Eröffnungsrede von Pfarrer Ralph Beims am 12.4.2013 - Marktkirche ...
Eröffnungsrede von Pfarrer Ralph Beims am 12.4.2013 - Marktkirche ...
Eröffnungsrede von Pfarrer Ralph Beims am 12.4.2013 - Marktkirche ...
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Eröffnungsrede <strong>von</strong> <strong>Pfarrer</strong> <strong>Ralph</strong> <strong>Beims</strong> zur Ausstellung Brunnen der<br />
Liebe (Fountain of Love) <strong>am</strong> 12. April 2013 in der <strong>Marktkirche</strong>.<br />
Sehr geehrte D<strong>am</strong>en und Herren, liebe Kunstfreunde!<br />
Im N<strong>am</strong>en der <strong>Marktkirche</strong>ngemeinde – insbesondere des Kunstausschusses - heiße ich Sie<br />
alle herzlich willkommen zur Eröffnungsveranstaltung <strong>von</strong> Grafik und Installation unter<br />
dem Titel "Fountain of Love" <strong>von</strong> Elisabeth Stumpf.<br />
Ich begrüße besonders herzlich … und freue mich, dass sie heute bei uns in der <strong>Marktkirche</strong><br />
sein kann ... die Künstlerin Elisabeth Stumpf.<br />
Wer ist Elisabeth Stumpf?<br />
Aus der bei einer jungen Frau naturgemäß noch kurzen Biographie möchte ich folgende<br />
Momente herausgreifen:<br />
Geboren schon in letzten Jahrhundert ... in München.<br />
Von 2005-12 Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig.<br />
Von den bereits zahlreichen Ausstellungen möchte ich folgende herausgreifen, zunächst eine<br />
Ausstellung in Berlin, die den schönen Titel hat: "In Berlin kann man eh nicht leben, wenn<br />
man sich ernsthaft mit Kunst abgibt."<br />
In Goslar ist das offenbar anders, wie die heute wieder gute Resonanz bei dieser Eröffnung<br />
in der <strong>Marktkirche</strong> zeigt (, in Berlin kann man mitunter in der Tat ganz anderes erleben ...)<br />
Es folgen Ausstellungen in Frankfurt, in Wolfenbüttel und Wolfsburg und wieder in Berlin.<br />
Ich möchte außerdem die Ausstellung im Jahr 2012 in Mexico City unter dem Titel "The<br />
Mystery of Intersecting Paths" besonders hervorheben.<br />
Außerdem ist erwähnenswert, dass Elisabeth Stumpf im Jahr 2008 den Förderpreis des<br />
Goslarer Zontaclubs St. Barbara erhalten hat.<br />
Soweit einige Daten ...<br />
Wie arbeitet Elisabeth Stumpf?<br />
Im Marktgemeindebrief habe ich unter Rückgriff auf Gedanken <strong>von</strong> Anne Kersten folgendes<br />
erwähnt: Ausgangspunkt der Arbeit <strong>von</strong> Elisabeth Stumpf ist die idealisierte Landschaft der<br />
Romantik. Caspar David Friedrich, der bedeutendste deutsche Maler jener Zeit, sah die<br />
Natur als Spiegelung menschlicher Empfindungen und versuchte das Unerreichbare,<br />
Göttliche darzustellen.<br />
In den letzten Jahren finden sich in ihren Installationen immer wieder auch bunte<br />
Plastikblumen. Elisabeth Stumpf deutet selber: "Sie fallen <strong>von</strong> oben als Bild des Glücks ...<br />
Es sind Hochzeitsblumen und Grabschmuck zugleich, Geschenke an die Geliebte und<br />
verworfene Liebesmühe … und bezaubern uns allein durch die Vorstellung da<strong>von</strong>, die wir<br />
im Kopf haben."<br />
Und bei diesen Blumen, die wir heute ja direkt vor uns sehen, sind wir bei der Installation<br />
für die <strong>Marktkirche</strong>!<br />
"Fountain of Love" - ein Brunnen, eine Quelle der Liebe!<br />
Diese Installation steht im direkten Bezug zum Taufbecken, das sich heute hinter Ihnen<br />
befindet.
Im direkten inhaltlichen und zeitlichen Zus<strong>am</strong>menhang sind auch die Zeichnungen und die<br />
Maske entstanden, die im Nordschiff der <strong>Marktkirche</strong> zu sehen sind.<br />
Elisabeth Stumpf schreibt in der Projektskizze:<br />
"Auch in religiösen Bild und Formensprachen tritt das Bild einer Quelle als Metapher für<br />
Liebe, Trost, Verheißung und Erfüllung auf und kann daher unterschiedlichste<br />
Assoziationen beim Betrachter hervorrufen."<br />
Diese große Offenheit ist gut für uns Betrachtende - besonders für mich - kann ich doch nun<br />
einige persönliche Gedanken anfügen, die sich an Bildern und Installation anknüpfen.<br />
Ich möchte, und das legt der Ort <strong>Marktkirche</strong> nahe, an den Stichworten "Taufe" und<br />
"Religion" anknüpfen.<br />
Nun: was verbindet einen "Quell der Liebe" mit der Taufe?<br />
Nun: Vielleicht wird der eine oder die andere ganz spontan empfinden, dass beides<br />
verbunden ist ...<br />
Eine Quelle hier - und um Wasser geht ja dort auch.<br />
Doch über diese Verbindung hinaus geht es hier - bei den Blüten - und Glück und Segen:<br />
Blüten erscheinen bei Geburt ... erscheinen mitunter auf der Bettwäsche des Neugeborenen -<br />
denken wir auch an das Schubert'sche Wiegenlied, da heißt es: "mit Näglein (Nelklein!)<br />
besteckt (bestickt).<br />
Auch bei Trauungen spielen Blumen ein Rolle, gerade auch in der Kirche, wenn nachdem<br />
dem Paar der Segen zugesprochen wurde, Mann und Frau auf gestreuten Blüten die Kirche<br />
wieder verlassen. Übrigens: in der <strong>Marktkirche</strong> wie in vielen Kirchen auf getrockneten<br />
Blüten, also den Kunstblumen der Installation nicht ganz unähnlich.<br />
Und auch <strong>am</strong> Grabe, nachdem dem Erdwurf, greifen wir in die Schale und werfen Blüten auf<br />
den bereits in die Erde gesenkten Verstorbenen!<br />
Und bei der Taufe - ja dort geht es ohnehin um Leben und Tod!<br />
Sterben des alten Ad<strong>am</strong> ... und gleichzeitig die Verheißung einer Neugeburt im Geist<br />
Christi!<br />
... und wem die Schleier und Fratzen zu abgefahren erscheinen, dessen Blick sei auf die<br />
spezielle Geistsymbolik auf der Haube unseres Taufbeckens gelenkt: Fischartige Geister,<br />
Nixenartige Engel verbinden Himmel und Wasser und den Geist mit dem Menschen.<br />
Aber nun zur Formensprache generell:<br />
Wer die Bilder und auch die Installation bereits auf sich wirken ließ, der empfindet vielleicht<br />
- wie ich selber - Religiöses auf sehr archaische, sehr naturverbundene, elementare Weise.<br />
Bilder wie Brunnen wirken wie aus einer vorchristlichen - ja vielleicht auch<br />
nebenchristlichen oder gar nachchristlichen Zeit.<br />
... wie Ausdruck einer religiösen - und natürlichen - Erfahrung!<br />
Die Frauen auf den Zeichnungen erinnern teils an Hexen - aber noch nicht oder nicht mehr<br />
mittelalterlich-christliche verurteilt.<br />
Die Blüten-Bilder erwecken den Anschein noch paradieshafter Unschuld, als wären wir<br />
dabei bei einer ganz frühen Konstitution <strong>von</strong> Religion.<br />
Und ich glaube, diese Erinnerung, diese Bloßlegung des natürlich-Religiösen, tut uns gut,<br />
d<strong>am</strong>it die kulturelle Form der Religion, wie wir sie im Christentum ja gerade hier in Goslar,
gerade in der <strong>Marktkirche</strong> par excellence vorfinden, nicht blutleer wird, abgetrennt wird, <strong>von</strong><br />
den Quellen, die jede Religion speist:<br />
Das Numinose! Das Nichtfassbare! Das ganz Einfache!<br />
Der Bezirk dieser Erfahrung - hochzeitlich, bräutlich mit Blumen umkränzt - in der<br />
Leichtigkeit, im Heiteren und Frühlingshaften an die Atmosphäre der Lyrik des Hohen Lieds<br />
erinnernd - ist abgegrenzt wie ein heiliger Bezirk - mit einem Zaun, mit Fratzen dazu!<br />
Wir haben hier in der <strong>Marktkirche</strong> ebenfalls Erdgeister, verfratzte Wesen, die durch Feiler<br />
und Säulen der Kirchen niedergedrückt werden, um den Raum der Kirche nicht zu<br />
gefährden.<br />
Wie die Dämonen unter der Schwelle gewähnt werden -<br />
darum Bräute mitunter vom Bräutig<strong>am</strong> darüber getragen werden - so ist dieser Bereich<br />
gesichert ...<br />
... und doch auch gefährdet!<br />
Das Christentum ist eine Religion - werden die meisten übereinstimmend sagen!<br />
Aber das Christentum ist immer auch Anti-religiös!<br />
Ist Kultur der Bändigung und der Domestizierung der starken natürlichen Kräfte.<br />
Und doch ist die Verbindung zum Natürlichen - gerade in Taufe und Trauung und<br />
Trauerfeier ganz wesentlich!<br />
So habe wir hier nun in den kommenden Woche einen Born der Liebe - mitten in unserer<br />
Kirche - aber auch abgegrenzt.<br />
Er möge uns an die Weite und an die Tiefe unserer Lebensdimensionen erinnern!<br />
Er möge uns bewusst machen, dass wir mit unserer christlichen Kultur noch Mitte unserer<br />
gesellschaftlichen Identität sind - aber eben nicht deckungsgleich in ihr aufgehen.<br />
Im 1. Johannesbrief heißt es:<br />
"Gott ist die Liebe"!<br />
Das ist wahr! Und das lässt vieles zu und vieles offen!<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerks<strong>am</strong>keit.