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Kinderlähmung (Poliomyelitis) - Landeshauptstadt Kiel

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Das Amt für Gesundheit informiert:<br />

<strong>Landeshauptstadt</strong><br />

<strong>Kiel</strong><br />

<strong>Kinderlähmung</strong> (<strong>Poliomyelitis</strong>)<br />

Die <strong>Kinderlähmung</strong> ist eine hochansteckende, akute, durch Viren übertragene Infektionskrankheit, die<br />

häufig zu bleibenden Lähmungen oder gar zum Tod führt.<br />

Erreger<br />

Die Erreger der <strong>Poliomyelitis</strong> sind RNA-Viren aus der Gruppe der sogenannten Picornaviren.<br />

Ansteckungsweg<br />

Die Polioviren sind sehr ansteckend. Bis zum Krankheitsausbruch dauert es im Schnitt 1-2 Wochen.<br />

Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch Schmierinfektion fäkal-oral. Schon kurz nach Infektionsbeginn<br />

kommt es zu massiver Virusreproduktion im Darm, so dass Milliarden infektiöse Viren pro<br />

Gramm Stuhl ausgeschieden werden können. Wegen der primären Virusvermehrung in den Rachenepithelien<br />

kann das Virus kurz nach Infektion auch als Tröpfcheninfektion (durch Niesen,Husten etc.)<br />

aerogen übertragen werden. Schlechte hygienische Verhältnissen begünstigen die Ausbreitung von<br />

Polio-Infektionen.<br />

Krankheitsvorkommen<br />

In Europa wurden letztmalig 1998 in der Türkei 26 Polio-Erkrankungen gemeldet, in Deutschland kam<br />

es nach 1990 zu keiner hier erworbenen Polio-Erkrankung mehr. Im Jahr 1992 traten zuletzt zwei<br />

durch importierte Wildviren verursachte Polio-Erkrankungen auf.<br />

Erkrankungen durch Polio-Wildviren betreffen gegenwärtig noch Länder in Afrika (Subsahara-Region)<br />

und Asien (Schwerpunkt Indien).<br />

Symptome<br />

90 bis 95 Prozent der Fälle verlaufen ohne spezielle Symptome oder nur als harmlose Durchfallerkrankung.<br />

Nur in etwa einem Prozent der Erkrankungen kommt es zu Lähmungserscheinungen.<br />

Das voll ausgeprägte Krankheitsbild verläuft in vier Stadien:<br />

a) Initialstadium (Anfangsstadium):<br />

Die Erkrankung beginnt mit grippeähnlichen Erscheinungen wie Kopf- und Gliederschmerzen,<br />

Schnupfen, Bronchitis und Temperaturen bis 38,5° C. Außerdem können Durchfälle auftreten. Die<br />

Erscheinungen halten etwa zwei Tage an. In den meisten Fällen heilt die Erkrankung nach dem Initialstadium<br />

aus.<br />

b) Latenzstadium:<br />

Die Symptome verschwinden für etwa ein bis drei Tage. Die Patienten fühlen sich wieder gesund.<br />

c) Präparalytisches Stadium (Vor-Lähmungsstadium):<br />

Es kommt erneut zu Kopf- und Gliederschmerzen sowie Fieber. Weitere Zeichen sind: Nackensteifheit,<br />

überdeutliche Sensibilität, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Muskelschwäche.<br />

d) Paralytisches Stadium (Lähmungsstadium):<br />

Nach weiteren zwei Tagen treten bei 0,5 bis einem Prozent der Erkrankten asymmetrisch verteilte,<br />

schlaffe Lähmungen auf. Die Gefühlswahrnehmung bleibt erhalten. In schweren Verläufen kommt es<br />

zur Beteiligung der Atemmuskulatur mit Atemnot oder sogar Atemstillstand. Die Lähmungserscheinungen<br />

können sich voll zurückbilden.<br />

letzte Änderung: April 2006 / 5<br />

Diagnose<br />

• Klinische Beobachtung der auftretenden Lähmung<br />

• Virusisolierung und -nachweis aus Stuhl, Rachensekret und aus dem Liquor mit Beginn der 2.<br />

Krankheitsphase<br />

<strong>Landeshauptstadt</strong> <strong>Kiel</strong> Infektionsschutz@kiel.de Herr Ploog 901-2108<br />

Amt für Gesundheit http://www.kiel.de/gesundheit Frau Gutnik 901-2117<br />

Fleethörn 18-24, 24103 <strong>Kiel</strong> Telefax: 901 – 6 21 08 Frau Dr. Wencke 901-2120


Therapie<br />

Strenge Bettruhe, auch schon bei Verdacht. Muskelentspannende, wechselnde Lagerung des Patienten<br />

bei auftretenden Lähmungen; langdauernde Krankengymnastik, Beatmung und intensivmedizinische<br />

Betreuung. Eine kausale Therapie, also eine direkte Bekämpfung des Virus mit Medikamenten<br />

ist (noch) nicht möglich.<br />

Prognose<br />

Die Verlaufsformen die mit Lähmung einhergehen haben eine Todesrate von 2 - 20%. Etwa 50% der<br />

anfangs vollständig Gelähmten behalten unterschiedlich schwere Restlähmungen.<br />

Dauer der Ansteckungsfähigkeit<br />

Eine Ansteckungsfähigkeit besteht, solange das Virus ausgeschieden wird. Das Polio-Virus ist in Rachensekreten<br />

frühestens 36 Stunden nach einer Infektion nachweisbar und kann dort etwa eine Woche<br />

persistieren. Die Virusausscheidung im Stuhl beginnt nach 72 Stunden und kann mehrere Wochen<br />

dauern. In Einzelfällen, z. B. bei Immuninkompetenten, kann sie auch länger dauern. Säuglinge<br />

seropositiver Mütter sind wegen des Vorhandenseins diaplazentar übertragbarer IgG-Antikörper in<br />

den ersten Lebensmonaten gegen eine Infektion geschützt.<br />

Prophylaxe<br />

Bei der Impfung werden <strong>Poliomyelitis</strong>-Viren (Erreger der <strong>Kinderlähmung</strong>), welche die Krankheit nicht<br />

mehr auslösen können (Totimpfstoff), gespritzt. Die früher übliche Schluckimpfung sollte als Schutzimpfung<br />

nicht mehr verwendet werden, da bei diesem Lebendimpfstoff die Möglichkeit einer durch den<br />

Impfstoff verursachten <strong>Kinderlähmung</strong> besteht. Das Risiko ist zwar sehr gering (eine Erkrankung auf<br />

4,5 Millionen Impfungen), doch wird offiziell seit 1998 die Impfung in Spritzenform empfohlen.<br />

Wie oft muss geimpft werden?<br />

Der Impfstoff sollte zur Grundimmunisierung dreimal verabreicht werden. Dabei sollte jeweils ein Abstand<br />

von mindestens sechs Wochen eingehalten werden. Es macht jedoch nichts, wenn dieser Abstand<br />

länger ausfällt. Jede Impfung zählt. Einen ersten Schutz hat man nach der zweiten Impfung. Zur<br />

Auffrischung des Impfschutzes ist eine Injektion ausreichend. Der Impfschutz ist sehr zuverlässig.<br />

Zeitabstände zu anderen Impfungen müssen bei der Impfung in Spritzenform nicht eingehalten werden.<br />

Als Polio-Impfstoff der Wahl wird in der Bundesrepublik Deutschland inaktivierte Polio-Vakzine<br />

(IPV) empfohlen, ein zu injizierender Impfstoff, der sicher wirksam ist und keine impfbedingte paralytische<br />

<strong>Poliomyelitis</strong> (VAPP) verursacht. Auch Personen mit Immunschwäche können risikolos mit IPV<br />

geimpft werden.<br />

Die Grundimmunisierung beginnt entsprechend dem Impfkalender für Säuglinge, Kinder und Jugendliche<br />

im 3. Lebensmonat und umfasst drei Impfungen in monatlichem Abstand, die mit einem Kombinationsimpfstoff,<br />

der IPV enthält, durchgeführt werden. Ab Beginn des 11. Lebensjahres wird für Jugendliche<br />

(bis zum vollendeten 18. Lebensjahr) eine Wiederimpfung mit einem IPV-haltigen Impfstoff empfohlen.<br />

letzte Änderung: April 2006 / 5<br />

Indikationen der Polio-Impfung bei Erwachsenen<br />

Eine generelle Auffrischung des Impfschutzes im Erwachsenenalter wird nicht empfohlen, bei ungeimpften<br />

Erwachsenen (ab vollendetem 18. Lebensjahr) sollte die Grundimmunisierung entsprechend<br />

den Angaben des Herstellers nachgeholt werden bzw. sollten Impfungen, die an der vollständigen<br />

Grundimmunisierung fehlen, mit IPV ergänzt werden.<br />

Angehörige folgender Gruppen sollten über eine aktuelle Polio-Impfimmunität verfügen (Auffrischung<br />

der Polio-Impfimmunität durch IPV, falls die letzte Impfstoffgabe länger als 10 Jahre zurückliegt, ggf.<br />

Grundimmunisierung oder Ergänzung fehlender Impfungen):<br />

• Personen mit berufsbedingt möglichen engem Kontakt zu <strong>Poliomyelitis</strong>-Kranken oder zu Polio-<br />

Virus in Laboratorien,<br />

• Reisende in noch bestehende Polio-Endemiegebiete,<br />

• Aussiedler, Flüchtlinge oder Asylbewerber aus Polio-Endemiegebieten, die in Gemeinschaftsunterkünften<br />

leben (sowie das Personal dieser Einrichtungen),<br />

• Kontaktpersonen zu an <strong>Poliomyelitis</strong> Erkrankten.<br />

<strong>Landeshauptstadt</strong> <strong>Kiel</strong> Infektionsschutz@kiel.de Herr Ploog 901-2108<br />

Amt für Gesundheit http://www.kiel.de/gesundheit Frau Gutnik 901-2117<br />

Fleethörn 18-24, 24103 <strong>Kiel</strong> Telefax: 901 – 6 21 08 Frau Dr. Wencke 901-2120


Konsequente Hygienemaßnahmen tragen zur Verhütung von Infektionen bei. Dazu gehören insbesondere<br />

die Vermeidung von fäkal-oralen Schmierinfektionen durch Händewaschen und -desinfektion,<br />

auch bei Kontaktpersonen.<br />

letzte Änderung: April 2006 / 5<br />

<strong>Landeshauptstadt</strong> <strong>Kiel</strong> Infektionsschutz@kiel.de Herr Ploog 901-2108<br />

Amt für Gesundheit http://www.kiel.de/gesundheit Frau Gutnik 901-2117<br />

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