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Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de

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ggf. kommt aber eine Än<strong>de</strong>rung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 in Betracht. Empfangsbedürftige Willenserklärungen<br />

unterliegen <strong>de</strong>n Auslegungsregelungen <strong>de</strong>r §§ 133, 157 BGB. Entschei<strong>de</strong>nd ist, wie <strong>de</strong>r<br />

Erklärungsempfänger <strong>de</strong>n objektiven Erklärungswert <strong>de</strong>r Erklärung verstehen musste (vgl. BFH-Urteile vom<br />

8.6.2000 – IV R 37/99 – BStBl. 2001 II, S. 162, und vom 5.10.2000 – VII R 96/99 – BStBl. 2001 II, S. 86).<br />

4. § 172 Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass auch ein durch Einspruchsentscheidung bestätigter o<strong>de</strong>r geän<strong>de</strong>rter<br />

Verwaltungsakt nach <strong>de</strong>n Vorschriften <strong>de</strong>r §§ 129, 164, 165, 172 ff. sowie nach entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Korrekturnormen in <strong>de</strong>n Einzelsteuergesetzen (vgl. vor §§ 172–177, Nr. 3) korrigiert wer<strong>de</strong>n darf. Gleiches<br />

gilt für einen im Einspruchsverfahren ergehen<strong>de</strong>n Abhilfebescheid (z. B. nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2<br />

Buchstabe a). Zum Erlass eines Abhilfebescheids im Klageverfahren nach einer rechtmäßigen Fristsetzung<br />

gemäß § 364b vgl. zu § 364b, Nr. 5.<br />

5. Nach § 172 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 ist eine schlichte Än<strong>de</strong>rung auch dann möglich, wenn <strong>de</strong>r zu än<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />

Bescheid bereits durch Einspruchsentscheidung bestätigt o<strong>de</strong>r geän<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n ist. Der Än<strong>de</strong>rungsantrag<br />

muss vor Ablauf <strong>de</strong>r Klagefrist gestellt wor<strong>de</strong>n sein, nach Ablauf dieser Frist ist er unzulässig. Die<br />

Wirkungen einer nach § 364b Abs. 2 gesetzten Ausschlussfrist dürfen allerdings durch eine schlichte<br />

Än<strong>de</strong>rung nicht unterlaufen wer<strong>de</strong>n (§ 172 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2).<br />

6. Zum Einspruchsverfahren gegen Entscheidungen über die schlichte Än<strong>de</strong>rung vgl. zu § 347, Nr. 2.<br />

Zu § 173 – Aufhebung o<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung von Steuerbeschei<strong>de</strong>n wegen neuer Tatsachen o<strong>de</strong>r Beweismittel:<br />

Inhaltsübersicht<br />

1. Tatsachen und Beweismittel<br />

2. Nachträgliches Bekanntwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Tatsachen o<strong>de</strong>r Beweismittel<br />

3. Rechtserheblichkeit <strong>de</strong>r Tatsachen o<strong>de</strong>r Beweismittel<br />

4. Ermittlungsfehler <strong>de</strong>s Finanzamts<br />

5. Grobes Verschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Steuerpflichtigen<br />

6. Unbeachtlichkeit <strong>de</strong>s Verschul<strong>de</strong>ns <strong>de</strong>s Steuerpflichtigen<br />

7. Än<strong>de</strong>rung von Schätzungsveranlagungen<br />

8. Än<strong>de</strong>rungssperre (§ 173 Abs. 2)<br />

9. Umfang <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rung<br />

10. Anwendung <strong>de</strong>s § 173 in Feststellungsfällen<br />

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620<br />

1. Tatsachen und Beweismittel<br />

1.1 Tatsache i. S. d. § 173 Abs. 1 ist alles, was Merkmal o<strong>de</strong>r Teilstück eines steuergesetzlichen Tatbestan<strong>de</strong>s<br />

sein kann, also Zustän<strong>de</strong>, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller o<strong>de</strong>r immaterieller Art (vgl.<br />

BFH-Urteile vom 1.10.1993 – III R 58/92 – BStBl. 1994 II, S. 346, vom 18.12.1996 – XI R 36/96 – BStBl. 1997<br />

II, S. 264, und vom 14.1.1998 – II R 9/97 – BStBl. II, S. 371). Zu <strong>de</strong>n Tatsachen gehören auch innere Tatsachen<br />

(z. B. die Absicht, Einkünfte bzw. Gewinne zu erzielen), die nur anhand äußerer Merkmale (Hilfstatsachen)<br />

festgestellt wer<strong>de</strong>n können (vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1994 – IX R 11/91 – BStBl. 1995 II, S. 192).<br />

1.1.1 Tatsachen i. S. d. § 173 Abs. 1 sind bei einer Schätzung die Schätzungsgrundlagen (nicht die Schätzung<br />

selbst; vgl. im Einzelnen Nr. 7). Tatsachen sind auch vorgreifliche Rechtsverhältnisse aus nichtsteuerlichen<br />

Rechtsgebieten (vgl. BFH-Urteil vom 13.10.1983 – I R 11/79 – BStBl. 1984 II, S. 181). Um Tatsachen und nicht<br />

um juristische Wertungen han<strong>de</strong>lt es sich, wenn ein Steuerpflichtiger z. B. unter <strong>de</strong>r Bezeichnung „Kauf“,<br />

„Vermietung“ o<strong>de</strong>r „Geschäftsführer-Gehalt“ in die Steuererklärung vorgreifliche Rechtsverhältnisse geltend<br />

macht; <strong>de</strong>rartige Begriffe enthalten eine Zusammenfassung von Tatsachen, die eine bestimmte rechtliche<br />

Wertung auslösen (vgl. BFH-Urteil vom 20.12.1988 – VIII R 121/83 – BStBl. 1989 II, S. 585). Folglich kann<br />

ein Steuerbescheid nach § 173 Abs. 1 geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, wenn sich aufgrund nachträglich bekannt gewor<strong>de</strong>ner<br />

Tatsachen die vom Steuerpflichtigen übernommene Wertung als unzutreffend erweist.<br />

1.1.2 Keine Tatsachen i. S. d. § 173 Abs. 1 sind Rechtsnormen und Schlussfolgerungen aller Art, insbeson<strong>de</strong>re<br />

steuerrechtliche Bewertungen (vgl. BFH-Urteil vom 27.10.1992 – VIII R 41/89 – BStBl. 1993 II, S. 569).<br />

Ebenso stellen Entscheidungen <strong>de</strong>s BVerfG <strong>zur</strong> Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm sowie nachträgliche<br />

Gesetzesän<strong>de</strong>rungen keine neuen Tatsachen i. S. v. § 173 Abs. 1 dar (vgl. BFH-Urteile vom 12.5.2009 – IX R<br />

45/ß8 – BStBl. II, S. 891 und vom 11.2.1994 – III R 50/92 – BStBl. II S. 389). Gleiches gilt für die (ggf.<br />

an<strong>de</strong>rweitige) Ausübung steuerlicher Wahlrechte o<strong>de</strong>r die Nachholung eines Antrags (vgl. zu §§ 172 – 177,<br />

Nr. 8). Ein Antrag kann allerdings nachgeholt wer<strong>de</strong>n, soweit die für seine Ausübung relevanten Tatsachen als<br />

solche nachträglich bekannt wer<strong>de</strong>n (vgl. Nr. 3.2).<br />

1.1.3 Bei Sachverhalten, die bei verschie<strong>de</strong>nen Steuerpflichtigen steuerlich eigenständig zu berücksichtigen<br />

<strong>Anwendungserlass</strong> <strong>zur</strong> <strong>Abgabenordnung</strong> (<strong>AEAO</strong>) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 141 von 235

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