10% - Thun

EDITORIAL 5
Alle Jahre wieder…
Elisabeth Bürki-Huggler
… liegt der Duft von frischen Grittibänzen in der Luft, werden
Familientreffen geplant und Wunschlisten geschrieben, sagen
die einen seufzend «Nein, bitte nicht schon wieder dieser Weihnachtsstress»
und freuen sich andere auf Kerzenlicht und lange
Abende.
Alle Jahre wieder… kommt sie unaufhaltsam auf uns zu, die Advents-
und Weihnachtszeit, die gleichzeitig schön und schwierig
ist, weil sie so viel an Erinnerungen birgt und so viel Sehnsuchtspotenzial
in sich trägt.
Alle Jahre wieder… möchten wir dem Einkaufsrummel entgehen
und gleichzeitig unsere Mitmenschen sinn- und liebevoll beschenken.
Aber wie? Bastelvorschläge und Tipps gibt es genug.
Deshalb hier nur ein kleiner sprachlicher Hinweis: Schenken bedeutet
ursprünglich «zu trinken geben» (einschenken). Schenken
heisst, jemandem etwas geben, das ihm im übertragenen Sinn
den Durst löscht. Etwas, das sagt, «du bist nicht vergessen, du
gehörst dazu, du bist willkommen und wichtig». Etwas eben, das
unseren Durst löscht nach Hoffnung, Liebe und erfüllendem
Leben.
Keine einfache Sache, werden Sie sagen. Und haben Recht.
Wenigstens auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick ist es vielleicht
einfacher, als wir meinen. Oder haben Sie es nicht schon
selbst erlebt, dass es gar nicht so viel braucht, und Ihr Tag ist
gerettet, Ihr Herz lächelt, der Lebensmut ist retour und Sie gehen
pfeifend Ihren Weg?
Ja, alle Jahre wieder und jeden Tag neu: machen wirs wie Gott
und werden Mensch! Dann sind wir selbst ganz nahe beim Geheimnis
der Heiligen Zeit, die bevorsteht.
Elisabeth Bürki-Huggler, Spitalpfarrerin in Thun