Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de
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– Das Finanzamt nimmt an einen am Steuerschuldverhältnis nicht beteiligten Dritten eine Zahlung in <strong>de</strong>r<br />
irrigen Annahme vor, er sei von <strong>de</strong>m Erstattungsberechtigten ermächtigt, für diesen Zahlungen<br />
entgegenzunehmen, in Wahrheit besteht jedoch eine diesbezügliche Rechtsbeziehung zwischen <strong>de</strong>m<br />
Zahlungsempfänger und <strong>de</strong>m Erstattungsberechtigten nicht.<br />
– Das Finanzamt leistet ohne rechtlichen Grund an einen Dritten, weil es sich beispielsweise über die Person<br />
<strong>de</strong>s Erstattungsberechtigten irrt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Erstattungsbetrag auf ein Bankkonto überweist, <strong>de</strong>ssen Inhaber<br />
nicht <strong>de</strong>r Erstattungsberechtigte, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Dritte ist.<br />
Ein Kreditinstitut ist auch dann nur Zahlstelle und nicht Leistungsempfänger im Sinne <strong>de</strong>s § 37 Abs. 2, wenn es<br />
<strong>de</strong>n vom Finanzamt an <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen überwiesenen Betrag auf ein bereits gekündigtes, aber noch nicht<br />
abgerechnetes Girokonto <strong>de</strong>s Steuerpflichtigen verbucht und nach Rechnungsabschluss an <strong>de</strong>n früheren<br />
Kontoinhaber bzw. <strong>de</strong>ssen Insolvenzverwalter ausgezahlt o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Überweisungsbetrag mit einem<br />
fortbestehen<strong>de</strong>n Schul<strong>de</strong>nsaldo auf <strong>de</strong>m betreffen<strong>de</strong>n Konto verrechnet hat. Das Kreditinstitut ist in diesen<br />
Fällen nicht <strong>zur</strong> Rückzahlung <strong>de</strong>s vom Finanzamt überwiesenen Betrages verpflichtet.<br />
Dies gilt auch, wenn <strong>de</strong>r Steuerpflichtige <strong>de</strong>m Finanzamt für die Überweisung ein an<strong>de</strong>res Konto benannt hatte<br />
(vgl. BFH-Urteile vom 10.11.2009 – VII R 6/09 – BStBl. 2010 II, S. 255 und vom 22.11.2011 – VII R 27/11 –<br />
BStBl. 2012 II, S. 167). Die Zahlung auf das unzutreffen<strong>de</strong> Konto hat gegenüber <strong>de</strong>m Steuerpflichtigen zwar –<br />
an<strong>de</strong>rs, als wenn <strong>de</strong>r Steuerpflichtige <strong>de</strong>m Finanzamt eine Kontoän<strong>de</strong>rung nicht mitgeteilt hat (BFH-Urteil vom<br />
10.11.1987 – VII R 171/84 – BStBl. 1988 II, S. 41) – unmittelbar keine Erfüllungswirkung. Das Finanzamt kann<br />
aber mit seinem Rückfor<strong>de</strong>rungsanspruch nach § 37 Abs. 2 Satz 1 (gegen <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen als<br />
Leistungsempfänger) gegen <strong>de</strong>n Anspruch auf erneute Zahlung aufrechnen und letzteren somit zum Erlöschen<br />
bringen.<br />
2.2 Erstattungsanspruch <strong>de</strong>s Steuerpflichtigen<br />
2.2.1 Allgemeines<br />
Erstattungsberechtigter ist <strong>de</strong>rjenige, auf <strong>de</strong>ssen Rechnung die Zahlung geleistet wor<strong>de</strong>n ist, auch wenn<br />
tatsächlich ein Dritter die Zahlung geleistet hat. Es kommt nicht darauf an, von wem o<strong>de</strong>r mit wessen Mitteln<br />
gezahlt wor<strong>de</strong>n ist. Maßgeblich ist vielmehr, wessen Steuerschuld nach <strong>de</strong>m Willen <strong>de</strong>s Zahlen<strong>de</strong>n, wie er im<br />
Zeitpunkt <strong>de</strong>r Zahlung <strong>de</strong>m Finanzamt erkennbar hervorgetreten ist, getilgt wer<strong>de</strong>n sollte (BFH-Urteil vom<br />
30.9.2008 – VII R 18/08 – BStBl. 2009 II, S. 38 m. w. N.). Den Finanzbehör<strong>de</strong>n wird damit nicht zugemutet, im<br />
Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen <strong>de</strong>m Steuerschuldner und einem zahlen<strong>de</strong>n Dritten<br />
daraufhin zu überprüfen, wer von ihnen – im Innenverhältnis – auf die zu erstatten<strong>de</strong>n Beträge materiellrechtlich<br />
einen Anspruch hat (BFH-Urteil vom 25.7.1989 – VII R 118/87 – BStBl. 1990 II, S. 41).<br />
2.2.2 Erstattungsanspruch bei Gesamtschuldnern<br />
Personen, die gemäß § 44 Gesamtschuldner sind, sind nicht Gesamtgläubiger eines Erstattungsanspruchs nach<br />
§ 37 Abs. 2 (BFH-Urteil vom 19.10.1982 – VII R 55/80 – BStBl. 1983 II, S. 162). Erstattungsberechtigter ist <strong>de</strong>r<br />
Gesamtschuldner, auf <strong>de</strong>ssen Rechnung die Zahlung erfolgt ist.<br />
Lässt sich aus <strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Finanzamt bei Zahlung erkennbaren Umstän<strong>de</strong>n nicht entnehmen, wessen Steuerschuld<br />
<strong>de</strong>r zahlen<strong>de</strong> Gesamtschuldner begleichen wollte, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass <strong>de</strong>r Gesamtschuldner<br />
nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte (vgl. BFH-Urteil vom 18.2.1997 – VII R 117/95 – BFH/NV S. 482,<br />
m. w. N.). Ist eine Zahlung aber erkennbar für gemeinsame Rechnung <strong>de</strong>r Gesamtschuldner geleistet wor<strong>de</strong>n, so<br />
sind diese grundsätzlich nach Köpfen erstattungsberechtigt.<br />
2.3 Erstattungsanspruch bei <strong>de</strong>r Einkommensteuer<br />
Zu Beson<strong>de</strong>rheiten bei Bestimmung <strong>de</strong>s Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs – insbeson<strong>de</strong>re bei Ehegatten –<br />
vgl. BMF-Schreiben vom 31.1.2013 – IV A 3 – S 0160/11/10001 – (BStBl. I S. XX).<br />
Zu § 38 – Entstehung <strong>de</strong>r Ansprüche aus <strong>de</strong>m Steuerschuldverhältnis:<br />
1. Der Steueranspruch entsteht in <strong>de</strong>m Zeitpunkt, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Tatbestand verwirklicht wird, an <strong>de</strong>n das Gesetz<br />
eine bestimmte Leistungspflicht knüpft, soweit nicht im Gesetz eine abweichen<strong>de</strong> Regelung getroffen<br />
wor<strong>de</strong>n ist (z. B. § 36 Abs. 1 EStG, § 30 KStG, § 13 Abs. 1 UStG, § 18 GewStG, § 9 Abs. 2 GrStG, § 9<br />
ErbStG). Das gilt nicht nur für <strong>de</strong>n Steueranspruch, son<strong>de</strong>rn auch für <strong>de</strong>n Steuervergütungsanspruch und <strong>de</strong>n<br />
Steuererstattungsanspruch (z. B. <strong>zur</strong> Lohnsteuer vgl. zu § 46, Nr. 1). Der auf einem Verlustrücktrag nach<br />
§ 10d Abs. 1 EStG beruhen<strong>de</strong> Erstattungsanspruch entsteht erst mit Ablauf <strong>de</strong>s Veranlagungszeitraums, in<br />
<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Verlust entstan<strong>de</strong>n ist (BFH-Urteil vom 6.6.2000 – VII R 104/98 – BStBl. II, S. 491). Der<br />
<strong>Anwendungserlass</strong> <strong>zur</strong> <strong>Abgabenordnung</strong> (<strong>AEAO</strong>) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 23 von 235