prüfen, ob man eine wichtige Information vergessen hat. Mit der Antwort auf<br />
die jeweils wichtigste W-Frage sollte die Meldung oder Nachricht beginnen.<br />
Berichte<br />
das Wichtigste zuerst<br />
weitere Informationen<br />
nach abnehmender<br />
Wichtigkeit anordnen<br />
Informationskern<br />
unterstützende Fakten<br />
und interessante<br />
Details<br />
Zusammenhänge<br />
und Hintergründe<br />
weniger wichtige<br />
Einzel heiten<br />
Der Bericht ist eine Nachricht in ausführlicher Fassung. Er berichtet umfassender<br />
über Ereignisse und vermittelt auch Zusammenhänge, Vorgeschichte<br />
und Hintergründe. Berichte sind die am häufigsten in Zeitungen zu findende<br />
Darstellungsform.<br />
Neben rein nachrichtlichen Berichten gibt es auch Berichtsformen, die nicht<br />
zwingend dem streng nachrichtlichen Aufbau folgen müssen. In Korrespondenten-<br />
und Hintergrundberichten sind Zusammenhänge und Hinter gründe<br />
oft wichtiger als die neue Information.<br />
Nur Fakten, Fakten, Fakten?<br />
In Nachrichten haben Wertungen und Meinungen nichts zu suchen. Das ist<br />
die gängige Praxis und Lehrbuchmeinung. Der Journalist soll sich nur an die<br />
Fakten halten und eine möglichst unparteiische Darstellung der Ereignisse<br />
geben. Subjektiver Journalismus ist nur in meinungsbetonten Darstellungsformen<br />
erlaubt. Diese Regel wird allerdings häufig durchbrochen, absichtlich<br />
oder unbeabsichtigt.<br />
.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 32<br />
Die reine Faktendarstellung reicht häufig nicht aus, um ein Ereignis richtig zu<br />
verstehen. Eine Einordnung und Interpretation des Journalisten ist zum Verständnis<br />
oft notwendig, zum Beispiel in Korrespondentenberichten aus dem<br />
Ausland oder in Hintergrundberichten zu komplexen Themen. Solche Interpretation<br />
und Einordnungen enthalten oft zwangsläufig wertende Elemente.<br />
Ein wichtiger Grundsatz: Nachrichten sollen nachprüfbar sein. Dazu schreibt<br />
Siegfried Weischenberg in seinem Buch „Nachrichten-Journalismus. Anleitung<br />
und Qualitäts-Standards für die Praxis“:<br />
„Von Nachrichten die Mitteilung der Wahrheit zu erwarten, ist ein unrealistischer<br />
Anspruch. Verlangt werden kann aber größtmögli che Genauigkeit und<br />
Transparenz der Nachrichtengebung. Dies gilt insbesondere für die Angaben<br />
zur Quelle. Informationen in den Medien müssen nachprüfbar sein. Im Einzelfall<br />
kann es sogar not wendig sein, den Leser über die Entstehung einer Information<br />
genau zu informieren, damit er sich selbst ein Urteil über ihre Glaubwürdigkeit<br />
bilden kann. Die Quelle einer Information muss stets angege ben<br />
werden, wenn der Journalist nicht aus eigener Anschauung berichten kann.<br />
Die Ausnahme von dieser Regel sind allgemein bekannte Tatsachen (das gestrige<br />
Wetter, die Hauptstadt der Bundesrepublik).“<br />
Literatur:<br />
Weischenberg,<br />
Siegfried (Hrsg.)<br />
(2001): Nachrichten-<br />
Journalismus.<br />
Anleitung und<br />
Qualitäts-Standards<br />
für die Praxis. Opladen<br />
Die Reportage<br />
Die Reportage ist ein tatsachenbetonter, aber persönlich gefärb ter Erlebnisbericht.<br />
Sie ist eine lebendige journalistische Darstellungsform, führt den Leser<br />
an den Ort des Geschehens und lässt ihn mit den Augen und Ohren des Reporters<br />
das Geschehen verfolgen.<br />
Die Reportage verdeutlicht ein Problem oder ein Thema am Einzelschicksal.<br />
Die Journalistin kann sich wie ein Betroffener in den Rollstuhl setzen, der Leser<br />
schaut ihr über die Schulter. Der Journalist begleitet eine alleinerziehende<br />
Mutter oder erlebt einen Vormittag im Kindergarten.<br />
Will man eine Reportage schreiben, muss man genau beobachten. Wie erlebt<br />
man den Einkauf im Supermarkt vom Rollstuhl aus? Was sieht man, wenn<br />
man im Rollstuhl sitzt? Die Reportage lebt von anschaulichen Beschreibungen<br />
der Beobachtungen. Dabei sollte der Journalist nicht in Wertungen verfallen,<br />
sondern so genau beschreiben, dass der Leser sich selbst ein Bild machen kann.<br />
Beispiel: „Der Schokoladenpudding und der Salat in der Plastikverpackung vom<br />
fahrenden Mittagstisch stehen noch auf dem Treppenabsatz. Anna Müller hat<br />
ihr letztes Mittagessen nicht mehr gegessen. Vielleicht hatte die 65-Jährige<br />
keinen Appetit, an dem Tag, an dem das Taxi kam, um sie ins Heim zu bringen.<br />
Vielleicht wollte sie zuvor einfach nur in der Kuhle ihrer braunen Wohnzimmer-Couch<br />
sitzen, ins Leere starren und, wie so oft, Zigaretten rauchen, bis<br />
der Aschenbecher überquillt. (...) Das Fotoalbum liegt jetzt aufgeschlagen zwi-<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 33<br />
schen verstaubten Kunstblumen, einer alten Fernsehzeitschrift und einer Tube<br />
mit entzündungshemmender Salbe auf der Wohnzimmer-Couch.“<br />
Die Beschreibung der Gegenstände auf der Couch ist anschaulicher als zu bewerten:<br />
„Im Wohnzimmer sieht es unordentlich aus.“<br />
Die Reportage kennt keine strengen Aufbau- und Stilregeln wie die Nachricht,<br />
gleichwohl müssen die wesentlichen Informationen geliefert werden, d. h. die<br />
W-Fragen beantwortet werden. In der Reportage soll der Leser bzw. die Leserin<br />
den ganzen Text über bei der Stange gehalten werden. Am Beginn steht meist<br />
eine interessante Szene, eine anregende Einzelheit, die die Neugier der Leser<br />
weckt und zum Weiterlesen anregt. Die Informationen sollen möglichst so<br />
verteilt sein, dass der Leser den ganzen Artikel hindurch das Gefühl hat, immer<br />
etwas Neues zu erfahren. Ein interessantes Detail, eine Pointe sollte der Journalist<br />
sich für den Schluss reser vieren.<br />
Das Feature<br />
Der Begriff Feature kommt aus dem Englischen und bedeutet „charakteristischer<br />
Zug“. Er hat sich zunächst im angelsächsischen Journalismus als Oberbegriff<br />
für journalistische Formen eingebürgert, mit deren Hilfe In formationen<br />
anschaulich und unterhaltsam präsentiert werden. Während die Reportage<br />
auf ein konkretes Ereignis schaut, blickt das Feature mehr auf den Hintergrund.<br />
Es nutzt den Einzelfall, um mit ihm einen komplexen, allgemeingültigen<br />
Sachverhalt zu illustrieren, zu erklären, einzuordnen oder zu verallgemeinern.<br />
Dabei wechselt die Schreiberin zwischen Anschauung und Illustration,<br />
zwischen Schilderung und Schlussfolgerung.<br />
Der Aufbau ist naturgemäß freier, der Stil ist oft farbig. Stilmittel des Features<br />
sind u. a. Fallbeispiele oder Szenen, die Allgemeines anschaulich machen. Szenen<br />
und Beispiele wechseln sich mit Fakten ab.<br />
Das Interview<br />
Das Interview ist nicht nur die häufigste Methode der Recherche von Journalisten,<br />
sondern auch eine Darstellungsform. Es gibt Frage-Antwort-Inter views<br />
und Interview-Storys. Die Aussagen des Gesprächs partners stehen bei beiden<br />
Arten im Mittelpunkt. Das Interview dient häufig als Ergänzung zu einem Bericht,<br />
um von einem Fachmann nähere Erläuterungen oder Einschätzungen zu<br />
einem Thema oder Ereignis zu er halten. Oder dazu, den Lesern die Persönlichkeit<br />
eines Menschen und seine Ideen näherzubringen.<br />
Das Frage-Antwort-Interview gibt ein Gespräch in wörtlicher Rede und wortgetreu<br />
wieder, wobei der Journalist die Antworten seines Gegenübers durchaus<br />
sprachlich glätten und Fehler korrigieren darf. Diese Form bietet sich vor<br />
allem an, wenn Argumentation und Ausdrucksweise des Gesprächs partners<br />
wichtig sind. Grundsätzlich eignet sich das Frage-Antwort-Interview weniger,<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 34<br />
um Fakten wiederzugeben, sondern für Meinungen und Einschätzungen des<br />
Gesprächspartners.<br />
Beim beschreibenden Interview oder der Interview-Story werden Beobachtungen<br />
während des Gesprächs ergänzt, Passagen des Gesprächs zusammengefasst<br />
und Teile in indirekter Rede wiedergegeben. Diese Form ist schwieriger zu<br />
schreiben. Sie bietet sich an, wenn viele Sachinformationen zusammengefasst<br />
werden müssen, der Gesprächspartner aber wenig pointierte, zitierfähige Äußerungen<br />
gemacht hat.<br />
Wenn ein Gesprächspartner viele Fakten genannt oder komplexe Sachverhalte<br />
erklärt hat, ist es ratsam, sich sein fertiges Interviews vor dem Druck vom Gesprächspartner<br />
autorisieren zu lassen. Das gilt auch für den Fall, dass man sich<br />
unsicher ist, ob man alles richtig notiert und verstanden hat. Nähere Informationen,<br />
wie man im Interview richtig fragt, stehen im Modul D/Kap.1 Themen<br />
recherchieren.<br />
Eine Einschränkung zum Schluss<br />
Die Darstellungsformen treten nicht immer in Reinform auf. Bei der Zeitungslektüre<br />
merkt man das schnell. Viele nachrichtliche Berichte werden „angefeatured“,<br />
das heißt, sie beginnen mit einer Szene oder einem Beispiel, um die<br />
Leser in den Text zu locken. Sie gehen dann aber nachrichtlich weiter.<br />
Mittlerweile gibt es viele „Hybridformen“, vor allem in Ressorts wie Kultur und<br />
Sport. Der Sportbericht am Montag kann kein reiner Spielbericht mehr sein.<br />
Diese Funktion haben längst Fernsehen und Radio übernommen. Deshalb sind<br />
die Berichte häufig eine Mischung aus Feature und Kommentar, aus Spielbericht<br />
und Analyse.<br />
Aber auch in anderen Ressorts haben Mischformen Einzug gehalten. Siegfried<br />
Weischenberg urteilt: „Leitmedium ist dabei das Fernsehen, das in den<br />
vergangenen Jahren auch in Nachrichtensendungen funktionale Hybride aus<br />
Information und Unterhaltung kreiert hat, die als ‚Infotainment‘ bezeichnet<br />
werden.“<br />
Literatur:<br />
Weischenberg,<br />
Siegfried (Hrsg.)<br />
(2001): Nachrichten-<br />
Journalismus. Anleitung<br />
und Qualitäts-<br />
Standards für die Praxis.<br />
Opladen<br />
Meinungsbetonte Darstellungsformen<br />
Die klassischen meinungsbetonten Formen in der Zeitung sind der Leitartikel<br />
und der Kommentar. Die Mitwirkung bei der Meinungsbildung ist eine wichtige<br />
Aufgabe der Medien. Sie findet natürlich nicht nur durch Kommentare statt.<br />
Aber als subjektive wertende Beurteilung ist der Kommentar durch Artikel 5<br />
des Grundgesetzes und durch die Landespressegesetze besonders geschützt.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 35<br />
Der Leitartikel<br />
Der Leitartikel, üblich vor allem in überregionalen Blättern, ist „die Flagge der<br />
Zeitung“. Hier beziehen die Redaktion bzw. die Herausgeber zu wichtigen politischen<br />
Ereignissen und Grundfragen deutlich Stellung. Die Frankfurter Allgemeine<br />
Zeitung platziert den Leitartikel auf der ersten Seite und unterstreicht<br />
damit das Ge wicht, das sie ihm beimisst. Die Süddeutsche Zeitung veröffentlicht<br />
ihn auf Seite 4, ihrer Meinungsseite.<br />
Leitartikel sind pointierte, meinungsbetonte Artikel. Viele Regionalzeitungen<br />
haben keine Leitartikel.<br />
Der Kommentar<br />
Zum Kommentar schreibt Kurt Reumann im „Fischer Lexikon Publizistik, Massenkommunikation“:<br />
„Der Kommentar interpretiert und bewertet aktuelle Ereignisse<br />
und Meinungsäußerungen. Gegenüber dem Leitartikel ist er, wenigstens<br />
scheinbar, eine nicht so subjektive, eine eher sachbezogene Meinungsstilform.<br />
Die Sprachwurzel¸mens‘ des lateinischen Wortes ‚commentare‘ (= überdenken)<br />
deutet darauf hin, dass der Kommentar mit Verstand zum Verstehen<br />
führen will: Er ar gumentiert, indem er Tatsachen in Zusammenhänge stellt,<br />
das Entstehen von Meinungen untersucht und deren Bedeutung diskutiert. Er<br />
ist die Meinungsstilform, die eher Fragezeichen als Ausrufezeichen setzt. Allerdings<br />
sollte er auch nach Antworten suchen. Von den sieben nachrichtlichen<br />
Ws (Wer, Was, Wann, Wo, Welche Quelle, Wie, Warum) ist für ihn das Warum<br />
besonders wichtig. Hinzu kommt als achtes W: Welche Schlussfolgerung?“<br />
Kommentiert werden im Allgemeinen Themen, die die aktuelle öffentliche<br />
Diskussion beherrschen oder zukünftig beherrschen könnten und die für den<br />
Leserkreis interessant sind. Kommentare finden sich nicht nur auf der Meinungsseite<br />
(oft Seite 2), auch in anderen Ressorts kommentieren die Redakteure.<br />
Kommentare sind in den meisten Regionalzeitungen recht kurz. Sie müssen<br />
deshalb zielsicher, genau, klar gegliedert sein und un zweifelhaft die Meinung<br />
des Autors ausdrücken. Die Sprache ist klar und knapp. Wichtig ist eine gute<br />
und klare Argumentation, mit der die Meinung begründet wird. Man sollte<br />
sich deshalb lieber auf wenige Gesichtspunkte eines Themas konzentrieren<br />
und gut abwägen.<br />
Der Aufbau orientiert sich an der klassischen Rhetorik:<br />
• Am Beginn steht die Kontaktaufnahme mit dem Publikum. Das kann eine<br />
pointierte Fassung des eigenen Standpunkts oder eine These sein, mit der<br />
sich der Autor auseinandersetzt. Es kann auch ein knapper Einstieg ins<br />
Thema sein. Wichtig ist, dass das Thema schnell klar wird.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 36<br />
• Darstellung der Lage: Das Problem oder die Nachrichtenlage wird kurz skizziert,<br />
damit der Leser weiß, worum es geht.<br />
• Folgerung daraus<br />
• Widerlegung gegnerischer Argumente (wenn es um die Auseinandersetzung<br />
mit einem anderen Standpunkt geht)<br />
• Schlussfolgerung, Ausblick oder Prognose<br />
Die Glosse<br />
Die Glosse ist ein kurzgefasster, pointierter Kommentar, der bissig-ironisch<br />
zu Tagesereignissen Stellung nimmt. Sie ist im Allgemei nen kürzer als der<br />
Kommentar und konzentriert sich meist nur auf einen Aspekt. Die zugespitzte<br />
Form der Argumentation läuft auf eine Schlusspointe hinaus. Die Glosse gibt<br />
es zu ernsten Themen, oft widmet sich der Autor aber lustigen oder alltäglichen<br />
Themen.<br />
Gute Glossen sind sehr schwer zu schreiben – leben sie doch von Ironie, Satire<br />
und Sprachwitz. Übertragen, übertreiben und übertreten sind drei wichtige<br />
Stilmittel der Glosse.<br />
• Übertreiben: Am Beispiel der Bahnpreise: „Eins wissen wir jetzt über die<br />
Bahn: Je schneller, desto teurer. Deshalb arbeiten in den Hochgeschwindigkeits-ICEs<br />
so viele Menschen am Laptop, weil sie sich das Fahrgeld unterwegs<br />
verdienen müssen.“<br />
• Übertragen: „Bahnchef Grube wird von seiner Frau übrigens nie zum Einkaufen<br />
geschickt, denn sobald er etwas anfasst, wird es teurer.“<br />
• Übertreten: Tabus werden bewusst gebrochen.<br />
Glossen im Lokalteil werden häufig Lokalspitze genannt.<br />
Die Karikatur<br />
Karikaturen sind Bildkommentare zu aktuellen Themen, die Eigenschaften,<br />
Handlungsweisen oder Zustände in übersteigerter Form darstellen. Karikaturen<br />
sind keine einfachen Witze, sie wollen einen Missstand bloßstellen oder<br />
den Kern einer Sache freilegen.<br />
Eine Definition des Karikatur & Cartoon-Museums in Basel: „Karikaturen, mit<br />
ihren Stilmitteln der Verzerrung und Übertreibung, bilden die älteste Form humoristischer<br />
Darstellungen. Mit Karikaturen holt man sich die großen Helden<br />
in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft auf den Boden der Menschlichkeit<br />
zurück und schrumpft deren Bedeutung auf das Maß der eigenen Augenhöhe.<br />
Karikaturen kannte man schon im Altertum, doch erst im 20. Jahrhundert<br />
sprengten die humoristischen Zeichnungen die engen Genre-Grenzen der Karikatur,<br />
die immer als Gegenkunst gegolten hatte.“<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 37<br />
Es gibt Karikaturen, die in der Form (durch ihren Strich) übertreiben. Sie werden<br />
gelegentlich auch Zerrbilder genannt, weil sie verzerrend vom antiken<br />
Schönheitskanon abweichen. Markante Einzelheiten von bekannten Persönlichkeiten<br />
werden übertrieben. Im Schwerpunktmodul I haben wir verschiedene<br />
Karikaturenbeispiele von bekannten Personen abgedruckt, an denen man<br />
das Prinzip gut erkennen kann.<br />
Andere Karikaturen übertreiben im Inhalt. „Künstlerisch gilt jene Karikatur als<br />
gelungen, die sowohl in der Form als auch im Inhalt übertreibt. Politisch und<br />
publizistisch ist die Karikatur am wertvollsten, die mit dieser Übertreibung das<br />
Wesentliche trifft.“<br />
Karikaturen verwenden Symbole und Metaphern, um Sachverhalte und Vorgänge<br />
darzustellen: zum Beispiel Karren, die im Dreck stecken, oder Mensch-<br />
Tier-Vergleiche.<br />
Die Rezension<br />
Die Rezension oder Kritik ist die meistgebrauchte meinungsäußernde Form im<br />
Kulturbereich. Bücher, Kino- und Fernsehfilme, Theaterstücke, Kunstausstellungen<br />
oder Konzerte werden besprochen. Rezensionen bewerten das Schaffen<br />
von Künstlern, ordnen es ein und können dem Leser die Entscheidung erleichtern,<br />
ob er sich einen Film, ein Konzert oder ein Theaterstück ansieht, ein<br />
Buch kauft oder eine Ausstellung be sucht. Teilweise erscheinen Rezensionen<br />
auch nach einmaligen Ereignissen, etwa Fernsehkritiken.<br />
Die Rezension sollte auf jeden Fall Informationen über den Inhalt sowie die<br />
Autoren, Regisseure, Schauspieler und Künstler enthalten. Der Rezensent muss<br />
seine Kritik gut begründen, damit sie für die Leser durchschaubar und brauchbar<br />
ist und dieser sich auch selbst ein Urteil bilden kann. Aber er darf nicht zu<br />
viel verraten und so die Spannung nehmen.<br />
Der Leserbrief<br />
Leserbriefe gehören zwar nicht zu den journalistischen Darstellungsformen,<br />
sind aber ein wichtiger Teil der Zeitung, weil hier die Leser selbst zu Wort<br />
kommen. Vielleicht kann die Klasse auch gemeinsam einen Leserbrief schreiben,<br />
wenn ihr während des Projekts etwas aufgefallen ist. Leserbriefe dürfen<br />
von der Redaktion gekürzt, aber nicht weiter bearbeitet werden. In der Regel<br />
werden der Name, teilweise auch Teile der Adresse der Leserbriefschreiber mit<br />
abgedruckt.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 38<br />
Das Zeitungsfoto<br />
Ein gutes Bild sagt mehr als tausend Worte<br />
Was ein gutes Bild wert ist, wissen Marketingstrategen genau: Es wirkt unmittelbar<br />
auf den Konsumenten. Beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel werden<br />
für die Entwicklung einer Titelseite bis zu 15.000 Euro ausgegeben. Dass ein<br />
Foto manchmal mehr sagt als tausend Worte, belegt die Berichterstattung<br />
über einschneidene Ereignisse. Nach bedeutenden Großereignissen reagieren<br />
viele Zeitungen mit Titelseiten, die von großen Fotos dominiert werden.<br />
Fotos sind der Blickfang für die Leser. Verschiedene Studien zur Zeitungslektüre,<br />
bei denen die Augenbewegungen der Probanden aufgezeichnet wurden,<br />
belegen: Leser schauen sich meist als Erstes die Fotos an, wenn sie eine Seite<br />
aufschlagen. Anders als Texte, die häufig nicht bis zu Ende gelesen werden,<br />
sehen sich die Leser Bilder meistens an. Der Artikel mit dem größten Foto wird<br />
häufig als Erstes beachtet.<br />
Funktion des Fotos in der Tageszeitung<br />
Ein Foto ist mehr als nur „Lückenfüller“ zwischen einzelnen Textblöcken. Wie<br />
andere visuelle Gestaltungselemente auch (z. B. Grafiken, Illustrationen oder<br />
Karikaturen), hat das Zeitungsfoto verschiedene Aufgaben:<br />
• Es kann den Inhalt eines Artikels veranschaulichen. Wenn darüber berichtet<br />
wird, dass immer mehr Müll an den Stränden von Pazifikinseln angeschwemmt<br />
wird, macht das Foto aus dem abstrakten Begriff ein begreifbares<br />
Objekt.<br />
• Das Foto kann einen Sachverhalt oder ein Ereignis, über das im Artikel<br />
berichtet wird, dokumentieren. Ob Tsunami-Katastrophe in Japan, die Massenpanik<br />
bei der Duisburger Loveparade oder die neuen Spielgeräte des örtlichen<br />
Kindergartens – Fotos geben dem Leser einen Eindruck, wie es vor Ort<br />
aussieht. Er kann sich im Wortsinn ein Bild über das Geschehen machen.<br />
• Das Foto kann einen berichteten Sachverhalt symbolisieren. Solche Symbolbilder<br />
kommen meist dann zum Einsatz, wenn es zu einem aktuellen<br />
Thema kein passendes Ereignis gibt, von dem man ein Foto machen könnte,<br />
beispielsweise Jugendkriminalität oder die Suchtgefahr von Computerspielen.<br />
• Das Foto ist der Blickfang für die Seite und kann den Leser zur Lektüre des<br />
Textes motivieren. Häufig verwenden Zeitungen auf den Seiten Vermischtes<br />
oder im Lokalteil Schmuckbilder oder so genannte Feature-Bilder, die<br />
vor allem unterhaltenden Wert haben. Zum Beispiel ein Foto eines Schnee<br />
schaufelnden Mannes, das den Winteranfang symbolisiert.<br />
vgl. Joachim Blum,<br />
Hans-Jürgen Bucher<br />
(1998): Die Zeitung:<br />
Ein Multimedium. UVK<br />
Konstanz, S.64f.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 39<br />
Die meisten Bilder haben mehrere dieser Funktionen gleichzeitig. Sie sind aber<br />
in jedem Fall ein Blickfang für den Leser.<br />
Foto in der Seitengestaltung<br />
Die Bedeutung von Fotos in der Zeitung hat in den vergangenen Jahrzehnten<br />
stetig zugenommen. Als letzte der großen deutschen Tageszeitungen verabschiedete<br />
sich im Oktober 2007 die Frankfurter Allgemeine Zeitung von der<br />
traditionellen „Bleiwüste“ auf der Titelseite und sorgt seitdem mit einem farbigen<br />
Foto für einen Kauf- und Leseanreiz.<br />
Bilder erregen die Aufmerksamkeit des Lesers. Sie helfen seine Blickrichtung<br />
auf einer Seite zu steuern und Schwerpunkte zu setzen. Dementsprechend<br />
gelten für die Gestaltung von Zeitungsseiten mit Fotos einige Regeln, die der<br />
ehemalige Chefredakteur des Südkurier, Werner Schwarzwälder, so zusammenfasste:<br />
„Unverzichtbar für eine harmonische Seite ist ein tragendes Bild.<br />
Die Leserforschung zeigt unstrittig, dass die meisten Leser über ein Bild oder<br />
eine Illustration in die Seite einsteigen. Das Aufmacherbild sollte daher groß<br />
sein, bei Querformat mindestens dreispaltig, bei Hochformat mindestens<br />
zweispaltig. Das Aufmacherbild ist mindestens doppelt so groß wie jedes<br />
andere visuelle Element auf der Seite. Zwei gleichgroße Bilder auf einer Seite<br />
sind daher nicht erlaubt. Wirksamer ist es, ein großes und ein kleines Bild zu<br />
platzieren, eines querformatig, eines hochformatig. Freigestellte Bilder sind als<br />
Überraschungsmoment erwünscht, aber nur dann, wenn das Motiv entsprechend<br />
ist und der Hintergrund tatsächlich entfallen kann. Je Seite nicht mehr<br />
als ein freigestelltes Bild. Sonst nutzt sich dieses Moment der Abwechslung<br />
ab.“<br />
Sicher gibt es Ausnahmen von der Regel. Wenn man aber verschiedene Seiten<br />
– auch aus unterschiedlichen Zeitungstiteln – nebeneinander legt und vergleicht,<br />
fällt einem auf, dass gewisse Prinzipien für die Seitengestaltung mit<br />
Fotos universell gelten.<br />
Kriterien der Bildgestaltung und Tipps zum Bildaufbau<br />
Einfach draufhalten und knipsen – so arbeitet ein Zeitungsfotograf höchstens<br />
in Ausnahmesituationen, wenn keine Zeit bleibt, sich Gedanken um den<br />
Bildaufbau zu machen. Nachfolgend möchten wir einige Kriterien zur Bildgestaltung<br />
nennen und auch ein paar Tipps für ein interessantes Zeitungsfoto<br />
geben.<br />
Werner Schwarzwälder:<br />
Modernes Layout –<br />
Leitschnur für den<br />
Leser. In: Claudia Mast<br />
(Hrsg., 2004): ABC<br />
des Journalismus.<br />
Ein Handbuch. UVK<br />
Konstanz, S. 367.<br />
Informationen zu<br />
Bildaufbau und<br />
Bildgestaltung<br />
finden Sie auch im<br />
Internet unter www.<br />
mediacultureonline.de/<br />
Bildgestaltung.<br />
164.0.html.<br />
Der Bildausschnitt<br />
Was auf einem Bild zu sehen ist, bestimmt der Fotograf mit Wahl des Bildausschnittes.<br />
Festlegen kann man den Ausschnitt entweder direkt bei der Aufnahme<br />
oder hinterher am Computer. Im Wesentlichen gibt es drei verschiedene<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 40<br />
Bildausschnitte. Welchen davon man benutzt, hängt auch von der gewünschten<br />
Bildaussage ab.<br />
• die Totale: Sie ist eine Gesamtaufnahme eines Ortes oder einer Situation.<br />
Der Betrachter bekommt einen Überblick und kann erkennen, wo und zu<br />
welcher Tageszeit etwas stattfindet. Personen sind in der Totalen nur sehr<br />
klein zu sehen. Weil die Totale sehr viel zeigt und aus der Distanz aufgenommen<br />
wird, wirkt sie eher „nachrichtlich“. Dieser Bildausschnitt wird oft bei<br />
Landschaftsaufnahmen benutzt<br />
Beispiel für eine Totale: Ein Weinberg, man sieht die Felder und Wege in Großaufnahme.<br />
• die Halbtotale: Sie zeigt einen Teil eines Ortes oder einer Situation, ist<br />
also ein Ausschnitt der Totalen. So kann der Blick des Betrachters auf ein<br />
bestimmtes Objekt gelenkt werden. Personen sieht man in der Halbtotalen<br />
gewöhnlich von Kopf bis Fuß. Ein halbtotaler Bildausschnitt wirkt emotionaler<br />
als die Totale, weil man Gegenstände oder Gesichter besser erkennen<br />
kann.<br />
Beispiel für eine Halbtotale: Ein Weinbauer arbeitet am Weinstock, der Betrachter<br />
hat zusätzlich einen Blick auf die Weinstockreihe vor und hinter ihm<br />
und kann im Hintergrund Teile des anschließenden Feldes sehen.<br />
• die Nahe: Bei diesem Bildausschnitt wird der Blick des Betrachters auf ein<br />
Detail konzentriert. Die Umgebung spielt keine Rolle mehr. Von Personen<br />
zeigt die Nahe nur noch das Gesicht oder – im Extremfall – Teile davon. Der<br />
Betrachter ist ganz dicht dran an der Person und kann deren Gefühle deut-<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 41<br />
lich erkennen. Das erklärt auch, warum dieser Bildausschnitt die meisten<br />
Emotionen transportiert.<br />
Beispiel für eine Nahe: Ein Teil eines Rebstocks, der Betrachter sieht nur wenige<br />
Blätter und die unreifen Trauben.<br />
Neben diesen drei Bildausschnitten existieren noch Zwischenformen, beispielsweise<br />
bei der Portraitfotografie. Hier zeigt das Bild eine Person von Höhe<br />
der Brust bis zum Kopf. Der Bildausschnitt wird als Halbnahe oder salopp als<br />
Portraitbild bezeichnet.<br />
Die Bildebenen<br />
„Mit dem bloßen Auge nehmen wir unsere Umwelt dreidimesional wahr:<br />
Anders als auf einem Foto haben wir den Eindruck von Tiefe. Diesen Eindruck<br />
kann man nachempfinden, um Wirkung und/oder Aussage eines Fotos günstig<br />
zu beeinflußen. Wenn Sie Vorder-, Mittel- und Hintergrund gezielt platzieren,<br />
gelingt es Ihnen, Ihre Fotos interessanter zu gestalten, den Betrachter noch<br />
mehr zu engagieren oder seinen Blick zu führen.“<br />
Bei Gruppen- und Portraitfotos sollte man diese Punkte beachten:<br />
• Portraitfotos wirken dynamischer, wenn die fotografierte Person nicht frontal<br />
zur Kamera steht, sondern den Oberkörper etwa 30 Grad eindreht und<br />
den Kopf dann Richtung Kamera dreht.<br />
• bei Aufnahmen mit mehreren Personen, sollte vermieden werden, dass sich<br />
alle nebeneinander aufstellen und geradeaus in die Kamera blicken oder<br />
einfach nur dasitzen. Solche Bilder wirken meistens langweilig. Die Personen<br />
im Bild sollten sich verteilen, in Beziehung zueinander sitzen.<br />
• Bei Portrait- als auch bei Gruppenbildern sollte auf einen passenden oder<br />
wenigstens nicht störenden Hintergrund geachtet werden. Oft fallen bei<br />
aller Konzentration auf die Motivebene störende Gegenstände nicht auf.<br />
Im Bild scheint es dann später, als ob der Baum oder die Straßenlaterne aus<br />
dem Kopf des Fotografierten zu wachsen scheint.<br />
Erol Gurian:<br />
Journalisten-Werkstatt<br />
Foto – Wege zum<br />
besseren Bild (I).<br />
Beilage zum Medium<br />
Magazin 4/2009, S.6.<br />
Bildkompositionen: Goldener Schnitt und Zentralperspektive<br />
Betrachter empfinden ein Foto oftmals als ästhetisch oder dynamisch, wenn<br />
es nach dem Prinzip des Goldenen Schnittes bzw. der „Drittregel“ gestaltet<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 42<br />
wurde. Aber nicht für jedes Bild lässt sich diese Art der Bildkomposition anwenden.<br />
Manche Motive möchte man in der Bildmitte zeigen, weil sie erst dann die<br />
richtige Wirkung beim Betrachter erzielen. In solchen Fällen vernachlässigt der<br />
Fotograf die „Drittelregel“ zugunsten der Zentralperspektive. Sie ist das Mittel<br />
der Wahl, wenn das Motiv selbst streng symmetrisch ist, zum Beispiel ein<br />
Spinnennetz oder die Blüte einer Sonnenblume. Auch die sorgfältig geplanten<br />
Gärten eines Schlossparks würden unausgewogen wirken, wenn man sie nach<br />
den Regeln des Goldenen Schnittes fotografieren würde.<br />
Die Zentralperspektive kommt auch dann zum Einsatz, wenn keine Zeit bleibt,<br />
das Bild in Ruhe zu gestalten. Wer nur wenige Sekunden hat, um das Hauptmotiv<br />
zu fotografieren, nimmt es am besten in die Bildmitte, damit es überhaupt<br />
auf dem Foto ist.<br />
Linien und Formen<br />
„Auch die Linien eines Bildes beeinflussen dessen Wirkung. Bildlinien entstehen<br />
vor allem durch tatsächliche und scheinbare Bewegungen. Das Auge<br />
folgt beispielsweise unbewusst der Richtung eines ausgestreckten Arms<br />
oder schaut in die Fahrtrichtung eines stehenden Zuges. (...) Auch Hintergrundstrukturen<br />
wie die Balken eines Fachwerkhauses oder die Streben eines<br />
Gerüsts können als unbewusst wahrgenommene Bildlinien die Wirkung des<br />
Zeitungsfotos beeinflussen. Sie erzeugen in der Regel folgende Stimmungen:<br />
• Horizontale Elemente vermitteln den Eindruck von Ruhe.<br />
• Vertikale Elemente vermitteln den Eindruck von Unruhe.<br />
• Diagonale Elemente vermitteln den Eindruck von Bewegung.“<br />
Einsatz von Licht<br />
Das Licht ist der wichtigste Verbündete des Fotografen, denn ohne Licht kein<br />
Foto! Normalerweise nutzt man das Licht, das man vor Ort vorfindet. In der<br />
Regel ist das Tageslicht bei Außenaufnahmen oder Kunstlicht in Räumen. Für<br />
Fotografen ist Licht aber auch ein Mittel zur Bildgestaltung und kann die Bildaussage<br />
verändern. Das gilt besonders für die verschiedenen Lichtrichtungen:<br />
• Frontlicht kommt aus Richtung der Kamera. Das kann zum Beispiel die<br />
Sonne sein, aber auch der Blitz aus dem Blitzgerät der Kamera. Im Bild sind<br />
später kaum Schatten zu erkennen. Das lässt es etwas „platt“ erscheinen.<br />
• Seitenlicht kommt aus den Bereichen links oder rechts der Kamera. Dadurch<br />
entstehen auf dem Objekt Schatten, die seine Räumlichkeit betonen und<br />
das Bild lebendig wirken lassen.<br />
• Gegenlicht scheint in Richtung Kamera. Objekte, die mit dieser Beleuchtung<br />
fotografiert werden, können sehr dramatisch wirken. Hinter dem Objekt<br />
vgl. Julian J.<br />
Rossig (2006):<br />
Fotojournalismus. UVK<br />
Konstanz, S.74.<br />
Dieter Bey, Thomas<br />
Klaus (1997): Das<br />
Lay-out Lehrbuch.<br />
Studienarbeit am<br />
Institut für Journalistik<br />
der Universität<br />
Dortmund.<br />
vgl. Tom Striewisch<br />
(2007): Der<br />
große Humboldt<br />
Fotolehrgang.<br />
Humboldt Verlag<br />
Baden-Baden, S.189.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 43<br />
platziert, verleiht Gegenlicht ihm eine Art „Heiligenschein“ und sorgt für<br />
eine wundersame oder geheimnisvolle Stimmung. Extremes Gegenlicht<br />
(wenn zum Beispiel gegen die Sonne fotografiert wird) lässt nur noch die<br />
Umrisse von Personen oder Objekten erkennen und kann ein ungewöhnliches<br />
Bild ergeben.<br />
• Unterlicht fällt von unten auf das Objekt oder die Person. Diese Lichtrichtung<br />
ist in unserer Wahrnehmung sehr ungewöhnlich und daher sehr<br />
effektvoll. Bösewichte, Monster und andere unheimliche Gestalten werden<br />
in Spielfilmen gerne von unten beleuchtet, weil sie so besonders furchteinflößend<br />
wirken.<br />
Wie Fotos mit unterschiedlichen Ausleuchtungen schließlich wirken, finden<br />
Sie am besten durch Experimentieren heraus. Als Lichtquelle eignet sich dabei<br />
im Prinzip alles: eine Taschenlampe, eine Schreibtischlampe oder auch eine<br />
Kerze.<br />
Mit der Perspektive und Ausschnitt werten<br />
Fotografie ist keine unbestechliche Technik, die detailgetreue Abbilder der<br />
Realität liefert. Abgesehen von der digitalen Manipulation nach dem „Schuss“,<br />
können Fotografen auch während sie ein Foto machen auf die Bildaussage<br />
Einfluss nehmen: durch die Wahl der Perspektive und die Wahl des Bildausschnittes.<br />
Die drei zentralen Perspektiven sind die Normalsicht, die Untersicht und die<br />
Aufsicht. Die Normalsicht ist eine neutrale Perspektive. Kamera und Motiv<br />
befinden sich auf gleicher Höhe und sind gleichberechtigt. Möchte man eine<br />
Person oder ein Objekt groß, mächtig oder dominant erscheinen lassen, fotografiert<br />
man aus der Untersicht. Die Kamera blickt dabei zum Motiv hinauf.<br />
Je tiefer die Kamera, desto stärker der Effekt. Aus der Aufsicht aufgenommen<br />
– die Kamera blickt zum Motiv hinab –, wirken Personen auf den Betrachter<br />
klein, unterlegen oder gar einsam. Auch hier verstärkt sich der Eindruck, je höher<br />
sich die Kamera befindet.<br />
Dass unterschiedliche Perspektiven unterschiedlich wirken, haben wissenschaftliche<br />
Experimente ergeben. Ein Forscherteam ließ Versuchspersonen<br />
Motive beurteilen, die aus sieben unterschiedlichen Kameraperspektiven aufgenommen<br />
wurden. Menschen, die aus der leichten Untersicht – also von etwas<br />
unterhalb der Augenhöhe – aufgenommen wurden, kamen am besten an.<br />
Am schlechtesten kamen die Personen an, die aus einer leichten Draufsicht,<br />
also von oben, aufgenommen wurden. Der Mehrzahl der Versuchspersonen<br />
fiel allerdings gar nicht auf, welchen Einfluss die Perspektive auf ihre Bewertung<br />
hat. Sie wurden erst darauf aufmerksam, als sie Fotos gezeigt bekamen,<br />
die aus sehr extremen Positionen aufgenommen wurden.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 44<br />
Die Wirkung eines Fotos auf den Betrachter kann man auch mit dem Bildausschnitt<br />
beeinflussen. Das geschieht nicht nur, indem man Teile eines Ganzen<br />
bewusst weglässt, sondern auch, indem man mehr als das eigentliche<br />
Hauptmotiv zeigt. Der Fotograf kann die Bundeskanzlerin, die alleine auf der<br />
Regierungsbank im Bundestag sitzt, in einem nahen Bildausschnitt ablichten.<br />
Der Betrachter sieht die Person bildfüllend und kann sich selbst entscheiden,<br />
ob sie glücklich, traurig, zufrieden oder gelangweilt wirkt. Dieselbe Situation<br />
entfaltet eine ganz andere Wirkung, wählt der Fotograf die Halbtotale: Die<br />
Bundeskanzlerin, jetzt viel kleiner im Bild, umgeben von leeren Stühlen. Dem<br />
Betrachter drängt sich unweigerlich die Vermutung auf, die Person sei einsam,<br />
verloren oder politisch isoliert.<br />
Bildunterschriften – Der Text zum Foto<br />
Eine eiserne Regel der Zeitung lautet: Kein Bild ohne Bildtext. Selbst wenn die<br />
wichtigsten Informationen über das Foto im dazugehörigen Artikel stehen,<br />
braucht es eine Bildunterschrift. Das hat im Wesentlichen zwei gute Gründe:<br />
• Ein Foto lässt viele, manchmal sogar widersprüchliche Interpretationen zu.<br />
Erst der Bildtext gibt dem Bild Sinn und Bedeutung und hilft dem Betrachter,<br />
das Abgebildete einzuordnen.<br />
• Die Bildunterschrift steht unmittelbar beim Foto. Hat der Leser zuerst das<br />
Bild betrachtet und liest dann den Bildtext, kann ihn dieser dazu animieren,<br />
auch den Artikel zu lesen. Die Bildunterschrift ist also ein „Appetithäppchen“,<br />
das Hunger auf den Artikel machen soll.<br />
Diese beiden Funktionen geben bereits einen Anhalt, wie Bildunterschriften<br />
geschrieben werden sollten. Sie sind Kleintexte wie der Vorspann oder die<br />
Überschrift. Deshalb sollten hier auch tatsächlich Informationen stehen, die<br />
neugierig machen. Der Bildtext ist keine reine Bildbeschreibung, sondern<br />
stellt es in den Zusammenhang mit dem Thema. Aber Vorsicht: Produzieren<br />
Sie keine Text-Bild-Scheren! Zeigt das Bild Personen, sollten ihre Namen und<br />
Funktionen genannt werden. Ist das Foto ein Archivbild, muss es als solches<br />
gekennzeichnet werden (siehe dazu weiter unten bei Rechtliches zur Pressefotografie).<br />
Beispiel:<br />
Schlecht:<br />
Auf dem Tisch in Lafontaines Wohnzimmer steht ein Glas Rotwein.<br />
Besser:<br />
Oskar Lafontaine, der Genießer. Auf seinem Wohnzimmertisch steht ein Glas<br />
Sassicaia, 140 Euro die Flasche, Toskana versteht sich – nicht der einzige Schatz<br />
aus seinem Keller.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 45<br />
Digitale Bildbearbeitung<br />
Personen in Fotos zu zaubern oder sie verschwinden zu lassen, ist mit Hilfe<br />
der neuen Technik kein Problem mehr. Fotos werden am Computer gescannt<br />
oder direkt in digitaler Form geliefert. Am Bildschirm können sie mithilfe<br />
von Grafikprogrammen beliebig bearbeitet<br />
werden. Neu ist die Manipulation von Fotos<br />
nicht. Seit es die Fotografie gibt, retuschieren<br />
Fotografen Fotos, um „kleine Fehler“ auszubessern,<br />
z. B. Hintergründe aufzuhellen. Doch<br />
es blieb nicht bei Qualitätsverbesserungen.<br />
Schon Stalin ließ in Ungnade gefallene Personen<br />
aus Fotos herausretuschieren. Bei der<br />
Regenbogenpresse sind Montagen weit verbreitet:<br />
Als Prinzessin Stéphanie von Monaco<br />
im Herbst 1992 nicht rechtzeitig zum Redaktionsschluss<br />
ihr Baby gebar, montierten ihr<br />
zwölf Blätter verschiedene Babys in die Arme,<br />
darunter allerdings auch gut genährte, sechs<br />
Monate alte Babys. In Sportredaktionen werden Fußbälle, die der Fotograf bei<br />
der entscheidenden Schusssituation nicht mehr erwischt hat, ins Foto geklebt.<br />
Durch die Perfektionierung der digitalen Bildbearbeitung am Computer ist die<br />
Fotobearbeitung nicht nur viel perfekter möglich, sie wird auch viel einfacher.<br />
Haus der Geschichte<br />
der Bundesrepublik<br />
Deutschland (Hg.)<br />
(2000): Bilder, die<br />
lügen. Bouvier Verlag<br />
Bonn, S.78.<br />
Manipulationen lassen sich nicht erkennen<br />
Ob ein Bild tatsächlich dokumentarisch ist oder manipuliert wurde, lässt<br />
sich heutzutage häufig nicht mehr erkennen. Um die Glaubwürdigkeit des<br />
journalistischen Bildes zu erhalten, haben viele Redaktionen ähnlich wie die<br />
Deutsche Presse-Agentur jegliche digitale Manipulation von Bildern untersagt.<br />
Wird jemand dabei erwischt, wird er entlassen.<br />
Fotomontagen können allerdings auch ein Stilmittel sein, ähnlich wie Karikaturen.<br />
Dann sollten sie allerdings als solche gekennzeichnet sein. Berufsverbände<br />
von Fotografen und Journalisten einigten sich im Herbst 1997 in einer<br />
Vereinbarung darauf, alle Fotos, die nach der Belichtung verändert wurden,<br />
mit einem (M) wie Manipulation zu kennzeichnen. Bindend sind solche Vereinbarungen<br />
freilich nicht. Einige Redaktionen, wie die taz und der Stern beispielsweise,<br />
verwenden dieses Zeichen seit einiger Zeit.<br />
Rechtliches zur Pressefotografie<br />
Pressefotografen dürfen nicht einfach alles und jeden fotografieren. Jeder<br />
Mensch hat das Recht am eigenen Bild. Was das genau bedeutet und welche<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Journalistische Praxis 46<br />
Ausnahmen es gibt, haben wir in Basismodul C Medien und Gesellschaft erläutert.<br />
Jenseits gesetzlicher Bestimmungen hat sich die Presse selbst weitere Regeln<br />
auferlegt. Sie sind im Pressekodex des Deutschen Presserates festgehalten<br />
und gelten auch für Pressefotografen und Bildjournalisten. Besonders bedeutsam<br />
für die Zeitungsfotografie ist die Ziffer 2 (Sorgfaltspflicht) sowie deren<br />
Konkretisierung in der dazugehörigen Richtlinie.<br />
In Ziffer 2 des Pressekodex heißt es: „Recherche ist unverzichtbares Instrument<br />
journalistischer Sorgfalt. Zur Veröffentlichung bestimmte Informationen in<br />
Wort, Bild und Grafik sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt<br />
auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben.<br />
Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder<br />
entstellt noch verfälscht werden. (...) Symbolfotos müssen als solche kenntlich<br />
sein oder kenntlich gemacht werden.“<br />
Symbolfotos sind in der Richtlinie 2.2 definiert als „Ersatz- oder Behelfsillustrationen<br />
(gleiches Motiv bei anderer Gelegenheit, anderes Motiv bei gleicher<br />
Gelegenheit etc.), symbolische Illustrationen (nachgestellte Szene, künstlich<br />
visualisierter Vorgang zum Text etc.), Fotomontagen oder sonstige Veränderungen.“<br />
Der Pressekodex verlangt also, dass Fotos kenntlich gemacht werden, die<br />
der Leser für dokumentarisch halten könnte, die es aber nicht sind. Das gilt<br />
für Symbolfotos genauso wie für Archivbilder und in besonderem Maße für<br />
bearbeitete Bilder. Die Bearbeitung von Fotos ist nur dann erlaubt, wenn der<br />
ursprüngliche Sinn nicht verändert wird. Ein Bild am Computer etwas aufzuhellen,<br />
damit man die Gesichter von Personen besser erkennen kann, ist in<br />
Ordnung. Eine Person aus einem anderen Bild neu einzufügen, dagegen nicht<br />
– zumindest nicht, wenn man diese Montage für den Leser nicht kenntlich<br />
macht.<br />
Deutscher Presserat:<br />
Pressekodex.<br />
URL: http://www.<br />
presserat.info/inhalt/<br />
der-pressekodex/<br />
pressekodex.html.<br />
Deutscher Presserat:<br />
Richtlinie zu Ziffer<br />
2 des Pressekodex.<br />
URL: http://www.<br />
presserat.info/inhalt/<br />
der-pressekodex/<br />
pressekodex/<br />
richtlinien-zu-ziffer-2.<br />
html).<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 47<br />
Die Rolle der Medien – Was sie<br />
können, sollen und (nicht) dürfen<br />
Die vierte Gewalt<br />
Die ersten drei kennt jeder: Legislative, Exekutive und Judikative heißen die<br />
Gewalten, die in unserem politischen System Gesetze machen, sie in die Tat<br />
umsetzen und ihre Einhaltung kontrollieren. Die Medien werden als vierte<br />
Gewalt im Staate bezeichnet, weil sie unersetzlich für eine funktionierende<br />
Demokratie sind. Eine Reihe von Gesetzen sorgt für ein Gleichgewicht von<br />
Rechten und Pflichten der Medien.<br />
Welche Aufgaben hat die Presse in der Demokratie?<br />
Was in der Welt und in unserem Land passiert, nehmen wir meist ausschließlich<br />
durch die Medien zur Kenntnis. Selbst Ereignisse, die uns direkt betreffen,<br />
wie zum Beispiel ein neues Gesetz, gehen zuerst durch den Filter von Presse<br />
oder Rundfunk, bevor wir von ihnen erfahren. Massenmedien sind also wichtig,<br />
um sich eine Meinung zu bilden und darüber entscheiden zu können, für<br />
wen man bei der nächsten Wahl seine Stimme abgibt. Um so wichtiger ist es,<br />
dass die Medien wahrheitsgemäß, umfangreich und kritisch berichten. Ihre<br />
politischen Funktionen sind vor allem<br />
• die Menschen wahrheits- und sachgemäß zu informieren und aufzuklären,<br />
• an der Meinungsbildung mitzuwirken und<br />
• die Politiker zu kontrollieren, das politische Geschehen zu hinterfragen und<br />
Missstände zu kritisieren.<br />
Information und Aufklärung<br />
Das Angebot an Informationen aller Art ist heute größer als je zuvor. Die Massenmedien<br />
nehmen den Menschen daher die Arbeit ab, alle Informationen zu<br />
sichten, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und verständlich aufzubereiten.<br />
Ob aktuelles Tagesgeschehen, Wissenswertes oder Verbrauchertipps: Die<br />
Presse und die anderen Medien sollen vollständig, sachlich und verständlich<br />
informieren. Wer sich in den Medien gut informiert, der kann<br />
• politische, wirtschaftliche und soziale Zusammenhänge besser erfassen,<br />
• sich auf politische Teilhabe vorbereiten und<br />
• er erfährt, in welcher Gesellschaft er lebt und wie er sie mitgestalten kann.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 48<br />
Mitwirkung an der Meinungsbildung<br />
Demokratie funktioniert nur durch öffentliche Diskussion: Widerstreitende<br />
Meinungen werden von verschiedenen Gruppen vertreten. Am Ende entscheidet<br />
die Mehrheit. Doch auch Minderheiten müssen eine Stimme haben. Die<br />
Aufgabe der Medien ist es daher, möglichst viele Meinungen abzubilden. Nur,<br />
wenn Menschen verschiedene Ansichten kennen, können sie eine fundierte<br />
Entscheidung treffen. In der Zeitung gilt eine klare Trennung von Meinung<br />
und Tatsache. Meinungsbetonte Texte, wie Kommentare oder Leitartikel, sind<br />
besonders gekennzeichnet.<br />
Kontrolle und Kritik<br />
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – das gilt auch für die Politik. Es ist daher<br />
die Aufgabe der Massenmedien, kritisch zu hinterfragen, was Institutionen<br />
und Akteure sagen und tun. So werden Missstände aufgedeckt, unliebsame<br />
Fragen in die öffentliche Diskussion eingebracht, Korruption und Willkür verhindert<br />
und Widersprüche offengelegt. Die Medien sollen kontrollieren, ob<br />
gewählte Repräsentanten auch wirklich das Volk vertreten oder nur eigene<br />
Interessen.<br />
Rechtliche Grundlagen für Massenmedien<br />
Vielfalt<br />
Um die Funktion bei der demokratischen Meinungsbildung erfüllen zu können,<br />
muss Vielfalt in der Medienlandschaft gewährleistet sein: Es muss<br />
möglich sein, sich aus unterschiedlichen Quellen zu informieren. Dazu ist ein<br />
entsprechendes Angebot an Medien nötig. Das Vielfaltsgebot bezieht sich auf<br />
das Gesamtangebot der Berichterstattung in allen Medien, nicht auf jeden<br />
einzelnen journalistischen Beitrag oder auf jede einzelne Zeitung.<br />
Man unterscheidet dabei zwischen „innerer“ und „äußerer“ Vielfalt: Im Bereich<br />
des Rundfunks (Radio und Fernsehen) gilt das Gebot innerer Vielfalt:<br />
Die verschiedenen Themen und Positionen sollen innerhalb des Mediums<br />
angemessen behandelt werden. Ein TV-Sender oder eine Radiowelle muss das<br />
gesamte Meinungsspektrum abbilden und sollte keiner politischen Richtung<br />
einseitig zuneigen.<br />
Für die Presse gilt dagegen das Gebot äußerer Vielfalt: Auf dem Gesamtmarkt<br />
der Printmedien oder in einzelnen Sparten (z. B. Regionalzeitungen, Magazine,<br />
überregionale Tageszeitungen, Wochenzeitungen) muss Vielfalt herrschen – die<br />
einzelnen Publikationen dürfen aber durchaus eine klare politische Ausrichtung<br />
haben. So gibt es eher konservativ orientierte Blätter wie die Frankfurter<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 49<br />
Allgemeine Zeitung oder Die Welt und eher links orientierte Zeitungen wie die<br />
taz, Das Neue Deutschland oder die Frankfurter Rundschau.<br />
Pressefreiheit<br />
Damit die Presse all diese Funktionen ausüben kann, sichern eine Reihe von<br />
Gesetzen Pressefreiheit und Vielfalt der Medien.<br />
Grundgesetz, Artikel 5, Abs.1<br />
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu<br />
äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen<br />
ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der<br />
Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine<br />
Zensur findet nicht statt.“<br />
Die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit ist durch das Grundgesetz gesichert.<br />
Die Meinungsfreiheit beinhaltet das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung.<br />
Die Informationsfreiheit besagt, dass jeder das Recht hat, sich aus<br />
allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.<br />
Die rechtliche Stellung der Presse ist neben dem Grundgesetz auch in den Landespressegesetzen<br />
der Bundesländer geregelt. Die wichtigsten gesetzlichen<br />
Regelungen:<br />
• Der Staat darf Nachrichtenquellen nicht unterbinden oder reglementieren.<br />
• Eine Zensur findet nicht statt. Staatliche Stellen dürfen den Inhalt eines<br />
Mediums nicht vor der Ausstrahlung bzw. vor dem Druck kontrollieren.<br />
• Behörden und staatliche Stellen sind verpflichtet, den Medien Auskunft zu<br />
geben. Ausnahmen bilden Geheimhaltungsvorschriften, Eingriffe in schwebende<br />
Verfahren oder schutzwürdige private Interessen.<br />
• Journalisten haben gegenüber Polizei und Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht.<br />
Sie sind nicht verpflichtet, ihre Informanten und Quellen offen<br />
zu legen. Darüber hinaus gilt ein Beschlagnahmeverbot zur Wahrung des<br />
Redaktionsgeheimnisses. Die Wohnungen von Journalisten dürfen nicht<br />
überwacht werden.<br />
Die Grenzen der Pressefreiheit – worauf Journalisten achten<br />
müssen<br />
Der Pressefreiheit sind jedoch Grenzen gesetzt. Als Journalist darf man nicht<br />
alles schreiben, was man will. Jeder, der in einer Zeitung oder in einem Blog<br />
schreibt, im Radio berichtet oder einen Fernsehbeitrag macht, ist verpflichtet,<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 50<br />
journalistisch sorgfältig zu arbeiten. Journalisten müssen sich an das Persönlichkeits-<br />
und das Urheberrecht halten. Wer Bilder, Logos und Texte aus dem<br />
Internet kopiert und in seinem Zeitungsartikel verwendet, macht sich strafbar.<br />
Wer in der großen Pause ein Foto vom Schulhof schießt und es veröffentlicht,<br />
kann unter Umständen in Schwierigkeiten kommen. Und auch, wer in der<br />
Zeitung sein Lieblingscafé über den grünen Klee lobt, vernachlässigt die journalistische<br />
Sorgfalt. Einen kurzen Überblick über die wichtigsten Regeln bietet<br />
dieser Text. Er kann aber im Einzelfall eine professionelle Rechtsauskunft nicht<br />
ersetzen.<br />
Persönlichkeitsrecht<br />
Dass Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit sehr wichtig sind, erkennt<br />
man schon daran, dass sie im Grundgesetz stehen. Diese Freiheiten können<br />
nur dann von Gerichten oder vom Gesetzgeber eingeschränkt werden, wenn<br />
es darum geht, ein mindestens ebenso wichtiges Recht zu schützen. Der Persönlichkeitsschutz<br />
von einzelnen Menschen ist so ein gleichwertiges Rechtsgut.<br />
Jeder Mensch hat ein Recht darauf, dass sein Privatleben und seine Intimsphäre<br />
besonders geschützt werden. Dazu gehören zum Beispiel das Liebesleben<br />
oder innerste Gefühle oder Gedanken, die man nur seinem Tagebuch anvertraut.<br />
Ein Journalist darf zum Beispiel nicht darüber berichten, dass sein verheirateter<br />
Nachbar eine Affäre hat oder dass der Sohn des Nachbarn Drogen<br />
nimmt, wenn der Betroffene nicht ausdrücklich zustimmt.<br />
Recht am eigenen Bild<br />
Ein wichtiger Teil des Persönlichkeitsrechts ist auch das Recht am eigenen Bild.<br />
Jeder Mensch darf selbst bestimmen, ob und in welchem Zusammenhang ein<br />
Bild von ihm veröffentlich wird. Das heißt: Ein Journalist darf kein Foto einer<br />
sonnenbadenden Nackten am Strand schießen und es unter der Überschrift<br />
„So schön ist der Sommer!“ aufs Titelblatt der Zeitung heben. Der Fotograf<br />
muss die Frau vorher fragen und ihr ausdrückliches Einverständnis einholen.<br />
Dabei sollte man genau erklären, in welcher Zeitung, in welchem Umfang<br />
und zu welchem Thema das Bild veröffentlicht wird. Als „Bild“ gelten übrigens<br />
nicht nur Fotos, sondern auch Zeichnungen, Karikaturen oder Fotomontagen.<br />
Von dieser Regel gibt es einige wenige Ausnahmen: Keine Einwilligung benötigt<br />
man für Bilder<br />
• von bekannten und berühmten „Personen der Zeitgeschichte“ (siehe unten),<br />
• von einer Landschaft oder einem bestimmten Ort, auf dem die Person nur<br />
am Rande als sogenanntes Beiwerk erscheint,<br />
• einer Versammlung oder eines Umzugs, an dem die Person teilgenommen<br />
hat,<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 51<br />
• die der Kunst dienen und nicht auf Bestellung angefertigt sind.<br />
Posiert eine Person vor der Kamera des Journalisten und lässt sich bereitwillig<br />
und bewusst fotografieren, geht man davon aus, dass eine Veröffentlichung in<br />
Ordnung geht – auch ohne konkrete Einwilligung. Generell sollten Journalisten<br />
aber immer sicher gehen und nachfragen, ob das Bild in der Zeitung oder<br />
im Internet erscheinen darf.<br />
Personen der Zeitgeschichte<br />
Das Persönlichkeitsrecht gilt zwar für jeden – für Personen der Zeitgeschichte<br />
allerdings nur eingeschränkt. Die außereheliche Affäre eines Politiker kann<br />
zum Beispiel von öffentlichem Interesse sein, wenn dieser Politiker in der Öffentlichkeit<br />
für die Unantastbarkeit der Ehe eintritt. Generell gelten für Menschen,<br />
die in der Öffentlichkeit stehen, andere Berichterstattungsgrenzen. Berühmte<br />
Sportler, Staatsoberhäupter, Adlige, Musiker, Schauspieler und andere<br />
Prominente bezeichnet man als Personen der Zeitgeschichte. Sie stehen durch<br />
ihre Lebensführung dauerhaft im Licht der Öffentlichkeit und müssen damit<br />
leben, dass sie Gegenstand des allgemeinen Interesses sind. Über die Trennung<br />
des kalifornischen Ex-Gouverneurs und Schauspielers Arnold Schwarzenegger<br />
von Maria Shriver und über seine außerehelichen Affären beispielsweise<br />
darf berichtet werden, weil Schwarzenegger eine Person der Zeitgeschichte ist.<br />
Über die Scheidung der „Meiers von nebenan“ darf der Journalist hingegen<br />
nicht berichten. Auch bei Personen der Zeitgeschichte gibt es allerdings Grenzen,<br />
die Medien ohne Einverständnis nicht überschreiten dürfen. Journalisten<br />
dürfen zum Beispiel nicht ohne Einverständnis der Personen Fotos von deren<br />
Wohnungen machen.<br />
Manche Personen geraten nicht dauerhaft, sondern nur für einen begrenzten<br />
Zeitraum ins Licht der Öffentlichkeit – zum Beispiel die „Big Brother“- oder<br />
„Germany's Next Topmodel“-Teilnehmer. Solange sie vor der Kamera stehen,<br />
müssen sie sich eine Berichterstattung gefallen lassen. Sobald sie ihr normales<br />
Leben wieder aufgenommen haben, ist ihr Privatleben wieder genauso<br />
geschützt, wie das jedes anderen Bürgers. Es kommt allerdings auch auf das<br />
eigene Verhalten an. Wenn man zum Beispiel Journalisten für eine Homestory<br />
nach Hause einlädt, kann man sich schlecht hinterher beschweren, wenn auch<br />
andere private Ereignisse veröffentlicht werden.<br />
Webseiten zum Thema:<br />
www.gvu.de<br />
(Gesellschaft zur<br />
Verfolgung von<br />
Urheber-rechtsverletzungen<br />
e. V.)<br />
www.urheberrecht.org<br />
Journalistische Sorgfaltspflicht<br />
Was die Medien berichten, muss stimmen. Ein Journalist muss alle Informationen,<br />
die er wiedergibt, überprüfen – so gut es geht. In den Landespressegesetzen<br />
heißt es dazu: „Die Presse hat alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 52<br />
mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und<br />
Wahrheit zu prüfen.“<br />
Ein Beispiel: Ein Diskobesucher berichtet einem Journalisten, in eine bestimmte<br />
Disko würden keine Ausländer eingelassen. Der Journalist kann nun in der<br />
Zeitung nicht schreiben: „In diese Disko kommen Ausländer nicht hinein.“ Er<br />
muss die Information des Diskobesuchers prüfen, weitere Stimmen dazu sammeln,<br />
in die Disko gehen, mit dem Diskobesitzer sprechen und vielleicht einen<br />
Test machen, ob Ausländer eingelassen werden. Tatsachen dürfen nur behauptet<br />
werden, wenn sich ihr Wahrheitsgehalt notfalls auch vor Gericht beweisen<br />
lässt. Falsche Informationen zu verbreiten, ist strafbar.<br />
Nicht immer lässt sich zweifelsfrei klären, was stimmt. Ein Diskobesucher sagt<br />
dies, der andere das. Und der Diskobesitzer weigert sich, Stellung zu nehmen.<br />
Dann sollte der Journalist die unterschiedlichen Aussagen gegenüberstellen.<br />
Er kann seine persönlichen Beobachtungen hinzufügen und seine Meinung<br />
äußern. Denn Meinungsäußerungen und Werturteile sind vom Grundgesetz<br />
geschützt.<br />
Gegendarstellung, Verleumdung und Beleidigung<br />
Der Unterschied zwischen Tatsachenbehauptungen und Meinungsäußerungen<br />
spielt im Medienrecht eine große Rolle. Grundsätzlich kann man sich merken:<br />
Alles, was theoretisch vor Gericht bewiesen werden könnte, z. B. durch<br />
Urkunden, Zeugen oder Sachverständige, ist eine Tatsachenbehauptung – und<br />
die muss stimmen. Meinungsäußerungen dagegen sind subjektive Werturteile.<br />
„Bürgermeister X ist bestochen worden“ ist eine Tatsachenbehauptung.<br />
„Bürgermeister X macht eine schlechte Politik“ hingegen ist eine Meinungsäußerung<br />
(Wert urteil), für die sich zwar argumentieren lässt, über die man aber<br />
geteilter Meinung sein kann.<br />
Wer eine falsche Tatsachenbehauptung verbreitet, muss sich auf Schwierigkeiten<br />
gefasst machen. Möglicherweise macht er sich der Verleumdung oder der<br />
üblen Nachrede schuldig. Das ist strafbar. Auf jeden Fall darf derjenige, über<br />
den die falsche Tatsache behauptet wurde, eine Gegendarstellung verlangen.<br />
Er darf dann an gleicher Stelle und in gleichem Umfang in der Zeitung schildern,<br />
wie er die Sache sieht. Der Bürgermeister darf sich also gegen die Schlagzeile<br />
„Bürgermeister X ist bestochen worden.“ mit einer Schlagzeile in gleicher<br />
Größe wehren: „Die Zeitung Z berichtete, dass ich bestochen worden sei.<br />
Hierzu stelle ich fest: Ich bin nicht bestochen worden.” Das ist für die Zeitung<br />
natürlich peinlich – mal abgesehen davon, dass der Bürgermeister eventuell<br />
Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld geltend machen kann.<br />
Eine Gegendarstellung kann sich nur auf Tatsachenbehauptungen beziehen,<br />
nicht auf Meinungsäußerungen. Aber auch bei Meinungsäußerungen muss<br />
Der Pressekodex zum<br />
Nachlesen: http://<br />
www.presserat.<br />
info/inhalt/derpressekodex/<br />
pressekodex.html<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 53<br />
man vorsichtig sein. Zwar sind sie durch die Meinungsfreiheit sehr weitgehend<br />
geschützt. Sie dürfen aber die Grenze der Schmähkritik nicht überschreiten.<br />
Das heißt: Wenn eine Meinungsäußerung nur dazu da ist, einen anderen<br />
zu beschimpfen und nichts zur Sache beiträgt, ist sie eine Beleidigung und<br />
damit verboten. Das gilt zum Beispiel für alle schlimmen Schimpfwörter.<br />
Gesetzeswidrige Äußerungen<br />
Es gibt ein paar Äußerungen, die trotz Meinungs- und Pressefreiheit ausnahmslos<br />
niemand veröffentlichen darf. Dazu gehören zum Beispiel die<br />
Verherrlichung von Krieg, Aufrufe zu strafbaren Handlungen oder Verstöße<br />
gegen den Jugendschutz. „Die Presse verzichtet auf eine unangemessen sensationelle<br />
Darstellung von Gewalt, Brutalität und Leid. Die Presse beachtet den<br />
Jugendschutz“, heißt es dazu im Pressekodex.<br />
Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs stellt Volksverhetzung unter Strafe. Es ist<br />
verboten, gegen andere Länder, Völker, Religionen oder einzelne Menschen<br />
zum Hass aufzustacheln oder zu Gewalt aufzufordern. Auch verboten ist es,<br />
die Menschenwürde von einzelnen oder Gruppen anzugreifen, zum Beispiel<br />
durch Beschimpfungen. Man darf auch nicht den Text eines anderen weiterverbreiten,<br />
der so etwas tut. Den Holocaust oder andere NS-Verbrechen zu<br />
leugnen oder zu billigen, ist ebenfalls verboten.<br />
Eine weitere wichtige Grenze der Berichterstattung bildet das Jugendschutzgesetz.<br />
Es soll sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche nichts lesen oder sehen,<br />
was sie in ihrer Entwicklung beeinträchtigen könnte, z. B. Pornografie oder<br />
Gewalt. Kinder und Jugendliche können durch Texte und Bilder mit grausamen<br />
oder explizit sexuellen Szenen belastet werden. Es soll verhindert werden, dass<br />
„ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen<br />
Persönlichkeit“ beeinträchtigt wird.<br />
Alle diese Regelungen gelten auch für Veröffentlichungen im Internet. Vorsicht<br />
ist auch bei Links auf externe Seiten geboten. Wenn dort pornografische oder<br />
kriegsverherrlichende Inhalte angeboten werden, kann auch der Link strafbar<br />
sein. Da nützt es auch nichts, sich auf der eigenen Seite vom Inhalt der verlinkten<br />
Seite zu distanzieren.<br />
Trennung von Werbung und Berichterstattung<br />
In den Artikeln einer Zeitung erwarten wir unabhängige, kritisch geprüfte Informationen.<br />
In den Anzeigen dagegen steht Werbung: Dass das Café XY den<br />
besten Capuccino der Stadt hat, muss nicht unbedingt stimmen. Aber in seiner<br />
Anzeige darf das Café das ruhig behaupten. Wir müssen es ja nicht glauben,<br />
wenn wir wissen, dass es sich um eine Anzeige des Cafés handelt. Und „Anzeige“<br />
steht zum Glück darüber.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 54<br />
Zeitungen müssen deutlich kennzeichen, was Anzeige und was redaktionelle<br />
Berichterstattung (also Artikel usw.) ist. Das steht im Landespressegesetz<br />
(NRW und Bayern): „Hat der Verleger (...) eines periodischen Druckwerks aus<br />
Anlass oder im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung zum Zweck der<br />
Werbung oder Mitteilung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen<br />
lassen, so hat er diese Veröffentlichung, sofern sie nicht schon durch Anordnung<br />
oder Gestaltung eindeutig als Anzeige zu erkennen ist, mit dem Wort<br />
‚Anzeige‘ zu bezeichnen“. Verzichtet der Verleger auf diese Kennzeichnung,<br />
handelt es sich um Schleichwerbung. Und die ist verboten – auch dann, wenn<br />
man dafür nicht bezahlt wird. Sein Lieblingscafé ohne ersichtlichen Grund<br />
anzupreisen, ist Schleichwerbung. Nichts einzuwenden ist dagegen, alle Cafés<br />
der Stadt zu testen und vergleichend vorzustellen.<br />
Urheberrecht<br />
Wer einen Text schreibt, ein Foto macht, einen Song schreibt, ein Bild malt oder<br />
einen Film dreht, schafft ein „geistiges Werk“. Dieses Werk ist sein Eigentum.<br />
Nur der Urheber darf bestimmen, was damit geschieht. Das steht im Urheberrechtsgesetz.<br />
Das Urheberrecht schützt Journalisten, Autoren, Fotografen und<br />
Künstler vor dem Diebstahl ihrer Arbeit. Es soll verhindern, dass jemand fremde<br />
geistige Werke verwertet, ohne dafür eine Gegenleistung zu erbringen.<br />
Für Journalisten heißt das: Fotos, Filme, Grafiken, Comics, Karikaturen und<br />
auch Artikel dürfen nicht ohne das Einverständnis des Urhebers im Internet<br />
oder in der Zeitung veröffentlicht werden. Auch der Hinweis auf den Urheber<br />
genügt nicht. Er muss damit einverstanden sein und hat das Recht auf ein Honorar.<br />
Fotos, Texte, Grafiken, Comics oder Karikaturen ohne Einverständnis des<br />
Urhebers zu verwenden, ist genauso wie Ladendiebstahl ein strafbares Delikt.<br />
Verstöße gegen das Urheberrecht werden wie das Raubkopieren von Filmen,<br />
Musik oder Programmen mit Geld- oder Gefängnisstrafen geahndet.<br />
Manchmal bieten Pressestellen auf ihrer Webseite Texte oder Fotos zur freien<br />
Verwendung an. Wenn dort eindeutig steht, dass Zeitungen die Materialien<br />
übernehmen dürfen, dann ist das natürlich kein Problem. Zumindest kein<br />
urheberrechtliches. Wer den (Werbe-)Text einer Pressestelle allerdings unbearbeitet<br />
übernimmt, handelt unjournalistisch und läuft Gefahr, Schleichwerbung<br />
zu machen.<br />
Zitate<br />
Einen Text von Wikipedia zu übernehmen, ohne dies kenntlich zu machen, ist<br />
nicht nur unehrenhaft, sondern auch unsicher: Da an der Online-Enzyklopädie<br />
viele und anonyme Autoren mitwirken, ist Wikipedia keine sichere Quelle.<br />
Erlaubt sind aber Zitate aus Wikipedia, ebenso wie aus Artikeln, Aufsätzen<br />
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oder Büchern. Dabei sollte auf jeden Fall die Quelle des Zitats genannt werden.<br />
Man darf auch einen Link auf eine Webseite legen, ohne den Inhaber zu fragen.<br />
Wer kontrolliert die Medien?<br />
Viele der beschriebenen Regeln sind gesetzlich festgeschrieben. Wenn eine<br />
Person, ein Unternehmen oder eine Organisation der Meinung ist, dass die<br />
Medien in ihrer Berichterstattung über sie gegen diese Regeln verstoßen<br />
haben, können sie gerichtlich gegen sie vorgehen. Dann müssen die Medien<br />
eventuell mit straf- oder zivilrechtlichen Konsequenzen (Geld- oder Gefängnisstrafen,<br />
Schadensersatz, Schmerzensgeld) rechnen.<br />
Neben den Gerichten überwacht auch der Deutsche Presserat die Arbeit der<br />
deutschen Presse. Der Presserat ist ein Selbstkontrollgremium aus je zehn<br />
Vertretern von Journalistengewerkschaften und Verlegerverbänden. Er hat den<br />
sogenannten Pressekodex mit publizistischen Grundsätzen erarbeitet. Dort<br />
hat er ethische Maßstäbe für das redaktionelle Handeln aufgestellt. Darin<br />
geht es unter anderem um<br />
• Achtung vor der Wahrheit und Wahrung der Menschenwürde,<br />
• gründliche und faire Recherche,<br />
• klare Trennung von redaktionellem Text und Anzeigen,<br />
• Achtung der Privat- und Intimsphäre,<br />
• Vermeidung unangemessen sensationeller Darstellung von Gewalt und<br />
Brutalität.<br />
Jede Leserin und jeder Leser kann sich an den Presserat wenden und sich über<br />
die Berichterstattung einer Zeitung beschweren – auch ohne selbst betroffen<br />
zu sein. Der Presserat beurteilt dann auf der Grundlage des Pressekodex, ob<br />
die Beschwerde berechtigt ist oder nicht. Er kann gegen die Zeitung Rügen<br />
aussprechen, die dann öffentlich gemacht werden. Die meisten Zeitungen und<br />
Zeitschriften haben sich freiwillig zum Abdruck der Rügen verpflichtet. Erzwingen<br />
kann der Presserat den Abdruck nicht.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 56<br />
Wie sich Zeitungen unterscheiden<br />
Die föderale Struktur der Bundesrepublik spiegelt sich in der Presselandschaft<br />
wider. Die große Mehrheit der Zeitungen in Deutschland hat eine lokale oder<br />
regionale Bindung. Lokalzeitungen machen die große Mehrheit der Tageszeitungen<br />
aus. Sie legen einen Schwerpunkt auf die Berichterstattung aus ihrem<br />
Lokalgebiet. In den Landeshauptstädten und weiteren Großstädten haben sich<br />
Regionalzeitungen entwickelt. Sie haben eine Auflage von mehr als 100.000<br />
Exemplaren. Zu den Regio nalzeitungen gehören u. a. die Stuttgarter Zeitung,<br />
die Freie Presse, die WAZ, das Hamburger Abendblatt oder der Zeitung im Projekt.<br />
Nur zehn Tageszeitungen gelten als überregionale Zeitungen.<br />
Man unterscheidet Tageszeitungen auch nach ihrer Verkaufsstruktur. Es gibt<br />
Straßenverkaufszeitungen und Abonnementzeitungen. Die meisten Tageszeitungen<br />
sind Abonnementzeitungen, das heißt, der größte Teil der Auflage<br />
geht per Bote oder Post an Abonnenten. Nur wenige Zeitungen sind Straßenverkaufszeitungen.<br />
Die Bild-Zeitung ist die einzige überre gionale Straßenverkaufszeitung.<br />
Daneben gibt es sieben regionale Straßenverkaufszeitungen wie<br />
die Morgenpost in Hamburg, Dresden und anderen Städten, den Express in<br />
Düsseldorf und Köln oder die tz in München.<br />
Überregionale Tageszeitungen<br />
Überregionale Abo-Zeitungen unterscheiden sich besonders durch<br />
• die überregionale Verbreitung,<br />
• das Gewicht der Berichterstattung über das ganze Land und das Ausland,<br />
• und die Zahl der Korrespondenten im In- und Ausland (siehe Impressum).<br />
Im Wesentlichen also durch das Maß an eigenständiger Berichterstattung<br />
unabhängig von Nachrichtenagenturen und anderen Zeitungen. Die Hintergrundberichterstattung<br />
über internationale und nationale Ereignisse ist besonders<br />
intensiv.<br />
Die wichtigsten überregionalen Tageszeitungen:<br />
• Süddeutsche Zeitung (www.sueddeutsche.de),<br />
• Frankfurter Allgemeine Zeitung (www.faz.net),<br />
• Die Welt (www.welt.de),<br />
• Frankfurter Rundschau (www.fr-online.de),<br />
• die tageszeitung (www.taz.de),<br />
• Neues Deutschland (www.neues-deutschland.de).<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 57<br />
Die überregionalen Tageszeitungen erreichen zusammen eine Auflage von<br />
etwas mehr als 1,6 Millionen Exemplaren. Sie werden von 5,5 Prozent der Bevölkerung<br />
gelesen. Zum Vergleich: Die Reichweite der regionalen Tageszeitung<br />
beträgt 57,9 Prozent der Bevölkerung. Leserinnen und Leser von überregionalen<br />
Zeitungen haben häufiger Abitur oder einen Hochschulabschluss. Auch<br />
Männer sind unter ihren Lesern überrepräsentiert.<br />
Die überregionalen Zeitungen im Einzelnen<br />
Das Neue Deutschland ist die einzige der ursprünglich sieben überregionalen<br />
Tageszeitungen der Ex-DDR, die die Wiedervereinigung bis heute überlebt hat.<br />
Das Neue Deutschland hat eine verkaufte Auflage von täglich rund 36.000 Exemplaren.<br />
Die Zeitung war zu DDR-Zeiten das Zentralorgan der Sozialistischen<br />
Einheitspartei (SED). Jetzt steht sie ideologisch der Linken nahe.<br />
Die tageszeitung (taz) ist eine relativ kleine Zeitung mit linkem Profil und einer<br />
Auflage von 58.000 Exemplaren. Sie ist eine der wenigen Neugründungen<br />
einer Tageszeitung in den letzten zwei Jahrzehnten, die sich auf dem Markt<br />
halten konnte. Die taz wird von einer Genossenschaft der Mitarbeiter und<br />
Leser getragen.<br />
Hinsichtlich der Korrespondentenzahl, des Umfangs der Be richterstattung<br />
und der Auflage können diese beiden Zeitungen kaum mit den anderen überregionalen<br />
Blättern konkurrieren.<br />
Die Frankfurter Rundschau (verkaufte Auflage: 119.000) ist 1945 gegründet<br />
worden. Seit April 2010 ist die FR Teil der „DuMont-Redaktionsgemeinschaft“,<br />
der auch die Berliner Zeitung, der Kölner Stadt-Anzeiger und die Mitteldeutsche<br />
Zeitung angehören. Ihre Grundhaltung ist links-liberal. Sie tritt ein für<br />
Menschenrechte, Minderheiten, Gewaltlosigkeit und Kontrolle von Macht<br />
durch Bürger-Mitbestimmung. Für die Frankfurter Rundschau typisch sind<br />
umfangreiche Dokumentationen.<br />
DIE Welt hat eine verkaufte Auflage von etwa 252.000 Exemplaren und gehört<br />
zum Axel Springer Konzern. Ihre Grundhaltung beschreibt Hermann Meyn als<br />
konservativ. Sie hatte viele Jahre mit sinkenden Auflagen zu kämpfen. Ihre<br />
Leser findet DIE Welt meist bei Führungskräften in Staat und Wirtschaft. Welt<br />
KOMPAKT ist die neueste überregionale Tageszeitung in Deutschland. Sie fällt<br />
besonders durch ihr ungewöhnliches Format auf: Welt Kompakt ist nur halb<br />
so groß wir ihre große Schwester Die Welt.<br />
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (verkaufte Auflage: 355.000 Exemplare)<br />
erscheint seit 1949. „Ihre Stärke ist ihr dichtes weltweites Korrespondentennetz,<br />
das ihr eine in ternationale, von den Nachrichtenagenturen weitgehend<br />
unabhängige Berichterstattung ermöglicht, besonders im Wirtschaftsteil. Unter<br />
den Lesern überwiegen leitende Mitarbeiter von Behörden und Betrieben<br />
aus: BDZV (November<br />
2010): Die deutschen<br />
Zeitungen in Zahlen<br />
und Daten. Berlin<br />
Alle Auflagenzahlen im<br />
Folgenden benennen<br />
die durchschnittliche<br />
täglich verkaufte<br />
Auflage im 2. Quartal<br />
2012 laut<br />
IVW, Informationsgesellschaft<br />
zur<br />
Feststellung der<br />
Verbreitung von<br />
Werbeträgern.<br />
http://daten.ivw.eu<br />
zitiert nach:<br />
Meyn, Hermann (2004):<br />
a. a. O., S. 105<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 58<br />
sowie Selbstständige. Während sie in ihrem Politik-Teil eher mit CDU/CSU-<br />
Positionen sympathisiert und in Wirtschaftsfragen für die Unternehmerinteressen<br />
ficht, leis tet sie sich im Feuilleton ein breites Meinungsspektrum.“ Die<br />
„FAZIT-Stiftung“ ist als Mehrheitsgesellschafterin verpflichtet, ihre Einnahmen<br />
zu gemeinnützigen Zwecken zu verwenden.<br />
Die Süddeutsche Zeitung ist mit einer verkauften Auflage von rund 437.000<br />
Exemplaren die größte überregionale Abonnementzeitung. Sie wurde 1949<br />
gegründet und zeichnet sich durch einen breiten überregionalen Nachrichtenteil<br />
aus.<br />
„Ihre allgemeine Linie ist in ihrem Redaktionsstatut festgeschrieben: ‚Sie verteidigt<br />
und erstrebt freiheitliche, demokratische Gesellschaftsformen nach<br />
liberalen und sozialen Grundsätzen.‘ Viele loben ihre journalistische Brillanz<br />
(vor allem in der Titelseiten-Glosse „Streiflicht“ und in Reportagen) sowie ihre<br />
Angriffe ge gen alle Versuche, die rechtsstaatliche Ordnung zu unterhöhlen.“<br />
Das Handelsblatt und die Financial Times Deutschland sind Tageszeitungen<br />
mit einem klaren Schwerpunkt auf Wirtschafts- und Finanzthemen. Ihre Zielgruppe<br />
sind Führungskräfte in der Wirtschaft. Sie berichten auch über Politik,<br />
Kultur oder Sport, wählen aber stärker nach den Interessen ihrer Zielgruppe<br />
aus. Das Handelsblatt hat eine verbreitete Auflage von 138.000 Exemplaren,<br />
die Financial Times 102.000 Exemplare. Die Financial Times wurde im Februar<br />
2000 ge gründet.<br />
zitiert nach:<br />
Meyn, Hermann (2004):<br />
a. a. O., S. 105<br />
Kaufzeitungen<br />
Kaufzeitungen werden auch Boulevardzeitungen genannt und unterscheiden<br />
sich stark von regionalen und überregionalen Zeitungen. Sie werden überwiegend<br />
in Kiosken, Geschäften und auf der Straße verkauft. Die Leser entscheiden<br />
jeden Tag neu, ob sie die Zeitung kaufen. Die Boulevardzeitungen müssen<br />
sich also jeden Tag neu messen lassen. ,Auflage machen‘ ist für sie überlebensnotwendig.<br />
Sie ver suchen deshalb, ihre Leser mit großen Schlagzeilen und<br />
Fotos auf der Titelseite zum Kauf zu locken.<br />
Die größte Boulevardzeitung ist die Bild-Zeitung mit einer Auflage von rund<br />
2,8 Millionen Exemplaren. Sie ist überhaupt die auflagenstärkste Zeitung in<br />
Deutschland. Nur Bild am Sonntag kann man abonnieren. An den übrigen<br />
Tagen kann man die Bild-Zeitung nur kaufen. Neben Bild gibt es nur noch regional<br />
verbreitete Boulevardblätter: der Express, der in der Region Köln/Düsseldorf<br />
erscheint, die Morgenpost in Hamburg, Sachsen allgemein und Dresden,<br />
die Abendzeitung und tz in München, sowie die beiden Berliner Zeitungen B.Z.<br />
und Berliner Kurier.<br />
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Die Auflage der Boulevardzeitungen ist seit Anfang der 80er Jahre zurückgegangen.<br />
Betrug sie 1983 noch sieben Millionen Exemplare, so liegt die Auflage<br />
aller Boulevardzeitungen heute bei knapp über 4 Millionen. Ein Grund für den<br />
Auflagenrückgang ist sicherlich im Aufkommen des Privatfernsehens zu sehen:<br />
Boulevardberichterstattung hat durch die privaten Kanäle auch ins Fernsehen<br />
Einzug gehalten: Prominentenklatsch, Sex und Kriminalität sind die Themen<br />
vieler Boulevardmagazine wie Blitz (SAT.1), Explosiv, Life! (RTL), Taff (Pro Sieben)<br />
oder Brisant (ARD). Sport, ein wichtiger Schwerpunkt von Boulevardzeitungen,<br />
nimmt heute einen wesentlich größeren Raum im Fernsehprogramm ein als<br />
vor 15 Jahren.<br />
Wer liest Boulevardzeitungen?<br />
Boulevardzeitungen werden quer durch alle Bevölkerungskreise gelesen. Männer<br />
sind allerdings genauso überrepräsentiert wie Personen mittleren Alters<br />
(50- bis 59-Jährige) und Arbeiter.<br />
Auch Akademiker lesen Boulevardzeitungen. Nach einer Untersuchung in den<br />
80er Jahren lasen in absoluten Zahlen mehr Menschen mit Abitur oder/und<br />
einem Hochschulabschluss die Bild-Zeitung als die Süddeutsche. Unter der<br />
Leserschaft dominieren nicht etwa die Anhänger konservativer Parteien. Bild<br />
wird unabhängig von allen Parteipräferenzen gelesen. Die einzige Ausnahme<br />
bilden die Grünen-Wähler, die in der Bild-Leserschaft stark unterrepräsentiert<br />
sind.<br />
Charakteristika von Boulevardzeitungen<br />
Kaufzeitungen unterscheiden sich von anderen Tageszeitungen in der<br />
Gewichtung der Themen, der Gestaltung und Sprache. Sex, Prominenten-<br />
Klatsch, Sport und Kriminalität nehmen in Boulevardzeitungen einen breiten<br />
Raum ein. Auch Unterhaltung und Service wird ein großes Gewicht zugemessen.<br />
Cartoons, Witze, Ratgeber, Kochrezepte und Rätsel sind fester Bestandteil.<br />
Die Gestaltung wird von Bildern, fetten Schlagzeilen, Unterstreichungen und<br />
farbigen Kästen beherrscht. Texte werden in kurze, schnell wechselnde Informationseinheiten<br />
zerlegt, die häufig in großformatige Bilder montiert sind.<br />
„Die Zeitung für Leute, die fernsehen“, wirbt die US-Boulevardzeitung Miami<br />
News für sich.<br />
Die Sprache ist knapp, einfach, alltagsnah und erlebnisbetont. Den Lesern wird<br />
das Gefühl vermittelt, live dabei zu sein.<br />
„Mannheim – Es wird noch einige Wochen dauern – doch dann wird Super-<br />
Transe Lorenzo (22) im Spiegel das sehen, was er sich immer so sehnlichst<br />
gewünscht hat: das Gesicht einer Frau ...<br />
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Es ist vollbracht! Der ‚Superstar‘-Sänger ließ sich am Samstag von einem<br />
Spezialisten-Team der Clinic im Centrum (CIC) das Gesicht komplett operieren!<br />
11.48 Uhr: Augenlider-OP (Straffung): Lorenzo (Patient Nummer 22546) liegt<br />
betäubt auf dem OP-Tisch. Dr. med. Wolf Lüerßen schneidet die Haut auf, zieht<br />
überschüssiges Fettgewebe heraus: ‚Ein Routine-Eingriff.‘<br />
12.30 Uhr: Kinn-OP (Vergrößerung): Dr. med. Hermann Solz bohrt in der Mundhöhle<br />
ein Loch, schiebt das Silikon-Implantat hinein.<br />
12.58: Nasen-OP (Verschmälerung): Dr. med. Jan Restel setzt ein Stück aus der<br />
Nasenscheidewand am Übergang von Nase zu Stirn ein. Außerdem bricht er<br />
das Nasenbein, damit die Nase von vorn schmaler aussieht.<br />
Erst gestern, 7.57 Uhr, ist Lorenzo wieder aufgewacht. ‚Ich freu mich so, dass ich<br />
das hinter mir habe. Ich habe als erstes meine Brüste aus dem Koffer geholt,<br />
meinen Bikini angezogen und mich richtig als Frau gefühlt.‘ “ (Bild vom 9. Juli<br />
2007)<br />
Die Leserinnen und Leser werden durch Appelle und rhetorische Fragen angesprochen.<br />
Boulevardzeitungen appellieren vor allem an die Gefühle der Leser,<br />
am häufigsten wird Empörung vermittelt („Wollt ihr Tote, ihr Chaoten“, Bild<br />
vom 4. Juni 2007 zu den Krawallen bei Anti-G8-Demo in Rostock). Komplizierte<br />
politische Sachverhalte werden stark vereinfacht. So wurde in der Berichterstattung<br />
über die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon<br />
schnell ein undifferenziertes Feindbild aufgebaut: „Krieg gegen Amerika. ...<br />
und Paläs tina lacht und feiert“, titelt der Express am Tag nach dem Anschlag<br />
(12. September 2001).<br />
In der knappen Bild-Sprache formulierte der ehemalige Bild-Reporter Hans<br />
Schulte-Willekes das Konzept des Blattes: „In mundgerechten Happen, raffiniert<br />
zurechtgemacht, werden die Geschichten dem Leser angeboten. Er<br />
wird nicht verstandesmäßig angesprochen, sondern über das Auge und mit<br />
Gefühlen. Fallen bei einem Bundesligaspiel zwei sensationelle Tore hintereinander,<br />
heißt die Schlagzeile PATSCH! PATSCH! JUBEL! Jeder weiß, was gemeint<br />
ist. Komplizierte Zusammenhänge werden in Losungen und Schlagworten<br />
zusammengefasst.“<br />
Kriterien der Objektivität – Richtigkeit, Vollständigkeit, Nachprüfbarkeit, Transparenz<br />
und Sachlichkeit – werden im Boulevardjournalismus oft nicht beachtet.<br />
Quellen werden nicht immer genannt. So manche Szene wird schlicht<br />
erfunden.<br />
zitiert nach: Schneider,<br />
Wolf/Raue, Paul-Josef<br />
(1996): Handbuch<br />
des Journalismus.<br />
Hamburg, S. 125<br />
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Rügen des Presserats<br />
Zahlreiche Rügen des Presserats belegen, dass Journalisten von Boulevardzeitungen<br />
häufig ihre Sorgfaltspflicht verletzen. Einige Beispiele aus der Pressemitteilung<br />
des Presserats im Mai 2009:<br />
• „Der Ausschuss erteilt der Bild-Zeitung eine öffentliche Rüge für ihre<br />
Berichterstattung über einen vermuteten Straftäter an einem Gymnasium.<br />
Die Bild-Zeitung zitiert in dem Beitrag die Schulleiterin. Diese hatte aber nie<br />
persönlich mit der Redaktion gesprochen. Die Redaktion übernahm wörtliche<br />
Aussagen von ihr aus einer regionalen Tageszeitung, ohne diese Quelle<br />
zu kennzeichnen. Der Ausschuss erkennt hierin einen Verstoß gegen die<br />
journalistische Sorgfaltspflicht.“<br />
• „Der Beschwerdeausschuss spricht eine nicht-öffentliche Rüge gegen Bild-<br />
Online aus. Die Zeitung hatte auf ihrer Internetseite in einem Beitrag unter<br />
der Überschrift ‚Diese jungen Leben hat er ausgelöscht‘ die vollen Vor- und<br />
Nachnamen mehrerer Opfer genannt. Der Ausschuss erkennt hierin einen<br />
Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und Hinterbliebenen.“<br />
• „Eine Rüge wegen Verletzung des Grundsatzes der klaren Trennung von<br />
Redaktion und Werbung erhält das Magazin IN. Die Zeitschrift hatte unter<br />
dem Titel ‚Beauty Talk‘ ein Interview mit Verona Pooth geführt. In dem<br />
Gespräch schwärmte diese von einer neuen Kosmetikserie, die sie selbst auf<br />
den Markt gebracht hatte. Beigestellt war dem Interview ein Kasten, in dem<br />
die Produkte abgebildet und mit Preisangaben vorgestellt wurden. In dieser<br />
Gesamtdarstellung sieht der Beschwerdeausschuss Schleichwerbung nach<br />
Ziffer 7, Richtlinie 7.2 des Pressekodex.“<br />
Aktuelle Rügen des<br />
Presserats können<br />
Sie im Internet unter<br />
www.presserat.de<br />
suchen. Um die Arbeit<br />
des Presserats geht<br />
es im Basismodul<br />
C Medien und<br />
Gesellschaft.<br />
www.bildblog.de<br />
ist eine private<br />
Initiative, die die<br />
Berichterstattung<br />
der Bild-Zeitung<br />
kritisch begleitet. Hier<br />
finden Sie aktuelle<br />
Beispiele aus der Bild-<br />
Berichterstattung.<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 62<br />
Wie soziale Netzwerke die<br />
(Medien-)Welt verändern<br />
Social Media – was ist das?<br />
Soziale Netzwerke, Social Media, Online-Communities, Web 2.0 – vier Namen<br />
für ein Phänomen, das dabei ist, die Medienwelt und Kommunikation insgesamt<br />
zu verändern. Social Media-Dienste haben Einfluss auf unsere Art zu<br />
kommunizieren und in Kontakt zu sein, auf unser Informationsverhalten und<br />
mittelfristig auf unser Konsumverhalten.<br />
Für Jugendliche sind Online-Communities bereits heute die meistgenutzte<br />
Kommunikationsform im Internet, denn soziale Netzwerke integrieren all<br />
das, wofür man zuvor mehrere Seiten aufrufen musste. „Sie sind Steckbrief,<br />
Fotoalbum, Pinnwand, Poesiealbum, Adressbuch, Chat, Foren und Nachrichtenzentrale<br />
in einem“, heißt es in der JIM-Studie 2011 (Jugend, Information,<br />
(Multi-)Media). Dieser Studie zufolge nutzen fast 80 Prozent der Jugendlichen<br />
ab 12 Jahren täglich oder mehrmals pro Woche Online-Communities. Nur 12<br />
Prozent der Jugendlichen verzichten ganz auf die Mitgliedschaft in Communities.<br />
Wer in einem Netzwerk angemeldet ist, ist es meist bei Facebook, dem<br />
bekanntesten und weltweit meistgenutzten sozialen Netzwerk. Drei Viertel<br />
aller Netzwerk-Nutzer sind dort angemeldet. Andere von deutschen Jugendlichen<br />
genutzte Netzwerke sind SchülerVZ und „Wer-kennt-wen“. Twitter und<br />
Google+ wachsen, spielen aber bei Jüngeren noch keine große Rolle. Über<br />
Stayfriends.de kann man mit ehemaligen Mitschülern in Kontakt bleiben, StudiVZ<br />
vernetzt Studierende untereinander. Bekannte Business-Netzwerke für<br />
Erwachsene sind Xing und LinkedIn.<br />
Wie Jugendliche Social Media nutzen<br />
Jugendliche nutzen Online-Communities überwiegend, um mit anderen<br />
Mitgliedern zu chatten oder um persönliche Nachrichten zu verschicken (je<br />
75%). Fast die Hälfte nutzt die Pinnwand, um – für andere Mitglieder sichtbar<br />
– Nachrichten und Kommentare zu hinterlassen. Jeder dritte Nutzer von Communities<br />
postet regelmäßig seinen Status, gibt also seinen Freunden bekannt,<br />
wo er sich befindet, was er macht oder teilt ein Foto oder einen interessanten<br />
Link mit ihnen.<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 63<br />
Wie die klassischen Medien Social Media nutzen<br />
Eine große Mehrheit der klassischen Medien und so gut wie alle großen Verlage<br />
und Rundfunkanstalten nutzen soziale Netzwerke, überwiegend Facebook,<br />
aber auch Twitter und Google+. Angesichts des Erfolges sozialer Medien ist die<br />
Präsenz in einem Social Media-Dienst für größere Unternehmen mittlerweile<br />
fast selbstverständlich.<br />
Medienunternehmen nutzen dabei vor allem die Funktion, Inhalte mit anderen<br />
zu teilen. Sie nutzen soziale Medien also als weiteren Kanal, um ihre Produkte,<br />
ihre journalistischen Inhalte, zu verbreiten. Wer bei Facebook die Seite<br />
seiner Tageszeitung „liked“, also anzeigt, dass ihm diese gefällt, bekommt die<br />
neuesten Posts dieser Zeitung automatisch auf seine eigene Pinnwand. Ähnlich<br />
steht es mit Twitter: Wer einer Zeitung auf Twitter folgt, erhält automatisch<br />
deren Tweets – und damit in der Regel Links zu aktuellen Nachrichten,<br />
Geschichten, Fotos oder Filmen.<br />
Wie sie ihren Facebook-Kanal befüllen und wie stark sie das soziale Element,<br />
also etwa die Kommentare ihrer Nutzer, nutzen, das handhaben die Medien<br />
ganz unterschiedlich:<br />
• Einige Zeitungen veröffentlichen in ihren Posts die aktuellsten Nachrichten,<br />
mitunter noch bevor man sie auf der eigenen Webseite der Zeitung finden<br />
kann. Die meiste posten allerdings Links, die auf die eigene Webseite führen.<br />
• Einige Zeitungen posten vor allem Fotos oder kleine Filme, z. B. von Veranstaltungen,<br />
die die Berichterstattung ergänzen.<br />
• Einige machen über Facebook und Co. vor allem auf Leser-Aktionen aufmerksam<br />
oder berichten über Neuigkeiten aus Redaktion und Verlag.<br />
• Wieder andere nutzen die Chance, Meinungen oder andere inhaltliche Beiträge<br />
ihrer Leser abzufragen: Sie zetteln über Facebook Debatten an oder<br />
sammeln Kommentare zu kontroversen Berichten, die teilweise auch in der<br />
Zeitung abgedruckt werden.<br />
• Das kann bis zum Crowdsourcing (Schwarm-Auslagerung) gehen: Dabei<br />
wird das Wissen einer Masse Freiwilliger genutzt, die Beispiele, Informationen<br />
oder Stimmen beisteuern, die eine Redaktion sonst aufwändig<br />
recherchieren müsste. So könnte eine Redaktion, die einen Beitrag über<br />
eine gefährliche Straßenkreuzung plant, über Facebook dazu aufrufen, von<br />
eigenen Erlebnissen an dieser Kreuzung zu berichten. Auch die Online-<br />
Enzyklopädie Wikipedia ist Ergebnis von Crowdsourcing.<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 64<br />
Warum Social Media?<br />
Zeitungen, vor allem regionale Tageszeitungen haben ein Problem: Ihre Leserschaft<br />
wird älter, und es wachsen zu wenige junge Leser nach. Dank sozialer<br />
Netzwerke haben sie die Chance, auch Menschen zu erreichen, die die Zeitung<br />
nicht abonniert haben – sie können ihre Marke bekannt machen, vor allem bei<br />
jüngeren Leuten. Außerdem können sie durch ihre Art der Leser-Ansprache die<br />
Bindung zu ihren bisherigen Lesern festigen.<br />
Zeitungen können Social Media auch nutzen, um das Interesse an Themen<br />
und Nachrichten auszutesten und auf diese Weise die spätere Gewichtung<br />
ihrer Themen in der Zeitung zu entscheiden. Welches Post erhält die meisten<br />
„Likes“, welche Meldung wird am stärksten kommentiert oder weiter verbreitet?<br />
Dies scheint ein Inhalt zu sein, der am stärksten für Gesprächsstoff sorgt.<br />
Social Media-Anwendungen bieten ihnen außerdem die Chance, ihre Nachrichten<br />
um bewegte Bilder oder Audio-Files anzureichern, ähnlich wie dies auf<br />
der Webseite der Zeitung auch möglich ist.<br />
Kritik an Social Media-Diensten<br />
Social Media-Dienste machen Spaß und bieten viele Chancen, sie geraten aber<br />
auch immer wieder wegen negativer Aspekte in die Kritik. Die wichtigsten Kritikpunkte<br />
an Social Media drehen sich um Datenschutz und den Umgang mit<br />
persönlichen Daten, die Weitergabe von Daten an die Werbeindustrie, Mobbing<br />
oder Stalking sowie die Verletzung des Rechts am eigenen Bild.<br />
Umgang mit persönlichen Daten und Datenschutz<br />
Wer sich in einer Online-Community bewegt, muss in der Regel ein eigenes<br />
Profil anlegen. Da man sich in einem sozialen Netzwerk seine „Freunde“ aussuchen<br />
kann, ist es nicht üblich, falsche Angaben zu machen oder sich unter<br />
einer anderen Identität zu anzumelden.<br />
Wer sich lieber bedeckt halten will, muss meist nur eine gültige E-Mail-Adresse<br />
von sich preisgeben. Je mehr man jedoch von sich preisgibt, desto größer<br />
die Chance, auf Gleichgesinnte zu treffen – etwa auf Jugendliche mit dem<br />
gleichen Musikgeschmack. Die Menge persönlicher Daten, die man preisgeben<br />
kann, ist unbegrenzt. In den Steckbrief-Formularen wird den Mitgliedern unter<br />
anderem vorgeschlagen, Angaben zu Beziehungsstatus, sexueller Orientierung,<br />
religiösen Ansichten oder politischer Einstellung zu machen.<br />
Der JIM-Studie zufolge haben etwa drei Viertel der Community-Nutzer im<br />
Internet Angaben zu ihren Hobbys und anderen Tätigkeiten gemacht. Knapp<br />
zwei Drittel haben ein eigenes Foto oder ein Video von sich hinterlegt. Zwei<br />
Fünftel haben Bilder oder Filme von Freunden oder Familienangehörigen eingestellt.<br />
Etwa jeder Zweite gibt die E-Mail-Adresse für alle sichtbar als Kontakt-<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 65<br />
möglichkeit an. Nur relativ wenige geben ihre Messenger-Nummer oder ihre<br />
Telefonnummer preis. Fünf Prozent führen eine Art Onlinetagebuch in einem<br />
Blog oder über Twitter. Beim Einstellen persönlicher Angaben sind die Jugendlichen<br />
zurückhaltender geworden: Gegenüber den JIM-Studien der Jahre 2009<br />
und 2010 ist der Anteil derjenigen, die ihre Daten online sichtbar machen, insgesamt<br />
betrachtet eher rückläufig.<br />
Wie sollte man mit seinen Daten in sozialen Netzwerken umgehen? Ein eindeutiges<br />
„Richtig“ und „Falsch“ gibt es nicht – jeder muss seine eigene Grenze<br />
ziehen. Bevor er jedoch Entscheidungen über Veröffentlichung oder Nicht-Veröffentlichung<br />
trifft, sollten Nutzer sich klarmachen, dass sie mit jedem Klick<br />
ihr Online-Erscheinungsbild formen. Ein Klick auf den „Gefällt mir“-Button<br />
einer Webseite, und schon können mindestens die eigenen Freunde, je nach<br />
Einstellung sogar alle Nutzer sehen, welche Vorlieben man hat.<br />
Soziale Netzwerke bieten einige Möglichkeiten, den Grad der Öffentlichkeit seiner<br />
Daten zu steuern. So lässt sich etwa bei Facebook einstellen, wer die Posts<br />
auf der eigenen Pinnwand oder die eigenen Kontaktdaten sehen kann: nur<br />
eine Gruppe von engen Freunden, alle Freunde, auch „Freunde von Freunden“<br />
oder gar alle Nutzer. Wer allerdings auf der Pinnwand anderer kommentiert,<br />
hat keinen Einfluss darauf, wer alles mitliest. Wie wichtig es ist, sich darüber<br />
Gedanken zu machen, zeigt der Fall einer Auszubildenden, der im August 2011<br />
Schlagzeilen machte. Die junge Frau tat auf ihrer Pinnwand bei Facebook ihre<br />
Freude über den anstehenden Mallorca-Urlaub kund. Leider las ihr Chef mit<br />
und kündigte ihr – denn die Auszubildende hatte sich offiziell krank gemeldet.<br />
Gut überlegen sollten Nutzer sich auch, inwieweit sie die Ortungsdienste<br />
nutzen. Theoretisch kann jeder Nutzer mit Hilfe seines Smartphones den aktuellen<br />
Aufenthaltsort über Facebook bekannt geben. Im Laufe der Zeit ergibt<br />
sich daraus ein Bewegungsprofil, das für andere Nutzer sichtbar ist – ein recht<br />
großer Eingriff in die Privatsphäre und auch ein Sicherheitsrisiko.<br />
Recht am eigenen Bild<br />
Viele Menschen stellen Fotos auch von Freunden oder Verwandten ins Internet<br />
oder „markieren“ sie sogar darauf, ohne die Abgebildeten darüber zu informieren<br />
oder sie zu fragen. Allerdings gilt im Internet wie auch für die Veröffentlichung<br />
in anderen Medien das Recht am eigenen Bild. Niemand muss es<br />
hinnehmen, dass ohne seine Zustimmung Fotos veröffentlicht werden. Wenn<br />
ein Foto auf Aufforderung nicht entfernt wird, kann man sich an den Betreiber<br />
des Social Media-Dienstes wenden und um Löschung bitten.<br />
Dagegen steht es jedem frei, Fotos aller Art von sich selbst hochzuladen. Eine<br />
wichtige Frage, die man sich vorab allerdings stellen sollte, lautet: Werde ich<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Medien und Gesellschaft 66<br />
in ein paar Jahren immer noch darüber lachen können? Fände ich es gut, wenn<br />
mein zukünftiger Arbeitgeber die Fotos zu Gesicht bekäme?<br />
Mobbing, Stalking, Fake-Profile<br />
Auch durch Phänomene wie Cyber-Mobbing oder -Stalking sind soziale Netzwerke<br />
in die Kritik geraten. Die Möglichkeiten, zu kommunizieren und sich zu<br />
vernetzen, bieten eben genauso die Möglichkeit, andere auszuschließen oder<br />
sie zu beleidigen – online wie offline. Auch die rechtlichen Grundlagen gelten<br />
allerdings online wie offline.<br />
Beleidigungen und Verleumdungen sind strafbar, auch rechtsradikale Sprüche<br />
und Symbole oder Pornografie sind illegal. Eine Kontrolle ist jedoch schwierig<br />
– die Netzwerke setzen darauf, dass die Mitglieder untereinander auf strafrechtlich<br />
relevante Inhalte und ein soziales Miteinander achten.<br />
Ein Problem gerade für jüngere Mitglieder ist das gezielte Mobbing innerhalb<br />
der sozialen Netzwerke. Das beginnt bei negativen Bemerkungen auf der<br />
Pinnwand oder abfälligen Kommentaren zu Fotos und kann soweit gehen,<br />
dass eigene Gruppen gegründet werden mit dem Ziel, einzelne Mitglieder<br />
zu beleidigen oder bloßzustellen. Eine besondere Gemeinheit besteht darin,<br />
Fake-Profile anzulegen: Im Namen eines nichtsahnenden Bekannten werden<br />
falsche Tatsachen, vielleicht sogar rufschädigende oder strafrechtlich relevante<br />
Dinge eingestellt.<br />
Nutzung der Daten für Werbezwecke<br />
Was stellen die sozialen Netzwerke mit den eingestellten Daten an? Klar ist:<br />
Selbst wenn man sein Profil wieder löscht, die Daten werden nur entfernt und<br />
nicht endgültig gelöscht. Klar ist auch: Soziale Netzwerke wie das inzwischen<br />
börsennotierte Facebook wollen Geld verdienen. Die werbende Industrie hat<br />
ein großes Interesse daran, Zugriff zu Vorlieben und Hobbys der Mitglieder zu<br />
bekommen – zum Beispiel, um Werbung und Anzeigen gezielt platzieren zu<br />
können (personifizierte Werbung).<br />
Wer den „Like“-Button auf einer Webseite außerhalb von Facebook drückt,<br />
muss sich darüber im Klaren sein, dass er dadurch das Bild weiter vervollständigt,<br />
das Facebook sich vom Nutzer macht. Der Button ermöglich es, ein personalisiertes<br />
Online-Bewegungsprofil zu erstellen. Facebook kennt dann nicht<br />
nur die im eigenen Profil eingegebenen Vorlieben – sondern über die Inhalte<br />
der vom Nutzer angesurften Seiten auch weitere Interessen. Datenschützer<br />
kritisieren zudem, dass der „Like-Button“ auch außerhalb von Facebook ungefragt<br />
anzeigt, welchen Freunde aus Facebook die entsprechende Seite ebenfalls<br />
gefällt.<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Das ZeitungsWiki 67<br />
Das ZeitungsWiki<br />
Das ZeitungsWiki<br />
Das ZeitungsWiki ist eine Online-Enzyklopädie ähnlich der Wikipedia, die sich<br />
thematisch auf Begriffe aus den Medien, besonders auf Zeitung, beschränkt.<br />
Jeder kann im ZeitungsWiki lesen, und jeder kann daran mitarbeiten – also Einträge<br />
schreiben, verändern oder ergänzen, Fotos, Links, Tabellen o. Ä. einstellen.<br />
Dazu benötigt man nur einen internetfähigen Computer und ein wenig Zeit,<br />
um sich einzuarbeiten. Das Bearbeiten von Wiki-Einträgen ist technisch leicht<br />
zu erlernen.<br />
Im Unterschied zu Wikipedia geht es im ZeitungsWiki nicht nur um lexikalische<br />
Erklärungen, sondern es dürfen auch Meinungen geäußert und Anleitungen/<br />
Tipps gegeben werden. Ein Beispiel: Der Begriff „Blog“ wird unter der Überschrift<br />
„Was ist das?“ zunächst erklärt. Unter der Überschrift „Wie geht das?“<br />
gibt es Hinweise und Tipps, um selbst zu bloggen. Unter der Überschrift „Was<br />
meinst du dazu?“ geht es darum, was Jugendliche von Blogs halten; ob sie sie<br />
gerne lesen oder sich vorstellen können, selbst zu schreiben. Dieser letzte Abschnitt<br />
kann sich zur Diskussionsseite entwickeln, er kann aber auch, ähnlich<br />
wie in einem Gästebuch, eine reine Sammlung von Kommentaren enthalten.<br />
Das ZeitungsWiki ist also ein medienpraktisches Online-Portal von Schülern<br />
für Schüler, das Information, Anleitung und Kommentar/Meinung/Austausch<br />
zu Medien und ihrer Nutzung bietet. Es steht grundsätzlich jedem Internetnutzer<br />
offen und wird von jugendlichen Teilnehmern an Zeitungsprojekten<br />
aus ganz Deutschland bearbeitet.<br />
Wikis als Plattform für E-Learning und Wissensmanagement<br />
Wikis werden in Lern- und Arbeitsumgebungen immer wichtiger, sei es im<br />
Projekt- oder Wissensmanagement in Unternehmen oder als Bestandteil des<br />
E-Learning in Hochschulen und Schulen. Es gibt sogar Grundschulen, die schon<br />
seit Jahren mit Wikis arbeiten. Überall dort, wo Wissen wächst und weitergegeben<br />
wird, aber die Mitarbeiter/Nutzer wechseln, werden Wikis erfolgreich<br />
eingesetzt.<br />
Wikipedia<br />
Das bekannteste Wiki ist die Wikpedia. Wohl jeder, der sich im Internet bewegt,<br />
hat sie schon einmal genutzt. Einige wissenswerte Fakten über Wikipedia:<br />
• Wikipedia-Einträge werden unentgeltlich von Menschen geschrieben, die<br />
sich unbezahlt und in ihrer Freizeit dafür einsetzen.<br />
• Jeder Eintrag kann von jedem Benutzer ergänzt und aktualisiert werden.<br />
Mehr als 1 Million Menschen auf der ganzen Welt haben bereits als ange-<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Das ZeitungsWiki 68<br />
meldete Nutzer an der Wikipedia mitgeschrieben, dazu kommen ungezählte<br />
nicht angemeldete Nutzer. Mehr als 6700 Autoren arbeiten regelmäßig an<br />
der deutschsprachigen Ausgabe mit (Stand: 2009). Zuletzt hat die Zahl der<br />
regelmäßigen Autoren abgenommen, zudem beteiligen sich deutlich mehr<br />
Männer als Frauen. Wikipedia bzw. der dahinter stehende Trägerverein, die<br />
Wikimedia Foundation versucht, dies u. a. durch Schulungen und eine noch<br />
einfachere Bedienbarkeit des Bearbeitungsprogramms zu ändern.<br />
• Die Benutzer kontrollieren und korrigieren sich gegenseitig. Die regelmäßigen<br />
Mitarbeiter bilden eine Community und haben eine Art Administrator-<br />
Funktion.<br />
• Auf den Diskussionsseiten, die es zu jedem Glossar-Eintrag gibt, tauschen<br />
sich die Autoren über geplante oder vorgenommene Änderungen aus.<br />
• Dank einer Artikelhistorie wird nichts endgültig gelöscht. Die Geschichte<br />
eines Wikipedia-Eintrags bleibt somit in all ihren Versionen nachvollziehbar.<br />
Im Jahr 2005 hat das Wissenschaftsjournal „Nature“ 50 unabhängige Gutachter<br />
gebeten, Einträge aus Wikipedia und der als Standardwerk geltenden Encyclopaedia<br />
Britannica miteinander zu vergleichen. Das Ergebnis: Zumindest<br />
bei naturwissenschaftlich orientierten Einträgen ist die Qualität des Freiwilligenlexikons<br />
kaum schlechter als die eines von bezahlten Profis erarbeiteten<br />
Nachschlagewerks (nach „Spiegel Online“ vom 15. Dezember 2005).<br />
Schreiben fürs Wiki<br />
Standards für Wiki-Einträge gelten vor allem für den lexikalischen Teil („Was ist<br />
das?“). Man kann sich dabei gut an den Standards in der Wikipedia orientieren.<br />
Einige Grundsätze:<br />
• Jeder Eintrag beginnt mit einer Definition des Begriffs, gefolgt von einer<br />
Kurz-Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte<br />
• längere Einträge sollten mit Zwischenüberschriften gegliedert werden<br />
• die Sprache ist neutral und sachlich – keine Umgangssprache<br />
• Die Einträge sollen vor allem verständlich sein. Das bedeutet: kurze, nicht<br />
verschachtelte Sätze; einfache und geläufige Wörter; möglichst kurze Sätze<br />
ohne Füllwörter; sinnvoll und logisch gliederte Abschnitte<br />
• Die Einträge sind entweder im Präsens oder im Präteritum geschrieben<br />
• Zeitangaben wie „vor hundert Jahren geboren“ vermeiden – besser „1910<br />
geboren“<br />
Qualitätskontrolle<br />
Ein Administrator beim media consulting team Dortmund überprüft jeden<br />
einzelnen Eintrag und sichert die Qualität des Angebots. Einträge und Ände-<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Das ZeitungsWiki 69<br />
rungen lassen sich jederzeit wieder rückgängig machen. Sollte der Administrator<br />
Texte bearbeiten müssen – etwa, weil sie sachlich falsch sind – wird auf<br />
den Diskussionsseiten auf die Veränderung und den Grund dafür hingewiesen.<br />
Die Entstehung, Bearbeitung und Veränderung von Texten sind jederzeit für<br />
alle nachvollziehbar. Dabei wird das mct jedoch erst nach einer gewissen Zeit<br />
tätig – die Nutzer sollen auch Gelegenheit bekommen, sich untereinander zu<br />
korrigieren.<br />
Urheberechtliche Aspekte<br />
Wichtig ist es, keine urheberrechtlich bedenklichen Materialien beim Schreiben<br />
von Wiki-Artikeln nutzen. Zitate sollten kenntlich gemacht werden, Bilder<br />
sollten nur von urheberrechtsfreien Quellen verwendet werden. Am besten ist<br />
es, selbst fotografierte Fotos einzustellen oder Fotos zu benutzen, die unter die<br />
Creative Commons-Lizenz fallen. Das gilt zum Beispiel für fast alle Fotos, die<br />
unter wikipedia zu finden sind. Auch unter www.flickr.com finden sich rechtefreie<br />
Fotos.<br />
Weiterführende Informationen<br />
• Das Wiki-Prinzip<br />
http://wiki.zum.de/Wiki-Prinzip<br />
• Wie schreibe ich gute Artikel für die Wikipedia? Weitgehend übertragbar<br />
auch auf die Glossar-Abschnitte des ZeitungsWiki:<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Wie_schreibe_ich_gute_Artikel<br />
• Tipps zur Bearbeitung von Wiki-Texten<br />
http://wiki.zum.de/Tipps_zur_Bearbeitung_von_Wiki-Texten<br />
• Formatieren und Bearbeiten von Wiki-Artikeln<br />
http://de.wikipedia.org/wiki/Hilfe:Bearbeiten<br />
• Das Wikipedia Lehrbuch – Wiki(pedia) einfach erklärt<br />
http://de.wikibooks.org/wiki/Wikipedia-Lehrbuch<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Ethik und Objektivität 70<br />
Ethik und Objektivität im<br />
Journalismus<br />
Objektivität gilt vielen Menschen als wichtiges Qualitätsmerkmal im Journalismus.<br />
Aber wann sind Medien objektiv – und können sie es überhaupt sein?<br />
Objektivität, das ist laut dtv-Lexikon „die sachgemäße, auf das Wesen der<br />
Sache gerichtete, von subjektiven Zusätzen möglichst freie Analyse und Beurteilung<br />
von Gegenständen, Problemen, Meinungen oder Personen“. Wikipedia<br />
fasst es kurz so zusammen: „Objektivität ist die Unabhängigkeit der Beschreibung<br />
eines Sachverhalts vom Beobachter. Eine Sache soll so wiedergegeben<br />
werden, wie sie wirklich ist oder sich wirklich zugetragen hat.“<br />
Objektivität ist also eine journalistische Zielvorstellung: Jeder Journalist sollte<br />
sich nach Kräften bemühen, das, worüber er berichtet, möglichst sachgemäß<br />
und wirklichkeitsgetreu wiederzugeben: durch sorgfältige Recherche, Prüfen<br />
der Fakten und mit einem wachen Auge für die Licht- und Schattenseiten eines<br />
Themas.<br />
Die Diskussion um das Objektivitätsgebot der Medien erhitzt seit langem die<br />
Gemüter. Manche begnügen sich mit dem Hinweis, dass hundertprozentige<br />
Objektivität gar nicht möglich sei – und verabschieden sich mit diesem Argument<br />
auch gleich von dem Bemühen um objektive Bericht erstattung. Andere<br />
benutzen ,Objektivität‘ als Kampfbegriff gegen jegliche Form von Journalismus,<br />
die kritisch Stellung bezieht.<br />
Häufig wird Objektivität auch mit Ausgewogenheit verwechselt. Ausgewogenheit<br />
ist nicht unbedingt eine notwendige Voraussetzung für Objektivität.<br />
Während es beim Stichwort Objektivität um die Beziehung zwischen<br />
Aussage und Realität geht, so handelt Ausgewogenheit von unter schiedlichen<br />
Positionen zu einem Sachverhalt oder Thema.<br />
Kriterien für Objektivität<br />
Für den Objektivitätsgehalt von journalistischen Texten gibt es klar definierte<br />
Merkmale. Folgende Kriterien können bei der Beurteilung von Objek tivität für<br />
journalis tische Produkte herangezogen werden:<br />
1. Richtigkeit: Sind die Ereignisse richtig dargestellt? Stimmen die Fakten<br />
und sind sie nachgeprüft worden? Wurden Augenzeugen befragt? Wur den<br />
andere zuverlässige Quellen und unterschiedliche Quellen befragt? Mit<br />
anderen Worten: War die Recherche sorgfältig?<br />
2. Vollständigkeit: Sind alle wesentlichen Informationen über das Ereignis<br />
oder das Problem dargestellt worden? Sind Teil informationen zurückgehal-<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Ethik und Objektivität 71<br />
ten worden, die vielleicht der eigenen Ansicht widersprechen? Eine Auswahl<br />
aus der Vielzahl von Einzelinformationen ist nötig, es gibt aber auch<br />
eine Hierarchie von Informationen: Bei einem Staats besuch sind z. B. das<br />
Thema der Gespräche und die Ergebnisse wichtiger als das Besichtigungsprogramm<br />
oder die Speisenfolge beim Empfang.<br />
Die berühmten W-Fragen sind ein erster Anhaltspunkt, meist gehören dazu<br />
auch Hintergründe und Konsequenzen.<br />
3. Nachprüfbarkeit und Transparenz: Die Richtigkeit und Vollständigkeit der<br />
Nachrichten muss nachprüfbar sein. Der Journalist muss also seine Quellen<br />
offenlegen und auf Widersprüche bei der Recherche und den Aussagen<br />
unterschiedlicher Quellen hinweisen.<br />
4. Sachlichkeit und Neutralität: Sachlich berichten heißt, über eine Sache<br />
angemessen zu berichten. Neutral berichten heißt, nicht ungeprüft Wertungen<br />
und Einschätzungen einer Seite zu übernehmen.<br />
Wie schwierig eine sachliche und annähernd objektive Berichterstattung ist,<br />
zeigen wir anhand des Konflikts zwischen Tibet und China. Hier haben wir ein<br />
kurzes Rollenspiel für die Schüler vorbereitet, die sich in die Rolle einer Redaktion<br />
versetzen müssen.<br />
Berichterstattung in Krisen und Kriegen<br />
Ein Krieg oder eine Krise stellt Journalisten vor große Probleme. Kriegsberichterstattung<br />
ist nicht nur gefährlich, sondern wird durch weitere Faktoren<br />
erschwert. In fast allen Konflikten hat sich ge zeigt, dass die Parteien kein Interesse<br />
an einer kritischen Bericht er stattung haben. Objektive Informationen<br />
sind im Krieg oder in Krisen Mangelware, Objektivität wird so unmöglich. Die<br />
Regierungen der beteiligten Länder kontrollieren Informationen in Krisen besonders<br />
stark und behindern die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten.<br />
Manchmal werden sie sogar des Landes verwiesen.<br />
Das Problem der Wortwahl<br />
Oft ist bereits die Bezeichnung der Geschehnisse ein Problem, so z. B. im Kosovo-Krieg<br />
im Frühjahr 1999: Nennt man die Ereignisse im Kosovo Krieg oder<br />
Konflikt? Und wie werden im Vergleich dazu die Bombardierungen Jugoslawiens<br />
durch die NATO genannt? Journalisten, die den Begriff „Krieg“ in ihrer<br />
Berichterstattung umgingen, haben damit – möglicherweise unabsichtlich<br />
– die Sprachregelung der NATO übernommen. Ähnlich parteiisch sind Begriffe<br />
wie „NATO-Aggression“ oder „Angriffskrieg“ – sie beinhalten eine Parteinahme<br />
gegen die NATO-Politik. Hieran zeigt sich: Den Sprachgebrauch derer zu<br />
übernehmen, die im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen, kann bereits<br />
eine Wertung sein. Dafür bietet die Kosovo-Berichterstattung noch eine Fülle<br />
weiterer Beispiele: Für die NATO waren jugoslawische Militärkolonnen „be-<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Ethik und Objektivität 72<br />
wegliche Ziele“. Das jugoslawische Regime wiederum nannte die systematische<br />
Vertreibung und massenhafte Ermordung von Kosovo-Albanern verharmlosend<br />
„ethnische Säuberung“. Mit solchen Sprach regelungen wird die Realität<br />
des Krieges verschleiert. Journalisten sollten sich nicht zum Sprachrohr der<br />
Kriegs beteiligten machen lassen, indem sie deren Sprache kopieren. An dererseits<br />
müssen sich Journa listen nicht neutral verhalten, um sachlich zu bleiben.<br />
Saddam Hussein als Dikta tor, die Massenmorde in Ruan da als Massaker zu<br />
bezeichnen, das ist der Sache durchaus angemessen.<br />
Informationen als Waffe: Der Irak-Krieg 2003<br />
Abgesehen vom Sprachgebrauch sind die Informationsquellen im Kriegs- oder<br />
Krisengebiet ein Problem. Reporter sind oft auf die Informa tionen der verschiedenen<br />
Parteien angewiesen. Informationen werden von den Kriegsparteien<br />
jedoch auch als Waffe eingesetzt.<br />
Im Irak-Krieg 2003 ließ die USA sogenannte embedded journalists (eingebettete<br />
Journalisten) zu, die ausgewählte US-Truppen begleiten durften. Die<br />
Reporter erlebten das Kriegsgeschehen an vorderster Front – aus der Sicht der<br />
US-Militärs. Ausgewählt und eingeladen wurden sie vom US-Verteidigungsministe<br />
rium (siehe Artikel oben). Das Ministerium verpflichtete die Journalisten,<br />
etwa 50 Regeln einzuhalten. Die Entscheidung darüber, was wann und in<br />
welcher Form nach draußen gelangte, traf der jeweilige Truppenkommandant.<br />
Er konnte Sperrfristen verhängen, wenn die Gefechtslage es erforderte. Das<br />
heißt, der Kommandant konnte bestimmen, wann die Korrespondenten ihre<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Ethik und Objektivität 73<br />
Informationen weitergaben. Eine Möglichkeit, die Informationen zu überprüfen,<br />
gab es für die Journalisten nicht.<br />
Die Folgen der PR-Strategie war eine Flut von Bildern und Ein zelinformationen,<br />
die aber noch kein objektives Bild ergaben. Der Reporter des öffentlichen US-<br />
Radiosenders NPR, John Burnett, kam zu dem Schluss, dass auf diese Weise<br />
„nur über eine kleine Schlacht in einem großen Krieg“ berichtet werde. Außerdem<br />
komme man den Soldaten so nahe, dass es „schwer sei, objektiv zu bleiben“.<br />
Ein Korrespondent des Nachrichtensenders n-24 begleitete z. B. US-Truppen<br />
im Irak. Er berichtete vor allem über die „Abenteuer“, die er bei der Truppe<br />
erlebte. Er fieberte mit „seiner“ Truppe mit: „Gestern haben wir erfahren, dass<br />
ein Soldat dieser Einheit Vater geworden ist, dass seine Frau eine Frühgeburt<br />
zur Welt gebracht hat – er hat spontan Kuchen für alle spendiert.“ Folgen des<br />
Kriegs für die Iraker spielen keine Rolle. Das eigentliche Kriegsgeschehen gerät<br />
durch die Nähe zu den US-Soldaten aus dem Blick.<br />
Konflikte mit unklaren Seiten: Tibet und China<br />
Ein Journalist solle sich nie mit einer Sache gemein machen, auch nicht mit<br />
einer guten. Diese eherne Journalistenregel formulierte Tagesthemen-Moderator<br />
Hanns-Joachim Friedrichs. Wie schwierig das manchmal ist, zeigt der<br />
Tibet-Konflikt, der im Jahr der Olympischen Spiele wieder aufflammte.<br />
Der aktuelle Konflikt zwischen Tibet und China geht zurück auf das Jahr 1950.<br />
Unterschiedliche Auffassung über die Zugehörigkeit Tibets zu China bestehen<br />
jedoch schon seit vielen Jahrhunderten. 1950 marschierten Truppen der „Volksbefreiungsarmee“<br />
des seit 1949 kommunistischen Chinas in das benachbarte<br />
Tibet ein und annektierten es. Die Tibeter hatten der militärischen Übermacht<br />
nichts entgegenzusetzen und beugten sich schließlich einem Abkommen, das<br />
China die Souveränität über Tibet sicherte. Dieses Abkommen sicherte den<br />
Tibetern zunächst innere Autonomie zu, d. h. weitgehende religiöse, politische<br />
und kulturelle Freiheiten. Die Chinesen bezeichneten die Annektierung Tibets<br />
als „Befreiung des tibetischen Volkes vom Feudalismus”, für die Tibeter ist es<br />
eine Besatzung.<br />
1959 kam es zu einem ersten Aufstand der Tibeter gegen China, der blutig<br />
niedergeschlagen wurde. Der amtierende 14. Dalai Lama floh ins Exil nach<br />
Indien, zehntausende Tibeter folgten ihm. Nach chinesischen Angaben kamen<br />
bei den Unruhen 87.000 Tibeter ums Leben, 80.000 verließen Tibet. Tibets<br />
Gesellschaft und Wirtschaft wurde daraufhin nach chinesischem Vorbild neu<br />
geordnet: China erklärte den Kommunismus zur Staatsdoktrin und griff noch<br />
schärfer ins traditionelle tibetische Leben ein, beschränkte vor allem die Ausübung<br />
des tibetischen Buddhismus.<br />
Quellen:<br />
www.tagesschau.de/<br />
ausland/china130.html<br />
www.planet-wissen.de<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Ethik und Objektivität 74<br />
Während der chinesischen Kulturrevolution wurden fast alle der noch verbliebenen<br />
buddhistischen Klöster zerstört, Nonnen und Mönche wurden verhaftet.<br />
Bauern und Nomaden wurden zum Leben in Volkskommunen gezwungen.<br />
Tausende Tibeter starben in Arbeitslagern, durch Verfolgung und Hungersnöte.<br />
Seit 1979 lässt die kommunistische Führung Chinas eine vorsichtige Öffnung<br />
Tibets zu. Dazu gehören unter anderem eine stärkere Industrialisierung – zu<br />
Lasten der Umwelt –, die Verbesserung der Infrastruktur sowie die Öffnung<br />
des Landes für den Massentourismus. Auch eine eingeschränkte Wiederbelebung<br />
der einheimischen kulturellen und religiösen Traditionen wird gebilligt.<br />
Der Besitz eines Bildes des 14. Dalai Lamas ist jedoch nach wie vor unter Strafe<br />
gestellt. Seit den 50er Jahren förderte China massiv die Ansiedlung von Han-<br />
Chinesen in Tibet, sodass die Tibeter mittlerweile in den größeren Städten in<br />
der Minderheit sind.<br />
Besonders in den 90er Jahren kam es wiederholt zu schweren Unruhen gegen<br />
die chinesische Herrschaft. Zuletzt protestierten Tibeter im März 2008 anlässlich<br />
des 49. Jahrestages der Niederschlagung des Aufstandes von 1959 gegen<br />
die chinesische Besetzung. Auch im Vorfeld der Olympischen Spiele machten<br />
Tibeter mit Aktionen auch im Ausland auf ihre Situation aufmerksam.<br />
Der Dalai Lama bemüht sich seit Jahren aus dem Exil um einen Dialog mit der<br />
chinesischen Regierung, die dies jedoch ablehnt. China wirft dem Dalai Lama<br />
vor, die Abspaltung Tibets voranzutreiben. Dieser setzt sich jedoch für eine<br />
vertraglich gesicherte Autonomie Tibets ein.<br />
In Deutschland herrscht traditionell eine große Sympathie für Tibet. Besonders<br />
in Deutschland unterstützen viele Menschen den Freiheitskampf der Tibeter,<br />
auch die Medien berichten oft vor allem pro-tibetisch. Dies hat in China zu<br />
Unmut geführt. Es ist jedoch schwierig, vor Ort verlässliche Informationen<br />
über die Lage der Tibeter zu bekommen, da im Zuge der letzten Unruhen viele<br />
Journalisten des Landes verwiesen wurden und nun auf Informationen aus<br />
zweiter oder dritter Hand angewiesen sind.<br />
Quellen:<br />
www.tagesschau.de/<br />
ausland/china130.html<br />
www.planet-wissen.de<br />
Rahmenbedingungen für Objektivität<br />
Um objektiv berichten zu können, müssen die Rahmenbedingungen stim men.<br />
Steht den Journalistinnen und Journalisten nur eine Quelle zur Ver fügung,<br />
fehlt die Möglichkeit der Überprüfung durch Gegenrecherche. Eine objektive<br />
Berichterstattung ist so nicht möglich. Presse- und Informa tions freiheit sind<br />
entscheidende Voraussetzungen für Objektivität.<br />
Bei den Auseinandersetzungen zwischen Tibetern und Chinesen im Mai 2008<br />
gab es kaum journalistische Augenzeugen, weil die chinesische Regierung<br />
ausländische Journalisten ausgewiesen hatte und die chinesische Presse nur<br />
im Sinne der Regierung berichtete. Die übrig gebliebenen Journalisten sahen<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Ethik und Objektivität 75<br />
nur, was die chinesische Regierung wollte. Die Tibeter wurden ausschließlich<br />
als Angreifer dargestellt. Auch die Informationspolitik der Tibeter war strikt<br />
interessengeleitet. Sie stellten sich ausschließlich als Opfer dar.<br />
An diesen Beispielen wird die zentrale Bedeutung der Kriterien Trans pa renz<br />
und Nachprüfbarkeit für eine objektive Berichterstattung augenfällig. Die<br />
Journalisten müssen immer wieder auf die Schwie rig keiten und Wi der sprüche<br />
bei der Recherche, auf die fehlende Informa tionsfreiheit hinweisen. Sie sollten<br />
die Quellen ihrer Infor matio nen offenlegen und auf begründete Zweifel an der<br />
Stichhaltigkeit der Informationen aufmerksam machen.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Zeitung und Wirtschaft 76<br />
Die Zeitung als<br />
Wirtschaftsunternehmen<br />
Einerseits sind Zeitungsverlage Wirtschaftsunternehmen wie andere auch.<br />
Mit der Herausgabe von Druckschriften müssen sie Gewinne machen, um ihre<br />
Existenz langfristig zu sichern und ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Andererseits<br />
sind Verlage ganz besondere Unternehmen: Ihre Arbeit steht unter<br />
dem Schutz der Verfassung, denn sie haben in der Demokratie eine zentrale<br />
Aufgabe im gesellschaftlichen Informations- und Willensbildungsprozess. Die<br />
Arbeit der Verlage wird daher durch den Artikel 5 des Grundgesetzes (Pressefreiheit)<br />
geschützt.<br />
Wo die Pressefreiheit gefährdet werden könnte, gelten für Verlage besondere<br />
Regeln. So sind sie von bestimmten Mitbestimmungsregeln des<br />
Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen. Verlage sind im Sinne dieses<br />
Gesetzes „Tendenzbetriebe“. Das heißt unter anderem: Die Grundausrichtung<br />
einer Zeitung kann durch den Verleger bzw. seine Beauftragten festgelegt werden.<br />
Der Betriebsrat hat keinen Einfluss auf die Tendenz der Zeitung – etwa<br />
auf die politische oder konfessionelle Grundhaltung.<br />
Auskunftspflicht<br />
Aus dem grundgesetzlichen Schutz der Pressefreiheit ergeben sich einige<br />
weitere Besonderheiten des Wirtschaftsunternehmens Zeitung. Damit die<br />
Medien ihre Aufgabe wahrnehmen können, die Tätigkeit der Regierungen und<br />
Verwaltungen zu kontrollieren, müssen z. B. Behörden den Journalis tinnen von<br />
Zeitungen und allen anderen Massenmedien Auskunft geben.<br />
Sorgfaltspflicht<br />
Diesen besonderen Rechten stehen besondere Pflichten gegenüber. So haben<br />
die Medien eine Sorgfaltspflicht: Sie müssen sich darum bemühen, korrekte<br />
Informationen zu veröffentlichen. Außerdem müssen Zeitungen und Zeitschriften<br />
ein Impressum haben, damit jeder erkennen kann, wer für was verantwortlich<br />
ist. Und die Medien müssen Werbung klar von den redaktionellen<br />
Texten trennen.<br />
Produktion für zwei Märkte<br />
Die Trennung von Werbung und redaktionellem Teil markiert eine weitere<br />
Besonderheit der Zeitungsverlage: Sie verkaufen ihr Produkt meist auf zwei<br />
verschiedenen Märkten. Den Lesern verkaufen sie Informations- und Lesestoff;<br />
den Anzeigenkunden verkaufen sie ihre Zeitung als Werbeträger. Beide Märkte<br />
sind wirtschaftlich eng miteinander verflochten; sie hängen voneinander ab.<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Zeitung und Wirtschaft 77<br />
Je höher die Zahl der Leser ist, desto höher die Erlöse aus dem Geschäft mit<br />
Anzeigen. Hohe Erlöse aus Werbung und Anzeigen ermöglichen wiederum<br />
niedrigere Bezugspreise bzw. ein verbessertes redaktionelles Angebot, das<br />
wiederum mehr Leser anzieht.<br />
Bei den Anzeigen unterscheidet man zwischen<br />
• (überregionalen) Werbeanzeigen oder -beilagen der großen Konzerne und<br />
Handelsketten,<br />
• lokalen Geschäftsanzeigen oder -beilagen,<br />
• Stellenanzeigen, Familienanzeigen, Immobilienanzeigen, KfZ-Anzeigen<br />
Aufbau eines Verlages<br />
Presseunternehmen gliedern sich im Wesentlichen<br />
in die Bereiche Redaktion, Anzeigenabteilung, Druckerei,<br />
Vertrieb und Verwaltung. Diese Bereiche<br />
müssen sehr eng und intensiv zusammenarbeiten.<br />
So müssen beispielsweise die Redaktion und die<br />
Anzeigenabteilung jeden Tag sorgfältig die Platzaufteilung<br />
absprechen.<br />
Kostenstruktur<br />
Bei den Kosten der Tageszeitungsverlage fällt die<br />
technische Herstellung am meisten ins Gewicht:<br />
27 Prozent der Ausgaben entfallen auf Satz und<br />
Druck. Der Vertrieb macht 23 Prozent der Kosten<br />
aus. Gut ein Viertel der Gesamtkosten entfällt auf<br />
die Redaktion, die Artikel schreibt, Bilder beschafft<br />
usw.<br />
Verlagsaufbau<br />
Redaktion<br />
Verleger<br />
Verwaltung<br />
Druckerei<br />
Vertrieb<br />
Anzeigenabteilung<br />
Erlösstruktur<br />
Die Einnahmen der Zeitungen kommen aus zwei Quellen: zu 49 Prozent aus<br />
Anzeigenerlösen und Fremdbeilagen sowie zu 51 Prozent aus den Verkaufseinnahmen.<br />
Dieses Verhältnis hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch<br />
verschoben. Im Jahr 1999, vor der Rezession, machte der Verkauf nur 36 Prozent<br />
des Erlöses aus, 64 Prozent stammten aus dem Anzeigen- und Beilagengeschäft.<br />
Doch noch immer gilt: Die Tageszeitung ist unter den Medien in Deutschland<br />
(noch) der wichtigste Werbeträger, dicht gefolgt vom Fernsehen. Und: Wenn<br />
die Zeitung auf Anzeigen verzichten müsste, gingen den Lesern nicht nur Informationen<br />
verloren, die in den Anzeigen stecken, sondern auch viel Geld. Das<br />
Abonnement wäre teurer.<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Zeitung und Wirtschaft 78<br />
Dramatisch verschoben haben sich auch die Anteile der verschiedenen Anzeigensparten<br />
am Gesamtumfang. Die überregionale Werbung der großen Konzerne<br />
ist wichtiger geworden. Er umfasst inzwischen ein Viertel des Gesamtumfangs<br />
und liegt damit fast gleichauf mit den lokalen Geschäftsanzeigen.<br />
Zusammen machen lokale und überregionale Geschäftsanzeigen 52 Prozent<br />
des Gesamtumfangs aus. Zurück gegangen ist auch die Bedeutung der Immobilien-,<br />
Stellen- und Kfz-Anzeigen, die je zwischen 10 und 15 Prozent des Anzeigenumfangs<br />
ausmachen – dieser Markt hat sich mehr und mehr ins Internet<br />
verlagert. Der Anteil der Familienanzeigen stieg dagegen.<br />
Die Zukunft der Zeitung<br />
Diese Zahlen beunruhigen auch in der deutschen Presselandschaft: In den USA<br />
wurden in den vergangenen Jahren mehr als zehntausend Zeitungsredakteure<br />
entlassen. Ein Dutzend US-Zeitungen sind bereits vom Markt verschwunden,<br />
sieben weitere Zeitungen gibt es nur noch im Internet.<br />
Zeitungsschließungen gab es hierzulande zwar noch nicht, doch auch in<br />
Deutschland haben einige Zeitungsverlage in den vergangenen Jahren bereits<br />
massiv Personal abgebaut. Angesichts sinkender Auflagen und rückläufiger<br />
Anzeigeneinnahmen scheint es eine Frage, der Zeit, wie lange ein professioneller,<br />
gedruckter Journalismus noch finanzierbar ist. Die Gratiskultur im Internet<br />
bringt es mit sich, dass Mediennutzer zunehmend weniger dazu bereit sind,<br />
für Informationen zu zahlen. Dazu kommt das veränderte Informations- und<br />
Medienverhalten: Die neuesten Nachrichten gelangen heute blitzschnell zum<br />
Leser, der sie dank Smartphone oder anderer mobiler Endgeräte ständig und<br />
nahezu überall empfangen und kommentieren, bewerten, diskutieren kann. Es<br />
zeigt sich zwar, dass klassischen Medien häufig auch im Internet zu den starken<br />
Marken gehören – etwa das Nachrichtenmagazin Der Spiegel mit Spiegel<br />
Online. Der wirtschaftliche Erfolg blieb bislang jedoch gering. Noch ist es den<br />
klassischen Medien nicht gelungen, mit ihren Angeboten im Internet ausreichend<br />
Geld zu verdienen.<br />
Was sich allerdings nicht verändert hat, ist das Bedürfnis nach qualifizierter<br />
und glaubwürdiger Information, das Tageszeitungen befriedigen. Nach wie vor<br />
wird die Tageszeitung von vielen Menschen als das glaubwürdigstes Medium<br />
eingeschätzt – auch von Jüngeren, die schon mit dem Internet aufgewachsen<br />
sind. So würden Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren bei widersprüchlicher<br />
Berichterstattung der Tageszeitung noch vor Fernsehen, Radio und Internet<br />
am meisten vertrauen (vgl. JIM-Studie 2008 vom Medienpädagogischen Forschungsverband<br />
Südwest).<br />
Unstrittig ist die besondere Leistung und Rolle der Zeitungen für die politische<br />
Willensbildung in einer Demokratie. Keine Demokratie könne sich ein Markt-<br />
Literatur: Weichert,<br />
Stephan/Kramp,<br />
Leif (2009): Das<br />
Verschwinden der<br />
Zeitung? Berlin<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Zeitung und Wirtschaft 79<br />
versagen auf diesem Sektor leisten, schrieb der Sozialphilosoph Jürgen Habermas<br />
in einem Essay in der Süddeutschen Zeitung (16. Mai 2007) zur aktuellen<br />
Entwicklung auf dem Medienmarkt. Die Politik sei verstärkt gefordert, Artikel<br />
5 des Grundgesetzes zu garantieren und sich für eine freie Presse einzusetzen.<br />
Könnte ein unabhängiger, qualitätvoller Journalismus denn nicht auch nur<br />
im Internet funktionieren? Das könnte er wohl, doch Jürgen Habermas nennt<br />
noch ein weiteres Argument für das Medium Zeitung: Durch die Zeitungslektüre<br />
setze sich der Leser „einem Lernprozess mit unbestimmtem Ausgang aus.<br />
Im Verlaufe einer Lektüre können sich neue Präferenzen, Überzeugungen und<br />
Wertorientierungen ausbilden.“ Wer eine Zeitung zur Hand nimmt, bekommt<br />
eine Vorauswahl des Nachrichtenangebotes präsentiert, aus dem er wiederum<br />
auswählt. Die Zeitung ist insofern eine Wundertüte, für deren unbestimmten<br />
Inhalt sich der Leser bewusst entscheidet. Er nimmt die Zeitung zur Hand,<br />
meist ohne zunächst genau zu wissen, worüber er sich informieren wird. Das<br />
Internet mit seiner Vielzahl an Informationsmöglichkeiten bietet diese Selektions-<br />
und Überraschungsleistung in dieser Form nicht. Online gibt es vielmehr<br />
zunächst ein Überangebot an Informationen. Es erfordert Medienkompetenz<br />
und eine clevere Nutzungsstrategie, sich im Internet sein Informationsmenü<br />
ähnlich breit zusammenzustellen.<br />
Wie konkret eine Zukunftssicherung der Tageszeitungen aussehen könnte,<br />
dazu gibt es in Politik und Medien ganz unterschiedliche Ansätze. Die Überlegungen<br />
reichen von Steuererleichterungen über staatliche Unterstützung für<br />
Aus- und Weiterbildung von Journalisten bis hin zu privaten Stiftungsmodellen.<br />
Bei allen Überlegungen zu einem tragfähigen Geschäftsmodell für Zeitungen<br />
steht das Interesse im Mittelpunkt, hochwertigen Qualitätsjournalismus<br />
auch zukünftig verlässlich zu sichern – ob gedruckt, online oder mobil.<br />
Ein Literaturtipp zu diesem Thema: Stephan Weichert, Leif Kramp, Das Verschwinden<br />
der Zeitung? Internationale Trends und medienpolitische Problemfelder,<br />
Berlin 2009.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Nachrichtenauswahl 80<br />
Wie Nachrichten ausgewählt werden<br />
Vergleicht man die Zeitungs-, Radio- und Fernsehnachrichten, zeigt sich, dass<br />
sich Auswahl, Gewichtung und Platzierung der Nachrichten trotz der großen<br />
Menge an Material gleichen. Unterschiede ergeben sich am ehesten in der<br />
Gewichtung der Nachrichten und zwischen überregionalen und regionalen<br />
Zeitungen.<br />
Überregionale Zeitungen räumen außenpolitischen und bundes politischen Ereignissen<br />
wesentlich mehr Platz ein, während bei Regionalzeitungen regionale<br />
und lokale Ereignisse auf die ersten Seiten gelangen können, die überregionalen<br />
Zeitungen höchstens eine kleine Meldung wert sind. Boulevardzeitungen<br />
legen ein stärkeres Gewicht auf unterhaltende Themen.<br />
Auch die politische Ausrichtung des Blatts spielt eine Rolle (vgl. z. B. die linke<br />
„tageszeitung“, taz, und die konservative „Frankfurter Allgemeine Zeitung“,<br />
FAZ). Die Unterschiede zeigen sich hier wiederum vor allem in der Gewichtung<br />
und in der inhaltlichen Ausrichtung der Nachrichten, selbstverständlich auch<br />
bei den Kommentaren.<br />
Allgemein gilt das Verständnis „News is what’s different“ – was vom bisherigen<br />
Wissensstand und vor allem was vom Normalen abweicht, ist interessant.<br />
Nicht „Hund beißt Mann“, son dern „Mann beißt Hund“ ist die Nachricht.<br />
Nachrichtenfaktoren<br />
Wissenschaftler haben festgestellt, dass sich Journalisten bei der Auswahl<br />
von Nachrichten an Nachrichtenfaktoren orientieren. Je mehr und/oder ausgeprägter<br />
die Faktoren zutreffen, desto größer ist die Chance, ausgewählt zu<br />
werden.<br />
Der erste zentrale Nachrichtenfaktor ist Aktualität. Eine Chance, in die Nachrichten<br />
zu kommen, haben eher neue Ereignisse und Entwicklungen. Dabei<br />
wird zwischen tatsächlicher und latenter Aktualität unterschieden. Tatsächliche<br />
Aktualität beschreibt die kurze Zeitspanne zwischen Ereignis und Nachricht.<br />
Latente Aktualität meint die generelle Aufgeschlossenheit für ein Thema. Der<br />
Amoklauf von Winnenden hat Themen wie Gewaltvideospiele, Gewaltdarstellung<br />
in den Medien und Zugang zu Waffen auf die Tagesordnung gebracht.<br />
Diese Themen wurden in den Wochen nach der Tat in allen Medien aufgegriffen.<br />
In dieser Zeit war die Sensibilität für Kriminalität von Jugendlichen<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Nachrichtenauswahl 81<br />
besonders hoch. Fälle, die vorher höchstens als Kurzmeldung im Polizeibericht<br />
gedruckt wurden, rückten dadurch schnell an prominentere Stellen.<br />
Die Nachrichtenfaktoren lassen sich in zwei große Gruppen unterteilen: Bedeutung<br />
und Publikumsinteresse.<br />
Je nach Charakter der Nachricht – „hart“ oder „weich“ – gewinnen andere Faktoren<br />
an Gewicht. Harte Nachrichten sind solche, die sich vor allem mit Politik,<br />
Wirtschaft u. Ä. befassen. Für sie ist Bedeutung der zentrale Nachrichtenfaktor.<br />
Weiche Nachrichten befassen sich eher mit „human interest“-Themen. Hier<br />
spielt das Pub likumsinteresse eine größere Rolle.<br />
Für die Bedeutung sind Ausmaß und Konsequenzen eines Ereignisses<br />
entscheidend: Wie viele Menschen sind bei einem Unglück ums Leben<br />
gekommen? Wie groß sind die Schäden und Langzeitfolgen bei einer<br />
Umweltkatastrophe? Wie viele Menschen sind direkt oder indirekt davon betroffen<br />
(Gesundheitsreform, EU-Verfassung)?<br />
Für das Publikumsinteresse sind räumliche und kulturell-soziale Nähe, Prominenz<br />
und menschlich-emotionale Aspekte wichtig. Nähe kann sich sowohl<br />
auf die Geografie als auch auf die Psychologie beziehen. Zehn Tote bei der<br />
Explosion eines Hauses in Deutschland haben eine größere Bedeutung als 50<br />
Tote bei einem Grubenunglück in Peru. Nähe greift auch, wenn Menschen aus<br />
Deutschland in Ereignisse im Ausland verwickelt werden (z. B. wegen Drogenbesitzes<br />
in Spanien verhaftet). Psychologische Nähe besitzen Ereignisse, die<br />
von den Lesern in besonderem Maße mit dem eigenen Erlebnis- und Erfahrungsbereich<br />
verbunden werden. Im Sportteil wird deshalb eher über Fußball<br />
in Südamerika, aber so gut wie nie über Kricket in England berichtet.<br />
Bekanntheitsgrad von Personen ist ein zentraler Faktor. Deshalb ist ein eher<br />
belangloses Zitat von einem Menschen des öffentlichen Lebens vielen Zeitungen<br />
schon eine Meldung wert.<br />
Menschlich-emotionale Aspekte hat eine Nachricht, wenn folgende „human<br />
in terest“-Faktoren vorkommen: Kuriosität/Ungewöhnliches, Sensationalität,<br />
Humor, Sex/Liebe, Romantik, Spannung/Ungewissheit, Abenteuer, Sympathie,<br />
Tragödie, Tiere.<br />
Die Redakteurinnen und Redakteure arbeiten im Tagesgeschäft unter einem<br />
großen Zeitdruck und wenden die Faktoren eher unbewusst an. Das beinhaltet<br />
natürlich auch die Gefahr eines allzu routinierten Umgangs mit Informationen.<br />
So ist häufig bei der Auswahl entscheidender, wer etwas sagt, als etwa, was<br />
er sagt. Regierungen und große Verbände haben auf allen Ebenen (Bund,<br />
Land, Kommunen) größere Chancen, in die Medien zu kommen als Mitglieder<br />
der Opposition oder kleine Gruppen und Initiativen. Einerseits hat dies seine<br />
© media consulting team
Das <strong>eBook</strong> • Nachrichtenauswahl 82<br />
Berechtigung, weil Äußerungen von Regierungsmitgliedern in der Regel mehr<br />
Konsequenzen nach sich ziehen als die von Oppositionsmitgliedern oder gar<br />
von unabhängigen Kritikern. Das entspricht dem Nachrichtenfaktor Bedeutung.<br />
Allerdings kann das auch zu einer Bevorteilung führen, die herrschende<br />
Machtstrukturen ungewollt festigt.<br />
Ähnliches gilt global: Im Vergleich zu den USA oder europäischen Ländern muss<br />
in Ländern der sogenannten Dritten Welt viel Dramatischeres geschehen, ehe<br />
es in der Zeitung berücksichtigt wird. Auch dies ist Ausdruck realer Verhältnisse:<br />
Was in Westeuropa und den USA entschieden wird, hat meist größere Konsequenzen<br />
für die Welt und liegt uns daher auch näher. Die Auswahl kann aber<br />
auch hier zur Festigung von Verhältnissen bzw. zu stereotypen Medienbildern<br />
beitragen, wenn z. B. Entwicklungsländer immer nur im Zusammenhang mit<br />
großen Katastrophen, Armut und Hunger in die Medien kommen.<br />
Informationsquellen<br />
Für die überregionale Berichterstattung über das Neueste in aller Welt stehen<br />
den Zeitungen meist drei Möglichkeiten offen, sich Informationen zu beschaffen:<br />
• eigene Recherche zu bestimmten Themen (z. B. Interview mit Bundespolitiker;<br />
Redakteur wird zum Beispiel zu einem Fußball-Großereignis entsandt),<br />
• eigene Korrespondenten, oder freie Mitarbeiter<br />
• Nachrichtenagenturen.<br />
Überregionale Zeitungen und öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten haben<br />
meist eigene Korrespondenten in den wichtigsten Ländern der Welt. Lokalund<br />
Regionalzeitungen haben oft nur wenige Korrespondenten in der jeweiligen<br />
Landeshauptstadt und/oder Berlin. Zeitungen, die nicht in unmittelbarer<br />
Konkurrenz zueinander stehen, teilen sich häufig Korres pondenten.<br />
Nachrichtenagenturen<br />
Nachrichtenagenturen sind für die meisten Medien die erste und wichtigste<br />
Informationsquelle. Man kann zwei Gruppen von Agenturen unterscheiden:<br />
Universalagenturen, die versuchen, möglichst alle Themenbereiche abzudecken,<br />
und Spezialagenturen, die sich auf Themen oder Medientypen spezialisiert<br />
haben.<br />
Die großen Universalagenturen haben ein Netz von Mitarbeitern und Büros<br />
über den ganzen Erdball verteilt. Allerdings gibt es international nur wenige<br />
Agenturen, die wirklich weltweit flächendeckend arbeiten und die eine wichtige<br />
Quelle der internationalen Berichterstattung in praktisch allen Ländern<br />
der Welt sind:<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Nachrichtenauswahl 83<br />
• AP (Associated Press), USA (www.ap.org),<br />
• Reuters (rtr), Großbritannien (www.reuters.de),<br />
• AFP (Agence France-Press), Frankreich (www.afp.de).<br />
Die internationalen Agenturen dominieren das Nachrichtengeschäft und bestimmen<br />
damit wesentlich die Nachrichtenauswahl auf der ganzen Welt. Eine<br />
Studie in 29 Ländern ergab, dass die Medien überall die drei großen westlichen<br />
Agenturen als die zweitwichtigste Quelle für internationale Nachrichten<br />
nutzen. Die wichtigste Quelle ist meist die nationale Nachrichtenagentur, die<br />
ihrerseits oft selbst auf die großen Agenturen zurückgreift.<br />
In allen Weltregionen stehen an erster Stelle der Nachrichten Er eignisse aus<br />
der eigenen Region, an zweiter Stelle kommen Nachrichten aus Nordamerika<br />
und Westeuropa, den Heimatregionen der drei Agenturen.<br />
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa)<br />
Die wichtigste deutsche Agentur ist die dpa (Deutsche Presse-Agentur, www.<br />
dpa.de), die von fast allen Medien in Deutschland bezogen wird. Die Agentur<br />
hat 50 Büros in Deutschland und Korrespondenten in 80 Ländern. Insgesamt<br />
arbeiten fast 600 Redakteure und Redakteurinnen und etwa 1000 journalistische<br />
Mitarbeiter weltweit für die dpa. Die dpa befindet sich im Eigentum von<br />
rund 200 Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen sowie öffentlich-rechtlichen<br />
und privaten Rundfunkunternehmen. Kein Gesellschafter kann mehr als 1,5<br />
Prozent des Stammkapitals erwerben, wodurch der übermäßige Einfluss eines<br />
Medienunternehmens verhindert werden soll.<br />
dapd<br />
Die zweite deutsche Nachrichtenagentur ist dapd. Unter diesem Namen haben<br />
sich 2010 die Nachrichtenagenturen ddp und der deutsche Ableger der<br />
US-Nachrichtenagentur AP zusammen geschlossen. Für die dapd arbeiten 200<br />
Redakteure.<br />
Weitere Agenturen<br />
Spezialagenturen sind u. a.:<br />
• die auf Wirtschaftsthemen spezialisierte Agentur Vereinigte Wirtschaftsdienste<br />
(VWD; www.vwd.de),<br />
• der Sport informationsdienst (sid; www.sid.de),<br />
• die beiden kirchlichen Nachrichtendienste Evangelischer Pressedienst (epd;<br />
www.epd.de) und Katholische Nachrichtenagentur (KNA, www.kna.de).<br />
Beide Agenturen legen den Schwerpunkt auf kirchliche und soziale Themen<br />
sowie Entwicklungspolitik. Sie berichten außerdem viel über Medien und<br />
Kultur.<br />
Eine Linksammlung<br />
von kleinen und großen<br />
Nachrichtendiensten im<br />
Internet finden Sie unter<br />
www.dmoz.org/World/<br />
Deutsch/Medien/<br />
Nachrichtenagenturen/<br />
Presse- und<br />
Informationsamt der<br />
Bundesregierung: über<br />
www.bundesregierung.<br />
de<br />
Beispiele für Pressemitteilungen<br />
finden<br />
Sie im Internet unter<br />
www.presseportal.de,<br />
einem dpa-Dienst.<br />
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Das <strong>eBook</strong> • Nachrichtenauswahl 84<br />
• Die Dritte-Welt-Nachrichtenagentur Inter Press Service (IPS) mit Sitz in Bonn<br />
gibt neben einem Tagesdienst Themendienste heraus, die schwerpunktmäßig<br />
Afrika, Asien und Lateinamerika behandeln (www.ips-germany.org).<br />
Pressestellen und Informationsquellen im Lokalen<br />
Eine weitere wichtige Informationsquelle sind Pressestellen. Bundes-, Landesregierungen<br />
und Kommunen haben Presse- und Informations ämter, an<br />
die sich Journalisten und interessierte Bürger wenden können. Wenn ein politisches<br />
Thema recherchiert wird, können die Presse- und Informationsämter<br />
eine sinnvolle erste Anlaufstelle sein. Auch Unternehmen, Parteien, Verbände,<br />
Gewerkschaften, Kirchen, Sportorganisationen und Initiativen haben Pressestellen.<br />
Auf lokaler Ebene sind die Hauptinformationsquellen für Medien:<br />
• Redakteurinnen und Redakteure, die durch eigene Recherche und Kontakte<br />
Themen finden und bearbeiten,<br />
• Behörden,<br />
• Verbände, Parteien, Vereine, Initiativen, Unternehmen,<br />
• Hinweise von Leserinnen und Lesern.<br />
Ob die Berichte bzw. Meldungen von Nachrichtenagenturen stammen oder<br />
selbst recherchiert sind, lässt sich meist an den Kürzeln am Beginn des Textes<br />
ablesen:<br />
• dpa/rtr – Bericht aus den Meldungen der beiden Agenturen,<br />
• Von Rudi Reporter – Autorenzeile, von einem Redakteur oder Mitarbeiter<br />
der Zeitung<br />
• (rur) – Autorenkürzel von Rudi Reporter<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel sind Beiträge, die die genannten Autorinnen<br />
oder Autoren überwiegend selbst recherchiert und geschrieben haben.<br />
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Glossar 8585<br />
Glossar<br />
Abonnement<br />
Regelmäßiger Bezug einer Zeitung per Post oder Bote bzw. Botin. Bezahlt wird meistens jährlich.<br />
Es ist aber auch möglich, monatlich zu zahlen.<br />
Abonnementzeitung<br />
Zeitung, die überwiegend im Abonnement verkauft wird, im Gegensatz zu Straßenverkaufszeitungen<br />
(siehe auch: Boulevard- und Straßenverkaufszeitung).<br />
Aktualität<br />
Neuwertigkeit eines Ereignisses. Wichtiger Anhaltspunkt bei der Auswahl von Nachrichten (siehe<br />
auch: Nachrichtenwert).<br />
Anreißer<br />
Kurzer Text, meist im Kasten, der auf der ersten Zeitungsseite (häufig oben oder in der rechten<br />
Spalte) steht und auf einen Artikel im Innenteil der Zeitung, vor allem auch im Lokalteil, aufmerksam<br />
machen will.<br />
Anzeige<br />
Vom Absender bezahlte und gestaltete Mitteilung, meist Werbung in Zeitung, Hörfunk oder Fernsehen,<br />
die deutlich dem In teresse des Absenders dient. Die Anzeige hat nichts mit der redaktionellen<br />
Arbeit zu tun. Anzeigen sind z. B. Kleinanzeigen für den Verkauf eines Autos, Werbung für<br />
Sonderangebote eines Supermarkts oder Heiratsanzeigen.<br />
Anzeigenblätter<br />
Zeitungsähnliche Blätter, die kostenlos zugestellt werden und deren Haupt zweck die Verbreitung<br />
von Anzeigen ist (Vergleiche Text/Anzeigenverhältnis in der Tageszeitung und in einem Anzeigenblatt:<br />
Im Anzeigenblatt ist das Verhältnis von redaktionellem Text zur Werbung etwa 1:3, in der<br />
Tageszeitung in etwa umgekehrt.)<br />
Artikel<br />
Redaktioneller Beitrag in einer Zeitung. Das kann eine Meldung, ein Bericht, eine Reportage, ein<br />
Kommentar etc. sein. Leserbriefe oder Anzeigen sind keine Artikel.<br />
Aufhänger<br />
Der aktuelle Anlass, über ein Thema zu berichten (siehe auch: Vorspann).<br />
Auflage<br />
Anzahl der Exemplare einer Zeitung, die gedruckt (Druckauflage), verbreitet bzw. verkauft werden.<br />
Aufmacher<br />
Hauptartikel auf einer Seite, zu erkennen in der Regel am Um fang, an der Größe der Schlagzeile<br />
und der Stellung (meist oben) auf der Seite.<br />
Aufsetzer<br />
Artikel (meist flach), der unten auf einer Zeitungsseite steht.<br />
Außenredaktion<br />
(Lokal-)Redaktion, die nicht am Hauptsitz der Zeitung untergebracht ist und über Außenbezirke<br />
des Verbreitungsgebiets berichtet.<br />
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Glossar 8686<br />
Auskunftspflicht<br />
Die Medien haben einen Auskunfts- und Informationsanspruch gegen über Behörden. Dies ist in<br />
den Pressegesetzen der Länder festgelegt und ist mit der grundgesetzlich garantierten Informationsfreiheit<br />
begründet.<br />
Autorisieren<br />
Genehmigen, berechtigen. Journalisten lassen sich häufig Interviews von ihren Gesprächspartnern<br />
autorisieren, um sicherzugehen, dass sie die Antworten korrekt wiedergegeben haben.<br />
Beilage<br />
Sonderteil der Zeitung – entweder Anzeigenbeilage zu einem bestimmten Thema (z. B. Bauen)<br />
oder redaktionelle Beilage (häufig am Wochenende).<br />
Bericht<br />
Journalistische Textform, die über die bloße Nachricht hinaus weitere Informationen (Hintergrund,<br />
Zusammenhänge) enthält. In der Regel beginnt ein Bericht mit einer fett gedruckten Einleitung<br />
(siehe auch: Vorspann), die eine Kurzfassung des jeweiligen Ereignisses enthält, über das<br />
anschließend ausführlich mit weiteren Einzelheiten und Zusammenhängen berichtet wird.<br />
Bildjournalist<br />
Ein Bildberichterstatter/in, der/die Fotos zur Veröffentlichung herstellt.<br />
Bildunterschrift<br />
Ein Text unter einem Bild. Auch Bildzeile oder Bildunterzeile genannt.<br />
Bildreportage<br />
Eine Reportage, die überwiegend aus Bildern besteht.<br />
Blattkritik<br />
Lob und Tadel der letzten Zeitungsausgabe durch Chefredakteur/in, Chef/in vom Dienst oder<br />
Redakteure/innen während der Redaktionskonferenz.<br />
Boolsche Operatoren<br />
Logische Verknüpfungen bei der Suche mit Suchmaschinen, z. B. + (und), - (nicht), OR (oder). In der<br />
Eingabemaske können Begriffe miteinander verbunden werden (z. B. Suche nach Straßenkinder<br />
AND Berlin).<br />
Boulevardzeitung<br />
Zeitung, die überwiegend im Straßenverkauf abgesetzt wird. Durch auffallende, oft reißerische<br />
Aufmachung (dicke Überschriften, großformatige Fotos) will sie mögliche Kunden zum Kauf anregen.<br />
Boulevardzeitungen sind z. B. „Bild“ oder „Express“ (siehe auch: Abonnementzeitung).<br />
Buch<br />
Ein Teil der Zeitung, der mehrere ineinander gelegte Seiten umfasst. Die Zeitung ist in mehrere<br />
„Bücher“ aufgeteilt, wobei der Mantel oder der Lokalteil in der Regel jeweils ein Buch bilden.<br />
Chef vom Dienst<br />
Leitende/r Redakteur/in, der/die für zeitliche und sachliche Planung (z. B. Umfang der Ausgabe)<br />
bei der redaktionellen Herstellung der Zeitung zuständig ist.<br />
Chefredakteur/in<br />
Ein Leiter/in aller Redaktionen einer Zeitung.<br />
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Glossar 8787<br />
Dachzeile<br />
Eine Zeile, die über der Überschrift (als „Dach“) steht und die Aus sage der Überschrift ergänzt.<br />
Einzeitungskreis<br />
Ein Landkreis, in dem nur eine lokale Tageszeitung (ohne Konkurrenz) erscheint. In Deutschland<br />
gibt es zur Zeit 256 Einzeitungskreise. In 183 Kreisen und kreisfreien Städten konkurrieren zwei<br />
oder mehr Zeitungen in der Berichterstattung miteinander (siehe auch: Pressekonzentration und<br />
Lokalmonopol).<br />
Einstieg/Lead<br />
Beginn eines Artikels, der so interessant sein sollte, dass er die Leser/innen zum Weiterlesen<br />
anregt (siehe auch: Aufhänger und Vorspann).<br />
Ente<br />
Falschmeldung<br />
Fahne<br />
Für die Korrektur bestimmter Abzug (Kopie) eines Textes oder einer Zeitungsseite.<br />
Feature<br />
Journalistische Textform, bei der die Nachricht belebt wird durch Interview zitate, Kommentierungen,<br />
persönliche Eindrücke etc.<br />
Feuilleton<br />
Eine Zeitungsseite bzw. -teil über das Kulturleben (Theater, Musik, Kunst, Literatur).<br />
Gegendarstellung<br />
Entgegnung auf einen veröffentlichten Artikel aus der subjektiven Sicht eines/r Betroffenen, der/<br />
die sich in dem Artikel z. B. falsch dargestellt oder zitiert fühlt. Die Gegendarstellung darf nur<br />
Tatsachen, keine Meinungen oder Werturteile enthalten und muss von der Redak tion abgedruckt<br />
werden.<br />
Glosse<br />
Ein kurzgefasster, zugespitzter Kommentar, der bissig-ironisch zu einem Tagesereignis Stellung<br />
nimmt. Die Glosse ist in der Regel kürzer als der Kommentar und konzentriert sich nur auf einen<br />
Aspekt. Die zugespitzte Form der Argumentation läuft auf eine Schlusspointe hinaus.<br />
Herausgeber<br />
Eine Person oder Institution, die die „geistige Oberaufsicht“ über die Zeitung hat und deren<br />
Grundhaltung bestimmt. Bei der Tageszeitung sind Herausgeber meist auch Verleger.<br />
Hintergrundberichterstattung<br />
Über die bloße Nachricht hinausgehende, ergänzende Berichterstattung, die die Ursachen und<br />
Begleitumstände eines Ereignisses/einer Entscheidung erklärt.<br />
Homepage<br />
Die „Heimseite“ oder Leitseite ist die Seite, die man im Internet als Erstes zu sehen bekommt,<br />
wenn eine Adresse aufgerufen wird. Normalerweise enthält diese Seite ein Logo des Anbieters,<br />
ein Inhaltsverzeichnis und Links zu den wichtigsten Seiten.<br />
Impressum<br />
Verzeichnis der Verantwortlichen für eine Zeitung. Ein Impressum ist bei Tageszeitungen vorgeschrieben.<br />
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Glossar 8888<br />
Information<br />
Eine Mitteilung oder Nachricht.<br />
Informationsfreiheit<br />
Durch das Grundgesetz (Artikel 5, Absatz 1) geschütztes Recht für jeden, „sich aus allgemein<br />
zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“.<br />
Inserat<br />
Anzeige<br />
Interview<br />
Ein Wechselspiel von Fragen und Antworten.<br />
Journalist<br />
Berufsbezeichnung für diejenigen, die mit der Sammlung, Sichtung und Verarbeitung von Informationen<br />
für Zeitung, Rundfunk und Fernsehen befasst sind.<br />
Karikatur<br />
Bildkommentar zu aktuellen Themen. Die Karikatur stellt Eigenschaften und Handlungsweisen<br />
z. B. von Politikern oder Zustände (z. B. „Löcher“ im Finanzhaushalt einer Gemeinde) in übersteigerter<br />
Form dar.<br />
Kasten<br />
Beitrag, der durch einen Rahmen hervorgehoben wird.<br />
Kommentar<br />
Meinungsbildender Beitrag, der die persönliche Meinung des Autors wiedergibt. In deutschen<br />
Tageszeitungen werden in der Regel Nachricht und Kommentar deutlich voneinander getrennt<br />
(siehe auch: Glosse und Leitartikel).<br />
Korrespondent<br />
Angestellter Journalist oder freier Mitarbeiter einer Zeitung, der ständig außerhalb der Redaktion<br />
im In- oder Ausland für die Zeitung berichtet.<br />
Kürzel<br />
Abkürzungen, die vor einem Artikel oder am Ende stehen und Auskunft da rüber geben, wer den<br />
Artikel geschrieben hat und für den Inhalt verantwortlich ist.<br />
Layout<br />
Gestaltung einer Zeitungsseite bzw. der ganzen Zeitung. Anordnung von Texten und Bildern<br />
(siehe auch: Umbruch).<br />
Leitartikel<br />
Kommentar, der zu einem wichtigen Ereignis des Tages Stellung bezieht. Er ist die „Flagge der Zeitung“,<br />
d. h. er gibt nicht nur die Meinung des Autors bzw. der Autorin, sondern die der Mehrheit<br />
der Redaktion wieder. Der Leitartikel steht oft im Zusammenhang mit dem Aufmacher und ist<br />
entweder auf der Titelseite oder dort platziert, wo in der Regel die Kommentare stehen.<br />
Leserbrief<br />
Zuschrift von Leserinnen und Lesern an die Redaktion, die zur Veröffent lichung gedacht ist. Der<br />
Leserbrief bezieht sich meist auf Artikel, die in der Zeitung erschienen sind, mit berichtigenden,<br />
ergänzenden oder kritischen Informationen. Es besteht aber kein Anspruch auf Veröffentlichung.<br />
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Glossar 8989<br />
Link<br />
Ein Hyperlink, Hypertextlink oder kurz Link, ist eine Verbindung oder Verknüpfung zwischen zwei<br />
Dokumenten. Hyperlinks können einzelne Wörter, Textpassagen oder Bildschirmelemente sein,<br />
die durch Farbe und/oder Unterstreichung optisch hervorgehoben sind. Klickt man sie mit der<br />
Maus an, wechselt die Bildschirmdarstellung zu einer anderen Seite. Hyperlinks können zu einer<br />
anderen Stelle innerhalb des bereits geöffneten Dokuments führen oder zu einem Computer auf<br />
einem anderen Kontinent. Verbindungen sind zu weiteren Textdokumenten möglich oder zu Bild-,<br />
Klang- oder Videoinformationen.<br />
Logo (Emblem, Zeichen)<br />
Grafik, die in der Zeitung auf ein bestimmtes Thema, eine Serie oder eine Aktion wie dieses Projekt<br />
aufmerksam macht.<br />
Lokalmonopol<br />
Die Zeitung ist in einem bestimmten Gebiet (Kreis/Stadt) Alleinanbieter. Den Leserinnen und<br />
Lesern steht nur eine Zeitung mit lokalen (ört lichen) Informationen zur Verfügung (siehe auch:<br />
Einzeitungskreis und Pressekonzentration).<br />
Lokalredaktion<br />
Ressort/Abteilung der Zeitung, das ausschließlich über das lokale (örtliche) Geschehen (Stadt,<br />
Kreis) berichtet.<br />
Lokalteil<br />
Der Teil der Zeitung, der ausschließlich über das lokale (örtliche) Geschehen (Stadt/Kreis) berichtet.<br />
Lokalzeitung<br />
Zeitung, die sich in ihrer Berichterstattung auf ein bestimmtes lokales Verbreitungsgebiet konzentriert.<br />
Lokalspitze/Lokalglosse<br />
Oberbegriff für die Glosse des Lokalteils, für lokale Kommentare oder Glossen, der/die meist auf<br />
der ersten Lokalseite oben (Spitze) platziert ist.<br />
Mantel<br />
Allgemeine Seiten einer Tageszeitung (Politik, Wirtschaft, Sport), die in ihrer Berichterstattung<br />
über den örtlichen Bereich hinausreichen und über Ereignisse auf Landes- und Bundesebene<br />
sowie im Ausland berichten. Nicht immer werden Mantel- (bzw. Politik- oder überregionale Seiten)<br />
und Lokalteil von einer Redaktion produziert.<br />
Manuskript<br />
Ein Text, der noch für die Veröffentlichung in der Zeitung bearbeitet werden muss.<br />
Massenmedien<br />
Oberbegriff für alle Medien (Zeitungen, Zeitschriften, Hörfunk, Fernsehen, Internet, Film, Schallplatte),<br />
die sich an ein räumlich verstreutes Publikum wenden.<br />
Meinungsfreiheit<br />
Durch das Grundgesetz (Artikel 5, Absatz 1, Satz 1) geschützte Freiheit, die eigene Meinung frei zu<br />
bilden und diese ungehindert zu äußern.<br />
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Glossar 9090<br />
Meldung<br />
Kurze Nachricht, Kurzform eines Berichts. Das Wichtigste einer Meldung sollte im ersten Satz stehen.<br />
Eine Meldung sollte möglichst Antwort auf die sieben „W-Fragen“ enthalten: wer? was? wo?<br />
wann? wie? warum? welche Quelle (Informant/in)?<br />
Meta-Suchmaschinen<br />
Meta-Suchmaschinen schicken Suchanfragen gleichzeitig zu den verschiedenen Suchmaschinen,<br />
nehmen die Ergebnisse entgegen und vergleichen sie miteinander. Doppelte Ergebnisse sortieren<br />
sie aus. Der Vorteil von Meta-Suchmaschinen: Man bekommt viele verschiedene Ergebnisse in<br />
kürzester Zeit. Der Nachteil von Meta-Suchmaschinen: Die Anfragen müssen sehr einfach sein.<br />
Raffinierte Suchmethoden können nicht verwendet werden, denn diese müssen meist an die<br />
speziellen Fähigkeiten der einzelnen Suchmaschinen angepasst werden.<br />
Nachricht<br />
Information über einen Sachverhalt/ein Ereignis, die sich auf die Tatsachen/Aussagen beschränkt<br />
(siehe auch: Meldung).<br />
Nachrichtenagentur<br />
Unternehmen, das Nachrichten sammelt, sichtet und vorsortiert und gegen Bezahlung weitergibt.<br />
Die bekannteste und größte in Deutschland ist die Deutsche Presse-Agentur (dpa),<br />
eine weitere ist der ddp (Deutscher Depeschendienst). Bekannte ausländische Agenturen sind<br />
z. B. AP (Associated Press/USA), Reuters (rtr/Großbritannien), AFP (Agence France-Press, Frankreich).<br />
Nachrichtenfaktoren<br />
Die Auswahl von Nachrichten aus der Fülle täglich anfallender Informationen richtet sich nach<br />
dem „Wert“ einer Nachricht. Dieser „Wert“ wird bestimmt durch Anhaltspunkte (Nachrichtenfaktoren)<br />
wie: Aktualität, Nähe zur Leserschaft, Prominenz (bekannte Politiker, Sportler, Schauspieler),<br />
Bedeutung eines Ereignisses (großer Kreis von Be troffenen), menschlich-emotionale<br />
Aspekte wie Streit, Kriminalität, Überraschung, Ungewöhnliches, Spannung, Tiere etc.<br />
Newsroom<br />
Die gemeinsame Redaktion von Berliner Morgenpost, Welt, Welt Kompakt und Welt am Sonntag.<br />
Dort arbeiten auch die Onlineredakteure der dazugehörigen Internetangebote.<br />
Öffentliche Aufgabe<br />
In den Landespressegesetzen heißt es: „Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe, indem sie<br />
Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der<br />
Meinungsbildung mitwirkt.“<br />
Objektivität<br />
Objektiv berichten heißt, etwas wiederzugeben, wie es wirklich ist oder wie es sich wirklich zugetragen<br />
hat. Nicht gleichzusetzen mit Ausgewogenheit. Letztere bedeutet, unterschiedliche Positionen<br />
zu einem Sachverhalt oder Thema darzustellen. Absolute Objektivität ist nicht möglich. Jede<br />
Darstellung ist bereits durch die Auswahl der Informationen subjektiv geprägt.<br />
Presse<br />
Dieser Begriff steht heute für Zeitungen und Zeitschriften, zurückzuführen auf die (Buch-)Druckerpresse.<br />
Presseagentur<br />
Nachrichtenagentur<br />
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Glossar 9191<br />
Pressefreiheit<br />
Durch das Grundgesetz (Artikel 5, Absatz 1, Satz 2) geschütztes Recht eines jeden, Nachrichten und<br />
Meinungen in gedruckter Form zu verbreiten.<br />
Pressekonzentration<br />
Zusammenschluss von Presseunternehmen. In Deutschland ist die Pressekonzentration weit<br />
fortgeschritten (siehe auch: Einzeitungskreise und Lokalmonopole). Sie wird in publizistischen<br />
Einheiten (Vollredaktionen) gemessen, die auch einen eigenen Mantel herausgeben. Derzeit gibt<br />
es in Deutschland nur noch 138 Vollredaktionen, 1954 waren es in der alten Bundesrepublik noch<br />
225. Zusammenschlüsse von Presseunternehmen werden häufig vom Bundeskartellamt geprüft,<br />
um unter anderem einseitiger Berichterstattung vorzubeugen.<br />
Pressemitteilung<br />
Schriftliche Mitteilung von Politikern, Behörden, Vereinen, Institutionen, Agenturen, Pressestellen<br />
zur Veröffentlichung in der Zeitung. Es besteht kein Anspruch auf Veröffentlichung, aber viele<br />
Pressemitteilungen bilden den Ausgangsstoff für Meldungen etc. in der Zeitung.<br />
Pressekonferenz<br />
Veranstaltung, zu der Parteien, Behörden, Firmen etc. Vertreter der Medien einladen, um sie über<br />
ein bestimmtes Thema zu informieren.<br />
Publizistische Einheiten<br />
Tageszeitungsverlage, die auch den überregionalen Teil der Zeitung selbst herstellen. In der Bundesrepublik<br />
gibt es 138 publizistische Einheiten.<br />
Recherche<br />
Ermittlung und Überprüfung von Informationen für eine Veröffentlichung.<br />
Redakteur/in<br />
Fest angestellte/r Journalist/in bei einer Zeitung.<br />
Redaktion<br />
Abteilung in einem Zeitungsverlag, zuständig für den nachrichtlichen und meinungsbildenden<br />
Teil der Zeitung.<br />
Redaktionskonferenz<br />
Meist täglicher Treff der Redakteure. Themen der Konferenz: Be sprechung der nächsten Ausgabe,<br />
Organisatorisches, Blattkritik.<br />
Redigieren<br />
Bearbeitung der Texte für die Veröffentlichung: kürzen, ergänzen, Stil verbessern, korrigieren, mit<br />
Überschrift versehen.<br />
Regionalzeitung<br />
Zeitung, die vorwiegend in einer bestimmten Region verbreitet ist und für diese Region neben<br />
der allgemeinen aktuellen Berichterstattung vor allem lokale (örtliche) und regionale Themen<br />
behandelt.<br />
Reichweite<br />
Angabe darüber, wie viele Menschen durchschnittlich pro Tag von einer Zeitung erreicht werden<br />
(Leser pro Nummer, LpN).<br />
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Glossar 9292<br />
Reportage<br />
Journalistische Darstellungsform, in die persönliche Eindrücke und Wertungen einfließen, lebhaft<br />
im Stil. Die Reportage führt die Leser und Leserinnen an den Ort des Geschehens und lässt sie mit<br />
den Augen des Reporters das Geschehen verfolgen.<br />
Ressort<br />
Bereich in der Zeitung, der sich durch die Inhalte von anderen unterscheidet (Politik, Wirtschaft,<br />
Lokales, Sport, Feuilleton).<br />
Rezension<br />
Kritische Besprechung von Theateraufführungen, Büchern, Schall platten etc.<br />
Rotation<br />
Druckmaschine für die Herstellung von Zeitungen.<br />
Rubrik<br />
Artikel oder Informationen zu einem Thema/Bereich, die unter einem bestimmten Titel regelmäßig<br />
erscheinen, z. B. Kommentare, Termine oder Polizeiberichte.<br />
Schlagzeile<br />
Überschrift, die größer als andere Überschriften auf einer Seite ist. Sie wird häufig für den Aufmacher<br />
einer Seite verwandt.<br />
Serie<br />
Artikel, die in mehreren Zeitungsausgaben aufeinander folgen und die zusammenhängend über<br />
ein bestimmtes Thema berichten. In der Regel sind diese Artikel durch ein Logo gekennzeichnet.<br />
Sonntagszeitungen<br />
Zeitungen, die ausschließlich am Sonntag erscheinen und im Abonnement oder am Kiosk erhältlich<br />
sind (z. B. Welt am Sonntag).<br />
Sorgfaltspflicht<br />
In den meisten Landespressegesetzen steht: „Die Presse hat alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung<br />
mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit, Inhalt und Herkunft zu prüfen.“<br />
Spalte<br />
Eine Zeitungsseite ist in mehrere Textspalten (meist fünf oder sieben) eingeteilt. Der Umfang<br />
eines Artikels wird u. a. auch nach Spalten sortiert: Einspalter (= Meldung), Zweispalter ... Eine<br />
weitere Maßeinheit ist die Zeile.<br />
Straßenverkaufszeitungen<br />
Zeitungen, die mehrheitlich täglich verkauft und weniger im Abonnement bezogen werden, z. B.<br />
am Kiosk oder durch „stumme Verkäufer“ (Automaten), meist Boulevardzeitungen.<br />
Suchmaschine<br />
Suchmaschinen sind automatisch arbeitende Programme, die Tag und Nacht das Internet nach<br />
Web-Seiten durchsuchen. Diese Suchroboter verstehen den Inhalt der Seiten nicht, sondern erfassen<br />
stumpf jedes Wort und nehmen es in einen riesigen Index auf. Wenn sie neue Seiten finden,<br />
werden alle darin gefundenen Wörter zusammen mit den Web-Adressen in einer riesigen Datenbank<br />
sortiert und abgespeichert. Mit Hilfe von Schlüsselwörtern kann man nach Seiten suchen,<br />
in denen diese Wörter vorkommen.<br />
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Glossar 9393<br />
Supplement<br />
Zeitschriftenähnliche Beilage, die einer Zeitung regelmäßig beiliegt (z. B. „rtv“ oder „prisma“).<br />
Tageszeitung<br />
Täglich (außer sonntags) erscheinende Zeitung.<br />
Tendenzbetrieb<br />
Wo die Pressefreiheit gefährdet werden könnte, gelten für Zeitungsverlage besondere Regeln. So<br />
sind sie von bestimmten Mitbestimmungsregeln des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen.<br />
Sie fallen unter den „Tendenzschutz“. Die ideelle Ausrichtung einer Zeitung, ihre politische<br />
oder konfessionelle Grundhaltung darf nicht unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten<br />
durch ein Mitbestimmungsgremium beeinflusst werden.<br />
Überlauf (Umlauf)<br />
Fortsetzung eines Artikels auf einer Seite weiter hinten in der Zeitung.<br />
Überregionale Zeitung<br />
Zeitung, die nicht nur in einer bestimmten Region, sondern im ganzen Land (national) vertrieben<br />
wird, und die sich von den Regionalzeitungen auch durch den größeren Umfang an Informationen<br />
vor allem aus Politik, Wirtschaft und Kultur unterscheidet. Auch die überregionale Zeitung (bis auf<br />
die FAZ) hat einen Lokalteil für den Ort, an dem sie gedruckt wird. In der national verbreiteten Ausgabe<br />
erscheint dieser Lokalteil jedoch verkürzt oder gar nicht. Es gibt nur wenige überregionale<br />
Tageszeitungen in Deutschland: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), Frankfurter Rundschau<br />
(FR), Süddeutsche Zeitung (SZ), tageszeitung (taz), Welt, Bild, Neues Deutschland.<br />
Überschrift<br />
Der Titel eines Artikels besteht meist aus der Hauptüberschrift, einer Unterzeile und/oder einer<br />
Dachzeile. Eine Überschrift soll den Kern der Information eines Artikels richtig wiedergeben und<br />
das Interesse der Leser und Leserinnen wecken. Dabei muss sie mit wenig Platz auskommen, was<br />
nicht einfach ist (siehe auch: Schlagzeile).<br />
Umbruch<br />
Zusammenstellung der druckreifen Texte und Bilder zu einer ganzen Seite nach vorgegebenem<br />
Plan (Layout).<br />
Unterzeile<br />
Zeile unter einer Überschrift oder einem Bild.<br />
Vertrieb<br />
Abteilung, die für den Verkauf und die Verbreitung einer Zeitung zuständig ist.<br />
Volontär<br />
Ein Redakteur in Ausbildung.<br />
Vorspann<br />
Redaktioneller Text, der einen Artikel einleitet. Er ist meist fett oder in einer anderen Schriftgröße<br />
als der eigentliche Artikel gedruckt und fasst nachrichtenartig dessen Inhalt zusammen (siehe<br />
auch: Aufhänger und Einstieg).<br />
Waschzettel<br />
Umgangssprache für Pressemitteilungen von Parteien, Verbänden, Behörden, Unternehmen etc.<br />
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Glossar 9494<br />
Webkatalog<br />
Web-Verzeichnisse oder Kataloge sind „von Menschenhand“ geordnete Sammlungen von Web-<br />
Adressen. Ein Team von Redakteuren überprüft jede Adresse und ordnet sie Themen zu. Verzeichnisse<br />
sind normalerweise nach Themengebieten geordnet. Jedes Themengebiet ist wieder nach<br />
Unterthemen oder „Rubriken“ gegliedert. Jedes Unterthema kann selbst wieder in weitere Unter-<br />
Unterthemen gegliedert sein usw. Man kann sich in diesen „Themenbaum“ mit seinen vielen<br />
„Ästen“ bis zu den eigentlichen Web-Adressen durchklicken, die dann mit einer kurzen Beschreibung<br />
angezeigt werden.<br />
Web Packages<br />
Zusammenstellung von Informationen zu einem Thema auf einer Web site.<br />
Websites<br />
Das komplette Angebot eines Anbieters im World Wide Web, also die Summe aller Webseiten, die<br />
durch Links verknüpft sind. Die Titelseite der Website nennt man Homepage.<br />
Zeitungsverlag<br />
Ein Unternehmen, das zuständig ist für die Produktion und Herausgabe von Zeitungen. Zu diesem<br />
Unternehmen gehören u. a. die Abteilungen Redaktion, Anzeigenwesen, Vertrieb, Technik.<br />
Zeitungsverleger<br />
Eigentümer oder Bevollmächtigter des Zeitungsverlags, der rechtlich und finanziell verantwortlich<br />
ist.<br />
Zensur<br />
Kontrolle und Beeinflussung von Texten und Bildern vor Veröffentlichung durch hoheitliche (z. B.<br />
staatliche) Gewalt. In Deutschland findet eine Zensur nicht statt (Artikel 5, Absatz 1, Satz 3 des<br />
Grundgesetzes).<br />
Zentralredaktion<br />
Auch Mantelredaktion genannt. Die Redaktion, die für den Mantel einer Zeitung verantwortlich<br />
ist.<br />
Zielgruppe<br />
Ein Teil der Leserschaft (z. B. Frauen, Jugendliche), der durch eine bestimmte Berichterstattung/<br />
Anzeige gezielt angesprochen werden soll.<br />
Zwischentitel/Zwischenzeile<br />
Zwischenüberschriften, um einen langen Zeitungsartikel aufzu lockern, für eine bessere Verständlichkeit<br />
zu sorgen und zum Weiterlesen anzuregen.<br />
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Internetadressen 9595<br />
Nützliche Internetadressen<br />
Suchmaschinen und Webkataloge<br />
• www.google.de – die bekannteste Suchmaschine<br />
• www.web.de – deutscher Webkatalog<br />
• www.fireball.de – deutsche Suchmaschine<br />
• www.blindekuh.de – Suchmaschine für Kinder<br />
• www.metager.de – Metasuchmaschine, durchsucht Suchmaschinen<br />
• www.klug-suchen.de – Überblick über deutsche Suchmaschinen<br />
• www.suchfibel.de – Informationen über Suchmaschinen<br />
Medien<br />
• www.bdzv.de – Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger. Auf der Seite gibt es Daten<br />
und Fakten zum Tageszeitungsmarkt und eine Linksammlung der Online-Ausgaben der<br />
Zeitungen.<br />
• www.paperball.de – Suchmaschine, die Online-Ausgaben deutschsprachiger Zeitungen<br />
durchsucht<br />
Politische Institutionen<br />
• www.bund.de – Dienstleistungsportal des Bundes, Sammlung von Behörden, Ministerien<br />
usw. in Bund, Ländern, Gemeinden, Verzeichnis von Datenbanken<br />
• www.bundestag.de – Bundestag<br />
• www.bundesrat.de – Bundesrat<br />
• www.bundesregierung.de – Bundesregierung<br />
• www.bundesverfassungsgericht.de – Bundesverfassungsgericht<br />
• www.bpb.de – Bundeszentrale für politischer Bildung<br />
• www.destatis.de – Statistisches Bundesamt<br />
Politik<br />
• www.bpb.de/wissen/H75VXG,0,Begriffe_nachschlagen.html: Online-Lexikon Politik<br />
• www.koeller.de: erklärt politische Abkürzungen<br />
• www.politik-digital.de: parteienunabhängige Informations- und Kommunikationsplattform<br />
zum Themenfeld Internet und Politik<br />
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Literatur 9696<br />
Literaturhinweise<br />
Altenburg, Erika (2000): Offene Schreibanlässe. Donauwörth<br />
BDZV (2008): Zeitungen 2008. Berlin<br />
Bentele, Günter (1988): Wie objektiv können Medien sein? In: Erbring, Lutz/Ruß-Mohl, Stephan<br />
u. a. (Hrsg.): Medien ohne Moral. Variationen über Journalismus und Ethik. Berlin<br />
Bey, Dieter/Klaus, Thomas (1997): Das Layout Lehrbuch. Studienarbeit am Institut für Journalistik<br />
der Universität Dortmund. Dortmund<br />
Blum, Joachim/ Buch, Hans-Jürgen (1998): Die Zeitung: Ein Multimedium. UVK Konstanz<br />
Blaes, Ruth/Heussen, Gregor Alexander (1997): Medium Fernsehen. Das vielfarbige Fenster. In:<br />
Dies.: ABC des Fernsehens. Konstanz<br />
Branahl, Udo (2002): Das Verbot der Schleichwerbung. Hinweise für medienpädagogische Projekte.<br />
In: ZEUS (Hrsg.): Achtung Pressefreiheit. Journalistische Ethik in Beispielen für den<br />
Unterricht. Essen<br />
Bruck, Peter A./Stocker, Günther (1996): Die ganz normale Vielfältigkeit des Lesens. Zur Rezeption<br />
von Boulevardzeitungen. Münster<br />
Brunner, Ulrich (1991): Fernseh-Journalismus. In: Pürer, Heinz: Praktischer Journalismus in Zeitung,<br />
Radio und Fernsehen. München<br />
Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV, Hrsg.): Zeitungen 2010/11. Bonn<br />
Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) URL: http://www.bdzv.de<br />
Deutscher Presserat (Hrsg., 1991): Schwarz-Weiß-Buch. Bonn<br />
Deutscher Presserat: Pressekodex. URL: http://www.presserat.info/inhalt/der-pressekodex/pressekodex.html.<br />
Deutscher Presserat: Richtlinie zu Ziffer 2 des Pressekodex. URL: http://www.presserat.info/<br />
inhalt/der-pressekodex/pressekodex/richtlinien-zu-ziffer-2.html.<br />
Doelker, Christian (1989): Kulturtechnik Fernsehen. Stuttgart<br />
Gaßdorf, Dagmar (1996): Das Zeug zum Schreiben – Eine Sprachschule für Praktiker. Bonn<br />
Günnel, Traudel/Werner, Ulrike (1999): Interview ist nicht gleich Interview. Handbuch für die<br />
medienpädagogische Ausbildung im Audiobereich. München<br />
Gurian, Erol: Journalisten Werkstatt Foto – Wege zum besseren Bild (I). Beilage zum Medium<br />
Magazin 4/2009<br />
Haller, Michael (Hrsg.) (2000): Recherchieren. Ein Handbuch für Journalisten. Konstanz<br />
Haller, Michael (Hrsg., 1995): Die Reportage. Ein Handbuch für Journalisten. Konstanz<br />
Haller, Michael (Hrsg., 2001): Das Interview. Ein Handbuch für Journalisten. Konstanz<br />
Haus der Geschichte der Bundesrepulblik Deutschland (Hrsg., 2000): Bilder, die lügen. Bouvier<br />
Verlag. Bonn<br />
Hoofacker, Gabriele (2002): Online-Journalismus. München und im Internet: www.online-journalismus.org/polyphem.php?nao=nore&hau=./recht/startrec&<br />
nal=nlre00<br />
Hruska, Verena (1999): Die Zeitungsnachricht. Information hat Vorrang. Bonn<br />
Kleinsteuber, Hans J. (1994): Nationale und internationale Mediensysteme. In: Merten/Schmidt/<br />
Weischenberg (Hrsg.): Die Wirklichkeit der Medien. Opladen<br />
© media consulting team
Literatur 9797<br />
Kliment, Tibor/Brunner, Wolfram (1998): Fernsehen in Deutschland. In: Hamm, Ing rid (Hrsg.): Die<br />
Zukunft des dualen Systems. Gütersloh<br />
Klingemann, Hans-Dieter/Klingemann, Ute (1983): „Bild“ im Urteil der Bevölkerung. In: Publizistik<br />
2/1983, S. 239ff<br />
Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK): Sicherung der Meinungsvielfalt<br />
in Zeiten des Umbruchs. Zweiter Medienkonzentrationsbericht 2003. www.<br />
kek-online.de<br />
LaRoche, Walther von (1999): Einführung in den praktischen Journalismus. München<br />
Linden, Peter/Bleher, Christian (2000): Glossen & Kommentare in den Printmedien. Berlin<br />
Mast, Claudia (2004): ABC des Journalismus. Konstanz<br />
Media Perspektiven Basisdaten – Daten zur Mediensituation in Deutschland 2008. www.mediaperspektiven.de/basisdaten.html<br />
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg., 2008): JIM-Studie 2008: Jugend, Information,<br />
(Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19jähriger.<br />
Meyn, Hermann (2004): Massenmedien in Deutschland. Konstanz<br />
Miehe, Kirsten/Miehe, Sven-Olaf (2005): Praxishandbuch Cooperative Learning. Effektives Lernen<br />
im Team. Meezen<br />
Mikos, Lothar (1992): Kitzel des Unvorhergesehenen. In: Hickethier, Knut (Hrsg.): Fernsehen. Frankfurt<br />
Noelle-Neumann/Schulz/Wilke (1989): Fischer Lexikon Publizistik. Massenkommunikation.<br />
Frankfurt<br />
Nowag, Werner; Schalkowski, Edmund (1993): Kommentar und Glosse. Konstanz<br />
Rager, Günther/Müller-Gerbes, Sigrun/Haage, Anne (1994): Leserwünsche als Herausforderung.<br />
Bonn<br />
Rager, Günther/Weber, Bernd (Hrsg., 1992): Publizistische Vielfalt zwischen Markt und Politik.<br />
Düsseldorf, Wien, New York, Moskau<br />
Rager, Günther/Weber, Bernd (Hrsg., 2001): Fit für die Jugend. Tipps für Zeitungsmacher. Berlin<br />
Reumann, Kurt (1994): Journalistische Darstellungsformen. In: Noelle-Neumann/ Schulz/Wilke:<br />
Fischer Lexikon Publizistik. Massenkommunikation. Frankfurt<br />
Resing, Christian (1997): Wenn Nachrichtenagenturen zu Produktfamilien werden. In: Die Zeitung.<br />
Nachrichten und Meinungen zur Medienpolitik, Nr. 1/2<br />
Rossig, Julian J. (2006): Fotojournalismus. UVK Konstanz<br />
Schmitz, Antje Dagmar (1998): Kreatives Schreiben in der Hauptschule. Donauwörth<br />
Schneider, Wolf/Raue, Paul-Josef (1996): Handbuch des Journalismus. Hamburg<br />
Schult, Gerhard/Buchholz, Axel (1982): Fernseh-Journalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und<br />
Praxis. München<br />
Schwarzwälder, Werner: Modernes Layout – Leitschnur für den Leser. In: Claudia Mast (Hrsg.,<br />
2004): ABC des Journalismus. EIn Handbuch. UVK Konstanz<br />
Striewisch, Tom (2007): Der große Humboldt Fotolehrgang. Humboldt Verlag Baden-Baden<br />
Thiele, Martina, Graf-Szczuka, Karola, Bodin, Michael: Frühe Weichenstellungen für die Lesekarriere.<br />
In: Rinsdorf, Lars/ Weber, Bernd/Wellmann, Falk/Werner, Petra (Hrsg., 2003): Journalismus<br />
mit Bodenhaftung. Münster<br />
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Literatur 9898<br />
Thomas, Carmen (1990): Und er ist doch bunt. In: Klaus, Elisabeth/Thomas, Carmen/Würzberg,<br />
H. Gerd: Ein Herz für O-Töne. Der Alltagsjournalismus. Stadthagen<br />
Urban, Dieter (1995): Pointierte Werbesprache. Geschriebene Texte – Gelesene Bilder. Zürich<br />
Weichert, Stephan/Kramp, Leif (2009): Das Verschwinden der Zeitung? Berlin<br />
Weischenberg, Siegfried (Hrsg., 2001): Nachrichten-Journalismus. Anleitung und Qualitäts-<br />
Standards für die Praxis. Wiesbaden<br />
www.mediaculture-online.de/Bildgestaltung.164.0.html<br />
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Konzeption, Inhalt<br />
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Dipl.-Journ. Anne Haage<br />
Anke Pidun<br />
Dipl.-Journ. Katrin Pinetzki<br />
Gestaltung, Produktion<br />
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