Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de

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02.02.2014 Aufrufe

Beispiel: Das Finanzamt stundet die Einkommensteuervorauszahlung IV/04 i. H. v. 850 € (erstmals fällig am 10.12.2004), die Einkommensteuervorauszahlung I/05 i. H. v. 300 € (erstmals fällig am 10.3.2005), die Einkommensteuer-Abschlusszahlung für 2003 i. H. v. 11 150 € (erstmals fällig 20.5.2005), die Umsatzsteuer-Abschlusszahlung für 2003 i. H. v. 7 800 € (erstmals fällig am 20.5.2005) sowie Verspätungszuschläge i. H. v. 650 € (erstmals fällig am 10.6.2005) in insgesamt drei Raten. gestundeter erstmals Betrag 1. Rate in € Rest 2. Rate in € Rest 3. Rate in € Rest Anspruch fällig am in € (14.07.2005) in € (14.08.2005) in € (14.09.2005) in € ESt IV/04 10.12.2004 850 850 0 – – – – ESt I/05 10.03.2005 300 300 0 – – – – ESt 2003 18.05.2005 11 150 0 11 150 0 11 150 11 150 0 USt 2003 18.05.2005 7 800 800 7 000 3 000 4 000 4 000 0 Verspätungszusc 10.06.2005 650 650 0 – – – – hlag Summen 20 750 2 600 18 150 3 000 15 150 15 150 0 Zinsberechnung: gestundeter Fällig am Zahlungstermin Betrag in Zinsmon v. H. Zinsen in € festzusetzende Anspruch € ate Zinsen in € ESt IV/04 10.12.2004 14.07.2005 850 7 3,5 29,75 29,00 1 ) ESt I/05 10.03.2005 14.07.2005 300 4 2,0 6,00 0,00 2 ) ESt 2003 18.05.2005 14.09.2005 11 150 3 1,5 167,25 167,00 1 ) USt 2003 18.05.2005 14.07.2005 800 1 0,5 4,00 94,00 USt 2003 18.05.2005 14.08.2005 3 000 2 1,0 30,00 USt 2003 18.05.2005 14.09.2005 4 000 3 1,5 60,00 Verspätungszusc hlag 10.06.2005 14.07.2005 650 – – – – 3 ) 1) 29,75 € werden auf 29,00 € und 167,25 € werden auf 167,00 € zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (§ 239 Abs. 2 Satz 1). 2) Kleinbetrag unter 10 € (§ 239 Abs. 2 Satz 2). 3) Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen werden nicht verzinst (§ 233 Satz 2). © Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 11. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann gemäß § 234 Abs. 2 im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. Ein solcher Verzicht kann z. B. in Betracht kommen bei Katastrophenfällen, bei länger dauernder Arbeitslosigkeit des Steuerschuldners, bei Liquiditätsschwierigkeiten allein infolge nachweislicher Forderungsausfälle im Konkurs-/Insolvenzverfahren und in ähnlichen Fällen, im Rahmen einer Sanierung, sofern allgemein ein Zinsmoratorium gewährt wird, sowie im Hinblick auf belegbare, demnächst fällig werdende Ansprüche des Steuerschuldners aus einem Steuerschuldverhältnis, soweit hierfür innerhalb des Stundungszeitraums keine Erstattungszinsen gemäß § 233a anfallen. Auch wird eine Stundung i. d. R. dann zinslos bewilligt werden können, wenn sie einem Steuerpflichtigen gewährt wird, der bisher seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, pünktlich nachgekommen ist und der in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen in Anspruch genommen hat; in diesen Fällen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen i. d. R. nur in Betracht, wenn für einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gestundet wird und der insgesamt zu stundende Betrag 5 000 € nicht übersteigt. Zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme vgl. zu § 347, Nr. 4. 12. Wird ein Anspruch auf Rückforderung von Arbeitnehmer-Sparzulage, Eigenheimzulage, Investitionszulage, Wohnungsbau-Prämie oder Bergmanns-Prämie gestundet, so sind – da die Vorschriften über die Steuervergütung entsprechend gelten – Stundungszinsen zu erheben (§ 234 i. V. m. § 37 Abs. 1). Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 204 von 235

Zu § 235 – Verzinsung von hinterzogenen Steuern: Inhaltsübersicht 1. Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung 2. Gegenstand der Verzinsung 3. Zinsschuldner 4. Zinslauf 4.1 Beginn des Zinslaufs 4.2 Ende des Zinslaufs 5. Höhe der Hinterziehungszinsen 6. Verfahren 7. Verjährung © Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 1. Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung 1.1 Hinterzogene Steuern sind nach § 235 zu verzinsen, um dem Nutznießer einer Steuerhinterziehung den steuerlichen Vorteil der verspäteten Zahlung oder der Gewährung oder Belassung von Steuervorteilen zu nehmen (BFH-Urteile vom 19.4.1989 – X R 3/86 – BStBl. II, S. 596, und vom 27.9.1991 – VI R 159/89 – BStBl. 1992 II, S. 163). 1.2 Die Zinspflicht tritt nur ein, wenn der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 oder § 370a erfüllt und die Tat i. S. d. § 370 Abs. 4 vollendet ist. Entsprechendes gilt, wenn der Tatbestand der §§ 263, 264 StGB erfüllt ist, soweit sich die Tat auf Prämien und Zulagen bezieht, für die die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind. Der Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 2, § 370a i. V. m. § 23 StGB) reicht zur Begründung einer Zinspflicht ebenso wenig aus wie die leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378) oder die übrigen Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 379 ff.). Kommen Steuerpflichtige ihren Erklärungspflichten nicht oder nicht fristgerecht nach, kommt Steuerhinterziehung und damit die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nur insoweit in Betracht, als nachgewiesen werden kann, dass durch das pflichtwidrige Verhalten die Steuern zu niedrig oder verspätet festgesetzt worden sind. Steuern, die aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen (§ 162) festgesetzt wurden, können nicht ohne weiteres als verkürzt angesehen werden (BFH-Urteil vom 14.8.1991 – X R 86/88 – BStBl. 1992 II, S. 128). 1.3 Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt keine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus (BFH-Urteil vom 27.8.1991 – VIII R 84/89 – BStBl. 1992 II, S. 9). Die Zinspflicht ist unabhängig von einem Steuerstrafverfahren im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu prüfen. Hinterziehungszinsen sind demnach auch festzusetzen, wenn – wirksam Selbstanzeige nach § 371 erstattet worden ist (z. B. durch Nachmeldung hinterzogener Umsatzsteuer in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung), – der Strafverfolgung Verfahrenshindernisse entgegenstehen (z. B. Tod des Täters oder Strafverfolgungsverjährung), – das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt worden ist (z. B. nach §§ 153, 153a StPO; § 398) oder – in anderen Fällen die Strafverfolgung beschränkt oder von der Strafverfolgung abgesehen wird (z. B. nach §§ 154, 154a StPO). An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehörde nicht gebunden (BFH-Urteil vom 10.10.1972 – VII R 117/69 – BStBl. 1973 II, S. 68). Im Allgemeinen kann sich das Finanzamt die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese zutreffend sind, und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben werden (vgl. BFH-Urteil vom 13.7.1994 – I R 112/93 – BStBl. 1995 II, S. 198). 2. Gegenstand der Verzinsung 2.1 Hinterziehungszinsen sind festzusetzen für – verkürzte Steuern; darunter fallen auch keine oder zu geringe Steuervorauszahlungen und der Solidaritätszuschlag. Landesgesetzlich geregelte Steuern sind nur zu verzinsen, wenn dies im Gesetz angeordnet ist, – ungerechtfertigt erlangte Steuervorteile (z. B. zu Unrecht erlangte Steuervergütungen), – zu Unrecht erlangte Steuervergünstigungen (z. B. Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen), Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 205 von 235

Zu § 235 – Verzinsung von hinterzogenen Steuern:<br />

Inhaltsübersicht<br />

1. Zweck und Voraussetzungen <strong>de</strong>r Verzinsung<br />

2. Gegenstand <strong>de</strong>r Verzinsung<br />

3. Zinsschuldner<br />

4. Zinslauf<br />

4.1 Beginn <strong>de</strong>s Zinslaufs<br />

4.2 En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Zinslaufs<br />

5. Höhe <strong>de</strong>r Hinterziehungszinsen<br />

6. Verfahren<br />

7. Verjährung<br />

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620<br />

1. Zweck und Voraussetzungen <strong>de</strong>r Verzinsung<br />

1.1 Hinterzogene Steuern sind nach § 235 zu verzinsen, um <strong>de</strong>m Nutznießer einer Steuerhinterziehung <strong>de</strong>n<br />

steuerlichen Vorteil <strong>de</strong>r verspäteten Zahlung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gewährung o<strong>de</strong>r Belassung von Steuervorteilen zu<br />

nehmen (BFH-Urteile vom 19.4.1989 – X R 3/86 – BStBl. II, S. 596, und vom 27.9.1991 – VI R 159/89 –<br />

BStBl. 1992 II, S. 163).<br />

1.2 Die Zinspflicht tritt nur ein, wenn <strong>de</strong>r objektive und subjektive Tatbestand <strong>de</strong>s § 370 Abs. 1 o<strong>de</strong>r § 370a<br />

erfüllt und die Tat i. S. d. § 370 Abs. 4 vollen<strong>de</strong>t ist. Entsprechen<strong>de</strong>s gilt, wenn <strong>de</strong>r Tatbestand <strong>de</strong>r §§ 263,<br />

264 StGB erfüllt ist, soweit sich die Tat auf Prämien und Zulagen bezieht, für die die für Steuervergütungen<br />

gelten<strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>r AO entsprechend anzuwen<strong>de</strong>n sind. Der Versuch einer Steuerhinterziehung (§ 370<br />

Abs. 2, § 370a i. V. m. § 23 StGB) reicht <strong>zur</strong> Begründung einer Zinspflicht ebenso wenig aus wie die<br />

leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378) o<strong>de</strong>r die übrigen Steuerordnungswidrigkeiten (§§ 379 ff.).<br />

Kommen Steuerpflichtige ihren Erklärungspflichten nicht o<strong>de</strong>r nicht fristgerecht nach, kommt<br />

Steuerhinterziehung und damit die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nur insoweit in Betracht, als<br />

nachgewiesen wer<strong>de</strong>n kann, dass durch das pflichtwidrige Verhalten die Steuern zu niedrig o<strong>de</strong>r verspätet<br />

festgesetzt wor<strong>de</strong>n sind. Steuern, die aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen (§ 162) festgesetzt wur<strong>de</strong>n,<br />

können nicht ohne weiteres als verkürzt angesehen wer<strong>de</strong>n (BFH-Urteil vom 14.8.1991 – X R 86/88 –<br />

BStBl. 1992 II, S. 128).<br />

1.3 Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt keine strafrechtliche Verurteilung wegen<br />

Steuerhinterziehung voraus (BFH-Urteil vom 27.8.1991 – VIII R 84/89 – BStBl. 1992 II, S. 9). Die Zinspflicht<br />

ist unabhängig von einem Steuerstrafverfahren im Rahmen <strong>de</strong>s Besteuerungsverfahrens zu prüfen.<br />

Hinterziehungszinsen sind <strong>de</strong>mnach auch festzusetzen, wenn<br />

– wirksam Selbstanzeige nach § 371 erstattet wor<strong>de</strong>n ist (z. B. durch Nachmeldung hinterzogener<br />

Umsatzsteuer in <strong>de</strong>r Umsatzsteuer-Jahreserklärung),<br />

– <strong>de</strong>r Strafverfolgung Verfahrenshin<strong>de</strong>rnisse entgegenstehen (z. B. Tod <strong>de</strong>s Täters o<strong>de</strong>r<br />

Strafverfolgungsverjährung),<br />

– das Strafverfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wor<strong>de</strong>n ist (z. B. nach §§ 153, 153a StPO; § 398) o<strong>de</strong>r<br />

– in an<strong>de</strong>ren Fällen die Strafverfolgung beschränkt o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Strafverfolgung abgesehen wird (z. B. nach<br />

§§ 154, 154a StPO).<br />

An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehör<strong>de</strong> nicht gebun<strong>de</strong>n (BFH-Urteil vom<br />

10.10.1972 – VII R 117/69 – BStBl. 1973 II, S. 68). Im Allgemeinen kann sich das Finanzamt die tatsächlichen<br />

Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen <strong>de</strong>s Strafverfahrens zu eigen machen, wenn<br />

und soweit es zu <strong>de</strong>r Überzeugung gelangt ist, dass diese zutreffend sind, und keine substantiierten<br />

Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben wer<strong>de</strong>n (vgl. BFH-Urteil vom 13.7.1994 –<br />

I R 112/93 – BStBl. 1995 II, S. 198).<br />

2. Gegenstand <strong>de</strong>r Verzinsung<br />

2.1 Hinterziehungszinsen sind festzusetzen für<br />

– verkürzte Steuern; darunter fallen auch keine o<strong>de</strong>r zu geringe Steuervorauszahlungen und <strong>de</strong>r<br />

Solidaritätszuschlag. Lan<strong>de</strong>sgesetzlich geregelte Steuern sind nur zu verzinsen, wenn dies im Gesetz<br />

angeordnet ist,<br />

– ungerechtfertigt erlangte Steuervorteile (z. B. zu Unrecht erlangte Steuervergütungen),<br />

– zu Unrecht erlangte Steuervergünstigungen (z. B. Steuerbefreiungen und Steuerermäßigungen),<br />

<strong>Anwendungserlass</strong> <strong>zur</strong> <strong>Abgabenordnung</strong> (<strong>AEAO</strong>) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 205 von 235

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