Der GMOfinder - DLR Online: Deutsche Lebensmittel Rundschau
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» Akzente 611<br />
Es ist der ALTS, der irrt!<br />
Ist „glutenfrei“ für von Natur aus glutenfreien<br />
Käse irreführend, so ALTS,<br />
69. Arbeitstagung Juni 2012, unter<br />
TOP 9? Mitnichten.<br />
Das Regelbeispiel der Werbung<br />
mit Selbstverständlichkeiten erfasst<br />
(ab 2014) Art. 7 Abs. 1 lit. c LMIV<br />
1169/2011; dieser Artikel ist zwar<br />
nicht wort-, gleichwohl inhaltsgleich<br />
mit Art. 2 Abs. 1 lit. a) iii) Richtlinie<br />
2000/13. <strong>Der</strong> deutsche Gesetzgeber<br />
übernahm übrigens erst mit Erlass<br />
des LFGB nach 26 Jahren (!) mit § 11<br />
Abs. 1 Nr. 3 LFGB diese Fallgruppe<br />
des Art. 2 der RL 2000/13 (ex 79/112/<br />
EWG), zu dem es im LMBG kein Pendant<br />
gab.<br />
Irreführend kann das Hervorheben<br />
von Eigenschaften (aber nur)<br />
sein, trotz ihrer objektiven Richtigkeit,<br />
die dem <strong>Lebensmittel</strong> ohnehin<br />
eigen oder gesetzlich vorgeschrieben<br />
sind, wenn der Verkehr das Selbstverständliche<br />
der Eigenschaft nicht<br />
kennt bzw. erkennt und deshalb zu<br />
Unrecht von einem Vorzug des beworbenen<br />
<strong>Lebensmittel</strong>s gegenüber<br />
vergleichbaren anderen Erzeugnissen<br />
ausgeht (Meyer/Streinz, Kommentar,<br />
2. Auflage 2012, § 11 LFGB,<br />
Rn. 114).<br />
In nicht weiter verarbeitetem Zustand<br />
ist (Natur-)Käse glutenfrei; bei<br />
beispielsweise der Verwendung von<br />
Gewürz- und Kräuterzubereitungen<br />
(für Käse und Erzeugnisse aus Käse;<br />
s. §§ 3 und 4 KäseVO) oder der aus<br />
Getreide hergestellten Stärke (für<br />
Käsezubereitungen) könnte dies<br />
aber nicht mehr der Fall sein. Die<br />
Freiheit von Gluten ist demzufolge<br />
eben keine selbstverständliche Eigenschaft<br />
für Produkte der KäseVO.<br />
Aber kommt es hierauf überhaupt<br />
an? Nein.<br />
Irreführend kann nämlich nicht<br />
sein, was legal nach der GlutenVO<br />
<strong>DLR</strong> | Dezember 2012 «<br />
41/2009 gekennzeichnet ist. Diese<br />
legt in Art. 3 fest, dass ein <strong>Lebensmittel</strong><br />
als „glutenfrei“ gekennzeichnet<br />
werden darf, das einen Glutengehalt<br />
von höchstens 20 mg/kg aufweist,<br />
während <strong>Lebensmittel</strong>, die einen<br />
Glutengehalt von 20–100 mg/kg aufweisen,<br />
mit „sehr geringer Glutengehalt“<br />
gekennzeichnet werden dürfen.<br />
Diese Vorgaben der GlutenVO<br />
41/2009 gelten auch dann, wenn die<br />
Freiheit von Gluten für das jeweilige<br />
Produkt selbstverständlich wäre.<br />
Hätte der Verordnungsgeber weitere<br />
Voraussetzungen für die Verwendung<br />
der Auslobung „glutenfrei“<br />
regeln wollen, wie den Ausschluss<br />
solcher <strong>Lebensmittel</strong>, die von Natur<br />
aus glutenfrei sind, hätte er dies ausdrücklich<br />
aufgenommen bzw. regeln<br />
müssen. Eines (aufklärenden) Hinweises<br />
„von Natur aus glutenfrei“<br />
bedarf es daher nicht.<br />
Auch ein Vergleich mit der<br />
Health-ClaimVO 1924/2006 zeigt, dass<br />
wahre Angaben über die Beschaffenheit<br />
eines <strong>Lebensmittel</strong>s, wie die<br />
über Nährwerte, zulässig sind. Nach<br />
Art. 8 i. V. m. dem Anhang der HCVO<br />
1924/2006 sind nährwertbezogene<br />
Angaben zulässig, losgelöst von der<br />
Selbstverständlichkeit einer Aussage<br />
für das jeweilige <strong>Lebensmittel</strong>, sofern<br />
die Anforderungen hierfür erfüllt<br />
werden. Zulässig ist daher auch die<br />
Angabe „fettfrei“ für von Haus aus<br />
fettfreie Gummibärchen (so schon<br />
OLG Düsseldorf ZLR 2005, 513).<br />
Mit seinem „Recht leicht gemacht“<br />
sollte es sich der ALTS (zukünftig)<br />
nicht zu leicht machen.<br />
Alfred Hagen Meyer<br />
Prof. Dr.<br />
Alfred Hagen Meyer<br />
Herausgeber <strong>DLR</strong><br />
meyer.rechtsanwälte