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14 Theoretische Grundlagen oder auch dessen Unterform das Arbeitsgedächtnis zugrundegelegt wird (Birbaumer & Schmidt, 2010, Kap.22). Frühe Theorien zur Aufmerksamkeit wie die Flaschenhals- Theorie von Broadbent (1957) gingen zunächst davon aus, dass die Wahrnehmung sich trotz einer Vielzahl ankommender Informationen auf eine bestimmte Information einstellen kann und nicht beachtete Informationen nicht bearbeitet werden. Reize werden aufgrund ihrer physikalischen Überlegenheit oder ihrer zeitigeren Ankunft ausgewählt (daher auch Reizselektionstheorien oder „early selection model“), den Aufmerksamkeitsfilter zu passieren, wenn der Sinneskanal nicht refraktär ist und eine höhere Wertigkeit als andere Sinneskanäle hat. Die Analyse erfolgt erst danach. Die Reize gelangen also von den Sinneskanälen und dem sensorischen Speicher 8 durch den Filter 9 in das begrenzte KZG und von da aus mittels Konsolidierung, damit ist das Wiederholen von Information gemeint, in das unbegrenzte Langzeitgedächtnis (LZG). Seit den siebziger Jahren hat sich die Position durchgesetzt (zum Beispiel Kahneman (1973) zitiert in der Übersicht von Shiffrin & Schneider, 1977), dass alle Informationen über das sensorische Gedächtnis in das LZG gelangen und vor ihrer Selektion analysiert werden, dass jedoch eine zentrale Instanz (das limitierte Kapazitäts-Kontroll- System) die Kapazität des mittelfristigen Speicher (KZG) reguliert, d.h., die vorhandene Kapazität bzw. die vorhanden Ressourcen können für bestimmte Aufgaben aufgeteilt werden (Reaktionsselektionstheorien oder „late selection model“). Es wird nun angenommen, dass das KZG eine aktivierte Unterform des LZG darstellt. Ferner wird zwischen automatisierten, "bottomup" und kontrollierten, "top- down" Verarbeitungsprozessen unterschieden. Die sensorische Enkodierung von Informationen erfolgt zunächst automatisch (Shiffrin & Schneider, 1977). Es werden dann so genannte Engramme aktiviert, also neuronale Repräsentationen von bedeutsamen Erinnerungen, Gedanken, Vorstellungen, welche wiederum reziprok den sensorischen Input des interessierenden Objektes erleichtern und in internal generierter, kontrollierter Aufmerksamkeit resultieren (Milner, 1999, Kap.4). Kontrollierte Aufmerksamkeitsprozesse sind durch das Vorhandensein einer Intention, der Bewusstwerdung und einer verminderten Verarbeitungsmöglichkeit konkurrierender Informationen charakterisiert (Posner & Snyder, 1975). Kontrollierte Prozesse sind langsame, seriell ablaufende Verarbeitungsprozesse, die jedoch über den Vorgang des Lernens automatisiert werden können und dann nicht 8) 9) Speicherkapazität in den primären Sinnessystemen, der sensorische Reize für max. einige Sekunden stabil hält, um Enkodierung und Aktivation der Aufmerksamkeitssysteme zu ermöglichen. Man unterscheidet in ein ikonisches Gedächtnis für den visuellen und in ein echoisches Gedächtnis für den akustischen Bereich. (Birbaumer & Schmidt, 2010, Kap.22). Auch Broadbent (1957) geht von einer initialen sensorischen Präsentation aus. Broadbent (1957) meint mit Filter einen Informationskanal mit begrenzter Kapazität.
Theoretische Grundlagen 15 mehr bewusst werden, ohne Intention erfolgen und keine Interferenz mit anderen kognitiven Aufgaben aufweisen, also parallel ablaufen (Posner & Snyder,1975). Beim Enkodieren sichern Orientierungsreflexe die Hinwendung zu neuen Reizen, während Habituation die Beachtung bekannter Reize eindämmt (Birbaumer & Schmidt, 2010). So unterschied Sokolov (1975) beim Organismus neben einen Abwehr- und adaptiven Reflex den Orientierungsreflex als mögliche Reaktionen auf Reize. Der Orientierungsreflex entsteht, wenn ein Reiz nicht mit dem neuronalen Modell des Reizes übereinstimmt, wenn ein "mismatch" zwischen der ankommenden Information und den bisher gemachten Erfahrungen des Organismus von einem zentralen Vergleichssystem festgestellt worden ist. Die Orientierungsreaktion hat eine niedrige Reizschwelle und wird bei Reizwiederholung gelöscht, d.h., sie habituiert. Sokolovs Modell erfuhr vielfach empirische Unterstützung, zum Beispiel bei Siddle (1991) oder zur Übersicht auch Öhman, Hamm & Hugdahl (2000) sowie Graham (1992, 1997). Im experimentellen Design konnte zum einen der erwartete Habituationsverlauf und zum anderen die auftretende Neuorientierung bei veränderten oder ausbleibenden Reizen nachgewiesen werden. Das Modell erfuhr eine Weiterentwicklung bei Öhman (1979) oder auch Öhman, Hamm & Hugdahl (2000), der das Prinzip der Orientierungsreaktion in einem komparativen System mit den Konstrukten des KZG und LZG verknüpfte. In seinem Modell nahm Öhman (1979) an, dass zuerst eine automatisierte, präattentive 10 Verarbeitung des Reizes erfolgt, die in seiner Identifikation resultiert und den Weg für seine fortgeschrittene, selektive und Ressourcen begrenzte Verarbeitung bereitet. Es ist nur ein Teil des Gedächtnisses verfügbar, nämlich das KZG. Eine Orientierungsreaktion kann zum einen dann ausgelöst werden, wenn während des präattentiven Prozesses keine Passung für den Reiz im KZG gefunden wird und nach mehr Verarbeitungskapazitäten verlangt wird und zum anderen, wenn eine Passung gefunden worden ist, der Reiz als signifikant 11 bewertet wurde und deshalb nach höherer Verarbeitungskapazität verlangt wird. Dann wird eine Suche im LZG gestartet. Die Orientierungsreaktion ist hiernach weder der automatischen noch der kontrollierten Verarbeitung zuzuordnen, sie stellt ein "call" nach kontrollierter Verarbeitung dar. Präattentive Verarbeitung bedeutet bei Öhman (1979) die automatische und komplexe Identifikation eines Reizes, die ohne zentrale Prozesskapazität abläuft. Er griff die Idee von Shiffrin und Schneider (1977) 10) Der Begriff wird erstmalig von Neisser (1967) verwendet und meint eine parallel ablaufende Reizverarbeitung, die der vorläufigen Identifikation eines Reizes dient. 11) Als signifikant wird ein Reiz laut Öhman (1979) charakterisiert, wenn durch ihn biologische Bedürfnisse, vorangegangenes Lernen oder Instruktionen präsentiert werden.
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Theoretische Grundlagen 15<br />
mehr bewusst werden, ohne Intention erfolgen und keine Interferenz mit anderen kognitiven<br />
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Beim Enkodieren sichern Orientierungsreflexe die Hinwendung zu neuen Reizen, während<br />
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So unterschied Sokolov (1975) beim Organismus neben einen Abwehr- und adaptiven Reflex<br />
den Orientierungsreflex als mögliche Reaktionen auf Reize. Der Orientierungsreflex<br />
entsteht, wenn ein Reiz nicht mit dem neuronalen Modell des Reizes übereinstimmt, wenn<br />
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des Organismus von einem zentralen Vergleichssystem festgestellt worden ist. Die<br />
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d.h., sie habituiert. Sokolovs Modell erfuhr vielfach empirische Unterstützung, zum<br />
Beispiel bei Siddle (1991) oder zur Übersicht auch Öhman, Hamm & Hugdahl (2000) sowie<br />
Graham (1992, 1997). Im experimentellen Design konnte zum einen der erwartete Habituationsverlauf<br />
und zum anderen die auftretende Neuorientierung bei veränderten oder ausbleibenden<br />
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Das Modell erfuhr eine Weiterentwicklung bei Öhman (1979) oder auch Öhman, Hamm<br />
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an, dass zuerst eine automatisierte, präattentive 10 Verarbeitung des Reizes erfolgt, die in seiner<br />
Identifikation resultiert und den Weg für seine fortgeschrittene, selektive und Ressourcen<br />
begrenzte Verarbeitung bereitet. Es ist nur ein Teil des Gedächtnisses verfügbar, nämlich das<br />
KZG. Eine Orientierungsreaktion kann zum einen dann ausgelöst werden, wenn während des<br />
präattentiven Prozesses keine Passung für den Reiz im KZG gefunden wird und nach mehr<br />
Verarbeitungskapazitäten verlangt wird und zum anderen, wenn eine Passung gefunden<br />
worden ist, der Reiz als signifikant 11 bewertet wurde und deshalb nach höherer Verarbeitungskapazität<br />
verlangt wird. Dann wird eine Suche im LZG gestartet. Die Orientierungsreaktion<br />
ist hiernach weder der automatischen noch der kontrollierten Verarbeitung zuzuordnen,<br />
sie stellt ein "call" nach kontrollierter Verarbeitung dar. Präattentive Verarbeitung bedeutet<br />
bei Öhman (1979) die automatische und komplexe Identifikation eines Reizes, die<br />
ohne zentrale Prozesskapazität abläuft. Er griff die Idee von Shiffrin und Schneider (1977)<br />
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Der Begriff wird erstmalig von Neisser (1967) verwendet und meint eine parallel ablaufende Reizverarbeitung,<br />
die der vorläufigen Identifikation eines Reizes dient.<br />
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Als signifikant wird ein Reiz laut Öhman (1979) charakterisiert, wenn durch ihn biologische Bedürfnisse,<br />
vorangegangenes Lernen oder Instruktionen präsentiert werden.