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Der GMOfinder - DLR Online: Deutsche Lebensmittel Rundschau

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» Standpunkt 623<br />

Gefährliche <strong>Lebensmittel</strong><br />

Auch heute ein Problem?<br />

Peter Kuhnert<br />

Noch nie gab es in der Geschichte<br />

der Menschheit ein so reichhaltiges<br />

und sicheres Nahrungsangebot:<br />

<strong>Lebensmittel</strong> sind in den<br />

Industrienationen zu jeder Jahresund<br />

Tageszeit in großer Auswahl<br />

der Darbietungsformen und Zubereitungen,<br />

preisgünstig zu erhalten.<br />

Durchschnittlich für ein Sechstel des<br />

Einkommens bekommt der Verbraucher<br />

geschmacklich und physiologisch<br />

hochwertige, gesundheitlich<br />

und hygienisch unbedenkliche Waren<br />

angeboten. Wir könnten zufrieden<br />

und glücklich sein, aber …<br />

Die Angst<br />

Trotz dieser begeisternd schönen<br />

Rundum-Versorgung überbieten sich<br />

Medien und „Berater“ aller Art mit<br />

Warnungen und Ermahnungen, wie<br />

es noch besser, noch gesünder sein<br />

könnte. So finden immer mehr Nahrungsergänzungsmittel<br />

und „angereicherte“<br />

<strong>Lebensmittel</strong> als „Functional<br />

Food“ einen immer größeren<br />

Markt. Hierzu bedienen sie sich<br />

Heilsversprechen, die man ohne diese<br />

Mittel ja verpassen würde, oder<br />

drastischen Schilderungen von Ernährungsfehlern<br />

und den dazugehörenden<br />

Krankheitsbildern und versuchen<br />

ihr Ziel durch Erzeugen von<br />

Ängsten zu erreichen.<br />

Wie kann einer gesund leben,<br />

der sich zwanghaft bei jedem Bissen<br />

sorgt und jede Zutat ängstlich<br />

hinterfragt, ob denn dies auch „gesund“<br />

sei? Das Problem der aufgebesserten<br />

<strong>Lebensmittel</strong> sind nicht die<br />

<strong>DLR</strong> | Dezember 2012 «<br />

zugefügten Stoffe, sondern die beigefügten<br />

Heilsversprechen. Zu einer<br />

Gefahr werden sie, wenn damit (gezielt!)<br />

Ängste vor der Normalkost<br />

und deren Genuss erzeugt werden.<br />

Die Gewissensappelle<br />

<strong>Der</strong> zweite Weg zu Ernährungsfehlern<br />

führt über den drohenden Zeigefinger<br />

direkt in den Hinterkopf,<br />

führt also über das Gewissen. Beim<br />

Einkauf werden wir bombardiert<br />

mit Appellen, Ratschlägen, Argumenten<br />

und Werbungen für natürlich,<br />

naturnah, unverändert, nativ;<br />

ohne Chemie, ohne Pestizide, ohne<br />

Zusatzstoffe und anderes sog. „clean<br />

labelling“; Tierschutz, artgerechte<br />

Tierhaltung, korrekte Schlachtung;<br />

regionale Herkunft und mit kurzen<br />

Transportwegen; Schutz vor Kinderund<br />

Sklavenarbeit, Fair Trade; unsere<br />

eigene Figur und deren Body-Mass-<br />

Index; die Gesichtsfarbe, Aktivität,<br />

Potenz, Haarlänge, Knochendichte,<br />

Darmflora, Immunresistenz, Cholesterinspiegel,<br />

Leberfunktion und<br />

Lernfähigkeit.<br />

Jedes dieser „ideologischen“ Argumente<br />

ist für sich richtig. Aber in<br />

ihrer Vielzahl bewirken sie, dass Normalverbraucher,<br />

sowohl beim Einkauf<br />

als auch bei Tisch, nicht mehr<br />

auf ihre Augen, Zungen und Gaumen<br />

vertrauen, sondern (nur noch)<br />

mit ihrem Gewissen beißen. Sie geben<br />

somit die Verantwortlichkeit für<br />

ihr Essen an vielerlei Einflüsterer ab;<br />

sie essen fremdgesteuert! Ein Verkopfen<br />

des Essens, das unweigerlich<br />

zu einem erheblichen Verlust an Lebensqualität<br />

führt.<br />

Das hedonistische Lustprinzip, der<br />

sinnliche Genuss, sollte zwar nicht<br />

der alleinige Ratgeber sein, aber<br />

Peter Kuhnert<br />

»<br />

Zur Person<br />

<strong>Lebensmittel</strong>chemiker,<br />

seit Langem Autor<br />

und Herausgeber des<br />

„Handbuch <strong>Lebensmittel</strong>zusatzstoffe“<br />

und<br />

anderer Bücher<br />

«<br />

» Die allergefährlichste<br />

<strong>Lebensmittel</strong>zutat ist<br />

die Angst! «<br />

es sollte ein wichtiger und liebenswerter<br />

Mitspieler bleiben. Ein Mitspieler,<br />

der uns hilft, überzogene<br />

Moralappelle auf das real Einhaltbare<br />

zurechtzustutzen.<br />

<strong>Der</strong> Schlankheits- und<br />

Gesundheitswahn<br />

Nach den Werbebildern werden gesunde<br />

<strong>Lebensmittel</strong> ausschließlich<br />

von vitalen Gazellen und superaktiven<br />

Giraffen verzehrt. Für sie – aber<br />

genauso für jeden normal gebauten<br />

Verbraucher – gilt:<br />

Was verzehrt wird, wird auch verdaut,<br />

verwertet und liefert Kalorien.<br />

Wie glücklich ist ein verkrampfter Ka-

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