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Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de

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© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620<br />

vorläufig erklärt wer<strong>de</strong>n (BFH-Urteil vom 25.4.1985 – IV R 64/83 – BStBl. II, S. 648). Vorläufige<br />

Steuerfestsetzungen nach § 165 Abs. 1 Satz 1 sind insbeson<strong>de</strong>re dann vorzunehmen, wenn eine<br />

Steuerfestsetzung unter Vorbehalt <strong>de</strong>r Nachprüfung nicht zweckmäßig ist, z. B. weil keine Nachprüfung <strong>de</strong>s<br />

gesamten Steuerfalles mehr zu erwarten ist o<strong>de</strong>r weil sie aus Rechtsgrün<strong>de</strong>n nicht möglich ist (z. B. bei<br />

fortbestehen<strong>de</strong>r Ungewissheit nach einer Außenprüfung).<br />

2. Die Tatsache, dass ein Doppelbesteuerungsabkommen nach seinem Inkrafttreten voraussichtlich<br />

rückwirkend anzuwen<strong>de</strong>n sein wird, rechtfertigt eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2<br />

Nr. 1, um <strong>de</strong>m Steuerpflichtigen die Vorteile <strong>de</strong>s Doppelbesteuerungsabkommens zu sichern.<br />

3. Eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 setzt voraus, dass die Entscheidung <strong>de</strong>s<br />

Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts bereits ergangen ist und die gesetzliche Neuregelung noch aussteht.<br />

4. Zweifel an <strong>de</strong>r Vereinbarkeit einer <strong>de</strong>r Steuerfestsetzung zugrun<strong>de</strong> liegen<strong>de</strong>n Rechtsnorm mit höherrangigem<br />

Recht (insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m Grundgesetz o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Europäischen Gemeinschaftsrecht) rechtfertigen nur<br />

dann eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, wenn dieselbe Frage bereits<br />

Gegenstand eines Musterverfahrens bei <strong>de</strong>m Gerichtshof <strong>de</strong>r Europäischen Gemeinschaften, <strong>de</strong>m<br />

Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht o<strong>de</strong>r einem obersten Bun<strong>de</strong>sgericht ist.<br />

Zum Rechtsschutzbedürfnis für einen Einspruch gegen eine hinsichtlich <strong>de</strong>s strittigen Punktes bereits<br />

vorläufige Steuerfestsetzung vgl. zu § 350, Nr. 6.<br />

5. Nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 kann eine Steuer vorläufig festgesetzt wer<strong>de</strong>n, soweit eine im Fall <strong>de</strong>s<br />

Steuerpflichtigen entscheidungserhebliche Rechtsfrage Gegenstand eines Verfahrens beim Bun<strong>de</strong>sfinanzhof<br />

ist. Hierbei han<strong>de</strong>lt es sich auch um solche Fälle, in <strong>de</strong>nen eine strittige Rechtsfrage nicht nur unter<br />

verfassungsrechtlichen Aspekten zu beurteilen ist (und <strong>de</strong>retwegen bereits eine vorläufige Steuerfestsetzung<br />

nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 erfolgt), son<strong>de</strong>rn vom Bun<strong>de</strong>sfinanzhof auf ,,einfachgesetzlichem“ Wege,<br />

d. h. durch Anwendung bzw. Auslegung <strong>de</strong>s einfachen Rechts, entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n könnte.<br />

6. Die Entscheidung, die Steuer vorläufig festzusetzen, steht in sämtlichen Fällen <strong>de</strong>s § 165 Abs. 1 im<br />

Ermessen <strong>de</strong>r Finanzbehör<strong>de</strong>. Von <strong>de</strong>r Möglichkeit, eine Steuer nach § 165 Abs. 1 Satz 2 vorläufig<br />

festzusetzen, ist nur Gebrauch zu machen, soweit die Finanzbehör<strong>de</strong>n hierzu durch BMF-Schreiben o<strong>de</strong>r<br />

gleichlauten<strong>de</strong> Erlasse <strong>de</strong>r obersten Finanzbehör<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r angewiesen wor<strong>de</strong>n sind.<br />

Zum Rechtsschutzbedürfnis für einen Einspruch gegen eine hinsichtlich <strong>de</strong>s strittigen Punktes bereits<br />

vorläufige Steuerfestsetzung vgl. zu § 350, Nr. 6.<br />

7. Die Vorläufigkeit ist auf die ungewissen Voraussetzungen zu beschränken und zu begrün<strong>de</strong>n. Die<br />

Begründung kann nachgeholt wer<strong>de</strong>n (§ 126 Abs. 1 Nr. 2) Wird eine vorläufige Steuerfestsetzung geän<strong>de</strong>rt,<br />

so ist in <strong>de</strong>m neuen Steuerbescheid zu vermerken, ob und inwieweit dieser weiterhin vorläufig ist o<strong>de</strong>r für<br />

endgültig erklärt wird. Durch einen Vorläufigkeitsvermerk im Än<strong>de</strong>rungsbescheid wird <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r<br />

Vorläufigkeit neu bestimmt (BFH-Urteil vom 19.10.1999 – IX R 23/98 – BStBl. 2000 II, S. 282).<br />

8. Soweit wegen <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Vereinbarkeit einer Rechtsnorm mit <strong>de</strong>m Grundgesetz eine Steuer nach § 165<br />

Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 vorläufig festgesetzt wor<strong>de</strong>n ist, sind Steuerbeschei<strong>de</strong> auch dann nach § 165 Abs. 2 zu<br />

än<strong>de</strong>rn, wenn das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sfinanzhof die streitige Frage dadurch<br />

entschei<strong>de</strong>t, dass das Gericht die vom Vorläufigkeitsvermerk erfasste Rechtsnorm entgegen <strong>de</strong>r bisherigen<br />

Verwaltungsauffassung verfassungskonform so auslegt, dass das betreffen<strong>de</strong> Steuergesetz mit<br />

höherrangigem Recht vereinbar ist und diese Auslegung zu einer Steuermin<strong>de</strong>rung führt (BFH-Urteil vom<br />

30.9.2010 – III R 39/08 – BStBl. 2011 II, S. 11). Dies gilt auch, wenn <strong>de</strong>r Vorläufigkeitsvermerk insoweit<br />

zusätzlich auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 gestützt war. Soweit eine Steuer (auch) nach § 165 Abs. 1 Satz 2<br />

Nr. 4 vorläufig festgesetzt wor<strong>de</strong>n ist, sind die Steuerbeschei<strong>de</strong> (zu<strong>de</strong>m) auch dann nach § 165 Abs. 2 zu<br />

än<strong>de</strong>rn, wenn <strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sfinanzhof die vom Vorläufigkeitsvermerk erfasste Rechtsnorm aufgrund<br />

einfachgesetzlicher Auslegung eines Steuergesetzes entgegen <strong>de</strong>r bisherigen Verwaltungsauffassung auslegt,<br />

diese Auslegung zu einer Steuermin<strong>de</strong>rung führt und dieses Urteil über <strong>de</strong>n entschie<strong>de</strong>nen Einzelfall hinaus<br />

anzuwen<strong>de</strong>n ist.<br />

9. Die vorläufige Steuerfestsetzung kann je<strong>de</strong>rzeit für endgültig erklärt wer<strong>de</strong>n. Die Vorläufigkeit bleibt bis<br />

dahin bestehen; für <strong>de</strong>n Ablauf <strong>de</strong>r Festsetzungsfrist gilt § 171 Abs. 8. Wird die vorläufige Steuerfestsetzung<br />

nach Beseitigung <strong>de</strong>r Ungewissheit geän<strong>de</strong>rt (§ 165 Abs. 2 Satz 2), sind im Rahmen <strong>de</strong>s Än<strong>de</strong>rungsbetrages<br />

auch solche Fehler zu berichtigen, die nicht mit <strong>de</strong>m Grund <strong>de</strong>r Vorläufigkeit zusammenhängen (BFH-Urteil<br />

vom 2.3.2000 – VI R 48/97 – BStBl. II, S. 332).<br />

10. In <strong>de</strong>n Fällen <strong>de</strong>s § 165 Abs. 1 Satz 2 ist eine Endgültigkeitserklärung nicht erfor<strong>de</strong>rlich, wenn sich die<br />

Steuerfestsetzung letztlich als zutreffend erweist und <strong>de</strong>r Steuerpflichtige keine Entscheidung beantragt. Die<br />

Vorläufigkeit entfällt in diesem Fall mit Ablauf <strong>de</strong>r – ggf. nach § 171 Abs. 8 Satz 2 verlängerten –<br />

Festsetzungsfrist.<br />

<strong>Anwendungserlass</strong> <strong>zur</strong> <strong>Abgabenordnung</strong> (<strong>AEAO</strong>) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 132 von 235

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