10% - Thun

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04.02.2014 Aufrufe

6 MENSCHEN «Was man gerne macht, kann man auch geniessen» Ein Kaffeehaus und verführerische Spezialitäten gibt es «am Plätzli» in Thun seit fast hundert Jahren. Heute führt Daniel Bieri die Confiserie und das Café-Restaurant Reber mit Hilfe seiner Eltern. Und mit Freude am Entwickeln süsser Köstlichkeiten. Daniel Bieri instruiert die gelernte Köchin Julia Schertenleib, die im Sommer die Zweitlehre als Bäcker-Konditor-Confiseur begonnen hat. Hinten die Klassiker, die Reber- und die Champagner-Torte, im Vordergrund die neuste Kreation, eine Schokorange-Torte. Daniel Bieri, die Confiserie Reber mit Café-Restaurant hat eine lange Geschichte. Die Geschichte ist nicht nur lang, das «Kaffeehaus» hat auch eine bewegte Vergangenheit. Vor bald 300 Jahren fielen in der Stadt acht Wohnhäuser einem Grossbrand zum Opfer. Nach dieser Katastrophe wurden diese Häuser nicht wieder aufgebaut. Der freie Platz daneben wurde zum «Plätzli», das sogar zeitweise als Marktplatz genutzt wurde. 1918, nach dem Ersten Weltkrieg, richtete der damalige Besitzer Jakob Schläpfer das Tea Room «Splendid» ein. Der Name «Reber» tauchte erstmals 1931 auf, als der weitgereis - te und bekannte Confiseur Alfred Reber sen. den Betrieb kaufte. Seit wann schreiben Sie die Geschichte mit? 1989 wurde aus der Einzelfirma eine Aktiengesellschaft mit drei Familien aus dem Goldiwil, darunter meine Eltern. 1990 begann ich die Lehre und sechs Jahre später, nach Lehr- und Wanderjahren, trat ich definitiv ins Geschäft ein. Seit 1999 ist der Betrieb in Familien-Besitz. Als ehemaliger Lehrling bin ich heute Verwaltungsratspräsident und verantwortlich für die Produktion und den Verkauf sowie für die Ausbildung der Lernenden. Meine Eltern helfen aber immer noch mit, vor allem im administrativen Bereich. Was werten Sie höher, den traditionsreichen Standort oder den traditionellen Namen? Der Name zählt sicher mehr, da der Standort mittlerweile nicht mehr so glücklich ist. Wir sind etwas «abgelegen», der Passantenstrom ist im Bälliz und am Bahnhof. Früher war das ganz anders, als das Lauitor als Eingangstor zur Stadt diente. Zum Glück bietet im Sommer die Terrasse einen grossen Anziehungspunkt. Fühlen Sie sich mehr als Bäcker, als Confiseur oder als Restaurateur? Rund 90% unseres Warenangebotes sind Konditorei- und Confiserieprodukte, die wir selber herstellen. Deshalb fühle ich mich als Confiseur. Wir produzieren aber auch Brote und andere Backwaren, als Ergänzung zu unserem Sortiment. Im Restaurant arbeite ich meist im Hintergrund, was mir aber auch Freude macht. Mein Herz schlägt aber mehr für das Süsse. War für Sie der Berufsentscheid früh klar? Die Idee kam mir erst, als die Familie Reber die Nachfolge zu regeln versuchte und meine Eltern Teilhaber am Betrieb wurden. Nach der Schnupperlehre habe ich mich definitiv zur Lehre als Konditor-Confiseur entschieden. Im Anschluss ging ich auf Lehrund Wanderjahre, um Erfahrungen zu sammeln und Ideen zu erhalten. Wie lange ist Ihr Arbeitstag, mit wie wenig Schlaf kommen Sie aus? Meine Arbeitszeit beträgt immer zehn bis zwölf Stunden, je nach Arbeitsanfall auch mehr. Ich bin ein Morgenmensch, es kommt oft vor, dass ich vor dem Antritt in der Backstube zuerst im Büro Arbeiten erledige. Ideal wäre für mich sieben bis acht Stunden Schlaf, meistens ist es aber weniger.

7 Reber-Spezialitäten wie die Champagner-Torte sind weit - herum bekannt. Was macht sie so speziell? Die Champagner-Torte habe ich zum Millennium kreiert. Das Spezielle an ihr sind die weissen Schokoladeflocken. Bei der Reber-Torte sind es die karamellisierten Mandelstäbchen, die sie so beliebt machen. Torten sind generell eine Spezialität unseres Hauses, das geht sicher auch aus unserer Auslage in den Schaufenstern hervor. Wir produzieren sehr oft auch auf Bestellung. Überhaupt schauen wir bei allen unseren Produkten auf hohe Qualität der verarbeiteten Zutaten – möglichst wenig Halbfabrikate, alles von Grund auf selber produziert. Entwickeln Sie auch neue Spezialitäten? Ja, es läuft immer etwas, man darf ja nicht stehen bleiben. Zum Jubiläum «Hundert Jahre Goldiwil bei Thun» habe ich eine Schokolade-Spezialität mit vier verschiedenen Motiven kreiert. Im Moment habe ich weitere Ideen im Hinterkopf, die auf die Umsetzung warten. Ich denke, die Kundschaft schätzt etwas Abwechslung im Angebot. Sportlicher Ausgleich mit dem Fahrrad hält fit. Am Thuner Quai zeigt der Wegweiser nach Goldiwil … Wie kompensieren Sie das saisonale Fehlen der im Sommer so beliebten Terrasse über der Aare? Das ist nicht so ein grosses Problem, wie es auf den ersten Blick aussieht; die saisonale Schwankung ist kleiner als auch schon. Wir haben relativ konstante Besucherzahlen. Wenn das Wetter gut ist, sitzen die Gäste draussen, bei schlechtem Wetter drinnen. Das Platzangebot ist mit 60 Plätzen im Restaurant und 80 Plätzen auf Terrasse und Boulevard fast identisch. Tagtäglich um verlockende Herrlichkeiten – vergeht Ihnen dabei die Lust am Süssen nicht? DANIEL BIERI – VOM LEHRLING ZUM VR-PRÄSIDENTEN Der Sohn von alt Grossrat und Stadtrat Walter Bieri be zeich - net sich als «urchigen Goldiwiler». Er ist in Goldiwil aufgewachsen, wo er auch heute mit seiner Partnerin und einigen Haustieren wohnt. Daniel Bieri erlernte den Beruf des Kon - ditor-Confiseurs in der Konditorei Reber am Plätzli. Der heute 41-Jährige bildete sich weiter zum Prüfungsexperten und machte das Wirte patent. Er ist Vorstandsmitglied des Bäcker- Confiseurmeisterverbandes, Sektion Berner Oberland und Organisator der Schau stück aus stellung der Confiseure im Seepark in Thun. Die wenige Freizeit, die dem Geschäftsmann bleibt, füllt er gerne mit Aktivitäten in der Natur aus, mit Fahrrad fahren oder beim Wandern. Bis jetzt ist mir das noch nicht passiert. Es wäre schlimm, ich könnte ja nicht mehr arbeiten. Die Freude am Süssen ist vor allem bei der Produkteentwicklung wichtig, beim Degustieren und Analysieren. Wenn ich im Betrieb beim Naschen erwischt werde, sage ich etwa, es sei Qualitätskontrolle (lacht). Doch wenn ich zum Beispiel vor Ostern den ganzen Tag um Schokolade bin, benötige ich dann zum Essen schon etwas Salziges! Wo sehen Sie die Chancen Ihres Betriebs und Ihrer Produkte bei der Behauptung gegenüber dem Grosshandel? Vorab in der Flexibilität gegenüber Kundenwünschen. Zudem beziehen wir, soweit möglich, die Rohstoffe fürs Restaurant und für die Confiserie aus der Region. Und nicht zuletzt darin, dass alle Waren wie Patisserie, Canapés, Kleinbrote, Butterzöpfe, Urdinkel- und Plätzlibrote am Verkaufstag in der hauseigenen Backstube hergestellt und nach Bedarf nachproduziert werden. Jetzt stehen der Chlausentag und die Vorweihnachtszeit vor der Tür. Sicher eine wichtige Zeit für Sie, doch können Sie diese auch geniessen? Neben den Ostertagen bringt die Weihnachtszeit für uns sicher die strengsten Tage des Jahres. Aber es ist eine Frage der Organisation, wie wir diesen Zusatzaufwand bewältigen. Zudem machen wir unsere Arbeit gerne, und was man gerne macht, kann man auch geniessen. Interview und Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG

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Reber-Spezialitäten wie die Champagner-Torte sind weit -<br />

herum bekannt. Was macht sie so speziell?<br />

Die Champagner-Torte habe ich zum Millennium kreiert. Das<br />

Spezielle an ihr sind die weissen Schokoladeflocken. Bei der<br />

Reber-Torte sind es die karamellisierten Mandelstäbchen, die sie<br />

so beliebt machen. Torten sind generell eine Spezialität unseres<br />

Hauses, das geht sicher auch aus unserer Auslage in den Schaufenstern<br />

hervor. Wir produzieren sehr oft auch auf Bestellung.<br />

Überhaupt schauen wir bei allen unseren Produkten auf hohe<br />

Qualität der verarbeiteten Zutaten – möglichst wenig Halbfabrikate,<br />

alles von Grund auf selber produziert.<br />

Entwickeln Sie auch neue Spezialitäten?<br />

Ja, es läuft immer etwas, man darf ja nicht stehen bleiben. Zum<br />

Jubiläum «Hundert Jahre Goldiwil bei <strong>Thun</strong>» habe ich eine Schokolade-Spezialität<br />

mit vier verschiedenen Motiven kreiert. Im<br />

Moment habe ich weitere Ideen im Hinterkopf, die auf die Umsetzung<br />

warten. Ich denke, die Kundschaft schätzt etwas Abwechslung<br />

im Angebot.<br />

Sportlicher Ausgleich mit dem Fahrrad hält fit. Am <strong>Thun</strong>er Quai<br />

zeigt der Wegweiser nach Goldiwil …<br />

Wie kompensieren Sie das saisonale Fehlen der im Sommer so<br />

beliebten Terrasse über der Aare?<br />

Das ist nicht so ein grosses Problem, wie es auf den ersten Blick<br />

aussieht; die saisonale Schwankung ist kleiner als auch schon.<br />

Wir haben relativ konstante Besucherzahlen. Wenn das Wetter<br />

gut ist, sitzen die Gäste draussen, bei schlechtem Wetter drinnen.<br />

Das Platzangebot ist mit 60 Plätzen im Restaurant und 80 Plätzen<br />

auf Terrasse und Boulevard fast identisch.<br />

Tagtäglich um verlockende Herrlichkeiten – vergeht Ihnen<br />

dabei die Lust am Süssen nicht?<br />

DANIEL BIERI – VOM LEHRLING ZUM VR-PRÄSIDENTEN<br />

Der Sohn von alt Grossrat und Stadtrat Walter Bieri be zeich -<br />

net sich als «urchigen Goldiwiler». Er ist in Goldiwil aufgewachsen,<br />

wo er auch heute mit seiner Partnerin und einigen<br />

Haustieren wohnt. Daniel Bieri erlernte den Beruf des Kon -<br />

ditor-Confiseurs in der Konditorei Reber am Plätzli. Der heute<br />

41-Jährige bildete sich weiter zum Prüfungsexperten und<br />

machte das Wirte patent. Er ist Vorstandsmitglied des Bäcker-<br />

Confiseurmeisterverbandes, Sektion Berner Oberland und<br />

Organisator der Schau stück aus stellung der Confiseure im<br />

Seepark in <strong>Thun</strong>. Die wenige Freizeit, die dem Geschäftsmann<br />

bleibt, füllt er gerne mit Aktivitäten in der Natur aus, mit<br />

Fahrrad fahren oder beim Wandern.<br />

Bis jetzt ist mir das noch nicht passiert. Es wäre schlimm, ich<br />

könnte ja nicht mehr arbeiten. Die Freude am Süssen ist vor allem<br />

bei der Produkteentwicklung wichtig, beim Degustieren und<br />

Analysieren. Wenn ich im Betrieb beim Naschen erwischt werde,<br />

sage ich etwa, es sei Qualitätskontrolle (lacht). Doch wenn ich<br />

zum Beispiel vor Ostern den ganzen Tag um Schokolade bin, benötige<br />

ich dann zum Essen schon etwas Salziges!<br />

Wo sehen Sie die Chancen Ihres Betriebs und Ihrer Produkte<br />

bei der Behauptung gegenüber dem Grosshandel?<br />

Vorab in der Flexibilität gegenüber Kundenwünschen. Zudem beziehen<br />

wir, soweit möglich, die Rohstoffe fürs Restaurant und für<br />

die Confiserie aus der Region. Und nicht zuletzt darin, dass alle<br />

Waren wie Patisserie, Canapés, Kleinbrote, Butterzöpfe, Urdinkel-<br />

und Plätzlibrote am Verkaufstag in der hauseigenen Backstube<br />

hergestellt und nach Bedarf nachproduziert werden.<br />

Jetzt stehen der Chlausentag und die Vorweihnachtszeit vor<br />

der Tür. Sicher eine wichtige Zeit für Sie, doch können Sie<br />

diese auch geniessen?<br />

Neben den Ostertagen bringt die Weihnachtszeit für uns sicher<br />

die strengsten Tage des Jahres. Aber es ist eine Frage der Organisation,<br />

wie wir diesen Zusatzaufwand bewältigen. Zudem machen<br />

wir unsere Arbeit gerne, und was man gerne macht, kann<br />

man auch geniessen.<br />

Interview und Bilder: Beat Straubhaar, Weber AG

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