diss_wolf_theresa.pdf (2449 KB) - Ernst-Moritz-Arndt-Universität ...
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130 Diskussion<br />
herigen diagnostischen und pathogenetischen Konstrukten eine Überarbeitung verlangt. Inkonsistente<br />
Befunde können durch eine komplexe Diagnostik erklärt werden, aber auch<br />
durch falsche Grundannahmen. Wie im Folgenden ausgeführt wird, gibt es für die Hypothese,<br />
dass eine gestörte Informationsverarbeitung ein Endophänotyp der schizophrenen Erkrankung<br />
darstellt, keine ausreichend valide und konsistenten Belege.<br />
So traten auch in der vorliegenden Studie Gruppenunterschiede in psychophysiologischen<br />
und neuropsychologischen Tests zwischen schizophrenen Patienten und gesunden Kontrollen<br />
nicht unabhängig von Medikation und Erkrankungsdauer auf, was schlussendlich schizophrenie-<br />
unspezifische Phänomene sind. Auch gesunde Probanden können unter Gabe von<br />
Neuroleptika Defizite in neuropsychologischen Tests (Barrett, Bell, Watson & King, 2004;<br />
Csomor et al., 2008; Liem-Moolenaar et al., 2011) oder der PPI aufweisen (Abduljawad,<br />
Langley Bradshaw & Szabadi 1998; Csomor er al., 2008; Kumari et al., 1998, Oranje, Gispen<br />
de Wied, Verbaten & Kahn, 2002b, Oranje, Kahn, Kemner & Verbaten, 2004). Neuere<br />
Arbeiten wiesen einen Zusammenhang zwischen der Dauer der Neuroleptikaeinnahme und<br />
strukturellen Hirnanomalien bzw. Verlust von Nervengewebe nach (Übersichtsarbeiten von<br />
Moncrieff & Leo, 2010; Navari & Dazzan, 2009), die sich dann negativ auf die kognitive<br />
Leistungen, vorrangig in den Bereichen verbales Lernen, Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis<br />
und Problemlösen der Betroffenen auswirken können. Diesen Zusammenhang haben<br />
Andreasen et al. (2011) in einer prospektiven Langzeitstudie an 202 ersterkrankten schizophrenen<br />
Patienten im Vergleich zu 125 gesunden Kontrollen nachgewiesen. Dieser Befund,<br />
der u.a. in der Spiegel Ausgabe (4/2013, S.116-117) unter der polemischen Überschrift<br />
„Hirnschwund durch Psychopillen?“ diskutiert wurde, sorgte zu Recht „in der Fachwelt für<br />
Aufregung“ (siehe auch Lewis, 2011). Im Fazit stellte die Arbeitsgruppe um Andreasen fest:<br />
“It is possible that, although antipsychotics relieve psychosis and its attendant suffering,<br />
these drugs may not arrest the pathophysiologic processes underlying schizophrenia and<br />
may even aggravate progressive brain tissue volume reductions.” (Ho, Andreasen, Ziebell,<br />
Pierson & Magnotta, 2011, S. 135).<br />
Ein weiteres Argument dafür, dass kognitive Defizite präattentiver oder kontrollierter Art<br />
stabile Endophänotypen der schizophrenen Erkrankung sind, stellen Defizite bei ersterkrankten,<br />
noch nie medizierten Patienten sowie Defizite bei Angehörigen ersten Grades schizophrener<br />
Patienten dar. Für die PPI gilt, dass diese Studien bezogen auf die Gesamtzahl recht<br />
klein und auch widersprüchlich ausfallen (siehe Cadenhead et al., 2000; Kumari, Das, Zachariah,<br />
Ettinger & Sharma, 2005c; Wynn et al., 2004b). Für neuropsychologische Defizite