Leitfaden zur Gesamtbankrisikosteuerung
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Internal Capital Adequacy<br />
Assessment Process<br />
In der einfachsten Form ko‹nnen aus historischen Daten Volatilita‹ten<br />
(Standardabweichungen) zu einer vorgegebenen Haltedauer abgeleitet werden.<br />
Diese ko‹nnen durch entsprechendes Umskalieren auf ein gewu‹nschtes Konfidenzniveau<br />
gebracht werden. Daraus la‹sst sich ein wahrscheinlichkeitsorientierter<br />
Risikowert ableiten. So kann das Risiko einer Aktie aus der historischen<br />
Schwankungsbreite abgeleitet und auf ein gewu‹nschtes Konfidenzniveau skaliert<br />
werden. Bei zinstragenden Instrumenten muss eine andere Vorgehensweise<br />
gewa‹hlt werden. Anhand klassischer Bewertungsmethoden (Sensitivita‹tsma§e)<br />
wie die Modified Duration oder der PVBP (Present Value of a Basis Point) kann<br />
eine Bank zuna‹chst die Sensitivita‹t des Barwertes der zinstragenden Position<br />
gegenu‹ber Vera‹nderungen der Marktzinsen berechnen. Es fehlt aber noch eine<br />
Aussage, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Zinsvera‹nderung eintritt. Diese<br />
Abscha‹tzung kann die Bank anhand eines wahrscheinlichkeitsorientierten Szenarios,<br />
das sich z. B. aus historischen Marktdaten ableitet (z. B. Zinsanstieg von<br />
100 Basispunkten), treffen.<br />
Eine solche pragmatische Methode ist jedoch nur bei ku‹rzeren Haltedauern<br />
oder fu‹r eine Grobindikation des Risikos geeignet. Sensitivita‹tsma§e (z. B. die<br />
Modified Duration) unterstellen eine sofortige Vera‹nderung der Zinsen und vernachla‹ssigen<br />
die Auswirkung des Betrachtungszeitraumes. Trotzdem kann fu‹r<br />
eine grobe Abscha‹tzung des Risikos durchaus auch aus einer Zinsvolatilita‹t eine<br />
Preisvolatilita‹t abgeleitet werden. 43<br />
Fu‹r eine risikoklassenu‹bergreifende, wahrscheinlichkeitsorientierte und<br />
vollsta‹ndige Risikomessung empfiehlt sich die Verwendung von VaR-Modellen.<br />
Die Vorteile liegen in der Aggregierbarkeit der einzelnen Risiken und der leichteren<br />
Skalierbarkeit (Vera‹nderung des Betrachtungszeitraums, Vera‹nderung des<br />
Konfidenzniveaus). Fu‹r Banken, die hinsichtlich Umfang und Art der Handelsbesta‹nde<br />
ein hohes Risikoprofil aufweisen, ist die Verwendung eines VaR-<br />
Modells fu‹r die bankinterne Risikomessung angemessen.<br />
Die am weitesten verbreiteten VaR-Methoden sind der Varianz-Kovarianz-<br />
Ansatz, die historische Simulation und die Monte-Carlo-Simulation. Die Vorund<br />
Nachteile bzw. die Anwendbarkeit der einzelnen Modelle ha‹ngen u.a. auch<br />
von der Portfoliostruktur der Bank ab. Dies ist insbesondere dann bei der Wahl<br />
des geeigneten Modells zu beru‹cksichtigen, wenn die Bank in gro‹§erem Ma§e<br />
nicht-lineare Derivate (z. B. Optionen) im Handelsbestand hat. 44<br />
Im Rahmen der Marktpreisrisikomessung sollten auch etwaige Marktliquidita‹tsrisiken<br />
beru‹cksichtigt werden. Marktliquidita‹tsrisiken (auch Fungibilita‹tsrisiken<br />
oder Liquidationsrisiken genannt) resultieren daraus, dass eine Position<br />
nicht in der gewu‹nschten Zeit oder nur unter Inkaufnahme eines Kursabschlags<br />
(Market Impact) vera‹u§erbar ist. Dies ist insbesondere bei Wertpapieren/Derivaten<br />
auf illiquiden Ma‹rkten der Fall, oder wenn eine Bank so gro§e Positionen<br />
besitzt, dass diese nicht ohne Weiteres vera‹u§erbar sind. Die Messung dieser<br />
Marktliquidita‹tsrisiken kann durch eine la‹ngere Haltedauer in der Risikomessung<br />
(z. B. Haltedauer fu‹r den VaR) oder u‹ber Erfahrungswerte beru‹cksichtigt<br />
werden. In diesem Zusammenhang soll eine Bank den Grundsa‹tzen der vorsich-<br />
43 Vgl. OeNB <strong>Leitfaden</strong>reihe zum Marktrisiko, Band 4: Optionsrisiken, Kapitel 2.5.3<br />
44 Vgl. De Raaij, Raunig, Value-at-Risik, OeNB, Berichte und Studien, 4/1998, bzw. Steiner et al., Value-at-Risk-<br />
Scha‹tzung bei Optionen, S. 69 f.<br />
52 <strong>Leitfaden</strong> <strong>zur</strong> <strong>Gesamtbankrisikosteuerung</strong>