Leitfaden zur Gesamtbankrisikosteuerung
Leitfaden zur Gesamtbankrisikosteuerung
Leitfaden zur Gesamtbankrisikosteuerung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Internal Capital Adequacy<br />
Assessment Process<br />
Fu‹r das GuV-Risikodeckungspotenzial ko‹nnen nur jene Deckungsmassen beru‹cksichtigt werden,<br />
die auch im Betrachtungszeitraum (= laufendes Gescha‹ftsjahr) verfu‹gbar sind. So ist insbesondere<br />
bei den stillen Reserven darauf zu achten, dass diese auch im Betrachtungszeitraum<br />
(laufendes Gescha‹ftsjahr) hebbar sind. Deshalb darf nur jener Wert in die Deckungsmasse<br />
u‹bernommen werden, der nach Beru‹cksichtigung eines Risikoabschlages (Pauschalwert oder<br />
Berechnung anhand eines wahrscheinlichkeitsorientierten Risikomessmodells) auch im Krisenfall<br />
als stille Reserve bestehen bleibt. Das folgende Beispiel soll dies verdeutlichen:<br />
Wenn eine Bank eine Anleihe um 100EUR erworben hat, der aktuelle Marktwert bei 110EUR<br />
steht und sich ein Zinsa‹nderungsrisiko fu‹r das Restjahr (Value-at-Risk) von 4EUR ergibt, so ko‹nnen<br />
in das GuV-Deckungspotenzial 6 EUR (110 EUR — 100 EUR — 4 EUR) eingestellt werden.<br />
Sollten diese Deckungsmassen nicht reichen, so stehen auch der Mindestgewinn sowie die u‹ber<br />
das aufsichtsrechtliche Mindestma§ hinausgehenden Eigenmittelbestandteile <strong>zur</strong> Verfu‹gung.<br />
Wenn dieses Deckungspotenzial schlagend wird, so ist zwar ein negatives Jahresergebnis meist<br />
nicht mehr zu vermeiden, die Bank kann aber weiterhin operativ ta‹tig bleiben. Weitere Risikodeckungspotenziale<br />
stehen in dieser Sichtweise nicht <strong>zur</strong> Verfu‹gung, da deren Angreifen entweder<br />
die Gescha‹ftsta‹tigkeit der Bank gefa‹hrdet (erforderliche Eigenmittel) oder sie im Betrachtungszeitraum<br />
nicht realisierbar sind (schwer hebbare stille Reserven). Der dargestellte Ansatz<br />
ist eine wu‹nschenswerte Weiterentwicklung der Risikotragfa‹higkeitsrechnung und kann von<br />
Banken im Rahmen des ICAAP <strong>zur</strong> Sicherung der Going-Concern-Bedingung verwendet werden.<br />
Deckungsmassen fu‹r den Liquidationsfall<br />
Das Deckungspotenzial fu‹r den Liquidationsfall soll die Anspru‹che der Gla‹ubiger<br />
absichern. Dafu‹r stehen grundsa‹tzlich alle Deckungsmassen <strong>zur</strong> Verfu‹gung,<br />
also auch die, die nicht fu‹r die Einhaltung der Going-Concern-Bedingung <strong>zur</strong><br />
Verfu‹gung stehen. Dies sind insbesondere das Mindesteigenkapital (ªKernkapitalÒ),<br />
die nachhaltigen, aber schwer bzw. nicht im Betrachtungszeitraum hebbaren<br />
stillen Reserven und die erga‹nzenden Eigenmittel. In der Intention des<br />
Liquidationsansatzes wird zuerst das Eigenkapital aufgezehrt. Erst im a‹u§ersten<br />
Notfall werden von den Banken auch die nachrangigen Kapitalbestandteile angegriffen.<br />
Derartige Kapitalbestandteile sind fu‹r die Verwendung und Beurteilung<br />
hinsichtlich Risikoabdeckung genau zu analysieren, da gemaܤ deren Ausgestaltung<br />
eine Nichtru‹ckzahlung bereits als Ausfall im weiteren Sinn zu klassifizieren<br />
ist. Dazu za‹hlen insbesondere bestimmte Bestandteile des Tier-2-Kapitals (Haftsummenzuschlag,<br />
Partizipationskapital, Erga‹nzungs- und Nachrangkapital) und<br />
des Tier-3-Kapitals.<br />
Wird letztlich auch dieses Deckungspotenzial ga‹nzlich verbraucht, so ko‹nnen<br />
die Gla‹ubigeranspru‹che nicht mehr erfu‹llt werden. Sollten die Verluste<br />
jedoch auch das Deckungspotenzial in der Liquidationssicht u‹berschreiten, so<br />
wu‹rde ein Ausfall mit Anlegerscha‹digung bzw. Eingreifen der Einlagensicherung<br />
vorliegen.<br />
Es liegt in der Verantwortung der Bank, die einzelnen Deckungsmassen zu<br />
identifizieren und zu klassifizieren. Entscheidend ist dabei, dass eine Bank die<br />
Deckungsmassen und deren Verfu‹gbarkeit richtig einscha‹tzt und mit den von<br />
diesem definierten Absicherungszielen in U‹ bereinstimmung bringt. Damit ist<br />
eine Bank in der Lage, die Risikotragfa‹higkeit zu beurteilen. Im folgenden Kapitel<br />
wird nun dargestellt, wie diese Risikotragfa‹higkeit sichergestellt werden<br />
kann.<br />
68 <strong>Leitfaden</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gesamtbankrisikosteuerung</strong>