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Molekulare Methoden in der mikrobiologischen ... - BIOspektrum

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743<br />

Nachweis von Infektionserregern<br />

<strong>Molekulare</strong> <strong>Methoden</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>mikrobiologischen</strong> Diagnostik<br />

SÖREN SCHUBERT, ANDREAS WIESER<br />

MAX VON PETTENKOFER-INSTITUT FÜR HYGIENE UND MEDIZINISCHE<br />

MIKROBIOLOGIE, LMU MÜNCHEN<br />

Today molecular methods are <strong>in</strong>dispensable <strong>in</strong> diagnostic microbiology.<br />

Several technologies aim to detect pathogens, virulence factor or resistance<br />

genes by identify<strong>in</strong>g specific DNA/RNA sequences. Advantages<br />

compared to culture based methods are the comparatively short time to<br />

results, detection of non-culturable or slow grow<strong>in</strong>g pathogens, and<br />

specific detection of virulence marker genes. Drawbacks <strong>in</strong>clude falsenegative<br />

results due to variation of target structures and the relatively<br />

high costs.<br />

DOI: 10.1007/s12268-013-0386-x<br />

© Spr<strong>in</strong>ger-Verlag 2013<br />

ó Zentrales Ziel <strong>der</strong> <strong>mikrobiologischen</strong> Diagnostik<br />

ist es, <strong>in</strong> Patientenproben Infektionserreger<br />

nachzuweisen und Aussagen zu <strong>der</strong>en<br />

Resistenz gegen antimikrobielle Substanzen<br />

(Antibiotika, Antimykotika) zu machen, um<br />

e<strong>in</strong>e gezielte, effektive Therapie zu ermöglichen.<br />

Von großer Bedeutung ist dabei die<br />

Schnelligkeit. Je früher Informationen über<br />

den Erreger vorliegen, desto eher kann von<br />

e<strong>in</strong>er anfänglich kalkulierten und auf Erfahrungswerten<br />

basierenden Therapie auf e<strong>in</strong>e<br />

gezielte umgestellt werden. Die klassische<br />

mikrobiologische Diagnostik, die auf dem kulturellen<br />

Nachweis von Infektionserregern<br />

beruht, kann dieser For<strong>der</strong>ung nur bed<strong>in</strong>gt<br />

entsprechen. Die Kultur selbst von schnell<br />

wachsenden Bakterien nimmt acht bis zwölf<br />

Stunden <strong>in</strong> Anspruch, an<strong>der</strong>e Infektionserreger<br />

s<strong>in</strong>d schwierig o<strong>der</strong> gar nicht anzüchtbar.<br />

Auch ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Fällen <strong>der</strong> Nachweis<br />

spezifischer Virulenzeigenschaften <strong>der</strong> Erreger<br />

von Interesse. Mit molekularen <strong>Methoden</strong><br />

gel<strong>in</strong>gt es, direkt aus dem Probenmaterial<br />

<strong>in</strong>nerhalb weniger Stunden Infektionserreger<br />

zu identifizieren o<strong>der</strong> spezifische Virulenz-<br />

bzw. Resistenzdeterm<strong>in</strong>anten nachzuweisen<br />

[1–5]. Im Folgenden werden deshalb<br />

die heute zur Verfügung stehenden molekularen<br />

<strong>Methoden</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>mikrobiologischen</strong> Diagnostik<br />

kurz vorgestellt (Tab. 1).<br />

<strong>Molekulare</strong> Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>mikrobiologischen</strong> Diagnostik<br />

Der erste Schritt fast aller molekularbiologischen<br />

Diagnostikverfahren ist die Aufre<strong>in</strong>igung<br />

von Nukle<strong>in</strong>säuren aus dem Probenmaterial,<br />

auf welche <strong>der</strong> spezifische Erregernachweis<br />

folgt.<br />

Die Polymerasekettenreaktion (PCR) ist<br />

e<strong>in</strong>e Methode zum spezifischen Nachweis von<br />

Nukle<strong>in</strong>säuren. PCR-basierte Verfahren nutzen<br />

die spezifische komplementäre B<strong>in</strong>dung<br />

kurzer gegenläufiger Oligonukleotide (Primer)<br />

an die nachzuweisende DNA. Bei dieser<br />

Endpunkt-PCR müssen die DNA-Produkte<br />

nach <strong>der</strong> Amplifikation mittels Gelelektrophorese<br />

dargestellt werden. Für die Diagnostik<br />

s<strong>in</strong>d nachfolgende Analysen <strong>der</strong> Produkte<br />

zur Sicherstellung <strong>der</strong> Spezifität erfor<strong>der</strong>lich,<br />

wie Restriktionsverdau o<strong>der</strong> Hybridisierungsverfahren.<br />

Die Endpunkt-PCR ist e<strong>in</strong><br />

relativ schnelles Verfahren, das aufgrund <strong>der</strong><br />

hohen Spezifität und Sensitivität auch aus<br />

Direktmaterial Ergebnisse noch am gleichen<br />

Tag liefern kann. Es besteht außerdem die<br />

Möglichkeit, verschiedene, unterschiedlich<br />

lange Amplifikate parallel im gleichen Ansatz<br />

zu analysieren. Die Gelelektrophorese <strong>der</strong><br />

Produkte und nachfolgende Spezifitätstests<br />

verzögern jedoch die Auswertung und begrenzen<br />

den E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rout<strong>in</strong>ediagnostik.<br />

Mo<strong>der</strong>nere PCR-Verfahren nutzen e<strong>in</strong>e<br />

direkte Amplifikationsdetektion, meist mithilfe<br />

e<strong>in</strong>er fluoreszenzmarkierten Sonde. Diese<br />

Real-Time-PCR-Verfahren s<strong>in</strong>d spezifischer<br />

als Endpunkt-PCRs [6]. Ferner s<strong>in</strong>kt <strong>der</strong> Personalzeitaufwand<br />

pro Analyse, da mithilfe <strong>der</strong><br />

Sonde die Amplifikation optisch direkt während<br />

<strong>der</strong> Reaktion gemessen werden kann.<br />

Das macht e<strong>in</strong>e Gelelektrophorese am Ende<br />

<strong>der</strong> Reaktion überflüssig. Die meisten Real-<br />

Time-PCR-Verfahren basieren auf dem E<strong>in</strong>satz<br />

e<strong>in</strong>er mit zwei Farbstoffen, e<strong>in</strong>em<br />

FRET(Förster-Resonanz-Energietransfer)-Paar,<br />

markierten Sonde. E<strong>in</strong> Partner unterdrückt<br />

dabei die Fluoreszenz des an<strong>der</strong>en Farbstoffs,<br />

solange diese räumlich nahe zusammengelagert<br />

s<strong>in</strong>d. Während <strong>der</strong> Amplifikation durch<br />

Abbau <strong>der</strong> Sonde o<strong>der</strong> durch Auflösung e<strong>in</strong>er<br />

Stamm-Loop-Struktur <strong>der</strong> FRET wird diese<br />

räumliche Nähe aufgehoben. Zunehmende<br />

Fluoreszenz<strong>in</strong>tensität repräsentiert daher<br />

e<strong>in</strong>e fortscheitende Amplifikation (Abb. 1).<br />

Alternative Techniken messen nur das Entstehen<br />

größerer Mengen doppelsträngiger<br />

DNA mithilfe <strong>in</strong>terkalieren<strong>der</strong> Farbstoffe. Um<br />

Spezifität sicherzustellen, kann e<strong>in</strong>e Schmelztemperaturkurve<br />

am Ende <strong>der</strong> Reaktion<br />

erstellt werden. Real-Time-PCRs s<strong>in</strong>d sehr<br />

sensitiv und spezifisch und daher sehr gut<br />

geeignet, um Direktmaterial zu untersuchen.<br />

Die amplifizierten DNA-Fragmente und<br />

Zykluszeiten s<strong>in</strong>d recht kurz, die Auswertung<br />

automatisierbar. E<strong>in</strong> Ergebnis ist b<strong>in</strong>nen weniger<br />

Stunden, mit ger<strong>in</strong>gem Arbeitsaufwand<br />

möglich. Diese Vorteile haben dazu geführt,<br />

dass Real-Time-PCR-Verfahren die molekulare<br />

Diagnostik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mikrobiologie dom<strong>in</strong>ieren.<br />

E<strong>in</strong> spezielles PCR-Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>mikrobiologischen</strong><br />

Diagnostik stellen die uni -<br />

versellen PCRs dar, die mit Primern gegen<br />

flankierende, konservierte Bereiche variabler<br />

Sequenzen diese Gene amplifizieren<br />

(16S-rDNA) [7]. Nachfolgend können die variablen<br />

Bereiche sequenziert und mit Datenbanken<br />

abgeglichen werden. Es ist möglich,<br />

die Primer so zu wählen, dass praktisch alle<br />

Bakterien o<strong>der</strong> Pilze detektiert und identifi-<br />

<strong>BIOspektrum</strong> | 07.13 | 19. Jahrgang


744 WISSENSCHAFT · SPECIAL: MOLEKULARE DIAGNOSTIK<br />

Tab. 1: Übersicht über molekulare Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>mikrobiologischen</strong> Diagnostik.<br />

Material PCR NASBA LCR<br />

Endpunkt-PCR Real-Time-PCR Universelle PCR Vollautomatische<br />

PCR-Systeme<br />

Direktmaterial +++ +++ nicht möglich +++ ++ +?<br />

(primär unsteril)<br />

(Abstriche,<br />

Sputum etc.)<br />

Direktmaterial +++ +++ ++ +++ ++ ++<br />

(primär steril)<br />

Kultur (+) z. B. Tox<strong>in</strong>- +++ +++ k. s. ? ?<br />

nachweis<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit ++ ++ (+) +++ ++ ++<br />

Kosten + ++ +++ +++ +++<br />

Sensitivität +++ +++ ++ ++ +++<br />

Kommentar viele publizierte Pro- viele käufliche und gute Sequenzierungs- limitierte Anwendun- sensitives, aber teures limitierte Anwenduntokolle,<br />

günstige publizierte Protokolle, e<strong>in</strong>richtung benötigt, gen, teuer und viel System, arbeitet mit gen, gut für kle<strong>in</strong>e<br />

hands-on-Reagenzien, multiplex<strong>in</strong>g Dauer: 2 Tage Verbrauchsmaterial, RNA Fragmente aus Direktviel<br />

Zeit e<strong>in</strong>fach und robust, material ohne zu viel<br />

wenig hands-on-Zeit<br />

Kontam<strong>in</strong>ation<br />

Material Hybridisierungen Massenspektrometrie Next<br />

Mikroarray FISH L<strong>in</strong>e-Blot MALDI-TOF-MS ESI-TOF-MS Generation<br />

Sequenc<strong>in</strong>g<br />

Direktmaterial + ++ ++ nicht möglich ++ ++<br />

(primär unsteril)<br />

(Abstriche,<br />

Sputum etc.)<br />

Direktmaterial ++ +++ ++ + +++ k. s.<br />

(primär steril)<br />

Kultur +++ + (z. B. Blut- +++ +++ k. s. k. s.<br />

kultur)<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit ++ +++ + +* ++ +<br />

Kosten +++ ++ + + +++ ++<br />

Sensitivität + + ++ + ++ ++<br />

Kommentar limitierte Arrays erhäl- schnell und sensitiv, sehr gut, ab Kulturer- aus Direktmaterial und<br />

tlich, breite Aussage, wenig Geräte benötigt, gebnis, kosteneffektiv, von Kultur, bislang<br />

Zuordnung aus Direkt- hands-on-Zeit und da wenig Verbrauchs- sehr teuer<br />

material evtl. komplex geübtes Personal material, nicht für<br />

benötigt<br />

verunre<strong>in</strong>igte Proben<br />

* = Kultur erfor<strong>der</strong>lich, daher <strong>in</strong>sgesamt zeitaufwendig<br />

k. s. = ke<strong>in</strong>e Standardanwendung, unüblicher E<strong>in</strong>satz<br />

NASBA = nucleic acid sequence-based amplification; LCR = ligase cha<strong>in</strong> reaction; MALDI-TOF-MS = matrix-assisted laser desorption/ionization-time of flight-Massenspektrometrie;<br />

ESI-TOF-MS = electrospray ionization-time of flight-Massenspektrometrie; FISH = Fluoreszenz-<strong>in</strong> situ-Hybridisierung<br />

ziert werden können. Dies erlaubt e<strong>in</strong>e ge -<br />

naue Spezies identifikation, auch wenn ke<strong>in</strong>e<br />

spezifische PCR für den Nachweis des Erregers<br />

existiert. Nachteile dieser Methode s<strong>in</strong>d,<br />

dass sie vergleichsweise komplex ist und Verunre<strong>in</strong>igungen<br />

mit genetischem Material von<br />

Bakterien sowie suboptimale B<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Primer<br />

an die Zielsequenzen die Testergebnisse<br />

negativ bee<strong>in</strong>flussen können. Auch s<strong>in</strong>d universelle<br />

PCR-Reaktionen deutlich weniger<br />

sensitiv als vergleichbare spezifische PCRs.<br />

S<strong>in</strong>nvoll ist <strong>der</strong> E<strong>in</strong>satz zudem nur, wenn die<br />

Probe lediglich e<strong>in</strong>en Erreger enthält, also<br />

nicht durch Standortflora o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e mikrobielle<br />

DNA verunre<strong>in</strong>igt ist, da Mischsequenzen<br />

die Auswertung unmöglich machen<br />

können. Durch den Sequenzierschritt ist die<br />

Dauer bis zum Ergebnis mit e<strong>in</strong> bis zwei<br />

Tagen auch länger als bei klassischen PCR-<br />

Verfahren.<br />

Es werden zunehmend vollautomatische<br />

Systeme <strong>in</strong> <strong>der</strong> molekularbiologischen Diagnostik<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, bei denen nach E<strong>in</strong>gabe<br />

des Probenmaterials die Nukle<strong>in</strong>säure-Extraktion,<br />

Amplifikation, Detektion und Auswertung<br />

<strong>der</strong> Proben sowie aller benötigten Kontrollen<br />

automatisch erfolgt [8]. Diese sehr<br />

schnellen und e<strong>in</strong>fach anzuwendenden Systeme<br />

s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>zeit noch relativ kosten<strong>in</strong>tensiv<br />

h<strong>in</strong>sichtlich Geräteanschaffung und Verbrauchsmaterialien.<br />

Nucleic acid sequence-based amplification<br />

(NASBA) ist e<strong>in</strong> Real-Time-Verfahren zur<br />

Amplifikation von Nukle<strong>in</strong>säuren. An<strong>der</strong>s als<br />

klassische PCR-Systeme beruht es jedoch auf<br />

dem direkten E<strong>in</strong>satz von RNA <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er isothermen<br />

Reaktion. Die Amplifikation erfolgt<br />

mithilfe <strong>der</strong> T7-Polymerase und wird mit fluoreszenzmarkierten<br />

Sonden optisch gemes-<br />

<strong>BIOspektrum</strong> | 07.13 | 19. Jahrgang


746 WISSENSCHAFT · SPECIAL: MOLEKULARE DIAGNOSTIK<br />

˚ Abb. 1: Real-Time-PCR e<strong>in</strong>er logarithmischen Verdünnungsreihe e<strong>in</strong>er Probe. Die e<strong>in</strong>zelnen Kurven<br />

stellen die jeweilige Fluoreszenzzunahme während <strong>der</strong> Real-Time-PCR und damit die spezifische<br />

DNA-Amplifikation dar. Der CT-Wert ist e<strong>in</strong> Maß für die Menge <strong>der</strong> DNA <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausgangsprobe<br />

und lässt die Bestimmung <strong>der</strong> Erregermenge zu. Niedrige CT-Werte repräsentieren höhere<br />

DNA-Konzentrationen bzw. Erregermengen.<br />

sen. Durch die zyklenlose Amplifikation<br />

und direkte Detektion s<strong>in</strong>d die Analysezeiten<br />

sehr kurz. Allerd<strong>in</strong>gs ist das Verfahren relativ<br />

komplex und durch den primären E<strong>in</strong> -<br />

satz von RNA hauptsächlich zum Nachweis<br />

von RNA-Viren o<strong>der</strong> mRNA-Transkripten<br />

geeignet. Die Instabilität von RNA <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Probe und die Komplexität <strong>der</strong> relativ teuren<br />

Methode haben e<strong>in</strong>e weitere Verbreitung<br />

beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t.<br />

Die Ligasekettenreaktion (ligase cha<strong>in</strong> reaction,<br />

LCR) basiert auf vier komplementären<br />

Nukleotiden als Primer. Die Sequenzen bef<strong>in</strong>den<br />

sich genau nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Ziel-<br />

DNA, sodass im Falle <strong>der</strong> B<strong>in</strong>dung jeweils<br />

zwei <strong>der</strong> Primer mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> kovalent verbunden<br />

werden. Die an<strong>der</strong>en zwei Primer<br />

s<strong>in</strong>d dazu komplementär und werden im<br />

nächsten Zyklus verbunden, sobald sie nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />

an die <strong>in</strong> vorheriger Reaktion verbundenen<br />

Fragmente b<strong>in</strong>den. Da ke<strong>in</strong>e Amplifikation<br />

erfolgt, s<strong>in</strong>d die Zykluszeiten sehr<br />

kurz. E<strong>in</strong> Problem stellt die Detektion des kurzen<br />

Amplifikats dar. Es werden daher markierte<br />

Oligonukleotide verwendet, <strong>der</strong>en Ligationsprodukte<br />

<strong>in</strong> ELISA-artigen Systemen<br />

detektiert werden können.<br />

Hybridisierungen basieren wie PCR-<br />

Verfahren auf spezifischer komplementärer<br />

B<strong>in</strong>dung zwischen Nukleotidsonden und<br />

Nukle<strong>in</strong>säure-Zielstrukturen. Die Detektion<br />

erfolgt aber ohne enzymatische Nukle<strong>in</strong>säure-Amplifikation.<br />

Die Mikroarray-Technik basiert auf immobilisierten<br />

spezifischen Oligonukleotiden, die<br />

auf e<strong>in</strong>er Festkörperoberfläche fixiert s<strong>in</strong>d.<br />

Die DNA des Probenmaterials wird zunächst<br />

extrahiert, dann amplifiziert und dabei markiert.<br />

Die B<strong>in</strong>dung an die immobilisierten<br />

Sequenzen auf dem Array erfolgt unter möglichst<br />

str<strong>in</strong>genten Bed<strong>in</strong>gungen und ermöglicht<br />

so maximale Spezifität. Nach <strong>der</strong> Hybridisierung<br />

werden automatisiert die Positionen<br />

auf dem Array detektiert, an die die markierten<br />

Amplifikate gebunden haben. Aus <strong>der</strong><br />

Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> detektierten DNA-Fragmente<br />

können Rückschlüsse auf die Art des Erregers<br />

o<strong>der</strong> dessen Eigenschaften gezogen werden.<br />

Der Hauptvorteil <strong>der</strong> Mikroarray-Technik<br />

ist, dass e<strong>in</strong>e große Menge spezifischer<br />

Nachweisreaktionen mit überschaubarem<br />

Aufwand parallel durchgeführt werden kann.<br />

Die Kosten für Material und Geräte s<strong>in</strong>d<br />

jedoch relativ hoch.<br />

Fluoreszenz-<strong>in</strong> situ-Hybridisierung (FISH)<br />

ist e<strong>in</strong>e Technik, die ihre Spezifität ebenfalls<br />

aus <strong>der</strong> komplementären Basenpaarung <strong>der</strong><br />

Sonde mit dem Erreger erreicht. Es kann<br />

dabei sowohl DNA als auch RNA nachgewiesen<br />

werden [9]. Voraussetzung für die Hybridisierung<br />

ist die Fixierung und Permeabilisierung<br />

<strong>der</strong> Erreger. Die Untersuchungsprobe<br />

wird mit fluoreszenzmarkierten Sonden <strong>in</strong>kubiert<br />

und fluoreszenzmikroskopisch ausgewertet.<br />

Gemischte Proben und Direktmaterial<br />

können analysiert werden, da sich die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Erreger räumlich trennen lassen und<br />

jeweils als positiv o<strong>der</strong> negativ dargestellt<br />

werden können. Um e<strong>in</strong>e ausreichende Signalstärke<br />

für mikroskopische Analysen zu<br />

erreichen, wird meist e<strong>in</strong>e Zielstruktur <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Zelle gewählt, die mehrfach vorhanden ist,<br />

wie ribosomale RNA (rRNA). Da die Erreger<br />

fixiert werden, ist e<strong>in</strong>e Lebend/Tot-Unterscheidung<br />

kaum möglich. Ausgebildetes Personal<br />

kann Proben b<strong>in</strong>nen e<strong>in</strong>er halben Stunde<br />

ohne großen Materialaufwand vorbereiten<br />

und analysieren.<br />

Die Technik <strong>der</strong> reversen L<strong>in</strong>e-Blot-Hybridisierung<br />

ist dem Mikroarray ähnlich. DNA<br />

o<strong>der</strong> RNA wird aus <strong>der</strong> Probe isoliert, mit<br />

e<strong>in</strong>er PCR-Reaktion amplifiziert und dabei<br />

markiert. Danach wird die entstandene<br />

Mischung aus DNA-Molekülen chemisch <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>zelsträngige DNA denaturiert und mit<br />

immobilisierter DNA auf <strong>der</strong> Membran des<br />

Blotstreifens hybridisiert. Spezifische B<strong>in</strong>dungen<br />

werden enzymatisch detektiert und<br />

bewirken e<strong>in</strong>en Farbumschlag. So kann e<strong>in</strong>fach<br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl an Gensequenzen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Probe spezifisch nachgewiesen werden. Es ist<br />

neben <strong>der</strong> Speziesidentifikation auch <strong>der</strong><br />

Nachweis von Resistenzgenen möglich. Der<br />

Arbeitsaufwand ist bei hohen Probenzahlen<br />

vergleichsweise hoch, so eignet sich die<br />

Methode vor allem dort, wo bei wenigen Proben<br />

verschiedene DNA-Zielstrukturen detektiert<br />

werden sollen (z. B. Tuberkulose-Diagnostik).<br />

Die MALDI-TOF(matrix-assisted laser de -<br />

sorption/ionization-time of flight)-Massenspektrometrie<br />

hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

zur bakteriellen Identifikation durchgesetzt<br />

und an<strong>der</strong>e Verfahren weitgehend verdrängt.<br />

Sie basiert auf <strong>der</strong> Analyse ribosomaler Prote<strong>in</strong>spektren<br />

von Re<strong>in</strong>kulturen und ist von<br />

<strong>der</strong> DNA <strong>der</strong> Erreger unabhängig [10].<br />

Neue MS-basierte diagnostische Systeme<br />

bauen auf e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation von PCR und<br />

massenspektrometrischer Analyse <strong>der</strong> DNA-<br />

Amplifikate mittels Elektronenspray-Ionisations-time<br />

of flight-Massenspektrometrie (ESI-<br />

TOF-MS). Damit ist e<strong>in</strong>e Bestimmung <strong>der</strong><br />

Sequenz <strong>der</strong> Amplifikate <strong>in</strong> Grenzen möglich.<br />

Die Analysen werden im Mikrotiterplattenformat<br />

durchgeführt und be<strong>in</strong>halten verschiedene<br />

PCR-Reaktionen. E<strong>in</strong> computergestütztes<br />

Auswertesystem kann aus den Komb<strong>in</strong>ationen<br />

<strong>der</strong> Messungen neben <strong>der</strong> Keim -<br />

identifikation auch Stammtypisierungen und<br />

<strong>BIOspektrum</strong> | 07.13 | 19. Jahrgang


747<br />

Tox<strong>in</strong>- sowie Resistenzgen-Nachweise durchführen.<br />

Innerhalb von acht Stunden ist e<strong>in</strong>e<br />

relativ breite Analyse möglich. Das bisherige<br />

System ist extrem teuer und daher für die<br />

meisten diagnostischen Labore ungeeignet.<br />

Next Generation Sequenc<strong>in</strong>g bezeichnet<br />

hochparallele DNA-Sequenzierungen. Es s<strong>in</strong>d<br />

verschiedene Systeme kommerziell verfügbar,<br />

die auf unterschiedlichen Techniken beruhen.<br />

Allen Systemen ist geme<strong>in</strong>, dass Genstücke<br />

aus Direktmaterialien mit o<strong>der</strong> ohne<br />

Amplifikationsschritt sequenziert und mittels<br />

Computeranalyse und Datenbankvergleich<br />

bestimmten Organismen zugeordnet werden.<br />

Es ist nicht nur die Detektion von Spezies,<br />

son<strong>der</strong>n auch von Resistenz- o<strong>der</strong> Virulenzgenen<br />

möglich. Nicht immer ist aus e<strong>in</strong>em<br />

Keimgemisch klar, welche Gensequenzen<br />

(etwa von Plasmiden) zu welchem Erreger<br />

gehören. Auch e<strong>in</strong>e Unterscheidung zwischen<br />

lebenden und toten Erregern o<strong>der</strong> re<strong>in</strong>er DNA<br />

ist nicht möglich. Die Auswertung <strong>der</strong> Daten<br />

ist rechen<strong>in</strong>tensiv. Für manche Fragestellungen,<br />

vor allem bei nicht anzüchtbaren o<strong>der</strong><br />

unbekannten Erregern kann diese aufwendige<br />

Methode <strong>in</strong>teressant se<strong>in</strong>. Neue schnellere<br />

und günstigere Sequenzierungstechniken<br />

machen die Massivsequenzierung zu e<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>teressanten Ansatz, <strong>der</strong> <strong>in</strong> den kommenden<br />

Jahren verstärkt experimentell e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden wird und <strong>in</strong> Zukunft e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante<br />

diagnostische Alternative bieten könnte [11].<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die molekulare Diagnostik beruht <strong>der</strong>zeit<br />

hauptsächlich auf <strong>der</strong> Analyse von Erbsubstanz<br />

o<strong>der</strong> Prote<strong>in</strong>en <strong>der</strong> Erreger. Der Hauptunterschied<br />

zu klassischen kulturbasierten<br />

Verfahren ist meistens die höhere Geschw<strong>in</strong>digkeit.<br />

Manche Erreger s<strong>in</strong>d gar nicht<br />

anzüchtbar, sodass ihr direkter Nachweis nur<br />

über molekulare Verfahren gel<strong>in</strong>gt. Trotz <strong>der</strong><br />

Vielfalt mo<strong>der</strong>ner molekularer Verfahren ist<br />

die kulturelle Anzucht noch notwendig. Sie<br />

hat meist nicht nur e<strong>in</strong>e höhere Sensitivität,<br />

son<strong>der</strong>n erlaubt auch die e<strong>in</strong>fache Trennung<br />

von Mischkulturen sowie e<strong>in</strong>e Unterscheidung<br />

zwischen toten und lebenden (anzüchtbaren)<br />

Organismen und dies zu meist deutlich<br />

ger<strong>in</strong>geren Kosten. Für e<strong>in</strong>e zuverlässige<br />

Resistenztestung ist außerdem <strong>der</strong> Genotyp<br />

aufgrund <strong>der</strong> Vielfalt an möglichen Resistenzmechanismen<br />

<strong>der</strong> phänotypischen Resistenztestung<br />

unterlegen. Die stete Weiterentwicklung<br />

molekularer Testsysteme zielt darauf,<br />

schnell hochspezifische Resultate zu liefern<br />

und die Tests möglichst e<strong>in</strong>fach durchführbar<br />

zu machen (Abb. 2). Wenn die Kosten<br />

erster Tag zweiter<br />

Tag<br />

dritter Tag<br />

Kulturwachstum<br />

Zeit zur Diagnosestellung<br />

DNA/RNA-<br />

Extraktion<br />

Zwischenschritte<br />

˚ Abb. 2: <strong>Molekulare</strong> Verfahren <strong>der</strong> <strong>mikrobiologischen</strong> Diagnostik und <strong>der</strong>en Zeitaufwand.<br />

dabei für das Labor reduziert werden können,<br />

so werden sich <strong>in</strong> Zukunft molekulare Verfahren<br />

mehr und mehr gegenüber <strong>der</strong> klassischen,<br />

kulturbasierten <strong>mikrobiologischen</strong><br />

Diagnostik durchsetzen.<br />

ó<br />

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Expert Rev Mol Diagn 9:397–401<br />

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bacterial and viral pathogens <strong>in</strong> community-acquired pneumonia.<br />

Cl<strong>in</strong> Infect Dis 47(Suppl 3):S123–126<br />

AUTOREN<br />

Probennahme<br />

Kulturwachstum<br />

Sören Schubert<br />

Jahrgang 1966. 1985–1992<br />

Mediz<strong>in</strong>studium an <strong>der</strong> Universität<br />

Hamburg. 1993–1995 Dissertation<br />

an <strong>der</strong> Universität<br />

Würzburg. Seit 1998 Arbeitsgruppenleiter<br />

am Max von<br />

Pettenkofer-Institut für Hygiene<br />

und Mediz<strong>in</strong>ische Mikrobiologie<br />

<strong>der</strong> LMU München. 2006 Habilitation.<br />

Seit 2006 leiten<strong>der</strong><br />

Oberarzt <strong>der</strong> Diagnostik am Max<br />

von Pettenkofer-Institut.<br />

FISH<br />

direkt MALDI-TOF (Ur<strong>in</strong>)<br />

automatisierte PCR-Verfahren<br />

PCR-Verfahren, LCR, NASBA<br />

RT-PCR-Verfahren<br />

Massivsequenzierung<br />

ESI-TOF<br />

universelle PCR/Sequenzierung<br />

L<strong>in</strong>e Probe Assay<br />

Mikroarray<br />

MALDI-TOF<br />

FISH von Kultur<br />

PCR von Kultur (RT o<strong>der</strong> konventionell)<br />

an<strong>der</strong>e molekulare Verfahren aus Kultur<br />

[9] Montone KT, Guarner J (2013) In situ hybridization for<br />

rRNA sequences <strong>in</strong> anatomic pathology specimens, applications<br />

for fungal pathogen detection: a review.<br />

Adv Anat Pathol 20:168–174<br />

[10] Wieser A, Schnei<strong>der</strong> L, Jung J et al. (2012) MALDI-TOF<br />

MS <strong>in</strong> microbiological diagnostics-identification of microorganisms<br />

and beyond. Appl Microbiol Biotechnol 93:965–974<br />

[11] Dunne WM Jr, Westblade LF, Ford B (2012) Next-generation<br />

and whole-genome sequenc<strong>in</strong>g <strong>in</strong> the diagnostic cl<strong>in</strong>ical<br />

microbiology laboratory.<br />

Eur J Cl<strong>in</strong> Microbiol Infect Dis 31:1719–1726<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. med. Sören Schubert<br />

Max von Pettenkofer-Institut<br />

Ludwig-Maximilians-Universität München<br />

Marchion<strong>in</strong>istraße 17<br />

D-81377 München<br />

Tel.: 089-2180-78202<br />

Fax: 089-2180-78294<br />

schubert@med.uni-muenchen.de<br />

Andreas Wieser<br />

Jahrgang 1983. 2002–2009<br />

Mediz<strong>in</strong>studium an <strong>der</strong> LMU<br />

München. 2005–2009 Dissertation<br />

am Max von Pettenkofer-Institut<br />

für Hygiene und<br />

Mediz<strong>in</strong>ische Mikrobiologie<br />

<strong>der</strong> LMU München, dort seit<br />

2009 Postdoc <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />

von Prof. Dr. Schubert.<br />

<strong>BIOspektrum</strong> | 07.13 | 19. Jahrgang

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