Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de

Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de

02.02.2014 Aufrufe

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 sind, weil die Steuergesetze im Regelfall keine korrespondierende Berücksichtigung vorschreiben, sind die für die einzelne Steuerfestsetzung relevanten Tatsachen und steuerrechtliche Bewertungen zu unterscheiden. So geben Ergebnismitteilungen des Körperschaftsteuer-Finanzamts an das für die Veranlagung der Anteilseigner zuständige Finanzamt über eine bei einer GmbH durchgeführte Außenprüfung rechtliche Schlussfolgerungen und Schätzungsergebnisse wieder, sie stellen für sich jedoch keine Tatsachen dar, die zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 berechtigen (BFH-Urteil vom 27.10.1992 – VIII R 41/89 – BStBl. 1993 II, S. 569). Deshalb müssen den für die Veranlagung der Anteilseigner zuständigen Finanzämtern die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt werden; die bloße Mitteilung, es seien verdeckte Gewinnausschüttungen festgestellt worden, reicht nicht aus, um eine Änderung nach § 173 Abs. 1 zu rechtfertigen. Vgl. aber auch § 32a KStG. 1.2 Beweismittel ist jedes Erkenntnismittel, das zur Aufklärung eines steuerlich erheblichen Sachverhalts dient, d. h. geeignet ist, das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen (BFH-Urteil vom 20.12.1988 – VIII R 121/83 – BStBl. 1989 II, S. 585). Dazu gehören Urkunden (Verträge, Geschäftspapiere u. a.) und Auskünfte von Auskunftspersonen (s. § 92). Ein Sachverständigengutachten ist nur Beweismittel, soweit es die Erkenntnis neuer Tatsachen vermittelt und nicht lediglich Schlussfolgerungen enthält (BFH-Urteil vom 27.10.1992 – VIII R 41/89 – BStBl. 1993 II, S. 569). 1.3 Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 setzt voraus, dass die Tatsachen bei Erlass des zu ändernden Bescheids bereits vorhanden waren und vom Finanzamt hätten berücksichtigt werden können (vgl. BFH-Urteil vom 26.7.1984 – IV R 10/83 – BStBl. II, S. 786). Nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene Tatsachen können dagegen eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 rechtfertigen, wenn insoweit ein rückwirkendes Ereignis vorliegt. Eine nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene Hilfstatsache, die für diesen Zeitpunkt zu einer veränderten Würdigung in Bezug auf eine innere Tatsache führt, rechtfertigt jedoch nur dann eine Änderung nach § 173 Abs. 1, wenn sie einen sicheren Schluss auf die (innere) Haupttatsache ermöglicht. 1.4 Bei der Prüfung der Frage, ob die Tatsache zu einer höheren oder niedrigeren Steuer führt, sind Steueranrechnungsbeträge unbeachtlich; es ist vielmehr auf die festzusetzende Steuer abzustellen. Das BFH- Urteil vom 16.3.1990 – VI R 90/86 – BStBl. II, S. 610 betrifft den besonders gelagerten Fall einer Nettolohnvereinbarung und kann daher nicht verallgemeinert werden. 2. Nachträgliches Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel 2.1 Tatsachen oder Beweismittel werden nachträglich bekannt, wenn sie einem für die Steuerfestsetzung zuständigen Bediensteten (BFH-Urteile vom 9.11.1984 – VI R 157/83 – BStBl. 1985 II, S. 191, und vom 20.6.1985 – IV R 114/82 – BStBl. II, S. 492) bekannt werden, nachdem die Willensbildung über die Steuerfestsetzung abgeschlossen worden ist (Abzeichnung der Verfügung; vgl. BFH-Urteil vom 18.3.1987 – II R 226/84 – BStBl. II, S. 416). Auf den Tag der Absendung des Steuerbescheids oder den Tag der Bekanntgabe kommt es nicht an. Der im Einzelfall maßgebliche Tag ist dem Steuerpflichtigen auf Verlangen mitzuteilen. 2.2 Sofern im automatisierten Verfahren nachträglich – noch vor der Absendung des Steuerbescheids – eine materiellrechtliche Kontrolle der gesamten Steuerfestsetzung vorgenommen wird, sind alle bis dahin bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.1988 – VIII R 226/83 – BStBl. 1989 II, S. 259). Tatsachen und Beweismittel, die dem Finanzamt bis zum Abschluss einer solchen Kontrolle bekannt geworden sind, in dem zu erlassenden Steuerbescheid aber keine Berücksichtigung gefunden haben, können zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr Gegenstand einer Änderung nach § 173 Abs. 1 sein. Um eine materiellrechtliche Kontrolle des Steuerbescheids handelt es sich nicht, wenn der Steuerbescheid vor seiner Absendung nur einer formellen Prüfung unterzogen wird, die die Feststellung der ermittelten Tatsachen sowie deren rechtliche Würdigung unberührt lässt (z. B. Prüfung auf zutreffende Adressierung oder richtige Erfassung der Daten). 2.3 Eine Tatsache ist nicht schon dann bekannt, wenn irgendeine Stelle des Finanzamts von ihr Kenntnis hat. Es kommt vielmehr auf den Kenntnisstand der Personen an, die innerhalb des Finanzamts dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten (BFH-Urteile vom 20.6.1985 – IV R 114/82 – BStBl. II, S. 492, vom 20.4.1988 – X R 40/81 – BStBl. II, S. 804, und vom 19.6.1990 – VIII R 69/87 – BFH/NV 1991 S. 353). 2.3.1 Die Rechtsbehelfsstelle des Finanzamts muss bei der Entscheidung über den Einspruch eines Steuerpflichtigen grundsätzlich auch Tatsachen verwerten, die der Veranlagungsstelle bekannt sind. Geschieht dies nicht, so können diese in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigten Tatsachen nach Abschluss des Einspruchsverfahrens nicht mehr Gegenstand eines Änderungsbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 sein (BFH- Urteil vom 23.3.1983 – I R 182/82 – BStBl. II, S. 548). 2.3.2 Nur dem Betriebsprüfer bekannt gewordene Tatsachen sind der Veranlagungsstelle grundsätzlich nicht zuzurechnen (vgl. BFH-Urteile vom 28.4.1987 – IX R 9/83 – BFH/NV 1988 S. 151, vom 29.10.1987 – IV R 69/85 – BFH/NV 1988 S. 346, und vom 20.4.1988 – X R 40/81 – BStBl. II, S. 804). Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 142 von 235

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 2.3.3 Für die Frage, ob einem Finanzamt Tatsachen, die zu einer erstmaligen Berücksichtigung oder zu einer höheren Bewertung eines steuerpflichtigen Sachverhalts von Bedeutung sind, i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 1 nachträglich bekannt geworden sind, kommt es grundsätzlich allein auf die Kenntnis dieses Finanzamts an. Ermittelt aber ein für die Erbschaft-/Schenkungsteuer zuständiges Finanzamt den Wert einer Beteiligung an einer Personengesellschaft allein dadurch, dass es diesen aus einem von einem anderem Finanzamt erteilten Feststellungsbescheid über den Wert des Betriebsvermögens der Gesellschaft auf einen vorangegangenen Bewertungsstichtag ableitet, so macht es sich damit die diesem zugrunde liegenden Kenntnisse zu eigen (BFH- Urteil vom 14.1.1998 – II R 9/97 – BStBl. II, S. 371). 2.3.4 Einmal bekannt gewordene Tatsachen werden durch den Wechsel in der Zuständigkeit der Finanzbehörde oder durch Wechsel des Bearbeiters nicht wieder unbekannt, wenn der zunächst zuständige Bearbeiter die Tatsachen aktenkundig gemacht hat (vgl. BFH-Urteil vom 15.10.1993 – III R 74/92 – BFH/NV 1994 S. 315). 2.3.5 Dem Finanzamt können auch Tatsachen bekannt sein, die sich aus älteren, bereits archivierten Akten ergeben. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass zur Hinzuziehung solcher Vorgänge nach den Umständen des Falles, insbesondere nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuererklärungen oder der präsenten Akten, eine besondere Veranlassung bestand (BFH-Urteil vom 11.2.1998 – I R 82/97 – BStBl. II, S. 552). 2.3.6 Im Rahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 kann eine Tatsache nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen als bereits bekannt gelten, wenn der zuständige Bearbeiter sie lediglich hätte kennen können oder kennen müssen; das Finanzamt kann sich in diesem Fall nicht auf sein eigenes Versäumnis oder Verschulden berufen (vgl. BFH- Urteil vom 26.11.1996 – IX R 77/95 – BStBl. 1997 II, S. 422). 2.4 Steuerbescheid i. S. v. § 173 Abs. 1 ist auch ein Bescheid, der einen schon ergangenen Steuerbescheid inhaltlich abändert. Tatsachen, die zu einer höheren Besteuerung führen, kann das Finanzamt deshalb in einem weiteren Änderungsbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 nur berücksichtigen, wenn sie ihm nach Erlass des Änderungsbescheids bekannt geworden sind. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 ist jedoch dann nicht ausgeschlossen, wenn das Finanzamt im Hinblick auf einen nachträglich ergangenen Grundlagenbescheid zunächst lediglich eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 vorgenommen und dabei Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat, die darüber hinaus eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 gerechtfertigt hätten (BFH-Urteil vom 12.1.1989 – IV R 8/88 – BStBl. II, S. 438). 2.5 Ändert das Finanzamt einen bestandskräftigen Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1, so trägt es die objektive Beweislast dafür, dass die für die Änderung erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen, insbesondere dafür, dass diese „neu“ sind (BFH-Urteil vom 19.5.1998 – I R 140/97 – BStBl. II, S. 599). 3. Rechtserheblichkeit der Tatsachen oder Beweismittel 3.1 Neue Tatsachen oder Beweismittel können die Änderung eines Steuerbescheids nach § 173 Abs. 1 nur rechtfertigen, wenn sie rechtserheblich sind. Die Rechtserheblichkeit ist zu bejahen, wenn das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel schon bei der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer höheren oder niedrigeren Steuer gelangt wäre (vgl. BFH- Beschluss GrS vom 23.11.1987 – GrS 1/86 – BStBl. 1988 II, S. 180). Die Vorschrift des § 173 hat nicht den Sinn, dem Steuerpflichtigen das Risiko eines Rechtsbehelfsverfahrens dadurch abzunehmen, dass ihm gestattet wird, sich auf Tatsachen gegenüber dem Finanzamt erst dann zu berufen, wenn etwa durch eine spätere Änderung der Rechtsprechung eine Rechtslage eintritt, die eine bisher nicht vorgetragene Tatsache nunmehr als relevant erscheinen lässt. Ein Steuerbescheid darf daher wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel weder zugunsten noch zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, wenn das Finanzamt bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel nicht anders entschieden hätte. Bei der Beurteilung der Rechtserheblichkeit kommt es nicht darauf an, welche Entscheidung der zuständige Bearbeiter subjektiv bei Erlass des ursprünglichen Bescheids getroffen hätte. Wie das Finanzamt bei Kenntnis bestimmter Tatsachen oder Beweismittel einen Sachverhalt in seinem ursprünglichen Bescheid gewürdigt hätte, ist vielmehr im Einzelfall aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH auszulegen war, und der die Finanzämter bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen, die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses gegolten haben (vgl. BFH-Urteile vom 11.5.1988 – I R 216/85 – BStBl. II, S. 715, vom 15.1.1991 – IX R 238/87 – BStBl. II, S. 741, und vom 10.3.1999 – II R 99/97 – BStBl. II, S. 433). Subjektive Fehler der Finanzbehörden, wie sie sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht denkbar sein mögen, sind unbeachtlich (BFH-Urteil vom 11.5.1988 – I R 216/85 – BStBl. II, S. 715). 3.2 Die erstmalige Ausübung eines nicht fristgebundenen Wahlrechts nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung (vgl. vor §§ 172 bis 177, Nr. 8) ist keine neue Tatsache, sie steht einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 aber nicht entgegen, sofern die für die Ausübung des Wahlrechts relevanten Tatsachen nachträglich bekannt geworden sind (BFH-Urteile vom 28.9.1984 – VI R 48/82 – BStBl. 1985 II, S. 117, und vom 25.2.1992 – Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 143 von 235

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620<br />

sind, weil die Steuergesetze im Regelfall keine korrespondieren<strong>de</strong> Berücksichtigung vorschreiben, sind die für<br />

die einzelne Steuerfestsetzung relevanten Tatsachen und steuerrechtliche Bewertungen zu unterschei<strong>de</strong>n. So<br />

geben Ergebnismitteilungen <strong>de</strong>s Körperschaftsteuer-Finanzamts an das für die Veranlagung <strong>de</strong>r Anteilseigner<br />

zuständige Finanzamt über eine bei einer GmbH durchgeführte Außenprüfung rechtliche Schlussfolgerungen<br />

und Schätzungsergebnisse wie<strong>de</strong>r, sie stellen für sich jedoch keine Tatsachen dar, die zu einer Än<strong>de</strong>rung nach<br />

§ 173 Abs. 1 berechtigen (BFH-Urteil vom 27.10.1992 – VIII R 41/89 – BStBl. 1993 II, S. 569). Deshalb<br />

müssen <strong>de</strong>n für die Veranlagung <strong>de</strong>r Anteilseigner zuständigen Finanzämtern die entscheidungserheblichen<br />

Tatsachen mitgeteilt wer<strong>de</strong>n; die bloße Mitteilung, es seien ver<strong>de</strong>ckte Gewinnausschüttungen festgestellt<br />

wor<strong>de</strong>n, reicht nicht aus, um eine Än<strong>de</strong>rung nach § 173 Abs. 1 zu rechtfertigen. Vgl. aber auch § 32a KStG.<br />

1.2 Beweismittel ist je<strong>de</strong>s Erkenntnismittel, das <strong>zur</strong> Aufklärung eines steuerlich erheblichen Sachverhalts dient,<br />

d. h. geeignet ist, das Vorliegen o<strong>de</strong>r Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen (BFH-Urteil vom 20.12.1988 –<br />

VIII R 121/83 – BStBl. 1989 II, S. 585). Dazu gehören Urkun<strong>de</strong>n (Verträge, Geschäftspapiere u. a.) und<br />

Auskünfte von Auskunftspersonen (s. § 92). Ein Sachverständigengutachten ist nur Beweismittel, soweit es die<br />

Erkenntnis neuer Tatsachen vermittelt und nicht lediglich Schlussfolgerungen enthält (BFH-Urteil vom<br />

27.10.1992 – VIII R 41/89 – BStBl. 1993 II, S. 569).<br />

1.3 Eine Än<strong>de</strong>rung nach § 173 Abs. 1 setzt voraus, dass die Tatsachen bei Erlass <strong>de</strong>s zu än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Bescheids<br />

bereits vorhan<strong>de</strong>n waren und vom Finanzamt hätten berücksichtigt wer<strong>de</strong>n können (vgl. BFH-Urteil vom<br />

26.7.1984 – IV R 10/83 – BStBl. II, S. 786). Nach <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r Steuerfestsetzung entstan<strong>de</strong>ne Tatsachen<br />

können dagegen eine Än<strong>de</strong>rung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 rechtfertigen, wenn insoweit ein rückwirken<strong>de</strong>s<br />

Ereignis vorliegt. Eine nach <strong>de</strong>m Zeitpunkt <strong>de</strong>r Steuerfestsetzung entstan<strong>de</strong>ne Hilfstatsache, die für diesen<br />

Zeitpunkt zu einer verän<strong>de</strong>rten Würdigung in Bezug auf eine innere Tatsache führt, rechtfertigt jedoch nur dann<br />

eine Än<strong>de</strong>rung nach § 173 Abs. 1, wenn sie einen sicheren Schluss auf die (innere) Haupttatsache ermöglicht.<br />

1.4 Bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>r Frage, ob die Tatsache zu einer höheren o<strong>de</strong>r niedrigeren Steuer führt, sind<br />

Steueranrechnungsbeträge unbeachtlich; es ist vielmehr auf die festzusetzen<strong>de</strong> Steuer abzustellen. Das BFH-<br />

Urteil vom 16.3.1990 – VI R 90/86 – BStBl. II, S. 610 betrifft <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rs gelagerten Fall einer<br />

Nettolohnvereinbarung und kann daher nicht verallgemeinert wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Nachträgliches Bekanntwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Tatsachen o<strong>de</strong>r Beweismittel<br />

2.1 Tatsachen o<strong>de</strong>r Beweismittel wer<strong>de</strong>n nachträglich bekannt, wenn sie einem für die Steuerfestsetzung<br />

zuständigen Bediensteten (BFH-Urteile vom 9.11.1984 – VI R 157/83 – BStBl. 1985 II, S. 191, und vom<br />

20.6.1985 – IV R 114/82 – BStBl. II, S. 492) bekannt wer<strong>de</strong>n, nach<strong>de</strong>m die Willensbildung über die<br />

Steuerfestsetzung abgeschlossen wor<strong>de</strong>n ist (Abzeichnung <strong>de</strong>r Verfügung; vgl. BFH-Urteil vom 18.3.1987 –<br />

II R 226/84 – BStBl. II, S. 416). Auf <strong>de</strong>n Tag <strong>de</strong>r Absendung <strong>de</strong>s Steuerbescheids o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Tag <strong>de</strong>r Bekanntgabe<br />

kommt es nicht an. Der im Einzelfall maßgebliche Tag ist <strong>de</strong>m Steuerpflichtigen auf Verlangen mitzuteilen.<br />

2.2 Sofern im automatisierten Verfahren nachträglich – noch vor <strong>de</strong>r Absendung <strong>de</strong>s Steuerbescheids – eine<br />

materiellrechtliche Kontrolle <strong>de</strong>r gesamten Steuerfestsetzung vorgenommen wird, sind alle bis dahin bekannt<br />

gewor<strong>de</strong>nen Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 29.11.1988 –<br />

VIII R 226/83 – BStBl. 1989 II, S. 259). Tatsachen und Beweismittel, die <strong>de</strong>m Finanzamt bis zum Abschluss<br />

einer solchen Kontrolle bekannt gewor<strong>de</strong>n sind, in <strong>de</strong>m zu erlassen<strong>de</strong>n Steuerbescheid aber keine<br />

Berücksichtigung gefun<strong>de</strong>n haben, können zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr Gegenstand einer Än<strong>de</strong>rung<br />

nach § 173 Abs. 1 sein. Um eine materiellrechtliche Kontrolle <strong>de</strong>s Steuerbescheids han<strong>de</strong>lt es sich nicht, wenn<br />

<strong>de</strong>r Steuerbescheid vor seiner Absendung nur einer formellen Prüfung unterzogen wird, die die Feststellung <strong>de</strong>r<br />

ermittelten Tatsachen sowie <strong>de</strong>ren rechtliche Würdigung unberührt lässt (z. B. Prüfung auf zutreffen<strong>de</strong><br />

Adressierung o<strong>de</strong>r richtige Erfassung <strong>de</strong>r Daten).<br />

2.3 Eine Tatsache ist nicht schon dann bekannt, wenn irgen<strong>de</strong>ine Stelle <strong>de</strong>s Finanzamts von ihr Kenntnis hat. Es<br />

kommt vielmehr auf <strong>de</strong>n Kenntnisstand <strong>de</strong>r Personen an, die innerhalb <strong>de</strong>s Finanzamts dazu berufen sind, <strong>de</strong>n<br />

betreffen<strong>de</strong>n Steuerfall zu bearbeiten (BFH-Urteile vom 20.6.1985 – IV R 114/82 – BStBl. II, S. 492, vom<br />

20.4.1988 – X R 40/81 – BStBl. II, S. 804, und vom 19.6.1990 – VIII R 69/87 – BFH/NV 1991 S. 353).<br />

2.3.1 Die Rechtsbehelfsstelle <strong>de</strong>s Finanzamts muss bei <strong>de</strong>r Entscheidung über <strong>de</strong>n Einspruch eines<br />

Steuerpflichtigen grundsätzlich auch Tatsachen verwerten, die <strong>de</strong>r Veranlagungsstelle bekannt sind. Geschieht<br />

dies nicht, so können diese in <strong>de</strong>r Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigten Tatsachen nach Abschluss <strong>de</strong>s<br />

Einspruchsverfahrens nicht mehr Gegenstand eines Än<strong>de</strong>rungsbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 sein (BFH-<br />

Urteil vom 23.3.1983 – I R 182/82 – BStBl. II, S. 548).<br />

2.3.2 Nur <strong>de</strong>m Betriebsprüfer bekannt gewor<strong>de</strong>ne Tatsachen sind <strong>de</strong>r Veranlagungsstelle grundsätzlich nicht<br />

zu<strong>zur</strong>echnen (vgl. BFH-Urteile vom 28.4.1987 – IX R 9/83 – BFH/NV 1988 S. 151, vom 29.10.1987 –<br />

IV R 69/85 – BFH/NV 1988 S. 346, und vom 20.4.1988 – X R 40/81 – BStBl. II, S. 804).<br />

<strong>Anwendungserlass</strong> <strong>zur</strong> <strong>Abgabenordnung</strong> (<strong>AEAO</strong>) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 142 von 235

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