Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) - rehmnetz.de

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02.02.2014 Aufrufe

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 2.8.3.2 Steuerrechtlich wird auch eine im Handelsregister bereits gelöschte juristische Person so lange als fortbestehend angesehen, wie sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen hat (BFH-Urteil vom 1.10.1992 – IV R 60/91 – BStBl. 1993 II, S. 82). Zu ihrer steuerlichen Vertretung bedarf es eines Liquidators, der insoweit auch die steuerlichen Pflichten zu erfüllen hat (§ 34 Abs. 3). Ein Liquidator kann auch nur zum Zweck der Entgegennahme eines Steuerbescheids für die gelöschte GmbH bestellt werden (BayObLG-Beschluss vom 2.2.1984 – BReg 3 Z 192/83 – DB S. 870). Das Finanzamt hat ggf. die Neubestellung eines Liquidators beim Registergericht zu beantragen, weil mit dem Erlöschen der Firma auch das Amt des zunächst bestellten Liquidators endet (BFH-Urteile vom 2.7.1969 – I R 190/67 – BStBl. II, S. 656, und vom 6.5.1977 – III R 19/75 – BStBl. II, S. 783). Die Neubestellung eines Liquidators ist nicht erforderlich, wenn eine gelöschte Kapitalgesellschaft durch einen Bevollmächtigten vertreten wird, der bereits vor Löschung bestellt wurde und dessen Bevollmächtigung die Entgegennahme von Entscheidungen der Finanzbehörde umfasst. Eine vor Löschung erteilte Vollmacht wirkt insoweit fort (§ 80 Abs. 2; vgl. BFH-Urteil vom 27.4.2000 – I R 65/98 – BStBl. II, S. 500 zu § 86 ZPO). Wegen § 80 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz ist jedoch für etwaige Zahlungen an die im Handelsregister gelöschte Gesellschaft die nachträgliche Bestellung eines Liquidators erforderlich, wenn nicht der Bevollmächtigte bereits vor Löschung ausdrücklich zur Entgegennahme von Zahlungen für die Gesellschaft ermächtigt worden ist (vgl. zu § 80, Nr. 2). 2.9 Bekanntgabe in Insolvenzfällen Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten in Insolvenzfällen siehe zu § 251, Nrn. 4.3, 4.4, 6.1, 13.2 und 15.1. 2.10 Verbraucherinsolvenzverfahren Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verbraucherinsolvenzverfahren siehe zu § 251, Nrn. 12.2 und 12.3. 2.11 Zwangsverwaltung Mit Anordnung der Zwangsverwaltung verliert der Grundstückseigentümer (Schuldner) die Befugnis, über das beschlagnahmte Grundstück zu verfügen. Bekanntgabeadressat von Verwaltungsakten, die das beschlagnahmte Grundstück betreffen (Grundsteuermessbescheid, Grundsteuerbescheid, Umsatzsteuerbescheid), ist daher der Zwangsverwalter. Der dem Zwangsverwalter bekannt zu gebende Verwaltungsakt muss neben der Bezeichnung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstücke auch die Person des Grundstückseigentümers (Inhaltsadressat) angeben (BFH-Urteil vom 23.6.1988 – V R 203/83 – BStBl. II, S. 920). Soweit die Wirkung von Steuerbescheiden über die Zwangsverwaltung hinausgeht, sind sie auch dem Grundstückseigentümer (Inhaltsadressat) bekannt zu geben. Einheitswertbescheide über zwangsverwaltete Grundstücke sind sowohl dem Zwangsverwalter als auch dem Grundstückseigentümer (Inhaltsadressat) bekannt zu geben (RFH-Urteil vom 1.9.1939, RStBl. S. 1007). Beispiel für die Bekanntgabe eines Einheitswertbescheides: Bekanntgabeadressaten sind sowohl der Schuldner Anschriftenfeld (Empfänger): Herrn Josef Meier Sophienstraße 20 80799 München als auch der Zwangsverwalter Herrn Rechtsanwalt Helmut Müller Schellingstraße 40 80799 München Bescheidkopf: Als Zwangsverwalter des Grundstücks Sophienstraße 20 (Grundstückseigentümer Josef Meier) 2.12 Gesamtrechtsnachfolge (z. B. Erbfolge) 2.12.1 Zur Frage, wann eine Gesamtrechtsnachfolge i. S. d. § 45 Abs. 1 vorliegt, vgl. zu § 45. Bescheide, die bereits vor Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge an den Rechtsvorgänger gerichtet und ihm zugegangen waren, wirken auch gegen den Gesamtrechtsnachfolger. Er kann nur innerhalb der für den Rechtsvorgänger maßgeblichen Rechtsbehelfsfrist Einspruch einlegen. § 353 schreibt dies für Bescheide mit dinglicher Wirkung ausdrücklich auch vor, soweit es sich um Einzelrechtsnachfolge handelt. Die Regelung in § 166, wonach Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 100 von 235

unanfechtbare Steuerfestsetzungen auch gegenüber einem Gesamtrechtsnachfolger gelten, bedeutet nicht, dass gegenüber einem Gesamtrechtsnachfolger die Bekanntgabe zu wiederholen ist oder dass eine neue Rechtsbehelfsfrist läuft. Hat der Rechtsvorgänger zwar den Steuertatbestand verwirklicht, wurde ihm aber der Bescheid vor Eintritt der Rechtsnachfolge nicht mehr bekannt gegeben, so ist der Bescheid an den Gesamtrechtsnachfolger zu richten (BFH-Urteil vom 16.1.1974 – I R 254/70 – BStBl. II, S. 388). 2.12.2 Bei einer Gesamtrechtsnachfolge i. S. d. § 45 Abs. 1 geht die Steuerschuld des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. In den Bescheidkopf ist der Hinweis aufzunehmen, dass der Steuerschuldner zugleich aufgrund eines eigenen Steuerschuldverhältnisses und als Gesamtrechtsnachfolger in Anspruch genommen wird. Beispiel: Der Ehemann ist 08 verstorben. Die Ehefrau ist Alleinerbin. Für den Veranlagungszeitraum 07 soll ein zusammengefasster ESt-Bescheid bekannt gegeben werden. Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat, Bekanntgabeadressat und Empfänger): Frau Eva Meier Hauptstraße 101 67433 Neustadt Bescheidkopf: Dieser Steuerbescheid ergeht an Sie zugleich als Alleinerbin nach Ihrem Ehemann. Beispiel: Die Meier-OHG mit den Gesellschaftern Max und Emil Meier ist durch Austritt des Gesellschafters Emil Meier aus der OHG und gleichzeitige Übernahme des Gesamthandsvermögens durch Max Meier ohne Liquidation erloschen (vollbeendet). Nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters soll ein Umsatzsteuerbescheid für einen Zeitraum vor dem Ausscheiden für die erloschene OHG ergehen. Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat, Bekanntgabeadressat und Empfänger): Herrn Max Meier Hauptstraße 101 67433 Neustadt Bescheidkopf: Dieser Bescheid ergeht an Sie zugleich als Gesamtrechtsnachfolger der Meier-OHG. © Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620 Beispiel: Die A-GmbH ist unter Auflösung ohne Abwicklung auf die B-GmbH verschmolzen worden. Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat, Bekanntgabeadressat und Empfänger): B-GmbH Hauptstraße 101 67433 Neustadt Bescheidkopf: Dieser Bescheid ergeht an Sie als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-GmbH. 2.12.3 Das Finanzamt kann gegen Gesamtrechtsnachfolger (z. B. mehrere Erben) Einzelbescheide nach § 155 Abs. 1 oder einen nach § 155 Abs. 3 zusammengefassten Steuerbescheid erlassen (BFH-Urteile vom 24.11.1967 – III 2/63 – BStBl. 1968 II, S. 163, und vom 28.3.1973 – I R 100/71 – BStBl. II, S. 544). Grundsätzlich ist ein zusammengefasster Bescheid zu erlassen, der an die Gesamtrechtsnachfolger als Gesamtschuldner zu richten und jedem von ihnen bekannt zu geben ist, soweit nicht nach § 122 Abs. 6 (vgl. Nr. 2.1.3) verfahren werden kann (§ 122 Abs. 1 und BFH-Urteil vom 24.3.1970 – I R 141/69 – BStBl. II, S. 501). Der Steuerbescheid ist nur wirksam, wenn die Gesamtrechtsnachfolger, an die sich der Bescheid richtet, namentlich als Inhaltsadressaten aufgeführt sind. Im Einzelfall können sich die Gesamtrechtsnachfolger, gegen die sich der Bescheid als Inhaltsadressaten richtet, auch durch Auslegung des Bescheids ergeben, z. B. durch die Bezugnahme auf einen den Betroffenen bekannten Betriebsprüfungsbericht (BFH-Urteil vom 17.11.2005 – III R 8/03 – BStBl. 2006 II, S. 287). Die Ermittlung des Inhaltsadressaten durch Auslegung kann jedoch einen Mangel der fehlenden Bestimmtheit des Steuerschuldners nicht heilen. Für eine Auslegung, an wen der Steuerbescheid sich richtet, ist z. B. dann kein Raum, wenn in Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 101 von 235

unanfechtbare Steuerfestsetzungen auch gegenüber einem Gesamtrechtsnachfolger gelten, be<strong>de</strong>utet nicht, dass<br />

gegenüber einem Gesamtrechtsnachfolger die Bekanntgabe zu wie<strong>de</strong>rholen ist o<strong>de</strong>r dass eine neue<br />

Rechtsbehelfsfrist läuft. Hat <strong>de</strong>r Rechtsvorgänger zwar <strong>de</strong>n Steuertatbestand verwirklicht, wur<strong>de</strong> ihm aber <strong>de</strong>r<br />

Bescheid vor Eintritt <strong>de</strong>r Rechtsnachfolge nicht mehr bekannt gegeben, so ist <strong>de</strong>r Bescheid an <strong>de</strong>n<br />

Gesamtrechtsnachfolger zu richten (BFH-Urteil vom 16.1.1974 – I R 254/70 – BStBl. II, S. 388).<br />

2.12.2 Bei einer Gesamtrechtsnachfolge i. S. d. § 45 Abs. 1 geht die Steuerschuld <strong>de</strong>s Rechtsvorgängers auf <strong>de</strong>n<br />

Rechtsnachfolger über. In <strong>de</strong>n Bescheidkopf ist <strong>de</strong>r Hinweis aufzunehmen, dass <strong>de</strong>r Steuerschuldner zugleich<br />

aufgrund eines eigenen Steuerschuldverhältnisses und als Gesamtrechtsnachfolger in Anspruch genommen wird.<br />

Beispiel:<br />

Der Ehemann ist 08 verstorben. Die Ehefrau ist Alleinerbin. Für <strong>de</strong>n Veranlagungszeitraum 07 soll ein<br />

zusammengefasster ESt-Bescheid bekannt gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />

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Frau<br />

Eva Meier<br />

Hauptstraße 101<br />

67433 Neustadt<br />

Bescheidkopf:<br />

Dieser Steuerbescheid ergeht an Sie zugleich als Alleinerbin nach Ihrem Ehemann.<br />

Beispiel:<br />

Die Meier-OHG mit <strong>de</strong>n Gesellschaftern Max und Emil Meier ist durch Austritt <strong>de</strong>s Gesellschafters Emil Meier<br />

aus <strong>de</strong>r OHG und gleichzeitige Übernahme <strong>de</strong>s Gesamthandsvermögens durch Max Meier ohne Liquidation<br />

erloschen (vollbeen<strong>de</strong>t). Nach <strong>de</strong>m Ausschei<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s vorletzten Gesellschafters soll ein Umsatzsteuerbescheid für<br />

einen Zeitraum vor <strong>de</strong>m Ausschei<strong>de</strong>n für die erloschene OHG ergehen.<br />

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat, Bekanntgabeadressat und Empfänger):<br />

Herrn<br />

Max Meier<br />

Hauptstraße 101<br />

67433 Neustadt<br />

Bescheidkopf:<br />

Dieser Bescheid ergeht an Sie zugleich als Gesamtrechtsnachfolger <strong>de</strong>r Meier-OHG.<br />

© Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH, Postfach, 80289 München, Telefon (089) 2183-7620<br />

Beispiel:<br />

Die A-GmbH ist unter Auflösung ohne Abwicklung auf die B-GmbH verschmolzen wor<strong>de</strong>n.<br />

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat, Bekanntgabeadressat und Empfänger):<br />

B-GmbH<br />

Hauptstraße 101<br />

67433 Neustadt<br />

Bescheidkopf:<br />

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Gesamtrechtsnachfolgerin <strong>de</strong>r A-GmbH.<br />

2.12.3 Das Finanzamt kann gegen Gesamtrechtsnachfolger (z. B. mehrere Erben) Einzelbeschei<strong>de</strong> nach § 155<br />

Abs. 1 o<strong>de</strong>r einen nach § 155 Abs. 3 zusammengefassten Steuerbescheid erlassen (BFH-Urteile vom<br />

24.11.1967 – III 2/63 – BStBl. 1968 II, S. 163, und vom 28.3.1973 – I R 100/71 – BStBl. II, S. 544).<br />

Grundsätzlich ist ein zusammengefasster Bescheid zu erlassen, <strong>de</strong>r an die Gesamtrechtsnachfolger als<br />

Gesamtschuldner zu richten und je<strong>de</strong>m von ihnen bekannt zu geben ist, soweit nicht nach § 122 Abs. 6 (vgl.<br />

Nr. 2.1.3) verfahren wer<strong>de</strong>n kann (§ 122 Abs. 1 und BFH-Urteil vom 24.3.1970 – I R 141/69 – BStBl. II,<br />

S. 501). Der Steuerbescheid ist nur wirksam, wenn die Gesamtrechtsnachfolger, an die sich <strong>de</strong>r Bescheid richtet,<br />

namentlich als Inhaltsadressaten aufgeführt sind.<br />

Im Einzelfall können sich die Gesamtrechtsnachfolger, gegen die sich <strong>de</strong>r Bescheid als Inhaltsadressaten richtet,<br />

auch durch Auslegung <strong>de</strong>s Bescheids ergeben, z. B. durch die Bezugnahme auf einen <strong>de</strong>n Betroffenen bekannten<br />

Betriebsprüfungsbericht (BFH-Urteil vom 17.11.2005 – III R 8/03 – BStBl. 2006 II, S. 287). Die Ermittlung <strong>de</strong>s<br />

Inhaltsadressaten durch Auslegung kann jedoch einen Mangel <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Bestimmtheit <strong>de</strong>s Steuerschuldners<br />

nicht heilen. Für eine Auslegung, an wen <strong>de</strong>r Steuerbescheid sich richtet, ist z. B. dann kein Raum, wenn in<br />

<strong>Anwendungserlass</strong> <strong>zur</strong> <strong>Abgabenordnung</strong> (<strong>AEAO</strong>) – Rechtsstand: 31.01.2013 Seite 101 von 235

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