Stichworte und Ergänzungen zu Mathematische Methoden der Physik

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196 19 Komplex differenzierbare Funktionen Der Koeffizient c −1 bei 1/(z−z i ) heißt das Residuum von f im Punkt z i . Wir bezeichnen ihn mit Res f(z) = c −1 . (19.33) z=z i Hat beispielsweise f in z 1 einen Pol der Ordnung k, f(z) = g(z)/(z− z 1 ) k , k > 0, wobei g(z) = (z − z 1 ) k f(z) in z 1 komplex differenzierbar ist und durch die Potenzreihe g(z) = ∞∑ n=0 dargestellt wird, dann hat f in z 1 das Residuum Res z=z 1 f(z) = 1 d n g (z − z n! dz n 1 ) n (19.34) | z1 1 d k−1 g . (19.35) (k − 1)! dz k−1 | z1 Ist f in einem Gebiet G, das von einer Kurve Γ berandet wird, mit Ausnahme von endlich vielen Punkten komplex differenzierbar und auf Γ stetig, dann ergibt das Umlaufintegral über die im mathematisch positiven Drehsinn durchlaufene Kurve Γ die Summe der Residuen mal 2π i, ∮ Γ ′ −C 1 C 1 f(z) = 2π i z 1 Γ=∂Gdz ∑ Res f(z) . (19.36) z=z j z j ∈G z 2 z 3 Der Residuensatz folgt aus dem Cauchyschen Integralsatz bei Betrachtung des nebenstehenden Integrationsweges Γ ′ . Auf diesem Weg wird Γ jeweils durch einen Weg C i in die Nähe jedes Pol z i unterbrochen, daran anschließend wird der Pol im Uhrzeigersinn und der Weg −C i zurück zu Γ durchlaufen. Die Pole liegen alle außerhalb des von Γ ′ umlaufenen Gebietes, also verschwindet das Wegintegral über Γ ′ . Die Beiträge der Wegintegrale über C i und −C i heben sich auf, wenn beide Wege bis auf den Durchlaufsinn übereinstimmen. Demnach heben sich das Wegintegral über Γ und über die im Uhrzeigersinn durchlaufenen Kreise um die Pole gegenseitig auf. Es gilt also ∮ Γ=∂Gdz f(z) = ∑ i ∮ K i dz f(z) = ∑ i ∮ K i dz ∞∑ n=−∞ (z − z i ) n c n . (19.37) Dabei bezeichnet K i die im mathematisch positiven Sinn durchlaufenen Kreise um die Pole z i . Für n ≠ −1 verschwinden die Umlaufintegrale über (z−z i ) n (19.18), es verbleibt ∮ K i dz ∞∑ n=−∞ (z − z i ) n 19.19 c n = 2π i c −1 = 2π i Res f(z) . (19.38) z=z i Umlaufintegrale um Gebiete, in denen der Integrand komplex differenzierbar ist, verschwinden – so wie in drei Dimensionen Oberflächenintegrale über elektrische Feldstärken verschwinden, wenn im umhüllten Gebiet keine Ladung ist. Das Residuum eines Pols entspricht in zwei Dimensionen einer dortigen Punktladung. Sie trägt additiv zum Umlaufintegral bei. Überraschen mag an dieser Analogie, daß Pole höherer Ordnung,

197 z −n mit n > 1, ungeladen sind. Das erklärt sich allerdings, wenn man bedenkt, daß −q/z 2 sich als Grenzfall zweier entgegengesetzter, benachbarter Ladungen ergibt, also wie ein Dipol ungeladen ist, − q z 2 = lim ǫ→0 1 ( q ǫ z + ǫ − q ) . (19.39) z Als Anwendung des Residuensatzes werten wir reelle Integrale ∫ ∞ dxQ(x) (19.40) −∞ in den Fällen aus, in denen die stetige reelle Funktion Q(x) der Wert einer komplexen Funktion Q(z) ist, die in der oberen Halbebene I(z) ≥ 0 bis auf endlich viele Ausnahmepunkte komplex differenzierbar ist und dort für große |z| schneller als 1/|z| abfällt, sodaß für jede vorgegebene Schranke ǫ > 0 ein R existiert, sodaß für jedes größere r > R und alle 0 ≤ λ ≤ π die Ungleichung |r Q(r e iλ )| < ǫ (19.41) gilt. Dies ist für rationale Funktionen Q(z) = Z(z)/N(z) der Fall, wenn der Grad des Nennerpolynoms N um mindestens zwei größer als der des Zählers Z ist und N keine reelle Nullstelle hat. Das Wegintegral über den Halbkreis in der oberen Halbebene Γ r : [0, π] → C , λ ↦→ z(λ) = r e i λ (19.42) verschwindet mit r → ∞, denn für genügend große r ist sein Betrag kleiner als jede vorgegebene Schranke ǫ ′ = π ǫ ∫ ∣ dz Q(z) ∣ ∫ ∣ π = dλ r i e iλ Q(r e iλ ) ∣ ∫ π ≤ dλ ∣ r i e iλ Q(r e iλ ) ∣ ∫ π < dλ ǫ = ǫ ′ . (19.43) Γ r 0 0 0 Also ist das Integral (19.40) das Umlaufintegral um die obere Halbebene und nach dem Residuensatz die Summe der umlaufenen Residuen ∑ dxQ(x) = 2π i Res Q(z) . (19.44) z=z i ∫ ∞ −∞ z i : I(z i )>0 Beispielsweise muß man zur Berechnung des Integrals ∫ ∞ 0 x 2 x 2 ∫ ∞ dx x 4 + 1 = −∞dx 1 2 x 4 + 1 (19.45) die Nullstellen z 1 = e i π 4 = 1 √2 (1 + i) , z 2 = i z 1 , z 3 = −z 1 und z 4 = −i z 1 des Nenners bestimmen. Die ersten beiden liegen in der oberen Halbebene und tragen zum Umlaufintegral bei. Das Residuum von f(z) = 1 2 (z − z 1 ) (z − z 2 ) (z − z 3 ) (z − z 4 ) z 2 (19.46)

196 19 Komplex differenzierbare Funktionen<br />

Der Koeffizient c −1 bei 1/(z−z i ) heißt das Residuum von f im Punkt z i . Wir bezeichnen<br />

ihn mit<br />

Res f(z) = c −1 . (19.33)<br />

z=z i<br />

Hat beispielsweise f in z 1 einen Pol <strong>der</strong> Ordnung k, f(z) = g(z)/(z− z 1 ) k , k > 0, wobei<br />

g(z) = (z − z 1 ) k f(z) in z 1 komplex differenzierbar ist <strong>und</strong> durch die Potenzreihe<br />

g(z) =<br />

∞∑<br />

n=0<br />

dargestellt wird, dann hat f in z 1 das Residuum<br />

Res<br />

z=z 1<br />

f(z) =<br />

1 d n g<br />

(z − z<br />

n! dz n 1 ) n (19.34)<br />

| z1<br />

1 d k−1 g<br />

. (19.35)<br />

(k − 1)! dz k−1 | z1<br />

Ist f in einem Gebiet G, das von einer Kurve Γ berandet wird, mit Ausnahme von endlich<br />

vielen Punkten komplex differenzierbar <strong>und</strong> auf Γ stetig, dann ergibt das Umlaufintegral<br />

über die im mathematisch positiven Drehsinn durchlaufene Kurve Γ die Summe <strong>der</strong><br />

Residuen mal 2π i,<br />

∮<br />

Γ ′ −C 1 C 1<br />

f(z) = 2π i<br />

z 1<br />

Γ=∂Gdz ∑ Res f(z) . (19.36)<br />

z=z j<br />

z j ∈G<br />

z 2<br />

z 3<br />

Der Residuensatz folgt aus dem Cauchyschen Integralsatz<br />

bei Betrachtung des nebenstehenden Integrationsweges<br />

Γ ′ . Auf diesem Weg wird Γ jeweils<br />

durch einen Weg C i in die Nähe jedes Pol z i unterbrochen,<br />

daran anschließend wird <strong>der</strong> Pol im Uhrzeigersinn<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Weg −C i <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong> Γ durchlaufen. Die Pole liegen alle außerhalb des<br />

von Γ ′ umlaufenen Gebietes, also verschwindet das Wegintegral über Γ ′ . Die Beiträge<br />

<strong>der</strong> Wegintegrale über C i <strong>und</strong> −C i heben sich auf, wenn beide Wege bis auf den Durchlaufsinn<br />

übereinstimmen. Demnach heben sich das Wegintegral über Γ <strong>und</strong> über die im<br />

Uhrzeigersinn durchlaufenen Kreise um die Pole gegenseitig auf. Es gilt also<br />

∮<br />

Γ=∂Gdz f(z) = ∑ i<br />

∮<br />

K i<br />

dz f(z) = ∑ i<br />

∮<br />

K i<br />

dz<br />

∞∑<br />

n=−∞<br />

(z − z i ) n c n . (19.37)<br />

Dabei bezeichnet K i die im mathematisch positiven Sinn durchlaufenen Kreise um die<br />

Pole z i . Für n ≠ −1 verschwinden die Umlaufintegrale über (z−z i ) n (19.18), es verbleibt<br />

∮<br />

K i<br />

dz<br />

∞∑<br />

n=−∞<br />

(z − z i ) n 19.19<br />

c n = 2π i c −1 = 2π i Res f(z) . (19.38)<br />

z=z i<br />

Umlaufintegrale um Gebiete, in denen <strong>der</strong> Integrand komplex differenzierbar ist, verschwinden<br />

– so wie in drei Dimensionen Oberflächenintegrale über elektrische Feldstärken<br />

verschwinden, wenn im umhüllten Gebiet keine Ladung ist. Das Residuum eines<br />

Pols entspricht in zwei Dimensionen einer dortigen Punktladung. Sie trägt additiv <strong>zu</strong>m<br />

Umlaufintegral bei. Überraschen mag an dieser Analogie, daß Pole höherer Ordnung,

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