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Votrag zum Thema Raum in Halberstadt - Kitas im Dialog

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„E<strong>in</strong> Traum vom <strong>Raum</strong>?!“<br />

<strong>Thema</strong> der Fachtagung der Diakonie Mitteldeutschland<br />

<strong>in</strong> <strong>Halberstadt</strong> am 09.06.2007<br />

Dozent<strong>in</strong> Frau Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

Me<strong>in</strong> Ziel ist, mit Ihnen heute e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen Bildungsprozess zu<br />

konstituieren.<br />

Wir wollen <strong>in</strong> uns h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>horchen, reflektieren, nachfragen, widersprechen:<br />

Wieso sehe ich etwas so und nicht anders? Das sehe ich aber ganz anders!<br />

Wieso sehe ich jetzt etwas ganz neu? Was war die Idee die dah<strong>in</strong>ter steht?<br />

Dieses s<strong>in</strong>d wichtige Denkprozesse, die wir jetzt geme<strong>in</strong>sam so bewusst wie<br />

möglich vollführen wollen.<br />

Me<strong>in</strong> Ziel ist es nicht, Ihnen heute e<strong>in</strong>e Anleitung <strong>zum</strong> „Schöner Wohnen <strong>im</strong><br />

K<strong>in</strong>dergarten“ zu geben, denn es ist durchaus streitbar, was wir als schön, als<br />

gemütlich, als raumfüllend oder als raumbereichernd empf<strong>in</strong>den. Ich möchte<br />

mit Ihnen heute etwas viel grundlegenderes machen.<br />

Wir werden <strong>im</strong> Folgenden geme<strong>in</strong>sam drei Schritte vollziehen.<br />

Zunächst wollen wir über K<strong>in</strong>dheit und <strong>Raum</strong> reden. Nicht über K<strong>in</strong>der, über<br />

K<strong>in</strong>dheit. Die Fragen die uns dabei beschäftigen s<strong>in</strong>d: Wie wird K<strong>in</strong>dheit <strong>im</strong><br />

<strong>Raum</strong> konzipiert und was hat sich daran <strong>in</strong> den letzten 60,70 Jahren<br />

verändert?<br />

Das heißt, wir werden über die Modernisierung von K<strong>in</strong>dheit reden, über die<br />

Veränderung von K<strong>in</strong>dheit <strong>im</strong> Verhältnis zur Gesellschaft, <strong>im</strong> Verhältnis <strong>zum</strong><br />

<strong>Raum</strong>. Als <strong>Raum</strong> me<strong>in</strong>e ich dabei nicht den Gruppenraum. Der <strong>Raum</strong> der hier<br />

angesprochen ist, me<strong>in</strong>t den gesellschaftlichen <strong>Raum</strong>. E<strong>in</strong> gesellschaftlich<br />

konstituierter <strong>Raum</strong>.<br />

E<strong>in</strong> gesellschaftlich konstituierter <strong>Raum</strong> ist etwas, an dem alle teilhaben. Wir<br />

alle haben Anteil daran, wie der <strong>Raum</strong> konstituiert ist und wie er mit Regeln<br />

und Machtverhältnissen durchzogen ist.<br />

Der zweite Schritt ist dann, dass wir überlegen müssen:<br />

Was heißt <strong>Raum</strong> und Bildung? Was heißt vor allem <strong>Raum</strong> und elementare<br />

Bildung? Wie hängt beides mite<strong>in</strong>ander zusammen?<br />

Danach wollen wir uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dritten, entscheidenden Schritt fragen:<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 1/19


Was heißt das für die ganz konkrete Gestaltung des <strong>Raum</strong>es <strong>in</strong> und um die<br />

Kita herum?<br />

Eventuell auch: Was heißt das für die Gestaltung des Sozialraumes <strong>in</strong> dem die<br />

Kita angesiedelt ist. Wichtig ist mir dabei, dass wir geme<strong>in</strong>sam best<strong>im</strong>mte<br />

Denkpr<strong>in</strong>zipien entwickeln und dass wir darüber nachdenken:<br />

Was bedeutet das e<strong>in</strong> oder andere Pr<strong>in</strong>zip für die tägliche <strong>Raum</strong>gestaltung <strong>in</strong><br />

der Kita?<br />

E<strong>in</strong> ganz wichtiges, grundlegendes Pr<strong>in</strong>zip, das <strong>im</strong>mer gilt ist, dass zuallererst<br />

e<strong>in</strong> jeder von uns das eigene Verhältnis <strong>zum</strong> Gegenstand klären muss. Der<br />

Soziologe Elias spricht <strong>in</strong> diesem Zusammenhang von Engagement und<br />

Distanz. Engagement me<strong>in</strong>t dabei: Wir müssen uns klar werden über unser<br />

Verhältnis <strong>zum</strong> Gegenstand über den wir reden wollen.<br />

Ich kann über etwas soziologisches, soziales, pädagogisches, und auch über<br />

etwas räumliches nur reden, wenn ich e<strong>in</strong>e Haltung dazu habe, wenn ich Teil<br />

dieser Gegebenheit b<strong>in</strong>. Dazu muss ich me<strong>in</strong> eigenes Verhältnis <strong>zum</strong><br />

Gegenstand f<strong>in</strong>den. Dies kann ich aber nur, wenn ich Teil des Ganzen b<strong>in</strong>.<br />

Im Bezug auf das <strong>Thema</strong> <strong>Raum</strong> s<strong>in</strong>d wir unvermeidlich Teil des<br />

Gegenstandes. Wir können nicht aus dem <strong>Raum</strong>, überall um uns herum ist<br />

<strong>Raum</strong>. Wir können uns, unseren Körper und unseren Geist nicht vom <strong>Raum</strong><br />

trennen. Wir alle haben Vorstellungen vom <strong>Raum</strong>, Haltungen <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong>. Wir<br />

wissen was wir schön f<strong>in</strong>den, was wir gemütlich und ansprechend f<strong>in</strong>den. Wir<br />

wissen was mögen wir an und <strong>in</strong> Räumen und was mögen wir nicht.<br />

Wenn wir e<strong>in</strong>en <strong>Raum</strong> betreten, dann verhalten wir uns <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong>. Wir legen<br />

unsere Sachen ab, wir benutzten das Inventar, platzieren uns, verrücken<br />

möglicherweise Gegenstände, so dass sie für uns am rechten Fleck s<strong>in</strong>d.<br />

Wir müssen uns <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong> verhalten, sofort wenn wir ihn betreten. Was heißt<br />

aber, sich „<strong>zum</strong> <strong>Raum</strong> verhalten?“<br />

Schon alle<strong>in</strong> dadurch, wo ich stehe, verhalte ich mich <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong>. Man verhält<br />

sich aber nicht zu dem <strong>Raum</strong> als leeren, abstrakten „Behälter“, man verhält<br />

sich zu den Personen und zu den D<strong>in</strong>gen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>, man stellt sich zu ihnen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Verhältnis. Wenn ich e<strong>in</strong>en <strong>Raum</strong> betrete, <strong>in</strong> dem sich Personen bef<strong>in</strong>den,<br />

dann nehme ich e<strong>in</strong>e best<strong>im</strong>mte Position e<strong>in</strong>, ich trete zu den <strong>im</strong> <strong>Raum</strong><br />

bef<strong>in</strong>dlichen Personen <strong>in</strong> e<strong>in</strong> best<strong>im</strong>mtes Verhältnis.<br />

Worum geht es also, wenn wir über <strong>Raum</strong> reden?<br />

<strong>Raum</strong> s<strong>in</strong>d nicht die Quadratmeter, die vier Wände, die uns umgeben, <strong>Raum</strong><br />

ist das Verhältnis, <strong>in</strong> das ich trete: zu den anderen Personen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> und zu<br />

den D<strong>in</strong>gen <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>.<br />

<strong>Raum</strong> ist damit e<strong>in</strong> Verhältnisbegriff, e<strong>in</strong> Beziehungsbegriff, e<strong>in</strong> relationaler<br />

Begriff. Das bedeutet, e<strong>in</strong> <strong>Raum</strong> ist nichts ohne die Menschen, die sich <strong>in</strong> ihm<br />

bef<strong>in</strong>den. Und die Menschen <strong>in</strong> den Räumen s<strong>in</strong>d Akteure, das heißt, sie<br />

gestalten die Räume, sie gestalten <strong>Raum</strong> durch ihre Beziehungen und durch<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 2/19


das Verhältnis, das sie zu den D<strong>in</strong>gen (Farben, Fußbodenmaterial, Möbel) <strong>im</strong><br />

<strong>Raum</strong> e<strong>in</strong>nehmen.<br />

Es geht also grundlegend um die Gestaltung von Beziehungen <strong>in</strong> <strong>Raum</strong>,<br />

Beziehungen zu Personen, Beziehungen zu Gegenständen.<br />

Die Frage hier ist:<br />

WAS LÄßT DER RAUM ZU?<br />

Wenn wir e<strong>in</strong>en <strong>Raum</strong> umgestalten, dann heißt das, unser Verhältnis zu den<br />

Personen und D<strong>in</strong>gen neu gestalten, das heißt auch, uns über unser<br />

Verhältnis zu diesen Personen und Gegenständen bewusst zu werden und<br />

diese zu überdenken und möglicherweise neu zu strukturieren.<br />

Aus dem bisher gesagten ergeben sich folgende Überlegungen für K<strong>in</strong>dheit:<br />

1. Ich komme nicht raus aus dem <strong>Raum</strong>. Überall um uns herum ist <strong>Raum</strong>.<br />

Körper ist ohne <strong>Raum</strong> nicht zu denken bzw. <strong>Raum</strong> ist ohne das Verhältnis der<br />

Körper zu den Gegenständen nicht zu denken. Wir er<strong>in</strong>nern uns: Elias prägte<br />

hierfür den Begriff Engagement. Engagement <strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne von: Ich b<strong>in</strong> beteiligt,<br />

ich b<strong>in</strong> Teil des <strong>Raum</strong>es. Wir haben zu allen Gegenständen e<strong>in</strong>e Position. Die<br />

eigene Position, unsere Haltung müssen wir uns bewusst machen.<br />

2. Wir alle haben Erfahrungen mit <strong>Raum</strong> gemacht. Der e<strong>in</strong>e hat e<strong>in</strong> Faible für<br />

<strong>Raum</strong>gestaltung, für Farben, Formen und Proportionen, e<strong>in</strong>em anderen<br />

wiederum ist dies alles relativ egal. All unsere bisherigen Erfahrungs- und<br />

Bildungsprozesse gehen stark <strong>in</strong> unsere abstrakten Vorstellungen vom <strong>Raum</strong><br />

e<strong>in</strong>. Je nachdem welche Erfahrungen wir bisher <strong>in</strong> unserer Sozialisation mit<br />

<strong>Raum</strong> gemacht haben, werden wir best<strong>im</strong>mte <strong>Raum</strong>vorlieben ausgebildet<br />

haben. Wir haben e<strong>in</strong>en best<strong>im</strong>mten Geschmack, wir haben mehr oder<br />

weniger feste Vorstellungen von e<strong>in</strong>em <strong>Raum</strong>, wie wir ihn haben wollen. Wir<br />

haben gelernt, wir können <strong>Raum</strong> gestalten oder wir können es nicht. Wir<br />

mögen entweder <strong>Raum</strong> der voll ist, wo viel dr<strong>in</strong> ist oder wir mögen weite, leere<br />

Räume. Unsere <strong>Raum</strong>vorstellungen und <strong>Raum</strong>vorlieben bzw. -abneigungen<br />

beruhen auf unserer <strong>in</strong>dividuellen <strong>Raum</strong>sozialisation. Wie ich me<strong>in</strong>en<br />

Wohnraum oder me<strong>in</strong>en Arbeitsplatz gestalte hat demnach viel mit unseren<br />

bisherigen Erfahrungen, mit unseren je <strong>in</strong>dividuellen und auch den beruflichen<br />

Bildungsprozessen zu tun.<br />

Da jeder von uns ganz eigene, ganz <strong>in</strong>dividuelle Erfahrungen mit <strong>Raum</strong><br />

gesammelt, hat auch jeder andere Vorlieben, die man auch wertschätzen und<br />

achten sollte, so wie man die Person an sich wertschätzt. Es gibt ke<strong>in</strong>en an<br />

sich guten oder schlechten Geschmack. Wir müssen uns nur darüber bewusst<br />

werden, wie die e<strong>in</strong>zelnen Geschmäcker und Vorliebe s<strong>in</strong>d.<br />

3. Wichtig ist auch, dass wir uns auch darüber bewusst werden, wie diese<br />

Vorstellungen gewachsen s<strong>in</strong>d, welchen <strong>in</strong>dividuellen Bedürfnissen sie<br />

entstammen. So kann man sich beispielsweise fragen: Woher kommt es, dass<br />

ich Tische und Stühle wegstelle, um Platz zu schaffen? Wie geh ich mit <strong>Raum</strong><br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 3/19


um? Wie ist me<strong>in</strong> Verhältnis <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong>? Was mag ich <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>? Mag ich<br />

Platz <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>, mag ich viel Licht und Sonne, mag ich verw<strong>in</strong>kelte Ecken oder<br />

mag ich vielleicht enge, volle Räume mit vielen Bildern an den Wänden? Dies<br />

alles basiert auf der eigenen <strong>Raum</strong>sozialisation.<br />

Wichtig ist also, dass wir uns über unser <strong>in</strong>dividuelles Verhältnis <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong>,<br />

über die eigenen Vorstellungen vom <strong>Raum</strong> bewusst werden.<br />

Danach kommt der zweite Schritt.<br />

Nachdem wir uns bewusst geworden s<strong>in</strong>d über unser Verhältnis <strong>zum</strong><br />

Gegenstand, <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong>, müssen wir Distanz e<strong>in</strong>nehmen. Wir müssen e<strong>in</strong>en<br />

Schritt zurücktreten, von uns selbst, von den eigenen Prägungen und<br />

Erfahrungen. Distanz ist schwer wenn man selbst Teil des Gegenstandes ist.<br />

Die eigenen Geschmäcker, Vorstellungen und Vorlieben müssen außer Acht<br />

gelassen werden, um kühl und neutral über den Gegenstand nachdenken zu<br />

können. Auch die eigenen Ängste müssen außen vorgelassen werden. Das<br />

bedeutet aber nicht alles andere zu vergessen.<br />

Wir müssen uns fragen:<br />

Was s<strong>in</strong>d die Konsequenzen für das eigene Handeln <strong>in</strong> der Kita, für das<br />

Handeln mit den K<strong>in</strong>dern zusammen?<br />

Ergebnisse der Diskussion- Reflexionen der an der Weiterbildung beteiligten<br />

Erzieher<br />

- Freiräume schaffen und Vorgeben von Regeln so weit wie möglich<br />

begrenzen<br />

- die eigene Erziehung die man genossen hat, das Umfeld <strong>in</strong> dem man<br />

sich bewegt und die eigene Identifizierung s<strong>in</strong>d Ausgangspunkt für alles<br />

weitere<br />

- die Zeit <strong>in</strong> der man geboren wurde prägt die eigenen Vorstellungen, jede<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong> hat ihre eigene Prägung, wichtig ist die geme<strong>in</strong>same<br />

Reflexion der Unterschiedlichkeit<br />

- es existiert e<strong>in</strong>e Widersprüchlichkeit: auf der e<strong>in</strong>en Seite müssen K<strong>in</strong>der<br />

erst lernen mit Freiraum umzugehen, dazu brauchen sie erst Regeln<br />

und Werte des Zusammenlebens, auf der anderen Seite unterdrücken<br />

diese Regeln Kreativität<br />

- oftmals s<strong>in</strong>d zu viele K<strong>in</strong>der auf engem <strong>Raum</strong><br />

Ich komme nun zurück zu me<strong>in</strong>em ersten Punkt. K<strong>in</strong>dheit und <strong>Raum</strong>.<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 4/19


Welche Position haben die K<strong>in</strong>der <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong>? Wie hat sich das Verhältnis der<br />

K<strong>in</strong>der <strong>zum</strong> <strong>Raum</strong> verändert?<br />

In den 70er Jahren begann e<strong>in</strong>e Diskussion, die <strong>in</strong> Deutschland eigentlich<br />

ke<strong>in</strong>e Vorgänger hatte. Es wurde erstmals systematisch darüber nachgedacht,<br />

wie sich K<strong>in</strong>dheit verändert hat. K<strong>in</strong>dheit hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon<br />

rasend schnell verändert, doch es fiel zu dieser Zeit erstmals so stark auf.<br />

Dieser Veränderungsprozess von K<strong>in</strong>dheit wurde als Modernisierung von<br />

K<strong>in</strong>dheit bezeichnet.<br />

Das bedeutet: wir haben die Vorstellung, K<strong>in</strong>dheit sei e<strong>in</strong>e Art Schonraum,<br />

e<strong>in</strong>e Art „Blase“ e<strong>in</strong>e Art <strong>Raum</strong>, <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der sich entwickeln, <strong>in</strong> der sie sich<br />

sozusagen weitgehend unerfasst von gesellschaftlichen<br />

Veränderungsprozessen entwickeln. Dies be<strong>in</strong>haltet die Vorstellung, dass<br />

K<strong>in</strong>dheit <strong>im</strong>mer bleibt, wie sie schon <strong>im</strong>mer war. Diese Vorstellung hatte sich<br />

seit Mitte des letzten Jahrhunderts deutlich verändert. Denn der k<strong>in</strong>dliche<br />

Schonraum wird durch die gesellschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen und E<strong>in</strong>flüsse<br />

zerstört und irritiert.<br />

Was s<strong>in</strong>d die deutlichen Veränderungen von K<strong>in</strong>dheit und was haben sie mit<br />

<strong>Raum</strong> zu tun?<br />

Wenn K<strong>in</strong>dheit ke<strong>in</strong> Schonraum ist, der vor äußeren E<strong>in</strong>flüssen, vor<br />

gesellschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen und Veränderungsprozessen geschützt ist,<br />

dann müssen wir aus pädagogischer Sicht heraus e<strong>in</strong>en solchen <strong>Raum</strong><br />

herstellen. Wir müssen e<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>derwelt für die K<strong>in</strong>der bewahren. Wir müssen<br />

die K<strong>in</strong>der vor den E<strong>in</strong>flüssen der Gesellschaft schützen, ihnen e<strong>in</strong>en<br />

Schonraum, e<strong>in</strong> k<strong>in</strong>dgerechtes Territorium, e<strong>in</strong>en geschützten <strong>Raum</strong> bieten.<br />

Auf diese Weise konstruieren wir K<strong>in</strong>dheit als <strong>Raum</strong>. Wir Erwachsene<br />

konstruieren e<strong>in</strong>en <strong>Raum</strong> für die K<strong>in</strong>der. E<strong>in</strong>en <strong>Raum</strong> <strong>in</strong> dem K<strong>in</strong>der ungetrübt<br />

von gesellschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen leben können, <strong>in</strong>dem sie spielen können,<br />

<strong>in</strong> dem sie mit pädagogischen Fachkräften, die Teil dieses K<strong>in</strong>derraumes s<strong>in</strong>d,<br />

etwas tun können.<br />

Dann wurde jedoch gemerkt, dass sich die räumlichen und die zeitlichen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen von K<strong>in</strong>dheit längst geändert haben. So dass festgestellt wurde,<br />

es ist gar nicht mehr so, dass K<strong>in</strong>der ihren eigenen Schonraum haben, dass<br />

sie fern ab von gesellschaftlichen E<strong>in</strong>flüssen aufwachsen, wenn es denn je<br />

überhaupt so war.<br />

Was bedeutet das genau? Was s<strong>in</strong>d räumliche Bed<strong>in</strong>gungen?<br />

Helga Zeiher, die Begründer<strong>in</strong> der deutschen K<strong>in</strong>dheitsforschung sagt <strong>zum</strong><br />

<strong>Thema</strong> räumliche Bed<strong>in</strong>gungen folgendes:„Räumliche Lebensbed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d<br />

Niederschlag menschlicher Tätigkeiten. Sie stellen gleichzeitig Möglichkeiten aber<br />

auch Begrenzungen her (Helga Zeiher, 19??)“<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 5/19


Das heißt: Räumliche Bed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d von Menschen gemacht. Sie s<strong>in</strong>d<br />

ke<strong>in</strong> Schicksal. Räume s<strong>in</strong>d durch uns entstanden, sie s<strong>in</strong>d von uns Menschen<br />

gestaltet und daher auch von uns bee<strong>in</strong>flussbar, veränderbar. Dies verweist<br />

auf die Gestaltung des <strong>Raum</strong>es durch uns Menschen. Das heißt auch, wir<br />

müssen Räume, <strong>Raum</strong> und <strong>Raum</strong>strukturen darauf h<strong>in</strong> betrachten, welche<br />

Möglichkeiten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihnen, welche Möglichkeiten eröffnen sich uns durch<br />

diese <strong>Raum</strong>gestaltung. Aber wir müssen auch darauf schauen, wann und wie<br />

wir durch unsere <strong>Raum</strong>gestaltung <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> Grenzen aufbauen, Grenzen, die<br />

so nicht notwendig s<strong>in</strong>d.<br />

Helga Zeiher sagt weiterh<strong>in</strong>:<br />

„In den E<strong>in</strong>teilungen, Räumen, Abgrenzungen und Entfernungen, <strong>in</strong> den<br />

Ausstattungen und Zuordnungen der räumlichen Welt s<strong>in</strong>d soziale<br />

Verhältnisse material verfestigt.“<br />

Das heißt wir stoßen auf Grenzen, Türen und Wände. Wir stoßen darauf, <strong>in</strong><br />

best<strong>im</strong>mte Räume und Ecken Zutritt zu haben, <strong>in</strong> andere wiederum nicht. All<br />

dies ist Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse. Was Helga Zeiher me<strong>in</strong>t s<strong>in</strong>d<br />

Machtverhältnisse. Das heißt, <strong>in</strong> räumlicher Gestaltung drückt sich aus, wer<br />

hat Macht darüber, diese Räume so zu gestalten wie wir sie vorf<strong>in</strong>den. Das<br />

bedeutet: Räume s<strong>in</strong>d Ausdruck der Verd<strong>in</strong>glichung gesellschaftlicher<br />

Verhältnisse. Sie s<strong>in</strong>d Ausdruck von Beziehungen zwischen den Menschen<br />

und das nennen wir Macht.<br />

„Jede K<strong>in</strong>dergeneration wird mit den jeweiligen gesellschaftlichen<br />

Verhältnissen auch <strong>in</strong> Gestalt räumlicher Verhältnisse konfrontiert.“<br />

Dieses Zitat bezeichnet jetzt die Veränderung. Anders formuliert: jede neu<br />

aufwachsende K<strong>in</strong>dergeneration stößt auf räumliche Bed<strong>in</strong>gungen, die sich<br />

unter Umständen von der K<strong>in</strong>dergeneration vorher unterscheiden. Werden die<br />

Räume enger, werden die Spielräume größer. Wo sagen wir dürfen K<strong>in</strong>der<br />

se<strong>in</strong>, wo nicht. All dies verändert sich. All dies stellt sich für die K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> der<br />

generationalen Abfolge <strong>im</strong>mer als neue Verd<strong>in</strong>glichung dieser<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse dar. Das heißt: Wie viel <strong>Raum</strong> gönnen wir<br />

K<strong>in</strong>dern? Welche Art <strong>Raum</strong> halten wir für K<strong>in</strong>der als richtig? Alles dieses<br />

verändert sich und entspricht der Verd<strong>in</strong>glichung von Vorstellungen, die wir<br />

über K<strong>in</strong>der haben und von Machtvorstellungen <strong>in</strong> der Gesellschaft.<br />

Konkret heißt das für Sie: In der <strong>Raum</strong>bereitstellung, <strong>in</strong> der <strong>Raum</strong>gestaltung<br />

s<strong>in</strong>d Vorstellungen von uns über K<strong>in</strong>der <strong>in</strong>begriffen. Wie die räumliche Welt<br />

e<strong>in</strong>geteilt, abgegrenzt und ausgestattet ist, d.h. wie WIR sie e<strong>in</strong>teilen und<br />

ausstatten sagt viel über unsere sozialen Verhältnisse. Wie viel Geld ich für<br />

die Ausgestaltung der Kita habe ist Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse,<br />

politischer Entscheidungen, Entscheidungen des Trägers, legaler<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 6/19


Best<strong>im</strong>mungen. Das heißt aber auch, und darauf verweist Helga Zeiher, dies<br />

verändert sich. Es ist veränderbar und zu bee<strong>in</strong>flussen wie ich <strong>Raum</strong> gestalte,<br />

wie viel <strong>Raum</strong> und welche Art von <strong>Raum</strong> ich für K<strong>in</strong>der bereithalte. Aber ich<br />

muss mir klar darüber werden, welches K<strong>in</strong>dbild und welche Vorstellung von<br />

Räumlichkeit eigentlich h<strong>in</strong>ter unserer <strong>Raum</strong>gestaltung, h<strong>in</strong>ter den<br />

<strong>Raum</strong>regeln h<strong>in</strong>ter der <strong>Raum</strong>bereitstellung stecken.<br />

Es s<strong>in</strong>d gerade die räumlichen Bed<strong>in</strong>gungen, die sich seit dem 2. Weltkrieg für<br />

K<strong>in</strong>der ungeheuer rasant verändert haben.<br />

Bis an den 2. Weltkrieg heran, haben die K<strong>in</strong>der eher <strong>in</strong> traditionellen Mustern<br />

gelebt, die sich nur sehr langsam verändert haben. Dies konnte durch<br />

historische Forschung, anhand von Dokumenten und Befragungen, ermittelt<br />

werden. Mit und nach dem 2. Weltkrieg aber haben diese Veränderungen<br />

ganz rasant stattgefunden.<br />

Wenn sie an die K<strong>in</strong>der zurückdenken die um 1940 geboren wurden, also an<br />

den Jahrgang 1939 bis 1942. Diese Generation, die 1940er Generation, war<br />

e<strong>in</strong>e sehr spezifische Generation. Diese Generation wurde mit Beg<strong>in</strong>n des<br />

Krieges vor allem durch Zerstörung, durch Flucht, durch Mangel und durch<br />

Unordnung geprägt. Gerade die Unordnung sche<strong>in</strong>t aus heutiger Sicht das<br />

Wesentliche zu se<strong>in</strong>. Die Häuser s<strong>in</strong>d zerstört, überall liegen Trümmer. Die<br />

Trennung für K<strong>in</strong>der, was dr<strong>in</strong>nen und was draußen erlaubt ist, wird<br />

aufgehoben. Es verschw<strong>in</strong>det damit die Grenze zwischen dr<strong>in</strong>nen und<br />

draußen. Überall herrschte räumliche Enge, Platzmangel. Die Menschen<br />

lebten auf engstem <strong>Raum</strong> zusammen. K<strong>in</strong>der sollten nicht stören und so<br />

wurden sie nach draußen auf die Straße geschickt, bei jedem Wetter, durch<br />

alle Klassen h<strong>in</strong>durch. Die K<strong>in</strong>der spielten unbeobachtet <strong>in</strong> den Trümmern,<br />

wodurch „Orte ungeheuerer Freiheit“ für K<strong>in</strong>der dieser Generation entstanden.<br />

Diese Freiheit war aber nicht pädagogisch gewollt, sie war die Konsequenz<br />

aus fehlender Ordnung.<br />

K<strong>in</strong>der wurden relativ früh <strong>in</strong> ernsthafte Arbeiten e<strong>in</strong>bezogen. Sie mussten<br />

Besorgungen machen, sie wurden <strong>in</strong> die Produktion e<strong>in</strong>bezogen, mussten <strong>im</strong><br />

Haushalt Aufgaben übernehmen oder sie mussten klauen gehen, damit die<br />

Familie überleben konnte. Aus diesem Grunde mieden K<strong>in</strong>der oft die<br />

Erwachsenen. Sie machten dass sie wegkamen, um nicht Besorgungen<br />

machen oder Arbeiten übernehmen zu müssen. K<strong>in</strong>der wurden durch ihren<br />

Freiraum wenig kontrolliert. Es entstand e<strong>in</strong>e Art „Kontrollloch.“ Auch kam es<br />

zu e<strong>in</strong>er Durchmischung der K<strong>in</strong>der verschiedener Altersstufen.<br />

Was fehlte waren pädagogische Räume für K<strong>in</strong>der. Räume, die pädagogisch<br />

strukturiert s<strong>in</strong>d, Räume <strong>in</strong> denen Erwachsene E<strong>in</strong>fluss ausübten, Räume, die<br />

die Erwachsenen für K<strong>in</strong>der strukturierten. Die Zeit, <strong>in</strong> der die<br />

K<strong>in</strong>dergeneration um 1940 lebte und aufwuchs war <strong>im</strong> Wesentlichen<br />

unstrukturiert. Die räumliche Freiheit der K<strong>in</strong>der entstand durch die Enge und<br />

Ungeordnetheit der anderen gesellschaftlichen Bereiche.<br />

Dann kehrten die Väter aus dem Krieg zurück und versuchten die alte<br />

Ordnung und ihre Autorität wieder herzustellen. Die Väter waren jedoch <strong>in</strong><br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 7/19


ihrer Macht delegit<strong>im</strong>iert. Hieraus rührt der Geist der 68er Revolte, die ihren<br />

Widerstand gegen die Autoritäten aus der räumlichen Freiheit zog.<br />

Wie veränderten sich die räumlichen Bed<strong>in</strong>gungen der um 1950 Geborenen?<br />

Diese Zeit war <strong>in</strong> ganz Deutschland e<strong>in</strong>e Zeit des angestrengten<br />

Wiederaufbaus. Baustellen bildeten die wichtigsten Spielplätze der K<strong>in</strong>der.<br />

Noch <strong>im</strong>mer war der Wohnraum sehr knapp. Wohnungen waren sehr kle<strong>in</strong>.<br />

Langsam setzte sich <strong>in</strong> Eigenhe<strong>im</strong>en die Erf<strong>in</strong>dung des K<strong>in</strong>derz<strong>im</strong>mers durch.<br />

Diese waren oftmals sehr kle<strong>in</strong> und unbeheizt. K<strong>in</strong>der spielten die meiste Zeit<br />

auf der Straße, weshalb man für diese Generation auch von e<strong>in</strong>er<br />

„Straßenk<strong>in</strong>dheit“ spricht. Es gab zu dieser Zeit noch viele Freiflächen und so<br />

konnten sich K<strong>in</strong>der draußen frei bewegen. K<strong>in</strong>der waren die „Herren der<br />

Straßen.“ Es gab nur wenige Autos, diese fuhren noch sehr langsam. Den<br />

K<strong>in</strong>dern heute, selbst den 10 bis 12jährigen ist es <strong>im</strong> Gegensatz dazu<br />

aufgrund verschiedener Gefahren oftmals nicht möglich, sich draußen alle<strong>in</strong><br />

und so frei zu bewegen. K<strong>in</strong>der waren stark behe<strong>im</strong>atet <strong>in</strong> ihrem Stadtviertel.<br />

Welche Räume erlebten K<strong>in</strong>der der 1960er Generation?<br />

Es kommt nun <strong>im</strong>mer mehr zu e<strong>in</strong>er Funktionsspezialisierung von Räumen.<br />

Die Straßen, die Orte des sozialen Austausches waren, werden asphaltiert<br />

und allmählich zu Fahrwegen. Die Fußwege werden schmaler und die<br />

Handlungsmöglichkeiten <strong>in</strong>nerhalb der Erwachsenenwelt werden <strong>im</strong>mer<br />

ger<strong>in</strong>ger. K<strong>in</strong>der werden <strong>im</strong>mer mehr an Orte gedrängt, die für sie geschaffen<br />

s<strong>in</strong>d. „Freie“ Plätze gab es dagegen <strong>im</strong>mer weniger. Die Verschmutzung der<br />

Umwelt n<strong>im</strong>mt zu. Institutionen, die <strong>Raum</strong> konstruieren, verbreiten sich <strong>im</strong>mer<br />

mehr. So entstehen <strong>im</strong>mer mehr pädagogisch strukturierte Räume (bspw.<br />

Schule, K<strong>in</strong>dergarten, Musik- und Sporte<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong>der, Spielplätze).<br />

So kommt es zu e<strong>in</strong>er räumlichen Verdrängung der K<strong>in</strong>der aus den<br />

Lebensbereichen der Erwachsenen und damit zu e<strong>in</strong>er „Verhäuslichung“ und<br />

zu e<strong>in</strong>er „Ver<strong>in</strong>selung“ von K<strong>in</strong>dheit,<br />

„Ver<strong>in</strong>selung“ heißt, K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d nur noch auf best<strong>im</strong>mten<br />

pädagogischen „Inseln“ anzutreffen. K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d auf ihre eigenen<br />

„k<strong>in</strong>dgerechten“ Inseln beschränkt. Sie können sich nicht mehr frei <strong>im</strong><br />

gesamten Lebensraum bewegen und s<strong>in</strong>d darüber h<strong>in</strong>aus von den<br />

anschaulichen Erfahrungen des gesellschaftlichen Lebensraumes<br />

ausgeschlossen.<br />

„Verhäuslichung“ bedeutet: K<strong>in</strong>der halten sich mehr <strong>in</strong> den Häusern und<br />

<strong>in</strong> Räumen auf, die speziell für sie vorgesehen s<strong>in</strong>d, die von<br />

Erwachsenen nach best<strong>im</strong>mten pädagogischen Zielen für sie strukturiert<br />

worden s<strong>in</strong>d.<br />

Gerade aus diesem Grunde, weil K<strong>in</strong>der sich <strong>im</strong>mer mehr <strong>in</strong> Räumen<br />

aufhalten, s<strong>in</strong>d die Überlegungen, wie Räume für K<strong>in</strong>der aussehen und<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 8/19


welche gesellschaftlichen Bed<strong>in</strong>gungen die Gestaltung dieser Räume<br />

bee<strong>in</strong>flussen, sehr wichtig.<br />

Es zeigt sich also: Vorstellungen was K<strong>in</strong>der dürfen, wo sie se<strong>in</strong> dürfen, wo sie<br />

erwünscht s<strong>in</strong>d, haben sich <strong>im</strong> Zuge des gesellschaftlichen Entwicklung<br />

gewandelt. K<strong>in</strong>der wurden zunehmend aus der Gesellschaft <strong>in</strong> Räume<br />

gedrängt, die extra für sie geschaffen wurden. Es lassen sich damit<br />

verschiedene Kategorien angeben, die das heutige Leben der K<strong>in</strong>der<br />

durchziehen.<br />

Die Funktionsspezialisierung der räumlichen Umwelt n<strong>im</strong>mt <strong>im</strong>mer mehr zu.<br />

Wir alle leben <strong>in</strong> funktionalisierten, <strong>in</strong> monofunktionalen Räumen. Es kommt so<br />

zu e<strong>in</strong>er Aussonderung funktionsspezifischer Räume. Für spezifische<br />

Funktionen begeben wir uns an unterschiedliche Orte. Für die Arbeit an den<br />

Arbeitsplatz, <strong>zum</strong> Entspannen an Wellnessorte. Sport treiben wir auf<br />

Sportplätzen, e<strong>in</strong>gekauft wird <strong>in</strong> E<strong>in</strong>kaufszentren, man lernt an speziellen<br />

Lernorten, Straßen s<strong>in</strong>d nur noch für den Verkehr. Früher gab es diese starke<br />

Funktionstrennung dagegen nicht<br />

Die Räume <strong>im</strong> Freien s<strong>in</strong>d ungeeignet für K<strong>in</strong>der. Der Verkehr ist zu gefährlich,<br />

die Wege s<strong>in</strong>d asphaltiert, die Bäche kanalisiert, die Parkanlagen s<strong>in</strong>d<br />

übersichtlich und ordentlich.<br />

Durch die Ausdifferenzierung von Räumen, für best<strong>im</strong>mte Funktionen nur<br />

best<strong>im</strong>mte Räume aufzusuchen, entstehen also spezielle K<strong>in</strong>derräume,<br />

Räume für K<strong>in</strong>der, von den Erwachsenen geschaffen und oftmals nach den<br />

Kriterien der Erwachsenen geschaffen. Diese Räume s<strong>in</strong>d fertig gestellt,<br />

unveränderbar und unzerstörbar. K<strong>in</strong>der verbr<strong>in</strong>gen viel Zeit an den für sie<br />

geschaffenen Orten, an den Inseln die <strong>im</strong> Lebensraum verteilt s<strong>in</strong>d. K<strong>in</strong>der<br />

spielen weitaus mehr als K<strong>in</strong>der früherer Generationen mit D<strong>in</strong>gen und an<br />

Orten, die speziell für sie geschaffen s<strong>in</strong>d. Es gibt mehr Spielsachen,<br />

Spielplätze für K<strong>in</strong>der, gesellschaftlich organisierte Freizeit- und<br />

Bildungsangebote, spezielle K<strong>in</strong>der<strong>in</strong>stitutionen. Der unmittelbare Nahraum,<br />

die Nachbarschaft wird bedeutungsloser als die Inseln. Der Lebensraum der<br />

K<strong>in</strong>der ist zerstückelt. Dem Tun der K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d feste Räume und feste Zeiten<br />

zugeordnet. Sie machen die Erfahrung von Unterbrechung, von zeitlicher<br />

Fremdbest<strong>im</strong>mung von zeitökonomischer Kontrolle. Die<br />

Handlungsmöglichkeiten heutiger K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d dadurch <strong>in</strong> größerem Umfang<br />

gesellschaftlich vorstrukturiert, sie s<strong>in</strong>d schon fertig, wenig veränderbar und<br />

gestaltbar durch die K<strong>in</strong>der.<br />

Dadurch dass K<strong>in</strong>der auf best<strong>im</strong>mte Orte, auf best<strong>im</strong>mte Räume, Räume für<br />

K<strong>in</strong>der, begrenzt s<strong>in</strong>d werden sie von den Erwachsenen, vom<br />

gesellschaftlichen Leben separiert. Erwachsene und K<strong>in</strong>der leben die meiste<br />

Zeit des Tages nicht mehr mite<strong>in</strong>ander, es kommt zu e<strong>in</strong>er Entmischung von<br />

K<strong>in</strong>dern und Erwachsenen.<br />

K<strong>in</strong>der werden heute aus best<strong>im</strong>mten Orten, von best<strong>im</strong>mten Räumen<br />

verbannt, so bspw. aus den Küchen. Küchen wurden aus Effizienzgründen nur<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 9/19


noch so kle<strong>in</strong> gehalten, so dass nur noch e<strong>in</strong>e Person <strong>in</strong> ihnen Platz fand. Auf<br />

diese Weise gehen Orte des Lernens für K<strong>in</strong>der verloren. K<strong>in</strong>der können durch<br />

die Ausgrenzung aus best<strong>im</strong>mten Orten auch nicht lernen, wie man sich an<br />

diesen Orten verhält, <strong>zum</strong> Beispiel, dass man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Büro auch mal leise<br />

se<strong>in</strong> muss.<br />

Räume s<strong>in</strong>d oftmals nach dem Kriterium der Rationalisierung strukturiert. Wie<br />

können Räume funktional hergerichtet und effizient gestaltet werden.<br />

E<strong>in</strong>richtungen für K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d rational organisiert. Es geht um zeitsparende<br />

Abläufe, vorgegebene Zeitakte. Wieweit ist es möglich, Handeln spontan zu<br />

<strong>in</strong>itiieren und zu gestalten?<br />

Räume s<strong>in</strong>d außerdem oft verrechtlicht. Verrechtlichung me<strong>in</strong>t, dass <strong>in</strong> den<br />

Räumen viele Regeln herrschen, das es Gesetze gibt, die das<br />

Zusammenleben <strong>in</strong> den Räumen best<strong>im</strong>men und regeln. Es gibt kaum Räume<br />

die nicht mit Regeln versehen s<strong>in</strong>d. Zwischenräume für K<strong>in</strong>der, die sie so sehr<br />

brauchen und suchen fehlen oftmals.<br />

Kommerzialisierung ist ebenfalls e<strong>in</strong> Kriterium.<br />

Monofunktionale Räume lassen oft nichts anderes zu, als das wofür diese Orte<br />

vorgesehen s<strong>in</strong>d. Es gehen somit möglicherweise Bildungsmöglichkeiten<br />

verloren. K<strong>in</strong>der werden nicht angeregt andere Tätigkeiten auszuprobieren,<br />

oder sie werden möglicherweise ausgebremst <strong>in</strong> ihren Bildungschancen,<br />

<strong>in</strong>dem man ihre Tätigkeiten <strong>in</strong> best<strong>im</strong>mten Räumen auf best<strong>im</strong>mte Handlungen<br />

begrenzt.<br />

Es geht hier um die Balance! Was darf <strong>in</strong> diesen Funktionsräumen noch <strong>in</strong><br />

welchem Maß stattf<strong>in</strong>den?<br />

Überlegen sie e<strong>in</strong>mal anhand dieser Kategorien, was heißt dies für die<br />

heutigen K<strong>in</strong>der? Was heißt dies für ihre Arbeit <strong>in</strong> der Kita? Wenn es richtig ist,<br />

dass K<strong>in</strong>der nur <strong>in</strong> best<strong>im</strong>mten Räumen zugelassen s<strong>in</strong>d, was heißt das für die<br />

Erwachsenen, die die Verantwortung für diese Räume haben<br />

Räume <strong>in</strong> <strong>Kitas</strong> s<strong>in</strong>d oft so strukturiert und gestaltet dass Bildungsprozesse<br />

beh<strong>in</strong>dert und e<strong>in</strong>geschränkt werden. Dies gilt es zu durchschauen und nicht<br />

länger h<strong>in</strong>zunehmen.<br />

Gehen sie am nächsten Montag <strong>in</strong> ihre E<strong>in</strong>richtung und schauen sie die<br />

Räume mit dem „Blick als Fremde“ an, so als wären die räumlichen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen ihnen völlig fremd, so als wären sie noch nie <strong>in</strong> dieser<br />

E<strong>in</strong>richtung gewesen, am allerbesten so, als wären sie noch nie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kita<br />

gewesen. Stellen sie sich dabei zwei Fragen: vielleicht folgendermaßen vor.<br />

1. Wie s<strong>in</strong>d die Räume gestaltet? und<br />

2. Wodurch werden Bildungsprozesse beh<strong>in</strong>dert?<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 10/19


„K<strong>in</strong>der brauchen, wenn sie ihre spezifische Form von S<strong>in</strong>nlichkeit<br />

vergegenständlichen, e<strong>in</strong>e raumbetontere Öffentlichkeit (Anmerkung:<br />

Öffentlichkeit <strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne des Zusammenhangs von Menschen) als<br />

Erwachsene. Sie brauchen größere Bewegungsspielräume, sie<br />

brauchen Plätze, die e<strong>in</strong> möglichst flexibles Aktionsumfeld darstellen. Sie<br />

brauchen <strong>Raum</strong>, <strong>in</strong> dem D<strong>in</strong>ge nicht e<strong>in</strong> für alle mal festgesetzt, def<strong>in</strong>iert<br />

und mit Namen versehen und mit Verboten behängt s<strong>in</strong>d.“ (Negt/Kluge,<br />

1963).<br />

Das heißt, wenn K<strong>in</strong>der sich ihre k<strong>in</strong>dspezifische, entwicklungsspezifische<br />

Form von S<strong>in</strong>nlichkeit e<strong>in</strong>fangen wollen, diese ausleben wollen, dann<br />

brauchen sie dazu e<strong>in</strong>e raumbetontere Öffentlichkeit. Sie brauchen anders<br />

gestaltete Räume. Sie brauchen Bewegungsspielraum, Platz, Plätze, an<br />

denen sie wirklich handeln können, an denen sie unterschiedlichste<br />

Handlungsmöglichkeiten vorf<strong>in</strong>den können.<br />

Wenn man es schafft, dieses <strong>in</strong> der Kita zu realisieren, dann ist viel <strong>in</strong><br />

Richtung Bildungsorte, Bildungsräume getan.<br />

K<strong>in</strong>der brauchen andere Zeiträume als Erwachsene. Kita muss auch auf die<br />

Prozesse und Abläufe der K<strong>in</strong>der Rücksicht nehmen. Hier geht es um<br />

Machtverhältnisse. Räume spiegeln also soziale Verhältnisse.<br />

K<strong>in</strong>der brauchen <strong>Raum</strong> zur eigenen Gestaltung, ihre Prozesse dürfen nicht<br />

<strong>im</strong>mer durch die Zeitstrukturen der Erwachsenen begrenzt werden. Prozesse<br />

der K<strong>in</strong>der, Bildungsprozesse der K<strong>in</strong>der dürfen nicht <strong>im</strong>mer beh<strong>in</strong>dert und<br />

abgebrochen werden.<br />

Wie s<strong>in</strong>d Räume, die k<strong>in</strong>dgerecht gestaltet s<strong>in</strong>d beschaffen? Was sollte sich <strong>in</strong><br />

diesen Räumen bef<strong>in</strong>den, wie sollten diese Räume strukturiert se<strong>in</strong>?<br />

Gesamtgesellschaftlich gesehen hat die Kita mit ihrer spezifischen<br />

Ausprägung Anteil an der Funktionsentmischung, an der Entmischung von<br />

Erwachsenen und K<strong>in</strong>dern, an der Zuweisung e<strong>in</strong>es best<strong>im</strong>mten <strong>Raum</strong>es an<br />

K<strong>in</strong>der, e<strong>in</strong>es <strong>Raum</strong>es der <strong>im</strong>mer zu kle<strong>in</strong> ist<br />

(Folie Öffentlichkeit und Erfahrung Negt/Kluge (1963)<br />

K<strong>in</strong>der und Öffentlichkeit<br />

„E<strong>in</strong>e der wirksamen Verfremdungen jeder Öffentlichkeit ist das<br />

Here<strong>in</strong>brechen von K<strong>in</strong>dern.“ Negt/Kluge (1963)<br />

Es wird deutlich, dass Öffentlichkeit <strong>im</strong>mer die Öffentlichkeit der Erwachsenen<br />

ist<br />

Öffentlichkeit ist durch die Erwachsenen vorgegeben und strukturiert<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 11/19


„Das, was K<strong>in</strong>deröffentlichkeit auch nur der räumlichen Form nach se<strong>in</strong><br />

könnte, (Anm: Orte, an denen K<strong>in</strong>der mehr zu sagen haben, Orte an denen<br />

K<strong>in</strong>der ihre Spiel- und <strong>Raum</strong>vorstellungen realisieren können) wird auf<br />

K<strong>in</strong>derghettos reduziert. Diese s<strong>in</strong>d das getreue Spiegelbild bürgerlicher<br />

Öffentlichkeit <strong>in</strong> der fast alles begrenzt, das Wichtigste ausgegrenzt und<br />

alles se<strong>in</strong>en Standort hat Es kann nicht die Absicht der K<strong>in</strong>der se<strong>in</strong>,<br />

wenn sie für sich organisieren und sich <strong>in</strong> Selbstregulierung versuchen,<br />

ihren Freiraum mit Realitätsentzug und Entzug der Erwachsenenwelt zu<br />

bezahlen“ (ebd.)<br />

Kluge und Negt üben systematische Kritik an der Kita. Selbst die beste Kita,<br />

auch die, die e<strong>in</strong>e Selbstregulierung, die Formen der Selbstbest<strong>im</strong>mung der<br />

K<strong>in</strong>der praktiziert, selbst diese <strong>Kitas</strong> schließen K<strong>in</strong>der aus anderen<br />

gesellschaftlichen Zusammenhängen aus und schränken sie e<strong>in</strong>.<br />

K<strong>in</strong>dere<strong>in</strong>richtungen werden von ihnen daher als K<strong>in</strong>derghettos bezeichnet.<br />

Lassen sie uns nun auf die K<strong>in</strong>der schauen und darauf, <strong>in</strong> welcher Weise sie<br />

als Erzieher an diesen Prozessen beteiligt s<strong>in</strong>d.<br />

Me<strong>in</strong>e Frage an Sie:<br />

Wie ist ihre E<strong>in</strong>richtung an diesen Prozessen der Entmischung, der<br />

Funktionstrennung und der Begrenzung beteiligt?<br />

Zusammenstellung der Ideen der Erzieher<strong>in</strong>nen<br />

- <strong>in</strong>dem man <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>richtung versucht, Freiräume<br />

herauszukristallisieren<br />

- <strong>in</strong>dem die Erzieher darauf schauen, was wollen die K<strong>in</strong>der, was<br />

beschäftigt sie<br />

- die E<strong>in</strong>richtung nach außen öffnen:<br />

o Kapazitäten, Potentiale von außerhalb <strong>in</strong> den Alltag e<strong>in</strong>beziehen<br />

und diese nutzen<br />

o die Eltern mehr e<strong>in</strong>beziehen, <strong>in</strong> neuer, aktiver Form<br />

o geme<strong>in</strong>sam rausgehen <strong>in</strong> die Öffentlichkeit, <strong>in</strong> den unmittelbaren<br />

Nahraum<br />

o die unmittelbare Umwelt <strong>in</strong> der K<strong>in</strong>der leben, muss ich als<br />

Erzieher kennen und nutzen<br />

- mit den K<strong>in</strong>dern etwas herstellen was den K<strong>in</strong>dern s<strong>in</strong>nhaft ist<br />

Das Öffnen der K<strong>in</strong>dere<strong>in</strong>richtung ist nicht leicht für die Erzieher. Die Kita ist<br />

ihr Herrschaftsbereich, hiervon abzugeben, dies auszuhalten ist nicht leicht.<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 12/19


Überdenken sie e<strong>in</strong>mal die Gestaltung des E<strong>in</strong>gangsbereiches ihrer Kita. Wie<br />

e<strong>in</strong>ladend, wie verschließend wirkt dieser Bereich?<br />

Es geht hier nicht um ästhetische Fragen, es geht um die Botschaft, die dieser<br />

Bereich vermittelt. „Bis hier h<strong>in</strong> und nicht weiter“ oder aber „Immer nur h<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> unser Haus“<br />

Unser Problem ist, dass wir oftmals zuerst den <strong>Raum</strong> denken, um dann auf die<br />

Bildungsprozesse der K<strong>in</strong>der zu schauen. Wir müssen andersherum<br />

vorgehen. Wir müssen zuerst auf die Bildungsprozesse der K<strong>in</strong>der sehen und<br />

dann sollten wir uns fragen: Was ergibt sich daraus für den <strong>Raum</strong>?<br />

Man muss beides denken. Die Bildungsprozesse und den <strong>Raum</strong>, das<br />

Verhältnis der beiden zue<strong>in</strong>ander. Dann wird auch deutlich, dass sie <strong>Raum</strong><br />

nicht als e<strong>in</strong>e Schachtel denken können, <strong>in</strong> die man etwas re<strong>in</strong> tun und<br />

rausnehmen kann. <strong>Raum</strong> ist mehr. Im <strong>Raum</strong> zeigen sich <strong>im</strong>mer die sozialen<br />

Beziehungen oder anders: die Bildungsprozesse derjenigen, die dar<strong>in</strong> zu tun<br />

haben.<br />

In der <strong>Raum</strong>gestaltung zeigen sich auch die Machtprozesse. Räume werden<br />

hergestellt, sie s<strong>in</strong>d Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse. Diese s<strong>in</strong>d aber<br />

ke<strong>in</strong> Schicksal, sie s<strong>in</strong>d gestaltbar.<br />

Wir müssen uns klar werden über das Verhältnis von Bildung und <strong>Raum</strong>. Wie<br />

ist dieses Verhältnis. Darüber müssen wir uns bewusst werden.<br />

Der <strong>Raum</strong> als sozialer <strong>Raum</strong>, wenn wir ihn als sozial hergestellten <strong>Raum</strong><br />

verstehen, dann ist es auch möglich, materielle Begrenzungen <strong>in</strong> Frage zu<br />

stellen und zu fragen:<br />

Was brauchen wir <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> wirklich? Wie muss der <strong>Raum</strong> gestaltet se<strong>in</strong>?<br />

Welche Regeln und Begrenzungen brauchen wir?<br />

Es gibt ja durchaus Begrenzungen, die man braucht, die für die K<strong>in</strong>der Schutz<br />

darstellen. Es heißt nicht, großer <strong>Raum</strong> guter <strong>Raum</strong>, kle<strong>in</strong>er <strong>Raum</strong> schlechter<br />

<strong>Raum</strong>. Wir müssen den <strong>Raum</strong> von den Bildungsprozessen der K<strong>in</strong>der her<br />

denken. Der <strong>Raum</strong> ist nicht nur etwas was man messen kann, <strong>Raum</strong> betrifft<br />

alle S<strong>in</strong>ne, er ist mit allen S<strong>in</strong>nen wahrzunehmen.<br />

Wie nehmen K<strong>in</strong>der eigentlich Räume wahr? Wie ist das räumliche Denken<br />

von K<strong>in</strong>dern?<br />

Der Entwicklungspsychologe Piaget hat schon <strong>in</strong> 30er Jahren über räumliches<br />

Denken von K<strong>in</strong>dern nachgedacht. Er hat sich mit vielen Sachen befasst, die<br />

räumliche Implikationen haben. Zum Beispiel Sachen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Reihenfolge<br />

br<strong>in</strong>gen ist e<strong>in</strong>e Tätigkeit <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>. Etwas zu falten, ist e<strong>in</strong>e Tätigkeit <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>.<br />

Für Faltarbeiten s<strong>in</strong>d komplexe Gehirnprozesse notwendig. Etwas falten,<br />

auffalten, wieder falten bedeutet, sich dreid<strong>im</strong>ensional <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> zu bewegen.<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 13/19


Wir müssen viele Tätigkeiten der K<strong>in</strong>der noch mal neu sehen und über ihre<br />

räumlichen Beziehungen und die räumlichen Kategorien, die <strong>in</strong> diesen<br />

Tätigkeiten enthalten s<strong>in</strong>d nachdenken. Es gibt verschiedene Kategorien, die<br />

für die <strong>Raum</strong>gestaltung wichtig s<strong>in</strong>d bspw.: groß vs. kle<strong>in</strong>, hoch vs. tief,<br />

verborgen vs. offen, breit vs. schmal, klar vs. verschachtelt usw.<br />

Diese <strong>Raum</strong>kategorien s<strong>in</strong>d unter Umständen für k<strong>in</strong>dliche Bildungsprozesse<br />

unhe<strong>im</strong>lich wichtig.<br />

Wofür könnten diese <strong>Raum</strong>kategorien wichtig se<strong>in</strong>?<br />

Wir müssen unbed<strong>in</strong>gt über diese Phänomene weiterdenken.<br />

Stellen sie sich vor, ne<strong>in</strong> probieren sie es e<strong>in</strong>mal: Rutschen sie auf Knien<br />

durch ihre E<strong>in</strong>richtung, oder durch e<strong>in</strong>e andere K<strong>in</strong>dere<strong>in</strong>richtung:<br />

Wie stellt sich der <strong>Raum</strong> aus der K<strong>in</strong>derperspektive dar?<br />

Im Folgenden möchte ich Ihnen neun provozierende Fragen stellen, die sich<br />

auf das beziehen, was wir gerade geme<strong>in</strong>sam bearbeitet haben. Diese Fragen<br />

sollen sie <strong>in</strong> Teams bearbeiten. Denken sie geme<strong>in</strong>sam darüber nach, welche<br />

Ideen und Überlegungen sie bei Ihnen auslösen. Nehmen sie diese Ideen zur<br />

Kenntnis wie e<strong>in</strong>en Strauß Blumen. Jeder kann sich etwas daraus mitnehmen,<br />

was für ihn und se<strong>in</strong>e Arbeit wichtig ersche<strong>in</strong>t, wo man sagt, das könnte ich so<br />

versuchen, so könnte ich <strong>Raum</strong> oder die Abläufe <strong>im</strong> <strong>Raum</strong> neu sehen.<br />

Wir sollten jedoch nicht so tun, als hätten wir etwas geklärt, als wäre alles klar.<br />

Die Antworten auf die Fragen sollten eher <strong>in</strong> die Richtung gehen, dass etwas<br />

Neues denkbar wäre. Dass es denkbar wäre, dass es auch so oder so<br />

aussehen bzw. ablaufen könnte. Es geht darum, Überlegungen anzustellen<br />

und neue Möglichkeiten der Umsetzung zu entwickeln.<br />

Im Folgenden werden die Ideen der an der Weiterbildung beteiligten<br />

Erzieher<strong>in</strong>nen aufgelistet, so wie die Ideen von ihnen blitzlichtartig vorgetragen<br />

wurden.<br />

1. Was tun sie, um <strong>in</strong>nere und äußere Zäune <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung zu<br />

überschreiten?<br />

<br />

<br />

<br />

die K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen<br />

<strong>in</strong>nere Zäune (wie Vorurteile oder der eigene Schatten) gilt es zu reflektieren<br />

und e<strong>in</strong>zureißen<br />

die Kita sollte sich nach außen öffnen<br />

o K<strong>in</strong>der sollten mehr nach draußen, <strong>in</strong> das soziale Umfeld gehen<br />

o Eltern sollten mit „<strong>in</strong>s Boot“ geholt werden, sie sollten auch mehr<br />

Entscheidungsspielraum bekommen<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 14/19


Räume sollten geöffnet und neu genutzt werden<br />

es gilt den Tagesablauf zu überprüfen und neu zu überdenken<br />

2. Wie wird der E<strong>in</strong>gangsraum <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung zu e<strong>in</strong>em Ort der<br />

Wertschätzung und Bildung ihrer K<strong>in</strong>der und Familien<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

e<strong>in</strong>e Ausstellung bzw. Galerie aus Gemaltem und Gebastelten der K<strong>in</strong>der <strong>im</strong><br />

E<strong>in</strong>gangsbereich<br />

P<strong>in</strong>wände mit Informationen für die Eltern anfertigen<br />

Fotogalerie<br />

Dokumentationen des Gruppenalltages, was wurde unternommen<br />

e<strong>in</strong>e Jahreszeitenausstellung mit den K<strong>in</strong>dern gestalten<br />

Feste anpreisen, Beteiligung der Eltern bewirken<br />

Wegweiser mit Fotos der K<strong>in</strong>dergruppen und Erzieher<br />

3. K<strong>in</strong>der Garten: Wie wird das „Außengelände“ zu e<strong>in</strong>em Ort der<br />

Bildung mit allen S<strong>in</strong>nen, Kräften und dem Geist der K<strong>in</strong>der?<br />

Entwickeln sie phantastische Ideen!<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

E<strong>in</strong>en offenen Zugang <strong>in</strong>s Freigelände ermöglichen<br />

o dazu notwendig ist richtige Kleidung für jedes Wetter<br />

durch Bäume, Sträucher und Hecken e<strong>in</strong> unbeobachtetes Spielen und Klettern<br />

der K<strong>in</strong>der ermöglichen<br />

Stöcke, Äste, Stämme <strong>zum</strong> „selbst bauen können“<br />

Planschstrecken mit Umbaumöglichkeiten<br />

Le<strong>in</strong>en und Laken um verschiedene Zwischenräume abtrennen zu können<br />

e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Garten mit den K<strong>in</strong>dern anlegen<br />

verschiedene Böden mit Sand, Kiest, Ste<strong>in</strong>en etc.<br />

Wasser <strong>in</strong> jeglicher Form bereitstellen<br />

4. Wo <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung f<strong>in</strong>den sie „Spuren“ der K<strong>in</strong>der und<br />

welche f<strong>in</strong>den sie?<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Fenstergestaltung, durch die K<strong>in</strong>der selbst, mit F<strong>in</strong>germalfarben und<br />

Papier<br />

<strong>Raum</strong>gestaltung durch K<strong>in</strong>der selbst<br />

gebaute Elemente der K<strong>in</strong>der, stehen lassen<br />

selbst gestaltete Kuschelecken<br />

Prof. Ursula Rabe-Kleberg: Wichtig ist die Wertschätzen dessen, was die K<strong>in</strong>der<br />

machen, was sie produzieren. Wir sollten sie nicht <strong>im</strong>mer unterbrechen, nicht gleich<br />

alles wieder wegräumen und beseitigen.<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 15/19


5. Was könnte <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung alles weggeräumt werden?<br />

Stellen sie alles <strong>in</strong> Frage?<br />

<br />

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<br />

<br />

<br />

Abstellräume leer machen und von den K<strong>in</strong>dern nutzen lassen<br />

ungenutztes Spielzeug und Plüschtiere wegschaffen, aber nicht entsorgen<br />

weniger Schränke (wenn weniger Spielzeug)<br />

Garderobe mit als Spielraum nutzen, so können Rückzugsmöglichkeiten für<br />

die K<strong>in</strong>der geschafft werden<br />

feststehende Rutschen mit beweglicher Rutsche austauschen<br />

Tische und Stühle rausnehmen<br />

6. Schaffen sie Räume für K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> denen nicht alles fertig ist! Wie<br />

können sie aussehen?<br />

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Naturmaterialien<br />

Kissen, Polster, Decken<br />

Hängematte<br />

Trampol<strong>in</strong><br />

Wasser<br />

Gefäße, Farben<br />

Verkleidungssachen, Spiegel<br />

Kartons<br />

Handpuppen<br />

Trennwände aus Tüchern<br />

Kiste mit allen verschiedenen Größen und Oberflächen<br />

Möbel mit Rollen drunter <strong>zum</strong> Verschieben<br />

Blätter<br />

Papier<br />

Bälle mit verschiedensten Oberflächen<br />

Räume durch die K<strong>in</strong>der umgestalten lassen<br />

Prof. Ursula Rabe-Kleberg: alles Spielzeug raus, käufliche Gegenstände und nur<br />

D<strong>in</strong>ge des Alltages re<strong>in</strong><br />

7. Wo können sich <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung K<strong>in</strong>der verstecken,<br />

verbergen, sich der Kontrolle der Erzieher entziehen? Gibt es<br />

Räume <strong>in</strong> die nur K<strong>in</strong>der dürfen und die Erzieher nicht? Möchten<br />

sie, dass es solche Räume gibt?<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Ja, wenn es Rückzugsmöglichkeiten be<strong>im</strong> Spielen se<strong>in</strong> sollen, bspw. e<strong>in</strong>e<br />

zweite Ebene <strong>im</strong> <strong>Raum</strong><br />

auch für draußen s<strong>in</strong>d abgetrennte Räume, ohne E<strong>in</strong>blick der Erzieher wichtig<br />

Räume <strong>zum</strong> alle<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>, um abschalten zu können<br />

es gibt aber Situationen, wo es diese Räume nicht geben sollte, bspw. wenn<br />

K<strong>in</strong>der ihre Überlegenheit und ihre Aggressionen ausleben wollen<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 16/19


8. Gibt es <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung Räume -Taburäume- <strong>in</strong> die K<strong>in</strong>der<br />

aufgrund ihres Alters nicht dürfen? Was könnten die K<strong>in</strong>der dort<br />

lernen?<br />

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<br />

Küche<br />

Boden<br />

Wäscheraum<br />

Keller<br />

Abstellräume<br />

Büro<br />

Personal-WC<br />

Mitarbeiterz<strong>im</strong>mer<br />

Heizungsraum,<br />

<strong>in</strong> der Küche könnten die K<strong>in</strong>der hauswirtschaftliches lernen<br />

<strong>im</strong> Keller könnte handwerkliches Geschick geübt werden<br />

K<strong>in</strong>der können erfahren, wie man e<strong>in</strong>e Waschmasch<strong>in</strong>e bedient, wie riecht<br />

Wäsche wenn sie nicht sauber ist<br />

<strong>im</strong> WC lernen sie wie bedient man Riegel, Klobrille etc.<br />

durch Betreten der Räume könnten K<strong>in</strong>der auf Entdeckungsreise gehen<br />

Abstellraum sollte nicht geöffnet werden, es gibt gefährliche Lösungen<br />

<strong>im</strong> Büro muss <strong>in</strong> Ruhe telefoniert werden können, sollte auch ke<strong>in</strong>en Zutritt für<br />

K<strong>in</strong>der geben<br />

9. Welche Regeln gelten <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung für <strong>in</strong>nen außen <strong>in</strong>nen?<br />

S<strong>in</strong>d sie notwendig und wie können sie geändert werden?<br />

<br />

<br />

Gruppen s<strong>in</strong>d <strong>im</strong>mer geme<strong>in</strong>sam, gehen geme<strong>in</strong>sam re<strong>in</strong> raus, andere die<br />

mitwollen mit zu lassen, sollte möglich se<strong>in</strong><br />

alters- u entwicklungsbed<strong>in</strong>gt sollte es auch möglich se<strong>in</strong>, dass K<strong>in</strong>der auch<br />

mal alle<strong>in</strong>e raus gehen<br />

10. Alles muss raus! Was würde passieren wenn sie alle<br />

Spielgegenstände rauswerfen und stattdessen Gegenstände des<br />

Alltags re<strong>in</strong>nehmen?<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

alle K<strong>in</strong>der wären erst verwundert<br />

danach würde es zu e<strong>in</strong>em Aha-Effekt kommen<br />

der Nachahmungseffekt würde e<strong>in</strong>setzen<br />

K<strong>in</strong>der würden sich mit diesen Gegenständen austesten<br />

sie würden die Gegenstände mit allen S<strong>in</strong>nen erfassen, hätten Zeit dazu, es<br />

würde sie nichts ablenken<br />

Sie würden die Gegenständen neu benutzen<br />

dies würde Phantasie der K<strong>in</strong>der anregen<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 17/19


Wir haben hier und heute nicht über guten Geschmack gesprochen. Auch<br />

nicht darüber wie schmückt man Räume oder wie eng und leer sollte e<strong>in</strong><br />

<strong>Raum</strong> se<strong>in</strong>. Diese Fragen der Ästhetik müsste man an anderer Stelle<br />

bearbeiten, dafür würde e<strong>in</strong> ganzes Wochenendsem<strong>in</strong>ar nicht ausreichen.<br />

Dies sollten sie jedes Team <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>richtung für sich alle<strong>in</strong> besprechen.<br />

Halten wir noch e<strong>in</strong>mal fest:<br />

Wichtig ist, dass wir Erwachsenen von den Bildungsprozessen der K<strong>in</strong>der aus<br />

denken, dass wir uns ausgehend von diesen Bildungsprozessen <strong>in</strong> die<br />

räumlichen Bed<strong>in</strong>gungen, die wir K<strong>in</strong>dern <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>richtung schaffen,<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>denken. Nicht, was ist Anregung die von Gegenständen ausgeht ne<strong>in</strong>,<br />

von den Prozessen der K<strong>in</strong>der aus fragen:<br />

Schauen sie, was bieten die Räume <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung, so wie sie jetzt s<strong>in</strong>d,<br />

für Möglichkeiten und Beschränkungen?<br />

Wodurch werden Bildungsprozesse erschwert, unterbrochen, beh<strong>in</strong>dert?<br />

Denken sie e<strong>in</strong>mal darüber nach:<br />

Wie s<strong>in</strong>d die räumlichen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung dazu geeignet,<br />

Bildungsprozesse der K<strong>in</strong>der zu unterstützen, diese zu fördern und nicht zu<br />

beschränken!<br />

Ich bedanke mich bei Ihnen. Auch ich habe heute dazugelernt und etwas aus<br />

unserer geme<strong>in</strong>samen Arbeit mitgenommen. Danke.<br />

Fragen die auch <strong>in</strong> Ihrer Kita zur Reflexion über dieses <strong>Thema</strong> anregen<br />

können s<strong>in</strong>d:<br />

- Was haben Sie für Regeln <strong>im</strong> <strong>Raum</strong>? Welche verdeckten <strong>Raum</strong>regeln gibt<br />

es <strong>in</strong> Ihrer E<strong>in</strong>richtung?<br />

- Begrenzen Sie den <strong>Raum</strong> durch ihre Gestaltung?<br />

- Kontrollieren Sie ihre Räume, ob es Regeln und E<strong>in</strong>schränkungen gibt, die<br />

dem Ziel der K<strong>in</strong>der, sich zu bilden, <strong>im</strong> Wege stehen?<br />

- Was gibt es für Regeln <strong>in</strong> Ihrer E<strong>in</strong>richtung, die best<strong>im</strong>mte Tätigkeiten nur<br />

an best<strong>im</strong>mten Orten möglich machen? S<strong>in</strong>d diese Regeln zw<strong>in</strong>gend? S<strong>in</strong>d<br />

sie an Bildungsvorstellungen der K<strong>in</strong>der orientiert oder s<strong>in</strong>d sie an<br />

Ordnungsvorstellungen der Erwachsenen, an deren<br />

Rationalitätsvorstellungen (bspw. besser sauber machen und aufräumen<br />

können) orientiert?<br />

- Was bedeutet die räumliche Trennung, die Funktionsentmischung für<br />

Bildungsprozesse, vor allem für elementare Bildungsprozesse?<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 18/19


- Wie können wir Räume gestalten, die nicht den Kategorien der<br />

Funktionsentmischung entsprechen?<br />

- Welche Bildungsprozesse f<strong>in</strong>den gerade durch die Funktionsentmischung<br />

statt?<br />

- Wie stellen sich Räume <strong>in</strong> ihrer E<strong>in</strong>richtung aus der K<strong>in</strong>derperspektive dar?<br />

- Überdenken sie e<strong>in</strong>mal die Gestaltung des E<strong>in</strong>gangsbereiches ihrer Kita.<br />

Wie e<strong>in</strong>ladend, wie verschließend wirkt dieser Bereich?<br />

- Was kann raus aus dem <strong>Raum</strong>, damit wir K<strong>in</strong>der, die schon durch die an<br />

sich engen Räume begrenzt s<strong>in</strong>d, nicht noch mehr e<strong>in</strong>grenzen und<br />

e<strong>in</strong>schränken?<br />

- Welche E<strong>in</strong>schränkungen <strong>in</strong> der Kita s<strong>in</strong>d absolut nicht notwendig?<br />

- Was tun K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> den monofunktionalen Räumen, die für best<strong>im</strong>mte<br />

Funktionen und Handlungen vorgesehen s<strong>in</strong>d, tatsächlich?<br />

- Welche Bildungsprozesse laufen <strong>in</strong> den Funktionsräumen wie<br />

Snoozleraum, Malraum, Musikraum etc. ab? Was wird noch zugelassen?<br />

- Wie s<strong>in</strong>d die räumlichen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung dazu geeignet,<br />

Bildungsprozesse der K<strong>in</strong>der zu unterstützen, diese zu fördern und nicht zu<br />

beschränken?<br />

- Wodurch werden Bildungsprozesse erschwert, unterbrochen, beh<strong>in</strong>dert?<br />

Es kann nicht gesagt werden was gut und was richtig an der <strong>Raum</strong>gestaltung<br />

ist. Wichtig ist, dass das was passiert an den Bildungsprozessen der K<strong>in</strong>der<br />

orientiert ist. Die Bildungsprozesse der K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d das zentrale Kriterium der<br />

Gestaltung des <strong>Raum</strong>es.<br />

Prof. Dr. Ursula Rabe-Kleberg<br />

<strong>Halberstadt</strong>, 09.06.07 Seite 19/19

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