hildesheim - Kehrwieder am Sonntag
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KEHRWIEDER <strong>am</strong> <strong>Sonntag</strong> · 10. November 2013 · Seite 5<br />
Interview mit Bischof Norbert Trelle nach seinem Besuch in jordanischen Flüchtlingslagern<br />
Zornig, ratlos –<br />
und voller Hoffnung<br />
Hildesheim. Der Hildesheimer<br />
Bischof Norbert Trelle hat <strong>am</strong> vergangenen<br />
Wochenende gemeins<strong>am</strong><br />
mit dem Ratsvorsitzenden der<br />
evangelischen Kirche in Deutschland<br />
(EKD) Flüchtlingslager in Jordanien<br />
besucht. Deutschland könne sicher<br />
10.000 statt der bisher bewilligten<br />
5.000 syrischen Flüchtlinge aufnehmen<br />
– mit dieser Botschaft machte<br />
Trelle bundesweit Schlagzeilen. Nach<br />
seiner Rückkehr sprach KEHRWIE-<br />
DER-Redaktionsleiter Jan Fuhrhop<br />
mit dem Bischof über diese Zahlen,<br />
seine Eindrücke aus den C<strong>am</strong>ps, den<br />
Ärger über schier endlose Debatten<br />
in der Politik und die Sch<strong>am</strong> angesichts<br />
fremdenfeindlicher Hetze im<br />
eigenen Land.<br />
KEHRWIEDER: Bischof Trelle, Sie<br />
waren für drei Tage in Jordanien.<br />
Eine kurze Reise, die dafür von den<br />
Eindrücken umso heftiger war?<br />
Bischof Norbert Trelle: Das kann<br />
man wohl sagen ... wir haben in<br />
Jordanien Kontakte zu Flüchtlingen<br />
dicht an der Grenze zu Syrien und<br />
auch direkt in Amman gehabt, die<br />
zum Teil unter ganz schlimmen Bedingungen<br />
leben.<br />
Bischof Norbert Trelle.<br />
Bischof Norbert Trelle beim Besuch syrischer Flüchtlinge.<br />
Lern-Kurs für<br />
Grundschüler<br />
Hildesheim. Die Schule macht<br />
keinen Spaß? Oft Bauchweh im<br />
Unterricht? Schwierigkeiten in der<br />
Schule und beim Lernen? Immer<br />
wieder Streit mit den Eltern bei<br />
den Hausaufgaben? Mit diesen<br />
Fragen beschäftigt sich ein von der<br />
Jugendpflege der Stadt Hildesheim<br />
angebotener Kurs mit insges<strong>am</strong>t<br />
sechs Treffen. Der Kurs richtet sich<br />
an Grundschulkinder, die eine oder<br />
mehrere der Fragen mit „Ja!“ beantworten<br />
würden. Die Kurse finden<br />
s<strong>am</strong>stags im Kinder- und Jugendtreff<br />
Klemmbutze, Stralsunder Straße<br />
2 (Telefon: 05121/86 98 00)<br />
sowie donnerstags im Kinder- und<br />
Jugendtreff Neuhof, Trockener K<strong>am</strong>p<br />
12 (Telefon: 05121/2 81 20 10)<br />
statt. Die Teilnahme ist kostenlos,<br />
Anmeldungen sind nötig.<br />
Martinsumzug<br />
für Chorsänger<br />
Hildesheim. Der Kreischorverband<br />
Hildesheim lädt für Montag,<br />
11. November, alle interessierten<br />
Chorsänger zum alljährlich stattfindenden<br />
Martinssingen in das<br />
Michaelisquartier ein. Ab 17 Uhr<br />
startet der Martinsumzug vor der<br />
St.-Michaelis-Kirche zu seinem etwa<br />
45-minütigen Rundgang durch die<br />
Innenstadt.<br />
Man erfährt über die Medien viel<br />
über den Krieg in Syrien. War es für<br />
Sie dennoch ein Realitätsschock?<br />
Man ist über die Zeitungen natürlich<br />
informiert und die Zahlen allein<br />
sind schon schockierend genug. Man<br />
muss einmal bedenken, dass Jordanien<br />
– ein Land mit rund sechs Millionen<br />
Einwohnern – über 600.000<br />
Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen<br />
hat. Libanon, ein noch viel kleineres<br />
Land, hat 800.000 Flüchtlinge aufgenommen.<br />
Wenn man dann selbst<br />
vor Ort die verzweifelte Anstrengung<br />
der Menschen erlebt, mit ihrer Situation<br />
fertig zu werden und Hilfe<br />
erbitten – diese Eindrücke vergisst<br />
man nicht so schnell. Ganz wichtig<br />
ist eine psychosoziale Begleitung<br />
durch die Hilfsorganisationen, vor<br />
allem der Kinder und Frauen, die 80<br />
Prozent der Flüchtlinge darstellen.<br />
Sie sind traumatisiert, man muss kein<br />
psychologisch geschulter Fachmann<br />
sein, um das zu spüren.<br />
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Sie fordern, dass Deutschland<br />
mehr syrische Flüchtlinge aufnimmt<br />
als die zugesagten 5.000.<br />
10.000 wäre eine geeignete Zahl,<br />
Foto: Fuhrhop<br />
haben Sie erklärt – immer noch<br />
sehr wenig angesichts der Zahlen<br />
Jordaniens, die Sie eben genannt<br />
haben.<br />
Man muss zunächst einmal der<br />
deutschen Regierung Anerkennung<br />
dafür aussprechen, 5.000 Flüchtlinge<br />
aufzunehmen. Wir meinen<br />
allerdings angesichts der Möglichkeiten<br />
in Deutschland, hätte man<br />
auch großzügiger sein können. Wir<br />
haben 10.000 genannt, natürlich<br />
hätte man auch eine noch höhere<br />
Zahl nennen können. Auf der anderen<br />
Seite darf man auch nicht mit<br />
den Zahlen jonglieren. Da werden<br />
dann Stimmen laut, die sagen: Der<br />
Bischof hat gut reden – sollen wir<br />
die Not der ganzen Welt heilen? Das<br />
geht natürlich nicht. Aber wir müssen<br />
Zeichen setzen angesichts dieser<br />
fast apokalyptischen Situation und<br />
diesen Menschen einen Schutzraum<br />
bieten, sie nicht als Belastung ansehen.<br />
Es ging uns aber auch nicht nur<br />
um eine Heraufsetzung des Flüchtlingskontingents,<br />
sondern auch um<br />
eine deutliche Aufforderung an alle<br />
politisch Verantwortlichen, den Friedensprozess<br />
zu verstärken. Es muss<br />
einen überwachten Waffenstillstand<br />
geben. Die Menschen in Syrien haben<br />
eine unsägliche Angst vor Angriffen,<br />
die niemand vorhersehen kann.<br />
Der syrische Bürgerkrieg tobt<br />
seit zweieinhalb Jahren. Was empfinden<br />
Sie angesichts der sich ewig<br />
Thorsten Warnecke wechselt nach Braunschweig<br />
Stadtplaner geht<br />
Thorsten Warnecke.<br />
(jan) Hildesheim. Das Baudezernat<br />
der Stadtverwaltung verliert einen<br />
der wichtigsten Mitarbeiter: Fachbereichsleiter<br />
Thorsten Warnecke<br />
verlässt das Hildesheimer Rathaus<br />
in Richtung Braunschweig. In der<br />
dortigen Verwaltung übernimmt er<br />
einen besser dotierten Posten als<br />
Leiter des 140 Mitarbeiter starken<br />
Fachbereichs Stadtplanung und Umweltschutz.<br />
Während sich die Braunschweiger<br />
Stadtspitze über einen neuen Mann<br />
mit ausgewiesener Fachkenntnis im<br />
Bereich der Stadtplanung in ihren<br />
Reihen freut, bedauern im hiesigen<br />
Rathaus viele Kollegen und Ratsmitglieder<br />
den Weggang. Zu den<br />
Gründen seines Wechsels äußert sich<br />
Warnecke auf Nachfrage des KEHR-<br />
WIEDER nur knapp. Er wolle eine<br />
Stadt gestalten, nicht verwalten,<br />
sagt er. Im bisherigen Arbeitsumfeld<br />
hätten zum Teil „schwierige Rahmenbedingungen“<br />
geherrscht. Kritik<br />
an seinem direkten Vorgesetzten,<br />
Baudezernent Dr. Kay Brummer, oder<br />
Oberbürgermeister Kurt Machens<br />
kommt Warnecke nicht über die<br />
Lippen. Seine Andeutungen reichen<br />
aber, um zu erkennen, dass seine<br />
Bewerbung nach Braunschweig eine<br />
regelrechte Flucht ist. Brummer-<br />
Kritiker, die den Dezernenten stets<br />
als unflexibel und wenig kreativ beschreiben,<br />
werden sich durch Warneckes<br />
Andeutungen bestätigtsehen.<br />
Wer Warnecke in den vergangenen<br />
Jahren beobachtet hat, konnte zumindest<br />
feststellen, dass der 39-Jährige<br />
förmlich körperlich unter der<br />
angespannten Situation zwischen<br />
seinen beiden Chefs Machens und<br />
Brummer litt und zumindest nach<br />
außen kr<strong>am</strong>pfhaft bemüht war, sich<br />
im Loyalitätskonflikt souverän und<br />
neutral zu zeigen. Er gehe schweren<br />
Herzens aus Hildesheim weg, sagt<br />
Warnecke. Das ist die eine Wahrheit.<br />
Die andere: Die Zusage aus Braunschweig<br />
nimmt ihm eine schwere<br />
Last von den Schultern.<br />
hinziehenden Gespräche und Verhandlungen<br />
auf politischer Ebene<br />
während jeden Tag Menschen<br />
sterben?<br />
Es ist schrecklich. Wenn Sie aus<br />
der Nähe erleben, wie tausende<br />
Menschen unter unwürdigen Bedingungen<br />
leben müssen und es geht<br />
nicht voran mit den Überlegungen,<br />
wie ein Friede gesichert werden kann<br />
– das macht einen schon zornig und<br />
ratlos. Da merkt man, wie man ...<br />
... um Geduld beten muss?<br />
Tja ... es ist einfach so, dass die<br />
Hoffnungspotenziale der Flüchtlinge<br />
irgendwann aufgebraucht sind. Wir<br />
haben in Amman einen jungen Mann<br />
getroffen, der sagte: Ich weiß nicht,<br />
wie ich weiter über die Runden kommen<br />
soll, das Leben hier macht mich<br />
verrückt – ich möchte fast lieber<br />
nach Syrien zurück, auch wenn dort<br />
Krieg ist.<br />
Was gibt Ihnen persönlich Hoffnung?<br />
Dass es die Hilfsbereitschaft anderer<br />
Menschen gibt.<br />
Was denken Sie dann angesichts<br />
der Bilder von Anti-Flüchtlings-<br />
Demonstrationen vor einem Wohnheim<br />
in Berlin?<br />
Ich spüre ein Gefühl der absoluten<br />
Ratlosigkeit aufsteigen, wenn<br />
jemand gegen Menschen demonstriert,<br />
die mit inneren und äußeren<br />
Verwundungen kommen und einen<br />
Ort suchen, an dem sie Sicherheit<br />
finden können. Ich finde es, gelinde<br />
gesagt, mehr als beschämend und<br />
erschütternd, dass solche Demonstrationen<br />
stattfinden.<br />
Es gibt auch gute Nachrichten:<br />
Hildesheims Sozialdezernent Dirk<br />
Schröder hat gerade verkündet,<br />
dass sich nach einem öffentlichen<br />
Aufruf mehrere Wohnungsbesitzer<br />
bei der Stadt gemeldet haben, die<br />
insges<strong>am</strong>t 18 Wohnungen für<br />
Flüchtlinge zur Verfügung stellen<br />
wollen.<br />
Ich bin froh, dass es die Initiative<br />
der Stadt gibt, mehr Flüchtlinge in<br />
Wohnungen statt in der S<strong>am</strong>melunterkunft<br />
unterzubringen. Wir haben<br />
auch schon geschaut, ob die Diözese<br />
und die Gemeinden Immobilien haben,<br />
die wir nutzen könnten. Wenn<br />
man jetzt schon 18 Wohnungen hat,<br />
dann ist das ist ein ganz, ganz tolles<br />
Engagement der Menschen und ich<br />
kann nur sagen: Respekt, Hut ab und<br />
Dank.<br />
Aids-Hilfe<br />
sucht Helfer<br />
Hildesheim. Die Hildesheimer<br />
Aids-Hilfe präsentiert ihren Infostand<br />
zum Welt-Aids-Tag in diesem<br />
Jahr <strong>am</strong> S<strong>am</strong>stag, 30. November,<br />
ab 11 Uhr in der Fußgängerzone in<br />
Höhe der Andreas-Apotheke. Für ihre<br />
Aktionen <strong>am</strong> Stand und das Verteilen<br />
der Roten Solidaritäts-Schleifen<br />
sucht die Aids-Hilfe noch ehren<strong>am</strong>tliche<br />
Helfer. Informationen zu<br />
den geplanten Aktionen gibt es <strong>am</strong><br />
Dienstag, 26. November, ab 18 Uhr<br />
beim „Helferabend“ in der Bernwardstraße<br />
3.<br />
„Ich lebe<br />
gern“<br />
Hildesheim. Jürgen Knop, von<br />
Geburt an schwer behindert, entk<strong>am</strong><br />
nur knapp der Euthanasie der Nazis.<br />
Zunächst als geistig behindert abgeschoben<br />
k<strong>am</strong> er mit 14 Jahren ins<br />
Annastift Hannover, lernte dort das<br />
Lesen und Schreiben und schilderte<br />
in zahlreichen Morgenandachten<br />
des NDR seine positiven aber auch<br />
negativen Erfahrungen im Umgang<br />
mit Nichtbehinderten. Anlässlich seines<br />
fünften Todestages trägt Knops<br />
Freund Richard Bruns <strong>am</strong> Dienstag,<br />
12. November, um 17.30 Uhr im Michaelis-Welt-Café,<br />
Langer Hagen 36,<br />
einige ausgewählte Geschichten aus<br />
seinem Buch „Ich lebe gern“ vor.<br />
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