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2<br />

25. Januar 2014 · 179. Jahrgang · Heft<br />

A 4342<br />

LÜ B E C K I S C H E<br />

B L Ä T T E R<br />

Kann die Gemeinnützige<br />

das Jahr 2039 erleben? 13<br />

Die Jahre 1800 bis 1810 15<br />

Meldungen 16<br />

Aus der Gemeinnützigen 17<br />

Das „Storchennest“ –<br />

Die neue Kunstkita 18<br />

Zur Aufnahme von<br />

Flüchtlingen in Lübeck 20<br />

„Stadt der Wissenschaft“<br />

– ein kurzer Traum? 21<br />

„Antigone“ im<br />

Jungen Studio 22<br />

Chronik Dezember 24<br />

Das Festjahr 2014 25<br />

Ein Fanfarenstoß als<br />

Auftakt – das neue<br />

Gründerviertel 26<br />

Mumin-Geschichten 28<br />

ZEITSCHRIFT DER GESELLSCHAFT ZUR BEFÖRDERUNG GEMEINNÜTZIGER TÄTIGKEIT


L Ü B E C K I S C H E<br />

B L Ä T T E R<br />

25. Januar 2014 · Heft 2 · 179. Jahrgang · Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit<br />

Kann die Gemeinnützige das Jahr 2039 erleben?<br />

Von Hagen Scheffler<br />

Unfassbar die Frage vor 45 Jahren:<br />

„Kann die Sowjetunion das Jahr 1984 erleben?“<br />

Der sowjetische Dissident Andrej<br />

Amal’rik, der sie in seinem Essay 1969<br />

mutig gestellt hat und mit einem klaren<br />

NEIN beantwortete, hat sich mit seiner<br />

Prognose nur um sieben Jahre geirrt.<br />

Lassen Sie uns einmal – etwas provokant<br />

– eine entsprechende Frage zur<br />

Zukunft der Gemeinnützigen in 25 Jahren<br />

stellen und nach einer Antwort suchen.<br />

Natürlich erwarten wir ein klares Ja!<br />

Oder?<br />

2039 besteht unsere altehrwürdige<br />

Gesellschaft 250 Jahre. Wird sie es? Gibt<br />

es sie dann noch? Was könnte denn ihre<br />

Existenz gefährden? Schlagen wir einmal<br />

bei Amal’rik nach.<br />

Aufgrund seiner außenpolitischen und<br />

innersowjetischen Analyse war der sowjetische<br />

Dissident vom mittelfristigen Untergang<br />

des „ostslawischen Imperiums“<br />

(und von der Wiedervereinigung Deutschlands!)<br />

in der ersten Hälfte der 80er Jahre<br />

überzeugt. Für den Zusammenbruch des<br />

Sowjetsystems gab es für Amal’rik handfeste<br />

Hinweise.<br />

Doch weder von China oder einem anderen<br />

Staat noch von einem Nationalitätenkonflikt<br />

sieht sich die Gemeinnützige<br />

ernsthaft bedroht. Ein Wirtschaftsverfall<br />

kann ausgeschlossen werden, auch wenn<br />

die HSH Nordbank, an der „unsere“ Sparkasse<br />

– und in der Folge die Gemeinnützige<br />

Sparkassenstiftung – beteiligt ist,<br />

weiter aus einem gewinnträchtigen Kurs<br />

laufen sollte.<br />

Wie aber steht es mit den Faktoren<br />

„Vergreisung“ oder „Stagnation“, wichtige<br />

Kriterien bei Amal’rik?<br />

„Vergreisung“ und „Stagnation“ sind<br />

Bedrohungen für jedes System, für jeden<br />

Staat und seine Gesellschaft. Die „demographische<br />

Bombe“ tickt bereits allenthalben.<br />

Das merken auch alle Vereine. Sie,<br />

die auf ehrenamtlicher Basis arbeiten,<br />

kämpfen seit geraumer Zeit gegen Mitgliederschwund,<br />

gegen eine nachlassende<br />

Bereitschaft von Menschen, sich zu binden<br />

und sich längerfristig ehrenamtlich<br />

zu engagieren. Fehlendes Engagement<br />

bedeutet für einen Verein Stagnation und<br />

Vergreisung, ein Prozess, der sich auch<br />

über Jahre in der Entwicklung der Mitgliederzahlen<br />

der Gemeinnützigen abzuzeichnen<br />

begonnen hat. Die Gemeinnützige<br />

stemmt sich gegen den Trend der Zeit,<br />

allen voran die Direktoren.<br />

Antje Peters-Hirt, die von 2006 bis<br />

2011 auf der Kommandobrücke stand,<br />

versuchte von hier gegen nachlassendes<br />

Engagement und zivile Gleichgültigkeit<br />

den Funken zu einer neuen, aktiven und<br />

zivilcouragiert handelnden „Bürgergesellschaft“<br />

zu zünden. Sie setzte dabei<br />

langfristig auf nachhaltigere Erziehung<br />

und Bildung des Menschen von Geburt<br />

an. Das kann dauern … Ihr Nachfolger<br />

im Amt, Titus Jochen Heldt, fordert gegen<br />

die langsam voranschreitende Überalterung<br />

in den Reihen der Gemeinnützigen<br />

eine notwendige „Verjüngung … in ihren<br />

Gremien, aber auch auf der Ebene der<br />

Mitglieder“. Konsequenterweise stand<br />

der letzte „Tag der offenen Tür“ (2012)<br />

unter dem Motto „Kinder und Jugend“.<br />

Weitere angekündigte „zielgerichtete<br />

Maßnahmen“ betreffen Kontaktaufnahme<br />

und Dialog mit den Lübecker Schulen,<br />

um den Bekanntheitsgrad der Gemeinnützigen<br />

unter Kindern und Jugendlichen zu<br />

stärken. Auch die Eröffnung einer Kunst-<br />

Kita im letzten Jahr dient nicht zuletzt<br />

dem Bemühen, möglichst früh, jüngere<br />

Generationen und ihre Eltern für die „Gesellschaft“<br />

langfristig zu gewinnen. Eine<br />

vor Jahren eingesetzte Werbungsgruppe<br />

versucht über die Institutionen und Einrichtungen<br />

– sozusagen von innen heraus<br />

– eine stärkere Identifikation von Bürgern<br />

mit den Zielen der Gemeinnützigen zu erzielen.<br />

Ziehen wir im Jahr des Jubiläums<br />

einmal eine vorsichtige Bilanz<br />

Mitgliederzahl: Obwohl die Gemeinnützige<br />

Vorbildliches auf ihren traditionellen<br />

Aktivposten des Sozialen und der<br />

Bildung leistet, in vielen Fällen Hilfe,<br />

Förderung und Weiterbildung anbietet,<br />

scheint die Mitgliederzahl leicht rückläufig<br />

zu sein bzw. zu stagnieren. Im letzten<br />

Dreijahresbericht 2009–2011 findet man<br />

leider keine Angaben dazu. Zu befürchten<br />

aber ist, dass das Durchschnittsalter<br />

der Mitglieder immer stärker zunimmt.<br />

Der Mitgliederzuwachs unter den 30- bis<br />

45-jährigen, also eine Verjüngung von unten<br />

her, findet nur bescheiden statt. Warum<br />

eigentlich? Dafür gibt es eine ganze<br />

Reihe von Gründen …<br />

Zählen dazu eventuell auch ein<br />

schwindender Bekanntheitsgrad und die<br />

fehlende Attraktivität der Gesellschaft?<br />

Gesicherte Erkenntnisse darüber gibt es<br />

nicht. Doch es reicht heutzutage wohl<br />

nicht aus, einen Stadtwerke-Bus mit dem<br />

Logo der Gemeinnützigen durch die Stadt<br />

fahren zu lassen, um wieder ins Gespräch<br />

zu kommen. Auch unser Internet-Auftritt,<br />

für Jüngere heute immer die erste Anlaufstation,<br />

könnte verbessert werden und z.<br />

B. den aktuellen Zugang zu unseren „Lübeckischen<br />

Blättern“ ermöglichen. Denn<br />

die Redaktion bemüht sich seit geraumer<br />

Zeit, in der Berichterstattung nicht nur die<br />

traditionellen Schwerpunkte von Kultur<br />

Gruppe von Kindern aus der Kunstkita am Tag der offiziellen Einweihung, 7. Dezember 2013<br />

(Foto: Kunstschule der Gemeinnützigen)<br />

Lübeckische Blätter 2014/2 13


Kann die Gemeinnützige das Jahr 2039 erleben?<br />

und Bildung möglichst aktuell zu bedienen,<br />

sondern wendet sich auch zunehmend<br />

den politischen, wirtschaftlichen,<br />

sozialen, strukturellen und den Welterbe-<br />

Problemen der Hansestadt zu und versucht<br />

damit, Zukunftsprobleme unseres<br />

Gemeinwesens in den Fokus zu nehmen<br />

…<br />

Dennoch scheint es keine zufriedenstellende<br />

Antwort auf ein zentrales Problem<br />

der Gemeinnützigen zu geben: Wie<br />

erreichen wir neue, junge Mitglieder, z. B.<br />

aus den Kreisen der Architekten, der Ärzteschaft,<br />

des Handwerks, der Ingenieure,<br />

IT-Spezialisten, Juristen, Kaufleute, Lehrer,<br />

Musiker, Professoren, der Werbung<br />

und Designer …?<br />

Mitgliederstruktur<br />

Ohne eine soziologische Untersuchung<br />

zur Mitgliederstruktur der Gemeinnützigen<br />

zu kennen, kann man davon<br />

ausgehen, dass die „Gesellschaft“ in<br />

ihrer Zusammensetzung recht homogen<br />

ist. Sie repräsentiert das ältere – mittlere<br />

und gehobene – Bürgertum der Stadt,<br />

das geprägt ist von solider (Aus-)Bildung<br />

und hoher Funktionalität. Sie ist so eine<br />

„Mischung“ aus Universitätsgesellschaft,<br />

Loge und Volkshochschulpublikum.<br />

Wohl nie ist die Gemeinnützige jedoch<br />

eine Gesellschaft gewesen, die einen repräsentativen<br />

Querschnitt unserer Stadtgesellschaft<br />

verkörpert hat. Das Elitäre,<br />

das ihr manchmal nachgesagt wird und<br />

ihr möglicherweise anhaftet, ist für das<br />

Gros ihrer Mitglieder nicht entscheidend.<br />

Wichtig war und ist für die meisten Mitglieder<br />

die Zielsetzung, nämlich sich für<br />

das Wohlergehen Lübecks sinnvoll und<br />

effektiv einsetzen zu können. So ist die<br />

Gemeinnützige so etwas wie das soziale<br />

und kulturelle Gewissen der Stadt und damit<br />

zugleich ein zugkräftiger Motor der<br />

Stadtentwicklung. Doch wäre es nicht an<br />

der Zeit, vor allem in einem Jubiläumsjahr,<br />

sich seitens der „Gesellschaft“ neue<br />

Strategien zu überlegen, wie das Mitgliederpotenzial<br />

nicht nur gehalten, sondern<br />

auch wieder ausgebaut werden kann? So<br />

wäre beispielsweise zu fragen, warum z.<br />

B. das Handwerk, das sich in Lübeck großer<br />

Bedeutung und eines gediegenen Ansehens<br />

erfreut, bisher kaum eine Heimat<br />

in der Gemeinnützigen gefunden hat.<br />

Verjüngung, Wandel und innerdemokratische<br />

Prozesse:<br />

Was können wir tun, damit die Gemeinnützige<br />

attraktiver wird, insbesondere<br />

für mehr Vertreter aus der jüngeren,<br />

gut ausgebildeten Generation, aber auch<br />

für all diejenigen, die die Zukunft unserer<br />

Hansestadt ehrenamtlich mitgestalten<br />

wollen? Titus Jochen Heldt hat eine<br />

Antwort gefunden und wird sich dabei<br />

an seiner Vorgabe messen lassen, für eine<br />

„Verjüngung“ in den Gremien zu sorgen,<br />

d. h. für mehr personellen Wandel in der<br />

Vorstandsetage und beim Abbau sog.<br />

„Erbhöfe“. Eine solche „Kur“ ist in jedem<br />

Verein schwierig zu gestalten, da man ungern<br />

auf Erfahrung und Kompetenz einzelner<br />

Vertreter verzichten möchte. Eine<br />

Möglichkeit für mehr personellen Wandel<br />

könnte die Maßgabe sein, die auch für die<br />

Besetzung der Direktoren gilt: nur zwei<br />

Amtszeiten in Folge, Wiederwahl zu einem<br />

späteren Zeitpunkt möglich.<br />

Wenn es um neue Vertreter für die Vorsteherschaft<br />

geht, also die Leitungspositionen<br />

in der Gemeinnützigen, dann könnte<br />

eine größere Transparenz und mehr Öffentlichkeit<br />

anstelle der Ergänzung von<br />

innen heraus für mehr Bewerbungen und<br />

damit für mehr Interesse und Bewegung<br />

sorgen. Denn die letzten Beraterversammlungen<br />

lahmten unter einem nachlassenden<br />

Interesse. Der Eindruck, dass<br />

von vornherein schon alles festgelegt und<br />

geregelt sei, ist für manchen Zeitgenossen<br />

zwar bequem, aber kein Zeichen lebendiger<br />

Demokratie.<br />

Das Jubiläumsjahr 2014<br />

Das Veranstaltungsheft zum Jubiläumsjahr<br />

zeigt den „Motor“ der Gemeinnützigen:<br />

bewegen, fördern, gestalten.<br />

Das Programm enthält viele „Ideen für<br />

Lübeck“. Bei den meisten befindet man<br />

sich auf bekanntem Terrain. Neu ist – natürlich<br />

neben dem eigentlichen „Festakt“<br />

– der Schwerpunkt: „Feste mit Kindern“.<br />

Mit Kindern verbindet sich die Assoziation<br />

„Zukunft“. Ansonsten wird in dem<br />

Jubiläumsjahr eher „Vergangenheit“ thematisiert.<br />

Natürlich: Wer seine Vergangenheit<br />

nicht kennt, kann seine Zukunft<br />

auch nicht sinnvoll gestalten …<br />

Fragen der Zukunftsgestaltung<br />

Doch wie könnte der Zukunftsaspekt<br />

in einem Jubiläumsjahr eine überzeugendere<br />

Funktionalität bekommen und damit<br />

Faszination ausstrahlen?<br />

Wie werden z. B. Jugendliche, Studenten<br />

und Menschen, die ins Erwerbsleben<br />

starten, angesprochen? Also die Gruppe<br />

der etwa 15- bis 35-Jährigen? Ein Teil von<br />

ihnen nutzt die Gemeinnützige bereits als<br />

Dienstleister (Kunst, Musik, Theater z.<br />

B.). Werden sie aber auch zu neuen Mitgliedern,<br />

die die das Fort- bzw. Überleben<br />

der Gesellschaft sichern helfen? Oder hat<br />

die Gesellschaft diese Altersgruppe gar<br />

nicht im Fokus, sondern setzt auf eine<br />

spätere Altersgruppe? Auf jeden Fall<br />

klafft eine Lücke zwischen den umworbenen<br />

und betreuten Kindern und den in<br />

Amt und Würden stehenden Erwachsenen<br />

ab etwa 45 Jahren. Sollten hier nicht doch<br />

„Brücken“ gebaut werden hin zu Betätigungsfeldern,<br />

das der jüngeren Generation<br />

den Schritt nahelegen könnte, durch ihren<br />

Beitritt die Gemeinnützige schwungvoll<br />

und mit neuen Kräften voranzubringen?<br />

Z. B. sucht die klein gewordene Redaktion<br />

der „Lübeckischen Blätter“ seit Jahren<br />

ehrenamtliche Mitarbeiter für die Berichterstattung<br />

neuer Aufgabenfelder …<br />

Vorschläge<br />

Eine Veranstaltung könnte sich mit der<br />

spannenden Frage befassen: Wie möchte<br />

sich die Gemeinnützige in 25 Jahren darstellen?<br />

Weiter so wie bisher? Oder: Wie<br />

und wohin soll sich die Gesellschaft entwickeln?<br />

Welche neuen Schwerpunkte<br />

rücken in den Blickpunkt? Hier könnten<br />

z. B. auch die Mitglieder ihre Vorstellungen<br />

einbringen. Unsere Gesellschaft sollte<br />

sich hier viel mutiger zeigen und mehr<br />

Möglichkeiten eröffnen, um mit den Mitgliedern<br />

ins Gespräch zu kommen. Das<br />

Gespräch könnte der Anfang von mehr<br />

Aktivität vonseiten der Mitglieder sein.<br />

Ob Zirkuszelt im Garten oder Großer Saal<br />

im Gesellschaftshaus: Die Gesellschaft<br />

verfügt doch dafür über attraktive Stätten<br />

der Begegnung.<br />

Tradition und Zukunft müssen keine<br />

Gegensätze sein. Das Fundament einer<br />

starken, wertorientierten Tradition sichert<br />

auch die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft<br />

wie die der Gemeinnützigen. Doch<br />

wie weit öffnet man sich neuen Fragestellungen<br />

und Problemen, die Lebenswelt<br />

unserer Mitglieder nachhaltig betreffen?<br />

Z. B.: Welche Position nimmt die Gemeinnützige<br />

zu Veränderungen in der<br />

Stadtgesellschaft ein? Welche Rolle kann<br />

die Gesellschaft für Neubürger, Zuwanderer,<br />

Menschen mit Migrantenhintergrund<br />

spielen?<br />

Bisher liegt das Programm nur bis<br />

Juni 2014 vor. Man darf gespannt auf das<br />

Veranstaltungskaleidoskop in der zweiten<br />

Hälfte des Jubiläumsjahrs sein.<br />

Ach ja, da ist noch eine Frage offen:<br />

Was ist Ihrer Meinung nach aus unserer<br />

Gemeinnützigen im Jahr 2039 geworden?<br />

Teilen Sie uns Ihre Meinung mit,<br />

schreiben Sie uns oder setzen Sie sich<br />

persönlich mit uns in Verbindung:<br />

Tel.: 0451 5808324<br />

14 Lübeckische Blätter 2014/2


225 Jahre Gemeinnützige Gesellschaft<br />

Notizen aus der Geschichte der Gemeinnützigen, Teil 2, 1800 bis 1810<br />

Gewerbeförderung und Lehrerausbildung<br />

Bis 1800 hatte sich die Mitgliederzahl<br />

vervielfacht, aus 25 waren 188 Personen geworden.<br />

Die berufliche Zusammensetzung<br />

zeigt eine starke Zunahme an Kaufleuten,<br />

aber es wurden nun auch Gewerbetreibende,<br />

Handwerker, Brauer und Dienstleister<br />

Mitglied. Die Vielfalt an Initiativen, die<br />

von der Gesellschaft gestartet wurden, lässt<br />

zwei Schwerpunkte erkennen: ein ganzes<br />

Bündel von Maßnahmen zur Gewerbeförderung<br />

und die Lehrerausbildung.<br />

Gewerbeförderung<br />

Warum Gewerbeförderung? In einigen<br />

der großen Flächenstaaten des deutschen<br />

Reiches, wie etwa in Preußen, war<br />

der Zunftzwang bereits aufgehoben, in<br />

Reichsstädten wie Nürnberg, Frankfurt<br />

und auch Lübeck sperrte sich die traditionell<br />

gut organisierte Handwerkerschaft<br />

gegen Neuerungen. Rückständig geworden<br />

waren die Techniken und Fertigungsweisen,<br />

aber auch die betrieblichen Organisationsformen.<br />

In Lübeck wurden kreative Unternehmungen,<br />

man denke etwas an den Fayencetöpfer<br />

Peter Graff, mit teilweise bösen<br />

Verleumdungskampagnen unmöglich<br />

gemacht, und es kam zu Gewaltakten. Als<br />

Kaufleute um 1780 dem Bedarf an englischen<br />

Möbeln nachkamen, stürmten aufgestachelte<br />

Handwerksgesellen die Lagerhäuser<br />

und plünderten die Warenbestände.<br />

Die Forschung spricht von Tischlerkrieg.<br />

Die Meister gaben vor, sie könnten die<br />

begehrten Waren genauso gut fertigen wie<br />

die englischen Fabriken, und sie müssten<br />

sich wehren, denn ihre Einnahmequellen<br />

seien durch Importe gefährdet.<br />

Die Kaufmannschaft bemängelte fehlende<br />

Innovationsbereitschaft. Hier setzten<br />

die Gewerbeförderungsmaßnahmen<br />

der Gemeinnützigen an. Nach mehrjähriger<br />

planmäßiger Vorbereitung wurde<br />

im Jahr 1800 auf Anregung des Juristen<br />

Anton Gütschow die Kreditcasse für Professionisten<br />

eingerichtet. Aktien wurden<br />

ausgegeben und in so hoher Stückzahl gezeichnet,<br />

dass eine beachtliche Summe an<br />

Finanzmitteln zusammenkam.<br />

Mit befristeten Krediten wurden zukunftsweisende<br />

Neuerungen gefördert,<br />

unterstützt wurden aber auch in Not geratene,<br />

im Kern wirtschaftlich solide Betriebe.<br />

Flankierend wurde ein Gewerbeausschuss<br />

eingerichtet. Sein Ziel war es, sich<br />

einen systematischen Überblick zu verschaffen<br />

über den Zustand der Betriebe in<br />

der Stadt, kreative Akteure zu ermutigen,<br />

krisenhafte Unternehmungen bei notwendigen<br />

Umstrukturierungen zu beraten.<br />

Man begann auch damit, als besonders<br />

positiv eingeschätzte Gewerbeleistungen<br />

zu würdigen, bspw. durch Präsentationen<br />

und Ausstellungen bei gesellschaftlichen<br />

Anlässen. Die erste Ausstellung fand beim<br />

Stiftungsfest 1804 statt. Daraus entwickelten<br />

sich größere Gewerbeausstellungen,<br />

die gelegentlich auch überregional<br />

wahrgenommen wurden. Ebenso beteiligte<br />

man sich in den kommenden Jahrzehnten<br />

an Ausstellungen, zunächst in Berlin,<br />

später auch bei den Weltausstellungen in<br />

London und Paris. Die teilnehmenden<br />

Betriebe erzielten Aufmerksamkeit, verkauften<br />

Produkte und erhielten teilweise<br />

auch ehrende Preise. Zuletzt begann die<br />

Gemeinnützige auch damit, in ihrem damaligen<br />

Gesellschaftshaus eine dauerhafte<br />

Verkaufsausstellung einzurichten.<br />

Was die Wirkung der gemeinnützigen<br />

Initiativen hemmte, waren die Folgen der<br />

Napoleonischen Kriege mit der französischen<br />

Besetzung der Stadt von 1806 bis<br />

1813. Aber auch in diesem Zeitraum kamen<br />

die Aktivitäten nicht vollkommen zum Erliegen.<br />

Was eine nachhaltige Wirkung in<br />

der Breite hemmte, war die wirtschaftliche<br />

Gesamtlage der Stadt in den ersten beiden<br />

Jahrzehnten nach der sogenannten Franzosenzeit.<br />

Die Stadt war zwar wieder frei und<br />

souverän, aber stark verarmt.<br />

Die Ermordung<br />

Cäsars,<br />

Szene auf einem<br />

Ofenaufsatz<br />

aus der<br />

Stockelsdorfer<br />

Fayencenmanufaktur<br />

(1772-1784).<br />

In der Stadt<br />

aufgestellte<br />

Öfen wurden<br />

gewaltsam<br />

zerstört.<br />

(Foto: Fotoarchiv<br />

Hansestadt<br />

Lübeck)<br />

Lehrerausbildung<br />

Der Zustand der „Trivial- und Mittelschulen“<br />

wurde von der Gemeinnützigen<br />

um 1800 als unhaltbar eingeschätzt.<br />

Nach Maßgabe der Losung<br />

von Pastor Friedrich Behn, „Alles<br />

Reformiren an unseren Schulen hilft<br />

nichts, solange wir nicht bessere Lehrer<br />

haben“, startete nach vierjähriger<br />

Vorbereitung ab Ostern 1807 der erste<br />

Lehrerkursus. Drei junge Männer wurden<br />

bei 12 Wochenstunden zwei Jahre<br />

lang unterrichtet und dann examiniert.<br />

Sechs Fächer einschließlich Pädagogik<br />

standen auf dem Unterrichtsplan,<br />

begleitet von praktischen Übungen,<br />

bspw. durch Lehrproben an der gesellschaftseigenen<br />

Sonntagsschule, aber<br />

auch anderswo.<br />

Die Initiative fand so viel Anklang,<br />

dass es zu großen, zunächst spontanen<br />

finanziellen Unterstützungsmaßnahmen<br />

kam. Der Brauer Johann Spiller, dessen<br />

Name seit dem späten 19. Jahrhundert<br />

eine kleine Straße in St-Jürgen ehrt, tat<br />

sich besonders hervor. Er förderte die<br />

Lehrerausbildung über Jahre mit hohen<br />

Summen.<br />

1857 feierte das Lehrerseminar sein<br />

50-jähriges Bestehen. In zwölf Kursen<br />

waren bis dahin 95 Lehrer ausgebildet<br />

worden, 65 arbeiteten festbestallt<br />

in öffentlichen und privaten Schulen,<br />

48 von ihnen in Lübeck und den Vorstädten,<br />

zehn im Lübecker Landgebiet<br />

und sieben in Bergedorf, das Hamburg<br />

und Lübeck bis etwa 1870 gemeinsam<br />

verwalteten. Von den übrigen 30 Absolventen<br />

waren weitere 15 als Hausoder<br />

Hilfslehrer tätig, neun Personen<br />

wechselten über in andere Berufe.<br />

Manfred Eickhölter<br />

Lübeckische Blätter 2014/2 15


Foto: Völkerkundesammlung<br />

Meldungen<br />

Gesellschaft für Geografie<br />

und Völkerkunde<br />

Neujahrsempfang<br />

18. Januar 2014, Fleischhauerstraße 79,<br />

Lübecker Dielenhaus<br />

Der Einladung von Frau Prof. Renate Kastorff-Viehmann<br />

waren zahlreiche Gäste<br />

aus der Kulturpolitik, aus Vorständen von<br />

Fördervereinen und aus der Bürgerschaft<br />

gefolgt, darunter Bruno Böhm und der neu<br />

gewählte Vorsitzende des Stiftungsrates der<br />

Lübecker Museen, Reinhold Hiller.<br />

Senatorin Annette Borns sprach ein Grußwort,<br />

es war eine zukunftsweisende Stellungnahme.<br />

Sie plädierte für eine neue<br />

Dauerausstellung. Diese dürfe die Völkerkundeobjekte<br />

nicht als reine Kunstwerke<br />

inszenieren, Ziel müsse es sein, die sozialgeschichtlichen<br />

Diskurse mit zu erzählen.<br />

Sie könne sich sogar vorstellen, aktuelle<br />

Kommunikationen und Ausstellungen zu<br />

organisieren mit Forschern aus ehemaligen<br />

Geber- und heutige Pflegeländern der Objekte.<br />

Für Projekte dieser Art stünden europäische<br />

Fördermittel bereit, auf diesem<br />

Felde gäbe es spannende Debatten und Entwicklungsbedarf<br />

und hier sähe sie Chancen,<br />

in Lübeck die Sackgassen zu vermeiden, in<br />

die sich das Projekt Humboldt-Forum in<br />

Berlin manövriert habe. Ausdrücklich keine<br />

Zusage wolle sie aber dem derzeitigen<br />

Standort der Sammlung im Zeughaus geben.<br />

Diese Frage müsse offen bleiben.<br />

Die Rede der Senatorin wurde mit starkem<br />

Beifall der Gäste beantwortet, eine lebhafte<br />

Diskussion schloss sich an, Tenor: Ideen<br />

für die vorgeschlagene Projektrichtung<br />

gäbe es spontan etliche, aber: Die Sammlungsobjekte<br />

müssten kontinuierlich fachgerecht<br />

gelagert und gepflegt bleiben.<br />

Eine neue Dauerausstellung anzupacken,<br />

sei ein erfreuliches Signal, aber bei zu<br />

kalkulierenden Entwicklungszeiträumen<br />

von 5 bis 8 Jahren müsse die Tagesarbeit<br />

organisiert werden. Frau Dr. Templin sei<br />

mit den Wechselausstellungen, die derzeit<br />

mit sehr großem Publikumserfolg das St.-<br />

Annen-Museum belebten, gut ausgelastet.<br />

Auch wurde die Frage gestellt, wie man<br />

international Partner finden wolle, wenn<br />

vor Ort keine Dauerausstellung zu besichtigen<br />

sei.<br />

Manfred Eickhölter<br />

Deutsch-Ibero-Amerikanische<br />

Gesellschaft<br />

Fr, 7. Februar, 18.30 Uhr, Volkshochschule,<br />

Hüxstraße 118-120<br />

Oscar Niemeyer, Visionen der<br />

Hoffnung – Mythos der Moderne<br />

Prof. Dr. phil. Jörn Düwel, Geschichte<br />

und Theorie der Architektur, Hafen<br />

City Universität Hamburg<br />

Kein Zweifel, Oscar Niemeyer zählt zu<br />

den bedeutendsten Architekten des 20.<br />

Jahrhunderts.<br />

„Mich<br />

zieht“, beschreibt<br />

er bereits<br />

1946 sein<br />

unkonventionelles Architekturverständnis,<br />

„nicht die gerade Linie an, die hart,<br />

unbiegsam und vom Menschen gemacht<br />

ist, mich ziehen vielmehr die weichen und<br />

sinnlichen Rundungen an, die Kurven der<br />

Berge meines Landes, der verschlungenen<br />

Biegungen unserer Flüsse, der Wolken des<br />

Himmels, des schönen weiblichen Körpers.“<br />

Weltberühmt und zum verklärten<br />

Vorbild wird er schließlich in den sechziger<br />

Jahren mit seinem Entwurf für Brasilia,<br />

der neuen Hauptstadt Brasiliens. Wird<br />

das Werk von Oscar Niemeyer auch künftig<br />

unverrückbarer Teil des Kanons der<br />

Baugeschichte sein?<br />

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit<br />

mit der Volkshochschule<br />

Geschichtsverein<br />

Do, 6. Febr., 18.30 Uhr, Vortragsraum<br />

Verlag Schmidt-Römhild,<br />

Eingang Fünfhausen<br />

Lübeck und Rußland um<br />

1600: gemeinsame Interessen<br />

und personelle Vernetzung<br />

Dr. Iwan Iwanov, Lübeck/ Göttingen<br />

Die Eingliederung Novgorods in das Großfürstentum<br />

Moskau im Jahr 1478 veränderte<br />

die Rahmenbedingungen des hansischen<br />

Rußlandhandels grundlegend. Die wichtigsten<br />

Fragen wurden fortan in Moskau<br />

verhandelt und entschieden, während der<br />

niederdeutsche Kaufmann die meisten den<br />

Alltag und die Handelspraxis betreffenden<br />

Angelegenheiten mit dem großfürstlichen<br />

bzw. später zarischen Statthalter in Novgorod<br />

vor Ort regeln mußte.<br />

Um die Interessen eigener Kaufleute<br />

erfolgreich zu vertreten, suchte Lübeck<br />

ein vertrautes Verhältnis zum Zaren, das<br />

sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts<br />

etablierte.<br />

Musik- und Orchesterfreunde<br />

MOF<br />

So, 2. Februar, 19.30 Uhr, Kolosseum,<br />

Kronsforder Allee 25<br />

RIVINIUSKlavierQUARTETT<br />

Gustav Rivinius (Violonchello), Siegfried<br />

Rivinius ((Violine), Paul Rivinius (Klavier)<br />

und Benjamin Rivinius (Viola)<br />

Programm:<br />

Guillaume Lekeu (1870-1894)<br />

Quatour (1892/1893)<br />

Thomas Blomenkamp (1955*)<br />

Toccata, Tombeau und Torso (2009)<br />

Gabriel Fauré (1845-1924)<br />

Quartett Nr.1 in c-mol, op.15 (1876-1879)<br />

Mit besonderer Spannung darf man dem<br />

im Januar 2011 vom Riviniusquartett uraufgeführten<br />

und ihm gewidmeten Stück<br />

des Düsseldorfer Komponisten Thomas<br />

Blumenkamp entgegensehen. „Toccata,<br />

Tombeau und Torso“ entstand als Trauermusik<br />

für einen früh verstorbenen Freund.<br />

Deutsch-Italienische<br />

Gesellschaft<br />

Fr, 14. Februar, 19 Uhr, Volkshochschule,<br />

Falkenplatz 10<br />

Donatello<br />

Dr. Andreas Cante<br />

Der Florentiner<br />

Bildhauer Donato<br />

di Niccolò di<br />

BettoBardi (um<br />

1386 – 1466)<br />

gilt als einer der<br />

Gründerväter der<br />

Renaissance. Was<br />

Donatello zeitlose<br />

Bedeutung verleiht,<br />

ist vor allem<br />

seine Fähigkeit<br />

zum „neuen Sehen“:<br />

Befreit vom<br />

Deckmantel der<br />

Konvention, erscheinen<br />

tausendfach<br />

dargestellte<br />

biblische Gestalten wie David, Johannes<br />

der Täufer, Maria Magdalena und Christus<br />

schockierend real. Donatellos Kunst<br />

vermittelt eine neue Glaubwürdigkeit, die<br />

auf Wahrheit statt auf Schönheit beruht.<br />

16 Lübeckische Blätter 2014/2


Aus der Gemeinnützigen<br />

Aus der Gemeinnützigen<br />

Aus der Gemeinnützigen<br />

Aus der Gemeinnützigen<br />

Dienstagsvorträge<br />

Di, 28. Januar, 19.30 Uhr, Königstraße 5, Großer Saal, Eintritt frei<br />

40 Jahre Ballettgeschichte: John Neumeier in Hamburg<br />

Michael P. Schulz, Lübeck<br />

Seit 40 Jahren leitet der gebürtige Amerikaner das Hamburg<br />

Ballett. John Neumeier hat in der Ballettwelt alles erreicht,<br />

was ein Choreograph erreichen kann: Mit 27 Jahren wird<br />

er der jüngste Ballett-Direktor Deutschlands, heute mit 71<br />

Jahren ist er der dienstälteste Ballettchef der Welt. Seine mehr<br />

als 140 Choreographien sind längst Klassiker und werden von<br />

Compagnien weltweit getanzt. Die „Lübecker Ballettfreunde“<br />

bieten ihren Mitgliedern immer wieder Fahrten in die benachbarte<br />

Hansestadt an, um diese außergewöhnlichen Kreationen<br />

zu sehen.<br />

Gemeinsam mit den Lübecker Ballettfreunden e. V.<br />

Di, 4. Februar, 19.30 Uhr, Königstraße 5, Großer Saal, Eintritt frei<br />

Toleranz und Städtebau – Die frühneuzeitlichen Exulantenstädte<br />

Glücksstadt und Friedrichstadt<br />

Dr. Ing. Ivalu Vesely, Leiterin der Jugendbauhütte Lübeck<br />

Gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz<br />

mittwochsBildung<br />

Mi, 29.1.14, 19.30 Uhr, Königstraße 5, Großer Saal, Eintritt frei<br />

Jedes Kind hat ein<br />

Recht auf Bildung<br />

Birgitt Habermann,<br />

kommissarische Leiterin<br />

der Erika-Mann-<br />

Grundschule<br />

Es gibt eine Grundschule<br />

in Berlin, die als offene<br />

Ganztagsschule geführt<br />

wird, überaus viele Integrationsaufgaben hat, sehr erfolgreich<br />

ist und in den letzten Jahren in der Presse hervorgehoben wurde,<br />

das ist die Erika-Mann-Grundschule! Wir freuen uns, dass<br />

es gelungen ist, mit Birgit Habermann die kommissarische<br />

Schulleiterin und ihre Mitarbeiter Maren-Angelika Loeppke<br />

Mike Menke einzuladen.<br />

Die Erika-Mann-Grundschule ist eine theaterbetonte<br />

Grundschule im Bezirk Mitte, Ortsteil Wedding, in Berlin.<br />

Als sogenannte Brennpunktschule beherbergt sie Kinder aus<br />

vielen verschiedenen Kulturen mit den unterschiedlichsten<br />

Bildungshintergründen und sozialen Strukturen.<br />

Kommunales Kino KoKi<br />

So, 9. 2., 16 Uhr und So, 16. 2., 16 Uhr , Mengstraße 35<br />

Meine liebe Frau Schildt – eine Ode an die Grundschule<br />

D 2013, 90 Minuten<br />

Der Film von Natalie David ist das Porträt einer kurz vor<br />

dem Ruhestand stehenden Grundschullehrerin und ihrer<br />

letzten Klasse in Hamburg. Er regt zugleich an, darüber<br />

nachzudenken, was für eine Schule wir uns für unsere<br />

Kinder wünschen.<br />

Sonderveranstaltung des Koki in Zusammenarbeit mit der<br />

„Mittwochsbildung“.<br />

Musikschule der Gemeinnützigen<br />

Sa, 1. Februar, 11 Uhr, Im Rosengarten, Saal, Eintritt frei<br />

Das tierische Landfest der OHRkester-WERKstatt von Page<br />

Woodworth<br />

Sa, 1. Februar, 19 Uhr, Audienzsaal, Rathaus<br />

Benefizkonzert zugunsten krebskranker Kinder der<br />

Violinklasse Vladislav Goldfeld und der Klavierklasse Vadim<br />

Goldfeld<br />

Kunstschule der Gemeinnützigen<br />

Bis 14. Februar 2014, Baader GmbH, Geniner Straße 249<br />

Die Magie der Dinge<br />

Ausstellung<br />

Kolosseum<br />

1. Februar, 20 Uhr, Kronsforder Allee 25<br />

Operngala<br />

Orchester der Universität zu Lübeck<br />

Erklingen werden u. a. die Freischütz-Ouvertüre<br />

und die Ouvertüre aus Mozarts Oper „Die<br />

Entführung aus dem Serail“. Arien wie z. B.<br />

Verdis „Sempre libera“ und Puccinis „Che<br />

Gelida Manina“ werden von der Sopranistin<br />

Zsuzsa Bereznai und dem Tenor Henning Kothe mit viel Gefühl<br />

zum Leben erweckt. Weitere Informationen finden Sie unter<br />

www.orchester.uni-luebeck.de.<br />

Theaterring<br />

GT 2<br />

So, 2. Februar, 18:30, Kammerspiele<br />

Onkel Wanja, Anton Tschechow<br />

GT 1<br />

Fr, 7. Februar, 20 Uhr, Kammerspiele<br />

Leonce und Lena, Georg Büchner<br />

Seniorentreff am Sonntagnachmittag<br />

So, 9. Februar, 15.30 Uhr, Königstraße 5<br />

Zilles Milljöh<br />

Fackenburger Liedertafel<br />

Karten u. a. im Büro der Gemeinnützigen, Tel. 75454<br />

Als neue Mitglieder begrüßen wir:<br />

Dr. Christiane Klimek<br />

Asmus Doehring<br />

Vitter Thiessen<br />

Sven Raub<br />

Wiebke Dorothee Raub-Mennerich<br />

Reinhard Priebe<br />

Jörn Sanftleben<br />

Sigurd Böttger<br />

Hannelore Wöhlk<br />

Andres vom Ende<br />

Oke Heuer<br />

Petra Heuer<br />

Uta Priebe<br />

Lübeckische Blätter 2014/2 17


Offizielle Einweihung des Kunstkindergartens der Gemeinnützigen<br />

Das „Storchennest“ – die andere Kita<br />

Die Gemeinnützige gestaltet vorbildliche Früherziehung<br />

Von Hagen Scheffler<br />

Hoch über der Kreuzung Ratzeburger<br />

Allee/Ecke Petersstr. thront das „Storchennest“,<br />

die neue Kindertagesstätte, die<br />

die Gemeinnützige am 7. Dez. 2013 mit<br />

einem kleinen „Budenzauber“ fröhlich<br />

eingeweiht hat. Zur offiziellen feierlichen<br />

Eröffnung sprachen Titus Jochen Heldt<br />

als Direktor der Gemeinnützigen, Klaus<br />

Puschaddel als stellvertretender Stadtpräsident<br />

und Renate Menken als Vorsitzende<br />

der Possehl-Stiftung. Musik machten die<br />

„Storchennest“-Kinder und ihre Erzieher.<br />

Hier, auf dem Gelände der heutigen<br />

Kunstschule der Gemeinnützigen, hat es<br />

bis 1972 zwei Storchennester gegeben,<br />

worauf noch heute in einem Emblem der<br />

Eingangstür hingewiesen wird. Was lag<br />

näher, als diesen Namen dann auch der<br />

Stätte für die Frühförderung von Kindern<br />

zu geben. Die Gemeinnützige traut sich<br />

etwas, erweitert ihr bewährtes Angebotsprogramm<br />

für die Familie und zeigt jetzt<br />

auch als Träger einer vorschulischen Einrichtung<br />

Flagge auf dem Gebiet der Betreuung<br />

und Frühförderung von Kindern<br />

im Haus der Kunstschule. Was in vielen<br />

Vorträgen, z. B. im Rahmen der „Mittwochsbildung“,<br />

theoretisch vorbereitet<br />

worden ist, hat jetzt praktische Umsetzung<br />

erfahren. Damit knüpfte die Gemeinnützige<br />

wieder an ihre vergleichbaren Einrichtungen<br />

im 19. Jahrhundert an.<br />

Der lange Weg von der Idee bis<br />

zur Verwirklichung<br />

Es begann etwa vor zehn Jahren mit einem<br />

„kreativen Spielkreis“, der zunächst<br />

in der Dr.-Julius-Leber-Str. beheimatet<br />

war, erinnert sich Ursula Cravillon-Werner,<br />

die seit 20<strong>02</strong> Leiterin der Kunstschule<br />

ist und von Anbeginn von einer Kindertagesstätte<br />

in den Räumen der Kunstschule<br />

geträumt hat. Vor acht Jahren nahm die<br />

Idee dann langsam Gestalt an, von der<br />

Vorsteherschaft unterstützt, vor allem von<br />

Claus-Peter Lorenzen (zuständig für die<br />

Kunstschule) und von Olaf Fahrenkrog<br />

(zuständig für die bauliche Betreuung).<br />

Im Mittelpunkt der Projektentwicklung<br />

standen dabei zunächst vor allem Finanzierungsfragen,<br />

insbesondere die Baufinanzierung,<br />

mit der das Haus der Kunstschule<br />

im Erdgeschoss zur Aufnahme<br />

des „Storchennests“ renoviert und auch<br />

umgebaut werden konnte. Zu beachten<br />

war dabei, dass das ehemalige Wohnhaus<br />

der Familie Wiswe denkmalgeschützt ist.<br />

Seit es der Gemeinnützigen vererbt wurde,<br />

wird es von der Gertrud- und -Rudolf-<br />

Wiswe-Stiftung betreut. Der „Löwenanteil“<br />

zur Finanzierung von insgesamt<br />

140.000 Euro kam vom Sonderprogramm<br />

des Bundes für den Kita-Ausbau, nämlich<br />

100.000 Euro, 10.000 Euro steuerte die<br />

Die Leiterinnen des Kindergartens, Eike Erdmann (Organisation) und Christine Möller<br />

(pädagogische Leiterin)<br />

(Foto: Kunstschule der Gemeinnützigen)<br />

Possehl-Stiftung bei, den Rest schulterte<br />

die Gemeinnützige.<br />

Starten konnte das „Storchennest“<br />

nach dem Erhalt der staatlichen Anerkennung<br />

als Kita am 1. August 2013 mit zwei<br />

Gruppen à 15 bzw. 16 Kindern. Damit hat<br />

die Gemeinnützige die Hansestadt Lübeck<br />

bei der Aufgabe unterstützt, den gesetzlichen<br />

Auftrag zu erfüllen, nämlich bis zum<br />

1. August 2013 für mindestens ein Drittel<br />

der Unterdreijährigen genügend Plätze<br />

vorzuhalten.<br />

Zur Konzeption<br />

„Frühe künstlerische und musische<br />

Aktivitäten“ wirken sich nachhaltig positiv<br />

auf die Entfaltungsmöglichkeiten<br />

von Kindern aus, darin sind sich Ursula<br />

Cravillon-Werner, Leiterin der Kunstschule,<br />

Christine Möller, pädagogische<br />

Leiterin der Kunst-Kita und Eike Erdmann<br />

(Organisationsleiterin) einig. Das<br />

frühe aktive künstlerische und musische<br />

Tun fördert motorische Fähigkeiten, den<br />

Spracherwerb, das Sozialverhalten und<br />

hat unstrittig eine sehr gute Auswirkung<br />

auf die emotionale wie auch kognitive<br />

Entwicklung von Kindern. Durch die Verzahnung<br />

mit der Kunstschule besitzt die<br />

„Storchennest“-Kita mit ihrer integrierten<br />

ästhetischen Früherziehung ein Alleinstellungsmerkmal<br />

in Schleswig-Holstein,<br />

worauf Frau Cravillon-Werner – sie sagt<br />

dies auch mit Dank und Anerkennung an<br />

alle MitarbeiterInnen im Hause – wohl zu<br />

Recht stolz ist.<br />

Die Nutzung eines Schrebergartens<br />

an der Wakenitz, in zehnminütiger Wanderung<br />

erreichbar, schafft nicht nur Abwechslung<br />

im Tagesablauf, sondern bietet<br />

die Möglichkeit, die Natur im Jahresablauf<br />

zu erforschen und durch Gartenarbeit<br />

zu entdecken. Außerdem bieten sich<br />

Gelegenheiten und Platz zum Spielen<br />

und Toben, zumal die Außenanlagen der<br />

Kunstschule noch der konzeptionellen<br />

Gestaltung und Überarbeitung bedürfen.<br />

Für Spiel und Sport können die Kinder<br />

auch die große Turnhalle der Gemeinschaftsschule<br />

St. Jürgen benutzen.<br />

Die personelle Ausstattung der Kunst-<br />

Kita kann sich sehen lassen. Das Kita-<br />

Team besteht derzeit aus sieben Erzieherinnen<br />

und Erziehern (alle auf Teilzeitbasis),<br />

einem sozialpädagogischen Assistenten,<br />

drei Praktikantinnen und Praktikanten<br />

und zwei „Ein-Euro-Kräften“ vom Jobcenter.<br />

Sie alle tragen Verantwortung für<br />

31 Kinder, die in zwei Familiengruppen<br />

eingeteilt sind. Zu jeder der beiden Familiengruppen<br />

gehören Kinder vom ersten<br />

bis zum sechsten Lebensjahr.<br />

18 Lübeckische Blätter 2014/2


Offizielle Einweihung des Kunstkindergartens der Gemeinnützigen<br />

Volles Haus am Tag der offiziellen Einweihung des Kunstkindergartens am 7. Dezember 2013<br />

(Foto: Kunstschule)<br />

Das Verhältnis von Gruppengröße<br />

und Betreuerpersonal ist unter heutigen<br />

Bedingungen gut. Im Vergleich mit anderen<br />

Trägern und Kommunen gilt das auch<br />

für die Vergütung der Fachkräfte, die den<br />

Höchstsatz an Stundenvergütung erhalten.<br />

Vorbildlich dürfte dabei auch sein, dass<br />

pro Woche vier Stunden für die pädagogische<br />

Vor- und Nachbearbeitung und eine<br />

Stunde für Elternarbeit, Dienstversammlungen<br />

etc. bezahlt werden.<br />

Die attraktiven Arbeitsbedingungen haben<br />

dazu geführt, dass es hier keine personellen<br />

Engpässe gibt. Die Öffnungszeiten<br />

der Kita reichen von 7.30 bis 17 Uhr. Zu<br />

den täglichen Ritualen gehören gemeinsame<br />

Mahlzeiten. Das Mittagessen kommt<br />

aus der „Piratenküche“ (Schlutup) und ist<br />

überwiegend vegetarisch ausgerichtet.<br />

Mit ihrer künstlerisch-musischen<br />

Schwerpunktsetzung, mit der Einbeziehung<br />

der Garten-Natur und der Möglichkeit<br />

für Spiel, Bewegung und Sport arbeitet<br />

die „Storchennest“-Kita auf der Grundlage<br />

einer modernen, zukunftsorientierten<br />

Pädagogik, die alle, auch die schöpferischen<br />

Anlagen von Kindern optimal zu<br />

entwickeln in der Lage ist.<br />

Laufende Kosten<br />

Die laufenden Kosten einer solchen<br />

Einrichtung, in der Hauptsache Personalkosten,<br />

Miete und Unterhaltungskosten,<br />

sind beträchtlich und können durch die Elternbeiträge,<br />

die nicht gerade gering sind,<br />

allein nicht gedeckt werden. Eltern zahlen,<br />

gestaffelt nach Einkommen, bis zu ca. 400<br />

Euro pro Monat (340 Euro für Kinder unter<br />

drei Jahren, 260 Euro für Kinder über<br />

drei Jahren, zuzüglich 65 Euro für das<br />

Mittagessen). Über Anträge auf Ermäßigung<br />

entscheidet die Kommune. Darüber<br />

hinaus gibt es Fördermittel vom Land und<br />

der Kommune: Die sechsstündige Betreuung<br />

pro Tag einer Gruppe von 15 Kindern<br />

wird mit 70.000 Euro vom Land und<br />

10.000 Euro von der Kommune gefördert.<br />

Für die achtstündige Betreuung erhöhen<br />

sich die Summen auf 90.000 Euro vom<br />

Land und 19.000 Euro von der Kommune.<br />

Das „Storchennest“<br />

strahlt<br />

Das „Storchennest“<br />

ist sowohl<br />

bei Erziehern wie<br />

bei Eltern sehr beliebt.<br />

So gab es zwölf<br />

Bewerbungen für<br />

eine Erzieherstelle,<br />

und auf der Warteliste<br />

für einen Platz<br />

in der Kunst-Kita stehen 100 Kinder,<br />

von ihnen können aber nur sechs Kinder<br />

ab Sommer 2014 aufgenommen werden.<br />

Dieser sich abzeichnende Engpass ist bedauerlich.<br />

Dennoch hat Direktor Titus Jochen<br />

Heldt seiner Zufriedenheit und Freude<br />

über die Symbiose von Kunstschule und<br />

Kunst-Kita bei der Eröffnungsfeier zum<br />

Ausdruck gegeben und seinen Dank an<br />

alle Beteiligten ausgesprochen, die in<br />

dieses wunderschöne, historisch sehr bedeutsame<br />

Gebäude „so viel jugendlichen<br />

Schwung, Freude und Elan“ hineingebracht<br />

hätten. In Abwandlung eines Ausspruchs<br />

von Thomas Mann gab Heldt<br />

das Motto aus: „Die Kita ,Storchennest‘<br />

strahlt!“<br />

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Lübeckische Blätter 2014/2 19


Die soziale Stadt<br />

Vom Thema zur Gestaltungsaufgabe in der Stadt<br />

Die Aufnahme von Flüchtlingen in Lübeck<br />

Von Pastorin Elisabeth Hartmann-Runge, Flüchtlingsbeauftragte des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg<br />

Spätestens seit „Lampedusa“ im vergangenen<br />

Oktober ist die Situation von<br />

Flüchtlingen in Europa vielen Menschen<br />

näher gerückt. Bilder und Berichte von der<br />

Tragödie, bei der über 500 Menschen ihr<br />

Leben vor den Toren Europas verloren, haben<br />

sich Vielen eingeprägt, und es wächst<br />

das Bewusstsein in der Gesellschaft, dass<br />

bloßes Entsetzen nichts verändern wird.<br />

Menschen- und Bürgerrechte auf einem<br />

friedensnobelpreis-gekrönten Kontinent<br />

stehen angesichts solcher Ereignisse als<br />

Folge rigider Abschottungspolitik der EU<br />

infrage. Und während es auf dem europapolitischen<br />

Parkett nach kurzer Debatte<br />

und manch gewichtigem Wort wieder stiller<br />

geworden ist, kommen in vielen Regionen<br />

und Kommunen neue Prozesse in<br />

Gang. So auch in unserer Stadt, die mit<br />

dem nicht wirklich aufgeklärten Brandanschlag<br />

auf das Flüchtlingswohnheim<br />

in der Hafenstraße am 18. Januar 1996<br />

ohnehin ein schweres Vermächtnis trägt.<br />

Jährlich wird der zehn Menschen gedacht,<br />

die damals ums Leben kamen. Fragen<br />

über Standards für die Unterbringung, die<br />

Qualität der Betreuung und die Begleitung<br />

von Flüchtlingen müssen insbesondere<br />

vor diesem Hintergrund immer wieder<br />

neu gestellt werden.<br />

Wie sieht die aktuelle Realität<br />

vor Ort aus?<br />

Jeden Dienstag fahren Mitarbeitende<br />

der Lübecker Gemeindediakonie morgens<br />

zum Hauptbahnhof und empfangen neu<br />

ankommende Flüchtlinge, die aus der zentralen<br />

Landesunterkunft für Flüchtlinge<br />

und Asylsuchende in Neumünster umverteilt<br />

wurden. Nach dem bundesweiten Verteilungsschlüssel<br />

ist für Lübeck eine kommunale<br />

Aufnahmequote von 7,8 Prozent<br />

der Asylbewerber in Schleswig-Holstein<br />

vorgesehen. Die Quote für Schleswig-<br />

Holstein im Bundesländervergleich beträgt<br />

3,3 Prozent. Entsprechend kommen<br />

z. Zt. pro Woche zehn neue Menschen in<br />

unsere Stadt. Sie erhalten dann bis auf<br />

Weiteres Wohnraum in einer der Flüchtlingsunterkünfte,<br />

die die Stadt zusammen<br />

mit der Diakonie als Betreuungsverband<br />

in verschiedenen Stadteilen betreibt – als<br />

Gemeinschaftsunterkünfte, Wohneinheiten<br />

oder in Pensionen. Bei fortlaufend<br />

steigendem Bedarf wird jetzt die zehnte<br />

Unterkunft in Betrieb genommen. Diese<br />

Dynamik gibt notwendigerweise Anlass<br />

zu verstärktem Nachdenken über Fragen<br />

des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher<br />

Herkunft, Kulturen und in<br />

weit auseinanderliegenden ökonomischen<br />

Realitäten in unserer Stadt – zumal sich<br />

jedes Mal, wenn „das Thema Flüchtlinge“<br />

vor der Haustür „Hand und Fuß bekommt“,<br />

auch Ängste und Vorbehalte bis<br />

hin zu massiven fremdenfeindlichen Äußerungen<br />

regen.<br />

Die Aufmerksamkeit wächst<br />

Doch zugleich wächst auch generationenübergreifend<br />

die Aufmerksamkeit für<br />

die Lebenswirklichkeit derer, die es trotz<br />

Abwehrmaßnahmen und Grenzregime bis<br />

zu uns geschafft haben und hoffen, von<br />

hier aus ein Stück Zukunft bauen zu können.<br />

Lübecker Bürgerinnen und Bürger erinnern<br />

sich an eigene Flüchtlingsschicksale,<br />

und die Stadtgeschichte, insbesondere<br />

die nach 1945, bietet genügend Anknüpfungspunkte<br />

zu Fragen der Aufnahme und<br />

Integration von Flüchtlingen in der Vergangenheit.<br />

Da gibt es Vergleichbares und<br />

doch so Verschiedenes zu entdecken und<br />

zu verstehen.<br />

Das aktuelle wie historische „Thema<br />

Flüchtlinge“ wird zum konkreten Gegenüber,<br />

wenn Flüchtlinge nicht bloß als<br />

Notstand verwaltet werden, sondern als<br />

Subjekte selbst zu Wort kommen; wenn<br />

Einheimische und Fremde, Alte und Junge,<br />

gemeinsam hör- und sprachfähig werden,<br />

zusammen Leid und Unrecht spüren,<br />

Rechtswege suchen, trauern, bangen und<br />

Hoffnung buchstabieren.<br />

Ganz alltägliche Fragen<br />

Was heißt es z. B., mit über 50 Menschen<br />

verschiedener Kulturen in einer<br />

hellhörigen Gemeinschaftsunterkunft zu<br />

leben und Kochnischen und sanitäre Anlagen<br />

zu teilen? Was bedeutet es, nicht<br />

freizügig zu sein, sondern für jede Fahrt<br />

in ein anderes Bundesland eine Verlassenserlaubnis<br />

beantragen zu müssen?<br />

Wie fühlt es sich an, nicht arbeiten zu<br />

dürfen oder jahrelang auf einen Ausbildungsplatz<br />

warten zu müssen? Was<br />

macht es mit jungen Menschen, dass<br />

Behörden sie willkürlich mehrere Jahre<br />

älter machen, weil sie aus ihrem Land<br />

keine Geburtsurkunde vorlegen können?<br />

Wie fühlt es sich an, mit Bildern von<br />

der Flucht im Kopf nachts stundenlang<br />

wach zu liegen? Warum fürchten sich<br />

Menschen bis zur Verzweiflung davor,<br />

nach Italien oder Frankreich abgeschoben<br />

zu werden? Und wie halten Menschen<br />

es aus, jahrelang auf das Ergebnis<br />

ihrer Asylanhörung zu warten?<br />

Aber manchmal gibt es auch Erfolge<br />

zu feiern, zum Beispiel, wenn ein positiver<br />

Asylbescheid kommt, wenn ein Praktikumsplatz<br />

zugesagt wird, wenn der Umzug<br />

von der Flüchtlingsunterkunft in eine<br />

20 Lübeckische Blätter 2014/2


L Ü B E C K I S C H E<br />

B L Ä T T E R<br />

HERAUSGEGEBEN VON DER<br />

LÜBECKISCHEN GESELLSCHAFT ZUR BEFÖRDERUNG GEMEINNÜTZIGER TÄTIGKEIT<br />

Einhundertachtundsiebzigster Jahrgang<br />

2013<br />

VERLAG MAX SCHMIDT-RÖMHILD, LÜBECK<br />

Lübeckische Blätter 2014/2<br />

I


Impressum: LÜBECKISCHE BLÄTTER<br />

www.<strong>luebeckische</strong>-<strong>blaetter</strong>.<strong>info</strong><br />

Herausgeberin: Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, Königstraße 5, 23552 Lübeck, Telefon: 7 54 54, Telefax: 79 63 54. Verantwortlich: Doris Mührenberg.<br />

Verantwortlicher Redakteur (V.i.S.d.P.): Dr. Manfred Eickhölter, Telefon: (04 51) 5 80 83 24, E-Mail: manfredeickhoelter@t-online.de.<br />

Die Zeitschrift erscheint 14-täglich außer in den Monaten Juli/August. Die Artikel stellen keine offiziellen Meinungsäußerungen der Gesellschaft dar, sofern sie nicht ausdrücklich<br />

als solche gekennzeichnet sind. Für den Abdruck von Artikeln und Fotos wird eine Vergütung nicht gewährt. Die Kürzung eingesandter Artikel bleibt vorbehalten.<br />

Einzelpreis: € 2,–. Für Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

Verlag und Druck: Max Schmidt-Römhild KG, Mengstraße 16, 23552 Lübeck, Telefon: 7031-2 07, Telefax: 7031-2 42.<br />

E-Mail: MSR-Luebeck@t-online.de.<br />

Anzeigenberatung (V.i.S.d.P.): C. Kermel, E-Mail: ckermel@schmidt-roemhild.com, Telefon: (0451) 70 31-2 79, Fax: (04 51) 70 31-2 80.<br />

ISSN 0344-5216 · © 2014<br />

DEUTSCHLANDS<br />

ÄLTESTES<br />

VERLAGS- UND<br />

DRUCKHAUS


Sachverzeichnis<br />

I<br />

Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit<br />

Gesellschaft<br />

Winterball 2013 39<br />

Der Dreijahresbericht in der Kritik 40<br />

Jahresbericht 2001-2013 65<br />

Tischrede des Direktors auf dem Stiftungsfest 72<br />

8 ½ circus space eröffnet 157<br />

Stiftungen der Gemeinnützigen 258<br />

Rückblick auf 8 ½ circus space 290<br />

Beratungsversammlung 314<br />

Einrichtungen<br />

Dienstagsvorträge<br />

Über die documenta 100<br />

Kinderwünsche 110<br />

Georg Büchner 138<br />

Julius Leber 319<br />

Franzosenzeit, 1806-1813 357<br />

Mittwochsbildung<br />

Ministerin Wende: Zukunft der Schule 90<br />

Maike Reese: Was ist eine gute Schule? 129<br />

Ralf Vollbrecht, Medienpädagogik 226<br />

Lore Rørvig, Schulen in Dänemark 146<br />

Matti Meri, Lehrer in Finnland 232<br />

Elisabeth von Thadden, Bildung 242<br />

Jost Schieren, Waldorfschulen 278<br />

Hans-Christoph Koller, Bildung als Prozess 331<br />

Bernhard Dressler, Religion 351<br />

Schauspielschule<br />

Aufführung einer Spielgruppe 224<br />

Knabenkantorei<br />

Weihnachtssingen 12<br />

Bücherei<br />

Vortrag über Katia Mann 288<br />

Bürgergast<br />

Joanna Skoczen, Polen 127<br />

Krzysztof Wróblewski; Polen 239<br />

Musikschule<br />

Ralph Lange übernimmt Leitung 21<br />

Abschiedkonzert für Gerhard Torlitz 56<br />

Gespräch mit Gerhard Torlitz 58<br />

Ralph Lange im Porträt 64<br />

Ensemble cross.art: Auf nach Brasilien 101<br />

Musikprojekt Koggenweg 194<br />

Musikschule und Begabtenförderung 282<br />

fisch in dir, ein Musiktheaterprojekt 382<br />

Seniorentreff<br />

Lesung mit Dagmar Laurens 304<br />

Beethoven-Zyklus der Brüder Goldfeld im Kolosseum 324<br />

Der Wagen<br />

Besprechung des Wagen 2012 377<br />

Tochtergesellschaften und -vereine<br />

Lübecker Singakademie<br />

Mendelssohns Elias in der MuK 265<br />

Freibad Falkenwiese<br />

Trio Miss Muffats Maulwurf 186<br />

Paten für Lübecker Kinder<br />

Photographische Gesellschaft<br />

Peter Baustian, ein Porträt 222<br />

Lübecker Autorenkreis<br />

Literarischer Frühschoppen 84<br />

Lesung von Dieter Bührig 225<br />

Herbsttagung 342<br />

Overbeck-Gesellschaft<br />

Ausstellung David Tremlett 84<br />

8 ½ circus space als Aktion 290<br />

Rituals of Self Designs 361<br />

Verein der Musikfreunde<br />

Letztes Konzert, Modigliani-Quartett 86<br />

Verein der Musik- und Orchesterfreunde (MOF)<br />

Runge und Ammon 323<br />

Kurzporträt MOF 383<br />

Kolosseum<br />

Felicitas Schiffner 86<br />

Grüner Kreis<br />

100 Jahre Schulgarten 205<br />

Stadtteilverein Siems<br />

Ehrung für Eugen Ahrens 209<br />

Neuaufnahmen 5, 93, 145, 209, 237, 281,<br />

297, 349, 369<br />

Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck<br />

Hans-Peter Süfke ist neuer Vorstandsvorsitzender 5<br />

Jahresbericht 2012 95<br />

Übergabe Zuwendungsscheck an Gemeinnützige<br />

in Höhe von 500 Tsd. 237<br />

Förderung Wohncampus 281<br />

Stiftung würdigt Begabtenförderung der Musikschule 282<br />

Lübeckische Blätter 2014/2<br />

III


II<br />

Politik<br />

Bürgerschaftssitzung im Januar 38<br />

Bürgerschaftssitzung im Februar 88<br />

Bürgerschaftssitzung im März 106<br />

Bürgerschaftssitzung im Juni 211<br />

Bürgerschaftssitzung im September 277<br />

Bürgerschaftssitzung im Dezember 370<br />

Personen<br />

Gustav Radbruch – Leben, Werk und Aktualität 1<br />

Arnold Brecht, Jurist 33<br />

Sven Simon, Schauspieler 98<br />

Axel Werner Kühl, Pastor 123<br />

Marlies Bilz-Leonhardt, Journalistin 124<br />

Katharina Kost-Tolmein, Operndirektorin 132<br />

Irmgard Heiss, Schwester von Karl Stellbrink 143<br />

Eduard Drost, Silberschmied 168<br />

Emil Schumacher, Maler 170<br />

Roman Brogli-Sacher, Musikdirektor 189<br />

Heinz Wiggers, Musikmäzen 193<br />

Paul Bromme, Politiker 197<br />

Eugen Ahrens, Vorsitzender Ortsverein Siems 209<br />

Peter Baustian, Fotograf 222<br />

Krzysztof Wróblewski, Bildhauer 239<br />

Hermann August Francke, Bildungsreformer 248<br />

Jenny Lind, Sängerin 249<br />

Klaus Kütemeier, Bildhauer 256<br />

Michael Schoenholtz, Bildhauer 284<br />

Ferdinand Behrens, Porträtmaler 316<br />

Neue Vortragsreihe des Willy-Brandt-Hauses 319<br />

Putzen gegen das Vergessen 331<br />

Gedenkstätte Märtyrer eröffnet 332<br />

Hochwater 1872 344<br />

Franzosenzeit, 1806-1813 357<br />

Digitalisierung Brahmsarchivalien 366<br />

Festakt Willy Brandt 372<br />

Hörbuch zur Hanse 381<br />

Wanderung zum Pöppendorfer Lager 384<br />

Lübecker Chronik: Dezember 2012 (6); Januar 2013 (54); Februar<br />

(94); März (126); April (163); Mai (196); Juni (210,<br />

238); Juli (238); August (259); September (308); Oktober<br />

(330); November (373)<br />

Soziales<br />

Wir sind noch einmal davongekommen – eine Betrachtung 7<br />

Tierische Weihnachtsbotschaft 13<br />

Stadtverwaltung führt „Allris“ ein 24<br />

7. Armutskonferenz 81<br />

Kinderwünsche 110<br />

Zivilcourage, eine Diskussion 147<br />

8 ½ circus space eröffnet 157<br />

Preis der Bürgerakademie 206<br />

Stiftungen der Gemeinnützigen 258<br />

Segensreiche Wirkung der Stifter 273<br />

Rückblick auf 8 ½ circus space 290<br />

Das neue Buddenbrookhaus 299<br />

Einweihung Humboldtwiese 309<br />

Schüleraktion zum Gedenken an Nazi-Opfer 331<br />

Aufruf: Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter 365<br />

Kurzporträt des Vereins Musik und Orchesterfreunde 383<br />

Erinnerungskultur<br />

Golo-Mann-Gesellschaft lobt Preis aus 15<br />

Tagung Stadtarchäologie im Hanseraum 16<br />

Arnold Brecht belehrt Hitler 33<br />

Gedenken an Palmarum auf Erfolgskurs 89<br />

Erinnerungstag KlopfKlopf 96<br />

Fischverarbeitendes Gewerbe in Schlutup 114<br />

Bürgerliche Gedenkvielfalt 121<br />

Ein Silberschmied als Zwangsarbeiter 168<br />

Paul Bromme, eine Biografie 197<br />

Hermann August Francke, Bildungsreformer 248<br />

Jenny Lind, die schwedische Nachtigall 249<br />

Erster Schultag in St. Lorenz-Nord 257<br />

Ulrich Gabler, Biografie 262<br />

Theodor Storm, Biografie 263<br />

Gerettete Schätze 273<br />

Integration, schon 1890 279<br />

Begegnung mit Katia Mann 288<br />

Thomas-Mann-Tagung in Bonn 298<br />

Gedenkstätte Ahrensbök 300<br />

Ferdinand Behrens, Porträtmaler 316<br />

Wirtschaft, Stadtentwicklung,<br />

Wissenschaftsstadt<br />

Wege zur Wissenschaftsstadt 10<br />

Lübecks Uni auf dem Weg zur Stiftung 11<br />

Kreditwürdigkeit 11<br />

Neujahrsempfang IHK 22<br />

Der Grünstrand bleibt 49<br />

Feste Beltquerung, Raumordnungsverfahren 78<br />

Neuer Nutzen in alten Industriebauten? 112<br />

Deutsche Bahn <strong>info</strong>rmiert über Lärmschutz 128<br />

Neues Bauen in der alten Stadt, 1 139<br />

Ablehnung der X-Trasse? 142<br />

Neues Bauen in der alten Stadt, 2 155<br />

Das Wunder der Lärmverminderung 162<br />

Kontroverse Sitzung Dialogforum Beltquerung 173<br />

Neues Bauen in der alten Stadt, 3 187<br />

X-Trasse kontra Naturparadies 198<br />

Lübecks Straßen als Kulturgut 207<br />

Neues Bauen in der alten Stadt, 4 228<br />

IV Lübeckische Blätter 2014/2


Feste Beltquerung schafft Unmut 234<br />

KaiLine-Projekt vorerst gestoppt 235<br />

Falkenhusen, Stadtwald und Stadtgut 240<br />

Lübecks Stadtteile, Teil 1, St. Lorenz-Nord 243<br />

St. Lorenz-Nord in Stichworten 246<br />

Beltquerung, Sieg der Ökonomie? 262<br />

Stiftungen der Gemeinnützigen 258<br />

Bundestagskandidaten zur Beltquerung 263<br />

Rückblick auf 8 ½ circus space 290<br />

Einweihung Humboldtwiese 309<br />

Wissenschaftstag 310<br />

Bebauung Aqua-Top-Gelände 320<br />

Zukunft des Museums für Natur und Umwelt<br />

wieder ungewiss 333<br />

Dänischburger gegen X-Trasse 350<br />

Bebauung Gründungsviertel 352<br />

Demonstration gegen Beltquerung 367<br />

Bildung<br />

Ministerin Wende: Zukunft der Schule 90<br />

Musikprojekt Koggenweg 194<br />

Maike Reese: Was ist eine gute Schule? 129<br />

Ralf Vollbrecht, Medienpädagogik 226<br />

Lore Rørvig, Schulen in Dänemark 146<br />

Matti Meri, Lehrer in Finnland 232<br />

Elisabeth von Thadden, Bildung 242<br />

Jost Schieren, Waldorfschulen 278<br />

Hans-Christoph Koller, Bildung als Prozess 331<br />

Aktion der Leselernhelfer 333<br />

Bernhard Dressler, Religion 351<br />

Adler und Engel 354<br />

(Kultur-) Wissenschaft<br />

Holzkeller auf Reisen; Funde und Befunde<br />

im Gründungsviertel 75<br />

Digitalisierung Brahmsarchivalien 366<br />

Was ist das „Museum der Unschuld?“ 104<br />

Natur<br />

Wanderfalken-Wiederbesiedlung 156<br />

Ausstellung Klimawandel (n) 158<br />

100 Jahre Schulgarten 205<br />

Falkenhusen, Stadtwald und Stadtgut 240<br />

8 ½ circus space eröffnet 157<br />

Französische Schule ehrt Lübecker Büchersammler 218<br />

Rückblick auf 8 ½ circus space 290<br />

Zukunft der Peking bleibt ungewiss 325<br />

55. Nordische Filmtage 338<br />

Adler und Engel 354<br />

Aufruf: Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter 365<br />

Besprechung des Wagen 2012 377<br />

Museen<br />

Das Museumsquartier St. Annen im Süden der Altstadt 1<br />

St.-Annen-Museum eröffnet 17<br />

Lebenswege im Exil, Ausstellung Buddenbrookhaus 25<br />

Lübecks Musen 2013 27<br />

Museumsgeschichten Teil 1, Ein kühner Erbe 32<br />

Grass-Haus, The Art of John Lennon 61<br />

Museumsgeschichten, Teil 2: Marienfigur als Stilikone? 62<br />

Was ist das „Museum der Unschuld? “ 104<br />

Museumsgeschichten, Teil 3, Puppenhaus und Kinderarbeit 120<br />

Ausstellung Klimawandel (n) 158<br />

Museumsgeschichten, Teil 4, der Musiker von Königslöw 172<br />

Ausstellung Insekten 178<br />

Neuerwerbung des St.-Annen-Museums, Jakob van Utrecht,<br />

Porträt Mathias Mulich 188<br />

Museumsgeschichten, Teil 5, Farben- und Lichtgestaltung 204<br />

Ausstellung Kunst und Handwerk 212<br />

Ausstellung Heinrich Mann 214<br />

Ausstellung Michael Schoenholtz 284<br />

Das neue Buddenbrookhaus 299<br />

Ausstellung Oehlschlaeger 306<br />

Zukunft des Museums für Natur und Umwelt<br />

wieder ungewiss 333<br />

Ausstellung Krippenkultur 345<br />

Ausstellung Hundejahre<br />

Heft 20, U3<br />

Bildende Kunst<br />

Ausstellung David Tremlett 84<br />

Johann Willhelm Cordes im Behnhaus 105<br />

Ausstellung Die Hüxstraße 151<br />

Ausstellung Emil Schumacher 170<br />

Zum Tod von Klaus Kütemeier 256<br />

Ausstellung Michael Schoenholtz 284<br />

Ausstellung Kunst und Handwerk 212<br />

Ausstellung Plastikmüll 286<br />

Kunst als Gastspiel im Stadtraum 293<br />

Ausstellung Oehlschlaeger 306<br />

Ausstellung Rituals of Self Designs 361<br />

Kultur<br />

Impressionen aus Lübeck 8<br />

Viermastbark „Peking“ kommt 2013 nach Hause 14<br />

Industriedenkmalpflege europaweit 42<br />

Vorlesewettbewerb 77<br />

Jubiläum Kulturkirche St. Petri 141<br />

Theaterkultur<br />

Klassenzimmerstück im Landschaftszimmer des Theaters 80<br />

Wettbewerb Theaterplakate 137<br />

Zumutungen des Theaters, ein Rückblick 152<br />

Dreigroschenoper im Katharineum 164<br />

Lübeckische Blätter 2014/2<br />

V


Gespräch mit Roman Brogli-Sacher 189<br />

Vorschau Spielzeit 2013/14 201<br />

Wiedersehen mit Marc Adam 203<br />

Mann-Wagner-Projekt und aktuelle Spielzeit 292<br />

Bühnen Hansestadt Lübeck<br />

Großes Haus<br />

Macbetto 26<br />

Idomeneo 83<br />

Die tote Stadt 131<br />

Thaïs 185<br />

Willy Brandt, die ersten 100 Jahre 233<br />

Der Mann von La Mancha 247<br />

Tristan und Isolde 304<br />

Don Carlo 336<br />

Weihnachtsmärchen 378<br />

Kammerspiele<br />

Jelineks Winterreise 28<br />

Maria Stuart 43<br />

Onkel Wanja 118<br />

Leonce und Lena 136<br />

Ehe der Maria Braun 264<br />

König Lear 322<br />

Lotte in Weimar 327<br />

Studio<br />

Taschenoper, „Der Drachentöter“ 29<br />

Machen Menschen krank? 60<br />

Ärgernisse, eine Collage 87<br />

Kaspar 130<br />

Stadt der Blinden 148<br />

Grenzgänger 183<br />

Ein Schaf fürs Leben 225<br />

Steve Jobs 252<br />

Rigoletto<br />

Heft 19, U3<br />

Moby Dick 379<br />

Spielclub 2, Schneewittchen 381<br />

Freie Theater<br />

Theater Combinale<br />

Kücknitzer Cineastenclub 27<br />

Angerichtet 266<br />

Theater Partout<br />

Männerhort 343<br />

Theater Stiller Wahnsinn<br />

Mr. Pilks Irrenhaus 1<strong>02</strong><br />

Niederdeutsche Bühne<br />

Plünnenball 85<br />

Sluderkraam in’t Treppenhuus 169<br />

Twe as Bonnie un Clyde 289<br />

Gold in de Kehl 383<br />

Literatur<br />

Buch über Straßennamen 12<br />

Autorenpreis an Ernst Augustin 47<br />

Martin Horvath im Buddenbrookhaus 82<br />

Gedanken zu W. Shakespeare 99<br />

Manès Sperber, Ketzer des Sozialismus 1<strong>02</strong><br />

Was ist das „Museum der Unschuld? “ 104<br />

Gespräch über „Schillers schwere Stunde“ 134<br />

Doris Runge, zwischen tür und engel 140<br />

Gespräch über Ernst Augustin 149<br />

Gespräch über Leo Perutz 186<br />

Vortrag Heinrich Mann und Frankreich 215<br />

Lesung von Dieter Bührig im Zolln 225<br />

Lesung und Gespräch über Goethes Reineke Fuchs 230<br />

Theodor Storm, Biografie 263<br />

Herta Müller, die Wortsammlerin 265<br />

Literatursommer in der Petrikirche 274<br />

Ein Abend mit dem mare-Verlag 276<br />

Gespräch über „Geist und Tat“ 288<br />

Thomas-Mann-Tagung in Bonn 298<br />

Lesung mit Dagmar Laurens 304<br />

Lyrische Bilder im Q 45 307<br />

Debütpreis Buddenbrookhaus für Carmen Stephan 362<br />

Gespräch über Edgar Allen Poe 363<br />

Besprechung des Wagen 2012 377<br />

LiteraturNord, Der Roman Im Stein 380<br />

Musikkultur<br />

Die Feuerprobe am Neujahrsabend –Lübecks neuer GMD<br />

ist gefunden 3<br />

Honeggers S<strong>info</strong>nien auf CD 30<br />

Nach Wuppertal in die Oper? 44<br />

Neue Orgel für Jakobikirche 182<br />

Musikprojekt Koggenweg 194<br />

Orgelsanierung St. Gertrud 195<br />

Erste Konzertspielzeit Numajiris 200<br />

Geburtstag Sing- und Spielzeit im Dom 201<br />

Vorschau Eutiner Festspiele 221<br />

Entdeckung Wagner-Druck 315<br />

Vereinsgründung Jazzherbst<br />

H 18, U3<br />

Junge Oper, Volkslieder und Gemälde als CD 337<br />

Brahms-S<strong>info</strong>nien Brogli-Sachers als CD 342<br />

Gitarrentag 342<br />

Digitalisierung Brahmsarchivalien 366<br />

Stärkung der 4-Viertel-Stiftung 374<br />

Musikstadt Lübeck im Blick der Zeitschrift Tonkunst 376<br />

fisch in dir, ein Musiktheaterprojekt 382<br />

Kurzporträt des Vereins Musik und Orchesterfreunde 383<br />

Musik<br />

Felicitas Schiffner 86<br />

Ensemble cross.art: Auf nach Brasilien 101<br />

Benefizkonzert für Japan 107<br />

Jugend kulturell präsentiert Preisträger 119<br />

Wandelkonzert der 4-Viertel-Stiftung 149<br />

Salut Salon im Theater 150<br />

Kammermusikfest Scharwenka-Gesellschaft ,<br />

VI Lübeckische Blätter 2014/2


25-jähriges Jubiläum 180<br />

Livekonzert Liebe und Rebellion 184<br />

Ensemble Radar in der Petrikirche 186<br />

Trio Miss Muffats Maulwurf 186<br />

Abschiedskonzert Brogli-Sacher 207<br />

Eutiner Festspiele 254<br />

Mendelssohns Elias in der MuK 265<br />

Das SHMF, bewegend baltisch 267<br />

Kommentare zum SHMF 272<br />

Bach-Reflections in Jakobi zum Tag der deutschen Einheit 303<br />

Beethoven-Zyklus der Brüder Goldfeld 324<br />

Neue Musik im Ostseeraum, Gesangswelten 342<br />

Wagner-Verdi-Jubiläum im Dom 364<br />

Bach im Remtekonzert 380<br />

Abonnementskonzerte des NDR-S<strong>info</strong>nieorchesters 30, 60,<br />

154, 229, 324, 364<br />

S<strong>info</strong>niekonzerte des Philharmonischen Orchesters Lübeck 12,<br />

47, 1<strong>02</strong>, 151, 213, 253, 303, 335, 362, 380<br />

Kirchenmusik<br />

Bachs Weihnachtsoratorium im Dom Heft 1,U3<br />

Konzert in St.-Jürgen-Kapelle 24<br />

Mendelsohns Athalia in Aegidien 30<br />

Johannespassion in Jakobi 111<br />

Capella de la Torre im Dom 111<br />

Bachs Johannespassion in Marien 133<br />

Bachchor in Aegidien 135<br />

Chor I vocalisti in Marien 167<br />

Abschlusskonzert Buxtehudetage in<br />

Marien 179<br />

Orgelsommer 253<br />

Orgelakademie 307<br />

Buß- und Bettag in Marien 362<br />

Abendmusik in Marien 363<br />

Ewigkeitssonntag in St. Gertrud 364<br />

Verein der Musikfreunde<br />

Letztes Konzert, Modigliani-Quartett 86<br />

Chormusik in St.-Jürgen-Kapelle 375<br />

Verein der Musik- und Orchesterfreunde<br />

Runge und Ammon 323<br />

Musikhochschule<br />

Figaros Hochzeit 46<br />

Lions-Förderpreis 135<br />

Brahmsfestival 165<br />

11. Klarinettennacht 179<br />

Beatles-Revue 253<br />

1. Lübecker Beschwerdechor 334<br />

Brahms-Requiem in Aegidien 335<br />

Glosse<br />

De Promenad 59<br />

Leserzuschriften<br />

Betr. Heft 1, S. 3, neuer GMD gefunden 31<br />

Betr. Heft 21, 2012, S. 358, Haushalt 31<br />

Betr. Heft 4, Grünstrand 95<br />

Betr. den Seniorennachmittag 125<br />

Betr. Heft 7, Seite 106, Bürgerschaft 138<br />

Betr. Heft 11, S. 173ff., Beltquerung 2<strong>02</strong><br />

Betr. Heft 12, S. 2<strong>02</strong>, Beltquerung 227<br />

Betr. Heft 12, S. 204ff., Farben- und Lichtgestaltung<br />

im St.-Annen-Museum 231<br />

Betr. Zukunft Stadtentwicklung 255<br />

Betr. Heft 12, S. 204, Farben- und Lichtgestaltung 255<br />

Betr. Heft 14, S. 235, KaiLine 260<br />

Verfasserverzeichnis<br />

Ahrens, Kristina 224<br />

Anderl, Friedhelm 246<br />

Bansemer, Herwart 156<br />

Behm, Marlies 291<br />

Bellin, Manfred 279<br />

Bilz-Leonhardt, Dr. Marlies 17, 27, 61, 84, 100, 114<br />

Blöcker, Karsten 33<br />

Borns, Annette, Senatorin 31<br />

Bredehöft, Manfred 222<br />

Brenneke, Klaus 203<br />

Dittrich, Konrad 149, 178, 182, 195, 201, 265<br />

Eckloff, Dr. Wolfram 333<br />

Eickhölter, Dr. Manfred 1, 10, 32, 64, 104, 194, 214,<br />

237, 243, 244, 282, 298, 309, 345<br />

Falk, Alfred 16<br />

Finke, Manfred 231<br />

Flügge, Dr. Manfred 215,<br />

Funck, Dr. Jörn 227<br />

Gallinat, Lutz 24, 84, 138, 151, 186, 225, 265, 288,<br />

305, 307, 324, 343, 363, 375, 380<br />

Goden, Prof. Michael 204<br />

Goehler, Stephanie 260<br />

Goette, Jürgen-Wolfgang 25, 47, 60, 80, 89,<br />

95, 123, 130, 143, 148, 183, 197, 207, 214,<br />

225, 252, 263, 274, 319, H20U3, 379, 381<br />

Granow, Gundel 205<br />

Grünefeld, Hans-Dieter 58, 165, 253,<br />

267, 343, 381, 382, 383<br />

Gülsdorff, Dr. Burkhard 127, 239<br />

Lübeckische Blätter 2014/2<br />

VII


Heise, Dr. Brigitte 256<br />

Heldt, Titus Jochen 72<br />

Howe, Carl W. 31<br />

Höppner, Dr. Rudolf 27, 85, 169, 186,<br />

257, 266, 289, 383<br />

Hundt, Dr. Michael 12, 357<br />

Junge, Karl-Theodor 331<br />

Kausch, Dr. Wolfgang 255<br />

Kohfeldt, Günter 152, 201, 292<br />

Klotz, Karl-Friedrich, Prof. Dr. 11, 44, 137, 377<br />

Klug, Günter 258<br />

Kusserow, Dr. Boto 65,<br />

Lehmann, Prof. mult. Eike 262<br />

Lohrer, Michael 168<br />

Lorenzen, Claus-Peter 56, 103, 340, 343<br />

Lubowski, Karin 28, 43, 98, 118, 136, 184, 212,<br />

233, 242, 264, 278, 322, 327, 331, 351, 361, 378<br />

Martens-Howe, Elke 49, 158<br />

Meyer, Dr. Jutta 120<br />

Metzner-Zinßmeister, Monika M. 300<br />

Mührenberg, Doris 75, 246<br />

Nissen, Karl-Heinz 59, 344<br />

Olenhusen, Dr. Albrecht Götz von 249<br />

Ortmann, Peter<br />

H18 U3<br />

Pardey, Wolfgang 3, 30, 47, 86, 101, 1<strong>02</strong>, 107,<br />

133, 151, 165, 186, 191, 200, 207<br />

213,253, 267, 303, 335, 342, 380<br />

Peters-Hirt, Antje 141, 157, 275, 290<br />

Pils, Dr. Holger 140<br />

Prieur, Oliver 138<br />

Reimers, Hans Rathje 240, 384<br />

Reimer, Hans H. 316<br />

Richter, Dr. Jan Friedrich 62<br />

Rodiek, Dr. Thorsten 188<br />

Piest, Wolfgang 129, 226<br />

Sanders, Carl-Dietrich 8, 40<br />

Schedel, Monika 255<br />

Scheffler, Hagen 7, 13, 14, 15, 78, 90, 110, 121,<br />

128, 146, 162, 173, 199, 232, 234,<br />

262,276, 299, 325, 350, 36,<br />

Schnoor, Arndt H1U3, 30, 111, 135, 167, 172, 179,<br />

253, 303, 307, 315, 335, 337,<br />

342, 362, 363, 364, 374, 380<br />

Schophuis, Claudia 332<br />

Schreiber, Jürgen 95<br />

Schuchardt, Larissa 334<br />

Schütt, Doris 333<br />

Schweitzer, Benjamin 338<br />

Schweitzer, Dr. Robert 218<br />

Silberbach, Olaf 86, 154, 179, 267, 324, 363<br />

Siewert, Dr. Roswitha 284, 293, 354<br />

Simon, Dr. Ulrich 218<br />

Sorour, Daniel 323<br />

Tribess, Dr. Hans-Eckhard 2<strong>02</strong><br />

Thoemmes, Martin 105, 170, 306<br />

Veltmann, Dr. Claus 248<br />

Voß, Arndt 26, 29, 30, 46, 60, 77, 83, 87,119, 131, 132,<br />

135, 165, 185, 191, 221, 229, 247, 254, 267,<br />

304, 324, 336, H19U3, 362, 364, 364, 366, 376<br />

Witte, Anke 82, 99, 134, 149, 150, 159, 180, 230<br />

Wölfel, Dietrich 193<br />

Wolter, Hans-Jürgen 6, 22, 54, 81, 94, 126, 163, 196,<br />

210, 238, 259, 308, 314, 330, 372, 373<br />

Wulf, Christa 125<br />

Zarnack, Burkhard 11, 24, 38, 42, 88, 106, 112,<br />

139, 142, 155, 164, 187, 206, 211,<br />

228, 235, 273, 277, 310, 320, 352, 370<br />

VIII Lübeckische Blätter 2014/2


Wohnung möglich wird oder wenn eine<br />

Familienzusammenführung glückt.<br />

Was wird getan, was muss<br />

getan werden?<br />

Angesichts komplexer asyl- und ausländerrechtlicher<br />

Sachverhalte bedarf es in der<br />

Flüchtlingsbegleitung unbedingt professioneller<br />

Fachkompetenz und hauptamtlicher<br />

Zuständigkeiten. Das Gleiche gilt hinsichtlich<br />

medizinischer und therapeutischer Bedarfe.<br />

Die vorhandenen Dienste und Angebote<br />

konnten sich auch bisher nicht über mangelnde<br />

Auslastung beklagen, aber angesichts<br />

Kommentar zur „Stadt der Wissenschaft“<br />

steigender Zahlen wird Verstärkungsbedarf<br />

angemeldet. Ergänzend dazu gibt es jedoch<br />

zahlreiche alltägliche Fragen und Belange,<br />

in denen ehrenamtliche Präsenz und aufsuchende<br />

Unterstützung für Flüchtlinge wichtig<br />

und hilfreich sind. Das können Sprachpartnerschaften<br />

sein; die Begleitung zu Ärzten,<br />

Anwälten, Gesprächen in der Schule, die<br />

Vermittlung in einen Sportverein oder ein<br />

gemeinsamer Ausflug. Teilhabe und Integration<br />

zu ermöglichen, ist eine politische wie<br />

praktische Gestaltungsaufgabe, und es ist<br />

eine gesellschaftliche Präventionsaufgabe. In<br />

einer Stadt, in der Flüchtlinge willkommen<br />

geheißen und achtsam begleitet werden, haben<br />

es Vorbehalte und Fremdenfeindlichkeit<br />

schwerer, Fuß zu fassen.<br />

Flüchtlingsbegleitung führt in die<br />

Dünnhäutigkeit und schärft den Blick für<br />

politische Zusammenhänge. Wir erkennen,<br />

wie verletzlich und zerbrechlich das<br />

Leben ist – aber wir entdecken auch neu,<br />

welche Kräfte es zusammenhalten.<br />

Interessierte erhalten weitere Auskünfte unter<br />

www.migration-in-luebeck.de und bei Pastorin<br />

Elisabeth Hartmann-Runge, Ökumenische<br />

Arbeitsstelle und Flüchtlingsbeauftragte,<br />

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„Stadt der Wissenschaft“, ein kurzer Traum ohne Nachhaltigkeit?<br />

Von Burkhard Zarnack<br />

Das war zu befürchten, was jetzt einer<br />

Pressemitteilung der LN zu entnehmen<br />

war: Das Wissenschaftsteam um Frau Dr.<br />

Klaßen wird spätestens 2015 keine Mittel<br />

mehr aus dem städtischen Geldtopf bekommen<br />

(schon für 2014 sollen eigene,<br />

selbstständige Strukturen entwickelt werden,<br />

was immer das heißt). Damit ist eine<br />

erfolgreiche Arbeit, die der Stadt eine neue<br />

Zukunftsperspektive aufzeigte, und die mit<br />

viel Unterstützung der Bürger begleitet<br />

wurde, mindestens infrage gestellt.<br />

Zur Erinnerung: Mithilfe dieses Teams<br />

gewann die Stadt Lübeck im zweiten Anlauf<br />

gegen renommierte Mitbewerber (Halle<br />

und Regensburg) den Titel „Stadt der Wissenschaft“.<br />

Die Stadt erhielt Geldmittel, um<br />

das Jahr der Wissenschaft durchzuführen;<br />

die Stadtteile wurden an Wettbewerben und<br />

Ausrichtungen beteiligt, Wissenschaftsinseln<br />

entstanden in vielen Stadtteilen, und<br />

viele Veranstaltungen führten nicht nur<br />

Lübecker an die „Geheimnisse“ der Wissenschaft<br />

heran. Verwiesen sei in diesem<br />

Zusammenhang auf den alljährlichen Wissenschaftstag<br />

in Petri, an dem nicht nur die<br />

Erwachsenenwelt, sondern auch die jüngere<br />

Generation beteiligt (und mit Preisen<br />

ausgezeichnet) wurde.<br />

Mindestens zwei äußerst wertvolle,<br />

nachhaltige (?) Ergebnisse für die Stadt und<br />

die Bürger Lübecks brachten diese Aktivitäten:<br />

Stadt und Wissenschaftscampus fingen<br />

an, einander wahrzunehmen; das zwar vorhandene,<br />

aber im Grunde bis dahin minimale<br />

Interesse auf beiden Seiten wurde auf<br />

einmal belebt; die „Offiziellen“ erschienen<br />

gegenseitig auf Veranstaltungen; gemeinsame<br />

Interessenlagen wurden ausgelotet und<br />

– zumindest – zur Kenntnis genommen.<br />

Höhepunkt: Die drohende Schließung der<br />

Medizinischen Hochschule weckte Politik<br />

und Bürger gleichermaßen auf und führte<br />

bekanntlich zu erfolgreichen – gemeinsamen<br />

– Gegenmaßnahmen. „Kiel“ erhielt<br />

eine nachhaltige Lektion! Der Campus<br />

Lübeck schien durch die Einrichtung von<br />

Bundesinstitutionen eher gestärkt aus dieser<br />

Auseinandersetzung hervorzugehen;<br />

eine Stiftungsuni wurde ins Leben gerufen.<br />

Zumindest in Kiel gibt es z. Zt. niemanden<br />

mehr, der die Existenz der Medizinischen<br />

Hochschule Lübeck infrage stellt!<br />

Und der zweite Aspekt? Viele, allerdings<br />

wohl nicht alle Bürger, begriffen in<br />

den vergangenen vier Jahren, dass die Stadt<br />

mit ihrem Campus Lübeck dabei ist, ein<br />

neues, in die Zukunft weisendes Standbein<br />

zu entwickeln, das eben nicht nur Ausdruck<br />

elitärer, entrückter elfenbeinturmartiger<br />

Forschung ist, sondern eine für die Stadt<br />

zunehmende wirtschaftliche Bedeutung<br />

entfaltet. Die im Umfeld des Campus gewachsenen<br />

Wirtschaftsbetriebe weisen darauf<br />

hin. Tendenz: wachsend.<br />

Wovon will Lübeck in Zukunft leben?<br />

Welche Perspektive stellt sich für die Stadt<br />

im Jahre 20030 oder 2050? Es gibt offensichtlich<br />

in der Stadt Bürger (Politiker??),<br />

die glauben, dass die wirtschaftliche Zukunft<br />

Lübecks auch<br />

weiterhin einseitig<br />

auf dem Wasser<br />

(sprich: im Hafen)<br />

zu suchen ist, einem<br />

Wirtschaftszweig,<br />

dessen Entwicklung<br />

nicht nur im Moment<br />

(sondern seit 2009)<br />

ernsthafte Sorgen<br />

bereitet. Für innovative<br />

Wirtschafts- (Wissenschaftszweige),<br />

die zudem noch schnell wachsen, ist offensichtlich<br />

trotz gegenteiliger öffentlicher<br />

Bekundungen kein Platz im Bewusstsein.<br />

Bedeutet dies alles das Ende der „Stadt<br />

der Wissenschaft“? Welche (wirtschaftliche<br />

und kulturelle) (Zukunfts-)Perspektive will<br />

diese Stadt denn nun eigentlich (stattdessen)<br />

im Sinne von Nachhaltigkeit entwickeln?<br />

Glauben Politik und Bürger, dass sie<br />

eine innovative Zukunftsperspektive zum<br />

Nulltarif bekommen? Warum wird ein erfolgreich<br />

begonnener Ansatz weggewischt?<br />

Warum wird dieser Ansatz – Stadt der<br />

Wissenschaft – mit dem Hinweis auf die<br />

schmale Kasse, beerdigt? Was setzt die<br />

Stadt an seine Stelle? Wie wäre es, wenn<br />

die Fraktionen der Bürgerschaft, bevor sie<br />

an dieser Stelle den Rotstift ansetzen und<br />

reflexartige Kommentare über Haushaltsund<br />

Finanzierungsprioritäten absondern,<br />

einmal über die Zukunftsperspektive der<br />

Stadt (nachhaltige) Gedanken machen würden!<br />

Es ist für die Stadt bisher eine Selbstverständlichkeit<br />

gewesen, Kultur und Wirtschaft<br />

nicht nur zu fördern, sondern auch<br />

institutionell zu unterstützen. Warum gilt<br />

dieser Grundsatz nicht auch für die Wissenschaft?<br />

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Lübeckische Blätter 2014/2 21


Theaterkritik<br />

Eine halbe Beerdigung geht nicht<br />

„Wie, Antigone?“ im Jungen Studio<br />

Von Jürgen-Wolfgang Goette<br />

„Antigone“ ist etwa zweieinhalbtausend<br />

Jahre (in Zahlen 2500 Jahre) alt.<br />

Sophokles entwickelte seinerzeit aus der<br />

Überlieferung der griechischen Mythologie<br />

ein Drama. Immer wieder wurde der<br />

Stoff aufgegriffen und neu gestaltet, z. B.<br />

in der Fassung der „Antigone“ von Jean<br />

Anouilh aus dem Jahr 1942. Diese beiden<br />

Texte wurden schwerpunktmäßig für die<br />

Lübecker Aufführung genutzt. Worum geht<br />

es bei Sophokles? Zwei Brüder haben sich<br />

im Kampf um die Herrschaft getötet; der<br />

König ordnet an, dass der eine als Held begraben,<br />

der andere aber als Verräter nicht<br />

beerdigt werden soll. Seine Leiche soll den<br />

Vögeln als Fraß dienen. Diese Anordnung<br />

verletzt die religiösen Regeln der damaligen<br />

Zeit. Dazu kommt noch, dass der<br />

König demjenigen, der gegen sein Gesetz<br />

verstößt, die Todesstrafe androht. Antigone<br />

fühlt sich angesprochen und angegriffen,<br />

sie verweigert den Gehorsam, das göttliche<br />

Recht hat für sie Vorrang vor dem politischen<br />

Gesetz. Es stehen sich also Gottes<br />

Gebot und Staatsmacht gegenüber, Rebellion<br />

und Gehorsam, Freiheit und Funktionieren,<br />

Selbstbestimmung und Unterordnung<br />

und Traum und Vernunft. Die Vertreter des<br />

Staates tragen in der Lübecker Aufführung<br />

eine Maske. Antigone ist auf verschiedene<br />

Schauspielerinnen aufgeteilt. Sie zeigt ihr<br />

Gesicht offen. Sie sagt laut und deutlich<br />

„Nein“. Sie könnte z. B. auch still und versteckt<br />

handeln, nein, sie macht ihre Tat publik.<br />

Sie will die Menschen stellen. Sie will<br />

auch den König stellen. Sie kann ihn nicht<br />

verstehen, sie will ihn auch nicht verstehen.<br />

Diese radikale Konsequenz fasziniert.<br />

Es gibt hier keinen Kompromiss, er könnte<br />

nur ein „fauler“ sein. Eine halbe Beerdigung<br />

geht nicht. Sie spricht Sätze von heller<br />

Transparenz: „Mitlieben, nicht mithassen<br />

ist mein Teil“. Und: „Das ist kein Staat, der<br />

einem nur gehört.“ Das sind Bekenntnisse<br />

von allgemeiner Wahrheit.<br />

Regie führt in der Lübecker Aufführung<br />

Maren Wegner. Sieben Jugendliche<br />

aus dem Spielclub 1 des Theater Lübeck<br />

haben den Text nach verschiedenen Vorlagen<br />

entwickelt und für die Bühne aufbereitet.<br />

Dabei liegt der Schwerpunkt auf<br />

der Entscheidung Antigones, den Befehl<br />

des Königs zu missachten. So entwickelt<br />

sich ein dramatischer Schlagabtausch der<br />

Argumente, halbe Sachen will sie nicht. Ihr<br />

Weg geht nach innen. Da liegt vielleicht<br />

auch der wunde Punkt, eine Stolperschwelle.<br />

Wird nicht von den Menschen erwartet,<br />

dass sie sozial denken und handeln? Muss<br />

man nicht nach außen gehen? Insofern ist<br />

das Fragezeichen, das im Titel der Aufführung<br />

(„Wie, Antigone?“) benutzt wird,<br />

nicht ohne Berechtigung. Mit Souveränität<br />

und Engagement agieren die jungen Leute<br />

auf der Bühne. Sie sind etwa 18 Jahre alt.<br />

Einige sind schon „alte Theater-Hasen“.<br />

Das Ensemble beherrscht gekonnt den<br />

Raum. Das Publikum wird in ihren Bann<br />

gezogen. Große Teile der Vorlagen werden<br />

weggelassen oder nur kurz angedeutet. So<br />

spielen die Tode kaum eine Rolle, Antigone<br />

stirbt, Haimon, der Verlobte, stirbt, die<br />

Mutter stirbt, und der König kommt zur<br />

Einsicht – aber zu spät. Seine Strafe lautet:<br />

Leben. Auch der Chor kommt nicht vor.<br />

Dafür gibt es selbst formulierte Texte, die<br />

sich mit dem Stück auseinandersetzen. So<br />

heißt es beispielsweise: „Ich kann mir eine<br />

Heimkehr in ein Leben des reibungslosen<br />

Funktionierens ... bei ihr nicht vorstellen.<br />

Sie will nicht Erfüllung, sie will den Traum.<br />

Von Kindheit an hat sie die Sehnsucht, allein<br />

zu sein.“ Insofern ist die Lübecker<br />

Aufführung keine neue „Antigone“, aber<br />

sie bietet einen guten Einstieg in ein großes<br />

Thema.<br />

Die Jugendlichen greifen auch den<br />

fundamentalen Satz des Sophokles auf,<br />

nach dem viel „ungeheuer“ ist, aber<br />

„nichts ungeheurer als der Mensch“:<br />

„Manchmal treibt er Gutes, manchmal<br />

treibt er Böses.“ Nelson Mandela und<br />

Adolf Hitler – das ist die Spannbreite.<br />

Inwiefern der Mensch ein Ungeheuer ist,<br />

ist auch häufig im Theater Thema, grade<br />

auch gern im Jungen Studio. Junge Leute<br />

stellen sich bewusst den Herausforderungen,<br />

sie wollen gern radikal denken.<br />

Bemerkenswert: Man kann spannendes<br />

Theater auch in 45 Minuten darbieten.<br />

Mitwirkende: Torben Appel, Ilka<br />

Bartsch, Jasper Eike Caesar, Janne Dannemann,<br />

Gesine Grüneberg, Sarah Grünig,<br />

Hanna Sichau<br />

Janne Dannemann,<br />

Ilka Bartsch<br />

(Foto: Ulf Kersten<br />

Neelsen)<br />

22 Lübeckische Blätter 2014/2


Kritiken: Musik/Vortrag<br />

Der schöne Schein: Bunte<br />

Walzersträuße zum<br />

Jahresauftakt<br />

Wiener Walzer, Galopps und Quadrillen<br />

passen gut zur mild erwartungsfrohen<br />

Stimmung des Neujahrstags. „Glücklich<br />

ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern<br />

ist“ – diese Sentenz aus Johann Strauß‘<br />

(Sohn) Operette „Die Fledermaus“ fokussiert<br />

schön, warum die spezifisch österreichische<br />

Musik so beliebt ist. Nichts allzu<br />

ernst nehmen, ein bisschen schlampert<br />

darf es schon sein, irgendwie läuft sich<br />

alles zurecht. Die Philharmoniker in Wien<br />

haben aus dem Konzert zum Jahresbeginn<br />

Kult gemacht, im Goldenen Saal live und<br />

weltweit übers Fernsehen.<br />

Nun brachten auch die Lübecker Philharmoniker<br />

„Neujahrssträuss(ß)e“ in die<br />

MuK und hatten einen großen Erfolg. Am<br />

Pult stand mit Peter Sommerer der Flensburger<br />

GMD vom Schleswig-Holsteinischen<br />

Landestheater, der aus dem Alpenland<br />

stammt und in Wien studierte. Sein<br />

Gespür für das heikle Musikgenre prägte<br />

die frischen Interpretationen. Präzise und<br />

klar, dabei locker, führte er das Orchester<br />

und ließ obendrein Raum für tempoverzögerte,<br />

raffinierte Übergänge, für das<br />

spezifische Ungefähr der Musik. Dass<br />

der Dirigent das Programm kultiviert und<br />

gspaßig moderierte, setzte einen munteren<br />

Akzent, zumal wenn sich Sommerer mit<br />

Wiener Schmäh über den norddeutschen<br />

Humor verbreitete oder die Deutsche<br />

Bahn bei der Polka „Bahn frei“ (Eduard<br />

Strauß) zur Problemverbindung Flensburg<br />

– Hamburg ihr Fett abbekam.<br />

Von Johann Strauß (Sohn) zog die Ouvertüre<br />

zu „Indigo“ blitzblank und temperamentvoll<br />

vorüber, Bruder Joseph war mit<br />

den sanft ausmusizierten „Sphärenklängen“<br />

und der rumtata umherbrummenden<br />

„Libelle“ zu vernehmen. „Carmen“ machte<br />

fetzig in Wien herum, bei Eduards Potpourri<br />

aus Bizets Oper. Von Vater Johann<br />

Strauß breitete das Orchester „Rosen aus<br />

dem Süden“ voller blühender Riviera-Atmosphäre<br />

aus, gefolgt von pulsierenden<br />

Wellen des „Perpetuum mobile“ und einem<br />

witzigen „Seufzer“-Galopp. Aus der<br />

Operette „Walzertraum“ von Oscar Straus<br />

(außerhalb der Strauß-Dynastie) erklang<br />

„G’stellte Madl’n“, ein glückseliger und<br />

schmiegsamer Musikfluss.<br />

Richard Strauss gehört zu den Jubilaren<br />

des Jahres, sein 150. Geburtstag. So<br />

geriet die „Rosenkavalier“-Suite mit dem<br />

berühmten Walzer ins Programm, auch<br />

wenn Oper und Suite (das Arrangement<br />

stammt nicht vom Komponisten) unlängst<br />

in der Hansestadt auf dem Spielplan standen.<br />

Streicher und Bläser, vor allem die<br />

Hörner, trumpften ausgelassen auf, ließen<br />

überdies die raffiniert instrumentierten<br />

Partien glitzern. Und dann rundeten<br />

„An der schönen blauen Donau“ und der<br />

Radetzky-Marsch von Johann Strauß als<br />

Zugaben champagnerbefeuert den Abend.<br />

Beim anschließenden Empfang verwies<br />

Ilona Jarabek, Geschäftsführerin der<br />

MuK, auf die vielfältigen Veranstaltungen<br />

2014 in der MuK, gipfelnd im Hansetag.<br />

Konzerte können „zauberhafte Momente<br />

des Innehaltens“ vermitteln. Jarabek überbrachte<br />

zudem ein Grußwort von Ministerpräsident<br />

Torsten Albig, der das „Jahr<br />

der kulturellen Bildung“ ausrief. Da der<br />

Bestand des Schleswig-Holsteinischen<br />

Landestheaters Flensburg durch den dauerhaften<br />

Ausfall der Spielstätte Schleswig<br />

akut gefährdet ist, kann der Politiker die<br />

Proklamation vom Kopf auf die Füße<br />

stellen, um die Alltagstauglichkeit zu erproben.<br />

In Lübeck werden angesichts der<br />

nun doch langsam der Vollendung entgegengehenden<br />

Hamburger Elbphilharmonie,<br />

der überregionalen Großkonkurrenz,<br />

sicherlich neue Anstrengungen im<br />

anspruchsvollen Musikprogramm nötig<br />

sein – außerhalb des sommerlichen Festivals.<br />

„Glücklich ist, wer vergisst...“ gilt da<br />

nicht.<br />

Wolfgang Pardey<br />

Zum Finale erscheinen ganze<br />

Konzerte als Zugabe<br />

„Encore!“ heißt die sechzehnte und<br />

letzte CD der Livemitschnitte unter der<br />

Leitung von Roman Brogli-Sacher aus<br />

der MuK. Durchaus doppeldeutig wirkt<br />

der Titel. Eigentlich eine Bezeichnung für<br />

eine Zugabe, vereint die Aufnahme große<br />

romantische und impressionistische Orchesterwerke,<br />

die eigentlich nicht zugegeben<br />

werden. So wächst Encore zu einem<br />

Nachklang, zu einem Vermächtnis des im<br />

Sommer 2013 aus dem Amt geschiedenen<br />

Lübecker Generalmusikdirektors und<br />

Operndirektors, das sich zu Hause am CD-<br />

Spieler nach Belieben reproduzieren lässt.<br />

Die Einspielung schlägt einen weiten Bogen<br />

über attraktive Werke des Repertoires<br />

und spiegelt den herausragenden Standard<br />

der Lübecker Philharmoniker, wie er im<br />

letzten Jahrzehnt erblüht<br />

ist.<br />

Mendelssohn<br />

Bartholdys Ouvertüre<br />

„Die schöne<br />

Melusine“ schweift<br />

lyrisch geheimnisvoll,<br />

wächst zu wilder<br />

Erregung, getönt von changierenden<br />

Klangfarben der Holzbläser, Hörner und<br />

Streicher. Assoziative Magie beschwört<br />

Brogli-Sacher mit dem farbprächtig auftrumpfenden<br />

Orchester in Ravels Rhapsodie<br />

espagnole; raffiniert, untergründig,<br />

funkelnd. Encore! (musicaphon/Klassik<br />

Center Kassel M 56955)<br />

Wolfgang Pardey<br />

Vortrag zu Glauben und Wissen<br />

Unter dem Motto „Glauben, Wissen,<br />

Forschen“ sprach Prof. Ina Wunn am<br />

16. Januar im gut gefüllten Audimax auf<br />

dem Campus der Universität zum Thema<br />

„Weltdeutung, Welterklärung und die Rolle<br />

der Angst“.<br />

Religion und Wissenschaft werden oft<br />

als gegensätzlich wahrgenommen, vor allem<br />

wenn es sich um Fragen der Erkenntnis<br />

und des Wissens handelt- man denke<br />

z. B. an den erbitterten Streit zwischen<br />

Evolutionsbiologie und Kreationismus.<br />

Dieser Diskussion liegt jedoch ein krasses<br />

Missverständnis zugrunde: Während die<br />

Wissenschaften und hier gerade die Naturwissenschaften<br />

die Welt erklären wollen,<br />

d. h. die Vielfalt der Erscheinungsformen<br />

der belebten und der nicht belebten Welt<br />

erklärend zu beschreiben versuchen und<br />

dabei ihr Augenmerk speziell auf Gesetzmäßigkeiten<br />

und auf Ursache-Wirkung-<br />

Konnexe lenken, will die Religion, vor allem<br />

der religiöse Mythos, etwas anderes:<br />

er will die Welt deuten!<br />

Religion befasst sich demnach nicht mit<br />

der Suche nach Gesetzmäßigkeiten, sondern<br />

mit der Suche nach Sinn in einer nur allzu<br />

oft als chaotisch empfundenen und daher<br />

Angst auslösenden Welt. Religion und Wissenschaft<br />

sind daher zwei verschiedene und<br />

sich ergänzende Wege der Welterkenntnis;<br />

zu Konflikten kommt es immer dann, wenn<br />

die eine oder andere Seite die alleinige Deutungshoheit<br />

für sich beansprucht.<br />

Prof. Wunn lehrt an der Leibniz-Universität<br />

Hannover. Forschungsschwerpunkte<br />

sind u. a. der zeitgenössische Islam<br />

in Deutschland, Wissenschaftstheoriehier<br />

vor allem naturwissenschaftliche Ansätze<br />

in den Geisteswissenschaften- sowie<br />

die Entstehung und Evolution der Religionen.<br />

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Lübeckische Blätter 2014/2 23


Lübecker Ereignisse im Dezember<br />

Lübecker Chronik Dezember 2013<br />

Von Hans-Jürgen Wolter<br />

1. Im Alter von 53 Jahren verstirbt Polizeikommissar<br />

Rüdiger Domjahn von der<br />

Polizeistation Travemünde.<br />

2. Die astronomische Uhr in St. Marien<br />

wird für 110.000 Euro restauriert.<br />

4. Der Max-Bahr-Baumarkt an der Lohnmühle<br />

wird durch Hagebau übernommen.<br />

••• Im Hochschulstadtteil feiert der Neubau<br />

des Zentrums für Gehirn, Hormone<br />

und Verhalten Richtfest, Leiter wird Prof.<br />

Dr. Dr. Hendrik Lehnert, er wird Chef von<br />

mehr als 500 Wissenschaftlern und Ärzten.<br />

Die Einrichtung wird von der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft gefördert.<br />

••• Als Gedenkzeichen an die Deportation<br />

von Juden, Sinti und Roma und psychisch<br />

Kranken seit 1940 werden am Hauptbahnhof<br />

drei weiße Fahnen aufgestellt.<br />

5. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion beruft<br />

Marco Bröcker zu ihrem neuen Geschäftsführer,<br />

er folgt Oliver Fraederich,<br />

der jetzt Büroleiter der CDU-Bundestagsabgeordnetin<br />

Alexandra Dinges-Diering<br />

ist.<br />

6. Der Orkan Xaver führt zur Einstellung<br />

des Fernverkehrs, Schulausfall und<br />

Schäden. Der Weihnachtsmarkt wird für<br />

einen Tag geschlossen. ••• Auf dem Gelände<br />

der Firma Bade (früher Coca Cola)<br />

an der Lohmühle wird in einem neuen Geschäftsgebäude<br />

die Sparkasse eine neue<br />

Filiale eröffnen und die Filialen Lindenarcaden,<br />

Krempelsdorfer Allee und Schwartauer<br />

Landstraße schließen. ••• Mit dem<br />

Bundesverdienstkreuz am Bande zeichnet<br />

Bundespräsident Joachim Gauck Gabriele<br />

Hannemann für ihre ehrenamtliche Tätigkeit<br />

„Yad Ruth“ aus. Die Vereinigung<br />

unterstützt vor allem in Armut lebende<br />

Holocaust-Überlebende. ••• Im Alter von<br />

68 Jahren verstirbt der frühere Geschäftsführer<br />

der Lübecker Schwimmbäder, Peter<br />

Lemke.<br />

7. Im Alter von 72 Jahren verstirbt der<br />

Kaufmann Willy Manteuffel. ••• Im Alter<br />

von 81 Jahren verstirbt der frühere Vorsteher<br />

der Parcham’schen Stiftung Peter<br />

Scharff, Geschäftsführer einer Possehl-<br />

Tochter in Hamburg.<br />

9. Die Possehl-Stiftung will über 5 Jahre<br />

jeweils jährlich 3 Mio. Euro für die<br />

Schulsanierung zur Verfügung stellen, für<br />

die Maßnahmen muss die Stadt lediglich<br />

1,7 Mio. Euro beisteuern. ••• Vom Ministerpräsident<br />

Torsten Albig wurden mit<br />

der Ehrennadel des Landes ausgezeichnet:<br />

Rosemarie Graap, Waldjugend und<br />

Senioren-Treff Koberg; Ingrid Hegmes,<br />

Blutspenden; Silke Koslowsky, Deutsche<br />

Multiple Sklerose Gesellschaft; Horst<br />

Radtke, Freiwillige Feuerwehr Israelsdorf;<br />

und Wilfried Stüdemann, Hilfen für<br />

Kinder. ••• Ihren 95. Geburtstag feiert die<br />

frühere Vorsitzende des Hausfrauenbundes,<br />

Mia Brede.<br />

10. Ryanair verringert die Zahl der Flüge<br />

vom Flughafen Lübeck Blankensee.<br />

11. In der MuK findet ein Festakt zum<br />

100. Geburtstag von Willy Brandt mit Ansprachen<br />

der Bundespräsidenten Joachim<br />

Gauck und Heinz Fischer (Österreich)<br />

statt (Bericht Lübeckische Blätter, Heft 20,<br />

Seite 348).••• Der Aufsichtsrat der Stadtwerke<br />

beruft zum 1.7.2014 Jürgen Schäffner<br />

(49) als neuen Geschäftsführer. ••• Mit<br />

Protestkundgebungen machen Mitarbeiter<br />

der LHG auf den fehlenden Tarifvertrag<br />

aufmerksam. ••• Gegen die feste Fehmarnbeltquerung<br />

protestieren ebenfalls<br />

rund 200 Menschen vor dem Bahnhof. •••<br />

Der Sportler Christian Köhne wurde mit<br />

dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.<br />

12. Ikea wird am 14.<strong>02</strong>.2014 sein Einkaufszentrum<br />

in Dänischburg eröffnen.<br />

14. Die Delegierten des DGB Nord wählen<br />

Uwe Polkaehn (58) auf ihrer Bezirkskonferenz<br />

in den Media Docks mit 89 Ja-<br />

Stimmen von 100 abgegebenen Stimmen<br />

für weitere vier Jahre zum Vorsitzenden.<br />

••• Für seinen Einsatz für das niederdeutsche<br />

Krippenspiel, das von Schülern des<br />

Katharineums in St. Aegidien jährlich aufgeführt<br />

wird, wird Oberstudienrat Jürgen<br />

Fick mit dem Ansgarkreuz der Nordkirche<br />

ausgezeichnet. ••• Im Alter von 82 Jahren<br />

verstirbt Hans Adolf Fretwurst, früher<br />

Rechtsschutzsekretär des DGB. Er war<br />

lange Jahre Mitglied der Bürgerschaft,<br />

Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses<br />

und stellvertretender Stadtpräsident,<br />

er wurde vor allen für seinen<br />

Einsatz für das Kleingartenwesen überall<br />

geschätzt.<br />

16. Das Uniklinikum erwartet für das<br />

laufende Jahr ein Defizit von 38 Mio.<br />

Euro. ••• Der Beirat für Senioren und Seniorinnen<br />

der Hansestadt Lübeck feiert im<br />

Rahmen des Abends der Begegnung, zu<br />

der die Stadtpräsidenten Gabriele Schopenhauer<br />

eingeladen hatte, sein 20-jähriges<br />

Bestehen. 1993 wurde auf Beschluss<br />

der Bürgerschaft der Beirat durch eine<br />

Urwahl aller über 60-Jährigen Lübecker<br />

bestimmt. Der Beirat besteht aus<br />

21 Mitgliedern. ••• Zu der „Stunde der<br />

Begegnung“ im Stadttheater konnte die<br />

Stadtpräsidentin auch den neuen Kommandanten<br />

der Fregatte Lübeck, Peter<br />

Semrau, begrüßen. ••• Am Skandinavienkai<br />

wurde die Doppelstockrampe für den<br />

Fähranleger Sieben eingeweiht, Kosten<br />

12,7 Mio. Euro. ••• Die bisherige Landrätin<br />

für Nordwestmecklenburg, Birgit Hesse,<br />

wird Sozialministerin in Schwerin. •••<br />

Die Stadt erwartet 2013 mehr als 1,4 Mio.<br />

Übernachtungen, 4,5 Prozent mehr als im<br />

Vorjahr.<br />

17. Die Gesellschafterversammlung der<br />

LHG beruft zum 1. 01. 2014 Dr. Sebastian<br />

Jürgens zum neuen Geschäftsführer für<br />

den ausscheidenden Heinrich Beckmann.<br />

Jürgens war früher bei der Hamburger Hafengesellschaft<br />

tätig.<br />

18. Ein 17-Jähriger aus Schlutup wird<br />

nach dreiwöchiger Suche tot in einem<br />

Gewässer im alten DWM-Gelände gefunden.<br />

19. Nach einer Studie des Paritätischen<br />

Wohlfahrtsverbandes liegt die Armutsquote<br />

in der Region Lübeck bei 17 Prozent,<br />

die Quote im Hamburger Randgebiet<br />

bei 9,9 Prozent. ••• Zwischen der Stadt<br />

und dem Chef der Firma Euroimmun gibt<br />

es Streit wegen der eigenmächtigen Errichtung<br />

eines Bolzplatzes.<br />

20. Das Anzeigenwochenblatt Hanse<br />

Markt stellt aus wirtschaftlichen Gründen<br />

das Erscheinen ein. ••• Das Bundesverkehrsministerium<br />

sagt den zweigleisigen<br />

Ausbau und die Elektrifizierung der<br />

Bahnstrecke Lübeck–Bad Kleinen nach<br />

Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung<br />

zu. ••• Die vom Bund und Land bisher<br />

geförderte Schulsozialarbeit wird trotz<br />

des Auslaufens der Bundesförderung von<br />

der Stadt mit 24 Kräften weitergeführt,<br />

die erforderlichen 1,8 Mio. Euro werden<br />

durch Bundeszuschüsse zu den Kosten der<br />

Unterkunft im Rahmen des SGB II ausgeglichen.<br />

24 Lübeckische Blätter 2014/2


24. Im Rahmen der Aktion „Hilfe im<br />

Advent“ erhielt die Brockensammlung<br />

eine Spende von 20.000 Euro. ••• Die<br />

Berend-Schröder-Schule erhält den Förderpreis<br />

Jugend-Gesundheit der Gemeinnützigen.<br />

27. Der Motorradklub Hells Angels<br />

schließt sein Klubhaus in Dänischburg.<br />

••• Stadt und Sparda-Bank investieren in<br />

den Spielplatz an der St.-Christophorus-<br />

Kirche in Eicholz 30.000 Euro.<br />

28. Zwischen Düker und Kanaltrave<br />

wird eine Fischtreppe errichtet. Sie verbindet<br />

Wakenitz und Trave erstmals seit<br />

dem Mittelalter wieder. Von den Kosten<br />

in Höhe von 800.000 Euro soll das Land<br />

720.000 Euro tragen. ••• Die Weihnachtsmärkte<br />

hatten etwa 1 Mio. Besucher.<br />

30. Finnlines und LHG haben mit ihrer<br />

Bewerbung beim VW-Konzern für die<br />

Verschiffung von 80.000 Fahrzeugen ins<br />

Baltikum keinen Erfolg.<br />

Die Gemeinnützige im 225. Jahr<br />

31. Die Umweltpolizeistelle Lübeck<br />

soll in das Polizeiautobahnrevier Scharbeutz<br />

eingegliedert werden. ••• Ende<br />

Dezember sind in Lübeck 11.177 Arbeitslose<br />

gemeldet, 1,7 Prozent mehr als<br />

im Vormonat und 9,5 Prozent mehr als<br />

vor einem Jahr. ••• Die Arbeitslosenquote<br />

stieg um 0,2 Prozent auf 10,4 Prozent.<br />

Beim Jobcenter waren 8.876 Arbeitslose<br />

gemeldet, 0,9 Prozent mehr als im<br />

Vormonat und 10,3 Prozent mehr als im<br />

Vorjahr.<br />

Pressekonferenz der Gemeinnützigen zum Jubiläumsjahr 2014<br />

Am 18. Januar hatte Direktor Titus Jochen<br />

Heldt zur Pressekonferenz in den Gartensaal<br />

des Gesellschaftshauses eingeladen.<br />

Gemeinsam mit Mitgliedern der Werbungsgruppe<br />

sowie des Festausschusses erläuterte<br />

er das Programm zum Jubiläumsjahr 2014.<br />

Vorgestellt wurden Aktivitäten, die sich<br />

mit der Geschichte der Gemeinnützigen in<br />

den zurückliegenden 225 Jahren beschäftigen,<br />

angekündigt wurde die Jubiläumsschrift,<br />

deren Ziel es ist, die Gegenwart der<br />

Gemeinnützigen sichtbar werden zu lassen,<br />

hervorgehoben wurden schließlich Projekte,<br />

die zukünftige Arbeitsschwerpunkte kenntlich<br />

machen, deren Realisierung schon begonnen<br />

hat.<br />

Auf Nachfragen zur Auslobung von<br />

Zukunftsprojekten im Jahr 2014 erläuterte<br />

Vorsteher Claus-Peter Lorenzen, es würden<br />

nicht nur im Jubiläumsjahr, sondern kontinuierlich<br />

zukunftsweisende Aufgaben in den<br />

regelmäßigen Sitzungen der Vorsteherschaft<br />

beraten und beschlossen. Beispielhaft zu<br />

nennen sei die Einrichtung von Kindergärten<br />

in 2013 und 2014.<br />

Ralph Lange, Leiter der Musikschule,<br />

machte aufmerksam auf musikpädagogische<br />

Projekte, die 2013 an Grund- und Gesamtschulen<br />

in Moisling und Buntekuh begonnen<br />

haben. Begabten-Früherkennung und<br />

soziale Integration stünden bei diesen Vorhaben<br />

im Zentrum der Aufgabenstellung.<br />

Der Musikschule sei es gelungen, für diese<br />

mehrjährigen Fördermaßnahmen, die in den<br />

Schulen vor Ort während der Unterrichtskernzeit<br />

durchgeführt würden, Bundesmittel<br />

in erheblichem Umfang in die Hansestadt zu<br />

holen.<br />

Direktor Heldt fasste zusammen: „Wir<br />

haben zwei Schwerpunkte, in denen sich<br />

Zukunftsanliegen wiederfinden: „Bildungsmaßnahmen<br />

für Kleinkinder und Jugendliche<br />

sowie Stadtentwicklung“. Als einer der<br />

maßgeblichen Unterstützer und Förderer der<br />

Entwicklung Lübecks zur Wissenschaftsstadt<br />

wolle man sich um solche Entwicklungsbereiche<br />

kümmern, die der erfolgreichen Positionierung<br />

der Stadt<br />

dienen könnten.<br />

Auf die Frage,<br />

wofür die Gemeinnützige<br />

ihre Fördermittel<br />

hauptsächlich einsetze,<br />

wurde deutlich<br />

gemacht, dass rund 70<br />

Prozent aller Ausgaben<br />

dem sozialen Bereich<br />

zugutekommen.<br />

Was das Festprogramm<br />

der Gemeinnützigen<br />

betrifft, wiesen<br />

die Mitglieder der<br />

planenden und ausführenden<br />

Ausschüsse<br />

auf das Stiftungsfest am 21. Februar hin sowie<br />

auf den Festakt am 6. April im Kolosseum<br />

unter Beteiligung von Ministerpräsident<br />

Albig und Bürgermeister Saxe.<br />

Mitte März erscheint eine Jubiläumsschrift,<br />

deren Titel für das Terminheft zum<br />

ersten Halbjahr 2014 übernommen worden<br />

ist: „Ideen für Lübeck, bewegen, fördern, gestalten.<br />

225 Jahre. Die Gemeinnützige“. Diese<br />

Schrift nimmt die Zahl 225 zum Anlass,<br />

um 225 Gesichter von Menschen zu präsentieren,<br />

die die Alltagsarbeit der Gemeinnützigen<br />

teils durch öffentliche, teils durch stille<br />

Mitwirkung im Hintergrund prägen.<br />

Manfred Eickhölter<br />

Dr. WeckWerth & Partner<br />

Mo. - Fr. 7:00 bis 20:00 · Sa. 7:00 bis 13:00<br />

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Lübeckische Blätter 2014/2 25


Stadtbaukultur<br />

Das neue Gründerviertel kommt<br />

Ein Fanfarenstoß als Auftakt<br />

Von Manfred Finke<br />

Das städtebauliche Signal ist unübersehbar:<br />

An der Ecke Schüsselbuden / Alfstraße<br />

ist etwas Großartiges geschehen.<br />

Das Loch gegenüber der machtvollen<br />

Front der Marienkirche ist geschlossen.<br />

Was bisher kein Neubau im Altstadtbereich<br />

geschafft hat, ist hier gelungen,<br />

nämlich eine in ihrer strengen Form überzeugende<br />

Antwort auf eine durch 700 Jahre<br />

Geschichte geformte Stadt-Struktur zu<br />

finden. Lübeck war einst eine Weltstadt,<br />

und hier im „Gründerviertel“ unterhalb<br />

von Rathaus und Marienkirche zeigte sie<br />

ihr unverwechselbares Gesicht.<br />

Man spürt auch deutlich, dass die (zu<br />

ihrer Zeit wohlgemeinte) Bebauung des<br />

1942 abgebrannten Gründerviertels mit<br />

zwei Berufsschulen nicht die passende<br />

Antwort auf diesen Ort war. Das kirchliche<br />

Ulrich-Gabler-Haus, das nun im Außenbild<br />

fertig dasteht, macht Schluss mit<br />

„niedlich“ und „bescheiden“. Es ist eine<br />

städtische Groß-Kubatur, die ziemlich genau<br />

den fünf hier bis 1942 stehenden Häusern<br />

entspricht und deren Formen sogar<br />

im einzelnen „aufruft“, ohne sie zu kopieren,<br />

etwa den einstigen Fachwerk-Erker<br />

an der langen Traufseite des Eckgebäudes<br />

oder der wichtige, zu den kleinen Giebeln<br />

überleitende Rücksprung der Bauflucht.<br />

Die Architekten Siegmund/Konerding haben<br />

den richtigen Griff getan.<br />

Vorbildlich ist der Neubau auch in anderer<br />

Hinsicht: Hier wurden mit hohem<br />

Aufwand archäologische Befunde einbezogen,<br />

nämlich die Seitenwände eines<br />

wohl um 1240/50 entstandenen, einst gewölbten<br />

großen Kellers. Seine größtenteils<br />

aus Findlingen aufgeführten Mauern<br />

sind jetzt Teil eines der Öffentlichkeit zugänglichen<br />

Untergeschosses. Dank einer<br />

offenen Decke kann man diesen Raum<br />

auch durch die straßenseitige Glasfront<br />

einsehen. Diesen wichtigen Grabungsbefund<br />

ließen die Archäologen vor etwa<br />

30 Jahren unter Schutz stellen. Man sieht.<br />

Denkmalschutz zeigt Wirkung.<br />

Skulptural<br />

Über den Begriff „modern“ wird man<br />

angesichts des Ulrich-Gabler-Hauses<br />

trefflich streiten können. Seine Formensprache<br />

passt nicht in die Schublade jener<br />

„internationalen“ Neu-Moderne etwa des<br />

Porsche-Museums Stuttgart-Zuffenhausen,<br />

des Novartis-Centers Basel oder des<br />

EZB-Turms in Frankfurt, von den wirklich<br />

umwerfenden Highlights in Dubai<br />

oder Katar ganz zu schweigen. Die Moderne<br />

des Ulrich-Gabler-Hauses hält sich<br />

an Verabredungen, die gegenwärtig für<br />

den exklusiven Aufgabenbereich „Bauen<br />

im historischen Kontext“ zu gelten<br />

scheinen. Auffallend ist der Wille zum<br />

„Skulpturalen“. Gemeint sind glatte stereometrische<br />

Großformen wie Quader,<br />

Würfel und Prisma, wobei man peinlichst<br />

drauf achtet, dass es keine Gesimse gibt,<br />

keine Lisenen, keine Schornsteine, keine<br />

Dachrinnen, keine Fallrohre. Die Flächen<br />

dieser Groß-„Skulptur“ sollen mithilfe<br />

eines einzigen durchgängigen Materials,<br />

etwa einer alles überziehenden Ziegel-,<br />

Naturstein- oder Blechhaut vereinheitlicht<br />

werden. Einen funktionalen Grund dafür<br />

gibt es nicht, es ist nur gerade „angesagt“.<br />

Man darf von einer Mode zu sprechen. Da<br />

hinter der geschliffenen „skulpturalen“<br />

Erscheinung auch Nutzungen möglich<br />

sein sollen, sind Verletzungen dieser Epidermis,<br />

sprich: Öffnungen unvermeidlich.<br />

Konsequenterweise sind die Fenster dann<br />

so in den Würfel bzw. Quader hineingestanzt,<br />

dass Glasflächen und Rahmen<br />

möglichst bündig in der Wandfläche liegen.<br />

Diese Fenster haben durchgehend<br />

die gleiche Größe und das gleiche Hochformat.<br />

Darüber hinaus stehen sie in den<br />

drei Giebelfronten an der Alfstraße in<br />

einem auffälligen 1950er-Jahre-Raster.<br />

Vielleicht dachten die Entwerfer ein wenig<br />

an die orthogonal geregelte Fassade<br />

klassischer Prägung des 18. und 19. Jahrhunderts,<br />

für sich ja durchaus ein Ansatz.<br />

Die großen Dächer am Schüsselbuden waren<br />

zunächst ebenfalls aus farbig gleichem<br />

Material wie die Außenwände gedacht<br />

(wie es das Zwei-Zipfel-Mode-Haus Ecke<br />

Beckergrube vormacht). Diese Vereinheitlichung<br />

mochte der Gestaltungsbeirat jedoch<br />

nicht. Auch die vom Stadtbildpfleger<br />

zu vertretene Gestaltungssatzung fordert<br />

das „rote“ Dach, und wie schwer sich die<br />

Entwurfs-Verfasser damit getan haben,<br />

zeigt ihre Lösung für das Eckgebäude:<br />

eine glatte Fläche aus roten Ziegelplatten,<br />

in die auf der Nordseite die Glasbahnen<br />

für den großen Oberlichtsaal im Dachraum<br />

eingeschnitten sind.<br />

Was sich hier wie eine erste Kritik<br />

liest, ist nicht negativ gemeint. Allerdings<br />

erscheint mir das Motiv „skulpturale<br />

Großform“ mit dem Ulrich-Gabler-Haus<br />

ausgereizt. Die nachfolgenden Entwurfsverfasser<br />

weiterer Neubauten an Fischund<br />

Alfstraße sollten dann auch wieder<br />

ein bisschen mehr „Skulpturalität“ und<br />

Relief „im Kleinen“ wagen dürfen.<br />

Wie geht’s weiter?<br />

Es hat ein wenig Zeit gedauert, bis<br />

man sich der großen Bedeutung des einstigen<br />

Gründerviertels für die Städtebaugeschichte<br />

des südlichen Ostseeraums<br />

und der überragenden Qualität der in<br />

Jahrhunderten zur „thematischen Einheit“<br />

verschmolzenen Hauslandschaft bewusst<br />

wurde. Dieses Erbe – freilich nur ein<br />

„imaginiertes“ Erbe, zumal das erhaltene<br />

materielle Erbe, die im Erdreich steckende<br />

gotische Keller-Landschaft, in Kürze<br />

endgültig entsorgt sein wird – soll eine gewisse<br />

Präsenz in der gestalteten Erscheinung<br />

des neuen Quartiers erhalten. Das<br />

Gesamtprojekt Gründerviertel umfasst<br />

nahezu 50 Grundstücke. Für 50 Häuser<br />

„individuelle“, „moderne“ und „zeitgemäße“<br />

Fassaden entwerfen, die auch noch an<br />

vormalige Strukturen anknüpfen sollen,<br />

dürfte schwieriger werden als die Quadratur<br />

des Kreises. Wer ein wenig Einblick<br />

in die Architektenszene und die Selbstdarstellungs-Gelüste<br />

von Bauherren hat, wird<br />

sagen: Hier bahnt sich eine mittelschwere<br />

Katastrophe an, ein Schaulaufen der Eitelkeiten.<br />

Ob die zusätzlich zur Gestaltungssatzung<br />

aufgestellten Regeln (s. u.) ausreichen<br />

werden, das zu erwartende Bau-<br />

Chaos zu bändigen, sei vorsichtig gefragt.<br />

Zunächst soll es einen europaweit ausgeschriebenen<br />

Fassadenwettbewerb geben,<br />

dessen ausjuriertes Ergebnis eine Art von<br />

„ästhetischer Leitlinie“ liefern soll. Zweitens<br />

darf der zukünftige Bauherr dann<br />

aufgrund dieser Vorgabe „vom Architekten<br />

seiner Wahl“ einen Entwurf zeichnen<br />

lassen, der vom Gestaltungsbeirat begutachtet<br />

wird. Man hat also zwei Hürden<br />

eingebaut, die beide den subjektiven Kriterien<br />

der jeweiligen Gutachter, Beiratsbzw.<br />

Jury-Mitglieder unterliegen. Nicht<br />

sehr beruhigend, wenn wir uns vor Augen<br />

führen, dass sowohl der P&C-Bau auf<br />

dem Markt, das Haerder-Center als auch<br />

das Geschäftshaus Beckergrube/Breite<br />

Straße und die „Altstadthöfe“ Ellerbrook<br />

Ergebnisse von ordnungsgemäß durchgeführten<br />

Wettbewerben bzw. Gutachterverfahren,<br />

gar UNESCO-Konferenzen sind.<br />

Wenn es wirklich darum gehen sollte,<br />

etwas von der machtvollen Monumentalität<br />

des bis 1942 bestehenden Stadtbilds<br />

zurückzugewinnen, müsste eine verbindliche<br />

Regelung pro Unaufdringlichkeit<br />

26 Lübeckische Blätter 2014/2


und „Bescheidenheit im Auftreten“ vereinbart<br />

werden. Es wäre allerdings nicht<br />

überraschend, wenn von maßgeblicher<br />

Seite (ich denke an Politik und „Drückmich!-Button“-Umfragen<br />

oder durch Internet<br />

links gesteuerte „Volksmeinung“)<br />

ganz andere Vorstellungen obsiegen, wie<br />

es gerade beim Frankfurter Dom-Römer-<br />

Projekt geschieht. Für die Verwerter zählt<br />

das laute Stadtmarketing, nicht das stille.<br />

Die Regeln …<br />

Für ein städtebaulich „einheitliches“<br />

Erscheinungsbild des zukünftigen Gründerviertels<br />

haben Bauverwaltung, „Experten-Gremium“<br />

und Gestaltungsbeirat<br />

diese Regeln vereinbart:<br />

Die neuen Hausfronten sollen auf den alten<br />

Fluchtlinien stehen,<br />

die Hausbreiten sollen den historischen<br />

Parzellenbreiten folgen,<br />

der Hauskörper soll inklusive Stockwerkszahl<br />

in etwa der alten Kubatur<br />

entsprechen,<br />

das Erdgeschoss soll durch betonte Höhe<br />

hervorgehoben und<br />

die Dachlandschaft soll wieder wie einst<br />

weitgehend aus Satteldächern bestehen.<br />

Die Entscheidung für eine Neu-Bebauung<br />

über dem historischen Parzellenschnitt<br />

mutet in der Tat ein wenig überraschend<br />

an – wenn man daran denkt, dass<br />

unser Baudezernent noch vor wenigen<br />

Jahren „die Anlehnung an den historischen<br />

Befund der mittelalterlichen Parzellenstruktur“<br />

als Investoren abschreckend<br />

einschätzte und die Frage stellte, „ob das<br />

14. Jahrhundert die Wohnbedürfnisse von<br />

Menschen beantwortet, die ab 2011 … in<br />

der Altstadt wohnen möchten.“ 1 Die dann<br />

in der Architekten-Szene instrumentierten<br />

Antinomien „ehrlich“ gegen „verlogen“<br />

und „zeitgenössisch“ gegen „rückwärtsgewandt“<br />

haben einen unfruchtbaren,<br />

zudem ziemlich gestrigen Streit entfacht.<br />

Jetzt ist klar: Im Gründerviertel bauen<br />

wollen bedeutet auch, die eigene Eitelkeit<br />

zurückzustellen. Wenn man von grundrisslichen<br />

und funktionalen Aufgabenstellungen<br />

absieht, sind die Möglichkeiten zur<br />

Selbst-Inszenierung sehr begrenzt. Ausgenommen<br />

von Vorschriften, also „frei“, ist<br />

nur die Gestaltung der Straßenfront, und<br />

da liegt das Problem. Der Vorschlag der<br />

Verwaltung, der „Giebel-Umriss“ soll die<br />

Form des 1942 zerstörten Vorgängers irgendwie<br />

„aufgreifen“, ist keine Lösung.<br />

1 Franz Peter Boden, Stadterneuerung als Teil der<br />

Stadtentwicklung. In: Volker Zahn, Sanierung und<br />

Entwicklung der Lübecker Altstadt. Wachholtz<br />

Neumünster 2008,, Seiten 163–174, hier: S. 165.<br />

Der in Vielem vorbildliche<br />

Neubau<br />

Gabler-Haus tut das<br />

ja gerade nicht: Die<br />

neuen Giebelumrisse<br />

dort haben mit den<br />

1942 zerstörten Formen<br />

nichts zu tun.<br />

Andererseits sind<br />

wir mit den genannten<br />

Vorgaben so nahe<br />

dran an einer Rekonstruktion,<br />

dass es zum<br />

„Bild“ einer historischen<br />

Fassade nur ein<br />

ganz kleiner Schritt<br />

ist. Im Einzelfall<br />

ist eine 1:1-Rekonstruktion<br />

heute sogar<br />

„zeitgemäß“: Eine<br />

bedeutende Fassade,<br />

an ihrem originalen<br />

Ort wiedererrichtet,<br />

wäre Erinnerungsmal<br />

und Identifikations-<br />

Anlass, sie würde den<br />

Ortsbezug garantieren<br />

und sich als Qualitätsmaßstab<br />

auswirken.<br />

„Geschichtsverfälschung“<br />

(im<br />

Sinne einer „Revision der Ergebnisse des<br />

2. Weltkriegs“) durch angeblich historisierenden<br />

Rück- oder Neubau ist fast 70<br />

Jahre nach Kriegsende wirklich nicht das<br />

Thema.<br />

… und die Satzung<br />

Die alte, 1981 beschlossene Gestaltungssatzung<br />

soll gesichtet und aktualisiert<br />

werden. Sie ist als Instrument keineswegs<br />

„überholt“. Ein Punkt sei herausgegriffen,<br />

der auch am Gabler-Haus nicht<br />

satzungskonform umgesetzt wurde: die<br />

Materialität. Die Satzung spricht von „geschuppter<br />

schwerer Deckung“ der „steilen<br />

Satteldächer“, nicht von den dort verwendeten<br />

glatten Ziegeltafeln. Fassaden dagegen<br />

können laut Satzung „in allen Materialien“<br />

ausgeführt werden“, bevorzugt „in<br />

Putz oder Ziegelmauerwerk“. Für Fassaden<br />

gibt es also gestalterischen Freiraum.<br />

Umso mehr ist man verwundert, dass gegenwärtig<br />

wie auf geheim verabredetes<br />

Kommando alle Neubauten im Altstadtbereich<br />

unisono mit Klinkerfronten in<br />

gelb-beige-graubraun-gescheckten Tönen<br />

verkleidet sind. Diese offenbar „angesagte“<br />

Farbigkeit haben beispielsweise das<br />

Atlantic-Hotel in der Schmiedestraße, die<br />

KiTa an der Kanalstraße, die „Altstadthöfe“<br />

in der Beckergrube – und natürlich<br />

Stadtbaukultur<br />

wird auch das Hansemuseum gelbockerbraun<br />

verkleidet. Besonders prekär wirkt<br />

diese Mode an „unserem“ ansonsten hoch<br />

zu lobenden Ulrich-Gabler-Haus: Der<br />

beige-gelbe Stein zieht sich als gleichmäßige<br />

Tapete über die gesamte, fünf Fassaden<br />

und eine lange Traufseite vorweisende<br />

Baumasse, vermutlich um das „Skulpturale“<br />

zu befördern. Damit werden die individuellen<br />

Haus-Einheiten, um die es hier<br />

gehen müsste, eher zu „Eintopf verrührt“.<br />

Schade. Man sieht weniger die zwei hohen<br />

Giebelfronten am Schüsselbuden, die<br />

Traufseite und die anschließenden kleinen<br />

Giebel, sondern ein vergemeinschaftendes<br />

Layout einer Büro-Dienstleistung-Immobilie.<br />

Einen solchen, einer blanken Mode<br />

geschuldeten Widerspruch zwischen einer<br />

„Entwurfs-Philosophie“ (die Architekten<br />

sich gern zugutehalten) und dem sichtbaren<br />

Ergebnis wird die Gestaltungssatzung<br />

nicht verhindern können, sie kann aber<br />

durch thematische Vorgaben die fachliche<br />

Diskussion herausfordern und damit<br />

Einsichten bei Planern und Bauherrn befördern.<br />

Redaktionsschluss<br />

für das am 8. Februar erscheinende<br />

Heft 3 der Lübeckischen Blätter ist am<br />

Donnerstag, 29. Februar 2014.<br />

(Foto: Manfred Finke)<br />

Lübeckische Blätter 2014/2 27


Ausstellungskritik<br />

Ausstellung im Theater-Figuren-Museum<br />

Schweben. Träumen. Leben – Tove Janssons Mumin-Geschichten<br />

Von Claus Lorenzen<br />

Tove Jansson wird in diesem Jahr 100<br />

Jahre alt. Ein richtig gewählter Zeitpunkt<br />

also, die berühmteste finnische Kinderbuchautorin<br />

zu ehren. Sie entstammt allerdings<br />

der schwedischsprachigen Minderheit<br />

und ihre Werke waren eher auf<br />

Deutsch als auf Finnisch zu lesen. Das<br />

FigurenTheaterMuseum ehrt die Autorin<br />

mit der am 17. November eröffneten<br />

Ausstellung „Schweben, Träumen, Leben<br />

– Tove Janssons Mumin-Geschichten“.<br />

Auch das Grass-Haus wäre ein geeigneter<br />

Ort gewesen, schließlich ist Tove Jansson<br />

eine Doppelbegabung, bei der nicht gesagt<br />

werden kann, ob sie mehr Bild- oder mehr<br />

Wortkünstlerin ist. Cornelia Funcke wird<br />

noch kommen, Janosch war schon in der<br />

Glockengießerstraße zu Gast, allerdings<br />

mit Originalen. Diese sucht man in der<br />

Mumin-Ausstellung vergeblich; die Ausstellung<br />

ist ganz auf die kleinen Besucher<br />

zugeschnitten, viele Plüschmumins gilt es<br />

zu bespielen, ebenso ein kleines Schiff,<br />

die „Abenteuer“ und ein Muminhaus, bei<br />

dem aber bis auf die blaue Farbe wenig an<br />

die im Werk beschriebene und gezeichnete<br />

Wohnstätte der Mumintrolle und ihrer<br />

zahlreichen wechselnden Mitbewohner<br />

erinnert. Immerhin – es liegen zahlreiche<br />

Bücher aus, aus denen der erwachsene Besucher<br />

dem kindlich verspielten Begleiter<br />

etwas vorlesen kann. Charakterisierungen<br />

der Hauptfiguren der Bücher runden den<br />

Informationsbereich ab.<br />

Die Ausstellung öffnet leider nicht<br />

den Blick für die ganze fantastische<br />

Welt, die die Zeitgenossin Astrid Lindgrens<br />

nach 1945 erschaffen hat und die –<br />

zumindest in den späteren Werken – unschwer<br />

an der finnischen Schärenküste<br />

zu verorten sind. Damit bleibt die Ausstellung<br />

der deutschen Rezeption Janssons<br />

treu. Hier stehen ihre Werke nur<br />

in der Kinderecke, die Figuren werden<br />

verniedlicht. Das Merchandisingwesen,<br />

das – sicher auch mit Janssons Unterstützung<br />

– in Finnland und Schweden<br />

zu beobachten ist, korrespondiert damit<br />

allerdings. In Deutschland wurden<br />

die Mumins bereits in den 50er-Jahren<br />

von der Ausgburger Puppenkiste auch<br />

fürs Fernsehen entdeckt. Für das breite<br />

Publikum folgte später die Herausgabe<br />

nachträglich kolorierter Comicbände<br />

und eine japanische Zeichentrickserie.<br />

Die Muminwelt hat aber mehr zu bieten.<br />

Die Mumins führen einerseits ein bohemehaftes<br />

Leben, der Vater ist ganz in<br />

Projekte und Ideen vertieft, die Mutter erzieht<br />

und führt angenehm sorglos. Mumintroll<br />

selbst verändert sich im Verlauf der<br />

Werke; anfänglich noch am Rockzipfel der<br />

Mutter klebend, wird er eigenständiger und<br />

abenteuerlustiger; ja er beginnt geradezu zu<br />

pubertieren und nähert sich dem gefährlich<br />

Fremden (dargestellt an der Morra) und<br />

auch dem fremden Schönen (die Seepferde).<br />

Die Bezogenheit auf die Familie und<br />

seinen besten Freund – je nach Übersetzung<br />

Mumrik oder Schnupferich genannt –<br />

bleibt. Die ersten beiden Bände, geschrieben<br />

nach dem Krieg, thematisieren deutlich<br />

die Suche nach Vermissten und die Solida-<br />

Moomins characters TM<br />

rität mit nicht immer sympathischen, aber<br />

hilfebedürftigen Fremden. Andere Bücher<br />

zeigen eher die fröhlich verspielte Welt des<br />

Mumintales. Der letzte Band – Herbst im<br />

Mumintal – kommt ganz ohne die Muminfamilie<br />

aus. Besucher des Mumintals verleben<br />

in ihrem Haus in der Erinnerung an<br />

sie dennoch eine sie verändernde Zeit.<br />

Für den Rezensenten ist es eine Freude,<br />

diese Bücher seinen Kindern vorzulesen<br />

und in die Traumwelt der Mumins mit ihren<br />

vielfältigen Realitätsbezügen hineinzusteigen.<br />

Wer das noch nicht getan hat, wird in<br />

der Ausstellung im FigurenTheaterMuseum<br />

bis zum 16. Februar noch die Gelegenheit<br />

für eine erste Annäherung an die Welt<br />

der Mumins finden. Und ja, es stimmt: Mumins<br />

machen glücklich!<br />

28 Lübeckische Blätter 2014/2


Terminhinweise zu Veranstaltungen der Gemeinnützigen<br />

bis Ende Februar 2014<br />

Terminhinweise<br />

08.<strong>02</strong>., Sonnabend, 19:00, Rathaus, Audienzsaal<br />

BENEFIZKONZERT VADIM UND VLADISLAV GOLDFELD<br />

Beim Benefizkonzert von Vadim und Vladislav Goldfeld treten herausragende Nachwuchsmusiker der Musikschule<br />

zugunsten krebskranker Kinder auf<br />

09.<strong>02</strong>., Sonntag, 15:30, Königstr. 5, Großer Saal<br />

SENIORENTREFF AM SONNTAGNACHMITTAG<br />

„Zilles Milljöh“, mit Stefanie Kleinlein-Jensch und der Fackenburger Liedertafel<br />

10.<strong>02</strong>. bis 28.<strong>02</strong>., jeweils Montags, ab 9 Uhr in der Kunstschule<br />

OFFENE ATELIERTAGE<br />

„Große Kunst will vorbereitet sein“<br />

21.<strong>02</strong>., Freitag, 18:00, Reformierte Kirche, Königstraße<br />

Kleines Konzert zum Stiftungsfest, gestaltet von PreisträgerInnen, und DozentInnen der Musikschule<br />

21.<strong>02</strong>., 19:00, Gesellschaftshaus, Königstr. 5, Großer Saal<br />

STIFTUNGSFEST MIT VERLESUNG DES JAHRESBERICHTES<br />

Mit einem festlichen Essen und der Verleihung der Denkmünze<br />

04.<strong>02</strong>., Dienstag, 19:30, Königstr. 5, Großer Saal<br />

TOLERANZ UND STÄDTEBAU – Die frühneuzeitlichen Exulantenstädte Glückstadt und Friedrichstadt<br />

Dr. Ing. Ivalu Vesely, Leiterin der Jugendbauhütte Lübeck<br />

11.<strong>02</strong>., Dienstag, 19:30, Königstr. 5, Großer Saal<br />

KRIEGSERFAHRUNGEN IM WERK MANÈS SPERBERS –<br />

Hans-Rudolf Schiesser, Gründer und Leiter des Manès-Sperber-Archiv, Berlin<br />

Gemeinsam mit der Erich Mühsam-Gesellschaft<br />

18.<strong>02</strong>., Dienstag, 19:30, Königstr. 5, Großer Saal<br />

CHINESISCHE GÄRTEN – eine Reise durch Landschaften und Kulturen<br />

Andreas Tilch, Lübeck<br />

Gemeinsam mit dem Grünen Kreis Lübeck e. V.<br />

25.<strong>02</strong>., Dienstag, 19:30, Königstr. 5, Großer Saal<br />

STÄDTE IM GLOBALEN KLIMAWANDEL. Wie sich der Treibhauseffekt auf das Klima der Städte auswirken wird.<br />

Prof. Dr. Wilhelm Kuttler, Universität Duisburg-Essen<br />

Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit<br />

Direktor: Titus Jochen Heldt<br />

Königstraße 5, 23552 Lübeck, Tel.: 7 54 54, Telefax 79 63 54,<br />

Büro montags bis freitags ab 9 Uhr geöffnet<br />

Bankkonto: Sparkasse zu Lübeck Nr. 1-000017 (BLZ 230 501 01)<br />

Impressum: LÜBECKISCHE BLÄTTER<br />

Stellvertretende Direktorin: Antje Peters-Hirt<br />

E-Mail: <strong>info</strong>@die-gemeinnuetzige.de<br />

Internetadresse: www.die-gemeinnuetzige.de<br />

www.<strong>luebeckische</strong>-<strong>blaetter</strong>.<strong>info</strong><br />

Herausgeberin: Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit, Königstraße 5, 23552 Lübeck, Telefon: 7 54 54, Telefax: 79 63 54. Verantwortlich: Doris Mührenberg.<br />

Verantwortlicher Redakteur (V.i.S.d.P): Dr. Manfred Eickhölter, Telefon: (04 51) 5 80 83 24, E-Mail: <strong>info</strong>@<strong>luebeckische</strong>-<strong>blaetter</strong>.<strong>info</strong><br />

Die Zeitschrift erscheint 14-täglich außer in den Monaten Juli/August. Die Artikel stellen keine offiziellen Meinungsäußerungen der Gesellschaft dar, sofern sie nicht ausdrücklich<br />

als solche gekennzeichnet sind. Für den Abdruck von Artikeln und Fotos wird eine Vergütung nicht gewährt. Die Kürzung eingesandter Artikel bleibt vorbehalten.<br />

Einzelpreis: € 2,10. Für Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

Verlag und Druck: Max Schmidt-Römhild KG, Mengstraße 16, 23552 Lübeck, Telefon: 7031-2 07, Telefax: 7031-2 42.<br />

E-Mail: <strong>info</strong>@schmidt-roemhild.de.<br />

Anzeigenredaktion (V.i.S.d.P): C. Kermel, E-Mail: ckermel@schmidt-roemhild.com, Telefon: (0451) 7031-279, Fax: (0451) 7031-280.<br />

ISSN 0344-5216 · © 2014<br />

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