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PDF Katalog - Koller Auktionen

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Impressionismus & Klassische Moderne<br />

3264<br />

NOLDE, EMIL<br />

(1867 Nolde - 1956 Seebüll)<br />

Stehendes Zigeunermädchen. 1921.<br />

Aquarell auf feinem Japanpapier. Unten<br />

rechts in Bleistift signiert: Nolde.<br />

47,3 x 33,9 cm.<br />

Mit einer Fotoexpertise von Herrn Dr.<br />

Manfred Reuther, Stiftung Ada und Emil<br />

Nolde, Seebüll, 24 April 2007.<br />

Provenienz: Privatsammlung Schweiz .<br />

„Granada, die kulturgesättigte Stadt der<br />

maurischen Zeit, die Stadt mit ihren schönen<br />

Palästen, ihren träumenden Teichen,<br />

ihrem steinernen Löwenhof, ihrer spielenden<br />

Ornamentik, alles fröhlich und leicht“<br />

erinnert sich Emil Nolde später an seine<br />

Reise nach Südspanien, die er mit seiner<br />

Frau Ada 1921 unternimmt .<br />

Lange Jahre haben die Wirrungen des<br />

Ersten Weltkriegs den reiselustigen Maler<br />

in Deutschland und dem südlichen Dänemark<br />

festgehalten. Schwer muss das für<br />

ihn gewesen sein, der als ethnografischer<br />

Zeichner an der Medizinisch-demografischen<br />

Deutsch-Neuguinea-Expedition<br />

von 1913/14 teilgenommen hat, einer der<br />

letzten Expeditionen des deutschen Kaiserreichs<br />

zu den Kolonien im Pazifik. Der<br />

Weg dorthin führt Nolde nach Ostasien,<br />

dessen Kunst ihn ebenso beeindruckt wie<br />

die der Südseeinsulaner. Auf dem Rückweg<br />

nach Deutschland bricht der Krieg<br />

aus.<br />

„Andere Landschaft, anderes Leben, andere<br />

Menschen mussten wir sehen“ fasst<br />

Nolde die innere Unruhe des Ehepaars<br />

Nolde nach der harten Kriegszeit zusammen,<br />

und so reiste man über London, Paris<br />

und Südfrankreich nach Spanien. „Die<br />

Lage von Granada ist herrlich schön. Es<br />

waren aber doch wohl die vielen Zigeuner,<br />

die uns besonders interessierten, dreitausend<br />

sollen es sein“, schreibt er später.<br />

„Sie erinnerten an die harmlos schönen<br />

Naturvölker der Südsee, entfernt und<br />

anders, und doch ähnlich in ihrer menschlich<br />

losen Ungebundenheit. Hier waren<br />

es die braunhäutigen, schwarzhaarigen<br />

Zigeuner, mitten unter denen wir standen<br />

und ich arbeitend lebte“.<br />

Einen Monat bleiben die Noldes in Granada,<br />

eine Zeit der fieberhaften Tätigkeit<br />

für den Maler: „Ich malte und zeichnete<br />

dauernd.“ Nolde hält, meist in der von ihm<br />

geliebten Aquarelltechnik, das gleissende<br />

südspanische Licht in den Strassen<br />

Granadas fest, es entstehen Porträts und<br />

Studien wie „Mädchen mit Esel“ (Eigentum<br />

Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde).<br />

Längst waren die Zigeuner zur Attraktion<br />

der Touristen geworden, die in ihren<br />

Autos durch die Strassen fuhren, jedoch<br />

aus Angst nicht auszusteigen wagten:<br />

„Wir gingen durch all ihre Gässchen und<br />

hatten fast Freundschaften mit der Cilla<br />

und Maria - ihre Zigeunernamen waren<br />

Fraquito und Taguita - zwei ganz junge<br />

Mädchen. Sie kamen auch ins Hotel, und<br />

als sie sich selbst in dem grossen Spiegel<br />

sahen - so hatten sie sich nie früher gesehen<br />

- wurden sie vollständig wild. Sie<br />

tanzten rasende Tänze, und ich zeichnete<br />

eifrigst nach ihnen, um die Bewegungen<br />

zu erfassen.“<br />

Unser „Stehendes Zigeunermädchen“<br />

steht stolz und aufrecht in ihrer leuchtenden<br />

Tracht vor einem pastellfarbenen<br />

Hintergrund, auf dem sich übergross ihr<br />

Schatten abzeichnet. Selbstbewusst<br />

stützt sie die linke Hand in ihre Hüften.<br />

Und doch hat Nolde ein ganz zartes und<br />

anrührendes Porträt des jungen Mädchens<br />

geschaffen - ein Kind in Frauenpose.<br />

(Alle Zitate aus: Nolde, Emil. Reisen, Ächtung,<br />

Befreiung. 1919-1946, Hrsg. durch<br />

Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde, Köln<br />

1967.)<br />

CHF 70 000.- / 100 000.-<br />

€ 58 330.- / 83 330.-<br />

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