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PflegeKolleg<br />

Mammakarzinom<br />

Teil 1<br />

Brustkrebs individuell behandeln<br />

Medikamente und Therapien<br />

Teil 2<br />

Chemo: Nebenwirkungen mindern<br />

Gezielt vorbeugen und intervenieren<br />

Teil 3<br />

Komplementär pflegen bei Brustkrebs<br />

Aromaöle, Auflagen und Aufgüsse<br />

Zertifizierte Fortbildung in Zusammenarbeit mit<br />

© Fotolia<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)<br />

15


PflegeKolleg<br />

Mammakarzinom<br />

Medikamente und Therapien<br />

Brustkrebs individuell behandeln<br />

Das Wissen um die Ursachen von Brustkrebs und die Wirkungsmechanismen von Krebsmedikamenten<br />

vergrößert sich stetig. Dadurch verbessern sich die Therapiemöglichkeiten und die Heilungschancen.<br />

Immer gezielter kann eine Therapie für die jeweilige Frau zusammengestellt werden. Auch deshalb, weil<br />

fortlaufend neue Medikamente entwickelt oder für die Therapie freigegeben werden.<br />

KEYWORDS<br />

Brustkrebs<br />

Bestrahlung<br />

Systemische<br />

Therapie<br />

Antihormontherapie<br />

Anti-HER2-<br />

Therapie<br />

Nur in Kombination mit<br />

einer Bestrahlung ist<br />

die brusterhaltende<br />

Operation hinsichtlich<br />

der Rückfallhäufigkeit<br />

ähnlich sicher<br />

wie eine Mastektomie.<br />

Eine Krebserkrankung ist für jeden eine einschneidende<br />

Erfahrung. Frauen ängstigt die<br />

Diagnose Brustkrebs besonders, weil der Krebs<br />

samt Therapie unmittelbar in das weibliche Selbstverständnis<br />

eingreift. Eine Behandlung der Erkrankung<br />

ist in der Regel notwendig – auch wenn die<br />

Therapie mit Einschränkungen und Nebenwirkungen<br />

verbunden ist.<br />

„Den Brustkrebs“ gibt es nicht<br />

Körperzellen teilen sich ständig. Dabei kann es zu<br />

Veränderungen in der Erbsubstanz kommen. Umweltfaktoren<br />

wie Lebensstil, Alter bei Pubertätseintritt, der<br />

Beginn der Wechseljahre oder die Anzahl der Kinder<br />

können solche Genveränderungen und somit das Risiko<br />

für Brustkrebs beeinflussen. Selten sind erbliche<br />

Genveränderungen, die mit einem stark erhöhten<br />

Risiko für Brustkrebs verbunden sind. Die am häufigsten<br />

betroffenen Gene sind BRCA1 und BRCA2.<br />

Es gibt verschiedene Formen von Brustkrebs, die<br />

unterschiedlichste Eigenschaften aufweisen und dementsprechend<br />

unterschiedlich behandelt werden.<br />

Inzwischen sind fünf Subtypen definiert. Aufgrund<br />

aktueller Forschung geht man inzwischen davon aus,<br />

dass sich die Tumoren auch innerhalb dieser Subtypen<br />

unterscheiden. „Den Brustkrebs“ gibt es so also nicht<br />

und damit auch nicht „die Brustkrebstherapie“. Anhand<br />

der Subtypen und den weiteren Eigenschaften<br />

des Tumors wird die Brustkrebstherapie daher individuell<br />

zusammengestellt. Berücksichtigt werden:<br />

▶▶die Größe des Tumors,<br />

▶▶ob und wie viele Lymphknoten in der Achselhöhle<br />

befallen sind,<br />

▶▶ob Krebszellen in die Lymph- oder Blutgefäße eingewandert<br />

sind,<br />

▶▶ob Fernmetastasen vorliegen,<br />

▶▶das Alter und der Menopausenstatus,<br />

▶▶ob die Krebszellen Bindungsstellen (Rezeptoren)<br />

für die weiblichen Sexualhormone Östrogen und<br />

Progesteron aufweisen,<br />

▶▶ob die Krebszellen den so genannten HER2-Rezeptor<br />

haben,<br />

▶▶der Differenzierungsgrad bzw. Ausreifungsgrad des<br />

Tumorgewebes (Grading) und<br />

▶▶die Wachstumsgeschwindigkeit des Tumors, die<br />

man beispielsweise mithilfe des Teilungsmarkers<br />

Ki-67 beurteilen kann.<br />

OP und adjuvante Therapie<br />

Wird bei einer Frau erstmals Brustkrebs festgestellt,<br />

erfolgt in der Regel eine Brustoperation. Ziel der<br />

Operation ist es, den Brusttumor komplett zu entfernen.<br />

Bei einem Großteil der Frauen bleibt die Brust<br />

dabei erhalten (brusterhaltende Therapie). Die Brust<br />

wird nur in bestimmten Fällen ganz abgenommen<br />

(Mastektomie), beispielsweise wenn mehrere Krebsherde<br />

vorliegen oder die Patientin dies wünscht. An<br />

eine Brustoperation können sich eine oder mehrere<br />

ergänzende (adjuvante) Therapien anschließen. Auf<br />

eine brusterhaltende Therapie folgt etwa so gut wie<br />

immer eine Brustbestrahlung. Denn nur in Kombination<br />

mit einer Bestrahlung ist die brusterhaltende<br />

Operation hinsichtlich der Rückfallhäufigkeit ähnlich<br />

sicher wie eine Mastektomie.<br />

Eine Bestrahlung beginnt dann, wenn die Operationswunde<br />

abgeheilt ist. Erfolgt die Bestrahlung zu<br />

früh, drohen dauerhafte Hautbeschwerden oder Fibrosen<br />

(übermäßige Bindegewebsvermehrung). Eine<br />

Bestrahlung der operierten Brust umfasst das verbliebene<br />

Brustgewebe inklusive der Brustwand.<br />

Als Standard gilt eine Gesamtdosis von 50 Gray<br />

(Gy), die auf Einzeldosen von 1,8–2 Gy verteilt wird.<br />

Auf das Tumorbett, die Stelle, an der der Krebs entfernt<br />

wurde, kann eine zusätzliche Dosis verabreicht<br />

werden. Eine solche Boost-Bestrahlung von 10–16<br />

Gy erfolgt ebenfalls in einzelnen Dosen von 1,8–2<br />

Gy. Die gesamte Bestrahlung dauert in der Regel etwa<br />

sechs bis acht Wochen.<br />

Bestrahlungszeit verkürzen<br />

Neu ist eine kürzere Bestrahlungsoption, die nur noch<br />

drei bis maximal fünf Wochen dauert. Bei einer solchen<br />

hypofraktionierten Bestrahlung wird mit niedrigerer<br />

Gesamtdosis, dafür aber mit jeweils höheren<br />

© Springer Verlag GmbH<br />

DOI: 10.1007/s00058-013-0752-6<br />

16<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)


Einzeldosen bestrahlt. Ein solches Schema umfasst<br />

beispielsweise 42 Gy, die in Einzeldosen von 2,65 Gy<br />

verabreicht werden. Das Verfahren der hypofraktionierten<br />

Bestrahlung kommt nur infrage, wenn die<br />

Frau über 50 Jahre alt ist, der Tumor kleiner als 5 cm<br />

(pT1-2) ist, keine Lymphknoten befallen sind (pN0)<br />

und wenn keine Chemotherapie geplant ist oder bereits<br />

verabreicht wurde. Wichtig: Alle aufgezählten<br />

Punkte sollten zutreffen. Andernfalls sollte auf die<br />

Standardbestrahlung zurückgegriffen werden. Darauf<br />

haben sich Brustkrebsexperten geeinigt.<br />

Operation der Achsel nicht immer notwendig<br />

Im Rahmen einer Brustoperation werden inzwischen<br />

meist zuerst ein oder mehrere so genannte Wächterlymphknoten<br />

(Sentinel node) entfernt und untersucht.<br />

Sie liegen in der Nähe des Tumors und sind<br />

die ersten, die normalerweise von wandernden Tumorzellen<br />

befallen werden. Sind diese Lymphknoten<br />

frei von Krebszellen, gilt das zumeist auch für die<br />

übrigen Achsellymphknoten. Finden sich in Wächterlymphknoten<br />

Krebsherde, schloss sich bisher immer<br />

eine Operation der Achsellymphknoten (Axilladissektion)<br />

an. Infolge der Operation kann es am<br />

Arm der betroffenen Seite zu Lymphabflussstörungen<br />

und einem Lymphödem kommen.<br />

Wann eine Axilladissektion notwendig ist und<br />

wann nicht, wird derzeit erneut diskutiert. Inzwischen<br />

kann bei Frauen mit kleinen Tumoren und ein bis<br />

zwei befallenen Wächterlymphknoten darauf verzichtet<br />

werden. Allerdings nur, wenn eine brusterhaltende<br />

Operation mit ausgedehnter Bestrahlung erfolgt und<br />

die Patientin ausreichend über Vorteile und Risiken<br />

aufgeklärt wird. Hintergrund ist eine Studie, in der<br />

sich über fünf Jahre nach der Behandlung bei beiden<br />

Methoden vergleichbare Rückfall- und Überlebensraten<br />

gezeigt hatten.<br />

Systemische Therapie:<br />

Neoadjuvant oder adjuvant<br />

Ist eine Chemotherapie notwendig, kann diese vor<br />

oder nach einer Brustoperation durchgeführt werden.<br />

Eine Chemotherapie wird intravenös oder oral verabreicht.<br />

Wird sie vor der Operation als neoadjuvante<br />

Therapie eingesetzt, kann das Ansprechen des Tumors<br />

auf die Medikamente geprüft werden. Allerdings<br />

sind zusätzliche Untersuchungen am Tumorgewebe<br />

in ihrer Aussagekraft eingeschränkt. Auch die Untersuchung<br />

eines Wächterlymphknotens wird dann nicht<br />

empfohlen.<br />

Häufiger wird eine Chemotherapie als adjuvante<br />

Therapie nach Brustoperation (und Bestrahlung)<br />

durchgeführt. Derzeit gibt es verschiedene Tests, die<br />

ein Ansprechen auf eine Chemotherapie vorhersagen<br />

sollen. Die Tests sind allerdings noch keine Routine,<br />

weil ausreichende Daten zum Nutzen fehlen.<br />

Die Chemotherapie sollte ein Taxan enthalten. Ta-<br />

Sind die Wächterlymphknoten frei<br />

von Tumor, kann man auf eine Axillaoperation<br />

verzichten.<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)<br />

17


PflegeKolleg<br />

Mammakarzinom<br />

Eine adjuvante<br />

Antihormontherapie<br />

erfolgt, wenn der<br />

Brustkrebs abhängig<br />

von den weiblichen<br />

Sexualhormonen<br />

Östrogen oder<br />

Progesteron wächst.<br />

Buch-Tipp<br />

Kroner, Th., Margulies, A., Taverna, Ch.<br />

Medikamente in der Tumortherapie<br />

Handbuch für die Pflegepraxis<br />

3., überarb. u. erw. Aufl., Springer Medizin 2012<br />

erhältlich als eBook ISBN 978-3-642-20883-6; 16,99 €<br />

oder als Softcover ISBN 978-3-642-20882-9; 24,95 €<br />

www.springer.com<br />

xane können unter anderem Neuropathien und starke<br />

Hautreaktionen auslösen. Häufig werden sie mit Anthrazyklinen<br />

kombiniert. Unter einer Anthrazyklintherapie<br />

muss die Herzfunktion überwacht werden.<br />

Erfolgt zusätzlich eine Bestrahlung oder einer Anti-<br />

HER2-Therapie kann es zu schweren, teilweise sogar<br />

tödlichen Herzschäden kommen.<br />

Antihormontherapie verlängern<br />

Eine adjuvante Antihormontherapie erfolgt immer<br />

dann, wenn der Brustkrebs abhängig von den weiblichen<br />

Sexualhormonen Östrogen oder Progesteron<br />

wächst. Man spricht dann von einem hormonrezeptorpositivem<br />

Tumor.<br />

Vor der Menopause sind Tamoxifentabletten Mittel<br />

der Wahl. Die Hormonbildung in den Eierstöcken<br />

muss nicht mehr unbedingt jahrelang mithilfe von<br />

GnRH-Analoga unterdrückt werden. Die Patientinnen<br />

sollten Tamoxifen fünf Jahre lang einnehmen.<br />

Neuen Erkenntnissen zufolge verhindert eine Einnahme<br />

bis zu zehn Jahren Rückfälle anscheinend noch<br />

besser. Nach der Menopause sind Aromatasehemmer<br />

in Tablettenform die Mittel der Wahl. Diese können<br />

entweder im Anschluss an Tamoxifen oder als alleinige<br />

Therapie eingenommen werden. Eine Therapie<br />

mit Aromatasehemmern dauert ebenfalls fünf Jahre.<br />

Anti-HER2-Therapie wird einfacher<br />

Eine Anti-HER2-Therapie kommt dann infrage, wenn<br />

die Brustkrebszellen vermehrt HER2-Rezeptoren auf<br />

ihrer Oberfläche aufweisen. In der adjuvanten Situation<br />

ist Trastuzumab, ein Antikörper gegen den<br />

Rezeptor, das Medikament der Wahl. Es wird ein Jahr<br />

lang regelmäßig als Infusion gegeben. Künftig soll<br />

die Substanz auch subkutan erhältlich sein, was die<br />

Behandlung vereinfachen könnte. In einer derzeit<br />

noch laufenden Studie werden beide Applikationen<br />

miteinander verglichen. Erste Ergebnisse zeigten eine<br />

vergleichbare Wirksamkeit der subkutanen Verabreichung.<br />

Die Zulassung der Substanz ist beantragt.<br />

Metastasierten Brustkrebs behandeln<br />

Hat ein Brustkrebs Fernmetastasen gebildet, gilt er<br />

zumeist als nicht mehr heilbar. Es gibt aber eine Vielzahl<br />

an Optionen, die Symptome lindern und helfen,<br />

das Leben mit der Erkrankung zu verlängern und<br />

dabei die Lebensqualität zu erhalten. Für Frauen in<br />

dieser Situation haben sich die Behandlungsmöglichkeiten<br />

in den letzten Jahren deutlich erweitert.<br />

Die Therapie richtet sich – ebenso wie eine adjuvante<br />

Therapie – nach den Eigenschaften des Tumorgewebes.<br />

Neben Antihormontherapie und Chemotherapie in<br />

verschiedener Abfolge kommen inzwischen noch weitere<br />

zielgerichtete Therapien oder Kombinationen aus<br />

verschiedenen Substanzen infrage:<br />

Exemestan und Everolimus (Antihormontherapie<br />

und zielgerichtete Therapie). Wird der Aromatasehemmer<br />

Exemestan mit Everolimus kombiniert,<br />

kann dies das Fortschreiten der Erkrankung verzögern.<br />

Die Kombination kommt infrage, wenn die<br />

Krankheit unter anderen Aromatasehemmern fortschreitet.<br />

Pertzumab und Trastuzumab und Docetaxel<br />

(Anti-HER2-Therapie und Chemotherapie). Diese<br />

Kombination wurde Anfang 2013 zur Erstbehandlung<br />

von metastasiertem Brustkrebs zugelassen. Pertuzumab<br />

wirkt ebenso wie Trastuzumab am HER2-<br />

Rezeptor und unterdrückt dort Wachstumssignale.<br />

Eribulin (Chemotherapie). Eribulin ist ein neues<br />

Zytostatikum und als Einzeltherapie zugelassen, wenn<br />

vorab einmal mindestens ein Taxan und ein Anthrazyklin<br />

eingesetzt worden sind (Twelves et al. 2010).<br />

FAZIT FÜR DIE PFLEGE<br />

▶▶Die Therapiemöglichkeiten und die Heilungsaussichten bei Brustkrebs<br />

verbessern sich immer mehr, auch weil fortlaufend neue Medikamente<br />

entwickelt oder zur Therapie freigegeben werden.<br />

▶▶Anhand der Krebs-Subtypen und den jeweiligen Eigenschaften des Tumors<br />

wird die Brustkrebstherapie individuell für jede Frau zusammengestellt.<br />

▶▶Bei jeder Therapieentscheidung, besonders in der metastasierten Situation,<br />

sind immer der Wunsch der Patientin und ihre Lebensqualität zu berücksichtigen.<br />

Anastrozol und Fulvestrant (Antihormontherapie).<br />

Eine Studie hat gezeigt, dass eine Kombination<br />

des Aromatasehemmers Anastrozol und des Östrogenhemmers<br />

Fulvestrant nicht nur das Fortschreiten<br />

der Erkrankung, sondern auch das Überleben verlängern<br />

kann. Einzeln sind beide Substanzen zugelassen.<br />

Ob die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten<br />

einer Kombinationstherapie außerhalb klinischer-<br />

Studien übernehmen, muss erfragt werden.<br />

Trastuzumab-Emtansine (Anti-HER2-Therapie).<br />

Bei dieser Weiterentwicklung ist das Zellgift Maytan-<br />

18<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)


sinoid an Trastuzumab gekoppelt. Dadurch gelangt der Wirkstoff<br />

gezielt in die Tumorzellen. Trastuzumab-Emtansine ist in Europa<br />

noch nicht zugelassen, der Antrag ist aber gestellt. In den<br />

USA wird das Medikament bei Patientinnen eingesetzt, die vorab<br />

Trastuzumab und ein Taxan erhalten hatten.<br />

Alle genannten Behandlungsverfahren können zu verschiedensten<br />

Nebenwirkungen in unterschiedlich starker Ausprägung<br />

führen. Zur Linderung von unerwünschten Wirkungen stehen<br />

mittlerweile zahlreiche supportive Therapien zur Verfügung.<br />

Dennoch sollte bei jeder Therapieentscheidung, besonders in<br />

der metastasierten Situation, immer auch der Wunsch der Patientin<br />

und ihre Lebensqualität berücksichtigt werden. Zahlreiche<br />

weitere Behandlungsansätze werden gegenwärtig in klinischen<br />

Studien geprüft.<br />

Literatur<br />

1. Leitlinienprogamm Onkologie (Hrsg.): Interdisziplinäre S3-Leitlinie für<br />

die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms. Langversion<br />

3.0 Aktualisierung 2012. AWMF-Register-Nummer: 032-0450L.<br />

Zuckschwerdt 2012. Onlineversion<br />

2. Empfehlungen Gynäkologische Onkologie, Kommission Mamma,<br />

Version 2013.1D vom 12.3.2013 („AGO online 2013“)<br />

www.ago-online.de/de/fuer-mediziner/leitlinien/mamma/<br />

3. Goldhirsch A et al. (2011). Strategies for subtypes – dealing with the diversity<br />

of breast cancer: highlights of the St. Gallen International Expert<br />

Consensus on the Primary Therapy of Early Breast Cancer 2011. Ann Oncol.<br />

2011 Aug;22(8):1736-47. doi: 10.1093/annonc/mdr304<br />

4. Guiliano AE et al. (2011). Axillary Dissection vs. No Axillary Dissection in<br />

Women with Invasive Breast Cancer and Sentinel Node Metastasis. A<br />

Randomized Clinical Trial. JAMA 305(6):569-575. doi:10.1001/<br />

jama.2011.90.<br />

5. Davies C et al. (2013). Long-term effects of continuing adjuvant tamoxifen<br />

to 10 years versus stopping at 5 years after diagnosis of oestrogen<br />

receptor-positive breast cancer: ATLAS, a randomised trial. Lancet<br />

381(9869):805-816. doi: 10.1016/S0140-6736(12)61963-1<br />

6. Ismael G et al. (2012). Subcutaneous versus intravenous administration<br />

of (neo)adjuvant trastuzumab in patients with HER2-positive, clinical<br />

stage I-III breast cancer (HannaH study): a phase 3, open-label, multicentre,<br />

randomised trial. Lancet Oncol. 13(9):869-78. doi: 10.1016/S1470-<br />

2045(12)70329-7<br />

7. Baselga J et al. (2011). Everolimus in Postmenopausal Hormone-Receptor–Positive<br />

Advanced Breast Cancer. N Engl J Med. Dec 7. [Epub ahead<br />

of print]. doi: 10.1056/NEJMoa1109653.<br />

8. Baselga J et al. (2012). Pertuzumab plus trastuzumab plus docetaxel for<br />

metastatic breast cancer. N Engl J Med;366(2): 109-119.<br />

9. Mehta RS et al. (2012). Combination Anastrozole and Fulvestrant in Metastatic<br />

Breast Cancer. N Engl J Med. 367(5):435-444. DOI: 10.1056/NEJ-<br />

Moa1201622.<br />

10. Twelves C et al. (2010). Phase III trials of eribulin mesylate (E7389) in extensively<br />

pretreated patients with locally recurrent or metastatic breast<br />

cancer. Clin Breast Cancer. 2010 Apr;10(2):160-3. PMID: 20299316.<br />

11. Mehta RS et al. (2012). Combination Anastrozole and Fulvestrant in Metastatic<br />

Breast Cancer. N Engl J Med. 367(5):435-444. DOI: 10.1056/NEJ-<br />

Moa1201622.<br />

12. Verma S et al. (2012). Trastuzumab Emtansine for HER2-Positive Advanced<br />

Breast Cancer. N Engl J Med; 367: 1783-91. DOI: 10.1056/NEJ-<br />

Moa1209124.<br />

Dr. med. vet. Stefanie Klein<br />

Deutsches Krebsforschungszentrum<br />

Krebsinformationsdienst<br />

Im Neuenheimer Feld 280<br />

69120 Heidelberg<br />

stefanie.klein@dkfz.de<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)<br />

19


PflegeKolleg<br />

Mammakarzinom<br />

Gezielt vorbeugen und intervenieren<br />

Chemo: Nebenwirkungen mindern<br />

Im Gegensatz zu den Anfängen der Brustkrebs-Therapie, als<br />

jede Behandlung ein gewagtes Experiment war, sind die<br />

unerwünschten Wirkungen an gesunden Zellen mittlerweile<br />

bekannt. Trotzdem sind auf Grund der Individualität jeder<br />

Frau nicht alle Nebenwirkungen vorhersehbar.<br />

KEYWORDS<br />

Leukopenie<br />

Thrombozytopenie<br />

Anämie<br />

Infektion<br />

Ein Tumor kann mittels Operation und/oder<br />

Strahlentherapie effektiv behandelt werden. Zur<br />

Bekämpfung von zirkulierenden Tumorzellen<br />

und Fernmetastasen ist allerdings in der Regel eine<br />

systemische Chemotherapie notwendig. Patientinnen<br />

erhalten dabei Zytostatika – einzeln oder in<br />

Kombination. Diese wirken vorrangig an den Zellen,<br />

die sich noch in der Teilungs- oder Reifephase befinden.<br />

Alle Gewebe aber, deren Zellen sich ähnlich<br />

dem Tumorgewebe häufig teilen oder einen empfindlichen<br />

Zellstoffwechsel haben, sind häufig und<br />

stärker als andere von Nebenwirkungen betroffen.<br />

Auswirkungen auf die Blutbildung<br />

Blutkörperchen entstehen in einem komplizierten<br />

Verfahren im Knochenmark. Chemotherapeutika<br />

gelangen auf dem Blutweg zum Knochenmark, wo<br />

sie die Neubildung einzelner Blutzellen, die sich in<br />

einer unreifen Entwicklungsstufe befinden, hemmen.<br />

So verringert sich die Anzahl der Blutzellen unterschiedlicher<br />

Entwicklungsstufen im Knochenmark.<br />

Nach abgeschlossener Reifung der Zellen erreichen<br />

die Zytostatika ihre Wirksamkeit durch Schädigung<br />

und Hemmung des Stoffwechsels. Dieser kann so<br />

gravierend sein, dass die Zellen zugrunde gehen.<br />

Nicht alle Blutzellen reagieren gleichermaßen empfindlich<br />

auf Zytostatika. Vorrangig sind es Leukozyten<br />

und Thrombozyten, die circa zehn Tage nach Therapieverabreichung<br />

mit einem Zellrückgang reagieren.<br />

Bei einem starken Abfall der Granulozyten und Fieberschüben<br />

muss eine Dosisreduktion erfolgen beziehungsweise<br />

bis zur Erholung des Knochenmarks<br />

gewartet werden. Wenn die Dosis nicht reduziert<br />

werden soll, ist der Einsatz von Wachstumsfaktoren<br />

wie G-CSF indiziert. Durch ihren Einsatz wird die<br />

Phase der Hypo- oder Agranulozytose verkürzt und<br />

damit die Gefahr einer lebensbedrohlichen Infektion<br />

mit hohen Therapiekosten vermindert.<br />

Reduktion der Leukozytenzahlen. Bei Leukozytenzahlen<br />

unter 5.000/µg Blut spricht man von einer<br />

Leukopenie. Diese Nebenwirkung ist sehr häufig. Im<br />

Stadium der Leukopenie ist der Körper jeglicher Infektion<br />

gegenüber gefährdet. Dazu zählen besonders<br />

Entzündungen der Mundschleimhaut (Soor, Stomatitis)<br />

und der Harnausscheidungssysteme (Nieren- und<br />

Blasenentzündung), Genitalinfektionen (z.B. durch<br />

Pilzerreger), Infektionen des Atem- und Magen-Darmtraktes.<br />

Um einer Infektion vorzubeugen, müssen Kontakte<br />

mit unter ansteckenden Erkrankungen leidenden Personen<br />

vermieden werden. Auch der Aufenthalt an<br />

Orten mit Menschenansammlungen wie Bussen, Bahnen,<br />

Kaufhäusern stellt eine Gefahr dar. Arbeiten, bei<br />

denen man sich leicht verletzen kann, zum Beispiel<br />

beim Umgang mit dornigen und stachligen Pflanzen,<br />

sollten unterbleiben. Vorsicht ist auch bei der Nagelpflege<br />

geboten. Denn schon geringe Verletzungen<br />

können gravierende Schäden hervorrufen. Auch Speiseeis,<br />

ungeschältes Obst, ungekochtes Gemüse und<br />

nicht vollständig durchgegartes Fleisch können mit<br />

Krankheitserregern besiedelt sein, so dass auf deren<br />

Genuss verzichtet werden soll.<br />

Zur Krankheitsvorbeugung gehört auch die Körperpflege.<br />

Hier spielt die Mundhygiene eine große Rolle.<br />

Ausreichend Schlaf sowie eine vitamin- und mineralstoffangepasste<br />

Ernährung sind für die Infektabwehr<br />

erforderlich.<br />

Reduktion der Thrombozyten. Ein Absinken der<br />

Thrombozytenzahlen unter 50.000/µl Blut wird als<br />

Thrombozytopenie bezeichnet. Obgleich diese Nebenwirkung<br />

nicht mit der gleichen Häufigkeit auftritt<br />

wie die Leukopenie, handelt es sich um eine ernstzunehmende<br />

Erscheinung. Blutungen, beispielsweise<br />

im Gehirn, oder andere nicht zu stillende Blutungen<br />

können sogar tödlich enden. Als Blutungsquellen<br />

kommen in Frage:<br />

▶▶Haut und Schleimhaut<br />

(punktförmige Hautblutungen)<br />

▶▶Blutungen in der Muskulatur (Hämatome)<br />

▶▶Harnausscheidungssystem (Hämaturie)<br />

▶▶Weibliches Genital (vaginale Blutungen)<br />

▶▶Zahnfleisch<br />

▶▶Nasenschleimhaut<br />

▶▶Magen (Hämatemisis)<br />

▶▶Darmschleimhaut (Teerstuhl)<br />

▶▶Hirnversorgende Blutgefäße<br />

▶▶Wunden<br />

Eine Blutung entsteht immer aufgrund einer Schädigung<br />

der Blutgefäßwand, bei Veränderung des Blut-<br />

© Mathias Ernert, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen<br />

DOI: 10.1007/s00058-013-0753-5<br />

20<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)


strömungverhaltens, durch degenerative Gefäßwandveränderungen<br />

oder bei Tumorinfilteration. Gegen<br />

viele dieser zur Blutung führenden Vorbedingungen<br />

können keine vorbeugenden Maßnahmen eingesetzt<br />

werden, aber die Patientinnen sollten bei bereits vorhandenem<br />

Zahnfleischbluten zeitweise auf das Zähneputzen<br />

verzichten und auf Mundspülungen zurückgreifen.<br />

Beim vorsichtigen Umgang mit spitzen<br />

Gegenständen sollten Schutzhandschuhe angezogen<br />

werden. Sinnvoll sind auch vorbeugende Maßnahmen<br />

gegen Verstopfung.<br />

Reduktion der Erythrozyten. Beim Abfall der roten<br />

Blutkörperchen beziehungsweise bei Abnahme des<br />

Hämoglobinspiegels spricht man von einer Anämie.<br />

Da die Zellen nicht ausreichend Sauerstoff bekommen,<br />

kann es zu Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit<br />

und erhöhtem Schlafbedürfnis, Sehstörungen,<br />

Blässe und Herzrasen kommen. Präventiv kann man<br />

dem Abfall der roten Blutkörperchen nur partiell<br />

durch das Verhindern einer Blutung begegnen.<br />

Um die anämiebedingten Symptome zu lindern,<br />

sollten betroffene Patientinnen nach einer längeren<br />

Liegepause langsam aufstehen, um den Kreislauf anzuregen.<br />

Hilfreich ist die Gabe von Bluttransfusionen,<br />

eventuell Eisenpräparaten und von Erypoetin.<br />

Auswirkungen auf den Magen-Darm-Trakt<br />

Nausea und Emesis. Im Allgemeinen wird der<br />

Brechreiz zentral, also durch das sich im verlängerten<br />

Mark befindende Brechzentrum ausgelöst. Bei einer<br />

Chemotherapie durchschreiten die Medikamente<br />

zwar nicht die Blut-Liquor-Schranke, aber bestimmte<br />

Impulse aktivieren das Brechzentrum und führen<br />

dazu, dass die Magenmuskulatur erschlafft und der<br />

darunter liegende Zwölffingerdarm sich zusammenzieht.<br />

So wird der Mageninhalt mundwärts befördert.<br />

Übelkeit während einer vorangegangenen Behandlung,<br />

Angst, Unsicherheit und der übersensible Geruchssinn<br />

führen bei vielen Patientinnen dazu, dass<br />

sich ein so genanntes Erwartungserbrechen (antizi-<br />

patorisches Erbrechen) einstellt. Eine angenehme und<br />

vertrauensvolle Atmosphäre ist für den Patienten von<br />

eminenter Wichtigkeit, denn allein schon das Gefühl<br />

der Unsicherheit und des Alleingelassenwerdens kann<br />

über unterschiedliche psychische Mechanismen Übelkeit<br />

und Erbrechen auslösen. Empfohlen wird ein<br />

leichtes Frühstück am Morgen der Therapie. Die<br />

Medikamenteneinnahme sollte (falls keine besonderen<br />

Anweisungen vorliegen), kurz nach den Mahlzeiten<br />

mit genügend Flüssigkeit erfolgen.<br />

Auf größere Mengen Kaffee, scharfe Gewürze, Nikotin<br />

und Alkohol sollte während der Behandlung<br />

verzichtet werden, da diese Stoffe die Schleimhäute<br />

reizen. Fünf bis sieben kleine Mahlzeiten über den<br />

ganzen Tag verteilt, sind weniger belastet für den<br />

Magen-Darm-Trakt. Entspannungsübungen (z.B.<br />

autogenes Training) können die Übelkeit abbauen.<br />

Wichtig ist, dass die Angst vor der Therapie durch<br />

gute Information und durch Beantwortung aller Fragen<br />

weitgehend abgebaut wird. Die positive Einstellung<br />

zu dieser Behandlung ist nicht nur zur Reduzierung<br />

der Übelkeit, sondern auch für den Erfolg der<br />

Therapie notwendig.<br />

Diarrhoe. Durchfall tritt häufig gleichzeitig mit<br />

krampfartigen Bauchschmerzen, Übelkeit und Kreislaufbeschwerden<br />

auf. Die gründliche Beobachtung<br />

der Patientinnen auf die Veränderung der Darmausscheidung<br />

sowie das Einleiten spezieller therapeutischer<br />

und prophylaktischer Maßnahmen ist unbedingt<br />

erforderlich. Vorbeugend sollten die Patientinnen<br />

ausreichend trinken (zwei bis drei Liter/Tag).<br />

Zum Auffüllen der Kaliumspeicher eigenen sich<br />

Bananen, Haferflocken oder Tomaten. Feuchte Wärme<br />

hilft gegen die häufig auftretenden Bauchschmerzen.<br />

Fencheltee, Aufgüsse aus Koriander oder Anis<br />

besitzen eine krampflösende Wirkung.<br />

Um die Gefahr der fortschreitenden Tumorkachexie<br />

zu reduzieren und einen Glukosemangel zu vermeiden,<br />

kann Getränken oder halbflüssigen Nahrungsmitteln<br />

Maltodextrin zugesetzt werden.<br />

Kein Patient reagiert<br />

wie der andere<br />

und jede Therapie kann<br />

andere Nebenwirkungen<br />

hervorrufen.<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)<br />

21


PflegeKolleg<br />

Mammakarzinom<br />

Die gründliche<br />

Krankenbeobachtung<br />

der Patientinnen<br />

sowie das Einleiten<br />

spezieller therapeutischer<br />

und prophylaktischer<br />

Maßnahmen ist<br />

unbedingt erforderlich.<br />

FAZIT FÜR DIE PFLEGE<br />

Obstipation. Eine Obstipation äußert sich durch<br />

harten Stuhlgang in Abständen von mehr als drei<br />

Tagen. Nicht selten kommt es gleichzeitig zu Übelkeit,<br />

Schweißausbrüchen, Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit.<br />

Einige Zytostatika und Schmerzmittel lähmen<br />

die Darmperistaltik oder beeinträchtigen das<br />

vegetative Nervensystem. Weitaus häufiger sind aber<br />

mangelnde Bewegung, falsche Ernährung und vor<br />

allem eine zu geringe Trinkmenge. Auch bei Verstopfung<br />

müssen die Patientinnen ausreichend viel trinken,<br />

mindesten zwei Liter am Tag. Ballastreiche Nahrung<br />

wie Leinsamen, Kleie, Vollkornprodukte, frisches<br />

Obst und Gemüse regen die Darmperistaltik<br />

an. Auch Bewegung – Spaziergänge, Schwimmen oder<br />

Gymnastik – wirkt positiv.<br />

Die Geschmackswahrnehmung verändert sich<br />

Auf der Zunge befinden sich verschiedene Empfindungskörperchen,<br />

die im wesentlichen vier Geschmacksrichtungen<br />

wahrnehmen können: süß,<br />

sauer, salzig, bitter. Die einzelnen Geschmacksrichtungen<br />

können unter Chemotherapie, aber auch unter<br />

Strahlentherapie, verändert sein. Solange aber der<br />

Energie- und Nährstoffbedarf auf die Bedürfnisse der<br />

jeweiligen Patientin abgestimmt ist, dürfen die Wünsche<br />

der Patientinnen richtungweisend sein.<br />

Reaktionen der Haut<br />

Veränderungen der Haut sind nur in wenigen Fällen<br />

direkt durch Zytostatika ausgelöst. Mögliche Reaktionen<br />

können sein: Ausschlag, zum Beispiel Bläschen<br />

als Ausdruck einer allergischen Reaktion, Verdickung,<br />

Braunfärbung, streifenförmige Pigmentveränderungen,<br />

Schuppenbildung und Petechien.Hautveränderungen<br />

können entweder lokal oder generalisiert<br />

am ganzen Körper auftreten.<br />

Allerdings gibt es bei einigen neuen Therapieoptionen<br />

(Targeted-Therapies) heftigste Nebenwirkungen<br />

im Bereich der Haut wie akneiforme Hautveränderungen<br />

oder das Hand-Fuß-Syndrom.<br />

Die Toxizität vieler Zytostatika wirkt sich auch auf<br />

die Haarbälge der Haare aus, denn diese unterliegen<br />

einer häufigen Teilung. So kann es bereits etwa zehn<br />

▶▶Auf Grund der Individualität jeder Brustkrebspatientin sind nicht alle Nebenwirkungen<br />

vorhersehbar und Beschwerden lassen sich nicht immer<br />

vollkommen verhindern.<br />

▶▶Medikamente der Chemotherapie beeinflussen die Blutbildung, eine Leukopenie<br />

entsteht sehr häufig. Der Körper ist dann jeglicher Infektion gegenüber<br />

stark gefährdet.<br />

▶▶Die Angst der Patientinnen vor der Therapie sollte durch Information und<br />

durch Beantwortung aller Fragen weitgehend abgebaut werden. Die positive<br />

Einstellung zur Behandlung ist für den ihren Erfolg notwendig.<br />

Tage nach Chemotherapiebeginn zum Ausfall der<br />

ersten Haare kommen – auch aller übrigen Körperhaare<br />

wie Wimpern, Augenbrauen, Schambehaarung,<br />

Haare an Armen, Beinen und am Oberkörper. Kommt<br />

es zu einem stärkeren Haarverlust, spricht man von<br />

einer Alopezie. Der Haarausfall ist zum einen sehr<br />

lästig, da die ausgefallenen Haare kitzeln, zum anderen<br />

wirkt sich eine Alopezie zum Teil belastend auf<br />

die ohnehin angegriffene Psyche aus. Nun kann sogar<br />

jeder Außenstehende erkennen, dass eine Tumortherapie<br />

durchgeführt wird. Bereits vor dem Ausfallen<br />

der Haare sollte mit der Patientin ein Gespräch über<br />

die Anfertigung einer Perücke geführt werden. Außerdem<br />

ist die Bescheinigung der medizinischen<br />

Notwendigkeit für eine solche Maßnahme erforderlich.<br />

Eine Ersatzfrisur sollte die Patientin möglichst<br />

vor dem Ausfallen der Haare auswählen. In den meisten<br />

Fällen erholen sich die Haarzellen nach Absetzen<br />

der Behandlung und die neuen Haare beginnen,<br />

vielfach kräftiger, zu sprießen.<br />

Die Mundschleimhaut reagiert<br />

Vor allem in den leukopenischen Phasen zeigen sich<br />

charakteristische Erscheinungen an der Mundschleimhaut.<br />

Die meisten werden durch spezielle<br />

Krankheitserreger ausgelöst, die während der geschwächten<br />

Immunabwehrlage der Patientinnen und<br />

bei eingeschränkter Regenerationsfähigkeit der<br />

Mundschleimhautzellen in ihrer Vermehrung kaum<br />

eingeschränkt werden. Bevorzugt zeigen sich Soorinfektionen<br />

– weißliche Belege und Borken auf Zunge<br />

und Mundschleimhaut, kombiniert mit schlechtem<br />

Geschmack im Mund und Schmerzen. Bereitet sich<br />

der Pilz weiter aus, kommt es zu Schluck- und Magen-<br />

Darmbeschwerden. Auch Herpesinfektion verursachen<br />

Schmerzen.<br />

Unter Stomatitis werden eine ganze Reihe von verschiedenen,<br />

undifferenzierten Entzündungsreaktionen<br />

im Bereich der Mundschleimhaut zusammengefasst.<br />

Mundwinkelrhagaden, kleine Schleimhautbläschen,<br />

die vorwiegend auf der Zunge und an den<br />

Wangentaschen auftreten, sind als Zeichen eines<br />

schlechten Ernährungszustandes (Vitamin- und<br />

Eiweißmangel) und einer reduzierten Abwehrlage<br />

zu sehen.<br />

Diese Beschwerden äußern sich nicht nur in<br />

Schmerzen und Einschränkungen der Lebensqualität.<br />

Vielmehr besteht die Gefahr, dass die Patientin die<br />

Nahrungsaufnahme reduziert oder einstellt. Gewichtsverluste<br />

und eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes<br />

können die Folge sein. Zur Linderung<br />

der Mundschleimhautveränderungen sollten die<br />

Zähne und Zahnfleischtaschen saniert und der Mund<br />

nach jeder Mahlzeit mit klarem, lauwarmen Wasser<br />

gespült werden. Der Einsatz einer weichen Zahnbürste<br />

und einer Munddusche, mit der auch die Zahnfleischtaschen<br />

gründlich, aber gleichzeitig schonend<br />

22<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)


gespült werden können, hat sich bewährt. Leidet die<br />

Patientin unter Schmerzen, kann eine Lokalanästhesie<br />

vor der Mundpflege und auch vor dem Essen die<br />

Schmerzempfindlichkeit reduzieren.<br />

Scheideninfektionen vermeiden<br />

Auf der feuchtwarmen Vaginalschleimhaut können<br />

sich, wenn die körpereigene Abwehr gestört ist,<br />

Krankheitserreger rasch ausbreiten. Besonders bei<br />

älteren Patientinnen kann die normale Bakterienflora<br />

verändert sein. In Folge kann es zum Brennen,<br />

Jucken oder auch zu Schmerzen kommen. Möglich<br />

sind auch ein vermehrter, weißlich schaumiger, gelblich<br />

oder krümeliger Ausfluss, eventuell unangenehmer<br />

Geruch oder angeschwollene, gerötete Labien.<br />

Beim Auftreten dieser Symptome wird ein<br />

Vaginalabstrich entnommen, um nach genauer Diagnose<br />

gezielt Medikamente einzusetzen.<br />

Ziel aller vorbeugenden Maßnahmen ist es, eine<br />

gesunde Scheidenflora mit einer genügend großen<br />

Zahl von Milchsäure Bakterien zu erhalten. Diese<br />

sorgen für ein saures Scheidenmilieu, in dem sich<br />

Krankheitserreger nicht vermehren. Patientinnen<br />

sollten neutrale oder im sauren pH-Bereich liegende<br />

Seifen oder Waschlotionen verwenden. Mit Folie<br />

unterlegte Slipeinlagen oder Binden sind kontraindiziert.<br />

Baumwollslips sind solchen aus Synthetik<br />

vorzuziehen. Sie sind kochfest, so dass Erreger bei<br />

jeder Wäsche abgetötet werden.<br />

Ob und wie stark die beschriebenen Nebenwirkungen<br />

auftreten, ist neben der unterschiedlichen<br />

Reaktionsweise und Stoffwechselfunktion des<br />

menschlichen Körpers abhängig vom Wirkungsmechanismus<br />

der Medikamente, von der zeitlichen Verteilung<br />

(Einmalgabe oder Verabreichung in Therapieintervallen)<br />

und von der Kombination der Medikamente.<br />

Jede Therapie kann andere Komplikationen<br />

hervorrufen.<br />

Kerstin Paradies<br />

Sprecherin des Vorstandes der Konferenz<br />

der Onkologischen Kranken- und Kinderkrankenpflege<br />

(KOK)<br />

Deutsche Krebsgesellschaft e.V.<br />

Im alten Dorfe 24, 22359 Hamburg<br />

paradies-kok@web.de<br />

Jede Therapie kann<br />

andere Komplikationen<br />

hervorrufen.<br />

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Lohmann & Rauscher 1/2 quer<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)<br />

23


PflegeKolleg<br />

Mammakarzinom<br />

Aromaöle, Auflagen und Aufgüsse<br />

Komplementär pflegen bei Brustkrebs<br />

Nirgendwo sonst scheinen komplementärmedizinische Maßnahmen eine so große Rolle zu spielen<br />

wie bei onkologischen Erkrankungen. Einerseits fördern sie die Patientenautonomie und geben den<br />

Betroffenen ein stärkeres Gefühl der Kontrolle, andererseits sind nur wenige Maßnahmen evidenzbasiert.<br />

Manche Methoden beeinflussen konventionelle Therapien sogar negativ. Was gilt es zu beachten?<br />

KEYWORDS<br />

Bewegungstherapie<br />

Mundspülungen<br />

Wärmeapplikation<br />

Wickel und Auflagen<br />

Aromatherapie<br />

Komplementäre<br />

Pflege nutzt das<br />

Zusammenspiel von<br />

Körper, Geist und Seele,<br />

um einen Heilungsprozess<br />

einzuleiten.<br />

Patientinnen mit Brustkrebs reduzieren ihre<br />

Krankheit nicht nur auf den Tumor. Sie sind<br />

auf körperlicher, emotionaler und auch spiritueller<br />

Ebene betroffen. All diese Ebenen müssen bei<br />

der Behandlung beachtet werden. Die Komplementärmedizin<br />

verfolgt diesen ganzheitlichen Ansatz,<br />

indem sie sich nicht nur auf die Heilung durch Tumorremission<br />

konzentriert, sondern das Zusammenspiel<br />

von Körper, Geist und Seele nutzt, um einen<br />

Heilungsprozess einzuleiten. Es geht darum, die<br />

Kräfte der Betroffenen zu aktivieren, um deren<br />

Gesundheit zu fördern.<br />

Lavendel besitzt<br />

analgetische Wirkung.<br />

Behandlung auf Augenhöhe<br />

Das langfristige Ziel in der Onkologie sollte das Zusammenwirken<br />

von konventioneller und komplementärer<br />

Medizin sein. Nicht nur konventionelle<br />

Therapiemaßnahmen sollten eine Rolle spielen, sondern<br />

komplementäre Handlungsoptionen zum festen<br />

Bestandteil einer ganzheitlichen Therapie werden.<br />

Dies erfordert von allen Mitgliedern des therapeutischen<br />

Team eine individuelle und empathische<br />

Herangehensweise, die sich nicht ausschließlich von<br />

der modernen Hochleistungsmedizin und ökonomischen<br />

Prinzipien leiten lässt. Für den Patienten<br />

bedeutet dieser Ansatz ein hohes Maß an Eigenverantwortung<br />

und Selbstbeteiligung. Zielführend ist<br />

eine Behandlung auf Augenhöhe, die klassische Rollenverteilung<br />

zwischen Arzt und Patient rückt dabei<br />

immer mehr in den Hintergrund. Seit den 1990er<br />

Jahren spricht man vom autonomen Patienten, der<br />

– im Gegensatz zu den Jahrzehnten zuvor – informiert<br />

ist über seine Krankheit. Dieser möchte an<br />

Entscheidungsprozessen beteiligt werden, Verantwortung<br />

für seine Gesundheit übernehmen und diese<br />

aktiv gestalten. 2007 wurde in einer Studie mit<br />

Brustkrebspatientinnen bestätigt, dass die Hälfte der<br />

Patientinnen Eigeninitiative zeigten und komplementäre<br />

Maßnahmen durchführten.<br />

Am häufigsten wurde die Misteltherapie, gefolgt<br />

von Sport und der Enzymtherapie angewandt. Erfolge<br />

zeigten sich unter anderem in der besseren<br />

Verträglichkeit von Chemo-<br />

und Strahlentherapie,<br />

der Stärkung des Immunsystems,<br />

der Reduktion<br />

von Nebenwirkungen<br />

während der Chemo-<br />

und Strahlentherapie<br />

und somit<br />

der Steigerung der<br />

Lebensqualität der<br />

Betroffenen – sowohl<br />

physisch als<br />

auch psychisch.<br />

© iStockphoto/thinkstock<br />

DOI: 10.1007/s00058-013-0754-4<br />

24<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)


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Der Nutzen komplementärer Therapien für die Patientinnen<br />

sollte nach dem Prinzip der Sinnhaftigkeit und der Schädlichkeit<br />

beurteilt werden und immer mit ihnen besprochen werden. Denn<br />

es gibt auch Maßnahmen, die zu Wechselwirkungen führen und<br />

so den Erfolg der konventionelle Therapie minimieren oder behindern<br />

können. Den Patientinnen sollte unbedingt davon abgeraten<br />

werden, ohne vorherige Absprache mit den behandelnden<br />

Ärzten komplementäre Maßnahmen anzuwenden.<br />

Pflegende sind komplementären<br />

Maßnahmen gegenüber aufgeschlossen<br />

Pflegende stehen komplementären Maßnahmen mehrheitlich<br />

aufgeschlossen gegenüber. Das zeigte eine norwegische Studie.<br />

Wie aber ist es im Alltag, der geprägt ist durch hohen Arbeitsaufwand,<br />

wenig Zeit und ökonomische Zwänge, möglich, komplementäre<br />

Maßnahmen in die Pflege zu integrieren? Eine wichtige<br />

Rolle kommt der Institution zu, in der gepflegt wird: Welche<br />

Einstellung herrscht gegenüber komplementärer Medizin vor?<br />

Aber auch mit einfachen Mitteln und Unterstützung der Angehörigen<br />

ist es fast überall möglich, komplementären Ansätzen<br />

zu folgen:<br />

Messe Düsseldorf 1/2 hoch<br />

Schmerzen. Komplementäre Maßnahmen können bei Schmerzen<br />

eine additive schmerzlindernde Wirkung erzielen. Allerdings<br />

ersetzen sie nicht die Pharmakotherapie.<br />

Durch die Stimulation der Haut lindern Wickel und Auflagen<br />

Schmerzen. Eine Wärmeapplikation über feuchte, warme Kompressen<br />

oder Wickel kann an allen schmerzenden Körperstellen<br />

durchgeführt werden. Auch trockene Wärme über Körnerkissen<br />

kann Linderung bringen. Die Wirkung ist lokal und während<br />

der Applikation zu spüren. Je nach individuellem Bedürfnis können<br />

auch kalte und feuchte Kompressen oder Coolpacks verwendet<br />

werden. Eine Kälteanwendung sollte nicht länger als fünf<br />

bis zehn Minuten durchgeführt werden.<br />

Cave: Wickel und Auflagen dürfen nicht auf offene und bestrahlte<br />

Haut oder im Wundgebiet nach Operationen aufgelegt werden.<br />

Zusätzlich können Aromaöle eingesetzt werden. Falls es keine<br />

Möglichkeit gibt, sie über die hauseigene Apotheke anzufordern,<br />

kann das Pflegepersonal Angehörige bitten, ätherische Öle mitzubringen.<br />

Aromatherapie wirkt über die Stimulation des Riechnervs,<br />

so kommt es zur Beeinflussung verschiedenster Körperfunktionen.<br />

Es existierten mehrere Wirksamkeitsbelege in evidenzbasierten<br />

Studien. Analgetische Wirkung haben Lavendel,<br />

Pfefferminze, Eukalyptus, Zedernholz und Kamille. Die Applikation<br />

erfolgt über Wickel und Auflagen oder Massagen.<br />

Cave: Bei der Verwendung ätherischer Öle immer die Dosierungsangaben<br />

beachten sowie auf Unverträglichkeiten und allergische<br />

Reaktionen achten.<br />

Übelkeit und Erbrechen. Übelkeit und Erbrechen treten häufig<br />

bei Chemotherapien auf. Um diese unangenehmen Nebenwirkungen<br />

zu lindern, wirken – neben antiemetischer Standardtherapie<br />

– Aromatherapien mit Pfefferminze, Ingwer, Zitrus und<br />

Fenchel positiv. Um eine Linderung der Übelkeit zum Beispiel<br />

durch Zitrusöle zu erzielen, können gegebenenfalls Duftlampen<br />

aufgestellt werden. Abgestimmt auf die individuellen Wünsche<br />

finden Zitrone, Orange, Mandarine, Grapefruit, Bergamotte oder<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)<br />

25


PflegeKolleg<br />

Mammakarzinom<br />

Beratung und Informationen<br />

zu<br />

komplementären<br />

Maßnahmen sind sehr<br />

komplex und berücksichtigen<br />

auch<br />

die persönliche<br />

Einstellung zur<br />

Komplementärmedizin.<br />

DEFINITION<br />

Komplementärmedizinische Maßnahmen umfassen<br />

Therapien und Methoden, die die konventionellen<br />

Therapien ergänzend oder auch optimierend<br />

unterstützen. In der Onkologie sind die bessere<br />

Symptomkontrolle und damit die Steigerung<br />

der Lebensqualität der Patienten das Ziel.<br />

Komplementärmedizinische Maßnahmen werden<br />

deshalb in den Supportivbereich (unterstützende<br />

Maßnahmen) eingeordnet.<br />

Komplementärmedizin ist von Alternativmedizin<br />

zu unterscheiden. Die Alternativmedizin lehnt<br />

konventionelle medizinische Maßnahmen ab<br />

und propagiert damit eine Alternative zur Schulmedizin.<br />

Limette Verwendung. Auch eine im Brustbereich<br />

aufgelegte, mit Fenchelöl getränkte Kompresse lindert<br />

Übelkeit.<br />

Pfefferminze und Ingwer werden vor allem in Teemischungen<br />

eingesetzt: Frischen Ingwer oder frische<br />

Pfefferminze mit kochendem Wasser übergießen,<br />

ziehen lassen und dann warm oder kalt über den Tag<br />

verteilt trinken. Appetitlosigkeit kann mit Wermutkrauttee<br />

begegnet werden. Wermut hat zusätzlich eine<br />

stimmungsaufhellende Wirkung. Auch eine bis 20minütige<br />

Inhalation mit Basilikum-, Fenchel- und Kardamomöl<br />

kann Erleichterung schaffen.<br />

Mund- und Schleimhautveränderungen. Chemound<br />

Strahlentherapie können zu Schleimhautentzündungen<br />

im Mundbereich (orale Mucositis) oder Trockenheit<br />

der Schleimhäute (zusätzliche Nebenwirkung<br />

auch bei hormonrezeptorpositiven Karzinomen<br />

der Brust unter Hormontherapie) führen.<br />

Bei einer oralen Mucositis ist eine intensive Mundhygiene<br />

die wichtigste Maßnahme. Neben einer medikamentösen<br />

Therapie zur Schmerzlinderung gibt<br />

es einige komplementäre Maßnahmen, die in ihrer<br />

praktischen Anwendung gute Erfolge zeigen. Die antiphlogistische<br />

und desinfizierende Wirkung von<br />

Kamille und Salbei wird hier häufig in Form von regelmäßigen<br />

Mundspülungen genutzt. Gefrorene Ananasstückchen<br />

besitzen Enzyme, durch die die Heilung<br />

beschleunigt werden kann. Im Allgemeinen lindern<br />

kühlende Maßnahmen die Beschwerden im Mundbereich<br />

(z.B. Eiswürfel aus Kamille- und Salbeitee).<br />

Sanddornfruchtfleischöl besitzt eine antibakterielle,<br />

granulationsfördernde und analgetische Wirkung bei<br />

oraler Mucositis. Mundspülungen damit können dreibis<br />

fünfmal täglich angewendet werden.<br />

Besonders von Trockenheit betroffen sind die<br />

Schleimhäute im Mund- und Rachenraum, der Magen-Darm-Trakt,<br />

Augen, Gelenke und Vagina. Hier<br />

gibt es das Medikament Equizym MCA, das von be-<br />

troffenen Patientinnen mit hormonrezeptor-positiven<br />

Tumoren gern genutzt wird. Die Zusammensetzung<br />

des Medikaments aus Linseneiweiß (Lektin), Ananasenzymen,<br />

Papaya und Natriumselenit führt nachweislich<br />

zur Reduktion von Nebenwirkungen während<br />

der Chemo- und Strahlentherapie. Durch<br />

Lektin wird die Flüssigkeitssekretion in den Schleimhäuten<br />

angeregt, die anderen Substanzen haben eine<br />

antiphlogistische, abschwellende Wirkung und verstärken<br />

die Wirksamkeit von Chemo- und Strahlentherapie.<br />

Die Entscheidung, ob dieses Medikament<br />

hilfreich unter der konventionellen Therapie<br />

sein kann, sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen<br />

werden. Pflegende können in diesem Fall<br />

aber eine beratende Funktion einnehmen.<br />

Bei Patientinnen mit hormonrezeptor-negativen<br />

Tumoren hat sich die phytoöstrogenhaltige Therapie<br />

mit Extrakten aus Rotklee, Traubensilberkerze und<br />

Soja bewährt. Die Abstimmung mit dem zuständigen<br />

Arzt ist aber auch hier notwendig.<br />

Bei Trockenheit der Vagina können in Vitamin<br />

E-Öl getränkte Tampons Linderung schaffen.<br />

Hautveränderungen nach Strahlentherapie. Ein<br />

großes Problem für Patientinnen mit Brustkrebs können<br />

Strahlenschäden der Haut unter laufender Strahlentherapie<br />

sein (Strahlendermatitis). Kühlende<br />

Quarkwickel, Gele und Cremes helfen, Hautschäden<br />

in Grenzen zu halten. Arnikahaltige Produkte haben<br />

einen kühlenden Effekt, lindern Schmerzen und regen<br />

die Neubildung der Hautzellen an. Antiphlogistische<br />

Wirkung zeigen Produkte mit Ringelblume. Ebenfalls<br />

beliebt in der Anwendung sind Produkte mit Aloe<br />

Vera, die neben der antiphlogistischen Wirkung auch<br />

antibakterielle, antimykotische und antivirustatische<br />

Wirksamkeit zeigen und die Zellmembran stabilisieren.<br />

Lymphödem. Das Lymphödem spielt nicht mehr so<br />

eine große Rolle, da es durch neue Therapiemöglichkeiten<br />

oft vermieden werden kann. Jedoch kann es<br />

nach einer Mastektomie zum Lymphödem im Arm<br />

der betroffenen Seite kommen. Neben den konventionellen<br />

Maßnahmen durch die Physiotherapie mit<br />

Lymphdrainage und Bewegungsübungen und das<br />

Hochlagern des betroffenen Armes gibt es noch weitere<br />

pflegerische Möglichkeiten in der Komplementärmedizin.<br />

Kohlwickel beispielsweise fördern den<br />

Lymphabfluss. Außerdem lösen Einreibungen mit<br />

Calendulaöl, Cistrose, Immortelle, Lavendel und Zypresse<br />

eine lymphabflussfördernde Wirkung aus.<br />

Fatique. 70 bis 80% der Krebspatienten – besonders<br />

Frauen – leiden unter Fatique. Chronische Müdigkeit,<br />

Erschöpfung, Kraft- und Antriebslosigkeit schränken<br />

die Lebensqualität der Betroffenen stark ein. Pflegende<br />

sollten Patientinnen hier über komplementäre<br />

26<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)


Bewegungstherapie informieren, die das physische<br />

und psychische Wohlbefinden steigert. Geeignet sind<br />

dosierte Bewegungsabläufe, zum Beispiel Rad fahren,<br />

Tanzen, Schwimmen oder Laufen. Auch die Aromatherapie<br />

kann eingesetzt werden. Anregende Öle wie<br />

Rosmarin und Lavendel, können in Form von Duftölen<br />

oder getränkten Auflagen oder Einreibungen<br />

genutzt werden. Ginseng lindert die Symptomatik,<br />

sollte jedoch nicht bei Patientinnen mit hormonrezeptor-positiven<br />

Tumoren eingesetzt werden.<br />

Psychische Beeinträchtigungen. Die Diagnose Krebs<br />

ist eine außerordentliche seelische Belastung für jeden<br />

Betroffenen. Sie ist vergleichbar mit einer akuten<br />

Krisensituation und kann zu einer psychischen Erkrankung,<br />

zum Beispiel einer Depression, führen oder<br />

die schon bestehende Erkrankung verstärken. Die<br />

Psychoonkologie beschäftigt sich intensiv mit der<br />

Krankheitsverarbeitung und Stabilisierung der Patientinnen,<br />

aber auch Pflegende haben Möglichkeiten,<br />

das innere Gleichgewicht der Patienten wieder herzustellen,<br />

Ängste und Unsicherheiten abzubauen oder<br />

bei Schlafstörungen unterstützende Maßnahmen<br />

anzubieten. Auch in diesem Bereich findet die Aromatherapie<br />

ihre Anwendung. Die orale Applikation<br />

von Baldrian kann bei Schlafstörungen helfen. Lavendel<br />

ruft in Form von Einreibungen, Duftlampen<br />

oder Fußbädern ein Gefühl der Entspannung hervor.<br />

In stressigen Situationen führen auch Pfefferminz-,<br />

Melissen-, oder Johanniskrauttee zur Beruhigung.<br />

Pflegende sollten in diesem Bereich sehr feinfühlig<br />

und empathisch mit ihren Patientinnen umgehen,<br />

jederzeit Gesprächsbereitschaft signalisieren und<br />

weitere Möglichkeiten der Entspannung wie autogenes<br />

Training, Meditation oder Yoga aufzeigen.<br />

Neben den genanten Optionen können bei allen<br />

aufgezählten Symptomen komplementär Massagen,<br />

Akupunktur, Akupressur, Biofeedback, Hypnose,<br />

Meditation, Yoga, Bewegungstherapie, Ernährungs-<br />

FAZIT FÜR DIE PFLEGE<br />

▶▶Aufgaben der Pflegenden sind, Möglichkeiten der<br />

komplementären Pflege aufzuzeigen, Absprachen<br />

mit den behandelnden Ärzten einzuleiten, Kontaktadressen<br />

weiterzugeben und auch die Problematik<br />

der Wirksamkeit und Wechselwirkung mit<br />

konventionellen Therapien und der teilweise finanziellen<br />

Belastung transparent zu machen.<br />

▶▶Nicht alle komplementären Maßnahmen sind in<br />

täglichen Pflege durchführbar. Um den Patientinnen<br />

trotzdem die Möglichkeit zu geben, an ihrer<br />

Therapie aktiv mitwirken zu können, gehört<br />

die Beratung und Anleitung der Patientinnen und<br />

ihrer Angehörigen zu den Aufgaben der Pflegekräfte.<br />

▶▶Das therapeutische Team sollte auf gleichem Wissensstand<br />

sein. Widersprüchliche und wertende<br />

Aussagen müssen ausgeschlossen sein, um<br />

Verunsicherungen der Patientinnen zu vermeiden.<br />

empfehlungen, Nahrungsergänzungsmittel, Enzymtherapien,<br />

Misteltherapie und die psychoonkologische<br />

Therapie eingesetzt werden. Maßnahmen, die<br />

jedoch geschultes Fachpersonal erfordern. Hier kann<br />

die Pflege in Bezug auf die verschiedenen Möglichkeiten<br />

informieren und beraten, die Einwilligung des<br />

behandelnden Arztes einholen und den Kontakt zum<br />

Fachpersonal herstellen.<br />

Maike Schäfer<br />

Gesundheits- und Krankenpflegerin<br />

in Weiterbildung zur<br />

onkologischen Fachkraft<br />

Park-Klinik Weißensee<br />

Schönstraße 80, 13086 Berlin<br />

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C Sechs<br />

2. Was folgt so gut wie immer auf eine brusterhaltenden<br />

Operation nach Brustkrebs?<br />

A Chemotherapie<br />

B Strahlentherapie<br />

C Hormontherapie<br />

3. Wie hoch ist die Gesamtdosis bei einer<br />

Standard-Bestrahlung bei Brustkrebs?<br />

A 42 Gy<br />

B 60 Gy<br />

C 50 Gy<br />

4. Wann wird eine Antihormontherapie durchgeführt?<br />

A Eine Antihormontherapie wird ausschließlich bei<br />

Frauen nach den Wechseljahren durchgeführt.<br />

B Sie ist indiziert bei Erkrankung an einem<br />

hormonrezeptorpositiven Tumor.<br />

C Diese Therapie findet ausschließlich bei Frauen vor<br />

der Menopause Anwendung.<br />

5. Wie wirken Chemotherapeutika auf die<br />

Blutbildung?<br />

A Sie hemmen die Neubildung von Blutzellen, die sich<br />

in einer unreifen Entwicklungsstufe befinden.<br />

B Sie befördern die Neubildung von Blutzellen,<br />

so dass sich die Anzahl der Blutzellen im Knochenmark<br />

stark erhöht.<br />

C Sie haben keine Auswirkung auf die Blutbildung.<br />

Name, Vorname<br />

Straße<br />

PLZ/Ort<br />

6. Welches sind typische Nebenwirkungen einer<br />

Chemotherapie?<br />

A Nausea und Emesis<br />

B Stark erhöhter Bluthochdruck<br />

C Neigung zur Bildung von Aneurysmen im<br />

Bauchraum<br />

7. Was ist zu tun bei einem starken Abfall der<br />

Granulozyten und bei Auftreten von Fieberschüben<br />

unter der Chemeotherapie?<br />

A Die Chemotherapeutika-Dosis muss erhöht werden.<br />

B Es werden Antibiotika verabreicht.<br />

C Die Chemotherapeutika-Dosis muss reduziert<br />

werden, gegebenenfalls wird gewartet, bis sich das<br />

Knochenmark erholt hat.<br />

8. Was bedeutet komplementäre Medizin?<br />

A Ergänzende oder optimierende Therapien und<br />

Methoden, die die konventionelle Medizin unterstützen.<br />

B Alternative Behandlungsmethoden zur konventionellen<br />

Medizin.<br />

C Es sind schulmedizinische Maßnahmen, die insbesondere<br />

in der Onkologie eingesetzt werden.<br />

9. Welche ätherischen Öle haben eine analgetische<br />

Wirkung?<br />

A Rose, Bergamotte, Grapefruit<br />

B Pfefferminze, Ingwer und Fenchel<br />

C Pfefferminze, Lavendel, Eukalyptus und Kamille<br />

10. Welche Wickelmethode kann bei einem Lymphödem<br />

nach Mastektomie lymphabflussfördernd<br />

wirken?<br />

A Quarkwickel<br />

B Kohlwickel<br />

C Wadenwickel<br />

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28<br />

<strong>Heilberufe</strong> / Das Pflegemagazin 2013; 65 (7-8)

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