diss_wolf_theresa.pdf (2449 KB) - Ernst-Moritz-Arndt-Universität ...
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132 Diskussion<br />
ziiert sein. Für die Psychopathologie, deren Vorliegen die Diagnose bestimmt, wurde in der<br />
vorliegenden Studie keine eindeutigen Zusammenhänge weder zur Psychophysiologie noch<br />
zur Neuropsychologie gefunden, was sich problemlos in die dazu existierende widersprüchliche<br />
Literatur einfügt. Die vom Untersuchungsleiter getroffene Bewertung „mangelnde<br />
Aufmerksamkeit“ schien am verlässlichsten mit Defiziten assoziiert zu sein. Doch diese<br />
Subskala bildet sehr wahrscheinlich weniger zugrundeliegende neurobiologische Defizite<br />
oder einen schizophreniespezifischen Phänotyp als die aktuelle Motivation und Präsenz des<br />
Patienten ab, der in einer persönlichen Krisensituation eine anderthalbstündige Testung absolviert.<br />
Kernsymptome oder Endophänotypen müssten konsequenterweise auch untereinander<br />
verbunden sein, wofür es, wie unter 6.4 aufgeführt, bisher nur schwache Hinweise gibt.<br />
Ein Multitrait- Multimethod Ansatz, bei welchem mit verschiedenen Methoden (zum Beispiel<br />
präattentiv und kontrolliert) gleiche und verschiedene Konstrukte (zum Beispiel Aufmerksamkeit<br />
versus Gedächtnis) gemessen werden, würde in zukünftigen Studien die These<br />
einer gestörten Informationsverarbeitung als Endophänotyp der schizophrenen Erkrankung<br />
valider untersuchen können.<br />
Die bisherigen Befunde zur gestörten Informationsverarbeitung, so führte Heinrichs<br />
(1993) weiter aus, sind wenig aussagekräftig und werfen die Frage nach der Alltagsrelevanz<br />
auf. Jedes Gehirn habe schließlich die Fähigkeit zur Kompensation und Erholung. Und so<br />
möchte ich nun zu der „guten“ Nachricht kommen und zitiere Palmer et al. (2009) “The heterogeneity<br />
in cognitive functioning provides tangible reason to express hope to patients and<br />
their families that schizophrenia is by no means typically accompanied by profound cognitive<br />
deficits or by a lifelong progressive decline in functioning.” (S. 377). Es gibt Anlass zur<br />
Hoffnung, dass aktuell erlebte kognitive Beeinträchtigungen bei exazerbierten schizophrenen<br />
Patienten state marker sind, die in einer persönlichen Krisensituation auftreten und unter der<br />
Voraussetzung einer den Leitlinien entsprechenden neuroleptischen Behandlung zurückgehen.<br />
Es dürfen die psychologischen Aspekte dieser Erkrankung und den damit verbundenen<br />
Einschränkungen aus ihrem Schattendasein befreit werden, die wie Palmer et al. (2009) in<br />
den 30er bis zu den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts durchaus vertreten wurden. Palmer<br />
et al. (2009, S. 367) zitieren Goldstein (1938, 1939, 1959), für den der schizophrene Konkretismus<br />
ein „protective mechanism against anxiety which originated in early youth“ darstellte<br />
und Watson (1968), für den die schizophrene Antriebs- und Denkstörung episodischen Charakter<br />
haben und viele Testergebnisunterschiede zu gesunden Kontrollen erklären könnten.<br />
Eine gleichwertige Berücksichtigung psychogener Einflussfaktoren auf Entstehung, Ausprä-