Residentenkurier Nr. 9, Juli/August 2009
Residentenkurier Nr. 9, Juli/August 2009
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P á g i n a 2 2<br />
S e r i e A u s w a n d e r n<br />
JESEITS VO ADALUSIE<br />
Der Junge von der Hühnerfarm<br />
Jung, fesch, und vor allem<br />
zielstrebig: der junge Antonio war<br />
neugierig auf die Welt und wollte<br />
etwas aus sich machen.<br />
Teil 5<br />
(wer eine Folge verpaßt hat, kann sie im<br />
Archiv unter den letzten Kurieren nachlesen)<br />
Die Zeit ging relativ schnell vorbei und ich<br />
war ausgesprochen glücklich mit meiner<br />
Arbeit. Meine Tante Carmelita hatte die<br />
Abstellkammer frei gemacht und ein Bett<br />
hineingestellt, damit ich dort schlafen<br />
konnte. So war ich zufrieden und glücklich,<br />
das ich jeden Monat Geld nach Hause<br />
schicken konnte, das zum Leben bitter nötig<br />
war.<br />
Alicante war damals eine mittelgroße Stadt<br />
mit wenig Industrie. Die Bevölkerung<br />
bestand überwiegend aus der Mittelklasse<br />
und der Tourismus machte sich langsam,<br />
aber stetig bemerkbar. Der Sommer ging<br />
sehr schnell vorbei und der Herbst stand vor<br />
der Tür. Es war die Zeit, in der meine<br />
Kollegen aus Küche, Bar und Service<br />
endlich ihren Jahresurlaub nehmen konnten.<br />
Eines Tages fragt mich mein Chef Don<br />
Antonio: Du bist zwar noch kein Jahr hier,<br />
so dass du Anspruch auf Urlaub hättest, aber<br />
ich war mit deiner Leistung sehr zufrieden<br />
und würde dir 10 Tage schenken, dann<br />
kannst du deine Eltern besuchen. Überleg es<br />
dir und sag mir morgen Bescheid, damit ich<br />
alles mit dem Oberkellner regeln kann. Den<br />
Rest des Tages und die ganze Nacht habe ich<br />
nichts anderes gemacht, nur überlegt. Im<br />
Geiste sah ich mich schon in meinem Dorf<br />
Marchena rumstolzieren und jedem<br />
erzählen, das ich Arbeit im 700 km<br />
entfernten Alicante als Barmann Helfer<br />
hätte - aber meine ökonomische Situation<br />
brachte mich schnell auf den Boden der<br />
Tatsachen zurück. Ich hatte für die Reise<br />
leider kein Geld, im Gegenteil: dieses Geld -<br />
mein gesamter Verdienst- wurde zuhause<br />
dringender benötigt. Meine eigenen Kosten<br />
konnte ich nur dadurch decken, dass ich<br />
amerikanische Zigaretten schmuggelte; ich<br />
kaufte sie bei den Matrosen im Hafen ein<br />
und verkaufte sie mit 5 Peseten Gewinn an<br />
die Gäste. So machten das alle, die im<br />
Hafen gearbeitet haben.<br />
Am kommenden Tag als Don Antonio mich<br />
nach dem Ergebnis fragte, bedankte ich<br />
mich bei ihm für seine Großzügigkeit und<br />
sagte ihm gleichzeitig ab. Aber mir war<br />
eine andere Idee gekommen, und so bat ich<br />
ihn um eine Stelle in seinem Hotel<br />
Mediterraneo am Strand von San Juan,<br />
einem ca. 12 km entfernten Vorort von<br />
Alicante. Dort, so hatte ich von Kollegen<br />
gehört, bekam man Kost und Logis frei und<br />
das war für meine Situation der Himmel!,<br />
endlich könnte ich aus der Abstellkammer<br />
ausziehen und müsste sie mir nicht mehr mit<br />
den Mäusen teilen. Und wieder war mir das<br />
Glück (oder mein Fleiß) wohl gesonnen:<br />
Drei Wochen später konnte ich umziehen<br />
und begann meine Arbeit als Barmann im<br />
Hotel Mediterraneo an der Playa San Juan.