Ausgabe vom 12.01.2014 - Kehrwieder am Sonntag
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KEHRWIEDER <strong>am</strong> <strong>Sonntag</strong> · 12. Januar 2014 · Seite 3<br />
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Fröhliche Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter, Abgeordnete und mehr: Der Geist von Hohegeiß wirkt jedes Jahr aufs Neue.<br />
Peiner Landrat wirbt bei der 50. Bürgermeistertagung in Hohegeiß für die Fusion der Landkreise<br />
Läuten bald die<br />
Hochzeitsglocken?<br />
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Die Landräte Reiner Wegner (links) und Franz Einhaus scheinen nichts dagegen<br />
zu haben, ihre Landkreise zu verkuppeln.<br />
Fotos: Veit<br />
Hohegeiß/Landkreis. Ganz gleich,<br />
wer nun Braut und wer Bräutig<strong>am</strong><br />
ist: Der Landkreis Peine in Gestalt<br />
von Landrat Franz Einhaus hat erstmals<br />
vor großem Publikum um die<br />
Hand des Landkreises Hildesheim<br />
angehalten. Bei der 50. Kommunalpolitischen<br />
Arbeitstagung der Bürgermeister<br />
im Landkreis begründete<br />
er engagiert die Notwendigkeit einer<br />
Fusion und warum Hildesheim<br />
der Wunschpartner ist. So deutlich<br />
hatten viele Bürgermeister und Abgeordnete<br />
diese Beweggründe noch<br />
nicht gehört – nun bleibt die spannende<br />
Frage: Gibt es auch für den<br />
Landkreis Hildesheim genügend Argumente,<br />
den Antrag anzunehmen?<br />
Die Hochzeit hätte ja weniger mit<br />
inniger Liebe zu tun, sondern wäre<br />
eine Vernunftehe.<br />
Noch vor wenigen Jahren wollte<br />
auch Einhaus glücklicher Single<br />
bleiben. Doch das wird nach seinem<br />
Eindruck immer schwieriger. „Es<br />
gibt einige Protagonisten, die eine<br />
Großregion Braunschweig wollen.<br />
Wir führen seit zehn Jahren einen<br />
Abwehrk<strong>am</strong>pf dagegen“, sagte er <strong>am</strong><br />
Donnerstag im „Haus Berlin“ in Hohegeiß.<br />
Diese Großregion wäre nicht<br />
gut für Peine, „Braunschweig würde<br />
uns aufsaugen, man würde unsere<br />
Strukturen zerschlagen“. Und wie<br />
sieht es sonst auf dem Heiratsmarkt<br />
aus? Die Stadt Salzgitter tue sich<br />
schwer, sei zudem hoch verschuldet,<br />
so Einhaus. Gifhorn wiederum dehne<br />
sich so aus, „dass wirIdentifikationsprobleme<br />
hätten“. Bleibt Hildesheim.<br />
„Unsere größte gemeins<strong>am</strong>e Außengrenze<br />
haben wir mit demLandkreis<br />
Hildesheim“, sagte der Peiner Landrat,<br />
der noch gut die Worte von vor<br />
der Landtagswahl im Ohr hat. Als die<br />
Vorgängerregierung mit ihrem Zukunftsvertrag<br />
Anreize für Fusionen<br />
setzen wollte, hieß es: Noch könnt<br />
ihr euch freiwillig zus<strong>am</strong>menfinden,<br />
jede neue Regierung wird eine Gebietsreform<br />
angehen. Nun gibt es<br />
eine neue Regierung, und sie setzt<br />
weiter auf Freiwilligkeit. Allerdings<br />
ohne finanzielle Anreize. Man habe<br />
genug d<strong>am</strong>it zu tun, die bisher beantragten<br />
Hochzeitsprämien und<br />
Entschuldungshilfen (etwa für die<br />
Stadt Hildesheim) zu bezahlen, erklärte<br />
Innenstaatssekretär Stephan<br />
Manke. „Die Finanzierung des Zukunftsvertrags<br />
wurde uns von der<br />
alten Regierung offen zurückgelassen“,<br />
sagte Manke auf eine Anfrage<br />
von CDUFraktionschef Christian<br />
Berndt. Der wollte wissen, ob das<br />
Land ein Folgeprogr<strong>am</strong>m plant, von<br />
dem Hildesheim und Peine bei einer<br />
Fusion profitieren könnten. An den<br />
Gesprächen der beiden Landkreise,<br />
so Manke, könne man sehen, „dass<br />
es auch ohne finanzielle Anreize attraktive<br />
Lösungen gibt“. Was übersetzt<br />
heißt: nein.<br />
Franz Einhaus stellte die Vorzüge<br />
seines Landkreises vor (zum Beispiel<br />
eine intakte Schullandschaft, in die<br />
zuletzt 40 Millionen Euro investiert<br />
worden sei), verschwieg aber auch<br />
die Probleme nicht. So sei man unzufrieden<br />
mit dem Busverkehr. Dieser<br />
werde in einer komplizierten Struktur<br />
für den Großraum Braunschweig<br />
organisiert und erfordere eine Abstimmung<br />
mit 13 Unternehmen.<br />
Der Landkreis Peine hat zurzeit<br />
131.000 Einwohner in acht Gemeinden,<br />
eine davon ist die Stadt Peine<br />
mit rund 50.000 Einwohnern. Sein<br />
Jobcenter betreibt der Landkreis in<br />
Eigenregie, anders als im Landkreis<br />
Hildesheim, wo sich der Kreis mit der<br />
Bundesagentur für Arbeit abstimmen<br />
muss. In der Peiner Kreisverwaltung<br />
arbeiten fast 1.000 Mitarbeiter, so<br />
Einhaus. Diese vergleichsweise hohe<br />
Zahl erkläre sich dadurch, dass die<br />
Gemeinden wenig Aufgaben hätten<br />
und der Kreis umso mehr. In den Gemeinden,<br />
die alle zwischen 10.000<br />
und 16.000 Einwohner hätten, seien<br />
nur noch 50 bis 60 Mitarbeiter in den<br />
Verwaltungen beschäftigt.<br />
Hier wurden einige Zuhörer hellhörig.<br />
Denn die Aufgaben, die Einhaus<br />
beispielhaft aufgezählt hatte,<br />
erledigt auch in Hildesheim der Kreis,<br />
der seine rund 280.000 Einwohner<br />
mit weniger als 1.000 Mitarbeitern<br />
verwaltet. Und in den kleineren Gemeinden<br />
sind die Verwaltungen auch<br />
nicht unbedingt größer als in Peine.<br />
Kollektives Stöhnen gab es dann, als<br />
Einhaus die Peiner Kreisumlage von<br />
58,1 Prozent erwähnte. In Hildesheim<br />
kämpfen die Städte und Gemeinden<br />
schon lange für die Absenkung der<br />
Kreisumlage von 55 Prozent.<br />
Es gibt also viel zu tun – wer packt<br />
es an? Hildesheims Erster Kreisrat<br />
Olaf Levonen stellte dazu seine Pläne<br />
vor. So werde die Koordination<br />
bei ihm und seinem Peiner Kollegen<br />
Henning Heiß, der ebenfalls in Hohegeiß<br />
dabei war, liegen. Zunächst soll<br />
eine Arbeitsgruppe aus vierplus vier<br />
Verwaltungsleuten aus den Bereichen<br />
Personal, Finanzen, Organisation<br />
und Kommunalaufsicht über die<br />
Zus<strong>am</strong>menlegung der Verwaltungen<br />
sprechen. Parallel soll eine politisch<br />
besetzte Lenkungsgruppe gebildet<br />
werden. Ziel: Bis Ostern soll es in<br />
Hildesheim und Peine gleichlautende<br />
Beschlüsse geben, wie der Weg<br />
weiter beschritten werden soll. Der<br />
Kreisausschuss und die Bürgermeister<br />
sollten sich gegenseitig einladen.<br />
Und die Bürger sollen mitgenommen<br />
werden, unter anderem durch „touristische“<br />
Angebote. „Wir müssen die<br />
Leute in Ohlenrode überzeugen, was<br />
eine Fusion mit Peine bringt und in<br />
Lengede, was die Fusion mit Hildesheim<br />
bringt“, so Levonen.<br />
Landrat Reiner Wegner sagte, die<br />
Verwaltung sei bereit, „sehr schnell<br />
ihre Hausaufgaben zu machen“, dann<br />
würden die Politik und die Gemeinden<br />
beteiligt. „Es macht durchaus<br />
Sinn, sich das näher anzuschauen.“<br />
Der Zeitplan ist bekanntlich eng. Die<br />
Amtszeit beider Landräte wurde um<br />
zwei Jahre verlängert, bis 2016 soll<br />
der Fusionsbeschluss – oder dessen<br />
Ablehnung – entscheidungsreif sein.<br />
Nicht zuletzt stellt sich irgendwann<br />
die Frage, wer denn wohl der Landrat<br />
eines neuen Landkreises Hildespeine<br />
oder Peinesheim werden soll. Franz<br />
Einhaus ist 59 Jahre alt und hat das<br />
passende Alter, um 2016 noch einmal<br />
anzutreten. „Für diese Frage ist<br />
es viel zu früh“, antwortet er erwartungsgemäß.<br />
Reiner Wegner, seit 2006 im Amt,<br />
wäre bei der nächsten Wahl 65 und<br />
bei Amtsantritt 66. Wäre die Wahl<br />
regulär 2014 gewesen (dann für sieben<br />
Jahre), hätte er kandidiert, sagt<br />
Wegner. „Jetzt habe ich zwei Jahre<br />
länger Zeit, darüber nachzudenken.<br />
Kommt darauf an, wie ich mich dann<br />
fühle.“ Ab 2016 beträgt die Amtszeit<br />
gemäß der Gesetzesänderung<br />
der rotgrünen Landesregierung nur<br />
noch fünf Jahre.<br />
Beide schließen also, wie es so<br />
schön heißt, eine erneute Kandidatur<br />
nicht aus. Auch in den anderen Parteien<br />
– in beiden Landkreisen – dürften<br />
die Gedankenspiele bereits im<br />
Gange sein. 2016 wird spannend.<br />
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www.marder-aerger.de<br />
Das landkreiseigene „Haus Berlin“ in Hohegeiß besteht seit 50 Jahren / Modernisierungen geplant<br />
„Bestimmtes Maß von Unterordnung“<br />
Wir machen sorgenfrei!<br />
(lv) Hohegeiß. „Liebe Mädel und<br />
Jungen“, so lautete 1963 die Anrede<br />
im landkreiseigenen „Haus Berlin“<br />
in Hohegeiß, „ihr wollt in froher Gemeinschaft<br />
den Harz, seine Natur<br />
und Geschichte, seine Bewohner und<br />
deren Lebensgewohnheiten kennen<br />
und verstehen lernen.“ Dies erfordere<br />
von jedem einzelnen „ein bestimmtes<br />
Maß von Unterordnung und Rücksichtnahme“.<br />
Welches Maß an Unterordnung<br />
Klaus Bange an den Tag<br />
legte, ist nicht überliefert. Jedenfalls<br />
war er Gast der ersten Stunde, und<br />
es ist etwas aus ihm geworden. Der<br />
heutige Jugend<strong>am</strong>tsleiter des Landkreises<br />
brachte mit einem heiteren<br />
Klaus Bange mit der alten Hausordnung und als Knabe im Jahr 1963.<br />
Quiz den Besuchern der 50. Bürgermeistertagung<br />
die 50jährige Historie<br />
des Jugendheimes näher. Bei<br />
einer Gegenstimme fasste der Kreistag<br />
<strong>am</strong> 1. Juli 1961 im Ochtersumer<br />
Restaurant „Vier Linden“ den Beschluss,<br />
ein Schullandheim zu bauen.<br />
Mehr als eine Million Mark sollte es<br />
nicht kosten, <strong>am</strong> Ende waren es 2,5<br />
Millionen Mark – nicht ganz ElbphilharmonieAusmaße,<br />
aber immerhin.<br />
Die heutige Betriebsgesellschaft aus<br />
Kreis und Labora will in diesem Jahr<br />
330.000 Euro in verschiedene Modernisierungsmaßnahmen<br />
investieren<br />
– wie d<strong>am</strong>als wird die Sparkasse<br />
den Löwenanteil übernehmen.<br />
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