TUMcampus 2/2013 - Technische Universität München
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Ingenieure braucht das<br />
Land<br />
Es gibt zu wenige Ingenieure, und vor allem gibt es zu wenige Frauen in<br />
technischen Disziplinen. Alle Bemühungen, diese Situation zu verbessern,<br />
zeitigen kaum Erfolg. Berufsbilder werden stark durch Film und Fernsehen<br />
geprägt. Es gibt aber praktisch keine Helden im Fernsehen, die das<br />
Bild des Ingenieurs für junge Menschen im Allgemeinen und für junge<br />
Frauen im Besonderen attraktiv erscheinen lassen.<br />
Vergleichen Sie dies mit den heldenhaften Rechtsanwälten und den Ärzten,<br />
die in großer Vielfalt über unsere Bildschirme tanzen. In Spielfilmen<br />
taucht die Rolle des verrückten Wissenschaftlers auf, der dann meist ein<br />
Physiker/Chemiker oder Mathematiker oder auch ein Computerspezialist<br />
ist. Aber eben kein Ingenieur und schon gar keine Frau. Die CSI-Sendungen<br />
(Crime Scene Investigation) in den USA haben gezeigt, dass die dort<br />
vermittelten, positiv belegten und gemischtgeschlechtlichen Heldenbilder<br />
die Einschreibungen für gerichtsmedizinische oder forensische Studiengänge<br />
steil nach oben steigen lassen.<br />
Das Paradebeispiel eines Ingenieurs in einer Fernsehserie ist »Scotty« vom<br />
Raumschiff Enterprise. Aber der ist auch erst Held dritter Klasse; er steht im<br />
Schatten von »Kapitän Kirk« und kommt deutlich hinter dem Wissenschaftler<br />
»Spock« und auch noch hinter dem Schiffsarzt »Pille McCoy«. Seine Textzeilen<br />
sind Ausdruck eines geringeren Sozialstatus’, dient er doch häufig nur<br />
als Stichwortgeber für die »richtigen« Helden. Eine Ausnahme gibt es aber<br />
im deutschsprachigen Film – da gibt es einen attraktiven Helden, der Ingenieur<br />
ist. Von dem weiß es aber kaum jemand – »Old Shatterhand« ist Vermessungsingenieur.<br />
»McGyver« wird auch gelegentlich als Beispiel angeführt,<br />
aber das ist eher ein Bastler, und seine weibliche Seite wird nicht<br />
sichtbar. Freunde merken an, dass Ingenieure sich deshalb nicht als Helden<br />
eignen, weil kein Normalsterblicher versteht, wovon die so sprechen. Über<br />
diesen Einwand muss ich mich wundern, weil der Heldenstatus von »Dr.<br />
House« unumstritten ist, und dennoch scheint es niemanden zu stören, dass<br />
seine Analysen und Diagnosen für den Laien unverständlich sind.<br />
Ich hoffe immer noch darauf, dass eines Tages eine Autorin eine Serie entwickelt,<br />
in der ein gemischtgeschlechtlich und divers zusammengesetztes<br />
Ingenieurteam Abend für Abend Probleme löst und dadurch die Welt rettet.<br />
Dabei muss es nicht an Romantik, Intrigen, Drama und Humor – an<br />
richtigem Leben eben – mangeln. Vielleicht bekommen die Ingenieurfächer<br />
dann den lange ersehnten Zulauf von jungen Frauen.<br />
Klaus Diepold<br />
Vizepräsident Diversity and Talent Management<br />
<strong>TUMcampus</strong> 2/13<br />
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