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ZAHNÄRZ TEBLATT

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Rechtstipp<br />

Was bedeutet eigentlich<br />

„Insolvenzanfechtung“?<br />

© Matthias Eckert /Fotolia.com<br />

Nach ordnungsgemäßer Behandlung stellen Sie Ihrem<br />

Patienten Ihr Honorar in Rechnung und dieser zahlt anstandslos<br />

die Rechnung, obwohl Ihnen bekannt ist, dass<br />

er sich in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten<br />

befindet. Der Idealfall! – doch dann bekommen Sie nach<br />

Monaten plötzlich überraschend den Brief eines Insolvenzverwalters,<br />

in dem er die Zahlung des Patienten anficht<br />

und Sie auffordert, das erhaltene Honorar zurückzuzahlen.<br />

Kann das sein? Darf der Insolvenzverwalter das Honorar<br />

zurückfordern?<br />

Tatsächlich kann der Insolvenzverwalter gemäß §§ 129 ff<br />

Insolvenzordnung von Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen<br />

gezahltes Honorar zurückfordern.<br />

§ 130 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) regelt, dass eine<br />

Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger, in diesem<br />

Falle Ihnen als Zahnarzt, eine Sicherung oder Befriedigung<br />

gewährt oder ermöglicht hat, vom Insolvenzverwalter<br />

angefochten werden kann, wenn sie in den letzten drei<br />

Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

oder wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen<br />

worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der<br />

Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger zur Zeit<br />

der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag<br />

kannte. Gemäß § 130 Abs. 2 InsO steht der positiven<br />

Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit die Kenntnis von<br />

Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit<br />

oder den Eröffnungsbeschluss schließen lassen.<br />

Voraussetzung dafür, dass Sie ihr erhaltenes Honorar an<br />

den Insolvenzverwalter zurückzahlen müssen, ist also:<br />

Über das Vermögen des Patienten muss das Insolvenzverfahren<br />

eröffnet worden sein<br />

Die Zahlung des Honorars muss innerhalb von drei Monaten<br />

vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach Eröffnung<br />

des Insolvenzverfahrens erfolgt sein. Sie hatten positive<br />

Kenntnis über die Zahlungsunfähigkeit des Patienten.<br />

Ein Insolvenzverfahren wird durch gerichtlichen Beschluss<br />

eröffnet, der veröffentlicht wird, so dass sich der Zeitraum,<br />

in dem der Insolvenzverwalter Zahlungen anfechten kann,<br />

genau festlegen lässt. Meist entzündet sich der Streit an<br />

der Frage, ob der Gläubiger (Zahnarzt) über die Zahlungsunfähigkeit<br />

des Patienten positive Kenntnis hatte:<br />

Hat der Patient in der Vergangenheit seine Rechnungen<br />

stets pünktlich bei Ihnen ausgeglichen und auch sonst bei<br />

Ihnen nicht zu erkennen gegeben, dass er sich in<br />

finanziellen Schwierigkeiten befindet, kann der Insolvenzanfechtung<br />

entgegengehalten werden, dass Sie keine<br />

positive Kenntnis von den Zahlungsschwierigkeiten des<br />

Patienten hatten.<br />

Doch wird dies der Ausnahmefall sein. Häufiger werden<br />

die Fälle sein, in denen der Patient nicht oder nur sehr<br />

schleppend zahlt und Sie den Patienten immer wieder<br />

durch Zahlungserinnerungen, Mahnungen etc. zur Zahlung<br />

auffordern müssen. Allein hieraus allerdings kann noch nicht<br />

geschlossen werden, dass der Patient zahlungsunfähig im<br />

Sinne von § 130 InsO ist. Häufiger sind die Fälle, in denen<br />

Ihr Patient sich Ihnen gegenüber äußert, dass er sich zwar<br />

in finanziellen Schwierigkeiten befindet, aber Ihre Liquidation<br />

selbstverständlich zahlen wird. Oder Sie erfahren, dass<br />

der Patient die Hilfe der Schuldnerberatung in Anspruch<br />

genommen hat. In allen diesen Fällen kann von Ihrer<br />

Gutgläubigkeit darüber, dass der Patient keine finanziellen<br />

Schwierigkeiten bei der Bezahlung Ihrer Rechnung hat,<br />

nicht mehr ausgegangen werden.<br />

Auch wenn man sich grundsätzlich darüber informieren<br />

sollte, ob der Patient über die nötige Zahlungsfähigkeit<br />

verfügt, wäre im Falle der Insolvenzanfechtung Unkenntnis<br />

von der Zahlungsunfähigkeit ausnahmsweise von Vorteil.<br />

Letztendlich wird man sich jedoch vor einer wirksamen<br />

Insolvenzanfechtung in der täglichen Abwicklung der<br />

Honorarforderungen einer Zahnarztpraxis nicht wirksam<br />

schützen können.<br />

Ein Trost kann es nicht sein, dass im Falle einer Insolvenzanfechtung<br />

die Liquidationsforderung wieder auflebt und<br />

der Zahnarzt als Gläubiger einen Anspruch auf Beteiligung<br />

im Insolvenzverfahren erhält. Denn die angemeldete<br />

Forderung wird im Insolvenzverfahren in aller Regel nur zu<br />

einem Bruchteil – wenn überhaupt – honoriert. <br />

Wencke Boldt,<br />

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht<br />

Hildesheimer Straße 33, 30169 Hannover<br />

Tel.: 0511 8074-995, Fax: 0511 8074-997<br />

—<br />

Quelle: www.zfn-online.de<br />

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