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ZAHNÄRZ TEBLATT

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Misshandlung des (Ehe-)Partners –<br />

korrekte Handhabung des Befundbogens<br />

Prof. Dr. Anette Solveig Debertin vom Rechtsmedizinischen<br />

Institut der MHH berichtete anhand von Bildmaterial eindrucksvoll<br />

über die typischen und atypischen Verletzungsmuster,<br />

die bei Misshandlungen auftreten. So gebe es bei<br />

gesunden Kindern oft normale Verletzungen, die beim<br />

Spielen entstehen, während ähnliche Verletzungen an<br />

geschützten Stellen wie Wangen, Augenhöhlen oder oberhalb<br />

einer imaginären Hutkrempe eher auf Fremdeinwirkung<br />

schließen ließen. Griffmarken von Fingern und Händen<br />

waren ebenso ein Thema wie beispielsweise typische<br />

petechiale Einblutungen nach Strangulationen oder selbst<br />

beigebrachte Verletzungen.<br />

Prof. Debertin ist zugleich Leiterin der Kinderschutzambulanz<br />

und Betreuerin des „Netzwerk ProBeweis“. Dieses Netzwerk<br />

mache eine niederschwellige fachspezifische Beweissicherung<br />

möglich, auch durch die Sicherung und Lagerung<br />

von Asservaten, die ggf. in einem späteren Prozessverlauf<br />

herangezogen werden könnten. Auch Zahnärztinnen und<br />

Zahnärzten sei es möglich, Gewaltopfer an das Netzwerk<br />

zur kostenlosen und verfahrensunabhängigen Untersuchung<br />

zu verweisen, ermunterte Debertin.<br />

Die Referentin erläuterte den speziellen zahnärztlichen<br />

Befundbogen, den die Zahnärztekammer und die Kassenzahnärztliche<br />

Vereinigung Niedersachsen gemeinsam<br />

entwickelt hatten, und der auf deren Homepages<br />

(www.kzvn.de; www.zkn.de ) heruntergeladen werden kann.<br />

In ihm können Zahnärzte Befunde als Beweissicherung für<br />

mögliche folgende juristische Auseinandersetzungen dokumentieren.<br />

Dafür sei jedoch in jedem Fall das Einverständnis<br />

von den Betroffenen unterzeichnen zu lassen, betonte<br />

Prof. Debertin, ebenso wie Oberstaatsanwältin Petra Herzog.<br />

Vernachlässigung von Kindern<br />

Seit vielen Jahren beschäftigt sich Dr. Reinhard Schilke<br />

mit der Vernachlässigung von Kindern. In ihr sieht er eine<br />

besondere Form der häuslichen Gewalt. Dr. Schilke ist<br />

Oberarzt an der Klinik für Zahnerhaltung, Parodontologie<br />

und Präventive Zahnheilkunde an der MHH. Er berichtete<br />

aus seiner täglichen Praxis, bei der er die zerstörten<br />

Milchgebisse vernachlässigter Kinder sanieren müsse.<br />

Er stellte anhand von Zahlen, Daten und Grafiken eigene<br />

und vergleichende Studien in Bezug auf Risikogruppen vor.<br />

In seinem mit Bildmaterial unterlegten Vortrag beklagte er,<br />

dass gerade in Problemfällen Eltern die empfohlenen und<br />

notwendigen Kontrolluntersuchungen oft nicht wahrnehmen<br />

würden, was zur Fortsetzung der Vernachlässigung führe.<br />

Neben den Grafiken waren es vor allem die Bilder, die<br />

beeindrucken konnten. Bilder, die man in der Praxis gelegentlich<br />

sieht, ohne das Gesehene mit häuslicher Gewalt<br />

Prof. Dr. Anette Solveig<br />

Debertin.<br />

OA Dr. Reinhard Schilke.<br />

assoziiert zu haben. In der anschließenden Diskussion mit<br />

den Teilnehmern wurde deutlich, dass eine Behandlungsbedürftigkeit<br />

leider von vielen Pädiatern falsch eingeschätzt<br />

wird, und dass offenbar auch einzelne Kolleginnen und<br />

Kollegen mit Blick auf zerstörte Milchzähne und deren<br />

notwendige Sanierung lediglich die Empfehlung geben:<br />

„Da kann oder muss man nichts tun“. Zahnärzte, so<br />

schloss Schilke seinen Vortrag, sollten bei entsprechenden<br />

Patienten „am Ball bleiben“ und den Verlauf gut dokumentieren.<br />

Es gebe zwar keinen Meldezwang, aber eine ethische<br />

Verantwortung, gab er zu bedenken.<br />

Der psychosoziale Blick –<br />

was brauchen Opfer in der zahnärztlichen Praxis<br />

So lautete der Titel, den Silvia Fauth, Dipl.-Sozialpädagogin<br />

und Leiterin der „Bestärkungsstelle Hannover“ für ihren<br />

Vortrag gewählt hatte. Sie lenkte den Blick auf die psychosozialen<br />

Hintergründe, die zu häuslicher Gewalt, insbesondere<br />

gegenüber Frauen führen. Die Entwicklung häuslicher<br />

Gewalt, psychisch oder physisch, sei ein Prozess, der nicht<br />

von alleine aufhöre. Und Hilfe werde oft erst bei größerem<br />

Leidensdruck und zum Teil erst nach Jahren in Anspruch<br />

genommen, wobei die Zeitdauer der Partnerschaft keine<br />

Dipl.-Sozialpädagogin<br />

Silvia Fauth.<br />

Oberstaatsanwältin<br />

Petra Herzog.<br />

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