Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de

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02.02.2014 Aufrufe

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 (§ 361 Abs. 2 Satz 2; § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO). Die Finanzbehörde kann auch ohne Antrag die Vollziehung aussetzen (§ 361 Abs. 2 Satz 1; § 69 Abs. 2 Satz 1 FGO). Von dieser Möglichkeit ist insbesondere dann Gebrauch zu machen, wenn der Rechtsbehelf offensichtlich begründet ist, der Abhilfebescheid aber voraussichtlich nicht mehr vor Fälligkeit der geforderten Steuer ergehen kann. 2.2 Eine Vollziehungsaussetzung ist nur möglich, wenn der Verwaltungsakt, dessen Vollziehung ausgesetzt werden soll, angefochten und das Rechtsbehelfsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (Ausnahme: Folgebescheide i. S. d. § 361 Abs. 3 Satz 1 und des § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO; vgl. Nr. 6). Eine Vollziehungsaussetzung kommt daher nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige statt eines Rechtsbehelfs einen Änderungsantrag, z. B. nach § 164 Abs. 2 Satz 2 oder nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a, bei der Finanzbehörde einreicht. 2.3 Die Aussetzung der Vollziehung setzt Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes voraus. 2.3.1 Vollziehbar sind insbesondere – die eine (positive) Steuer festsetzenden Steuerbescheide (vgl. Nr. 4), – Steuerbescheide über 0 €, die einen vorhergehenden Steuerbescheid über einen negativen Betrag ändern (BFH-Beschluss vom 8.11.1974 – V B 52/73 – BStBl. 1975 II, S. 239), – Vorauszahlungsbescheide bis zum Erlass des Jahressteuerbescheids (BFH-Beschluss vom 4.6.1981 – VIII B 31/80 – BStBl. II, S. 767; vgl. Nr. 8.2.2), – Bescheide, mit denen der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wird (BFH-Beschluss vom 1.6.1983 – III B 40/82 – BStBl. II, S. 622), – Verwaltungsakte nach § 218 Abs. 2, die eine Zahlungsschuld feststellen (BFH-Beschluss vom 10.11.1987 – VII B 137/87 – BStBl. 1988 II, S. 43), – Mitteilungen nach § 141 Abs. 2 über die Verpflichtung zur Buchführung (BFH-Beschluss vom 6.12.1979 – IV B 32/79 – BStBl. 1980 II, S. 427), – Leistungsgebote (BFH-Beschluss vom 31.10.1975 – VIII B 14/74 – BStBl. 1976 II, S. 258), – der Widerruf einer Stundung (BFH-Beschluss vom 8.6.1982 – VIII B 29/82 – BStBl. II, S. 608), – die völlige oder teilweise Ablehnung eines Antrags auf Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte (BFH-Beschlüsse vom 29.4.1992 – VI B 152/91 – BStBl. II, S. 752, und vom 17.3.1994 – VI B 154/93 – BStBl. II, S. 567), – Außenprüfungsanordnungen (vgl. zu § 196, Nr. 1). 2.3.2 Nicht vollziehbar sind insbesondere – erstmalige Steuerbescheide über 0 €, auch wenn der Steuerpflichtige die Festsetzung einer negativen Steuer begehrt (BFH-Urteil vom 17.12.1981 – V R 81/81 – BStBl. 1982 II, S. 149, BVerfG-Beschluss vom 23.6.1982 – 1 BvR 254/82 – StRK FGO § 69 R 244), – auf eine negative Steuerschuld lautende Steuerbescheide, wenn der Steuerpflichtige eine Erhöhung des negativen Betrags begehrt (BFH-Beschluss vom 28.11.1974 – V B 44/74 – BStBl. 1975 II, S. 240), – Verwaltungsakte, die den Erlass oder die Korrektur eines Verwaltungsaktes ablehnen, z. B. Ablehnung eines Änderungsbescheids (BFH-Beschlüsse vom 24.11.1970 – II B 42/70 – BStBl. 1971 II, S. 110, und vom 25.3.1971 – II B 47/69 – BStBl. II, S. 334), Ablehnung der Herabsetzung bestandskräftig festgesetzter Vorauszahlungen (BFH-Beschluss vom 27.3.1991 – I B 187/90 – BStBl. II, S. 643), Ablehnung einer Stundung (BFH-Beschluss vom 8.6.1982 – VIII B 29/82 – BStBl. II, S. 608) oder eines Erlasses (BFH- Beschluss vom 24.9.1970 – II B 28/70 – BStBl. II, S. 813), – die Ablehnung einer Billigkeitsmaßnahme i. S. d. § 163, – die Ablehnung der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 44a Abs. 5 EStG (BFH-Beschluss vom 27.7.1994 – I B 246/93 – BStBl. II, S. 899) oder einer Freistellung vom Quellensteuerabzug nach § 50a Abs. 4 EStG (BFH-Beschluss vom 13.4.1994 – I B 212/93 – BStBl. II, S. 835), – Verbindliche Auskünfte (§ 89 Abs. 2; § 2 StAuskV), verbindliche Zusagen (§§ 204 bis 207) und Lohnsteueranrufungsauskünfte (§ 42e EStG), unabhängig davon, ob sie der Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen entsprechen oder nicht, sowie die Ablehnung, eine verbindliche Auskunft, eine verbindliche Zusage oder eine Lohnsteueranrufungsauskunft zu erteilen. 2.3.3 Zur Vollziehbarkeit von Feststellungsbescheiden vgl. Nr. 5.1. 2.3.4 Vorläufiger Rechtsschutz gegen einen nicht vollziehbaren Verwaltungsakt kann nur durch eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO gewährt werden. 2.4 Bei der Entscheidung über Anträge auf Aussetzung der Vollziehung ist der gesetzliche Ermessensspielraum im Interesse der Steuerpflichtigen stets voll auszuschöpfen. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 218 von 235

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 2.5 Zur Aussetzung berechtigende ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn eine summarische Prüfung (vgl. Nr. 3.4) ergibt, dass neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sprechenden Bedenken nicht zu überwiegen, d. h. ein Erfolg des Steuerpflichtigen muss nicht wahrscheinlicher sein als ein Misserfolg (BFH-Beschlüsse vom 10.2.1967 – III B 9/66 – BStBl. III, S. 182, und vom 28.11.1974 – V B 52/73 – BStBl. 1975 II, S. 239). 2.5.1 Bei der Abschätzung der Erfolgsaussichten sind nicht nur die BFH-Rechtsprechung und die einschlägigen Verwaltungsanweisungen, sondern auch die Entscheidungen des zuständigen Finanzgerichts zu beachten. 2.5.2 Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes werden im Allgemeinen zu bejahen sein, – wenn die Behörde bewusst oder unbewusst von einer für den Antragsteller günstigen Rechtsprechung des BFH abgewichen ist (BFH-Beschluss vom 15.2.1967 – VI S 2/66 – BStBl. III, S. 256), – wenn der BFH noch nicht zu der Rechtsfrage Stellung genommen hat und die Finanzgerichte unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten (BFH-Beschluss vom 10.5.1968 – III B 55/67 – BStBl. II, S. 610), – wenn die Gesetzeslage unklar ist, die streitige Rechtsfrage vom BFH noch nicht entschieden ist, im Schrifttum Bedenken gegen die Rechtsauslegung des Finanzamtes erhoben werden und die Finanzverwaltung die Zweifelsfrage in der Vergangenheit nicht einheitlich beurteilt hat (BFH-Beschlüsse vom 22.9.1967 – VI B 59/67 – BStBl. 1968 II, S. 37, und vom 19.8.1987 – V B 56/85 – BStBl. II, S. 830), – wenn eine Rechtsfrage von zwei obersten Bundesgerichten oder zwei Senaten des BFH unterschiedlich entschieden worden ist (BFH-Beschlüsse vom 22.11.1968 – VI B 87/68 – BStBl. 1969 II, S. 145, und vom 21.11.1974 – IV B 39/74 – BStBl. 1975 II, S. 175) oder widersprüchliche Urteile desselben BFH-Senats vorliegen (BFH-Beschluss vom 5.2.1986 – I B 39/85 – BStBl. II, S. 490). 2.5.3 Dagegen werden ernstliche Zweifel im Allgemeinen zu verneinen sein, – wenn der Verwaltungsakt der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (BFH-Beschlüsse vom 24.2.1967 – VI B 15/66 – BStBl. III, S. 341, und vom 11.3.1970 – I B 50/68 – BStBl. II, S. 569), und zwar auch dann, wenn einzelne Finanzgerichte eine von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichende Auffassung vertreten, – wenn der Rechtsbehelf unzulässig ist (BFH-Beschlüsse vom 24.11.1970 – II B 42/70 – BStBl. 1971 II, S. 110, und vom 25.3.1971 – II B 47/69 – BStBl. II, S. 334). 2.5.4 An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind, wenn die Verfassungswidrigkeit einer angewandten Rechtsnorm geltend gemacht wird, keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Falle der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung. Die Begründetheit des Aussetzungsantrags ist nicht nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für eine einstweilige Anordnung durch das BVerfG nach § 32 BVerfGG gelten (BFH-Beschluss vom 10.2.1984 – III B 40/83 – BStBl. II, S. 454). Im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes muss aber der Antragsteller zusätzlich ein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes haben. Geboten ist eine Interessenabwägung zwischen der einer Aussetzung der Vollziehung entgegenstehenden Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für eine Aussetzung der Vollziehung sprechenden individuellen Interessen des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (BFH-Beschlüsse vom 6.11.1987 – III B 101/86 – BStBl. 1988 II, S. 134, vom 1.4.2010 – II B 168/09 – BStBl. II, S. 558, und vom 9.3.2012 – VII B 171/11 – BStBl. II, S. 418). Als Ergebnis dieser Interessenabwägung kann somit trotz ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer angewandten Vorschrift eine Aussetzung der Vollziehung abzulehnen sein. Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn zweifelhaft ist, ob eine Norm materiell verfassungsgemäß ist, sondern auch dann, wenn Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit einer Norm bestehen (BFH-Beschluss vom 9.3.2012, a.a.O.). Würde eine Aussetzung der Vollziehung im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen, hat das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung Vorrang, wenn der durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts eintretende Eingriff beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen ist und dieser Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat; ob ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bestehen, muss dann i. d. R. nicht geprüft werden (BFH-Beschlüsse vom 1.4.2010 und vom 9.3.2012, jeweils a.a.O.).“ Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 219 von 235

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620<br />

2.5 Zur Aussetzung berechtigen<strong>de</strong> ernstliche Zweifel an <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>s angefochtenen<br />

Verwaltungsaktes bestehen, wenn eine summarische Prüfung (vgl. Nr. 3.4) ergibt, dass neben <strong>de</strong>n für die<br />

Rechtmäßigkeit sprechen<strong>de</strong>n Umstän<strong>de</strong>n gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> zutage treten,<br />

die Unentschie<strong>de</strong>nheit o<strong>de</strong>r Unsicherheit in <strong>de</strong>r Beurteilung <strong>de</strong>r Rechtsfragen o<strong>de</strong>r Unklarheit in <strong>de</strong>r Beurteilung<br />

<strong>de</strong>r Tatfragen bewirken. Dabei brauchen die für die Unrechtmäßigkeit <strong>de</strong>s Verwaltungsaktes sprechen<strong>de</strong>n<br />

Be<strong>de</strong>nken nicht zu überwiegen, d. h. ein Erfolg <strong>de</strong>s Steuerpflichtigen muss nicht wahrscheinlicher sein als ein<br />

Misserfolg (BFH-Beschlüsse vom 10.2.1967 – III B 9/66 – BStBl. III, S. 182, und vom 28.11.1974 –<br />

V B 52/73 – BStBl. 1975 II, S. 239).<br />

2.5.1 Bei <strong>de</strong>r Abschätzung <strong>de</strong>r Erfolgsaussichten sind nicht nur die BFH-Rechtsprechung und die einschlägigen<br />

Verwaltungsanweisungen, son<strong>de</strong>rn auch die Entscheidungen <strong>de</strong>s zuständigen Finanzgerichts zu beachten.<br />

2.5.2 Ernstliche Zweifel an <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>s Verwaltungsaktes wer<strong>de</strong>n im Allgemeinen zu bejahen sein,<br />

– wenn die Behör<strong>de</strong> bewusst o<strong>de</strong>r unbewusst von einer für <strong>de</strong>n Antragsteller günstigen Rechtsprechung <strong>de</strong>s<br />

BFH abgewichen ist (BFH-Beschluss vom 15.2.1967 – VI S 2/66 – BStBl. III, S. 256),<br />

– wenn <strong>de</strong>r BFH noch nicht zu <strong>de</strong>r Rechtsfrage Stellung genommen hat und die Finanzgerichte<br />

unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten (BFH-Beschluss vom 10.5.1968 – III B 55/67 – BStBl. II,<br />

S. 610),<br />

– wenn die Gesetzeslage unklar ist, die streitige Rechtsfrage vom BFH noch nicht entschie<strong>de</strong>n ist, im<br />

Schrifttum Be<strong>de</strong>nken gegen die Rechtsauslegung <strong>de</strong>s Finanzamtes erhoben wer<strong>de</strong>n und die<br />

Finanzverwaltung die Zweifelsfrage in <strong>de</strong>r Vergangenheit nicht einheitlich beurteilt hat (BFH-Beschlüsse<br />

vom 22.9.1967 – VI B 59/67 – BStBl. 1968 II, S. 37, und vom 19.8.1987 – V B 56/85 – BStBl. II, S. 830),<br />

– wenn eine Rechtsfrage von zwei obersten Bun<strong>de</strong>sgerichten o<strong>de</strong>r zwei Senaten <strong>de</strong>s BFH unterschiedlich<br />

entschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n ist (BFH-Beschlüsse vom 22.11.1968 – VI B 87/68 – BStBl. 1969 II, S. 145, und vom<br />

21.11.1974 – IV B 39/74 – BStBl. 1975 II, S. 175) o<strong>de</strong>r wi<strong>de</strong>rsprüchliche Urteile <strong>de</strong>sselben BFH-Senats<br />

vorliegen (BFH-Beschluss vom 5.2.1986 – I B 39/85 – BStBl. II, S. 490).<br />

2.5.3 Dagegen wer<strong>de</strong>n ernstliche Zweifel im Allgemeinen zu verneinen sein,<br />

– wenn <strong>de</strong>r Verwaltungsakt <strong>de</strong>r höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (BFH-Beschlüsse vom<br />

24.2.1967 – VI B 15/66 – BStBl. III, S. 341, und vom 11.3.1970 – I B 50/68 – BStBl. II, S. 569), und zwar<br />

auch dann, wenn einzelne Finanzgerichte eine von <strong>de</strong>r höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichen<strong>de</strong><br />

Auffassung vertreten,<br />

– wenn <strong>de</strong>r Rechtsbehelf unzulässig ist (BFH-Beschlüsse vom 24.11.1970 – II B 42/70 – BStBl. 1971 II,<br />

S. 110, und vom 25.3.1971 – II B 47/69 – BStBl. II, S. 334).<br />

2.5.4 An die Zweifel hinsichtlich <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>s angefochtenen Verwaltungsaktes sind, wenn die<br />

Verfassungswidrigkeit einer angewandten Rechtsnorm geltend gemacht wird, keine strengeren Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

zu stellen als im Falle <strong>de</strong>r Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung. Die Begrün<strong>de</strong>theit <strong>de</strong>s<br />

Aussetzungsantrags ist nicht nach <strong>de</strong>n Grundsätzen zu beurteilen, die für eine einstweilige Anordnung durch das<br />

BVerfG nach § 32 BVerfGG gelten (BFH-Beschluss vom 10.2.1984 – III B 40/83 – BStBl. II, S. 454).<br />

Im Hinblick auf <strong>de</strong>n Geltungsanspruch je<strong>de</strong>s formell verfassungsgemäß zustan<strong>de</strong> gekommenen Gesetzes muss<br />

aber <strong>de</strong>r Antragsteller zusätzlich ein beson<strong>de</strong>res berechtigtes Interesse an <strong>de</strong>r Gewährung vorläufigen<br />

Rechtsschutzes haben.<br />

Geboten ist eine Interessenabwägung zwischen <strong>de</strong>r einer Aussetzung <strong>de</strong>r Vollziehung entgegenstehen<strong>de</strong>n<br />

Gefährdung <strong>de</strong>r öffentlichen Haushaltsführung und <strong>de</strong>n für eine Aussetzung <strong>de</strong>r Vollziehung sprechen<strong>de</strong>n<br />

individuellen Interessen <strong>de</strong>s Antragstellers an <strong>de</strong>r Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (BFH-Beschlüsse vom<br />

6.11.1987 – III B 101/86 – BStBl. 1988 II, S. 134, vom 1.4.2010 – II B 168/09 – BStBl. II, S. 558, und vom<br />

9.3.2012 – VII B 171/11 – BStBl. II, S. 418). Als Ergebnis dieser Interessenabwägung kann somit trotz<br />

ernstlicher Zweifel an <strong>de</strong>r Verfassungsmäßigkeit einer angewandten Vorschrift eine Aussetzung <strong>de</strong>r Vollziehung<br />

abzulehnen sein.<br />

Diese Grundsätze gelten nicht nur, wenn zweifelhaft ist, ob eine Norm materiell verfassungsgemäß ist, son<strong>de</strong>rn<br />

auch dann, wenn Zweifel an <strong>de</strong>r formellen Verfassungsmäßigkeit einer Norm bestehen (BFH-Beschluss vom<br />

9.3.2012, a.a.O.). Wür<strong>de</strong> eine Aussetzung <strong>de</strong>r Vollziehung im Ergebnis <strong>zur</strong> vorläufigen Nichtanwendung eines<br />

ganzen Gesetzes führen, hat das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung Vorrang, wenn <strong>de</strong>r durch die<br />

Vollziehung <strong>de</strong>s angefochtenen Verwaltungsakts eintreten<strong>de</strong> Eingriff beim Steuerpflichtigen als eher gering<br />

einzustufen ist und dieser Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat; ob ernstliche Zweifel an <strong>de</strong>r<br />

Verfassungsmäßigkeit <strong>de</strong>s Gesetzes bestehen, muss dann i. d. R. nicht geprüft wer<strong>de</strong>n (BFH-Beschlüsse vom<br />

1.4.2010 und vom 9.3.2012, jeweils a.a.O.).“<br />

<strong>Anwendungserlass</strong> <strong>zur</strong> <strong>Abgabenordnung</strong> (<strong>AEAO</strong>) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 219 von 235

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