Stichworte und Ergänzungen zu Mathematische Methoden der Physik
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188 18 Distributionen Kettenregel Es sei y : x ↦→ y(x) eine streng monotone, beliebig oft differenzierbare Funktion, beispielsweise die Verschiebung um c, y(x) = x+c , oder die Streckung um einen Faktor a, y(x) = a x, wobei a ≠ 0 auch negativ sein kann. Da y invertierbar jede kompakte Menge auf eine kompakte Menge abbildet, sind die verketteten Funktionen t ◦ y und t ◦y −1 Testfunktionen, wenn t eine Testfunktion ist. Verkettung mit monotonen, glatten Funktionen bildet den Raum der Testfunktionen auf sich ab. Dies erlaubt, die verkettete Distribution σ ◦y so zu definieren, daß sie für die linearen Abbildungen L f , die zu integrablen Funktionen f gehören, mit L f◦y übereinstimmt. Nach dem Integralsubstitutionssatz (12.41) gilt für L f◦y ∫ ∫ dxf(y(x)) t(x) = dy f(y) ∣ dx ∣ t(x(y)) , (18.30) dy wobei auf der rechten Seite x : y ↦→ x(y) die Umkehrabbildung der Abbildung y auf der linken Seite bezeichnet. Also definieren wir als verkettete Distribution ( σ ◦ y ) = ˆσ ˆσ[t] = |∂y −1 | σ[t ◦ y −1 ] . (18.31) Für die δ-Funktion besagt dies insbesondere ∫ ∫ dxδ(y(x)) t(x) = dy δ(y) ∣ dx ∣ t(x(y)) = ∣ dx ∣ dy dy |y=0 t(x(0)) , (18.32) und für die Streckung y(x) = a x um a ≠ 0 gilt daher wegen x(y) = y/a ∫ ∫ dxδ(a x) t(x) = dy δ(y) 1 |a| t(y a ) = 1 1 t(0) , δ(a x) = δ(x) . (18.33) |a| |a| Also ist δ(x) = δ(−x) spiegelsymmetrisch. Für eine Verschiebung um −c, falls y(x) = x − c und x(y) = y + c ist, ergibt sich ∫ ∫ ∫ dxδ(x − c) t(x) = dxδ(c − x) t(x) = dy δ(y) t(y + c) = t(c) . (18.34) Die verschobene δ-Funktion, angewendet auf eine Testfunktion, ergibt den Wert der Testfunktion an dem Ort, an dem das Argument der δ-Funktion verschwindet. Bei Integration mit der δ-Funktion fallen das Integral und die δ-Funktion weg, so wie bei der Summe mit δ i j die Summe und das Kronecker-Delta wegfallen, δ i j t j = t i . Allgemeiner ergibt δ(y(x)) nach (18.32) den Wert der Testfunktion an der Nullstelle x 0 = x(0) von y, y(x 0 ) = 0, multipliziert mit der Ableitung der Umkehrfunktion x(y) bei y = 0, das ist der Kehrwert der Ableitung von y(x) bei x 0 (4.12). Daher ist δ(y(x)) = 1 | dy dx | δ(x − x 0) . (18.35) Hat die Abbildung y(x) mehrere Nullstellen x i , in denen jeweils die Ableitung dy/dx nicht verschwindet, so kann nicht für alle Distributionen σ die Verkettung σ ◦y definiert
189 werden, denn y ist nicht invertierbar. Zur Definition der verketteten δ-Funktion reicht aber, daß es nichtüberlappende Umgebungen U i jeder Nullstelle gibt, die invertierbar auf y(U i ) abgebildet werden. Man schreibt zur Auswertung der verketteten δ-Funktion das Integral (18.30) als Summe von Integralen über diese Umgebungen. Für jedes U i gilt (18.35). Insgesamt erhalten wir für δ(y(x)) die Summe über die Nullstellen von y, δ(y(x)) = ∑ y(x i )=0 Beispielsweise ist δ(t 2 − r 2 ) = (δ(t − r) + δ(t + r))/(2 |r|) . Höherdimensionale Distributionen 1 | dy dx | δ(x − x i) . (18.36) Höherdimensionale Distributionen sind lineare Abbildungen von Testfunktionen höherdimensionaler Gebiete M. Bei der höherdimensionalen δ-Funktion deutet man die Dimension so wie bei der Integrationsvorschrift durch eine hochgestellte Zahl an. Beispielsweise bildet die verschobene, dreidimensionale δ 3 -Funktion jede Testfunktion auf ihren Wert an dem Punkt ⃗a = (u, v, w) ab, an dem das Argument der δ-Funktion verschwindet, ∫ d 3 xδ 3 (⃗x − ⃗a) t(⃗x) = t(⃗a) . (18.37) Zerlegt man die Integration über ⃗x = (x, y, z) in drei Integrationen über x, y und z, so erweist sich die δ 3 -Funktion als Produkt dreier eindimensionaler δ-Funktionen verschiedener Argumente δ 3 (⃗x − ⃗a) = δ(x − u) δ(y − v) δ(z − w) . (18.38) Das Produkt von δ(x) mit sich ist nicht definiert. Für jede Testfunktion t ∈ ϑ gilt nach (17.10) ∫ d 3 x t(⃗y) = − 1 4π 1 ∆t(⃗x) , (18.39) |⃗x − ⃗y| denn da t einen kompakten Träger hat, verschwindet die Testfunktion und ihr Gradient auf dem Rand, wenn der Integrationsbereich genügend groß gewählt ist. Die Ableitungen der Testfunktion, integriert mit 1/|⃗x − ⃗y|, sind bis auf das Vorzeichen definitionsgemäß die Ableitungen der Distribution 1/|⃗x − ⃗y|, angewendet auf die Testfunktion, ∫ d 3 x ( 1 4 π ∆ 1 ) t(⃗x) = −t(⃗y) . (18.40) |⃗x − ⃗y| Also gilt im Distributionensinn 1 4 π ∆ 1 |⃗x − ⃗y| = −δ3 (⃗x − ⃗y) . (18.41)
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188 18 Distributionen<br />
Kettenregel<br />
Es sei y : x ↦→ y(x) eine streng monotone, beliebig oft differenzierbare Funktion, beispielsweise<br />
die Verschiebung um c, y(x) = x+c , o<strong>der</strong> die Streckung um einen Faktor a,<br />
y(x) = a x, wobei a ≠ 0 auch negativ sein kann. Da y invertierbar jede kompakte<br />
Menge auf eine kompakte Menge abbildet, sind die verketteten Funktionen t ◦ y <strong>und</strong><br />
t ◦y −1 Testfunktionen, wenn t eine Testfunktion ist. Verkettung mit monotonen, glatten<br />
Funktionen bildet den Raum <strong>der</strong> Testfunktionen auf sich ab.<br />
Dies erlaubt, die verkettete Distribution σ ◦y so <strong>zu</strong> definieren, daß sie für die linearen<br />
Abbildungen L f , die <strong>zu</strong> integrablen Funktionen f gehören, mit L f◦y übereinstimmt.<br />
Nach dem Integralsubstitutionssatz (12.41) gilt für L f◦y<br />
∫<br />
∫<br />
dxf(y(x)) t(x) = dy f(y) ∣ dx<br />
∣ t(x(y)) , (18.30)<br />
dy<br />
wobei auf <strong>der</strong> rechten Seite x : y ↦→ x(y) die Umkehrabbildung <strong>der</strong> Abbildung y auf <strong>der</strong><br />
linken Seite bezeichnet. Also definieren wir als verkettete Distribution ( σ ◦ y ) = ˆσ<br />
ˆσ[t] = |∂y −1 | σ[t ◦ y −1 ] . (18.31)<br />
Für die δ-Funktion besagt dies insbeson<strong>der</strong>e<br />
∫<br />
∫<br />
dxδ(y(x)) t(x) = dy δ(y) ∣ dx<br />
∣ t(x(y)) = ∣ dx<br />
∣<br />
dy dy |y=0<br />
t(x(0)) , (18.32)<br />
<strong>und</strong> für die Streckung y(x) = a x um a ≠ 0 gilt daher wegen x(y) = y/a<br />
∫<br />
∫<br />
dxδ(a x) t(x) = dy δ(y) 1<br />
|a| t(y a ) = 1<br />
1<br />
t(0) , δ(a x) = δ(x) . (18.33)<br />
|a| |a|<br />
Also ist δ(x) = δ(−x) spiegelsymmetrisch.<br />
Für eine Verschiebung um −c, falls y(x) = x − c <strong>und</strong> x(y) = y + c ist, ergibt sich<br />
∫<br />
∫<br />
∫<br />
dxδ(x − c) t(x) = dxδ(c − x) t(x) = dy δ(y) t(y + c) = t(c) . (18.34)<br />
Die verschobene δ-Funktion, angewendet auf eine Testfunktion, ergibt den Wert <strong>der</strong><br />
Testfunktion an dem Ort, an dem das Argument <strong>der</strong> δ-Funktion verschwindet.<br />
Bei Integration mit <strong>der</strong> δ-Funktion fallen das Integral <strong>und</strong> die δ-Funktion weg, so wie<br />
bei <strong>der</strong> Summe mit δ i j die Summe <strong>und</strong> das Kronecker-Delta wegfallen, δ i j t j = t i .<br />
Allgemeiner ergibt δ(y(x)) nach (18.32) den Wert <strong>der</strong> Testfunktion an <strong>der</strong> Nullstelle<br />
x 0 = x(0) von y, y(x 0 ) = 0, multipliziert mit <strong>der</strong> Ableitung <strong>der</strong> Umkehrfunktion x(y)<br />
bei y = 0, das ist <strong>der</strong> Kehrwert <strong>der</strong> Ableitung von y(x) bei x 0 (4.12). Daher ist<br />
δ(y(x)) = 1<br />
| dy<br />
dx | δ(x − x 0) . (18.35)<br />
Hat die Abbildung y(x) mehrere Nullstellen x i , in denen jeweils die Ableitung dy/dx<br />
nicht verschwindet, so kann nicht für alle Distributionen σ die Verkettung σ ◦y definiert