Amateuerfunk- geschichte - Funk-Telegramm
Amateuerfunk- geschichte - Funk-Telegramm
Amateuerfunk- geschichte - Funk-Telegramm
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Hamburg – Finkenwerder nicht mehr abreißen,<br />
und eine Flut von <strong>Funk</strong>sprüchen ging zwischen<br />
allen beteiligten Stationen hin und her. Der Inhalt:<br />
Versorgungsprobleme, Vermisstenmeldungen,<br />
Medikamente, Ärzte, Kranke, Unfälle, Tote… Zu<br />
dieser Zeit war auch die Klubstation DL0HM im 8.<br />
Stock des Deutschlandhauses am Valentinskamp<br />
bereits als Leitfunkstelle zwischen Finkenwerder,<br />
Waltershof und Altenwerder mit DJ1GE und<br />
DJ3BX besetzt.<br />
Montag, 19. Februar<br />
Morgens gegen drei Uhr folgte ein kurzer,<br />
unruhiger Schlaf. Um sieben Uhr war wieder<br />
Treffen in Hamburg mit Konvoi aller Wagen nach<br />
Finkenwerder. Nun drang eine derartige Flut von<br />
<strong>Funk</strong>sprüchen auf die Station ein, dass das<br />
Ortsamt zwei Damen als Stenotypistinnen zur<br />
Verfügung stellte. Was diese <strong>Funk</strong>sprüche an Not<br />
und Elend enthielten, vermag wohl nur der zu<br />
beurteilen, der das Chaos gesehen hat. Alle<br />
Stationen waren pausenlos im Einsatz. DJ6OR<br />
musste neben seiner Hauptverbindung nach<br />
Hamburg noch den Querverkehr mit den drei<br />
Mobilstationen bewältigen, da in immer stärkerem<br />
Maße Nachrichten aus diesen schwer getroffenen<br />
Ortsteilen eingingen.<br />
Unter Leitung von DL9FJ hatte sich am Montag<br />
ein zweites 80-m-Notnetz gebildet, das für<br />
Ablösung und Hilfe bei örtlichen Stromausfällen<br />
bereit stehen sollte, denn am späten Nachmittag<br />
machten sich bei allen Beteiligten allmählich die<br />
Anstrengungen bemerkbar. Anfrage an DJ1UB:<br />
„Wie steht es mit der Ablösung?“ Antwort: „DJ2UE<br />
wird mit Feststation per Hubschrauber<br />
eingeflogen.“ Eine Stunde später war DJ2UE in<br />
Finkenwerder und baute im Ortsamt auf. Doch mit<br />
der Ablösung wurde es nichts. Die Störungen auf<br />
dem 80-m-Band wurden mit zunehmender<br />
Dunkelheit unerträglich, selbst ein Frequenzwechsel<br />
nütze nichts. Neuer Entschluss: DJ2UE<br />
übernimmt den Querverkehr zu den Mobilstationen,<br />
die ja nur auf 80m arbeiten konnten.<br />
DJ6OR arbeitete weite mit DJ1UB als Hauptverbindung<br />
auf 20m. Dieser neue Netzaufbau<br />
klappte auf Anhieb.<br />
Für den Notfall konnte DL9LJ/M seine Station<br />
auch auf 20m einsetzen. DL0HB in Hamburg-<br />
Harburg, besetzt mit DJ6ZD und DJ4BQ, schaltete<br />
sich am Montag als QSP-Station ein und konnte<br />
mit Hilfe des Telefons helfend eingreifen.<br />
Um 21 Uhr kam dann die erste Telefonverbindung<br />
mit Hamburg-Finkenwerder zustande. Das<br />
bedeutete QRT für die im Einsatz befindlichen<br />
Stationen.<br />
Die nüchterne Bilanz: Einsatzzeit ca. 30 Stunden.<br />
Zahl der taktischen <strong>Funk</strong>sprüche ca. 500, die Zahl<br />
der Betriebssprüche wurde nicht erfasst.<br />
Hamburger Echo vom 2. März 1962<br />
QSL von DJ1UB, Friedrich Steenhusen<br />
Dank und Konsequenzen<br />
H. Picolin, DL3NE, sprach in einem Editorial nicht<br />
nur allen Beteiligten den Dank des DARC aus, er<br />
zog auch Schlussfolgerungen: „Wir alle haben aus<br />
den Erfahrungen zu lernen. … Polizei, Feuerwehr<br />
und eingesetzte Verbände benötigten ihre<br />
Nachrichtenverbindungen zur Aufrechterhaltung<br />
der eigenen Organisation und Hilfe bei akuter<br />
Lebensgefahr. Die zivile Verwaltung dagegen war<br />
abgeschnitten und teils ohne Verbindung zur<br />
Außenwelt. … Hier liegt für uns als <strong>Funk</strong>amateure<br />
der Ansatzpunkt. … Es hat in den vergangenen<br />
Jahren nicht an Stimmen gefehlt, die in unseren<br />
Reihen die Organisation eines weiträumigen<br />
Notnetzes fordern. … Aus den Erkenntnissen von<br />
Hamburg wird der DARC seine Maßnahmen zu<br />
treffen haben.“[2]<br />
In der Tat schrieb man schon im Mai 1962 den<br />
Entwurf eines tragbaren Transceivers für<br />
Fuchsjagden, Fielddays und Katastropheneinsätze<br />
aus. [3] Es blieb beim guten Vorsatz…<br />
Der Einsatz der <strong>Funk</strong>amateure fand große<br />
Anerkennung bei Behörden und in der<br />
Öffentlichkeit. Bezeichnend hierfür war die<br />
Äußerung des Einsatzleiters in Finkenwerder: „Wie<br />
ist es bloß möglich, dass das so funktioniert?“<br />
Auch in Presseberichten, so von Bildzeitung,<br />
Hamburger Abendblatt und Hamburger Echo,<br />
wurden die Aktivitäten gewürdigt. Der Vorstand<br />
des DARC dankte jedem Teilnehmer mit einem<br />
besonderen Schreiben und einer<br />
Anerkennungsurkunde. [4]<br />
An der Aktion waren 39 Amateure beteiligt:<br />
Richard Hack, DJ1AK, Friedrich Steenhusen,<br />
DJ1FK; Gerhard Hoyer, DJ1GE; Horst Schröder,<br />
DJ1UB; Fritz Zöller, DJ1WT; Eggert Lentz,<br />
FUNK-TELEGRAMM 6/07 33