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124 Diskussion Erkrankungsdauer. Dies deckt sich nicht mit den Ergebnissen von Metaanalysen und der CATIE- Studie, die einen nachteiligen Einfluss der Erkrankungsdauer nachwiesen (Dickinson et al., 2007; Forbes et al., 2008; Heinrich & Zakzanis, 1998; Keefe et al., 2006a) und den Einzelarbeiten, die für mehrfacherkrankte Patienten schlechtere Leistungen im Vergleich zu ersterkrankten Patienten aufzeigten (Addington, J. & Addington, D., 2001; Pukrop et al., 2006; Saykin et al., 1994; Sobizack et al., 1999). Die Unterschiede fielen jeweils gering aus und könnten durch eine Modertorvariable, nämlich Medikation erklärt werden. So zeigte eine Studie von Kravariti, Morris, Rabe-Hesketh, Murray & Frangou (2003) in einer früherkrankten, schizophrenen Patientenstichprobe, dass nicht die Erkrankungsdauer, die Psychopathologie oder die Medikamentendosis einen Einfluss auf die neuropsychologische Testleistung hatte, jedoch die Dauer der medikamentösen Behandlung signifikant negativ mit Aufmerksamkeit und psychomotorischer Geschwindigkeit korrelativ verbunden war. Kravariti et al. (2003) fassten zusammen: „By contrast, the overall duration of a patient`s exposure to antipsychotic treatment was the strongest predictor of cognitive performance.” (S. 101). Um den Einfluss der Medikation einerseits und medikamenten- und krisenunabhängige Aufmerksamkeitsdefizite bei schizophrenen Patienten andererseits zu belegen, bedarf es zukünftiger Studien, die Krankheits- und Medikamentenstatus nicht vermischen und verschiedene Gruppen dahingehend miteinander vergleichen. In der vorliegenden Arbeit wurden keine Unterschiede in den Tests „Geteilte Aufmerksamkeit“ und „Reaktionswechsel“ zwischen atypisch und gemischt typisch und atypisch medizierten Patienten gefunden. Neuere Arbeiten hatten ebenfalls die Überlegenheit hinsichtlich neuropsychologischer Testleistung von atypischer Medikation im Vergleich zu einer angemessen dosierten typischen Medikation nicht belegen können (Fagerlund, Mackeprang, Gade, Hemmingsen & Glenhtøj, 2004; Keefe et al., 2006b; Keefe et al., 2007). Im Unterschied zur Literatur waren die korrelativen Zusammenhänge der neuropsychologischen Testleistung stärker mit der Positiv- als mit der Negativsymptomatik. Es wurden dann für zwei von vier Kennwerten auch Zusammenhänge mit der Allgemeinen Psychopathologie gefunden. Alle vier Kennwerte korrelierten ähnlich den psychophysiologischen Daten mit der Subskala „mangelnde Aufmerksamkeit“. Insgesamt traten die korrelativen Zusammenhänge bezogen auf die vier Testkennwerte nicht konsistent auf, was sich auch in der Literatur wiederfindet (zum Beispiel Brickman et al., 2004; Kravariti et al., 2003; Rund et al., 2004) und in den heterogenen Effektstärken der Metaanalysen (De Graci Dominguez et al., 2009; Ventura et al., 2010). Zu diesem Befund passend unterschieden sich Patienten mit

Diskussion 125 und ohne Erstrangsymptomen nicht voneinander. Ähnlich den psychophysiologischen Daten konnte kein profunder Zusammenhang zu schizophrenietypischen Symptomen gezeigt werden. Insgesamt gingen in der vorliegenden Arbeit die signifikant schlechteren Werte der Patienten im Vergleich zu den gesunden Kontrollen in den Tests „Geteilte Aufmerksamkeit“ und „Reaktionswechsel“ auf die medizierten Patienten unabhängig von ihrer Erkrankungsdauer zurück. 6.4 Veränderung der selektiven, kontrollierten Aufmerksamkeitsleistung durch therapeutische Intervention Alle Gruppen (Kontrollen und Patienten, atypisch oder gemischt medizierte Patienten, Erst- und Mehrfacherkrankte) verbesserten sich über die Zeit bei bestehenden Gruppenunterschieden in den untersuchten Tests hinsichtlich Genauigkeit und Geschwindigkeit. Eine Verbesserung der neuropsychologischen Kennwerte wurde wiederholt sowohl unter atypischer als auch unter typischer Medikation in Metaanalysen publiziert (Keefe et al., 1999; Mishara & Goldberg, 2004, Woodward et al., 2005, 2007). Die Effekte fielen eher mild aus und sind nicht von Übungseffekten abzugrenzen (Fagerlund et al., 2004; Keefe et al., 2007) oder wie Palmer et al. (2009) ausführten nicht von der parallel ablaufenden Behandlung und Symptomreduktion. Letztere war in der vorliegenden Arbeit nicht konsistent mit der neuropsychologischen Testleistung verbunden, so dass eine rechnerische Kontrolle der Symptomreduktion auf die neuropsychologische Kennwertverbesserung entfiel. Die nach vierwöchiger Behandlung bestehenden Gruppenunterschiede zwischen der Gesamtgruppe der schizophrenen Patienten und den gesunden Kontrollen könnte als Beleg für eine defizitäre Informationsverarbeitung als Endophänotyp der schizophrenen Erkrankung gewertet werden. Sie ist zu diesem Zeitpunkt, wie bereits unter 6.3.2 beschrieben, jedoch untrennbar mit Erkrankungsdauer und antipsychotischer Medikation verbunden. Für einen sinnvollen Vergleich müssten gesunde Kontrollen mit Patienten bei vergleichbarem Bildungsabschluss untersucht werden, die im günstigsten Fall erstmalig eine niedrig dosierte neuroleptische Medikation erhalten haben, zum Testzeitpunkt vielleicht schon wieder medikamentenfrei sind oder auf einem niedrigen Niveau (CPZ = 300, S3 Richtlinien, DGPPN, 2006, S. 89) Antipsychotika erhalten und psychopathologisch stabilisiert sind. Wie unter 6.3.2 aufgeführt, weisen derzeitige Studien daraufhin, dass diese Patientenpopulation weniger stark beein-

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Erkrankungsdauer. Dies deckt sich nicht mit den Ergebnissen von Metaanalysen und der<br />

CATIE- Studie, die einen nachteiligen Einfluss der Erkrankungsdauer nachwiesen (Dickinson<br />

et al., 2007; Forbes et al., 2008; Heinrich & Zakzanis, 1998; Keefe et al., 2006a) und den<br />

Einzelarbeiten, die für mehrfacherkrankte Patienten schlechtere Leistungen im Vergleich zu<br />

ersterkrankten Patienten aufzeigten (Addington, J. & Addington, D., 2001; Pukrop et al.,<br />

2006; Saykin et al., 1994; Sobizack et al., 1999). Die Unterschiede fielen jeweils gering aus<br />

und könnten durch eine Modertorvariable, nämlich Medikation erklärt werden. So zeigte<br />

eine Studie von Kravariti, Morris, Rabe-Hesketh, Murray & Frangou (2003) in einer früherkrankten,<br />

schizophrenen Patientenstichprobe, dass nicht die Erkrankungsdauer, die Psychopathologie<br />

oder die Medikamentendosis einen Einfluss auf die neuropsychologische Testleistung<br />

hatte, jedoch die Dauer der medikamentösen Behandlung signifikant negativ mit<br />

Aufmerksamkeit und psychomotorischer Geschwindigkeit korrelativ verbunden war.<br />

Kravariti et al. (2003) fassten zusammen: „By contrast, the overall duration of a patient`s<br />

exposure to antipsychotic treatment was the strongest predictor of cognitive performance.”<br />

(S. 101). Um den Einfluss der Medikation einerseits und medikamenten- und krisenunabhängige<br />

Aufmerksamkeitsdefizite bei schizophrenen Patienten andererseits zu belegen, bedarf<br />

es zukünftiger Studien, die Krankheits- und Medikamentenstatus nicht vermischen und<br />

verschiedene Gruppen dahingehend miteinander vergleichen.<br />

In der vorliegenden Arbeit wurden keine Unterschiede in den Tests „Geteilte Aufmerksamkeit“<br />

und „Reaktionswechsel“ zwischen atypisch und gemischt typisch und atypisch medizierten<br />

Patienten gefunden. Neuere Arbeiten hatten ebenfalls die Überlegenheit hinsichtlich<br />

neuropsychologischer Testleistung von atypischer Medikation im Vergleich zu einer<br />

angemessen dosierten typischen Medikation nicht belegen können (Fagerlund, Mackeprang,<br />

Gade, Hemmingsen & Glenhtøj, 2004; Keefe et al., 2006b; Keefe et al., 2007).<br />

Im Unterschied zur Literatur waren die korrelativen Zusammenhänge der neuropsychologischen<br />

Testleistung stärker mit der Positiv- als mit der Negativsymptomatik. Es wurden<br />

dann für zwei von vier Kennwerten auch Zusammenhänge mit der Allgemeinen Psychopathologie<br />

gefunden. Alle vier Kennwerte korrelierten ähnlich den psychophysiologischen Daten<br />

mit der Subskala „mangelnde Aufmerksamkeit“. Insgesamt traten die korrelativen Zusammenhänge<br />

bezogen auf die vier Testkennwerte nicht konsistent auf, was sich auch in der<br />

Literatur wiederfindet (zum Beispiel Brickman et al., 2004; Kravariti et al., 2003; Rund et<br />

al., 2004) und in den heterogenen Effektstärken der Metaanalysen (De Graci Dominguez et<br />

al., 2009; Ventura et al., 2010). Zu diesem Befund passend unterschieden sich Patienten mit

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