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NORDLAND VIRUS - 4-Seasons.de

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6 Träume leben<br />

Träume leben 7<br />

<strong>NORDLAND</strong><br />

<strong>VIRUS</strong><br />

Die Einsamkeit <strong>de</strong>s skandinavischen Nor<strong>de</strong>ns übt eine magische Faszination<br />

aus. Auch auf Martin Hülle. Vor über 20 Jahren vom Nordlandvirus infiziert,<br />

kehrte er immer wie<strong>de</strong>r zurück. Letzten Sommer absolvierte er seine Traumtour:<br />

alleine durch die wil<strong>de</strong>n Gebirge <strong>de</strong>s Sareks und die weiten Ebenen Padjelantas.<br />

Text & Fotos: Martin Hülle<br />

Lappland pur: Blick ins Rapadalen.


8<br />

Träume leben Träume leben 9<br />

»Nach all <strong>de</strong>n Jahren fin<strong>de</strong> ich mich an <strong>de</strong>r<br />

von krüppeligen Bäumen umstan<strong>de</strong>nen<br />

Fjäll station wie<strong>de</strong>r – und wuchte mir <strong>de</strong>n<br />

30-Kilo-Rucksack auf <strong>de</strong>n Rücken.«<br />

Alles begann vor über 20 Jahren, im August 1991. Ich<br />

war gera<strong>de</strong> mal 17 Jahre alt und lief <strong>de</strong>n Kungsle<strong>de</strong>n,<br />

Schwe<strong>de</strong>ns berühmten »Königspfad«, von Abisko<br />

nach Kvikkjokk. Die nordische Einsamkeit brannte<br />

sich tief in mir ein. Manchmal fiel es mir schwer, das<br />

Alleinsein zu ertragen. Aber ich war gleichsam fasziniert von <strong>de</strong>r<br />

Landschaft und <strong>de</strong>r Freiheit, über Berge und Täler zu schreiten.<br />

Es war <strong>de</strong>r Beginn einer Lei<strong>de</strong>nschaft, die bis heute ungebrochen<br />

ist – und sogar immer stärker wur<strong>de</strong>.<br />

Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Wan<strong>de</strong>rung kam ich am Ostrand <strong>de</strong>s Sarek-<br />

National park vorbei. Schon damals ein Traumland, berüchtigt als<br />

weglose Herausfor<strong>de</strong>rung und nichts für ein Greenhorn wie mich.<br />

Noch nicht. Zwei Jahre später wagte ich mich erstmals ein Stück<br />

hinein in diese urwüchsige Welt. Angestachelt vom Nordlandfieber,<br />

mit einem Rucksack voller Respekt und jugendlichem Ent<strong>de</strong>ckergeist.<br />

Ich schaffte es von Kvikkjokk durch <strong>de</strong>n südlichen<br />

Teil <strong>de</strong>s Parks bis zur Alkavare Kapell, dann machte mir das<br />

Wette r einen Strich durch die weitere Rechnung. Immerhin: Die<br />

anfangs oft bedrücken<strong>de</strong> Einsamkeit machte mir mittlerweile<br />

nichts mehr aus – so langsam gehörte ich zu jenen Menschen,<br />

<strong>de</strong>nen zwei Wan<strong>de</strong>rer in einem Tal bereits einer zu viel sind ...<br />

Letzten Herbst, über 20 Jahre nach meinen ersten Fjälltouren in<br />

Lappland und in <strong>de</strong>r Zwischenzeit mit vielen Outdoor-Wassern ><br />

Nichts für Nordland-Novizen – im Sarek fehlen markierte Wege.<br />

Sturm, Einsamkeit, Übergepäck? Fin<strong>de</strong>n Leute wie Martin toll.


10 Träume leben<br />

Träume leben 11<br />

gewaschen, kehre ich zurück zu einem <strong>de</strong>r Orte, wo alles begann.<br />

Schon lange hatte ich diese »I<strong>de</strong>altour« im Kopf: von Ost nach<br />

West durch Sarek und Padjelanta zu laufen, von Schwe<strong>de</strong>n hinüber<br />

nach Norwegen. Also fin<strong>de</strong> ich mich nach all <strong>de</strong>n Jahren an<br />

<strong>de</strong>r von krüppeligen Bäumen umstan<strong>de</strong>nen Saltoluokta-Fjällstation<br />

wie<strong>de</strong>r und wuchte mir <strong>de</strong>n 30-Kilo-Rucksack auf <strong>de</strong>n<br />

Rücke n. Erst ein Stück südwärts auf <strong>de</strong>m Kungsle<strong>de</strong>n, dann nach<br />

Westen abbiegen in »Europas letzte Wildnis«.<br />

»Einsamkeit machte mir nichts mehr<br />

aus – ich gehörte zu jenen Menschen,<br />

<strong>de</strong>nen zwei Wan<strong>de</strong>rer im Tal bereits<br />

einer zu viel sind.«<br />

Der schönste Aussichtspunkt im Nordland<br />

Steil führt <strong>de</strong>r Pfad bergan in die baumlosen Gefil<strong>de</strong> <strong>de</strong>s kargen<br />

Ávtsusjvágge. Es regnet. Doch wie zur Erhellung <strong>de</strong>s Tourstarts<br />

reißt es auf und die Sonne kommt heraus. Am Nachmittag steige<br />

ich hinunter zum Ufer <strong>de</strong>s Sitojaure. Windgeschützt liegt dort in<br />

lichtem Birkenwald eine Übernachtungshütte <strong>de</strong>s schwedischen<br />

Wan<strong>de</strong>rvereins. Samen aus einer nahen Siedlung bieten einen<br />

Fährdienst an, nach zwei Stun<strong>de</strong>n Warten setzt mich eine Frau<br />

mit <strong>de</strong>m Motorboot über <strong>de</strong>n See. Mit an Bord ist ihr kleiner Sohn,<br />

gera<strong>de</strong> mal ein Jahr alt, <strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>r spritzigen Tour sogleich einschläft,<br />

als wür<strong>de</strong> er gemütlich im Kin<strong>de</strong>rwagen über Stockholmer<br />

Boulevards chauffiert. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seeseite schlage ich unweit<br />

<strong>de</strong>r Svijnne-Schutzhütte mein Lager auf. Bald bil<strong>de</strong>t sich Eis<br />

auf <strong>de</strong>m Zelt. Willkommen Nachtfrost.<br />

Eisiger Wind weht über <strong>de</strong>n Königspfad. Bevor es hinuntergeht zu<br />

<strong>de</strong>n Aktse-Hütten, verlasse ich <strong>de</strong>n markierten Weg und schwenke<br />

gen Sarek und zu <strong>de</strong>n Seen unterhalb <strong>de</strong>s Bassoajvve. In <strong>de</strong>r<br />

Senk e tummeln sich die Rentiere. Ich baue das Zelt auf und starte<br />

mit leichtem Gepäck zum Skierffe, <strong>de</strong>m markanten Berg am Rand<br />

<strong>de</strong>s Sarek-Nationalparks. Von seiner Rückseite ist <strong>de</strong>r felsige<br />

Sporn einfach zu besteigen, ein Pfad führt hinauf und nur das<br />

letzte Stück ist steinig. Plötzlich bin ich oben, vor mir geht es 700<br />

Meter senkrecht hinab. Der Blick aufs Delta <strong>de</strong>s Ráhpaädno verschlägt<br />

mir <strong>de</strong>n Atem. Tief unten schlängeln sich die verästelten<br />

Arme <strong>de</strong>s Flusses durch einen grünblauen Teppich aus Seen und<br />

Wäl<strong>de</strong>rn. Eingekeilt zwischen <strong>de</strong>n Bergen Skierffe und Tjahkelij<br />

mün<strong>de</strong>n die pulsieren<strong>de</strong>n A<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s mit Gletschersedimenten<br />

Lappland ist streng. Aber es schärft <strong>de</strong>n Blick für Details und die Freu<strong>de</strong> an einfachen Dingen – wie einer heißen Malzeit im Trockenen.<br />

durchsetzten Wassers in <strong>de</strong>n Laitaure. Vielen gilt dieser Ort als<br />

schönster Aussichtspunkt im Nordland. Ich kann mich kaum sattsehen.<br />

Doch es wird kühl – und ich muss zurück zum Zelt.<br />

Miserables Wetter erzwingt einen Tag Pause. Aber am nächsten<br />

Morgen bin ich bereits vor sieben Uhr unterwegs – bei Sonnenschein.<br />

Ohne markierte Wege geht es in <strong>de</strong>n Sarek hinein. Ich<br />

laufe querfel<strong>de</strong>in, springe über Bäche und stehe schließlich am<br />

Lulep Vássjájågåsj. Durch eine kleine Schlucht rauscht <strong>de</strong>r Fluss<br />

über Fallstufen hinab. Ein erstes Hin<strong>de</strong>rnis, wie so viele Gewässer<br />

im Sarek. Doch ich fin<strong>de</strong> eine günstige Stelle mit nur knietiefem<br />

Wasser, die Strömung ist kaum spürbar.<br />

Nach zehn Stun<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n Beinen errichte ich das Zelt – mit<br />

großartiger Aussicht übers Rapadalen. Zwischen Regenschauern<br />

blinzelt die Sonne hervor, ein Regenbogen leuchtet, <strong>de</strong>r Mond<br />

steigt auf. Unten im Tal rauscht <strong>de</strong>r Fluss. Einfach schön.<br />

Von <strong>de</strong>n Bergen in die Weite<br />

Einige Tage später. Das wechselhafte Wetter – Sonnenschein,<br />

Schneetreiben und immer wie<strong>de</strong>r Dauerregen – blieb mein treuer<br />

Begleiter. Immer wie<strong>de</strong>r sah ich Rentiere. Die einzige menschliche<br />

Begegnung in <strong>de</strong>r weglosen Wildnis war ein Plausch mit<br />

einem Trekker aus <strong>de</strong>r Schweiz. Freundlich, aber nicht lange. Wer<br />

hier oben solo wan<strong>de</strong>r t, kommt auch wegen <strong>de</strong>r Einsamkeit.<br />

Im Regen erreiche ich Alkavare Kapell, jenen trostlosen Steinbau<br />

im Nirgendwo. Ich blättere in alten Hüttenbüchern und stoße auf<br />

meinen Eintrag von 1993, als ich mich zum Rückzug aus <strong>de</strong>m<br />

Sarek entschloss. Mein halbes Leben ist das her.<br />

Unweit <strong>de</strong>r Kapelle kehre ich <strong>de</strong>m alpinen Sarek <strong>de</strong>n Rücken. Auf<br />

einer rostigen Hängebrücke überquere ich <strong>de</strong>n Miellädno und<br />

trete ein in die weiten Hügel von Padjelanta. Ohne Weg geht es<br />

Richtung Rissájåhkå, bereits aus <strong>de</strong>r Ferne an einem markanten<br />

Wasserfall erkennbar. Ich schaffe es gera<strong>de</strong> noch, <strong>de</strong>n Fluss in<br />

Crocs und mit hochgekrempelter Hose zu durchqueren, bevor<br />

nass e, dicke Schneeflocken das Land verhüllen. Im Nu ist Winter<br />

und die Sicht dahin. Ich krieche unter einem Rentierzaun hindurch<br />

und marschiere entlang <strong>de</strong>r Rissájávrre-Seen. Ziel sind die<br />

Tuottarstugorna, Hütten am Padjelantale<strong>de</strong>n. Nach all <strong>de</strong>n kalten<br />

Zeltnächten sehne ich mich nach einem festen Dach. >


12<br />

Träume leben<br />

An<strong>de</strong>re Wan<strong>de</strong>rer trifft Martin kaum, Rentiere umso öfter.<br />

unleash<br />

your<br />

natural<br />

won<strong>de</strong>rs<br />

m ä alven<br />

Nur eine Hütte <strong>de</strong>r kleinen Ansammlung ist ganzjährig geöffnet.<br />

Drinnen haben es sich bereits vier <strong>de</strong>utsche Wan<strong>de</strong>rer gemütlich<br />

gemacht. Wir rücken zusammen. Die Gasheizung bullert, es ist<br />

wun<strong>de</strong>rbar warm. Draußen fällt weiter Schnee.<br />

Am Morgen begrüßt mich ein Rentier, das sich in <strong>de</strong>n Windschatten<br />

<strong>de</strong>r Hütte duckt. Alles ist weiß und es schneit weiter, aber<br />

dafü r ist die Luft beson<strong>de</strong>rs frisch und klar. Und als dann die<br />

Sonn e doch wie<strong>de</strong>r Oberhand gewinnt, wird es ein herrlicher Tag.<br />

Da ist endlich wie<strong>de</strong>r ein Weg, und ich wan<strong>de</strong>re darauf vom Winter<br />

in <strong>de</strong>n Frühling. Über <strong>de</strong>n Padjelantale<strong>de</strong>n steige ich aus <strong>de</strong>n<br />

weiße n Höhen hinab in die grüne Oase Staloluokta. Am Ufer <strong>de</strong>s<br />

Virihaure errichte ich mein Zelt, schaue, träume und lasse die Gedanken<br />

schweifen. Vielleicht <strong>de</strong>r schönste Fleck bisher. Weite und<br />

Stille. Langsam geht die Sonne unter. Ich lebe in diesem Moment.<br />

Quer durch Sarek und Padjelanta<br />

Fauske<br />

Sulitjelma<br />

Padjelanta<br />

Sarek<br />

Rapa dalen<br />

SCHWEDEN<br />

Saltoluokta<br />

Fjällstation<br />

Pitschnass, aber glücklich<br />

Nach einem Ruhetag geht es weiter über <strong>de</strong>n Nordkalottle<strong>de</strong>n.<br />

Der Regen kommt zurück. Ich zelte am Ufer <strong>de</strong>s Sårjås jávrre,<br />

überquere an<strong>de</strong>rntags die norwegische Grenze und steige bergauf<br />

in ein karges Reich aus Steinen, über 1000 Meter hoch. In <strong>de</strong>r<br />

Ferne schimmert <strong>de</strong>r Blåmannsisen. Als ich die Ny-Sulitjelma-<br />

Hütte erreiche, ist die Tour fast geschafft. Ein letzter Zeltplatz,<br />

bereits in Sichtweite <strong>de</strong>r Bergarbeitersiedlung Sulitjelma. Am<br />

Abend leuchten im Tal die Straßenlaternen.<br />

In <strong>de</strong>r letzten Nacht kommt noch einmal Sturm auf, <strong>de</strong>r mir das<br />

Zeltgewebe ins Gesicht drückt. Früh wan<strong>de</strong>re ich hinunter nach<br />

Sulitjelma, und wie<strong>de</strong>r herrscht Mistwetter. Die wenigen<br />

Passante n wür<strong>de</strong>n wohl kaum glauben, dass die pitschnasse<br />

Gestal t, die da vor <strong>de</strong>m Dorfla<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>ssen Öffnung wartet, sich<br />

soeben einen Lebens traum erfüllt hat.<br />

<<br />

Sandnessjøen<br />

NORWEGEN<br />

Polarkreis<br />

Die alpine Gebirgslandschaft <strong>de</strong>s<br />

Sarek (bis 1800 m) in Lappland wird<br />

oft als »letzte Wildnis Europas«<br />

bezeichnet. Im Westen schließt<br />

weitab aller Straßen <strong>de</strong>r weitläufige<br />

Padjelanta an (samisch »Das höhere<br />

Land«, zwischen 800 und 1000 m),<br />

eine ausge<strong>de</strong>hnte Hochebene mit<br />

Hügelketten und großen Seen.<br />

Trekkingtouren<br />

Saison von Juli bis September. Auch<br />

im Sommer sind viel Regen und<br />

Schneefall möglich. Im Sarek gibt es<br />

we<strong>de</strong>r Unterkünfte noch markierte<br />

Wege und nur wenige Brücken.<br />

Gefährlic h ist das Durchwaten <strong>de</strong>r<br />

teils reißen<strong>de</strong>n Gletscherflüsse.<br />

Erfahrung ist nötig, um sicher unterwegs<br />

zu sein. Padjelanta ist dagegen<br />

durch <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>rweg »Padjelantale<strong>de</strong>n«<br />

gut erschlossen. Ein komplette<br />

Sarek- und Padjelanta-Durchquerung<br />

dauert je nach Route 10 bis 14 Tage.<br />

Hornavan<br />

Arctic Circle<br />

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Scandinavian Outdoor Award.<br />

Eine lange Version dieses Artikels sowie <strong>de</strong>taillierte Infos zur Tour unter 4-<strong>Seasons</strong>.<strong>de</strong>/sarek. Mehr über Abenteuerprofi Martin: martin-huelle.<strong>de</strong>.<br />

biom.ecco.com

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