Broschüre Beiträge 2014 - Techniker Krankenkasse

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30.01.2014 Aufrufe

A – Versicherungsrecht 1. Versicherungspflicht 1.1 Allgemeines Alle Arbeitnehmer sind grundsätzlich versicherungspflichtig in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung, wenn sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Bei Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden, ist eine Entgeltzahlung für die Versicherungspflicht nicht erforderlich. Auf den Willen der Beteiligten kommt es dabei nicht an 1 . Daher sind Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit denen die Sozialversicherungspflicht ausgeschlossen wird, nichtig und haben keine Wirkung 2 . Der Gesetzgeber sieht die Arbeitnehmer grundsätzlich als schutzbedürftig an. Mit den Regelungen zur Versicherungspflicht will er diese Personengruppe vor den Auswirkungen von Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit schützen. Um das zu erreichen, hat er die Pflichtversicherung (Zwangsversicherung) eingeführt. Da in den Augen des Gesetzgebers nicht alle Arbeitnehmer gleichermaßen schutzbedürftig sind, gibt es einzelne Ausnahmeregelungen (zum Beispiel für Besserverdienende, Beamte). Bei der Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, das Versicherungspflicht auslöst, kommt es nicht darauf an, dass dieses mit behördlichen Bestimmungen im Einklang steht. So besteht zum Beispiel auch für eine illegale Beschäftigung Versicherungspflicht. Ob eine gültige Arbeitserlaubnis, eine notwendige behördliche Genehmigung oder ein Gesundheitszeugnis vorliegt, spielt für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung keine Rolle. Der formelle Abschluss eines Arbeitsvertrages ist für den Eintritt von Versicherungspflicht nicht erforderlich, die Tatsache der Beschäftigung reicht dafür aus. Auch die Frage, ob der Arbeitgeber eine Anmeldung abgegeben hat, ist dafür ohne Belang. Andererseits reicht ein Arbeitsvertrag nicht aus, um Sozialversicherungspflicht auszulösen – die Beschäftigung muss tatsächlich bestehen und ausgeübt werden. 1.2 Abgrenzung Arbeitnehmer – Selbstständiger Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern ist ein selbstständig Tätiger nur im Ausnahmefall versicherungspflichtig. Wichtig ist daher zunächst die Entscheidung, ob es sich um einen Arbeitnehmer, also einen abhängig Beschäftigten handelt, oder eine freiberufliche oder selbstständige Tätigkeit vorliegt. Diese Entscheidung muss jeweils im Einzelfall getroffen werden. Die steuerrechtliche Beurteilung kann allenfalls ein Indiz sein, ist aber für die sozialversicherungsrechtliche Bewertung nicht entscheidend 3 . Um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, und damit um einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer handelt es sich, wenn der Arbeitgeber über Art, Ort, Zeit und Weise der Arbeit entscheidet. Er ist gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsbefugt. Der Beschäftigte hingegen ist von seinem Arbeitgeber persönlich und meistens auch wirtschaftlich abhängig. Die vertraglichen Vereinbarungen, die Bezeichnung oder die Rechtsform des vertraglichen Verhältnisses sind nicht entscheidend. Vielmehr kommt es immer auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Folgende Kriterien sind für die Beurteilung einer Beschäftigung entscheidend: űű űű űű die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers, seine Eingliederung in den Betrieb, die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber. Ein starres Schema für die Beurteilung gibt es nicht. Vielfach werden sowohl Kriterien vorliegen, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, als auch solche, die eine selbstständige Tätigkeit vermuten lassen. In diesen Fällen ist eine sorgfältige Abwägung erforderlich. Entscheidend ist immer das Gesamtbild der Tätigkeit 4 . 1 § 32 SGB I 2 BSG vom 21.1.1960 – Aktenzeichen 3 RK 49/56 3 BSG vom 28.8.1961 – Aktenzeichen 3 RK 57/57 4 BSG vom 9.10.1984 – Aktenzeichen 12 RK 22/84 8 | Beiträge 2014

Achtung | Im Zweifelsfall sollten Sie einen Bescheid der Krankenkasse verlangen oder das Statusfeststellungsverfahren bei der Rentenversicherung einleiten (siehe Punkt A 1.5), um sich vor späteren Beitragsnachforderungen zu schützen. 1.2.1 Persönliche Abhängigkeit Im Gegensatz zum selbstständig Tätigen kann der Arbeitnehmer seine Tätigkeit nicht frei gestalten. Auch über die Lage der Arbeitszeit, den Einsatz seiner Arbeitskraft und die Gestaltung seiner Arbeit kann der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht selbst bestimmen. Zudem trägt er selbst kein Unternehmerrisiko, ist also von den Entscheidungen eines anderen – nämlich seines Arbeitgebers – abhängig und kann den wirtschaftlichen Erfolg seiner Arbeit nicht selbst nutzen. Das Fehlen eines Unternehmensrisikos ist ein entscheidender Punkt in der Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft 5 . 1.2.2 Eingliederung in den Betrieb Eine Eingliederung in den Betrieb wird zum Beispiel dadurch erkennbar, dass der Beschäftigte seine Arbeit in den Räumen des Arbeitgebers ausübt bzw. ausüben muss. Anhaltspunkte sind auch die Einbindung in die Urlaubsplanung und das allgemeine organisatorische Umfeld des Betriebes. Dabei spielt es keine Rolle, wenn im Einzelfall durch besondere Beziehungen (zum Beispiel familiärer oder freundschaftlicher Natur) oder wegen der Art der Tätigkeit größere Freiheiten bei der Gestaltung der Arbeit bestehen. Die Eingliederung in den Betrieb ist nicht räumlich, sondern organisatorisch zu verstehen. So kann sie auch bei Heimarbeit (etwa Telearbeit) vorliegen 6 . 1.2.3 Weisungsgebundenheit Im Gegensatz zum selbstständig Tätigen unterliegt der Arbeitnehmer durch die Eingliederung in den Betrieb dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers. Dieser bestimmt über die Art und Weise der Arbeitserledigung, den Ort und die Zeit der Ausübung der Tätigkeit. Entscheidend ist nicht der genaue Grad der Weisungen, die vom Arbeitgeber erteilt werden. Insbesondere in Führungspositionen oder bei Spezialisten werden sich die Vor- 5 u.a. BSG vom 27.1.1977 – Aktenzeichen 12/3 RK 33/75 6 BSG vom 27.9.1972 – Aktenzeichen 12 RK 11/72 gaben des Arbeitgebers nur auf den Rahmen der Tätigkeit erstrecken, während der Arbeitnehmer im Detail der Erledigung Freiräume und Entscheidungsspielräume hat. Dies schließt jedoch eine abhängige Beschäftigung nicht aus. 1.2.4 Beschäftigung gegen Entgelt Die Versicherungspflicht als Arbeitnehmer ist grundsätzlich davon abhängig, dass die Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt wird 7 . Ausgenommen hiervon sind Mitarbeiter, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden 8 . Im Vordergrund steht der Grundsatz „Entgelt für geleistete Arbeit“ – dies ist Bedingung für die Versicherungspflicht. Ausnahmen hiervon gibt es aber zum Beispiel im Falle der Arbeitsunfähigkeit, bei der das Entgelt ohne direkte Gegenleistung gezahlt wird 9 , sowie bei besonderen Beschäftigungsformen, wie bei der Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten oder von Altersteilzeit. Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden 10 . Auch Zahlungen Dritter, die aufgrund der Beschäftigung geleistet werden, sind grundsätzlich Arbeitsentgelt. Ausnahmen für einzelne Einkommensarten regelt die Sozialversicherungsentgeltverordnung 11 . 1.3 Gesellschafter/Mitunternehmer Besonders schwierig ist die Beurteilung der Frage, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, bei Gesellschaftern und Mitunternehmern, die im Betrieb mitarbeiten. Vielfach nehmen Gesellschafter an, dass sie allein aufgrund ihrer Stellung als Gesellschafter nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Oftmals scheidet in diesen Fällen tatsächlich ein direktes Weisungsrecht des Arbeitgebers aus. Gleichwohl kann durch die Eingliederung in den Betrieb und fehlendes Unternehmerrisiko eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegen. Entscheidend ist in erster Linie die Rechtsform des Unternehmens. Die Rechtsprechung hat umfangreiche Grundsätze zu den einzelnen Rechtsformen entwickelt. 7 u.a. BSG vom 28.8.1961 – Aktenzeichen 3 RK 57/57 8 siehe Punkt A 1.6.1 9 BSG vom 8.7.1959 – Aktenzeichen 4 RJ 58/58 10 § 14 Abs. 1 SGB IV 11 siehe Punkt B 4 Beiträge 2014 | 9

A – Versicherungsrecht<br />

1. Versicherungspflicht<br />

1.1 Allgemeines<br />

Alle Arbeitnehmer sind grundsätzlich versicherungspflichtig<br />

in der Kranken-, Pflege-,<br />

Renten- und Arbeitslosenversicherung, wenn<br />

sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Bei<br />

Personen, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt<br />

werden, ist eine Entgeltzahlung für<br />

die Versicherungspflicht nicht erforderlich. Auf<br />

den Willen der Beteiligten kommt es dabei<br />

nicht an 1 .<br />

Daher sind Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber<br />

und Arbeitnehmer, mit denen die Sozialversicherungspflicht<br />

ausgeschlossen wird,<br />

nichtig und haben keine Wirkung 2 .<br />

Der Gesetzgeber sieht die Arbeitnehmer<br />

grundsätzlich als schutzbedürftig an. Mit den<br />

Regelungen zur Versicherungspflicht will er<br />

diese Personengruppe vor den Auswirkungen<br />

von Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit<br />

schützen. Um das zu erreichen, hat er die<br />

Pflichtversicherung (Zwangsversicherung)<br />

eingeführt.<br />

Da in den Augen des Gesetzgebers nicht alle<br />

Arbeitnehmer gleichermaßen schutzbedürftig<br />

sind, gibt es einzelne Ausnahmeregelungen<br />

(zum Beispiel für Besserverdienende, Beamte).<br />

Bei der Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis<br />

vorliegt, das Versicherungspflicht auslöst,<br />

kommt es nicht darauf an, dass dieses mit behördlichen<br />

Bestimmungen im Einklang steht.<br />

So besteht zum Beispiel auch für eine illegale<br />

Beschäftigung Versicherungspflicht. Ob eine<br />

gültige Arbeitserlaubnis, eine notwendige<br />

behördliche Genehmigung oder ein Gesundheitszeugnis<br />

vorliegt, spielt für die sozialversicherungsrechtliche<br />

Beurteilung keine Rolle.<br />

Der formelle Abschluss eines Arbeitsvertrages<br />

ist für den Eintritt von Versicherungspflicht<br />

nicht erforderlich, die Tatsache der<br />

Beschäftigung reicht dafür aus. Auch die<br />

Frage, ob der Arbeitgeber eine Anmeldung abgegeben<br />

hat, ist dafür ohne Belang. Andererseits<br />

reicht ein Arbeitsvertrag nicht aus, um<br />

Sozialversicherungspflicht auszulösen – die<br />

Beschäftigung muss tatsächlich bestehen und<br />

ausgeübt werden.<br />

1.2 Abgrenzung Arbeitnehmer –<br />

Selbstständiger<br />

Im Gegensatz zu den Arbeitnehmern ist<br />

ein selbstständig Tätiger nur im Ausnahmefall<br />

versicherungspflichtig. Wichtig ist daher<br />

zunächst die Entscheidung, ob es sich um<br />

einen Arbeitnehmer, also einen abhängig Beschäftigten<br />

handelt, oder eine freiberufliche<br />

oder selbstständige Tätigkeit vorliegt. Diese<br />

Entscheidung muss jeweils im Einzelfall getroffen<br />

werden. Die steuerrechtliche Beurteilung<br />

kann allenfalls ein Indiz sein, ist aber für<br />

die sozialversicherungsrechtliche Bewertung<br />

nicht entscheidend 3 .<br />

Um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis,<br />

und damit um einen sozialversicherungspflichtigen<br />

Arbeitnehmer handelt es sich, wenn<br />

der Arbeitgeber über Art, Ort, Zeit und Weise<br />

der Arbeit entscheidet. Er ist gegenüber dem<br />

Arbeitnehmer weisungsbefugt. Der Beschäftigte<br />

hingegen ist von seinem Arbeitgeber<br />

persönlich und meistens auch wirtschaftlich<br />

abhängig. Die vertraglichen Vereinbarungen,<br />

die Bezeichnung oder die Rechtsform des<br />

vertraglichen Verhältnisses sind nicht entscheidend.<br />

Vielmehr kommt es immer auf die<br />

tatsächlichen Verhältnisse an.<br />

Folgende Kriterien sind für die Beurteilung<br />

einer Beschäftigung entscheidend:<br />

űű<br />

űű<br />

űű<br />

die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers,<br />

seine Eingliederung in den Betrieb,<br />

die Weisungsgebundenheit gegenüber<br />

dem Arbeitgeber.<br />

Ein starres Schema für die Beurteilung gibt<br />

es nicht. Vielfach werden sowohl Kriterien vorliegen,<br />

die für eine abhängige Beschäftigung<br />

sprechen, als auch solche, die eine selbstständige<br />

Tätigkeit vermuten lassen. In diesen<br />

Fällen ist eine sorgfältige Abwägung erforderlich.<br />

Entscheidend ist immer das Gesamtbild<br />

der Tätigkeit 4 .<br />

1 § 32 SGB I<br />

2 BSG vom 21.1.1960 – Aktenzeichen 3 RK 49/56<br />

3 BSG vom 28.8.1961 – Aktenzeichen 3 RK 57/57<br />

4 BSG vom 9.10.1984 – Aktenzeichen 12 RK 22/84<br />

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