diss_wolf_theresa.pdf (2449 KB) - Ernst-Moritz-Arndt-Universität ...
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16 Theoretische Grundlagen<br />
wieder auf, dass Prozesse, die ursprünglich zentral gesteuert worden waren durch Training<br />
und Lerneffekte schließlich präattentiv, in der Terminologie selbiger Autoren also automatisch,<br />
verarbeitet werden und so den zentralen Verarbeitungskanal entlasten. Reaktionen, die<br />
durch präattentive Verarbeitung hervorgerufen werden, unterschied Öhman (1979) einmal in<br />
Schreck- und Abwehrreflexe und der eigentliche Orientierungsreaktion, die die Signalaufnahme<br />
erleichtert, indem laufende motorische Aktivitäten inhibiert werden, eine Orientierung<br />
der Augen auf die Reizquelle erfolgt und allgemein die sensorische Schwelle gesenkt<br />
wird.<br />
Graham (1992) spezifizierte automatische Verarbeitungsmechanismen weiter in Orientierungs-,<br />
Abwehr- und Schreckreflexe und führte den Begriff des "transient- detecting response<br />
(TDR)", womit ein Entdeckungsreflex gemeint ist, ein. Er tritt bei Reizen niedrigerer Intensität<br />
auf, operiert präattentiv und wird von einem Hochpassfilter 12 verarbeitet, der erst<br />
später in der Entwicklung heranreift. Er gewährleistet, dass Reize minderer Stärke, die also<br />
keinen Schreck- oder Abwehrreflex hervorrufen, geschützt verarbeitet werden, indem er zeitlich<br />
nachfolgende Reize inhibiert und fungiert somit als ein automatischer, präattentiver Filtermechanismus<br />
(sensory gating). Er ist vom allgemeinen Orientierungsreflex abzugrenzen,<br />
da er langsamer habituiert und auch im Schlaf auslösbar ist. Graham (1997) unterschied so<br />
zwischen vier verschiedenen Informationsverarbeitungsprozessen: ein Hochpassfilterungssystem,<br />
welches präattentiv operiert, einem auf neue Reize reagierenden, automatisch arbeitenden<br />
Orientierungssystem, einem automatischen Abwehrsystem, was auf aversive Reize<br />
reagiert und schließlich dem selektiven Informationsverarbeitungssystem (bei Sokolov<br />
(1975) als lokale Orientierung definiert), was auf bekannte, aufgabenrelevante Reize reagiert<br />
und zentrale Steuerung benötigt.<br />
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich zum einen mit präattentiver, automatisch ablaufender,<br />
subliminaler Aufmerksamkeit, also mit der sensomotorischen Filterleistung, die aufgrund<br />
der physikalischen und zeitlichen Beschaffenheit einer Information den Vorrang gibt<br />
und andere Informationen inhibiert und zum anderen mit selektiver, kontrollierter Aufmerksamkeit,<br />
bei der eine bewusste, intendierte Zuwendung zu einer bestimmten Information hin<br />
erfolgt und deren Bearbeitungskapazität zentral gesteuert wird.<br />
12)<br />
Graham (1975, 1992) unterscheidet zwischen Hoch- und Niedrigpassfilter auch aufgrund von neurophysiologischen<br />
Daten, mit denen zwei Typen von Neuronen ("short vs. long time- constant") anhand ihres Reaktions-<br />
und Habituationsmusters identifiziert werden konnten.