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ennpunkt<br />

1/<strong>2014</strong> 4,00 Euro 30. Jahrgang Magazin für Fotografie<br />

Januar bis März <strong>2014</strong><br />

Galerien • Buchbesprechungen • Fotoszene<br />

Portfolio Christian Werner • Pavel Sticha


FÜR ORIGINALE<br />

2 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

„Ich fotografiere für den Fine Art Druck. Erst die Kombination von hochwertigen traditionellen<br />

Büttenpapieren und modernster Drucktechnik bringt die sinnliche Qualität meiner Bilder optimal<br />

zur Geltung.“ Manfred Kriegelstein Die Digital FineArt Collection bietet exklusive Künstlerpapiere<br />

mit edler Haptik und bestechender Optik für den Inkjetdruck. Brillante Schwarz-Weiß-Aufnahmen<br />

oder subtile Farbfotografie werden dank unserer feinen Papiere der Individualität Ihrer Kunstwerke<br />

mehr als gerecht. Mehr Papierkunst unter www.hahnemuehle.de<br />

P A P I E R E M I T M U S E U M S Q U A L I T Ä T, A L T E R U N G S B E S T Ä N D I G U N D M E H R F A C H P R Ä M I E R T .


Impressum:<br />

<strong>brennpunkt</strong><br />

Magazin für Fotografie<br />

Erscheint vierteljährlich,<br />

erhältlich in Fotogalerien,<br />

Geschäften, Buchhandlungen<br />

und über Abonnement.<br />

Jahresabo 13,50 Euro<br />

Einzelpreis 4,00 Euro<br />

Konten:<br />

Postbank Berlin<br />

Konto-Nr. 375 106 104<br />

BLZ 100 100 10<br />

Redaktionsschluss:<br />

jeweils am 10. vor dem Erscheinungsmonat<br />

Herausgeber:<br />

<strong>edition</strong> <strong>buehrer</strong><br />

c/o Dietmar Bührer<br />

Odenwaldstraße 26<br />

12161 Berlin<br />

Telefon u. Telefax: (0 30) 8 53 35 27<br />

e-Mail: <strong>buehrer</strong>-berlin@t-online.de<br />

Internet: www.<strong>edition</strong>-dibue.de<br />

Copyright bei Edition<br />

Druck:<br />

schöne drucksachen<br />

Bessemerstraße 76a, 12103 Berlin<br />

Redaktion:<br />

Dietmar Bührer V.i.S.d.P.<br />

Michael Gebur<br />

Elke Tesch<br />

Klaus Rabien<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Udo Rzadkowski<br />

Hinweis:<br />

Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte und Fotografien<br />

wird keine Haftung übernommen.<br />

Galerien<br />

»GIGANTEN DES JAZZ« , (Jacobi, Lebeck, Kemlein, Kalischer, Rau, Bunge) ........ 5<br />

»HINTER GLAS« ............................................................................................... 6<br />

Robert Herrmann »MONOTONY« ..................................................................... 8<br />

Volker Wartmann »Verschlusssache« ................................................................. 9<br />

Helmut Newton »Paris-Berlin«. Greg Gorman »Men« ......................................... 10<br />

ALFRED EHRHARDT »DAS WATT« ................................................................... 12<br />

Göran Gnaudschuhn »Alexanderplatz« ............................................................. 14<br />

»lens-based sculpture« ...................................................................................... 15<br />

Fotofreunde Zehlendorf »HIGHLIGHTS« ............................................................ 16<br />

Delphine Burtin »ENCOUBLE« .......................................................................... 17<br />

Christian Tagliavini »Carte & 1503« ..................................................................... 18<br />

MENSCH-RAUM-AURA .................................................................................... 19<br />

ICH & DU – Selbstporträts und Porträts .............................................................. 20<br />

Fotowettbewerb »My Secret Life« ....................................................................... 22<br />

Kathrin Karras »Schattenrisse« ............................................................................. 23<br />

Philipp Keel »Splash« .......................................................................................... 24<br />

»Sommer-Akt-Fotoshooting« – »Tabu« – »Look, I´m naked« ............................... 26<br />

Uwe Glanz »Stadtbilder von 1989 bis 2012« ....................................................... 27<br />

IDENTITY LOST, Fotokunstgruppe VINGESUS ................................................... 28<br />

Fred Stein »Im Augenblick« ................................................................................. 30<br />

Léa Habourdin »Cahier de Doléances« – »Book of Possibilities« ......................... 31<br />

Francis Ducreau »Stadt der Menschen - Menschen der Stadt« ............................ 32<br />

»AusZeiten&Räumen« ........................................................................................ 34<br />

Franziska Rutishauser »Fotografische Installationen« ........................................... 36<br />

Ausstellungen in Berlin ............................................................................................ 37<br />

Galeriebesprechungen<br />

Kulinarisches (Klaus Rabien) .............................................................................. 38<br />

Ausstellungen<br />

Andreas Adam »Die Sonne scheint ...« ................................................................ 46<br />

JEFF WALL IN MÜNCHEN .................................................................................. 47<br />

Portfolio<br />

Christian Werner »Charcoal Children« ................................................................ 52<br />

Pavel Sticha »Osterinsel« .................................................................................... 60<br />

Fotoszene<br />

DGPh - Veranstaltung / Gudrum Angelika Hoffmann, »Nackte Verfremdungen« . 43<br />

Fotokunst verkaufen mit Luxad ........................................................................... 44<br />

Europäischer Monat der Fotografie <strong>2014</strong> ............................................................. 45<br />

Ein Gespräch mit Klaus Honnef (Pepper) ............................................................. 48<br />

Fotoclub Roth ..................................................................................................... 70<br />

Plädoyer für ein festes Juryteam (Manfred Kriegelstein) ....................................... 80<br />

Le Rêve (Der Traum), Paris 1934<br />

© Estate of Fred Stein<br />

Buchbesprechungen<br />

Bernhard Edmaier »EarthArt« ............................................................................. 42<br />

Photoshop für Digitalfotografen ......................................................................... 81<br />

Faszinierende Photoshop-Welten ....................................................................... 81<br />

LUMIX GX7 ........................................................................................................ 81<br />

Vorschau 2-<strong>2014</strong> ...................................................................................................... 82<br />

In dieser Ausgabe liegt eine Beilage von »Lettre International« bei.<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

3


Galerien<br />

GIGANTEN DES JAZZ<br />

Fotografien von<br />

Max Jacoby<br />

Robert Lebeck<br />

Eva Kemlein<br />

Clemens Kalischer<br />

Uwe Rau<br />

Norbert Bunge<br />

© Norbert Bunge, »Ella Fitzgerald«, 1968<br />

© Robert Lebeck, »Eartha Kitt«, 1965<br />

© Eva Kemlein, »Lous Amstrong«, 1965<br />

© Clemens Kalischer, »Max Roach mit Schüler«, 1956<br />

18. Januar bis 1. März <strong>2014</strong><br />

© Max Jacoby, »Miles Davis«, Berlin, 1965<br />

Galerie argus fotokunst<br />

Marienstraße 26<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Mi – Sa<br />

14 – 18 Uhr<br />

Vernissage<br />

17. Januar <strong>2014</strong>, 19-21 Uhr<br />

mit Oli Bott (Vibraphon)<br />

und Rolf Römer (sax)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

5


Galerien<br />

Jeremie Aubouin<br />

Anna Arendt<br />

Dorothée Baumann<br />

Olle Fischer<br />

Uta Protzmann<br />

Christian Reister<br />

Anke Schüttler<br />

Nicole Woischwill<br />

»HINTER GLAS«<br />

Kuratiert von Jenny Graser und Nicole<br />

Woischwill<br />

Das Motiv des Fensters nahm in<br />

der bildenden Kunst wie auch<br />

in der Architektur seit jeher eine<br />

Brückenfunktion ein und diente sprichwörtlich<br />

als Tor zur Welt. Das »Fenster61«,<br />

ein circa 2x2 Meter umfassendes<br />

Schaufenster, in dem seit 2005<br />

in monatlichen Abständen zeitgenössische<br />

Fotografie gezeigt wird, spielt<br />

sogleich mit dieser Eigenschaft. Denn<br />

es ist nicht betretbar, sondern als Schauraum<br />

allein visuell erfahrbar. Darüber<br />

hinaus präsentiert es in der Ausstellung<br />

»Hinter Glas« fotografische Positionen<br />

von acht Künstlerinnen und Künstlern,<br />

die sich dem Seherlebnis widmen, das<br />

Fenster und Spiegel generieren. Deren<br />

bildkonstituierende Funktion gleicht<br />

der Kameralinse mit den Worten des<br />

Medienphilosophen Dieter Mersch<br />

ausgedrückt darin, dass »angeschaut<br />

vielmehr das Bild zurückblickt«, und<br />

manchmal begegnet sich der Schauende<br />

darin gar selbst.<br />

Die Eigenschaft des Spiegels, seine<br />

Umgebung oder ein Gegenüber abzubilden,<br />

wird in der Fotografie »Face you«<br />

von Dorothée Baumann gezielt unterlaufen.<br />

Ein Spiegel ist hier zwischen die<br />

Arme eines am Boden liegenden Mädchens<br />

gedrückt und verdeckt ihr Gesicht.<br />

Lange blonde Haare, eine schemenhaft<br />

angedeutete Brust sowie die leichte<br />

Schatten werfenden Rippenknochen<br />

© Dorothée Baumeister, »Face You«, (Original in Farbe)<br />

© Anna Arendt, »In the Middle of the Brigde«<br />

lassen einen weiblichen Körper erahnen.<br />

Dieser wirkt jedoch merkwürdig<br />

deformiert und durch den ungewöhnlich<br />

positionierten Spiegel fragmentiert.<br />

Der Frauenkörper, durch das Artefakt<br />

zerstückelt, wandelt sich zum Objekt.<br />

Eine zunächst irritierende Wirkung<br />

zeichnet ebenfalls die Fotografie<br />

von Anna Arendt aus. Die Köpfe<br />

zweier Personen schälen sich aus<br />

einem körnigen, diffusen Hintergrund<br />

heraus. Ihre Blicke begegnen sich<br />

nicht. Ein Augenpaar ist direkt auf den<br />

Betrachter gerichtet, fokussiert ihn,<br />

scheint ihn zu verfolgen. Der Anblick<br />

provoziert einen Gegenblick, ebenso<br />

wie die aufmerksamen Augen eines<br />

zähnefletschenden Wolfes, der uns auf<br />

dem nächsten Bild der Fotografin begegnet.<br />

Harmonisch, vertraut und in keinster<br />

Weise aggressiv, wirkt hingegen die<br />

Beziehung der beiden Personen, die<br />

auf der crossentwickelten Fotografie<br />

von Nicole Woischwill miteinander<br />

interagieren. Mit dessen warmen<br />

Farbton korrespondiert sogleich Anke<br />

Schüttlers Arbeit, in welcher der Lichtund<br />

Schattenwurf eines roten Vorhangs<br />

den Mittelpunkt bilden. Der vor ein<br />

Fenster gehängte Stoff ist zwar transparent<br />

und lässt das Licht in den Raum<br />

eindringen. Trotzdem erschließt sich<br />

dem Betrachter weder die Beschaffenheit<br />

des Zimmers, noch wird der Blick<br />

hinaus ermöglicht. Dem warmen Farbton<br />

dieser beiden Bilder gegenüber steht<br />

eine zweite, sehr viel kühler wirkende<br />

Arbeit von Nicole Woischwill. Auf der<br />

schwarz-weiß Fotografie ist eine vereinzelte<br />

männliche Figur zu sehen. Sein<br />

Rücken ist dem Betrachter, sein Blick<br />

6 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

aus denen der Zeit scheinbar entrückt,<br />

die Twin Towers deutlich hervortreten.<br />

Eine Möwe zieht vorbei.<br />

Außen- und Innenraum verbinden<br />

sich wiederum in der schwarz-weiß<br />

Fotografie von Christian Reister. Eine<br />

unbekleidete Frau posiert lasziv in einem<br />

Fensterrahmen. Die Konturen ihres Körpers<br />

zeichnen sich scherenschnittartig<br />

auf der Scheibe ab. Zugleich spiegeln<br />

sich darin helle Lichter einer gegenüberliegenden<br />

Hauswand, so dass der rätselhafte<br />

Eindruck entsteht, als befände<br />

sich die Person doch im Freien. Eine<br />

Überblendung von urbanem Raum<br />

und Mensch begegnet uns ebenfalls in<br />

der Fotografie von Uta Potzmann. Hier<br />

verschmelzen das liebliche Abbild der<br />

Dichterin Anna Achmatova, das hinter<br />

einem Schaufenster platziert ist, mit den<br />

sich im Fenster reflektierenden Ästen<br />

und Schemen der Stadt Sankt Petersburg.<br />

Auch das Motiv von Jeremie Aubouins<br />

Arbeit setzt sich aus Fragmenten einer<br />

Landschaft und Architektur zusammen.<br />

Der Fotograf hat eine Wand abgelichtet,<br />

deren Tapete einst Wälder, Berge, Flüsse<br />

und ein Schloss beherbergte. Einer<br />

Decollage gleich wurde die Tapete<br />

jedoch großflächig abgerissen, so dass<br />

der braune Untergrund der Hauswand<br />

hervortritt. Die Linse der Kamera hält<br />

eine abstrakte Form fest, die in die<br />

feinmalerische Landschaftsdarstellung<br />

einzubrechen scheint.<br />

© Nicole Woischwill, (Original in Farbe)<br />

Das »Fenster61« präsentiert mit der Ausstellung<br />

»Hinter Glas« ein breites Spektrum<br />

an zeitgenössischer Fotografie,<br />

deren einzelne künstlerische Positionen<br />

unterschiedlicher kaum sein könnten.<br />

Und doch haben sie etwas gemeinsam:<br />

Das Bild, es schaut angeblickt zurück.<br />

Und was siehst Du?<br />

Jenny Graser<br />

© Olle Fischer<br />

dem Licht, zugewandt. Was diesen<br />

Augen wohl begegnet? Und was erblickt<br />

die in warme Kleidung gehüllte, durch<br />

ein Fernglas schauende Dame, die Olle<br />

Fischer auf einem Dampfer fotografiert<br />

hat? In Unruhe versetzte Wellen und<br />

dunkle schwarze Wolken umschließen<br />

miniaturartig wirkende Hochhäuser,<br />

© Christian Reister<br />

bis 14. Januar <strong>2014</strong><br />

FENSTER61<br />

Torstraße 61<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

jederzeit einsehbar<br />

www.fenster61.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

7


Galerien<br />

Robert Herrmann<br />

»MONOTONY«<br />

Einst zum Ideal der funktionalen Stadt<br />

erkoren, legen sich die Satellitenstädte<br />

wie Gespinste um die Großstadt – heute<br />

monotone Schlafstädte, als Wohnstätten<br />

wenig beliebt.<br />

Wer dort wohnt, pendelt tagtäglich ins<br />

Stadtzentrum um mit einer Tätigkeit<br />

im Dienstleistungssektor die eigene<br />

schmale Existenz zu sichern.<br />

Robert Herrmann stieg an mehreren<br />

Wintermorgen in die frühesten S-<br />

Bahnen, besuchte die östlichen Berliner<br />

Plattenbauquartiere und begleitete mit<br />

der Kamera die Pendler auf ihrem Weg<br />

in die Stadt.<br />

Das Ergebnis dieser Reise ist eine stille<br />

und nachdenklich stimmende Sinfonie<br />

einer Großstadt.<br />

© Robert Herrmann<br />

© Robert Herrmann<br />

15. Januar <strong>2014</strong> bis 11. Februar <strong>2014</strong><br />

FENSTER61<br />

Torstraße 61<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

jederzeit einsehbar<br />

www.fenster61.de<br />

© Robert Herrmann<br />

8 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

Volker Wartmann<br />

»Verschlusssache<br />

– Geheimnisvolle<br />

Orte im Rathaus<br />

Schöneberg«<br />

Blicke hinter verschlossene Türen, in<br />

unbekannte Winkel und auf verborgene<br />

Details, an denen fast jeder achtlos<br />

vorbeigeht – der Fotokünstler Volker<br />

Wartmann hat das Rathaus Schöneberg<br />

zwischen Juni und Oktober 2013<br />

nahezu unzählige Male durchstreift und<br />

aus Perspektiven fotografiert, die Besuchern<br />

normalerweise verborgen blei-<br />

© Volker Wartmann, Ausstellungshalle »Lichthof«, (Original in Farbe)<br />

© Volker Wartmann, »Zimmer der<br />

Bezirksbürgermeisterin«, (Original in Farbe)<br />

ben. Dank der Unterstützung engagierter<br />

Rathaus-Mitarbeiter bekam er auch<br />

Zugang zu Räumen, die für die Öffentlichkeit<br />

normalerweise absolut tabu<br />

sind: beispielsweise zu dem ehemaligen<br />

Tresorraum der Stadtkasse Schöneberg,<br />

zur Dokumentenkammer im Glockenturm<br />

und zur ehemaligen Bierstube<br />

des Ratskellers. Mit seinen Fotografien<br />

eröffnet Wartmann den Betrachtern eine<br />

neue Sichtweise auf das weltbekannte<br />

Berliner Wahrzeichen, das im Jahr <strong>2014</strong><br />

sein 100jähriges Bestehen feiert.<br />

© Volker Wartmann, »Altaktenarchiv«, (Original in Farbe)<br />

18. Januar <strong>2014</strong> bis 15. Februar <strong>2014</strong><br />

198 Galerie<br />

Tempelhofer Damm 198<br />

12099 Berlin-Tempelhof<br />

© Volker Wartmann, »Brandenburghalle«,<br />

(Original in Farbe)<br />

© Volker Wartmann, »Standesamt«,<br />

(Original in Farbe)<br />

Mo – Fr<br />

Sa<br />

15 – 19 Uhr<br />

14 – 18 Uhr<br />

Vernissage:<br />

18. Januar <strong>2014</strong>, 16 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

9


Galerien<br />

Helmut Newton:<br />

Paris-Berlin.<br />

Exhibition Grand<br />

Palais 2012 //<br />

Greg Gorman: Men<br />

Die Berliner Helmut Newton Stiftung<br />

feiert mit dieser Ausstellung ein Jubiläum:<br />

Helmut Newton gründete vor<br />

zehn Jahren, also im Herbst 2003, eine<br />

eigene Stiftung und schloss einen Kooperationsvertrag<br />

mit der Stiftung Preußischer<br />

Kulturbesitz. Im Rahmen eines<br />

»Public-Private-Partnership« gelangte<br />

damals eine umfangreiche Sammlung<br />

von Originalaufnahmen, Vintage-Ausstellungsplakaten<br />

und Archivalien als<br />

Dauerleihgabe in Newtons Heimatstadt<br />

Berlin. Nach einer kurzen Umbauphase<br />

öffnete das »Museum für Fotografie«<br />

in einem ehemaligen Militärkasino<br />

im Sommer 2004 mit einer Doppelausstellung,<br />

die der Photograph selbst nicht<br />

mehr erleben konnte, da er kurz zuvor<br />

in Los Angeles verstarb.<br />

Doch durch sein Werk lebt er weiter.<br />

Nicht nur in der Berliner Stiftung<br />

werden regelmäßig Ausstellungen organisiert<br />

und präsentiert, sondern von<br />

hier aus auch an verschiedene Institutionen<br />

in Europa ausgeliehen, so auch<br />

2012 nach Paris ins Grand Palais. Es<br />

war die erste Übersichtspräsentation<br />

des Newton’schen Werkes in der französischen<br />

Hauptstadt seit seinem Tod<br />

und die erste eines Photographen in<br />

diesem renommierten Ausstellungshaus<br />

überhaupt. Jene Ausstellung kehrt nun<br />

zu ihrem Ausgangspunkt zurück und<br />

wird in Berlin gezeigt, vor diesem Hintergrund<br />

ist auch der Ausstellungstitel<br />

zu verstehen; sie vereint alle wichtigen<br />

Werkgruppen des Photographen: Mode,<br />

Akt, Porträts und die für ihn so charakteristischen<br />

Mischformen. Zusammengenommen<br />

sind es mehr als 200 Schwarz-<br />

Weiß- und Farbphotographien unterschiedlicher<br />

Formate, teilweise als Vintage<br />

Prints.<br />

Manche Aufnahmen waren bereits<br />

in früheren Ausstellungskontexten in<br />

der Helmut Newton Stiftung zu sehen,<br />

Helmut Newton, Bergstrom over Paris, 1976 © Helmut Newton Estate (O.i.F.)<br />

andere werden zum ersten Mal gezeigt.<br />

Mit jeder neuen Kombination kann<br />

selbst das Werk eines bekannten Photographen<br />

neu entdeckt werden. Die<br />

Gegenüberstellung einer Bildikone<br />

wie beispielsweise »Rue Aubriot, Paris<br />

1975« mit einer zweiten durch ein Aktmodell<br />

ergänzten Aufnahme erweitert<br />

die für Newton übliche Rezeption.<br />

Helmut Newton hat einen Damensmoking<br />

von Yves Saint Laurent für die französische<br />

Vogue photographiert; das ist,<br />

abgesehen vom revolutionären Akt des<br />

Modeschöpfers, zunächst nicht ungewöhnlich,<br />

doch die Art der photographischen<br />

Inszenierung ist unvergleichlich<br />

und wirkte stilbildend: Das weibliche<br />

Modell mit Kurzhaarschnitt steht<br />

rauchend und selbstbewusst nachts in<br />

einer schmalen, spärlich beleuchteten<br />

Gasse und scheint auf niemanden zu<br />

warten. Zwei Assoziationen aus der<br />

Kunst- und Photographiegeschichte<br />

kommen dem Betrachter sofort in den<br />

Sinn: Ernst Ludwig Kirchners Straßenszenen<br />

am nächtlichen Potsdamer Platz<br />

aus den frühen 1910er-Jahren, auf denen<br />

er die dort stehenden modisch gekleideten<br />

Frauen in ein Spannungsverhältnis<br />

zwischen Prostitution und urbanmodernem<br />

Lebensstil stellte, und Brassaïs<br />

Prostituiertenporträts, die jener in<br />

den 1930er-Jahren insbesondere im<br />

Pariser Marais aufnahm. Vierzig Jahre<br />

später wählte Newton ebenfalls dieses<br />

Viertel für seine Modephotographie. Mit<br />

der zweiten Aufnahme des Modells am<br />

gleichen Ort und einem Aktmodell an<br />

dessen Seite steigerte er die verwirrende<br />

Androgynität der bekleideten Frau noch.<br />

Die Kombination einer bekleideten und<br />

einer nackten Frau im Modekontext war<br />

ziemlich radikal und eine solche Aufnahme<br />

für die Veröffentlichung in einem<br />

Modemagazin wie die französische<br />

Vogue ungeeignet. Die Kombination<br />

bekleideter und unbekleideter Modelle<br />

formulierte Helmut Newton ab 1980<br />

in der berühmten Serie »Naked and<br />

Dressed« aus, die in seinem dritten Bildband<br />

»Big Nudes« veröffentlicht wurde<br />

sowie in der italienischen und französischen<br />

Ausgabe der Vogue; einige Jahre<br />

später war eine solche Motivkombination<br />

für ein renommiertes Modemagazin<br />

somit kein Tabubruch mehr. Zwei<br />

Diptychen jener Serie, die bereits Mitte<br />

der 1970er-Jahre in der Rue Aubriot vorbereitet<br />

wurde, sind auch Bestandteil<br />

der aktuellen Ausstellung.<br />

Daneben finden sich Porträts zahlreicher<br />

Prominenter von Pierre Cardin<br />

bis Margaret Thatcher, Modebilder für<br />

Magazine aus den 1960er bis 1990er-<br />

Jahren sowie Akt- und Produktaufnahmen;<br />

darunter finden sich auch Aufnahmen<br />

aus »Fired«, etwa die legendären<br />

Courrèges-Aufnahmen, veröffentlicht<br />

1964 im Modemagazin Queen, die<br />

damals der Grund für Newtons kurzfristigen<br />

Rauswurf bei der Vogue waren,<br />

übersetzten die ultramodernen Entwürfe<br />

10 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

Greg Gorman, Three Boys Jumping, 1991 © Greg Gorman<br />

des französischen Designers kongenial<br />

ins photographische Bild. Revolutionär<br />

waren die Hosen für Frauen, die kniefreien<br />

Kleider und vor allem der spektakuläre<br />

Weltraum-Look. Frauenbild und<br />

gesellschaftliche Position der Frauen<br />

befanden sich damals bekanntlich in<br />

einem radikalen Wandel. Newton photographierte<br />

die Courrèges-Modelle<br />

ohne jede Accessoires in klaustrophobisch<br />

engen Räumen, deren metallene<br />

Wände Kleider und Modelle reflektierten<br />

oder verdoppelten. Ende der 1960er-<br />

Jahre nahm Newton Mode für die Elle<br />

wiederum in einem verwirrenden Spiegelraum<br />

auf; diesmal zeigte sich der<br />

Photograph selbst hinter den Frauen mit<br />

seiner Kleinbildkamera im Bild. Ungewöhnlich<br />

für die Zeit war, wie Newton<br />

hier den Arbeitsprozess selbstironisch<br />

und medienreflexiv kommentierte.<br />

Helmut Newton hat sich hin und wieder<br />

selbst und 1974 auch einmal Helmut<br />

Berger nackt porträtiert, gleichwohl<br />

bleibt der männliche Akt in seinem<br />

Werk marginal. Auf Einladung von<br />

June Newton, die unter dem Pseudonym<br />

Alice Springs gelegentlich nackte<br />

Männer ablichtete, stellt der amerikanische<br />

Porträtphotograph Greg Gorman<br />

nun parallel zur Newton-Ausstellung<br />

eine Werkgruppe von Männerakten<br />

aus. Hier, in »June’s Room«, begegnen<br />

wir jungen, durchtrainierten Körpern<br />

in Schwarz-Weiß und unterschiedlichen<br />

Formaten, teilweise annähernd<br />

lebensgroß.<br />

Gorman wurde 1949 in Kansas City<br />

geboren und lebt heute in Los Angeles;<br />

noch während des Studiums begann<br />

er 1968 seine Karriere mit Aufnahmen<br />

von Jimi Hendrix bei dessen Konzert in<br />

Kansas City. Später in Kalifornien blieb<br />

er dem Show Business treu und photographierte,<br />

neben zahlreichen Werbeaufträgen,<br />

in der Folge vor allem Schauspieler<br />

und Musiker, darunter Angelina<br />

Jolie und Johnny Depp, Michael Jackson<br />

und David Bowie. Einige dieser ikonischen<br />

Schwarz-Weiß-Aufnahmen zierten<br />

Filmplakate, andere erschienen auf<br />

den Covern von CDs oder von Magazinen<br />

wie LIFE, Newsweek, Rolling Stone<br />

oder Vogue. Aktphotographien entstanden<br />

häufig parallel, etwa während Plein<br />

Air Workshops in seiner zweiten Heimat<br />

Mendocino, einem kleinen Künstlerort<br />

nördlich von San Francisco. Greg<br />

Gorman und June Newton wählten für<br />

diese ergänzende Ausstellung 25 Motive<br />

aus, die zwischen 1988 und 2012 überwiegend<br />

im Studio in Los Angeles entstanden<br />

sind. Die jungen Männer, teilweise<br />

in Gruppen, bewegen sich vor<br />

Gormans Kamera wie Tänzer auf einer<br />

leeren Bühne; es sind zeitlose, sinnliche<br />

Aktporträts.<br />

Die Aktphotographie männlicher<br />

Modelle gilt heute vielerorts noch<br />

immer als Tabu. Im vergangenen Jahr<br />

hat das legendäre Montreux Jazz Festival<br />

zwar einen Männerakt von Greg<br />

Gorman als Postermotiv verwendet,<br />

die primären Geschlechtsteile bleiben<br />

auf jenem Poster jedoch durch die Körperdrehung<br />

des Modells verdeckt. Bei<br />

manchen Aufnahmen Gormans in der<br />

Helmut Newton Stiftung ist dies hingegen<br />

anders.<br />

Matthias Harder<br />

bis 18. Mai <strong>2014</strong><br />

Helmut Newton Stiftung<br />

Museum für Fotografie<br />

Jebensstraße 2<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di, Mi, Fr<br />

Do<br />

So<br />

10 – 18 Uhr<br />

10 – 20 Uhr<br />

11 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

11


Galerien<br />

ALFRED EHRHARDT<br />

DAS WATT<br />

Seit Gründung der Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

im Jahr 2002 laufen die Vorbereitungen<br />

der kommenden Ausstellung,<br />

die nun durch einen Ankauf sowie<br />

eine Schenkung ermöglicht wurde: Die<br />

ausschließlich aus eigenen Beständen<br />

bestückte Zusammenstellung von 70<br />

Vintageprints aus der Serie »Das Watt«<br />

(1933–1936) konzentriert sich auf Ehrhardts<br />

fotografisches Erstlingswerk, das<br />

zu den herausragenden Bildleistungen<br />

der Avantgarde-Fotografie der 1930er<br />

Jahre zählt. Sie ist Ausgangspunkt für<br />

das gesamte preisgekrönte fotografische<br />

und filmische Schaffen dieses am Dessauer<br />

Bauhaus geschulten, vielfältigen<br />

Künstlers und bildet die »crème de la<br />

crème« seines fotografischen Werkes.<br />

Die künstlerische Qualität dieser Serie<br />

sucht auch unter den Meistern der Fotografie<br />

der Neuen Sachlichkeit Ihresgleichen.<br />

Einen idealen Anlass bietet die Neuauflage<br />

des Buches Das Watt von 1937<br />

als exklusive Faksimilie-Auflage der Edition<br />

Xavier Barral. Die Publikation ist<br />

eine Ode an die Natur und ein Meisterwerk<br />

der Buchkunst, das im Jahr 2004<br />

nicht von ungefähr im reich bebilderten<br />

Band über Fotobücher The Photobook.<br />

A History von Martin Parr und<br />

Gerry Badger auf internationaler Ebene<br />

geadelt wurde: »This is both an attractively<br />

designed and finely printed book<br />

– an island of tranquil beauty in a cultural<br />

sea that was becoming increasingly<br />

barbaric.«<br />

ALFRED EHRHARDT (1901-1984)<br />

war ein medialer Grenzgänger. Er war<br />

Organist, Chorleiter, Komponist, Maler<br />

und Kunstpädagoge, bevor er Fotograf<br />

wurde. Nach einem Aufenthalt am<br />

Dessauer Bauhaus 1928/29, wo er bei<br />

Josef Albers studierte und bei Wassily<br />

Kandinsky und Oskar Schlemmer hospitierte,<br />

leitete er an der Landeskunstschule<br />

Hamburg den ersten Vorkurs für<br />

Materialkunde außerhalb des Bauhauses.<br />

Erst nach der Entlassung aus dem<br />

Hochschuldienst durch die Nationalsozialisten<br />

1933 wandte er sich der Fotografie<br />

und dem Film zu. In Cuxhaven,<br />

Alfred Ehrhardt, Fließender Sand, 1933-1936, © bpk / Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

wo er sich in seinem ersten Beruf als Kirchenmusiker<br />

verdingte, entdeckte er im<br />

vorgelagerten Watt zwischen den Inseln<br />

Scharhörn und Neuwerk die Besonderheiten<br />

dieser wechselvollen Meereslandschaft.<br />

Ihn faszinierten die durch<br />

Wind und Wasser täglich neu entstehenden<br />

abstrakten Strukturen im Sand,<br />

die ihn an den Materialkundeunterricht<br />

erinnerten, wo seine Studenten »Struktur,<br />

Textur und Faktur« von Materie zu<br />

erfassen hatten. Es wurde ihm schnell<br />

bewusst, dass die Kamera das unverfänglich<br />

zu produzieren imstande ist, was zu<br />

malen verboten war. Statt zu Stift oder<br />

Pinsel zu greifen, »zeichnete« er nun<br />

die abstrakten Formen der Natur mit der<br />

Kamera. Mit Hilfe von Motivwahl, Perspektiveinstellung<br />

und Lichtregie überhöhte<br />

er die Schätze der »Künstlerin<br />

Natur« zu einer vom Menschen gestalte-<br />

Alfred Ehrhardt, aus der Serie: »Das Watt«,<br />

1933-1936, © Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

12 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

Alfred Ehrhardt, Ein flacher Priellauf mit stark<br />

strukturierten Uferflächen, 1933-1936,<br />

© Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Weitere Stationen:<br />

Museum Kunst der Westküste,<br />

Hauptstraße 7, 25938 Alkersum / Föhr<br />

15. Juni <strong>2014</strong> – 11. Januar 2015<br />

Alfred Ehrhardt, Bodenriffelungen, 1933-1936, © bpk / Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

ten Kunstform, die der Natur ebenbürtig<br />

sein wollte, ohne bloße Kopie zu sein.<br />

Breitet man Alfred Ehrhardts Fotografien<br />

abstrakter Sandformen im Watt<br />

vor sich aus, drängt sich der Gedanke<br />

»Chaos und Struktur« auf. Der hier vom<br />

Künstler gewählte Bildausschnitt offenbart<br />

die immanente Schönheit des sich<br />

in so vielfältigen Formen darstellenden<br />

Naturgeschehens, während die Zusammenschau<br />

der Formvariationen die Verbindung<br />

von Mikro- und Makrokosmos<br />

erstellen soll. Er bringt System in die<br />

Strukturen und Ordnung in das Chaos<br />

der Natur, als wolle er die Welt mit<br />

seiner Technik begreifbar machen.<br />

Alfred Ehrhardt war ein neusachlicher<br />

Neuromantiker, ein »Naturphilosoph<br />

mit der Kamera«, wie man ihn damals<br />

nannte. In seiner Serie »Das Watt« verbinden<br />

sich die Strukturexperimente<br />

des Neuen Sehens, der naturphilosophisch<br />

begründete, typologische Ansatz<br />

der Fotografie der Neuen Sachlichkeit,<br />

sein am Bauhaus geschultes Gespür für<br />

Komposition, Materialbeschaffenheit<br />

und Abstraktion mit einem von Kandinsky,<br />

Schlemmer und Klee beeinflussten<br />

weltanschauliche Anliegen, Materielles<br />

ins Geistig-Kosmische zu transzendieren.<br />

In der Abwendung vom Chaos<br />

einer industrialisierten Welt, in der kontemplativen<br />

Konzentration auf nur von<br />

Himmel und Horizont begrenzte leere<br />

Landschaften und in der Fokussierung<br />

auf die verborgene Anmut und symmetrische<br />

Schönheit des natürlichen Mikrokosmos<br />

fand Ehrhardt hier zu höchster<br />

formaler Konsequenz von ergreifend<br />

schlichter Schönheit.<br />

Publikation:<br />

Alfred Ehrhardt, Das Watt, Faksimile-<br />

Auflage der Ausgabe von 1937 im Heinrich<br />

Ellermann Verlag, Edition Xavier<br />

Barral, Paris 2013, 22,5 x 29 cm, 96<br />

SW-Aufnahmen, 112 Seiten, Texte: Kurt<br />

Dingelstedt, Alfred Ehrhardt, 16 Seiten<br />

Übersetzungen der Texte Englisch / Französisch,<br />

45,- Euro.<br />

Eröffnungsrede:<br />

Dr. Christiane Stahl,<br />

Leiterin der Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Eröffnung:<br />

Freitag, 17. Januar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

18. Januar bis 27. April <strong>2014</strong><br />

Alfred Ehrhardt Stiftung<br />

Auguststraße 75<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – So 11 – 18 Uhr<br />

Do 11 – 21 Uhr<br />

www.alfred-ehrhardt-stiftung.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

13


Galerien<br />

Göran Gnaudschuhn<br />

»Alexanderplatz«<br />

Göran Gnaudschun fotografiert seit<br />

2010 am Berliner Alexanderplatz die<br />

Szene von jungen Ausreißern, Gestrandeten,<br />

Wohnungslosen, Punks und<br />

Selbstdarstellern. Es gibt Erfahrungen<br />

mit längeren Gefängnisaufenthalten,<br />

Drogen und viel Alkohol. Diese Menschen<br />

passen in die Raster der normalen<br />

Gesellschaft nicht hinein: weder in die<br />

der Arbeitswelt und oft auch nicht in die<br />

der sozialen Fürsorge. Kaum einer ist in<br />

Berlin aufgewachsen, viele wollten aus<br />

der Provinz fliehen, möglichst weit weg:<br />

neu sein, anonym sein, die weite Welt<br />

ohne einen Cent in der Tasche erleben.<br />

Einige treiben sich immer für mehrere<br />

Monate in anderen Großstädten<br />

Deutschlands herum, andere wollten<br />

noch weiter, aber sitzen schon seit<br />

Jahren auf dem Alex.<br />

Kinder werden schnell erwachsen und<br />

Erwachsene werden schnell alt. Gnaudschun<br />

portraitiert die Menschen dort,<br />

immer darauf bedacht, eine Form von<br />

fast verschüttet geglaubter Würde und<br />

von Intensität ans Licht zu bringen. Er<br />

fotografiert Situationen, in denen sich<br />

Symbolhaftes zeigt, er führt Interviews<br />

über die Lebenswege der Protagonisten<br />

und schreibt selbst Texte über die Sicht<br />

des Fotografen auf das vielschichtige<br />

Phänomen Alexanderplatz.<br />

© Göran Gnaudschuhn, »Fernsehturm«,<br />

(Original in Farbe)<br />

© Göran Gnaudschuhn, »Mel«,<br />

Mai 2010, (Original in Farbe)<br />

Berlin Alexanderplatz ist eine Arbeit, in<br />

der sich Text und Bild assoziativ ergänzen<br />

und die sehr subjektiv und nah über<br />

das Leben von jungen Menschen am<br />

Rand der Gesellschaft erzählt.<br />

Die Ausstellung findet aus Anlass der<br />

Publikation des Buchs zum Projekt im<br />

Kehrer Verlag im Februar <strong>2014</strong> statt.<br />

Weitere Informationen dazu finden Sie<br />

hier:<br />

http://gnaudschun.de<br />

© Göran Gnaudschuhn, »Nicky«,<br />

Mai 2010, (Original in Farbe)<br />

© Göran Gnaudschuhn, »Jennis mit Mond«,<br />

(Original in Farbe)<br />

21. Februar bis 30. März <strong>2014</strong><br />

Haus am Lützowplatz<br />

Lützowplatz 9<br />

10785 Berlin-Tiergarten<br />

© Göran Gnaudschuhn, »Sitzecke, U 8«, (O.i.F.)<br />

Di – So<br />

11 – 18 Uhr<br />

14 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

»lens-based sculpture«<br />

Die Veränderung der<br />

Skulptur durch die<br />

Fotografie<br />

In der Ausstellung »lens-based sculpture«<br />

wird zum ersten Mal das Verhältnis<br />

von Fotografie und Skulptur aus der<br />

Perspektive der Skulpturgeschichte dargestellt.<br />

Im Zentrum steht die Frage, wie<br />

sich die moderne Skulptur durch die<br />

Fotografie von dem jahrtausendealten<br />

Prinzip der Statue löste und in eine neue<br />

künstlerische Praxis verwandelte. Die<br />

Fotokamera dient als primäres Werkzeug<br />

der Bildhauerei, als Skizzenblock<br />

und als Hilfsmittel zur Übersetzung von<br />

räumlichen und strukturellen Wiedergaben<br />

in Masse und Form.<br />

Giuseppe Penone, Geometria nelle mani, 4 aprile, 2004 (Detail), S/W Fotografie, 30 x 39,4 cm<br />

Photo © Archivio Penone, © VG Bild-Kunst, Bonn, 2013<br />

Der hier erstmalig verwendete Begriff<br />

der »lens-based sculpture« verweist auf<br />

die in dieser Ausstellung neue Sichtweise<br />

auf die Skulptur und die Kunstgeschichte<br />

des 20. und 21. Jahrhunderts.<br />

Der Einfluss der Fotografie mit ihren<br />

technischen Möglichkeiten und ihrer<br />

Raum- und Dinganschauung trugen<br />

und tragen immens zur Veränderung<br />

der Ästhetik der Skulptur bei.<br />

Ein ganz besonderes Highlight dieser<br />

Ausstellung ist die Rekonstruktion<br />

von Marcel Duchamps »Porte Gradiva«<br />

(1937), die hier erstmals in ihrer<br />

ursprünglichen Form, als durchschreitbarer<br />

Türdurchgang, aufgebaut wird.<br />

Des Weiteren markieren die Werke<br />

von Umberto Boccioni und Raymond<br />

Duchamp-Villon den Ausgangspunkt<br />

für »lens-based sculpture«. Den Kern<br />

der Schau bilden die seit den 1960er<br />

Jahren entstanden Arbeiten u.a. von<br />

John Ahearn, John Chamberlain, Tony<br />

Cragg, Valie Export, Rebecca Horn,<br />

Edmund Kuppel, Ron Mueck, Bruce<br />

Nauman, Giuseppe Penone, Hermann<br />

Pitz, George Segal, Roman Signer und<br />

Kiki Smith. Die beiden Bildhauer Bogomir<br />

Ecker und Raimund Kummer entwickelten<br />

die Ausstellungsarchitektur, in<br />

welche zwei Denkräume integriert sind.<br />

Einem Archiv ähnlich, dicht und multimedial<br />

bestückt, eröffnen sie zusätzliche<br />

Einblicke in die komplexe künstlerische<br />

Recherche zu den Phänomenen<br />

von »lens-based sculpture«.<br />

»lens-based sculpture«, eine Kooperation<br />

der Akademie der Künste und<br />

des Kunstmuseum Liechtenstein, präsentiert<br />

rund 200 Arbeiten von mehr<br />

als 70 internationalen Künstlerinnen<br />

und Künstlern. Die Ausstellung wird<br />

kuratiert von Bogomir Ecker, Raimund<br />

Kummer, Friedemann Malsch und Herbert<br />

Molderings. Künstler und Kunstwissenschaftler<br />

erschaffen in dieser Ausstellung<br />

gemeinsam in direktem Austausch<br />

einzigartige Gegenüberstellungen<br />

künstlerischer Positionen und ungewöhnliche<br />

Präsentationsformen.<br />

Es erscheint ein deutsch-englisches Katalogbuch<br />

mit Texten von Michel Frizot,<br />

Ursula Frohne, Friedemann Malsch,<br />

Herbert Molderings, Dietmar Rübel und<br />

Annette Tietenberg sowie einem Bildessay<br />

von Bogomir Ecker und Raimund<br />

Kummer.<br />

Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds<br />

Berlin und die Gesellschaft der<br />

Freunde der Akademie der Künste.<br />

Michael Sauer, »Föhn«, 1978, Fotografie,<br />

30 x 40 cm, Courtesy the artist,<br />

Foto: Silke Helmerdig,<br />

© VG Bild-Kunst, Bonn, 2013<br />

Eröffnung: 23. Januar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

24. Januar bis 21. April <strong>2014</strong><br />

Akademie der Künste<br />

Hanseatenweg 10<br />

10557 Berlin-Tiergarten<br />

Di – So<br />

11 – 19 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

15


Galerien<br />

Fotofreunde<br />

Zehlendorf<br />

»HIGHLIGHTS«<br />

Der Club wurde 1970 als »VHS-Fotoclub<br />

Zehlendorf« aus der Taufe gehoben.<br />

Ab 1974 nannte er sich »Fotofreunde<br />

Zehlendorf«. Von Anfang an war der<br />

Club Mitglied im Deutschen Verband<br />

für Fotografie (DVF). 18 Mitglieder sind<br />

fotografisch aktiv und erfolgreich.<br />

Wenn es um Wettbewerbsfotografie<br />

geht, dann waren und sind die Mitglieder<br />

häufig unter den ausgezeichneten<br />

Autoren. Sie beteiligten sich regelmäßig<br />

sehr erfolgreich an der »ifo-scanbaltic«,<br />

einem ehemaligen Salon für alle<br />

Ostseeanliegerstaaten. Immer zählten<br />

Mitglieder des Clubs zu den Preisträgern<br />

beim jährlichen Wettbewerb »100<br />

Bilder des Jahres« der Gesellschaft für<br />

Fotografie. Bei der »Norddeutschen-<br />

Fotomeisterschaft« war der Sieger etliche<br />

Male ein Mitglied der »Fotofreunde<br />

Zehlendorf«.<br />

Die »Fotofreunde Zehlendorf« stellten<br />

ihre Fotografien in vielen europäischen<br />

und einigen außereuropäischen Städten<br />

aus. Unter anderem war der Club<br />

1986 als erster Fotoclub aus dem Ausland<br />

durch den lettischen Kulturbund<br />

zu einer Ausstellung in Riga eingeladen.<br />

Weitere Stationen waren Warschau<br />

(Polen), Vilnius (Litauen), Athen (Griechenland),<br />

Moskau (Russland), Allessandria<br />

(Italien), Graz (Österreich). 1984<br />

folgte der Club einer Einladung des<br />

Goethe-Institutes Marokko nach Casablanca.<br />

Weitere Ausstellungen: 1990<br />

in der Städtischen Kunstsammlung Görlitz,<br />

1992 Graz/Österreich, 1999 Waldhaus-Klinik,<br />

Berlin, 2004 Brügge/Belgien<br />

und in Kulmbach, 2006 im Rathaus<br />

Zehlendorf.<br />

bis 2. Februar <strong>2014</strong><br />

Café Berio<br />

Maaßenstraße 7<br />

10777 Berlin-Schöneberg<br />

© Eric Jenczmionka, »Mr. Cool«, (O.i.F.)<br />

© Helmut Heidrich, »Herbststurm II«, (O.i.F.)<br />

© Ingelore Willing, »Mama pearl«<br />

© Alexander Platz, »Hazel«, (O.i.F.)<br />

© Udo Rzadkowski, »Don Cherry«<br />

© Astrid Mattwei, »Kleine Jungs«<br />

Mo – Do<br />

Fr<br />

Sa<br />

So<br />

07 – 24 Uhr<br />

07 – 01 Uhr<br />

08 – 01 Uhr<br />

08 – 24 Uhr<br />

© Dietmar Bührer, »Fireman«<br />

www.fotofreunde-zehlendorf.de<br />

www.cafeberio.de<br />

16 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

Delphine Burtin<br />

»ENCOUBLE«<br />

Im Oktober veranstaltete exp12, Projektraum<br />

für Fotografie, erstmals Portfolio<br />

Reviews.<br />

Grund der Initiative war der Wunsch<br />

des Kollektivs sich mit aktuellen Projekten<br />

internationaler, zeitgenössischer<br />

Fotografen auseinanderzusetzen und<br />

die beste eingereichte Arbeit im Januar<br />

<strong>2014</strong> in den projekteigenen Räumen in<br />

Berlin zu präsentieren.<br />

Aus über 50 Einreichungen aus zahlreichen<br />

europäischen Ländern entschied<br />

sich das Kollektiv für die Schweizer<br />

Fotografin Delphine Burtin, deren Arbeit<br />

»ENCOUBLE« zu sehen sein wird.<br />

Delphine Burtin kombiniert in ihrer<br />

Serie Studioaufnahmen mit Tageslichtfotografien,<br />

die sie zerschneidet und<br />

erneut fotografiert.<br />

Das Ergebnis sind visuelle Eindrücke,<br />

die den Betrachter irritieren und seine<br />

Wahrnehmung der Realität hinterfragen.<br />

Es geht um die Interpretation des<br />

Gesehenen, um die Relation zwischen<br />

Gezeigtem und Verborgenem und um<br />

die Betonung photographischer Inhalte<br />

durch formale Stringenz.<br />

Die Fotografin beschreibt ihre Arbeit<br />

so:<br />

»Ich mag visuelle Unfälle. Ich mag es,<br />

wenn man denkt etwas zu sehen, das in<br />

Wahrheit etwas anderes ist. Ich mag es,<br />

wenn unser Gehirn uns austrickst und<br />

uns etwas vortäuscht, das in Wirklichkeit<br />

nicht existiert.<br />

Ich mag es, über Bilder des Alltags zu<br />

stolpern, Kopien einer zweifelhaften<br />

Realität einfangend oder rekonstruierend.«<br />

Delphine Burtin schloss ihr Studium<br />

2013 an der School of Applied Arts in<br />

Vevey, in der Schweiz ab. Ihre Arbeit<br />

wurde mehrfach ausgestellt und ausgezeichnet.<br />

»Encouble« wurde 2013 für den Prix<br />

Voies Off, Arles, Frankreich nominiert,<br />

und gewann den 1. Preis »SELECTION«<br />

bei Photoforum PasquArt, Bienne (CH).<br />

Auf der Messe Paris Photo 2013 wurde<br />

ihre Publikation »Encouble« von der<br />

Fondation Aperture unter der Rubrik<br />

© Delphine Burtin, »Encouble 1«, (O.i.F.) © Delphine Burtin, »Encouble 2«, (O.i.F.)<br />

© Delphine Burtin, »Encouble 4« © Delphine Burtin, »Encouble 5«, (O.i.F.)<br />

First PhotoBook nominiert. Das Buch<br />

ist während der Ausstellungslaufzeit bei<br />

exp12 erhältlich.<br />

Delphine Burtin lebt und arbeitet in Lausanne.<br />

www.burtin.ch/photographie<br />

Vernissage<br />

24. Januar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

25. Januar bis 23. Februar <strong>2014</strong><br />

exp 12 / exposure twelve<br />

Greifswalder Straße 217<br />

10405 Berlin-Prenzlauer Berg<br />

Sa 16 – 20 Uhr<br />

So 14 – 18 Uhr<br />

www.exp12.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

17


Galerien<br />

Christian Tagliavini<br />

»Carte & 1503«<br />

Die große Einzelausstellung in der CWC<br />

GALLERY würdigt mit der neuen Serie<br />

»Carte« und dem berühmten Zyklus<br />

»1503« das beispiellose kreative Schaffen<br />

des Künstlers.<br />

Geboren 1971, wuchs Christian Tagliavini<br />

in Italien und in der Schweiz auf. Er<br />

studierte Grafikdesign, war als Architekt<br />

und Grafiker tätig, bevor Tagliavini sich<br />

ab 2000 der Photokunst widmete. Weitere<br />

bildende Künste wie Grafik, Baukunst<br />

und Zeichnung fließen bis heute<br />

in seine Werke ein. Sein biografischer<br />

Hintergrund prägte auch sein Verständnis<br />

dafür, eigens Werke zu »erfinden«,<br />

zu kreieren und handwerklich zu produzieren.<br />

Seine Arbeiten sind nicht<br />

nur »Bilder«, sondern komplexe Kunstwerke,<br />

die ihren Ursprung in verschiedensten<br />

Materialien haben. Das künstlerische<br />

Schaffen spiegelt sich zumeist<br />

in in sich geschlossenen Serien wider,<br />

die eigens kreierte Geschichten, Zitierungen<br />

der Kunstgeschichte oder ungewöhnliche<br />

Konzepte umfassen. Seine<br />

Arbeiten wurden bereits in zahlreichen<br />

Ausstellungen und Kunstmessen weltweit<br />

präsentiert. Christian Tagliavini ist<br />

u.a. Preisträger des Hasselblad Masters<br />

Award (2012) und lebt und arbeitet<br />

heute in der Schweiz.<br />

© Christian Tagliavini · 1503 · Ritratto di Signora in Verde (Original in Farbe)<br />

bis 22. Februar <strong>2014</strong><br />

CWC Gallery<br />

Auguststraße 11-13<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di – Sa<br />

11 – 19 Uhr<br />

© Christian Tagliavini · Carte · Regina di Fiori<br />

(Original in Farbe)<br />

© Christian Tagliavini · Carte · Regina di Quadri<br />

(Original in Farbe)<br />

18 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

MENSCH-RAUM-<br />

AURA<br />

»Der Mensch macht<br />

den Raum, und der<br />

Raum macht den<br />

Menschen…«<br />

© Frank W. Habel<br />

Der Projektkurs des Photocentrums<br />

am Wassertor der VHS Friedrichshain-<br />

Kreuzberg unter der Leitung von Ebba<br />

Dangschat präsentiert in einer Ausstellung<br />

fotografische Arbeiten zum Thema<br />

»Mensch-Raum-Aura«.<br />

Im Mittelpunkt steht »Die Metaphorik<br />

des Raumes als bildliche Übersetzung<br />

des Seelischen, der Um-raum als Spiegel<br />

des Innen-raums . Gefundene und<br />

erfundene Räume erzählen etwas über<br />

die in ihm befindliche Person, was über<br />

das Sichtbare hinausweist. Inszenierte,<br />

dokumentarische und experimentelle<br />

Auslotungen des Unsichtbaren...«<br />

(Ebba Dangschat)<br />

Das Photocentrum am Wassertor der<br />

VHS Friedrichshain-Kreuzberg bietet<br />

in jahrelanger Tradition ein aufeinander<br />

aufbauendes Modulsystem an, in<br />

dem Interessierte Fotografie von Grund<br />

auf erlernen und sich nach eigenen<br />

Vorlieben ausbilden und spezialisieren<br />

können. Nach einem Grundstudium<br />

der Kameratechnik und Bildgestaltung<br />

bieten einjährige Projektkurse die Möglichkeit,<br />

eine subjektive Bildsprache zu<br />

einem vorgegebenen Thema zu formulieren.Die<br />

Teilnehmer beschäftigen<br />

sich in kleineren Gruppen intensiv mit<br />

einem Thema, erarbeiten dazu eigene<br />

fotografische Sichtweisen und Bildzyklen.<br />

Am Ende dieses Prozesses stellt<br />

die Präsentation der Arbeiten in Form<br />

einer Gruppenausstellung eine besondere<br />

Herausforderung dar. Die unterschiedlichen<br />

künstlerischen Positionen<br />

laden dazu ein, zu staunen, zu vergleichen<br />

und ins Gespräch zu kommen.<br />

© Lydia Kiesling (Original in Farbe)<br />

VERNISSAGE:<br />

Freitag, dem 10. Januar <strong>2014</strong> um 19<br />

Uhr, mit einleitenden Worten von Jana<br />

Borkamp,Stadträtin für Weiterbildung<br />

und Kultur, Peter Held, Programmbereichsleiter<br />

Kultur &Gestalten der VHS<br />

Friedrichshain-Kreuzberg und Ebba<br />

Dangschat, Kursleiterin<br />

...und räumlichen Klangexperimenten<br />

von Studenten des Studiengangs Soundstudies<br />

der UdK Berlin unter der Leitung<br />

von Caroline Siegers<br />

KÜNSTLERGESPRÄCH & FINISSAGE<br />

am Sonntag, dem 19. Januar <strong>2014</strong> um<br />

15 Uhr<br />

Die Künstler sind anwesend und führen<br />

durch die Ausstellung.<br />

© Nina Linstädt (Original in Farbe)<br />

bis 19. Januar <strong>2014</strong><br />

Kunstraum im Kunstquartier<br />

Bethanien<br />

Mariannenplatz 2<br />

10997 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo – Fr<br />

Sa + So<br />

14 – 20 Uhr<br />

12 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

19


Galerien<br />

ICH & DU<br />

Selbstporträts und<br />

Porträts<br />

Die ausgestellten Arbeiten sind Ergebnisse<br />

von 11 Fotografen/innen, die sich<br />

unter Anleitung des Berliner Fotografen<br />

Thomas Kierok über mehrere Monate<br />

mit den Themen Selbstporträt und Porträt<br />

auseinandergesetzt haben.<br />

Den Blick auf sich selbst und der persönliche<br />

Blick auf andere eint die Neugier<br />

an der Inszenierung:<br />

Was möchte ich von mir zeigen – und<br />

was vom anderen?<br />

Die Ausstellung bringt diese unterschiedlichen<br />

Ausgangssituationen<br />

zusammen und präsentiert, auf welch’<br />

unterschiedliche Weise die Kursteilnehmer<br />

die Blicke auf sich selber und auf<br />

andere inszeniert haben. Dabei beinhaltet<br />

der persönliche Blick im Selbstporträt<br />

immer auch die Perspektive des bereits<br />

bei der Aufnahme latenten Betrachters,<br />

während der Blick auf andere, die ganz<br />

persönliche Haltung des Fotografen im<br />

Porträt spürbar macht. Das Setting des<br />

Fotografierens beim Selbstporträt und<br />

Porträt ist im Ansatz unterschiedlich,<br />

in ihren Bildwirkungen vollziehen sich<br />

trotzdem in allen Fotografien die Auseinandersetzungen<br />

vom ICH & DU.<br />

© Romiana Marinow, (Original in Farbe)<br />

ICH & DU – eine untrennbare Wirkungseinheit,<br />

die den Betrachter im gleichen<br />

Sinn mit einbezieht.<br />

bis 28. Januar <strong>2014</strong><br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Di – Fr<br />

Sa<br />

12 – 19 Uhr<br />

14 – 18 Uhr<br />

© Jan Radtke<br />

20 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

© Uli Schaub<br />

© Annemarte Christ, (Original in Farbe)<br />

© Carlijn van Tuyll<br />

© Detlef Eden © Malou v. Simson, (Original in Farbe) © Susann Ziegler, (Original in Farbe)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

21


Galerien<br />

Fotowettbewerb<br />

»My Secret Life«<br />

Die Gewinner<br />

Die dreizehn Gewinner der Ausstellung<br />

My Secret Life stehen fest – Mark<br />

Alker, Jochen Arentzen, Maurice Baker,<br />

Axel Boronczyk, Max Colson, Miguel<br />

Hahn & Jan-Christoph Hartung, Heinrich<br />

Holtgreve, Sara-Lena Maierhofer,<br />

Marlene Sattler, Corinna Sauer, Holger<br />

Stöhrmann, Marc Volk und Franca Wohlt<br />

werden ihre fotografischen Serien bis<br />

zum 2. Februar <strong>2014</strong> bei C/O Berlin<br />

präsentieren.<br />

Ob versteckte Hanf-Plantagen, das<br />

glanzvolle Leben von Hochstaplern,<br />

anonyme Darkrooms im Blitzlicht, die<br />

geheimen Bunkeranlagen der Schweiz,<br />

unsichtbare Überwachung im öffentlichen<br />

Raum, sterile Berliner Gerichtssäle,<br />

die deutsche Waffenlobby oder<br />

NSA und Edward Snowdon – die dreizehn<br />

Fotografen und Künstler haben das<br />

von C/O Berlin vorgegebene Thema auf<br />

vielfältigste Weise interpretiert und die<br />

Fachjury mit ihren Arbeiten überzeugt.<br />

Insgesamt haben 460 Bewerber ihre<br />

fotografischen Serien eingereicht. Dr.<br />

Christina Stahl, Alfred Erhard Stiftung,<br />

Katia Reich, ehemalige Kuratorin des<br />

Monats der Fotografie, Dr. Matthias<br />

Harder, Kurator Helmut Newton Stiftung<br />

und Felix Hoffmann, Kurator C/O Berlin,<br />

haben Anfang November die stärksten<br />

Serien für die erste große Partizipationsausstellung<br />

bei C/O Berlin ausgewählt.<br />

Zudem werden die Arbeiten von Axel<br />

Boronczyk, Heinrich Holtgreve und<br />

Sara-Lena Maierhofer als beste Positionen<br />

in der nächsten C/O Berlin Zeitung<br />

publiziert.<br />

Geheimnisse, Rätselhaftes und Undurchschaubares<br />

üben stets eine starke Faszination<br />

aus. Gerade heute, da Wissen frei<br />

und ständig verfügbar ist. Was jedoch ist<br />

das Besondere am Geheimen? Wieso<br />

erhöht sich das Interesse, wenn verborgene<br />

Dinge an die Öffentlichkeit gelangen?<br />

»Eine von Geheimnissen durchweg<br />

beherrschte Gesellschaft ist nicht entwicklungsfähig,<br />

weil ihr der notwendige<br />

Kommunikationsraum fehlt. Eine Gesellschaft<br />

ohne Geheimnis ist aber ähnlich<br />

© Mark Alker, »Fat iustitia et pereat mundus«, (O.i.F.)<br />

eingefroren, weil ihr der Nährboden für<br />

die Entfaltung von Möglichkeiten fehlt«.<br />

Wie der Philosoph Georg Simmel analysiert,<br />

zählen nicht totale Enthüllung und<br />

Transparenz, sondern das Undurchsichtige,<br />

was nicht gezeigt<br />

und preisgegeben wird. Somit ist jeder<br />

Mensch ein Experte im Verbergen und<br />

balanciert tagtäglich auf dem schmalen,<br />

teils lustvoll-gefährlichen Grat zwischen<br />

der absoluten Kontrolle über ein<br />

Geheimnis und der Angst vor dessen<br />

Entdeckung. Für diese Ausstellung hat<br />

C/O Berlin weltweit Fotografen aufgerufen,<br />

eigene Geheimnisse visuell zu<br />

lüften und Einblicke in Strategien des<br />

Verbergens zu geben.<br />

Der Ursprung für dieses Thema ist das<br />

aktuelle Geheimnis von C/O Berlin<br />

selbst. Aufgrund von Sanierungsarbeiten<br />

ist der neue Standort, das Amerika<br />

Haus am Bahnhof Zoo, seit zwei Monaten<br />

hinter einer weißen Plane verborgen.<br />

Was genau hinter der Verhüllung<br />

geschieht, wird erst <strong>2014</strong> sichtbar, wenn<br />

C/O Berlin das Gebäude wiedereröffnet.<br />

Bis dahin zeigt C/O Berlin Fotografieausstellungen<br />

Open Air vor dem Amerika<br />

Haus. 24 Stunden pro Tag, sieben<br />

Tage pro Woche und für jeden kostenlos<br />

zugänglich.<br />

© Franca Wohlt, »Reduit«, (O.i.F.)<br />

© Maurice Baker, »Backrooms«, (O.i.F.)<br />

bis 2. Februar <strong>2014</strong><br />

C/O Berlin<br />

Hardenbergstraße 22-24<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

täglich 0 – 24 Uhr<br />

www.co-berlin.org<br />

22 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

Kathrin Karras<br />

»Schattenrisse«<br />

Eine Treppe, die nach oben führt, und<br />

eine Frau die am Fuße der ersten Stufe<br />

steht.<br />

Bevor sie hochgeht, dreht sie sich noch<br />

einmal um. Was sieht sie da?<br />

Zunächst schaut sie den Betrachter an.<br />

Was sie sieht, wird ihm nicht offenbart,<br />

doch ahnt er es im Entsetzen ihres<br />

Gesichtes. Angst lähmt sie, schaltet die<br />

Treppe als Fluchtweg aus.<br />

Sie kann der Angst nicht ausweichen.<br />

Sie hält sie gefangen.<br />

Sie hat allein mit ihr zu tun und ihrem<br />

Geheimnis.<br />

Durch den Säulenwald ihres Hauses, im<br />

grauen Zwischenton des Nichts,<br />

wirkt die Frau nicht anwesend.<br />

Das Gleichmaß der Dinge hat sie<br />

geschluckt.<br />

Mit dem Fächer in der Hand, ihrem<br />

wichtigsten Utensil, hat sie sich im Mauerwerk<br />

verewigt. Wer immer auch ihre<br />

Nachfolger sein werden, werden Fächer,<br />

wedelnd durchs Haus schwirren.<br />

Die Frau mit der blauen Maske ist<br />

gleichzeitig anwesend und nicht anwesend.<br />

Ihr Körper ist sinnlich, präsent und<br />

gegenwärtig.<br />

Die Maske vermittelt das Gegenteil.<br />

Ihr Gesicht scheint einer anderen Welt<br />

anzugehören. Die Farbe Blau hat ein<br />

inneres Leuchten.<br />

Durch sie leuchtet etwas von ihrem<br />

Wesen.<br />

Auch die Akkordeonspielerin passt nicht<br />

zum Schnee und passt auch nicht zum<br />

Mann neben ihr. Trotzdem ergeben sie<br />

eine Einheit.<br />

Es scheint, dass die beiden aus anderen<br />

Zeiten zueinander fanden.<br />

Die Fenster des Schlosses spiegeln sich<br />

im See. In ihnen tauchen Gesichter auf,<br />

jedoch nur in der Spiegelung. Es wird<br />

mehr gespiegelt als da ist. Wie kann das<br />

sein? Welche Kräfte hat der See? Es sind<br />

Metaphern der eigenen Abgründe.<br />

Dort Menschen zu begegnen, die einen<br />

mit dem eigenen Selbst konfrontieren.<br />

© Kathrin Karras, (O.i.F.) © Kathrin Karras, (O.i.F.)<br />

Kathrin Karras stellt sich in ihren Frauenfiguren<br />

dar. Es sind existenzielle Situationen<br />

aus dem Tiefkühlfach ihres Unterbewusstseins,<br />

die sich ins kryptische<br />

Verlies ihrer Erinnerungen einfroren.<br />

Die Fotografin deutet in ihren Bildern<br />

an und lässt die Dinge offen.<br />

Der Betrachter kann seinen Weg allein<br />

ins Bild finden.<br />

Was haben diese Bilder mit Kino zu<br />

tun?<br />

Jeder Mensch trägt viele Erinnerungen<br />

in seinem Unterbewusstsein, von<br />

denen er nichts ahnt. Durch bildliche<br />

Spiegelungen nimmt er sie überhaupt<br />

erst wahr.<br />

Genau das stellt Kathrin Karras dar.<br />

Karras zeigt Kino im ursprünglichen<br />

Sinn. Ihre Projektionen sind ihre eigenen<br />

Geschichten. Bei ihr sind Bilder<br />

Bewusstseinsräume, in denen ein Licht<br />

aufgeht.<br />

Jeder von uns ist hier um etwas zu<br />

lernen. Und sei es die Überwindung<br />

der Angst.<br />

Gundula Schulze Eldowy, 2011<br />

Kathrin Karras<br />

1967 in Guben geboren<br />

1984-2003 Ausbildung, Satztechnik mit<br />

Abitur und verschiedene Tätigkeiten<br />

2003 Geburt Tochter Louise<br />

2005/2006 Ausbildungsklasse Fotografie,<br />

»imago-fotokunst« Berlin, künstlerische<br />

Leitung Ursula Kelm<br />

2006-2010 fortlaufendes autodidaktisches<br />

Studium Fotografie, Mentorin:<br />

Ursula Kelm, Gundula Schulze<br />

Eldowy, verschiedene Seminare u.a.<br />

bei Helga Paris, Donata Wenders,<br />

Göran Gnaudschun,Nadin M. Rüfenacht,<br />

Thomas Kierock, Valerie Wagner,<br />

Anneke de Boer<br />

2007-2009 »Jugend-Förderpreis für Bildende<br />

Kunst«<br />

Anerkennung der Sparkasse Spree-<br />

Neiße, Cottbus<br />

Anerkennung bei der 8. Internationalen<br />

Barnack Biennale<br />

Arbeits- und Lebensmittelpunkt Grüneberg<br />

(Brandenburg/Oberhavel)<br />

Vernissage<br />

31. Januar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

1. Februar bis 7. März <strong>2014</strong><br />

imago fotokunst<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Di – Fr<br />

Sa<br />

12 – 19 Uhr<br />

14 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

23


Galerien<br />

Philipp Keel<br />

»Splash«<br />

CAMERA WORK freut sich, ab dem<br />

7. Dezember 2013 eine Einzelausstellung<br />

von Philipp Keel zu präsentieren.<br />

Die Ausstellung »Splash« zeigt eine<br />

exklusive Auswahl an Photoarbeiten<br />

des Künstlers und lädt dazu ein, sein<br />

spannendes Oeuvre zu entdecken, welches<br />

konzeptuelle mit abstrakter Photokunst<br />

vereint. Über 100 Millionen Bilder<br />

werden weltweit täglich auf Facebook<br />

hochgeladen, die Zahl der gemachten<br />

Photos in Deutschland beläuft sich auf<br />

über 200 Millionen – pro Tag. Diese Entwicklung<br />

und die bewusste kritische<br />

Auseinandersetzung damit sind Ausgangspunkt<br />

des konzeptuellen Selbstverständnisses<br />

des Künstlers Philipp<br />

Keel. Versteht man die schiere Flut an<br />

Bildern als eine mediale Parallelrealität,<br />

die zumeist die Wirklichkeit zu konservieren<br />

versucht, so sind die Arbeiten<br />

von Philipp Keel als bewusster Antagonismus<br />

dessen zu verstehen: persönlich,<br />

paradox, querdenkerisch.<br />

»Das Glück in meiner Arbeit ist nicht,<br />

dass mir ein Motiv begegnet, sondern<br />

dass ich in diesem entscheidenden<br />

Augenblick auch eine Kamera bei mir<br />

habe. Danach werde ich vom Sammler<br />

von Impressionen zum Experimentierenden.«<br />

– Philipp Keel<br />

Philipp Keel hat nicht vor, die pure Realität<br />

abzubilden. Vielmehr verändert er<br />

durch bewusste Überspannung, Verzerrung,<br />

aber auch Reduktion die sichtbare<br />

Wirklichkeit – er suggeriert Realität,<br />

um dadurch den Blick des Betrachters<br />

darauf zu schärfen. Um das verrückte<br />

Leben zum Leben zu erwecken, wird<br />

bei Philipp Keel also das Normale verrückt.<br />

Diese Überzeichnung – seien es<br />

die Formen von Seerosenblättern oder<br />

die Farbenspiele der Sierra Nevada, wie<br />

sie nur Ray-Ban sehen kann – fordert<br />

das rezipierende Subjekt dazu auf, die<br />

Faszination einer subjektiven Deutung<br />

der Realität zu erfahren. Aus Licht und<br />

Form entsteht Kunst – für Philipp Keel<br />

sind beide unabdingbare und aufeinander<br />

abzustimmende Elemente. Nicht<br />

© Philipp Keel, »Shark«, (Original in Farbe)<br />

zuletzt in Arbeiten, die in den Mikrokosmos<br />

des täglichen Lebens eindringen<br />

und aus teils skurrilen Trivialitäten<br />

Photokunstwerke vollendeter Schönheit<br />

werden lassen, spiegelt sich dies ästhetische<br />

Bewusstsein wider. So wird aus<br />

der Fruchtfleischstruktur einer Melone<br />

im Spiel mit ihren Kernen in der Serie<br />

»Watermelon Seeds« eine intensive<br />

Erfahrung von Farben und Formen. Der<br />

Grad des Abstrahierens wird dabei stets<br />

bis zu einer Schwelle getragen, an der<br />

die Rezeption und das subjektive Verarbeiten<br />

des Abgebildeten samt dessen<br />

(ir-)realer Ästhetik ungehindert möglich<br />

sind. Es bleibt, was es bleibt, nur<br />

anders.<br />

Die Verfremdung als ästhetisches Werkzeug<br />

ist nicht Inhalt, sondern Mittel.<br />

Sichtbar wird diese Anpassung von Form<br />

und Farbe etwa beim Werk »Below the<br />

Surface«. Nicht unwesentlich geprägt<br />

durch seine Zeit im kalifornischen Los<br />

Angeles, ist Wasser als wiederkehrendes<br />

Element im Oeuvre von Philipp Keel<br />

auch in der Werkgruppe »Air Mattress«<br />

wiederzufinden. Eindrucksvoll zeigt die<br />

Serie, wie durch einen besonderen Ausschnitt,<br />

dynamische Lichtreflektionen<br />

oder farbliche Veränderungen unterschiedliche<br />

Erfahrungen beim Betrachten<br />

der Arbeiten ausgelöst werden<br />

können, von aufwühlend über erregend<br />

bis hin zu beruhigend und der Auslösung<br />

synästhetischer Wirkungen.<br />

© Philipp Keel, »Beloe the Surface«, (O.i.F.)<br />

Auf jegliche vorherige Inszenierung<br />

verzichtend und nicht darauf bedacht,<br />

ein Motiv aufgrund dessen ästhetischer<br />

oder referentieller Funktion auszuwählen,<br />

setzt der Künstler den Beginn<br />

eines Werkes stets in jenem Zeitpunkt,<br />

in dem ihn ein ergreifender Moment<br />

einholt: beim Autofahren, Schwimmen<br />

oder Sinnieren. In diesem besonderen<br />

Augenblick der Erfahrung lässt sich Philipp<br />

Keel treiben und kreiert das Abbild<br />

seines Empfindens. Damit beherbergt<br />

jede Arbeit eine autobiographische<br />

Facette, ist somit Reflektion seiner eigenen<br />

Wahrnehmung und seiner selbst<br />

24 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

© Philipp Keel, »Sierra Sunset«, (Original in Farbe)<br />

© Philipp Keel, »Hotel Le Dune«, (O.i.F.)<br />

© Philipp Keel, »Crow«, (Original in Farbe)<br />

und gewährt dem Betrachter einen intimen<br />

Einblick. Die anschließende Phase<br />

im Entstehungsprozess ist von einer subtilen<br />

Verfremdung bis hin zur Abstraktion<br />

gekennzeichnet. Mit einer eindringlichen<br />

Hingabe zum Detail wird der auf<br />

den Träger »projizierte« Moment nach<br />

ästhetischen Empfindungen weiterentwickelt,<br />

eine Phase, die bis zu einem<br />

Jahr in Anspruch nehmen kann, bis die<br />

Gestalt erreicht ist, die den Künstler endlich<br />

ruhen lässt.<br />

Über Philipp Keel<br />

1968 in Zürich geboren, arbeitete sich<br />

bei Philipp Keel bereits in früher Kindheit<br />

ein starkes Interesse zu den bildenden<br />

Künsten heraus. Im Jugendalter<br />

begegnete er erstmals dem Medium<br />

der Photographie als künstlerisches Ausdrucksmittel.<br />

Nach einer Ausbildung<br />

am Berklee College of Music in Boston<br />

gründete Philipp Keel in der Schweiz<br />

eine kleine Werbagentur, auch um die<br />

Unabhängigkeit seines Kunstschaffens<br />

zu gewährleisten, bevor er an der Münchener<br />

Hochschule für Fernsehen und<br />

Film Regie studierte. Die anschließend<br />

in Kalifornien verbrachte Lebensphase<br />

prägte sein künstlerisches Schaffen<br />

nachhaltig. Er etablierte sich in dieser<br />

Zeit als Künstler, Filmemacher sowie<br />

Autor, schrieb u.a. den Bestseller »All<br />

about Me« und begann sich intensiv mit<br />

Farbphotographie auseinanderzusetzen.<br />

Die Kooperation mit dem Printer Don<br />

Weinstein – der auch mit Künstlern wie<br />

Richard Avedon, Annie Leibovitz und<br />

Helmut Newton zusammenarbeitete –<br />

öffnete Philipp Keel einen experimentellen<br />

Raum, in dem er seine eigene<br />

Bildsprache herausarbeiten konnte.<br />

Im Alter von 27 Jahren entwickelte er<br />

zusammen mit Epson die Imbue Prints –<br />

eine bis heute unter Künstlern weit verbreitete<br />

Drucktechnik, die auch Grundlage<br />

zum persönlichen Anspruch höchster<br />

Qualität für Papier, Prints und Rahmungen<br />

ist. Neben zahlreichen Ausstellungen<br />

weltweit war Philipp Keel im Jahr<br />

2001 auch mit einer Einzelausstellung<br />

auf der Art Basel vertreten, in der weltweit<br />

erstmals Imbue Prints präsentiert<br />

wurden. Seit 1999 erschienen zudem<br />

mit »Look at Me«, »Color« und »Aisa<br />

– Images from an Imaginary Continent«<br />

drei hochwertige Photobücher zum<br />

photographischen Oeuvre des Künstlers.<br />

Philipp Keel lebt bis heute sein<br />

künstlerisches Schaffen über die Photokunst<br />

hinaus auch in weiteren Gattungen<br />

der bildenden Künste wie Malerei<br />

oder in Zeichnungen aus. Nach dem<br />

Tod seiner Mutter, der Malerin Anna<br />

Keel, und seines Vaters, dem Verleger<br />

Daniel Keel, leitet Philipp Keel seit 2012<br />

den Diogenes Verlag.<br />

bis 22. Februar <strong>2014</strong><br />

Galerie Camera Work<br />

Kantstraße 149<br />

10623 Berlin-Charlottenburg<br />

Di – Sa<br />

11– 18 Uhr<br />

Homepage:<br />

www.camerawork.de<br />

Facebook:<br />

www.facebook.com/cameraworkberlin<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

25


Galerien<br />

»Sommer-Akt-<br />

Fotoshooting in der<br />

Remise«<br />

»TABU«<br />

Sörens Horn<br />

»Look, I‘m naked«<br />

Hans Cebulski und<br />

Manfred Wegener<br />

Mitglieder des Arbeitskreises für künstlerische<br />

Aktfotografie<br />

Die Dezember-Januar-Ausstellung<br />

2013/14 »Sommer-Akt-Fotoshooting in<br />

der Remise« ist das Ergebnis eines alljährlich<br />

stattfindenden Gemeinschafts-<br />

Fototermins von Mitgliedern und Freunden<br />

des Arbeitskreises künstlerische<br />

Aktfotografie e.V. In diesem Jahr fand<br />

diese als Indoor-Veranstaltung Ende<br />

August 2013 statt.<br />

Location war eine Remise in Berlin-<br />

Spandau – einem 3-stöckigen Wohn-<br />

Fotostudio, u.a. ausgestattet mit Requisiten<br />

der Berliner Fetisch-Szene.<br />

Diese Ausstellung präsentiert nun die<br />

ausgewählten Bildideen dieser kreativen<br />

Zusammenarbeit jedes Fotografen<br />

mit jedem Modell in jedem der sehr<br />

unterschiedlich gestalteten Räumlichkeiten.<br />

Zu diesem Ereignis ist die Galerie Freitag<br />

von 16 - 20 Uhr und am Samstag und<br />

Sonntag von 14 - 20 Uhr geöffnet. Die<br />

Vernissage ist am Freitag, den 31. Januar<br />

<strong>2014</strong> um 19 Uhr und ist eine geschlossene<br />

Veranstaltung, zu der sich Interessenten<br />

bitte bis zum 20. Januar <strong>2014</strong><br />

anmelden, da der Platz begrenzt ist.<br />

Anmeldungen zur Vernissage bitte unter:<br />

E-Mail soerens_horn@web.de<br />

Die Vernissage wird diesmal mit einigen<br />

Überraschungen bestückt sein.<br />

Vernissage:<br />

31. Januar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

Unter dem Titel, »Schau her, ich bin<br />

nackt« zeigen Hans Cebulski und<br />

Manfred Wegener eine kaleidoskopische<br />

Show künstlerisch inszenierter,<br />

intimer Porträts von selbstbewussten<br />

Frauen.<br />

Die Aufnahmen entstanden im Studio,<br />

in der Natur und an ungewöhnlichen<br />

Orten. Beeindruckend ist die erotische<br />

Ausstrahlung und Kraft ihrer schonungslos<br />

ehrlichen Bilder.<br />

Vernissage:<br />

7. Februar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

© Hans Cebulski, (Original in Farbe)<br />

7. Februar <strong>2014</strong> bis 2. März <strong>2014</strong><br />

© Jochen Deckert, (Original in Farbe)<br />

© Sörens Horn, (Original in Farbe)<br />

bis 26. Januar <strong>2014</strong> 31. Januar <strong>2014</strong> bis 2. Februar <strong>2014</strong><br />

(nur 1 Wochenende!)<br />

Die Aktgalerie<br />

Krossener Straße 34<br />

10245 Berlin- Friedrichshain<br />

Fr., Sa., So.<br />

16 – 20 Uhr<br />

26 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

Uwe Glanz<br />

»Stadtbilder von 1989<br />

bis 2012«<br />

Uwe Glanz, 1956 in Berlin geboren,<br />

erlernte den Beruf eines Elektromonteurs.<br />

Der Wunsch, Situationen, Personen<br />

fotografisch festzuhalten entstand<br />

schon früh. Die Gelegenheit, dies auch<br />

umzusetzen ergab sich, als anfang der<br />

80er Jahre im Jugendclub Impuls, im<br />

Prenzlauer Berg, ein Fotoclub gegründet<br />

wurde, den erst Roland Hensel und<br />

später Jürgen Nagel leiteten. Später vervollkommnete<br />

Glanz seine Fähigkeiten<br />

in Seminaren der Ostkreuzschule<br />

für Fotografie bei Michael Trippel und<br />

Werner Mahler.<br />

© Uwe Glanz<br />

Großes Interesse zeigte Uwe Glanz an<br />

der Straßenfotografie. Dies sei, so sagt<br />

er, eine ergiebige Möglichkeit der Wirklichkeit<br />

nachzuspüren und einer Gesellschaft<br />

auf den Zahn zu fühlen.<br />

So beschäftigt sich auch ein Teil der präsentierten<br />

Bilder mit den letzten Monaten<br />

der DDR, der »Wende« und der Zeit<br />

der Hoffnungen auf weitgehende Änderungen.<br />

Eine Reihe von Fotos stellt das Tun und<br />

Treiben im ehemaligen Todesstreifen,<br />

der zum Lebensstreifen wurde, dar.<br />

Im letzten und größten Teil begleitet<br />

Uwe Glanz in Farbe und Schwarz-Weiß<br />

die Entwicklung in einer Zeit der »Normalität«.<br />

Er beobachtet die Menschen im Regierungsviertel,<br />

am Hauptbahnhof, im<br />

Mauerpark, in Prenzlauer Berg und in<br />

Mitte und versucht ihre Befindlichkeiten<br />

einzufangen.<br />

Die Bilder zeigen, wie sich im Mauerpark<br />

der Rest einer guten Idee vom<br />

Lebensstreifen, eines Ortes mit einer<br />

besonderen Atmosphäre zu halten versucht.<br />

Das Regierungsviertel – Beton gewordene<br />

Macht, groß und unterkühlt, zeigt<br />

sich trotzdem anziehend für Touristen<br />

und Sonntagsspaziergänger.<br />

© Uwe Glanz<br />

Im Hauptbahnhof – der »Durchgangstür«<br />

Berlins, zeigt Glanz das Kommen<br />

und Gehen in gigantischer Architektur,<br />

an einem Ort des ständigen Nicht-<br />

Seins.<br />

Die Mischung, zu der auch Plakate und<br />

Graffitis gehören, ist es, die Glanz fasziniert.<br />

So ist er unterwegs um sich ein<br />

Bild vom Leben in Berlin zu machen,<br />

dass er uns darbietet.<br />

Vernissage<br />

16. Januar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

17. Januar bis 28. Februar <strong>2014</strong><br />

Fotogalerie Friedrichshain<br />

Helsingforser Platz 1<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di, Mi, Fr, Sa<br />

Do<br />

14 – 18 Uhr<br />

10 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

27


Galerien<br />

»IDENTITY LOST«<br />

ein fotografisches<br />

Projekt von der<br />

dänisch-norwegischer<br />

Fotokunstgruppe<br />

VINGESUS<br />

Die Fotokunstgruppe VINGESUS arbeitet<br />

im Spannungsfeld zwischen Fiktion<br />

und Wirklichkeit.<br />

Die Gruppe versucht sowohl mit experimentierenden<br />

als auch mit konventionellen<br />

Ausdrucksformen eine Bildsprache<br />

zu schaffen, wo Fiktion und Wirklichkeit<br />

zu einer neuen Einheit zusammenschmelzen.<br />

Die Fotokunstgruppe VINGESUS sucht<br />

weder Harmonie noch Schönheit. Sie<br />

sucht die Artikulation und will damit<br />

zeigen, wie die Fotografie sich in neuen<br />

Bereichen ausdrücken kann.<br />

Die Mitglieder der Fotokunstgruppe<br />

VINGESUS:<br />

Dorte Bundesen<br />

Arbeitet mit Menschen und Kommunikation<br />

als Zentrum in ihren Werken. Ihre<br />

Werke haben oft eine religiöse Dimension.<br />

Nicht so sehr im christlichen Verstand,<br />

sondern als eine Bereitschaft einzutauchen<br />

in den uralten Wunsch des<br />

Menschen eine drohende Umwelt zu<br />

verstehen. Darum findet man oft Verweise<br />

auf das gesamte Repertoire von<br />

Symbolen und magischen Kultgegenständen,<br />

die Menschen schon immer<br />

verehrt haben und die die Grundlage<br />

aller Kunst bilden. Mit einer Kombination<br />

aus Zeichnung – das ist ihr künstlerischer<br />

Ausgangspunkt – und Foto, das<br />

ist ihre anderes Medium, schildert sie<br />

den Menschen als ein suchendes und<br />

untersuchendes, verwirrtes und einsames,<br />

gebendes und vergebendes und<br />

manchmal siegendes Individuum. In<br />

diesem Spannungsfeld wird unser Anerkennung<br />

und Sehnsucht untersucht und<br />

das Erreichen der Identität.<br />

Die dänisch-norwegische Fotokunstgruppe<br />

VINGESUS (»Flügelschwirren«)<br />

untersucht in ihrem Projekt »Identity<br />

Lost« die Begriffe Transformation und<br />

den Verlust der Identität mit dem Ausgangspunkt<br />

in diesen Gedanken.<br />

Die Gruppe zeigt in einer Mischung aus<br />

Realität und fotografischer Fiktion, wie<br />

Identität und etablierte Wahrheit aufgelöst<br />

werden können und zu einer neuen<br />

Interpretation der Wirklichkeit werden.<br />

Die Mitglieder der Fotokunstgruppe<br />

VINGESUS arbeiten mit der Fotografie<br />

als künstlerisches Ausdrucksmittel in<br />

allen Schattierungen.<br />

Für die Mitglieder der Gruppe sind Fotoapparat<br />

und digitale Bildbearbeitung die<br />

Werkzeuge in einem kreativen Prozess<br />

wie Pinsel und Leinwand Werkzeuge<br />

von Malern und Noten Werkzeuge von<br />

Komponisten sind.<br />

Gemeinsam besteht der Wunsch einen<br />

Eindruck zu schaffen und zu vermitteln,<br />

trotz der verschiedenen Richtungen der<br />

Fotokunst.<br />

Ob das mit Hilfe der einen oder anderen<br />

Technik geschieht, ist ohne Bedeutung.<br />

Es ist das Resultat und nur das Resultat,<br />

was zählt.<br />

Die einzigartige Eigenschaft der Fotografie,<br />

im Vergleich mit anderen Kunstarten<br />

ist die präzise Registrierung eines<br />

Objektes. Diese Eigenschaft weist sich<br />

jeder Fotograf zu Nutzen zu machen.<br />

Jedoch für die Fotokunstgruppe VING-<br />

ESUS beginnt der Prozess erst richtig<br />

hier.<br />

Annemette Rosenborg Eriksen<br />

Annemettes Arbeiten konzentrieren sich<br />

auf die poetischen und wehmütigen<br />

Schilderungen von Menschen und der<br />

vom Menschen geschaffenen Umwelt.<br />

Mit Sorgfalt und Anmut malt sie ihre<br />

Tableauer mit der Kamera als wäre diese<br />

ein Pinsel. Die Menschen die sie schildert,<br />

stellt sie eingeschlossen in sich<br />

oder ihre Umgebung da. Die Natur wird<br />

mit Eis bedeckt oder unter Wasser dargestellt.<br />

Ab und zu, wie ein Gegensatz,<br />

zeigt sich eine ungezähmte Wildheit<br />

in ihren Bildern und der Wunsch nach<br />

Freiheit taucht auf – in ungewohnt heftigen<br />

und warmen Farben, wie Feuer.<br />

© Annemette Rosenborg Eriksen<br />

© Dorte Bundesen<br />

Else Vinæs<br />

Else arbeitet mit der menschlichen<br />

Anwesenheit oder auch Abwesenheit<br />

in einer konstruierten Wirklichkeit. Die<br />

Realität im Raum wird aufgehoben und<br />

der Mensch zeigt sich als einziger wirklicher<br />

Bezugspunkt für den Zuschauer.<br />

Dieser ist im Zentrum sowohl durch<br />

seine Anwesenheit als auch durch seine<br />

Abwesenheit. Farben werden dazu<br />

gebraucht Stimmungen und Gefühle<br />

hervorzuheben, ob es die schneiden<br />

schönen oder eklatanten provozierenden<br />

sind. Formen und Inhalt suchen die<br />

Zusammenarbeit zu einer bedeutungsvollen<br />

Einheit.<br />

Erik Jørgensen<br />

Erik arbeitet mit dem Mensch im Zentrum.<br />

Der Mensch wird gut oder böse<br />

dargestellt oft mit einem Augenzwinkern<br />

und einer ironischen Distanz,<br />

andere Male mit völliger Empathie und<br />

grosser Sensibilität. Manchmal in grellen<br />

Farben, dann wieder in harmonischen<br />

und schönen Farben. Wir können<br />

die Personen als Bilder unserer selbst<br />

sehen und lachen oder weinen oder<br />

beides gleichzeitig. Und wir können<br />

zuschauen und uns auf die Geschichte<br />

der Umgebung beziehen und vielleicht<br />

etwas mehr über uns selbst und unsere<br />

Umgebung lernen. Die Bilder wollen so<br />

28 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

© Jesper Bo Jensen<br />

© Else Vinæs<br />

viel – sie wollen uns provozieren und<br />

uns nachdenken lassen und sie wollen<br />

unsere Gefühle treffen und hinterfragen<br />

wer wir sind und wer wir seien wollen.<br />

Jesper Bo Jensen<br />

Jesper arbeitet mit der Grenze zwischen<br />

Wirklichkeit und Fiktion. Mit dem verwischen<br />

und weichmachen der Konturen<br />

und der Farben verschieben sich<br />

die Bilder in einen Raum, wo die Fantasie<br />

ins Spiel kommt und die Realität<br />

in Frage gestellt wird. Er manipuliert<br />

die Wahrnehmung der realen Welt<br />

und weckt damit bei dem Zuschauer die<br />

Lust und die Möglichkeit neue Perspektiven<br />

seines Erlebens der Wirklichkeit. Er<br />

ist besonders von der Stadt eingenommen,<br />

deren Räume und Leben in einem<br />

weichen Licht geschildert werden. Der<br />

Zuschauer wird mit einem Eindruck<br />

zurückgelassen, der intensiv und sinnlich<br />

ist. Ein Stadtraum, in dem man eintreten<br />

möchte.<br />

Josephine Ernst<br />

Josefine schafft ihre ganz eigenen Räume<br />

mit einer Mischung aus Natur und Kultur.<br />

Die Räume ruhen. Sie sind menschenleer<br />

obwohl man spürt, dass Menschen<br />

hier mal gewesen sind oder eines Tages<br />

kommen werden. Die Räume sind ruhig<br />

ein wenig nebelig und genügen sich<br />

selbst und doch haben die Menschen<br />

ihre Spuren hinterlassen. Der Betrachter<br />

wundert sich, wer wohl die Spuren<br />

hinterlassen hat, die wir finden, und<br />

wer sie wohl eines Tages ändern wird.<br />

Die Natur ist ein Partner, kein Gegner<br />

und fügt der von Menschen geschaffenen<br />

Umgebung Stoff und Struktur zu.<br />

Es sind Räume, die man gerne betreten<br />

möchte um sie zu erforschen und sie<br />

dann klüger zu verlassen wer man ist.<br />

Peder Brødstedt Pedersen<br />

Peders Bilder sind von Stimmungen und<br />

fliessenden Übergängen geprägt. Organische<br />

Produkte aus unserer gewohnten<br />

und vertrauten Umgebung werden<br />

einbezogen und umgewandelt in einen<br />

etwas abenteuerlichen, manchmal<br />

sogar sinnlichen Ausdruck. Eine Fantasiewelt,<br />

geschaffen durch sehr konkrete<br />

und erkennbare Elemente aus unserem<br />

Alltag wird zu nicht erkennbaren<br />

Elementen in einem Ganzen, welche<br />

unsere Fantasie anregt.<br />

© Josephine Ernst<br />

Tor Einstabland<br />

Tor wird als ein Mensch beschrieben,<br />

der schwer einzuschätzen ist und aus<br />

dem man nicht klug wird. Seine Figuren<br />

sind unscharf, undeutlich, flüchtig<br />

und auf dem Sprung. Der Betrachter<br />

wird gefangen in der Jagd nach der<br />

Identität seiner Personen, wird neugierig<br />

und bekommt Lust sowohl die<br />

Person als auch die Umgebung die sie/<br />

ihn umgibt zu untersuchen. Die Farben<br />

und Formen sind in vollendeter Harmonie<br />

und betonen ein Gefühl von Einsamkeit<br />

und Suchen, welche des Betrachters<br />

eigene Suche nach Identität provozieren<br />

und wecken. Man wird mit der<br />

Frage nach etwas oder jemand zurückgelassen,<br />

aber auch mit etwas Unruhe<br />

und Freude.<br />

Vernissage<br />

20. März <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

21. März bis 2. Mai <strong>2014</strong><br />

Fotogalerie Friedrichshain<br />

Helsingforser Platz 1<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di, Mi, Fr, Sa<br />

Do<br />

14 – 18 Uhr<br />

10 – 18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

29


Galerien<br />

Fred Stein<br />

»Im Augenblick«<br />

Ein Augenblick kann entscheidend sein<br />

– im Leben wie in der Fotografie. Für<br />

den Fotografen Fred Stein waren es<br />

diese kurzen Momente, die sein Leben<br />

bestimmten, persönlich wie beruflich.<br />

Als Sohn eines Rabbiners 1909 in<br />

Dresden geboren, wurde der überzeugte<br />

Sozialist Fred Stein nach der<br />

Machtergreifung der Nationalsozialisten<br />

gezwungen, seine Position als Jurist<br />

aufzugeben und Deutschland zu verlassen.<br />

1933 konnte er unter dem Vorwand<br />

einer Hochzeitsreise mit seiner Frau Lilo<br />

nach Paris fliehen. Dort stand er vor der<br />

Herausforderung, aus dem Nichts eine<br />

neue Existenz aufbauen zu müssen. Eine<br />

Kleinbildkamera der Marke Leica, die<br />

sich Fred und Lilo Stein gemeinsam zur<br />

Hochzeit schenkten, gab den entscheidenden<br />

Impuls: Die Fotografie wurde<br />

seine neue Profession.<br />

In Paris konnte Fred Stein nach kurzer<br />

Zeit ein eigenes Fotostudio einrichten.<br />

Bereits ab 1935 beteiligte er sich an<br />

mehreren Ausstellungen, zusammen<br />

mit namhaften Fotografen wie Brassaï,<br />

Man Ray, Dora Maar und André Kertész.<br />

Nach Ausbruch des Krieges gelang dem<br />

Ehepaar, nun mit gemeinsamer Tochter,<br />

erneut die Flucht.<br />

1941 erreichten sie mit einem der letzten<br />

Schiffe New York. Dort nahm Fred<br />

Stein die Fotografie wieder auf und<br />

nutzte, neben der Leica, eine Mittelformatkamera<br />

der Marke Rolleiflex. Die<br />

einfache Handhabung dieser Kameras<br />

ermöglichte es ihm, durch die Straßen<br />

zu flanieren und die Stadt und ihre Menschen<br />

in kurzen aber entscheidenden<br />

Augenblicken festzuhalten. Zeit seines<br />

Lebens konzentrierte er sich auf Straßenansichten<br />

und Porträts.<br />

Die Ausstellung zeigt das Werk Fred<br />

Steins erstmalig umfassend in Deutschland.<br />

In mehr als 130 Schwarz-Weiß-<br />

Fotografien werden Straßenansichten<br />

aus Paris und New York sowie Porträts<br />

präsentiert. Darüber hinaus veranschaulichen<br />

private Dokumente sowie<br />

Original- und Kontaktabzüge Biografie<br />

und Werk des Fotografen.<br />

Soziologie der Straße<br />

»Du hast nur diesen einen Moment. Wie<br />

ein Jäger, der sein Ziel anvisiert, wartest<br />

du auf den Augenblick, der aussagekräftiger<br />

ist als alle anderen.« (Fred Stein)<br />

In den Städten seiner Emigration – in<br />

den 1930er Jahren in Paris und ab den<br />

1940er Jahren in New York – fotografierte<br />

Fred Stein unzählige Straßenansichten,<br />

darunter auch Aufnahmen der<br />

jüdischen Viertel.<br />

Neben klassischen Motiven der beiden<br />

Metropolen, entstanden zahlreiche<br />

Milieustudien und Charakterbilder. Sie<br />

stehen in einem soziologischen Kontext<br />

von Armut und einfachem Leben in der<br />

Stadt und zeigen Straßenarbeiter, Verkäufer,<br />

Obdachlose und Familienszenen.<br />

Fred Steins Blick verbindet das Alltägliche<br />

mit einem Sinn für den außergewöhnlichen<br />

Moment. Ebenso fällt sein<br />

Humor ins Auge, den er in seinen Bildern<br />

häufig aufblitzen lässt.<br />

Psychologie des Porträts<br />

»Die Kamera unterscheidet nicht zwischen<br />

Berühmtheiten und einem Niemand,<br />

zwischen einem guten Freund<br />

und einem völlig Fremden, wenn sich<br />

der Verschluss öffnet.« (Fred Stein)<br />

.<br />

Volksfront, Paris 1936, © Estate of Fred Stein<br />

Zeitungshut, New York 1946,<br />

© Estate of Fred Stein<br />

Hydrant, New York 1947, © Estate of Fred Stein<br />

bis 23. März <strong>2014</strong><br />

Jüdisches Museum<br />

Libeskind-Bau EG<br />

Eric F. Ross Galerie<br />

Lindenstraße 9-14<br />

10969 Berlin-Kreuzberg<br />

Mo<br />

10 – 22 Uhr<br />

Di – So 10 – 20 Uhr<br />

Eintrittspreise:<br />

Museumsticket regulär: 7 Euro<br />

Museumsticket ermäßigt: 3,50 Euro<br />

Kinder bis 6 Jahre: Eintritt frei<br />

Familienticket (2 Erwachsene, bis zu<br />

4 Kinder): 12 Euro<br />

30 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

Léa Habourdin<br />

»Cahier de<br />

Doléances«<br />

»Book of Possibilities«<br />

»Der Mensch ist ein Tier, das sich<br />

seiner eigenen Hilflosigkeit zuwenden<br />

kann.«*<br />

© Léa Habourdin © Léa Habourdin<br />

Die französische Fotografin Lea Habourdin<br />

stellt mit »Cahier de Doléances«<br />

und »Book of Possibilities« zwei ihrer<br />

Arbeiten in der Galerie exp12 - exposure<br />

twelve aus: In Ihrer Arbeit geht es<br />

um das Spannungsverhältnis zwischen<br />

dem instinktiven, triebhaften Verhalten<br />

der Tiere und dem menschlichen Sozialverhalten,<br />

welches von den Regeln der<br />

Vernunft innerhalb unserer Gesellschaft<br />

bestimmt wird. In ihren Bildern vermischt<br />

Lea Habourdin Körper, Körperdetails,<br />

Schnitte oder Markierungen auf<br />

der Haut mit Darstellungen von Tieren,<br />

die oft nur schemenhaft zu erkennen<br />

sind oder sich abwenden; sie sammelt,<br />

verbindet und assoziiert. Sie zerschneidet<br />

Fotografien, die zu Metaphern für<br />

physiologische Phänomene innerhalb<br />

des Körpers werden; es geht um einen<br />

Zustand, der manchmal unkontrolliert<br />

erscheint, in welchem der Mensch<br />

handlungsunfähig ist oder sich in einem<br />

ambivalenten Zustand treiben lässt.<br />

Die Arbeit von Léa Habourdin wurde<br />

bereits im Juni 2012 als Teil der Projektion<br />

The Flood Wall I bei exp 12<br />

gezeigt. Zum ersten Mal werden nun<br />

zwei Serien von Léa Habourdin innerhalb<br />

einer Einzelausstellung gezeigt:<br />

»Cahier de Doléances« (»Beschwerdeheft«<br />

/ »Register of grievances«) & »Book<br />

of Possibilities« (»Buch der Möglichkeiten«).<br />

»Cahier de Doléances« nannte man<br />

zur Zeit des »Ancien Régime« in Frankreich<br />

eine Liste von Wünschen oder<br />

Beschwerden, die an den König weitergereicht<br />

wurden. Bei Léa Habourdin<br />

kann es als ein Buch der Klagen, Strafen,<br />

Erinnerungen oder sogar als Aufgabenheft<br />

verstanden werden.<br />

Gedanken und Bilder, Zeichnungen und<br />

Fotografien, Gegensätze und Verbindungen<br />

wurden in der zweiten Arbeit,<br />

dem »Book of Possibilities«, in Form<br />

eines Skizzenbuches gesammelt. Dieses<br />

Buch ist eine frühere Arbeit und gilt als<br />

ein notwendiger Vorläufer, um die spätere<br />

Serie »Cahier de Doléances« zu<br />

entwickeln und zu vertiefen. Die beiden<br />

Serien werden nun erstmalig in Form<br />

eines Dialogs im Raum für Fotografie<br />

exp12 - exposure twelve präsentiert.<br />

Léa Habourdin ist eine französische<br />

Künstlerin, die an der Schule für Fotografie<br />

in Arles (École Nationale Supérieure<br />

de la Photographie d’Arles / ENSP) studiert<br />

hat. Ihre Arbeiten wurden auf Festivals<br />

wie Les Boutographies in Montpellier,<br />

Voies-off in Arles, dem Phnom<br />

Penh Photo Festival, dem Lianzhou Foto<br />

Festival und dem Kaunas Photo Festival<br />

(Auswahl) ausgestellt. Die Serie »Cahier<br />

de Doléances« wurde beim Boutographies<br />

Photo Festival 2011mit dem 1st<br />

Prize prämiert. Sie hat eine Anerkennung<br />

bei der Bourse du Talent sowie den<br />

1st Young Talented Photograph Prize von<br />

Express -Style bekommen.<br />

*Giorgio Agamben- Sur ce que nous pouvons ne<br />

pas faire (Über das, was wir nicht tun können )-<br />

Nudités- Payot Rivages 2009<br />

http://www.leahabourdin.com<br />

Vernissage:<br />

7. März <strong>2014</strong> um 19 Uhr<br />

© Léa Habourdin<br />

8. März bis 6. April <strong>2014</strong><br />

exp 12 / exposure twelve<br />

Greifswalder Straße 217<br />

10405 Berlin-Prenzlauer Berg<br />

Sa 16 – 20 Uhr<br />

So 14 – 18 Uhr<br />

www.exp12.com<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

31


Galerien<br />

Francis Ducreau<br />

»Stadt der Menschen -<br />

Menschen der Stadt«<br />

Eine Stadt ausdrücken. Ihr Wesen erfassen.<br />

© Francis Ducreau, (Original in Farbe)<br />

© Francis Ducreau, (Original in Farbe)<br />

Muss man dafür die Größe ihrer Bauwerke<br />

hervorheben, den Charme ihrer<br />

Straßen, die Farbe ihrer Gewässer, das<br />

Wegenetz der Tram? Oder sollte man<br />

versuchen, die geheimen Seiten der<br />

Stadt ans Licht zu bringen?<br />

All dies wäre möglich. Francis Ducreau<br />

hat jedoch einen ganz anderen<br />

Weg gewählt.<br />

Der Fotograf, der seit 25 Jahren in Berlin<br />

lebt, hatte Zeit, sich mit der Stadt vertraut<br />

zu machen, ihre Stimmungen,<br />

ihre Geschichte und ihren Rhythmus<br />

aufzusaugen. Sie zu seiner eigenen zu<br />

machen. Und das Berlin, das er fotografiert,<br />

ist ein menschliches, ein alltägliches,<br />

ein lebendiges Berlin.<br />

Francis Ducreau erforscht Berlin am<br />

liebsten vom Fahrrad aus und die hier<br />

ausgestellten Bilder sind bei Fahrten<br />

kreuz und quer durch verschiedene<br />

Viertel in den letzten drei Jahren entstanden.<br />

Sie erheben weder Anspruch<br />

auf Vollständigkeit, noch liegt ihnen ein<br />

System zugrunde, und wenn, dann das<br />

des geduldigen und aufmerksamen Blickes.<br />

Im Laufe der verschlungenen Pfade,<br />

denen wir folgen, bekommen wir weder<br />

den Schatten des Fernsehturms zu sehen,<br />

noch die imposante Silhouette des Brandenburger<br />

Tores oder die schwindelerregende<br />

Architektur am Potsdamer Platz.<br />

Wir verweilen nicht in angesagten Straßencafés<br />

oder in Kellerräumen aktueller<br />

Szene-Clubs, und ebenso wenig<br />

bewundern wir die Werke weltberühmter<br />

Straßenkünstler. Es geht hier weder<br />

um die Weltgeschichte noch um die<br />

europäische Hauptstadt mit dem größten<br />

Sexappeal. Das sind keine Bilder für<br />

einen Reiseführer. Das Berlin, das Francis<br />

Ducreau uns zeigt, ist bescheiden<br />

und keinesfalls ein Selbstdarsteller<br />

Wenn man diese Brachen betrachtet, die<br />

von Unkraut und Graffitis überwuchert<br />

sind oder die engen Hinterhöfe, die riesigen<br />

Plätze und die Möchtegern-Terrassen<br />

der billigen Imbissbuden, dann wird<br />

mit einem Schlag klar, was das Wesen<br />

dieser Stadt heute ausmacht. Es ist die<br />

unbeschreibliche Freiheit, die sie ihren<br />

Bewohnern eröffnet.<br />

Der Raum, den sie dem Menschlichen<br />

gibt. Und natürlich kann man hier und<br />

da Spuren der Mauer, die Silhouette<br />

eines berühmten Bauwerks erahnen.<br />

Und man bemerkt, dass es sich um<br />

keine reiche Stadt handelt. Der vernachlässigte<br />

Zustand so mancher Gebäude<br />

zeugt davon. Aber das ist nicht das<br />

Thema. Darum geht es hier nicht. Es geht<br />

vielmehr darum, was an einem Biergartentisch<br />

passiert, auf dem Sprungturm<br />

eines stillgelegten Schwimmbades, auf<br />

einer Parkbank, auf einem Friedhofsweg.<br />

Es geht um die Menschen, die hier leben,<br />

um die Spuren, die sie hinterlassen, um<br />

die Schwingungen ihrer Lebensenergie,<br />

um die vergängliche - weil lebendige -<br />

Dimension des Urbanen.<br />

Denn in diesen Bildern sieht man, dass<br />

Berlin eine Stadt mit menschlichen Ausmaßen<br />

ist. Das erscheint paradox, wenn<br />

man an ihre riesige Ausdehnung und<br />

ihre breiten Straßen denkt. Nichtsdestotrotz<br />

kommt einem beim Betrachten<br />

32 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

© Francis Ducreau, (Original in Farbe)<br />

© Francis Ducreau, (Original in Farbe)<br />

© Francis Ducreau, (Original in Farbe)<br />

dieser Bilder genau das in den Sinn.<br />

Berlin ist so groß wie die Träume seiner<br />

Einwohner, wie ihre Wünsche und Fantasien...<br />

Gesichter aus verschiedensten Lebensphasen<br />

und Schichten, natürliche oder<br />

gestylte; die Berliner, die wir hier sehen,<br />

sind vielleicht hier geboren oder leben<br />

nur für einige Zeit in der Stadt, aber was<br />

macht das schon? Durch ihren Anblick<br />

zeigt uns Francis Ducreau die Großzügigkeit<br />

von Berlin. Ein Berlin, das<br />

sich zurücknimmt, um sowohl denen<br />

Platz zu geben, die hier leben als auch<br />

denen, die nur auf der Durchreise sind.<br />

Die Stadt enthüllt auf diese Weise ihr<br />

wahres Selbst: ein riesiger Raum, in dem<br />

sich jeder selbst erfinden kann.<br />

Berlin, wo man mitten in der Stadt auf<br />

Sand oder anderem Untergrund Beach-<br />

Volleyball spielt, wo man auf Plätzen<br />

ein Nickerchen macht, sich auf offener<br />

Straße küsst, seinen zerschlissenen Liegestuhl<br />

in einem dunklen Hof aufstellt,<br />

sein Auto mitten auf dem Bürgersteig<br />

parkt... Berlin, wo man hier etwas baut,<br />

während sich dort die Natur ihren Platz<br />

zurückerobert.<br />

Berlin, wo man sich fotografiert. Alle<br />

Reiseführer empfehlen, die Gelegenheit<br />

zu ergreifen und einen der legendären<br />

hier noch existenten Fotoautomaten<br />

auszuprobieren. Es kostet nur ein paar<br />

Euro die Spuren des eigenen Berlinbesuchs<br />

auf diese Weise zu verewigen.<br />

Und das natürlich analog! Fotos, die<br />

man für kein offizielles Dokument verwenden<br />

kann, die kein Amt akzeptieren<br />

würde. Fotos, auf denen man zu zweit<br />

sein kann, beim Grimassen schneiden<br />

oder küssen. Fotos, nur für sich selbst.<br />

In vier Bildern greift Francis Ducreau<br />

dieses Thema auf. Das Posieren, das<br />

Warten, das Lachen und Lächeln beim<br />

Anblick der Ergebnisse. Beabsichtigte<br />

Selbstreferenz?<br />

Letztendlich bleibt auch er der analogen<br />

Fotografie treu, ein Anhänger des Mittelformats,<br />

der Art des Fotografierens, die<br />

das Überraschungsmoment bewahrt<br />

und Geduld verlangt.<br />

Und so kann man sich des Gedankens<br />

nicht erwehren, dass das durch die Technik<br />

auferlegte Abwarten und der geduldige<br />

Blick des Fotografen ganz besonders<br />

gut zu dieser Stadt passen, die ihren<br />

Bewohnern die Zeit zum Leben lässt.<br />

Die Zeit, man selbst zu sein. Und wenn<br />

das nur der Traum des Fotografen wäre,<br />

so möchte man doch auf jeden Fall glauben,<br />

dass es wahr sein könnte.<br />

Myriam Louviot<br />

Aus dem Französischen von Esther<br />

Jahns<br />

2. Februar bis 18. Mai <strong>2014</strong><br />

Café Aroma Photogalerie<br />

Hochkirchstraße 8<br />

10829 Berlin-Schöneberg<br />

Mo – Fr 18 – 24 Uhr<br />

Sa + So 14 – 24 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

33


Galerien<br />

Christina Vazou<br />

Gunta Podina<br />

Italo Morales<br />

Lara Ciarabellini<br />

Linka A Odom<br />

Tracey Fahy<br />

Uta Beyer<br />

Veronika Lukasova<br />

»AusZeiten&Räumen«<br />

© Christina Vazou<br />

© Italo Morales, (O.i.F.)<br />

Die fotografischen Essays von acht AbsolventInnen<br />

des Masterstudiengangs Fotojournalismus<br />

und Dokumentarfotografie<br />

des London College of Communication,<br />

University of the Arts London sind<br />

dokumentarische Reisen zu Menschen<br />

und Orten in Vergangenheit, Gegenwart<br />

und Zukunft. Dabei werden wir als<br />

BetrachterInnen nicht nur Zeugen dieser<br />

Reise – das Zuschauen selbst wird zu<br />

einer reisend-suchenden Bewegung:<br />

Die Projekte fordern eine Justierung<br />

des eigenen Blicks auf die uns umgebende<br />

Welt und ihrer fotografischen<br />

Dokumentation, die uns gleichzeitig<br />

auch auf unsere Position als ZuschauerInnen<br />

zurückwirft. Dabei wird das<br />

Verhältnis zwischen dem, was wir zu<br />

sehen bekommen und den Erzählungen<br />

und Geschichten, die wir uns zu den<br />

Bildern vorstellen verkehrt. Die Bilder<br />

sind immer auch ein Entzug des Sichtbaren:<br />

Fragmente, Ausschnitte, Dekontextualisierungen,<br />

die neben dem Sehen<br />

das Erzählen ihrer Geschichten anregen.<br />

Was sehe ich? Und was sehe ich nicht?<br />

Was erzählen mir die Bilder? Und was<br />

erzähle ich mir selbst?<br />

In Somnambulism öffnet uns Lara Ciarabellini<br />

psychologische Landschaften<br />

des immer noch kriegsversehrten Bosnien<br />

und Herzegowinas. Dabei wird das<br />

kollektive Gedächtnis eines Landes in<br />

seinen Bewegungen zwischen schlafwandlerischer<br />

Schockstarre, Amnesie,<br />

Bewusstwerdung und Verdrängung<br />

untersucht. Italo Morales blickt mit<br />

Overnight Generation in die Hauptstadt<br />

Sarajevo und dokumentiert das<br />

Leben ihrer jungen Erwachsenen, die<br />

in einer Stadt aufwuchsen, die im Schatten<br />

des längsten Belagerungszustandes<br />

der modernen Geschichte liegt. »Eine<br />

Generation, die über Nacht erwachsen<br />

werden musste, während wir anderen<br />

schliefen.« Christina Vazou gibt mit<br />

Behind the Scenes of the Greek Crisis ein<br />

eindrucksvolles Porträt der politischen<br />

und ökonomischen Situation Griechenlands<br />

in den Jahren 2009-2012. Als Frau<br />

eines griechischen Abgeordneten und<br />

Mutter zweier Jungen, als griechische<br />

Bürgerin und Fotografin eröffnet sich<br />

ihr zwischen privatem und öffentlichem<br />

Leben ein berührender und eindringlicher<br />

Blick hinter die Kulissen Griechenlands<br />

als ein Land in der Krise. Mit Uta<br />

Beyer begleiten wir in Heimlich zwanzig<br />

Rentnerinnen und Rentner in Tiflis/<br />

Georgien, die am Rande des Existenzminimums<br />

leben. Die Bilder sind atmosphärische<br />

Momentaufnahmen, die zwischen<br />

Sehen und Erfahren liegen und<br />

eine intuitive Annäherung an Bilder,<br />

Gegenstände und Situationen ermöglichen.<br />

Einem weit entfernten und utopischen<br />

Ort widmet sich Veronika Lukasova.<br />

34 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galerien<br />

© Gunta Podina, (O.i.F.)<br />

© Uta Beyer, (O.i.F.)<br />

© Tracey Fahy<br />

© Linka A Odom, (O.i.F.) © Veronika Lukasova, (O.i.F.)<br />

In Mars: Dreams and Schemes untersucht<br />

sie den Mars als einen Ort der<br />

wissenschaftlichen Forschung und der<br />

Zukunftsvisionen. Spinning Compass<br />

von Linka A Odom zeigt das Bereisen der<br />

Welt und ihre Reisenden: Handbemalte<br />

Schwarz-Weiß-Fotografien von Reisenden<br />

werden zu einer sozial-anthropologischen<br />

Untersuchung über Erfahrungen<br />

und Beweggründe des Reisens. Die<br />

Flucht vor dem Alltag und die Reise an<br />

einen vermeintlich »perfekten Platz«<br />

schildert Njut Lagom! The Secret Art of<br />

Being Swedish von Gunta Podina: Njut<br />

Lagom! berichtet über die SchwedInnen<br />

und ihr Freizeitverhalten. Es untersucht<br />

die Exzentrizitäten und kulturellen Klischees<br />

in Momenten der Flucht aus dem<br />

Alltag. Bereits in den alltäglichen und<br />

allgegenwärtigen Ereignissen und Vorfällen,<br />

liegt etwas Besonderes, das uns<br />

Tracey Fahy in If not now, when? zeigt:<br />

»Das gewöhnliche Leben, voll und ganz<br />

gelebt, ist außergewöhnlich«.<br />

In ihrem besonderen Spannungsverhältnis<br />

zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem,<br />

Erlebtem und Erzählten geben<br />

die Projekte einen vielschichtigen und<br />

intensiven Einblick in die zeitgenössische<br />

Dokumentarfotografie.<br />

Kuratiert von Lena von Geyso<br />

© Lara Ciarabellini, (O.i.F.)<br />

Vernissage:<br />

14. Februar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

15. Februar bis 9. März <strong>2014</strong><br />

aff Galerie<br />

Kochhannstraße 14<br />

10249 Berlin-Friedrichshain<br />

Sa + So 15 – 18 Uhr<br />

www.aff-galerie.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

35


Galerien<br />

Franziska Rutishauser<br />

»Fotografische<br />

Installationen«<br />

Aufwändige Cibachrome-Vergrößerungen<br />

von Belichtungen im Sandwichverfahren<br />

und Montagen als Intarsien<br />

und in mehrteiliger Rahmung entstanden<br />

zwischen 1989 und 1995. Danach<br />

nutzte Franziska Rutishauser die Fotografie<br />

als Entwurfsmedium für ihre<br />

Malerei. Die Galerie Carpentier zeigt<br />

einige dieser frühen Werke in Gegenüberstellung<br />

zu ihren neuen fotografischen<br />

Arbeiten. In den letzten Jahren<br />

wurde die Fotografie von der Künstlerin<br />

ganz bewusst als digitales und damit<br />

»schnelles« Medium eingesetzt. So entstanden<br />

Bildserien, die filmische Assoziationen<br />

hervorrufen. Die Schaffung von<br />

Durchlichtbildern auf Leuchtkästen in<br />

installativen Anordnungen hat neben<br />

der Malerei einen Platz im Œuvre der<br />

Künstlerin gefunden.<br />

Die Arbeitsweise der Künstlerin macht<br />

die 2013 als Heft 007 in der Edition<br />

Carpentier erschienene Werkmonographie<br />

»Berliner Sandberge / Bildserie 4«<br />

anschaulich. Eine Folge von 83 Fotografien<br />

als beinah filmischer Bildlauf führt<br />

den Gang durch riesige Sandhaufen des<br />

Boden-Austausches einer Berliner Baufläche<br />

für geplante Einfamilienhäuser.<br />

Assoziationen wie Bodendekontaminierung<br />

und die in demselben Jahr erfolgte<br />

Marslandung sind bewusst nicht ins<br />

Bild geführte Sichtbarkeiten. Franziska<br />

Rutishauser sagt über ihre Arbeit: »Für<br />

mich ist die von mir ausgehende Sicht<br />

von Bedeutung. Diese Sichtweise geht<br />

einher mit einer gelebten Idee, sie leitet<br />

sich ab von Weltanschauung. Von der<br />

Utopie, die ich in mir erzeuge. Etwas<br />

Fremdes soll in den Arbeiten entstehen,<br />

das zugleich anzieht und sich verweigert,<br />

Signale sendet, die Betrachter<br />

gewissermaßen angemessen kleidet.«<br />

Die 1962 in der Schweiz geborene<br />

Künstlerin studierte 1982 – 1988 an<br />

der Hochschule für Kunst der Universität<br />

Bern. Seit 2009 lebt und arbeitet<br />

Franziska Rutishauser in Berlin.<br />

Manfred Carpentier<br />

Franziska Rutishauser, An-Wuchs, 1994<br />

Ilfochrome, Glas, MDF, 92x60cm, Unikat<br />

© Franziska Rutishauser, Ab-Schied, 1994.<br />

Ilfochrome, Glas, MDF, 83 x 88,5 cm, Unikat<br />

Vernissage:<br />

Freitag, 31. Januar <strong>2014</strong>, 19 Uhr<br />

Musikperformance: Joachim Gies<br />

MEET THE ARTIST<br />

Samstag, 15. Februar <strong>2014</strong><br />

11 bis 15 Uhr<br />

1. Februar bis 21. Februar <strong>2014</strong><br />

Carpentier Galerie<br />

Meinekestraße 13<br />

10719 Berlin-Wilmersdorf<br />

Di – Fr 16 – 18 Uhr<br />

und nach Vereinbarung<br />

www.carpentier-galerie.de<br />

© Franziska Rutishauser, Ueber-Lauf, 2013.<br />

Installation, 350 x 45 x 40cm, Duraclear auf<br />

Leuchtkästen, Metallrohre, Gummileitung<br />

36 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Ausstellungen<br />

Galerie Thomas Schulte<br />

1. Februar bis 22. März <strong>2014</strong><br />

Robert Mapplethorpe<br />

Charlottenstraße 24<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di–Sa 12–18 Uhr<br />

Martin Gropius Bau<br />

bis 9. März <strong>2014</strong><br />

Barbara Klemm<br />

»Fotografien 1968-2013«<br />

15. März bis 22. Juni <strong>2014</strong><br />

Wols<br />

»Der gerettete Blick«<br />

Niederkirchnerstraße 7<br />

10963 Berlin-Kreuzberg<br />

Mi–Mo 10–19 Uhr<br />

Deutsches Historisches<br />

Museum<br />

9. Mai bis 5. Oktober <strong>2014</strong><br />

Herlinde Koelbl<br />

»Targets«<br />

Ausstellungshalle I.M. Bau<br />

Hinter dem Zeughaus<br />

Unter den Linden 2<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

täglich 10–18 Uhr<br />

Galerie cubus-m<br />

bis 24. Januar <strong>2014</strong><br />

Andreas Fux<br />

»Fährten«<br />

Pohlstraße 75<br />

10785 Berlin-Schöneberg<br />

Di–Fr 14–19 Uhr<br />

Sa 11–19 Uhr<br />

Museum Europäischer<br />

Kulturen<br />

bis 27. April <strong>2014</strong><br />

Edgar Zippel<br />

»Porträts junger Europäer«<br />

Arnimallee 24<br />

14195 Berlin-Dahlem<br />

Di–Fr 10–18 Uhr<br />

Sa + So 11–18 Uhr<br />

DAS VERBORGENE<br />

MUSEUM<br />

bis 9. Februar <strong>2014</strong><br />

Käthe Augenstein<br />

Schlüterstraße 70<br />

10625 Berlin-Charlottenburg<br />

Do–Fr 15–19 Uhr<br />

Sa + So 12–16 Uhr<br />

Wagner + Partner<br />

9. Mai bis 21. Juni <strong>2014</strong><br />

Raïssa Venables<br />

»Clearing Space«<br />

Strausberger Platz 8<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Di–Sa 13–18 Uhr<br />

Galerie Dittmar<br />

bis 25. Januar <strong>2014</strong><br />

Barbara Klemm<br />

Auguststraße 22<br />

10117 Berlin-Mitte<br />

Di–Sa 12–18 Uhr<br />

Loock Galerie<br />

14. März bis 26. März <strong>2014</strong><br />

Charlie White<br />

Potsdamer Straße 63<br />

10785 Berlin-Schöneberg<br />

Di–Sa 11–18 Uhr<br />

imago fotokunst<br />

15. März bis 11. April <strong>2014</strong><br />

Abschlussarbeiten, Fotoklasse 34<br />

Künstlerische Leitung:<br />

Andreas Rost<br />

Linienstraße 145<br />

10115 Berlin-Mitte<br />

Di–Fr 12–19 Uhr<br />

Sa 14–18 Uhr<br />

Kommunale Galerie<br />

Berlin<br />

9. Februar bis 30. März <strong>2014</strong><br />

Hans Hochheim / Andreas Rost<br />

»Berlin unterwegs«<br />

Hohenzollerndamm 176<br />

10713 Berlin-Wilmersdorf<br />

Di–Fr 10–17 Uhr<br />

Mi 10–19 Uhr<br />

So 11–17 Uhr<br />

Caritas Galerie<br />

bis 7. Februar <strong>2014</strong><br />

Benjamin Ochse<br />

»Hotel 1000 Sterne«<br />

Residenzstraße 90<br />

13409 Berlin-Reinickendorf<br />

Mo–Fr 8–18 Uhr<br />

CIRCLE berlin<br />

25. Januar bis 23. März <strong>2014</strong><br />

Piotr Pietrus<br />

»Józio«<br />

Brunnenstraße 188-189<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

Mo–Fr 10–16 Uhr<br />

Swedish Photography<br />

17. Januar bis 26. Januar <strong>2014</strong><br />

I am Swed (ish)<br />

Karl-Marx-Allee 62<br />

10243 Berlin-Friedrichshain<br />

Mi–Sa 12–18 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

37


Galeriebericht<br />

Kulinarisches<br />

Man sagt, das einst für seine Boulette<br />

und deren engste Verwandte, die<br />

Schrippe, bekannte Berlin sei heute<br />

Deutschlands kulinarische Hauptstadt,<br />

mit mehr Sterneköchen als sonst<br />

irgendwo. Kaum zu glauben. Wo soll<br />

denn so viel guter Geschmack so<br />

schnell herkommen? Da könnten wir<br />

ja gleich dem unsäglichen Jürgen Teller<br />

den Nobelpreis für Modefotografie verleihen,<br />

nachdem wir Gundlach und<br />

Newton endlich überwunden haben.<br />

Auf diese Idee hat mich Jens Hinrichsen<br />

vom Tagesspiegel gebracht, der<br />

sich diese Alternative für Newton in der<br />

Jebensstraße tatsächlich vorstellen kann.<br />

Kaum zu glauben. Das ist ein Phänomen:<br />

Einerseits gibt es diesen Trend zum<br />

extrem banalen, unfotografischen Bild,<br />

bunt und doch farblos, andererseits verführt<br />

die immer perfektere digitale Technik<br />

zu opulenten Leckerbissen.<br />

© Eugenio Recuenco, Orientalism 1, 2009, (O.i.F.)<br />

Ein 5-Sterne-Künstler ist Eugenio<br />

Recuenco bei CWC in der Auguststraße.<br />

Der Spanier greift mit seinen<br />

lustvoll ironischen Inszenierungen tief<br />

in den Fundus der Kunstgeschichte und<br />

verzaubert uns auf jeweils zwei Quadratmetern<br />

mit komplexen Bilderzählungen.<br />

Das spektakuläre Prunkstück<br />

der Ausstellung ist sein »GreekFrieze«,<br />

sagenhafte 18 Meter lang und mannshoch.<br />

Wenn man die Strecke abschreitet,<br />

taucht man ein in die Antike und die<br />

Klischees, die vom Schulwissen übrig<br />

sind. Die Brillanz und die Genauigkeit<br />

in jedem Detail täuschen eine Wahrhaftigkeit<br />

vor, die eigentlich schon vor 2000<br />

Berlin, Porträt 01, 22nd of April, 2012, © Erwin Olaf /Courtesy WAGNER + PARTNER, Berlin, (O.i.F.)<br />

Jahren nicht gegeben war. Recuenco<br />

doziert aber nicht, er öffnet vor allem<br />

jungen Leuten leichteren Zugang zu<br />

unseren Wurzeln, weil er seinen Fries<br />

mit heutigen Menschen bevölkert.Er<br />

schlägt damit eine Brücke vom hellenischen<br />

zum modernen Schönheitsideal.<br />

Der Effekt erinnert an YadegarAsisi und<br />

sein geniales Pergamon-Panorama auf<br />

der Berliner Museumsinsel, geschaffen<br />

mit den Mitteln der Fotografie und der<br />

Malerei.<br />

Die Meister der flämischen Schule<br />

sind dem Niederländer Erwin Olaf bei<br />

Wagner + Partner Vorbild für seine düsteren<br />

Arrangements. Technisch sind die<br />

großen Tableaus bestechend, doch sie<br />

verströmen eine unheilvolle Stimmung.<br />

Die Personen, auch Kinder, wirken so<br />

eingezwängt in das Konzept des Künstlers,<br />

dass ich froh bin, am Straußberger<br />

Platz wieder unter lebendigen<br />

Menschen zu sein. Francis Bacon lässt<br />

grüßen.<br />

Ein rechter Schlawiner auf dem Gebiet<br />

der inszenierten Fotografie ist Matthias<br />

Leupold bei argus. Er hat es faustdick<br />

hinter den Ohren, seit 30 Jahren. Erinnern<br />

Sie sich an unser letztes Cover?<br />

Den Rufer im 3-D-Kino? Das ist eine<br />

Serie, im nächsten Bild hält sich der Typ<br />

eine Waffe an die Schläfe, aufgenommen<br />

mit echtem Publikum im Ostberliner<br />

»International« im Jahre 1983! Das<br />

38 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galeriebericht<br />

© Giampiero Assumma<br />

© Matthias Leupold, »Brotausträgerin«<br />

muss man sich erstmal trauen! Da war<br />

noch kein Tauwetter an der Mauer. Es<br />

hat ihn denn auch mehrfach erwischt,<br />

bis man ihn 1986 ausreisen ließ. Man<br />

kann keinem seiner analogen SW-<br />

Fotos trauen. Sie haben alle einen doppelten<br />

Boden. Besonders hat sich der<br />

1959 geborene Leupold in seiner Serie<br />

»Fahnenappell« mit der berüchtigten<br />

Formalismus-Debatte von 1953 auseinandergesetzt,<br />

mit der die SED die<br />

Künstler der DDR auf ihre Staatsziele<br />

festlegen wollte. Seine »Schönheit der<br />

Frauen«knüpft pfiffig an die Aktfotografie<br />

der vorigen Jahrhundertwende an.<br />

Wenn ich nach solchen Herausforderungen<br />

in die Jebensstraße wechsle, zu<br />

JuneNewtons Auswahl »Paris-Berlin«<br />

aus dem Nachlass ihres Helmut, 2012<br />

gezeigt im Grand Palais vor 400.000<br />

Besuchern, vermisse ich schon etwas<br />

mehr Substanz hinter dem schönen<br />

Schein, der allerdings was Kulinarisches<br />

hat. Es mag auch mit der Bewunderung<br />

für den weiblichen Körper zusammenhängen<br />

und dem Respekt vor der Persönlichkeit.<br />

Dafür haben seine Models<br />

ihm und uns wenig von sich verraten.<br />

Bis 18. Mai ist die Kollektion aus dem<br />

erschöpflichen Archiv der Stiftung zu<br />

sehen, zusammen mit den brillanten<br />

Männerakten des Greg Gorman, von<br />

June Newton bei der Eröffnung hoch<br />

gelobt, aber geschmacklich arg an der<br />

Grenze.<br />

Leonid Breschnew, Willy Brandt, Bonn, 1973. © Barbara Klemm<br />

Absolut ungekünstelt sind dagegen die<br />

kraftvollen Männerbilderdes Neapolitaners<br />

Giampiero Assumma bei imago.<br />

Das brutale Schwarzweiß ist das ideale<br />

Medium für die dampfende Körpersprache<br />

dieser Typen aus der Psychiatrie<br />

oder von hinter den Kulissen athletischer<br />

Wettkämpfe (siehe <strong>brennpunkt</strong><br />

4/2013).<br />

Ein ganz anderes Feld ist das Bild vom<br />

Mann im Fokus der Öffentlichkeit. Die<br />

Bildmedien können heute politische<br />

Schicksale entscheidend beeinflussen.<br />

Deshalb tragen die Menschen hinter der<br />

Kamera hohe Verantwortung. Vor allem<br />

die Fotografen müssen ganz nah dran<br />

sein, oft im drängelnden Pulk von ihres-<br />

gleichen, mit ruhiger Hand und kühlem<br />

Kopf den einen Moment erfassen, in<br />

dem Geschichte sichtbar wird, für uns<br />

und die, die nach uns kommen. Von<br />

1959 bis 2004 hat das Barbara Klemm<br />

als geniale Chronistin der FAZ souverän<br />

gemeistert. Und zugleich bestätigt sie<br />

die heute in der Bilderflut untergegangene<br />

Maxime, dass ein durchkomponierter<br />

Bildaufbau zusammen mit dem<br />

entscheidenden Moment erst das aussagestarke<br />

Foto ergibt. Ich kann meinen<br />

Lesern nur empfehlen, sich die wunderbare<br />

Retrospektive im Martin-Gropius-<br />

Bau anzusehen, offen noch bis 9. März<br />

<strong>2014</strong>. Es ist lebendige Geschichte.<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

39


Galeriebericht<br />

© Thomas Nitz, MC#1, 2011<br />

Willy Brandt 1978, © Konrad Rufus Müller, courtesy PINTER & MILCH<br />

Willy Brandt 1978, © Konrad Rufus Müller, courtesy PINTER & MILCH<br />

Danach sollte man der Stresemannstraße<br />

folgen bis zum Willy-Brandt-<br />

Haus. Das lohnt sich auch für SPD-<br />

Muffel. Der Namenspatron hat schließlich<br />

deutsche und deutsch-deutsche<br />

Geschichte gemacht. Max Scheler,<br />

Robert Lebeck, Thomas Hoepker und<br />

Volker Hinz haben Willy Brandt im Auftrag<br />

des Stern jahrelang begleitet, um<br />

nicht zu sagen verfolgt, weniger respektvoll<br />

als Barbara Klemm, auch in Familie<br />

und Badehose. Dazu eine Sonderschau<br />

des »Kanzlerfotografen« Konrad Rufus<br />

Müller, der unsere politischen Vaterfiguren<br />

oft aus großer Nähe und sehr<br />

emotional porträtiert hat. Am liebsten<br />

sind mir seine listigen Details von der<br />

Mimik des alten Adenauer, der genau so<br />

ein Schlitzohr war. Die finden begreiflicherweise<br />

in der SPD-Zentrale keinen<br />

Platz. Es gibt manchmal Querverbindungen,<br />

die politisch nicht korrekt erscheinen.<br />

Da hat Norbert Bunge (argus) im<br />

Oktober eine kleine Ausstellung eingeschoben<br />

für Will McBride und sein<br />

neues Buch »Berlin im Aufbruch«. Das<br />

Buch ist neu, die Fotos sind von 1956<br />

bis 63. Ein ganz wichtiger Abschnitt in<br />

der dramatischen Nachkriegsgeschichte<br />

der Stadt. Der freche eher linke Aufklärer<br />

für Quick und Twen hat übrigens<br />

1965 einen Porträtband über Adenauer<br />

gemacht. Durchaus mit Respekt und<br />

dem Humor, der dem auch eigen war.<br />

Wenn man in den Berliner Galerien<br />

unterwegs ist, muss man für alles<br />

offen sein. Da ist immer Unerwartetes,<br />

manchmal Umwerfendes. Das kann<br />

sogar umwerfend konventionell sein.<br />

So bei DS Allen, der mit dem analogen<br />

SW-Film durch Prenzlauer Berg wandert,<br />

vornehmlich im Winter, immer bei<br />

Sonnenschein, den Fotokünstler sonst<br />

eher meiden. In der Fehrbelliner Straße,<br />

am Pfefferberg, zeigte er seine spannenden<br />

Perspektiven aus dem Kiez, bereitet<br />

40 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Galeriebericht<br />

© Ulrich W. Schmidt »Treib:gut«<br />

mit den klassischen Zutaten Licht und<br />

Schatten. Hier kocht der Chef noch<br />

selbst, die leuchtenden Silbergelatine-<br />

Prints entstehen in der Dunkelkammer.<br />

Nur ein paar große Formate, die schon<br />

bei Carpentier zu sehen waren, sind<br />

Digidrucke.<br />

Carpentier zeigte im November die<br />

»Fotografischen Unikate« von Thomas<br />

Nitz. Der treibt die Kochkunst auf die<br />

Spitze, indem er seine frontalen Frauenbildnisse<br />

auf Planfilm mit bizarren<br />

Strukturen überlagert und auf Aquarellkarton<br />

belichtet, den er zuvor mit Pigment,<br />

Binder, Sand und lichtempfindlicher<br />

Emulsion beschichtet hat. Zum<br />

Nachtisch zerschnippelt er das Negativ<br />

und macht damit sein Kunstwerk unwiederholbar.<br />

Hier ist der Weg das Ziel,<br />

nicht das Ergebnis. Oder der Preis?<br />

Es gibt einen soliden Mittelweg, den<br />

man schon fast einen Trend nennen<br />

könnte. Dem folgen zum Beispiel die 9<br />

Mitglieder des »Atelier freier Fotografen<br />

(aff)« die sich der dokumentarischnarrativen<br />

Sparte des Mediums verschrieben<br />

haben. Sie öffnen ihre schmucke<br />

Galerie in Friedrichshain auch ähnlich<br />

gepolten Gästen. Die Gruppe zeigt<br />

ihre facettenreichen »Fragmente« noch<br />

bis 18. Januar. (Siehe auch <strong>brennpunkt</strong><br />

4/13). Thomas Graichen und Helena<br />

Schätzle haben wir den Lesern schon<br />

© Paolo Primiero<br />

früher vorgestellt. Ulrich W. Schmidt<br />

war bis 10. November zu sehen mit<br />

seinen stimmungsvollen französischen<br />

Küstenlandschaften. In zauberhaften<br />

Grautönen »besingt« er die Weite von<br />

Himmel und Meer, hat aber auch Sinn<br />

für ironische Details.<br />

Paolo Primiero gewinnt dem nassen<br />

Element mit seinen »Wasserbegegnungen«<br />

bis Ende Januar im Café Aroma<br />

auch mal eine vertrackte Form ab, mit<br />

eigenwilligen Ausschnitten, die die<br />

Anteilnahme des Betrachters einfordern.<br />

Wenn der sich in der lebhaften Atmosphäre<br />

des Restaurants darauf einlassen<br />

kann, genießt er den sinnlichen Gehalt<br />

der meditativen Bilder. Das ist in Schöneberg.<br />

Schon mal was gehört von schöneberger-art(.de)?<br />

Das ist ein herbstlicher<br />

Galerierundgang im Bezirk der<br />

Freiheitsglocke. Der bot dem Gründer<br />

des Berliner Fotosalons, Volker Wartmann,<br />

Gelegenheit, dort seine »Verschlusssache<br />

– geheimnisvolle Orte<br />

im Rathaus Schöneberg« öffentlich zu<br />

machen. Mit Digikamera und Stativ ließ<br />

man ihn in Büros und Archiven stöbern.<br />

Die detailscharfe Ausbeute soll nun zu<br />

einem Bildband werden. Ich sorge mich<br />

ein wenig um die Zielgruppe.<br />

Herangeführt an die unaufgeregte Art<br />

des Bildermachens mit überkommener<br />

Technikwerden junge Fotobegeisterte<br />

an den Berliner Schulen auch deshalb,<br />

weil ihre Begeisterung dem heute selbstverständlichen<br />

Umgang mit Handy und<br />

Smartphone entspringt. Es fehlt die fotografische<br />

Grundversorgung. Was dann<br />

am Ende eines Lehrgangs auf den Tisch<br />

oder an die Wand kommt, kann sich<br />

meistens sehen lassen. So im Dezember<br />

bei imago die Arbeiten der Klasse<br />

33 unter der Leitung von Ursula Kelm.<br />

Die erfahrene Dozentin versteht es, aus<br />

ihren Zöglingen heraus zu kitzeln, was<br />

in ihnen steckt, an langer aber straffer<br />

Leine. Die »Fotografie als Fotografie«<br />

bleibt dabei die Richtschnur.<br />

In der großen Schau des 7. Jahrgangs<br />

der Ostkreuzschule in den Uferhallen<br />

war das weniger deutlich. Bei 25 Schülern<br />

von 3 Dozenten ist es schwer, Tendenzen<br />

auszumachen. Auf jeden Fall<br />

überwiegt hier die digitale Farbfotografie,<br />

hintergründige Bildideen sind eher<br />

selten, aber ein festes Konzept ist die<br />

Regel. Das Bild vom Menschen, oft vom<br />

eigenen Ich, nimmt auf vielerlei Weise<br />

Raum ein. Noch ist nicht abzusehen, ob<br />

die Eleven mal nach den 5 Sternen des<br />

Recuenco greifen werden oder, vielleicht<br />

sogar einträglicher, nach Jürgen<br />

Tellers Erbsensuppe?<br />

Ein glückliches 175. Jahr der Fotografie<br />

wünscht allen Lesern<br />

Klaus Rabien<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

41


Buchbesprechung<br />

Bernhard Edmaier<br />

»EarthArt – Colours of<br />

the Earth<br />

Faszination Erde: Die<br />

Farben der Welt«<br />

Ari Atoll, Maldives<br />

Yukon, Alaska, USA<br />

Laguna Roja, Chile<br />

Maellifellsandur, Iceland<br />

Neuer Bildband: EarthArt – Colours<br />

of the Earth<br />

220 Seiten, 160 großformatige<br />

Abbildungen, Größe 30,5 x 35 cm,<br />

gebunden mit Schutzumschlag,<br />

Phaidon Verlag, London, 2013, ISBN<br />

978-0714865768, Preis 49,95 Euro<br />

© Bernhard Edmaier, »Laguna Verde«, Atacama Desert, Bolivia, (O.i.F.)<br />

Phänomen Farbe<br />

Wir nehmen Farbe mit all unseren<br />

Sinnen wahr, wir sehen, wir spüren, wir<br />

riechen sie und manchmal kann man<br />

Farbe auch hören. »Farben wirken direkt<br />

auf Geist und Empfindung.« Farben<br />

haben einen »direkten Einfluß auf die<br />

Seele«, schrieb schon Johann Wolfgang<br />

von Goethe, der 1810 seine Schrift »Zur<br />

Farbenlehre« veröffentlichte.<br />

Faszination Natur – Neue Perspektiven<br />

auf den Planeten Erde<br />

Bernhard Edmaier nimmt uns mit auf<br />

eine Reise zu den Wundern der Welt.<br />

Der vielfach ausgezeichnete Fotograf<br />

Bernhard Edmaier bereiste für sein<br />

neues Buch die unterschiedlichsten<br />

Länder und Kontinente – von Europa<br />

nach Nord- und Südamerika, von Afrika<br />

bis nach Island und Spitzbergen. Für<br />

EarthArt – Colours of the Earth trug er<br />

160 ausgewählte Fotografien zusammen<br />

(90% Luftaufnahmen), die das<br />

schier unendliche Farbspektrum der<br />

Erde wiedergeben.<br />

Mit unseren Augen können wir mehrere<br />

hundert Farben unterscheiden, mit<br />

technischen Hilfsmitteln sind es bis zu<br />

7 Millionen Farbtöne. Sie scheinen wir<br />

wieder zu finden in den Aufnahmen des<br />

neuen Bildbandes EarthArt – Colours<br />

of the Earth, der beim renommierten<br />

© Bernhard Edmaier, »Artist´s Palett«, New Zealand, (O.i.F.)<br />

Kunstbuchverlag PHAIDON in London<br />

erschienen ist.<br />

Der Bildband wird ergänzt mit Beiträgen<br />

der Wissenschaftsjournalistin Angelika<br />

Jung-Hüttl und der New Yorker Kunsthistorikerin<br />

Stella Paul.<br />

Der Fotograf Bernhard Edmaier<br />

Geboren 1957, ausgebildeter Geologe,<br />

bevor er vor etwa 20 Jahren die Fotografie<br />

zu seinem Beruf machte und die<br />

Fotoagentur »Geophot - Bilder der Erde«<br />

gründete. Seine Bildbände zeigen die<br />

vielfältigen Farben, Formen und Strukturen<br />

der Erde. Bernhard Edmaier konzentriert<br />

sich in seinen Arbeiten auf Luftaufnahmen<br />

von 50 bis 4000 Metern Höhe.<br />

Für »Geoart – Kunstwerk Erde« erhielt er<br />

1998 den Kodak-Fotobuchpreis. 2001<br />

wurde er mit dem renommierten Hasselblad<br />

Master Award ausgezeichnet.<br />

Pressestimmen zu Bernhard Edmaier<br />

»Bernhard Edmaier ist der interessanteste<br />

Luftbild-Fotograf der Welt.« ARD<br />

Kulturweltspiegel<br />

»Gute Landschaftsfotografen gibt es<br />

viele; aber keiner versucht derart radikal<br />

wie Edmaier, die funktionalen Prinzipien<br />

unseres Planeten in ästhetisch<br />

vollkommenen Bildern einzufangen.«<br />

natur & kosmos<br />

»Voller Farbe ist die Welt von Bernhard<br />

Edmaier .... Über Gletscher und Canyons,<br />

Eismeere und Wüsten ist er geflogen<br />

und hat Bilder von diesem Planeten<br />

eingeholt, die sich kein Maler phantasievoller<br />

hätte ausdenken können ....«<br />

Süddeutsche Zeitung<br />

Die Autoren:<br />

Dr. Angelika Jung-Hüttl ist Geologin<br />

und Wissenschaftsautorin für eine Vielzahl<br />

von verschiedenen Zeitungen und<br />

Magazinen. Sie arbeitet und reist mit<br />

Bernhard Edmaier seit 20 Jahren und<br />

ist Autorin verschiedener seiner Bildbände.<br />

Stella Paul ist Kunsthistorikerin und<br />

freie Journalisten. Sie war lange Zeit<br />

für das Metropolitan Museum of New<br />

York tätig.<br />

42 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

Deutsche Gesellschaft<br />

für Photographie<br />

veranstaltet<br />

internationale Tagung<br />

zum 175-jährigen<br />

Jubiläum der<br />

Photographie<br />

Unter dem Titel Missing Links & Forschungslücken<br />

veranstaltet die Deutsche<br />

Gesellschaft für Photographie<br />

(DGPh) vom 6. bis 8. März <strong>2014</strong> im<br />

Auditorium der Berlinischen Galerie<br />

eine internationale interdisziplinäre<br />

Tagung zum 175-jährigen Jubiläum der<br />

Photographie.<br />

Wo liegen die weißen Flecken auf<br />

der Landkarte der Photographiegeschichte?<br />

Welches sind die einerseits heute dringend<br />

erscheinenden Desiderate und<br />

andererseits geeignete neue Ansätze,<br />

um der Photographieforschung neue<br />

Richtungen zu eröffnen? Welche Wendepunkte<br />

gab es in der 175-jährigen<br />

Geschichte der Photographie wirklich?<br />

Und wie ist der als so tiefgreifend empfundene<br />

Wandel des Mediums seit der<br />

Digitalisierung aus historischer Perspektive<br />

einzuordnen und zu bewerten?<br />

Wo gab und gibt es in der Geschichte<br />

des Mediums Photographie »Missing<br />

Links«, die Neuorientierungen, aber<br />

auch Sackgassen und »Fehlentwicklungen«<br />

aufzeigen und erklären können?<br />

Die DGPh nutzt das 175-jährige Jubiläum<br />

der Photographie im Jahr <strong>2014</strong> zu<br />

einer Annäherung an diese Fragen. Im<br />

Rahmen ihres dreitägigen, mit international<br />

hochkarätigen Referentinnen und<br />

Referenten besetzten Symposiums soll<br />

anhand von Fallbeispielen schlaglichtartig<br />

die ganze Bandbreite des Mediums<br />

aufgerufen werden.<br />

Die DGPh mit ihren sechs ganz unterschiedlichen<br />

Schwerpunkten – organisiert<br />

in den Sektionen Bild, Bildung,<br />

Geschichte und Archive, Kunst - Markt<br />

- Recht, Medizin- und Wissenschaftsphotographie<br />

sowie Wissenschaft und<br />

Technik – ist dazu hervorragend aufgestellt.<br />

In die Betrachtung soll sowohl die<br />

Vergangenheit als auch die Gegenwart<br />

einbezogen werden, unter Umständen<br />

können sogar Prognosen für mögliche<br />

zukünftige Entwicklungen der Photographie<br />

entworfen werden.<br />

Die Tagung versammelt in exemplarischen<br />

Fallstudien die ganze<br />

Bandbreite der Forschungen zur<br />

Photographie(geschichte) in Theorie<br />

und Anwendung, die heute zumeist in<br />

separate Felder aufgeteilt ist und deren<br />

Vertreterinnen und Vertreter kaum mehr<br />

im Austausch miteinander stehen. Aber<br />

gerade dieser Austausch, der hier angestrebt<br />

wird, ermöglicht neue Sichtweisen,<br />

das Erkennen neuer Forschungsfelder<br />

und die Möglichkeit, sich heute<br />

den als solchen wahrgenommenen Missing<br />

Links & Forschungslücken anzunähern.<br />

Die intensive Diskussion der<br />

Vorträge, die bedeutende Vertreter der<br />

unterschiedlichsten Bereiche zugesagt<br />

haben, steht im Zentrum der Tagung.<br />

Die DGPh als zentraler Verein, der sich<br />

vorrangig für die kulturellen Belange<br />

der Photographie und verwandter Bildmedien<br />

einsetzt, ist dazu prädestiniert,<br />

einen solchen Austausch zur 175-jährigen<br />

Geschichte und zu künftigen Perspektiven<br />

des Mediums zu ermöglichen.<br />

Der genaue Tagungsablauf wird in<br />

Kürze auf der Webseite der DGPh<br />

bekannt gemacht werden. Anmeldungen<br />

werden ab sofort online entgegengenommen.<br />

Diese Pressemitteilung zum Download<br />

unter:<br />

http://www.dgph.de/presse_news/<br />

Weitere Informationen zum Symposium<br />

Missing Links & Forschungslücken und<br />

zur Deutschen Gesellschaft für Photographie<br />

unter:<br />

www.dgph.de<br />

Gudrun Angelika<br />

Hoffmann<br />

»Nackte Verfremdung«<br />

Malerei in Öl und Acryl<br />

Alle Bilder basieren auf Aktstudien an<br />

lebenden Modellen. Die Bildnisse vermitteln<br />

einen freien, anmutigen Umgang<br />

mit dem Thema der Nacktheit.<br />

Weitere Sujets expressiver, abstrakter<br />

Werke unter:<br />

www.Gudrun-Angelika-Hoffmann.de<br />

Die Aktgalerie präsentiert mit Gudrun<br />

Angelika Hoffmann eine Stahnsdorfer<br />

Kunstmalerin. Sie benutzt Öl und Acrylfarben<br />

für ihre Aktbilder. Die Ölbilder<br />

basieren auf einer Renaissancetechnik<br />

des Mittelalters. Dadurch erhalten die<br />

Körper eine durchscheinende, greifbare<br />

Realität, die z.T. mit einer modernen<br />

Technik verfremdet wird.<br />

Die Acrylwerke sind von der expressiven<br />

Arbeitsweise der Künstlerin geprägt.<br />

© Gudrun Angelika Hoffmann, (O.i.F.)<br />

Vernissage<br />

7. März <strong>2014</strong> um 19 Uhr<br />

7. März bis 30. März <strong>2014</strong><br />

Die Aktgalerie<br />

Krossener Straße 34<br />

10245 Berlin- Friedrichshain<br />

Fr., Sa., So.<br />

16 – 20 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

43


Fotoszene<br />

Fotokunst verkaufen<br />

mit Luxad<br />

17 Ausstellungen in drei Jahren Luxad<br />

haben bei mir wertvolle Eindrücke und<br />

Erkentnisse hinterlassen. Unter anderem<br />

habe ich erkannt, dass ein Großteil<br />

der Interessenten und Käufer aus dem<br />

Umfeld der Künstler selbst stammt und<br />

es im Grunde nicht sein kann, dass Fotokunst<br />

zum Verkaufen in eine Form aus<br />

Ausstellungsort, -dauer und -umfang<br />

reduziert wird. Die angemessene, freie<br />

und dauerhafte Präsentation der Werke<br />

gelingt nur den Fotokünstlern selbst.<br />

Im Sommer 2013 war die Idee geboren,<br />

das klassische Ausstellungskonzept<br />

im Luxad komplett abzulösen und mit<br />

einem neuen, innovativen Fotokunst-<br />

Konzept zu starten.<br />

Kernstück des Konzepts ist der direkte<br />

Verkauf von Fotografien in Kombination<br />

mit Bilderrahmen über den Onlineshop.<br />

Das System ist dabei so angelegt, dass es<br />

Fotografien direkt von den Internetseiten<br />

der Künstler verkaufen kann und dabei<br />

ohne ein separates Anlegen und Verwalten<br />

der Fotografien auskommt. Ein<br />

simpler »Link« je Fotografie reicht jetzt<br />

aus, um sie bestellbar zu machen. Die<br />

Fotokünstler bleiben weiterhin völlig<br />

frei in Präsentation und Angebot und<br />

erweitern ihre Portfolien lediglich um<br />

den neuen Verkaufslink. Durch den Einsatz<br />

auf den Webseiten der Fotokünstler<br />

ergeben sich automatisch völlig neue<br />

Möglichkeiten, denn nur wer den Link<br />

sieht, kann das Werk bestellen.<br />

Die Künstler bestimmen ihren individuellen<br />

Preis pro Quadratzentimeter,<br />

woraus sich die Preise für verschiedene<br />

Bildgrößen ergeben.<br />

Das Konzept kommt ohne Grundgebühr<br />

aus. Lediglich ein fairer Abzug<br />

vom Bildpreis wird berechnet, um damit<br />

unter anderem die Kosten für den Fotodruck<br />

abzudecken. Teilnehmen kann<br />

jeder, der seine Fotos im Internet präsentiert.<br />

Eine Anmeldung als Fotokünstler<br />

ist erforderlich.<br />

© Andreas David<br />

© Andreas David<br />

Im Laden finden Besucher ein Fotokunst-<br />

Regal mit bereits eingerahmter Fotokunst<br />

von verschiedenen Künstlern zur<br />

sofortigen Mitnahme. Es wird regelmäßig<br />

in Zusammenarbeit mit den Künstlern<br />

befüllt und präsentiert in erster Linie<br />

die Fotokunst, die bereits über den Onlineshop<br />

verkauft wurde.<br />

Ausführliche Informationen für Fotografinnen<br />

und Fotografen sind zu finden<br />

unter:<br />

www.luxad.de/fotokunst/verkaufen/.<br />

Die vollständige Schnittstellenbeschreibung<br />

mit Beispielen kann unter:<br />

www.luxad.de/api/ abgerufen werden.<br />

© Andreas David<br />

Luxad<br />

Mommenstraße 42 (rechs)<br />

10629 Berlin-Charlottenburg<br />

Mo – Fr<br />

Sa<br />

10 – 19 Uhr<br />

12 – 18 Uhr<br />

44 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

6. Europäischer<br />

Monat der Fotografie<br />

16. Oktober bis<br />

16. November <strong>2014</strong><br />

Der 6. Europäische Monat der Fotografie<br />

Berlin findet vom 16. Oktober bis<br />

16. November <strong>2014</strong> an verschiedenen<br />

Orten der Stadt statt. Das Thema lautet:<br />

Umbrüche und Utopien. Das andere<br />

Europa. Die kuratorische Leitung des<br />

alle zwei Jahre stattfindenden Fotofestivals<br />

übernimmt der Berliner Kurator und<br />

Kunsthistoriker Frank Wagner.<br />

In den letzten hundert Jahren hat sich<br />

Europa, wie wir es heute kennen, ständig<br />

verändert. Vielfältige Zäsuren, darunter<br />

die beiden Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise<br />

1929, die Gründung der<br />

beiden deutschen Staaten und die friedliche<br />

Revolution von 1989, haben sein<br />

Bild immer wieder neu geprägt. Was<br />

verstehen wir heute unter Europa im<br />

Unterschied zu damals?<br />

Krieg, Freiheit, Jubel, Protest, Stillstand,<br />

Krise, das Entdecken neuer und alter<br />

Kulturen, Gleichberechtigung, Toleranz,<br />

Identität, Intimität, Glaube, Sexualität,<br />

Mode und Alltag sind einige der<br />

Aspekte, die das Miteinander in Europa<br />

formen und die beim Festival zum<br />

Tragen kommen. Häufig wird Europa<br />

über seine Begrenzungen definiert.<br />

Das wirft Fragen auf: Wie werden die<br />

extremen wie auch die allmählichen<br />

Umbrüche und Verwerfungen erlebt?<br />

Welche Utopien prägen unser Bild von<br />

der Zukunft? Welche Perspektiven tun<br />

sich auf?<br />

Der 6. Europäische Monat der Fotografie<br />

geht auf Entdeckungsreise und reagiert<br />

auf diese Fragen mit historischen<br />

und zeitgenössischen Ausstellungen.<br />

Frank Wagner lebt und arbeitet als<br />

Kunsthistoriker und freier Kurator in<br />

Berlin. 2012 kuratierte er eine fundamentale<br />

Ausstellung zum Werk des chilenischen<br />

Künstlers Alfredo Jaar, die parallel<br />

in drei Kunstinstitutionen in Berlin<br />

stattfand: Alte Nationalgalerie, Berlinische<br />

Galerie und neue Gesellschaft für<br />

bildende Kunst (nGbK). Von 2009 bis<br />

2013 betreute Frank Wagner die Ausstellungen<br />

zum Arbeitsstipendium Bildende<br />

Kunst des Landes Berlin in der<br />

nGbK, in deren RealismusStudio er seit<br />

1985 Mitglied ist. In seiner fast 30-jährigen<br />

Tätigkeit als Kurator hat Frank<br />

Wagner an vielen Institutionen Ausstellungen<br />

verantwortet, so z.B. am Cobra<br />

Museum – Museum for Modern Art in<br />

Amsterdam/Amstelveen, am Museum<br />

Ludwig in Köln und im Hamburger<br />

Bahnhof – Museum für Gegenwart –<br />

in Berlin (u. a. eine Retrospektive über<br />

Felix Gonzalez-Torres), und mit vielen<br />

Künstlern zusammengearbeitet, darunter<br />

Group Material, General Idea, Barbrara<br />

Kruger, Allan Sekula, Rineke Dijkstra,<br />

Robert Gober, Katharina Sieverding,<br />

Stan Douglas, Miriam Cahn, Cady<br />

Noland, Hanne Darboven, Marlene<br />

Dumas, Hans Haacke, Monica Bonvicini<br />

und John Miller. Seine Ausstellung<br />

in der nGbK Berlin mit Projektionen und<br />

Fotoarbeiten von Klaus Mettig wurde<br />

2010 in erweiterter Form in das Museum<br />

Kunstpalast in Düsseldorf übernommen.<br />

»Das achte Feld«, die erste deutsche<br />

Museumsschau zur sexuellen Diversität<br />

in der Kunst seit 1960 (2006 Museum<br />

Ludwig, Köln) zeigte Serien bedeutender<br />

Fotografen, darunter Claude Cahun<br />

und Brassaï, Diane Arbus, Nan Goldin,<br />

Cindy Sherman, Peter Hujar und Wolfgang<br />

Tillmans. 2003 präsentierte er mit<br />

Hildtrud Ebert die Retrospektive »VALIE<br />

EXPORT – Mediale Anagramme« in der<br />

Akademie der Künste Berlin und stellte<br />

eine Retrospektive zum filmischen Werk<br />

Yoko Onos zusammen, 2002 kuratierte<br />

er eine Retrospektive über Sanja Ivekovic.<br />

1987 war Frank Wagner als Projektleiter<br />

und Redakteur (gemeinsam mit<br />

Klaus Behnken) für die bahnbrechende<br />

Ausstellung und das Buch »Inszenierung<br />

der Macht – Ästhetische Faszination<br />

im Faschismus« verantwortlich.<br />

Pressekontakt: Gabriele Miketta, Tel.<br />

030-24749-732,<br />

pr@kulturprojekte-berlin.de<br />

Berichtigung<br />

In der letzten Ausgabe 4-2013 haben<br />

wir ein falsches Bild von Wolfgang<br />

Hiob (Seite 82) im Rahmen »50 Jahre<br />

Colorclub Berlin-Treptow) veröffentlicht.<br />

Wir bitten um Entschuldigung!<br />

© Wolfgang Hiob, (Original in Farbe)<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

45


Ausstellungen<br />

Andreas Adam<br />

»Die Sonne scheint,<br />

da geht eine Frau und<br />

alles ist gut«<br />

Auf den Spuren Elizabeth von Arnims<br />

auf Rügen<br />

Ein Rügenurlaub im Jahr 2013 war Anlass,<br />

sich auf Spurensuche zu begeben.<br />

In den Jahren 1897/98 sowie 1901 nämlich<br />

hatte die Schriftstellerin Elizabeth<br />

von Arnim (1866 – 1941) die Sommermonate<br />

auf dieser Insel verbracht<br />

und ihre Beobachtungen und Erlebnisse<br />

in den autobiografisch gefärbten<br />

Roman »Elizabeth auf Rügen« einfließen<br />

lassen.<br />

Ihre (Kutsch)fahrt führte sie damals vom<br />

Süden der Insel an der Ostküste entlang,<br />

vorbei an Sellin, Binz und Saßnitz hoch<br />

bis Kap Arkona und nach Hiddensee.<br />

© Andreas Adam, »Pavillon, Seebrücke Sellin«<br />

Begegnungen mit einem englischen<br />

Verehrer und seiner Mutter, insbesondere<br />

aber mit ihrer emanzipationsmissionarischen<br />

Cousine Charlotte, die sich<br />

auf der Flucht vor ihrem älteren Mann,<br />

einem Professor und notorischen Charmeur,<br />

befindet, werden auf amüsante<br />

Art geschildert.<br />

Wie würde es um die Schauplätze von<br />

einst heute, gut 110 Jahre später, bestellt<br />

sein?<br />

Um das herauszufinden, wurden ausgewählte<br />

Stationen der Reise aufgesucht<br />

und abgelichtet.<br />

Einige davon waren tadellos erhalten<br />

und nahezu unverändert, an anderen<br />

hatte deutlich der Zahn der Zeit<br />

genagt.<br />

So war beispielsweise die »Bretterbrücke«<br />

in Lauterbach, dem Ort, wo »das<br />

Baden am schönsten« und an dem Elizabeth<br />

»am glücklichsten« war, überraschenderweise<br />

noch als Relikt vorhanden<br />

- den »Bonbon-Automaten in<br />

Gestalt einer brütenden Henne«, allerdings,<br />

gibt es nur noch in der vergnüglichen<br />

Sommerlektüre zu entdecken…<br />

Andreas Adam<br />

© Andreas Adam, »Da geht eine Frau«, (O.i.F.) © Andreas Adam, »Die Bretterbrücke«, (O.i.F.)<br />

© Andreas Adam, »Hünengrab«,<br />

Lancken-Granitz (O.i.F.)<br />

© Andreas Adam, »Badehaus Goor«, Lauterbach<br />

Vernissage:<br />

21. Januar <strong>2014</strong>, 16.30 Uhr<br />

21. Januar bis 14. März <strong>2014</strong><br />

GDA Wohnstift Göttingen<br />

Charlottenburger Straße 19<br />

37085 Göttingen<br />

täglich von 08 – 20 Uhr<br />

46 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Ausstellungen<br />

JEFF WALL<br />

IN MÜNCHEN<br />

Wie kaum ein anderer Künstler seiner<br />

Generation hat der Kanadier Jeff Wall<br />

(geb. 1946) die Möglichkeiten bildnerischer<br />

Gestaltung, die Grenzen zwischen<br />

den Gattungen Malerei, Fotografie,<br />

Skulptur und Film, zwischenFiktion<br />

und Realität thematisiert und das fotografische<br />

Bild neu definiert. München<br />

hat sich früh zu einem Zentrum der Jeff<br />

Wall-Rezeption entwickelt, bereits seit<br />

den frühen 1980er Jahren war sein Werk<br />

hier präsent, wurde ausgestellt, gesammelt<br />

und publiziert.<br />

Die Ausstellung, die in enger Zusammenarbeit<br />

mit dem Künstler entsteht,<br />

vereint erstmals die in Münchner Sammlungen<br />

vertretenen Arbeiten. Vor allem<br />

in den 1980er und 1990er Jahren entstanden,<br />

gibt diese 19 Werke umfassende<br />

Auswahl einen pointierten Überblick<br />

über die wichtigsten Aspekte<br />

in Jeff Walls Schaffen, teils mit heute<br />

berühmten, oftmals gezeigten Arbeiten<br />

wie »The Thinker« oder »Restoration«,<br />

aber auch durch Werke, die zu den<br />

weniger bekannten und selten gezeigten<br />

zählen.<br />

Jeff Wall, The Thinker, 1986, transparency in lightbox, 239 x 216 cm<br />

Collection Lothar Schirmer, Munich, Courtesy of the artist, © Jeff Wall, (Original in Farbe)<br />

Zur Ausstellung erscheint ein Katalogbuch<br />

im Schirmer/Mosel Verlag.<br />

Ein vielfältiges Rahmenprogramm mit<br />

Führungen, Workshops, Vorträgen und<br />

Filmen begleitet die Ausstellung. Für die<br />

Ausstellung hat Jeff Wall zudem eine<br />

Matinée mit europäischen und amerikanischen<br />

Autorenfilmen zusammengestellt.<br />

Die einzelnen Filme werden<br />

jeweils am 2. Sonntag des Monats zu<br />

sehen sein.<br />

Kuratorin: Inka Graeve Ingelmann<br />

Die Ausstellung wird gefördert durch<br />

den Deutschen Sparkassen- und Giroverband<br />

und PIN. Freunde der Pinakothek<br />

der Moderne e.V.<br />

Jeff Wall, The Smoker, 1986, transparency in<br />

lightbox, 87,5 x 104 cm Collection Christa<br />

Döttinger Courtesy of the artist, © Jeff Wall,<br />

(Original in Farbe)<br />

Jeff Wall, A Donkey in Blackpool, 1999<br />

transparency in lightbox, 195 x 244 cm<br />

Collection Lothar Schirmer, Munich, Courtesy<br />

of the artist, © Jeff Wall,<br />

(Original in Farbe)<br />

bis 9. März <strong>2014</strong><br />

Pinakothek der Moderne<br />

Barer Straße 40<br />

80333 München<br />

Di – So<br />

Do<br />

10 – 18 Uhr<br />

10 – 20 Uhr<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

47


Fotoszene<br />

»DIE<br />

EXHIBITIONISTEN<br />

BEGEGNEN DEN<br />

VOYEUREN AUF<br />

EINER EBENE.«<br />

EIN GESPRÄCH<br />

ÜBER DIE<br />

ZEITGENÖSSISCHE<br />

AKTFOTOGRAFIE<br />

ZWISCHEN DEM<br />

FOTOHISTORIKER<br />

KLAUS HONNEF<br />

UND DEM<br />

FOTOGRAFEN<br />

PEPPER VOM APRIL<br />

2013.<br />

Pepper: In Ihrem aktuellen Beitrag für<br />

die Kunstzeitung beschreiben Sie den<br />

Bedeutungswandel der Aktfotografie<br />

und ihre in Ihren Augen zunehmende<br />

Seichtheit und Gleichförmigkeit. Sie<br />

vermissen innovative und mutige Künstler<br />

und Fotografen, die Tabus zu brechen<br />

oder ästhetische und gesellschaftliche<br />

Impulse zu geben in der Lage sind.<br />

Dabei haben Sie mit Ryan McGinley ja<br />

selbst einen Namen genannt, der eine<br />

wohltuende Frische in das Sujet bringt,<br />

auch ganz ohne Tabubruch. Ich sehe<br />

die Situation nicht so verfahren wie Sie,<br />

denn neben all den, ich will mal sagen,<br />

Mainstreamfotografen, gibt es, wie es ja<br />

immer der Fall war, auch Ausnahmeerscheinungen.<br />

Denken Sie zum Beispiel<br />

an Jürgen Teller, der, aus der Modefotografie<br />

kommend, sich nackt auf einem<br />

Flügel rekelnd, in seiner Korpulenz<br />

selbst portraitiert. Das ist doch eine<br />

Position, die nicht gekünstelt ist sondern<br />

ehrlich und authentisch. Ein paar<br />

solche Persönlichkeiten reichen doch<br />

völlig aus, um sagen zu können, die Aktfotografie<br />

bringt nach wie vor Spannendes<br />

hervor, auch in unserer Zeit.<br />

Klaus Honnef: Ich halte es mit meinem<br />

Lehrer René König. Auch die Haltung<br />

der Nackten am Strand ist keineswegs<br />

ursprünglich, sondern »parure«, ist<br />

Ausdruck eines kulturellen Gepräges,<br />

gehorcht den umfassenden Gesetzen<br />

der Mode. Was derzeit in den fortgeschrittenen<br />

Konsum- und Mediengesellschaften<br />

sichtbar wird, gibt ihm recht.<br />

Der nackte Körper ist sogar längst zu<br />

einer Art undurchsichtigem Anzug<br />

geworden, dessen Erscheinungsbild<br />

man unbekümmert mit Hilfe von Sport,<br />

Diäten und chirurgischem Besteck nach<br />

Gutdünken modelliert wie eine Figur<br />

aus Ton. Die ostentativ und massenhaft<br />

zur Schau gestellte Nacktheit hat<br />

ihn förmlich entmenschlicht, indem<br />

er ihn entsexualisiert und enterotisiert<br />

hat, so dass er längst das Gegenteil von<br />

Authentizität »verkörpert«. Der scheinbar<br />

auf ewig jung gestylte menschliche<br />

Körper weist nur auf die makellosen<br />

Körper der »Hubots«, der künstlichen<br />

Menschen (Robotern), voraus, die<br />

im Fernsehen oder Kino zirkulieren: klischeehaft<br />

schön, sauber, mechanisch –<br />

und dienstbar. Dass sich in ihnen auch<br />

Gefühle entwickeln, bildet den utopischen<br />

Ausblick. Dass die Fotografie<br />

diesem Prozess auf dem Weg in die<br />

Künstlichkeit, dessen Komplize sie ist<br />

und war, etwas entgegen setzten kann<br />

(und wird), sehe ich nicht.<br />

Pepper: Oh, das sehe ich aber anders,<br />

zumindest in einigen Punkten. Ohne<br />

Zweifel ändert sich das Bild des Körpers<br />

durch die Konsum- und Mediengesellschaft.<br />

Das ist aber kein neues Phänomen,<br />

sondern Veränderung findet<br />

immer statt und wird es auch in Zukunft<br />

geben. Auch dass die massenhafte Darstellung<br />

des Körpers, also des nackten<br />

Körpers bis hin zur Pornografie enterotisierend<br />

wirkt, kann ich zumindest<br />

für mich nicht behaupten. Doch ich<br />

will wieder konkret zurück zur künstlerischen<br />

Fotografie kommen. Klar,<br />

dadurch, dass heute alles möglich ist,<br />

schockiert vieles auch nicht mehr. Ein<br />

Robert Mapplethorpe könnte heutzutage<br />

nicht mehr seine Karriere mit Aufnahmen<br />

aus dem schwulen S/M-Milieu<br />

starten, weil die nicht mehr einzigartig<br />

wären. Mapplethorpe hatte für seine<br />

Themata das, na, sagen wir mal Glück<br />

in einer Zeit zu leben, in der Sexualität<br />

durch starke Tabus, gesellschaftliche<br />

Vorurteile und auch Gesetze eine<br />

enge Eingrenzung erfuhr. Da fielen<br />

seine Arbeiten auf und wurden kontrovers<br />

debattiert. Das hat seine Karriere<br />

beflügelt, er wurde international<br />

rezipiert. Im Langzeitgedächtnis hingegen<br />

sind seine am klassischen Ideal<br />

ausgerichteten Akte und seine Blumenstillleben<br />

stärker verankert. Also nicht<br />

das Kontroverse Werk. Und seien wir<br />

ehrlich, längst nicht alles was Mapplethorpe<br />

fotografiert hat war herausragend<br />

sondern einfach nett anzusehen.<br />

Denken Sie an das Buch über seine<br />

langjährige gute Freundin Liza Lyon.<br />

Aus heutiger Sicht ist der größte Teil<br />

dieser Bilder banal und langweilig.<br />

Aber das ist doch Ok so, die Gesellschaft<br />

geht weiter, die Interessen und<br />

Ansichten ändern sich und eine neue<br />

Generation von Fotografen sucht sich<br />

ihre Themen und bemüht sich um neue<br />

Aspekte. Wenn wir dann mal eine Zeit<br />

der netten Bilder erleben ist es eben<br />

so. Irgendwann ist es den Leuten langweilig<br />

und dann kommt etwas Neues.<br />

Man muss auch nicht krampfhaft<br />

einen Tabubruch hervorzaubern. Das<br />

hat jetzt zwar nichts mit Fotografie zu<br />

tun, aber ich denke gerade an Santiago<br />

Sierra, der in einer seiner Aktionen vier<br />

drogensüchtigen Prostituierten eine<br />

Linie auf ihren Rücken hat tätowieren<br />

lassen und ihnen dafür den Gegenwert<br />

für einen Schuss Heroin gezahlt hat. Er<br />

und ein Großteil der Kunstkritik halten<br />

diese Aktion für eine großartige provokante<br />

Gesellschaftskritik. Ich finde sie<br />

nur ekelhaft und dekadent, denn Sierra<br />

bringt Frauen dazu sich selbst zu verstümmeln,<br />

ihren Körper, mit dem Sie<br />

ihr Leben finanzieren, zu verunstalten.<br />

Das ist die Aktion eines wohlhabenden,<br />

satten Menschen der sich selbst<br />

auf Kosten anderer in den Mittelpunkt<br />

stellt. Kritik lässt sich auch anders formulieren.<br />

Also, ich finde nicht, dass<br />

Kunst und Fotografie einem Prozess<br />

auf Teufel komm raus etwas entgegen<br />

stellen muss. Sobald die L’Art pour l’Art<br />

Attitüde in der Aktfotografie langweilt,<br />

48 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

Klaus Honnef im Gespräch mit Helmut Newton während der von ihm kuratierten Ausstellung<br />

»Helmut Newton« im Rheinischen Landesmuseum Bonn, 1987. © Walter G. Müller, DGPh<br />

wird der Blick der suchenden Konsumenten,<br />

Kritiker und Kuratoren schon<br />

die Positionen herauspicken, auf die es<br />

in der nächsten Dekade ankommt.<br />

Klaus Honnef: Dass sich das Verhältnis<br />

zum Körper vollständig versachlicht hat,<br />

dass der Körper inzwischen als eine Art<br />

Maschine begriffen wird, die sich tendenziell<br />

bei entsprechender Behandlung<br />

regenerieren lässt, ist schon etwas<br />

Neues in der Menschheitsgeschichte<br />

und hat einschneidende Auswirkungen<br />

auf seine Darstellung im Bild. Damit<br />

schwindet im Prinzip schon der essentielle<br />

Unterschied zwischen Körper und<br />

Bild. Der Körper wird in letzter Konsequenz<br />

selbst zum Bild. Das Bedürfnis,<br />

ihn halb oder ganz nackt in der Öffentlichkeit<br />

zu zeigen, wie es von Sommer<br />

zu Sommer in ansteigender Form zu<br />

erleben ist, wobei dieses demonstrative<br />

Zeigen nicht als Appell, ihn zu berühren,<br />

missverstanden werden darf, illustriert<br />

die Sache hinreichend. Noli me<br />

tangere. Nur tiefe Blicke sind gestattet.<br />

Die Exhibitionisten begegnen den<br />

Voyeuren auf einer Ebene des symbolischen<br />

Austauschs – take and give. Laut<br />

»Spiegel« soll ja Autoerotik das Gebot<br />

der Stunde sein, ebenfalls mit steigender<br />

Intensität. In den Bildern von<br />

Robert Mapplethorpe tut sich dagegen<br />

noch die skandalisierende Kluft zwischen<br />

dem klassischen Ideal der Kalokagathie,<br />

des schönen Geistes im schönen<br />

Körper, und der abgründigen Seite<br />

(s)einer exzessiven sexuellen Begierde<br />

auf. Mit dem Schwinden der humanistischen<br />

Bildung geht allerdings der Sinn<br />

für diese kühne Art der Provokation verloren.<br />

Im sterilen Körper der neueren<br />

Aktfotografie ist das dunkle, das animalische<br />

Element des Menschseins gleichsam<br />

wegoperiert – mit Hilfe der digitalen<br />

Technik kein Problem und schmerzfrei.<br />

Narben sind nicht (mehr) zu sehen<br />

oder andere kosmetische »Unvollkommenheiten«.<br />

Übrig bleiben mehr oder<br />

minder attraktive Menschen in mehr<br />

oder minder künstlichen Verrenkungen.<br />

Ich habe nichts gegen hübsche Dekoration.<br />

Doch klinisch saubere Bilder schöner<br />

Frauen, schöner Männer in dekorativer<br />

Hin-Richtung finde ich eher belanglos<br />

und total unnatürlich.<br />

Pepper: Aber wieder sprechen Sie von<br />

der Masse und negieren, dass es immer<br />

auch Fotografen und Künstler gibt, die<br />

diesem Trend in keinster Weise folgen.<br />

Im vergangenen Jahr habe ich Bilder<br />

der Fotografin Benita Suchodrev gesehen,<br />

die Frauen um die 50 gebeten hat,<br />

sich erotisch bis nackt zu inszenieren,<br />

also Frauen, die bereits einen Großteil<br />

ihres Lebens hinter sich haben und<br />

die Narben der Zeit auf dem Körper<br />

tragen. Das sind keine exhibitionistischen<br />

Bilder und stehen völlig gegen<br />

den Trend, der in Hochglanzmagazinen<br />

präsentiert wird. Das sind Statements<br />

von Frauen, die sagen; hier bin ich, so<br />

sehe ich aus, ich bin auch noch da. Und<br />

ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie,<br />

der sie so viel unterwegs sind und so<br />

viel zu Gesicht bekommen, nicht auch<br />

die eine oder andere Position entdecken,<br />

von der Sie sagen: wunderbar,<br />

die Aktfotografie gebe ich noch nicht<br />

völlig verloren.<br />

Klaus Honnef: Natürlich sind auch die<br />

Bilder von Frau Suchodrev im Prinzip<br />

exhibitionistische Bilder. Dagegen ist<br />

auch nichts zu sagen, es ist unvermeidlich,<br />

ebenso, dass sie sich an unsere<br />

voyeuristischen Gefühle adressieren.<br />

Ich kenne die Bilder aber nicht. Deshalb<br />

kann ich mir auch kein Urteil über<br />

sie bilden. Dass viele Frauen über 50<br />

eine erheblich erotischere Ausstrahlung<br />

haben als die sterilen Puppen-<br />

Schönheiten im Alter zwischen 17 und<br />

22 der grassierenden Casting Shows<br />

– geschenkt. Im Kino feiern sie von<br />

Meryl Streep über Kristin Scott-Thomas<br />

und Catherine Deneuve bis Charlotte<br />

Rampling derzeit große Erfolge – wunderbar.<br />

Nick Knight und andere sind<br />

noch weiter gegangen und haben die<br />

erotische Kraft von behinderten Körpern<br />

gezeigt – ohne Schlüsselloch-Perspektive,<br />

aber mit einem Schuss von attraktiver<br />

Beunruhigung. »Bilder, die noch<br />

fehlten« hieß unsere Ausstellung mit ein<br />

paar unglaublich prägnanten und anziehenden<br />

Beispielen dieser Sorte von Bildern.<br />

Das Schlimme an der gegenwärtigen<br />

Aktfotografie ist ja, soweit ich es<br />

sehe, dass sie in jeder Beziehung »politically<br />

correct« ist. Und penetrant züchtig<br />

zugleich. Wie sich ja auch die sexuelle<br />

Praxis im deutschen Beamtenfernsehen<br />

nur noch in Hut und Mantel, in voller<br />

Montur vollzieht, reduziert auf ein gymnastisches<br />

Rubbeln, also verzichtbar ist.<br />

Deshalb ist die momentane Aktfotografie<br />

auch so unerträglich langweilig – wie<br />

das meiste in der Kunst und der Kunstfotografie.<br />

Leider. In den großen Museen<br />

der Welt geht in den Abteilungen für<br />

die Kunst und Kultur vor Aufbruch der<br />

Moderne, die »alte Kunst« also, die Post<br />

erheblich vehementer ab. Ein Vergleich<br />

lohnt, ist aber für viele Aktfotografen<br />

deprimierend. Vom Gegenteil ließe ich<br />

mich allzu gerne überzeugen.<br />

Pepper: Ach, ich glaube nicht, dass<br />

das für die so deprimierend ist, viele<br />

werden das eher ignorieren. Aber die,<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

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Fotoszene<br />

die ein waches Auge haben, finden vielleicht<br />

Inspiration in diesen Museumsabteilungen,<br />

die ja auch Ethnologische<br />

Departments mit einschließen. Haben<br />

Sie denn gerade einen heißen Tipp, was<br />

man sich unbedingt anschauen sollte?<br />

Manchmal muss man ja auf etwas gestoßen<br />

werden.<br />

Klaus Honnef: Ich befürchte, im ersten<br />

Fall haben Sie recht. Wer sich allerdings<br />

in den Bildentwürfen der Vergangenheit<br />

umtut, egal ob in Kunst- oder Ethnologie-Museen,<br />

und sich inspirieren lässt,<br />

läuft Gefahr, die Grenzen dessen, was<br />

»politically correct« vorschreibt, zu verletzen.<br />

Der Kunst täte das gut, den Urhebern<br />

vermutlich weniger.<br />

Einen heißen Tipp zur Anschauung? Die<br />

Kunstgeschichte in den Museen der Welt<br />

– Prado, Louvre, Eremitage, die National<br />

Galerien von London und Washington,<br />

nicht zu vergessen die Gemäldegalerie<br />

in Berlin, so lange Kuratorenhochmut<br />

sie nicht zerstört, und in der allfälligen<br />

Literatur. In puncto erotischer<br />

Kunst, ein etwas umfassenderes Gebiet<br />

als die Gattung des Aktes, immer noch<br />

die vielen Bücher des Sammlers Eduard<br />

Fuchs. Vor allem wegen der immensen<br />

Fülle der leider schlecht reproduzierten<br />

Abbildungen, auch wenn die umfangreichen<br />

Analysen des Autors nur noch<br />

in Grenzen zeitgemäß sind. Nicht vergessen<br />

sollte man aber auch, dass der<br />

nackte Körper früher nicht allein erotisch-sexuelle<br />

Assoziationen auslösen<br />

sollte, sondern gerade in der christlichen<br />

Mythologie auch die Unschuld<br />

und Reinheit symbolisierte. Aus diesem<br />

Zwiespalt schlugen viele Künstler indes<br />

die ästhetischen Funken.<br />

Pepper: Gibt es für Sie gegenwärtige<br />

Aktfotografien, von denen Sie glauben,<br />

dass sie die Zeit überdauern werden?<br />

Es müssen jetzt nicht unbedingt Aufnahmen<br />

junger Fotografen und Fotografinnen<br />

sein.<br />

Klaus Honnef: Obwohl ich – im Rückblick<br />

– offenbar eine besondere Intuition<br />

für die Künstlerinnen und Künstler<br />

hatte, die fotografischen eingeschlossen,<br />

und deren Arbeiten bereits früh ausgestellt<br />

und kritisch gewürdigt habe, die<br />

inzwischen die visuellen Vorstellungen<br />

der Zeit maßgeblich prägen, bin<br />

ich alles andere als ein Prophet. Aus<br />

langer Erfahrung bin ich jedoch davon<br />

überzeugt, dass Bilder von Autoren, die<br />

selbst den anziehenden nackten Körper<br />

im Netz vieldeutigster Bezüglichkeiten<br />

zeigen, im Focus seiner hellen und<br />

dunklen Punkte, sowie den spezifischen<br />

Blick der Betrachter gleich mit thematisieren,<br />

die darüber hinaus noch ein<br />

Licht auf die kollektiven Erwartungen<br />

und Befindlichkeiten ihrer Zeit werfen,<br />

überdauern werden. Für die unmittelbare<br />

Vergangenheit wären das Bilder<br />

von u. a. Helmut Newton, Guy Bourdin,<br />

Bettina Rheims, Robert Mapplethorpe,<br />

Nan Goldin, Larry Sultan, Jürgen<br />

Teller, Miroslav Tichy´, Nobuyoshi Araki,<br />

Antoine D´Agata, Boris Mikhailov – und<br />

etliche andere, doch alle keine reinen<br />

Aktfotografen. Der Akt als Akt, als bloße<br />

Vergegenwärtigung eines nackten weiblichen<br />

oder männlichen Körpers, ist,<br />

glaube ich, kein herausforderndes Bildthema<br />

mehr.<br />

Pepper: Wie bewerten Sie eine Position<br />

wie die von Terry Richardson, der<br />

sich erfolgreich im Spektrum zwischen<br />

harter Pornografie und Modefotografie<br />

bewegt?<br />

Klaus Honnef: Grundsätzlich ist er einer<br />

der Fotografen, die realisieren, was ich<br />

von einem »notwendigen Bild« (Robert<br />

Bresson) erwarte. Seine Gefahr ist allerdings,<br />

dass er den Verlockungen des<br />

Kommerzes und des Spektakulären<br />

allzu oft nachgibt. Viele seiner Bilder<br />

fallen demzufolge ziemlich vordergründig<br />

aus und huldigen lediglich dem Voyeurismus,<br />

ohne dass sie jenes Quäntchen<br />

Erschrecken und Schaudern mitliefern,<br />

das sie von einer auf pornographische<br />

Elemente setzende Werbefotografie<br />

abhebt.<br />

Pepper: Ich denke, dass Richardson<br />

ein Phänomen unserer Zeit ist. Sexualität<br />

bis hin zur harten Pornografie<br />

ist heutzutage in unserer Gesellschaft<br />

kein Tabu mehr und wird von vielen<br />

auch nicht mehr als anstößig empfunden,<br />

was meiner Meinung nach auch<br />

in Ordnung ist. Interessant ist aber<br />

etwas, das mir eine befreundete Studentin<br />

kürzlich erzählt hat, nämlich<br />

dass etliche ihrer Kommilitonen und<br />

Kommilitoninnen gar nicht mehr in<br />

der Lage sind zwischen einem künstlerischen<br />

Akt und reiner Pornografie<br />

zu unterscheiden. Und genau deshalb,<br />

weil es immer häufiger keinerlei Unterscheidung<br />

mehr gibt, kann eine Person<br />

wie Richardson beispielsweise für ein<br />

Modelabel wie Sisley erfolgreich Kampagnen<br />

mit starken pornografischen<br />

Andeutungen fotografieren. Es irritiert<br />

dann auch keinen, dass er parallel<br />

dazu reine Pornografie, zum Teil mit<br />

ihm selbst als Akteur, in einem Buch<br />

wie »Kibosh« publiziert. Dabei ist das,<br />

was in »Kibosh« zu sehen ist grottenschlecht.<br />

Und ich wage zu bezweifeln,<br />

dass er in Zukunft wegen seiner Künstlerischen<br />

Qualität im Bewusstsein bleiben<br />

wird. Ich halte da einen Fotografen<br />

wie Nobuyoshi Araki für sehr viel interessanter.<br />

Klar, auch Araki macht viele<br />

banale pornografische Aufnahmen,<br />

aber sein Spektrum ist doch wesentlich<br />

vielschichtiger. »Tokyo Lucky Hole«<br />

beispielsweise geht über das Pornografische<br />

und Narzisstische hinaus –<br />

Araki zeigt sich darin ja auch selbst als<br />

teilnehmenden Akteur – weil es eine<br />

konsequente fotografische Dokumentation<br />

eines berühmten Rotlichtviertels<br />

in Tokyo ist. Auch etliche seiner<br />

Bondagefotos haben eine klare ästhetische<br />

Qualität und reichen über den<br />

bloßen Skandal und die reine Pornografie<br />

weit hinaus. Ich habe beispielsweise<br />

die Ausstellung »Kinbaku« in der<br />

Jablonka Galerie 2008 in Berlin noch<br />

in guter Erinnerung.<br />

Klaus Honnef: Womöglich haben Sie<br />

recht. Ich ziehe ebenfalls Araki vor.<br />

Er scheint ernsthafter und obsessiver<br />

zu sein. Richardson schielt mit einem<br />

Auge - nach meiner Ansicht - immer<br />

auf die Betrachter. Er will seine Bilder<br />

stets verkaufen, und da schreckt er<br />

offenbar vor nichts zurück. Andererseits<br />

ist sein Vorgehen symptomatisch<br />

für unsere auf Verkauf und Konsum versessene<br />

Gesellschaft. Als Dokumente<br />

einer primär konsumorientierten Einstellung<br />

sind seine Bilder außerordentlich<br />

signifikant. Wenn auch nicht mein<br />

Ding. Aber an diesem Beispiel lässt sich<br />

leicht illustrieren, wie unsere ästhetischen<br />

Urteilskategorien durch ästhetische<br />

Praxis ihre Griffigkeit eingebüßt<br />

haben. Niemand würde Richardsons<br />

Bilder unter dem Begriff »Doku-<br />

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Fotoszene<br />

Pepper, © Jan Sobottka, 2013, (O.i.F.)<br />

mentarfotografie« subsumieren. Dabei<br />

besteht kein Zweifel, dass sie »dokumentarisch«<br />

sind, weil sie das Inszenierte<br />

als Inszenierung sichtbar machen<br />

und nicht so tun als ob. Deshalb bin ich<br />

auch mit einer Bewertung vorsichtiger<br />

als Sie. Sie mögen von einem bestimmten<br />

ästhetischen Gesichtspunkt »grottenschlecht«<br />

sein. Gleichwohl waren<br />

»Bad Paintings« Ende des 20. Jahrhunderts<br />

ein wichtiger Beitrag der zeitgenössischen<br />

Malerei zur Bildkunst, weil sie<br />

mit herkömmlichen Konventionen brachen.<br />

Ich bereite gegenwärtig eine Rede<br />

über Andy Warhols Fotografien für eine<br />

Galerie in Zürich vor. Über den Künstler<br />

habe ich schon 1989 eine Monografie<br />

veröffentlicht, die in über zehn Sprachen<br />

übersetzt wurde und bisher x-Auflagen<br />

erreicht hat. Nicht von ungefähr.<br />

Denn ich habe beschrieben und analysiert,<br />

wie seine künstlerische Haltung<br />

und sein Werk die Maßstäbe der Kunst<br />

– Fotografie und Film eingeschlossen –<br />

regelrecht umgestürzt haben. Seither<br />

müssen wir unsere Maßstäbe auch in<br />

Sachen Aktfotografie völlig neu justieren.<br />

Und in puncto dieser Bestrebungen<br />

stehen wir noch ganz am Anfang.<br />

Pepper: Ja, da mag ich nun meinerseits<br />

etwas zu voreilig und impulsiv<br />

in meiner abschließenden Bewertung<br />

sein. Ich lasse mich da mal überraschen.<br />

Dass Sie jetzt über die Fotografie<br />

von Warhol reden werden, finde<br />

ich ja interessant. Ich hatte Ende der<br />

1990 Jahre in der Hamburger Kunsthalle<br />

eine Ausstellung über alle Aspekte<br />

der Fotografie in Warhols Gesamtwerk<br />

gesehen und war seinerzeit sehr beeindruckt.<br />

Welche Bedeutung hat die Warholsche<br />

Fotografie in Ihren Augen für<br />

die Gegenwart? Gehen von ihr noch<br />

wichtige Impulse aus?<br />

Klaus Honnef: Warhol hat die Kunst<br />

wie kein anderer Künstler der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts verändert. Er<br />

hat ihre Parameter geradezu umgepolt.<br />

Man kann die Kunst der letzten Jahrzehnte<br />

in eine Kunst vor und eine nach<br />

Warhol einteilen. Seither sind ästhetische<br />

Kriterien wie »gut gemacht« oder<br />

»gut gemalt« hinfällig, haben den gleichen<br />

Rang wie das inhaltsleere »gefällt<br />

mir« bei Facebook, haben als ästhetische<br />

Maßstäbe ausgedient. Warhol<br />

Impulse sind mit anderen Worten längst<br />

wirksam.<br />

Pepper: Unter anderem hat Warhol sich<br />

intensiv mit dem nackten, erotischen<br />

männlichen Körper auseinandergesetzt,<br />

auch ganz explizit mit dem männlichen<br />

Geschlechtsteil und dem Sexualakt, den<br />

er fotografiert und als Silkscreen veröffentlicht<br />

hat. Für Warhol war die Fotografie<br />

aber vor allem Ausgangspunkt für<br />

seine kommerziellen Portraits und für<br />

seine freien Arbeiten; die eigentlichen<br />

Werke waren dann die Bilder und Siebdrucke.<br />

Später hat er dann Berühmtheiten<br />

für seine Zeitschrift Interview<br />

fotografiert. Für mich sind es gerade<br />

die Fotografien Warhols, die in ihrer<br />

Authentizität und ihrem Materialcharakter<br />

noch heute betören.<br />

Klaus Honnef: Nachdem er die Madison<br />

Avenue und damit eine erfolgreiche<br />

Karriere als Designer aufgegeben<br />

hatte, um »freier« Künstler zu werden,<br />

unterschied Andy Warhol nie zwischen<br />

freier und Auftrags-Kunst. Ebenso<br />

wenig wie zwischen Fotografie, Malerei<br />

(meist ja Siebdruck), Skulptur, Film,<br />

Zeitschrift, zwischen malen, fotografieren,<br />

filmen, drucken, schreiben oder<br />

sammeln. »All is pretty«, einer seiner<br />

vielen inflationär zitierten Sätze, fasst<br />

seine Haltung präzis zusammen und<br />

bezieht sich nicht auf Äußerlichkeiten.<br />

Entsprechend gleichgültig waren<br />

ihm die Motive seiner ästhetischen<br />

Bearbeitungen. Mit ihm ist in der zeitgenössischen<br />

Kunst an Stelle des bürgerlichen<br />

Kunstgenies der coole Beobachter,<br />

Kommentator, Macher, Organisator<br />

(eher eine Haltung, die in der<br />

Fotografie zählt) getreten. Auch nicht<br />

mehr im Einzelbild äußert sich seither<br />

die Essenz des künstlerischen Wollens,<br />

sondern in der Bildserie, der Bildreihe.<br />

Warhols entscheidender Beitrag zur<br />

Kunstgeschichte ist, dass er den künstlichen<br />

Charakter der Kunst ernst genommen<br />

hat. So war Marilyn Monroe nie<br />

eine individuelle Person, sondern ein<br />

Geschöpf Hollywoods und als »Sexsymbol«<br />

ein Produkt millionenfacher (meist<br />

männlicher) Phantasie. Daran ist Norma<br />

Jean Baker zerbrochen. Indem Warhol<br />

sie zur Ikone erhob – zu ihren Lebzeiten<br />

gab es höher bezahlte weibliche Stars<br />

und berühmtere – hat er ihr gleichsam<br />

ein Stück Lebendigkeit zurückgegeben –<br />

um den Preis des Lebens allerdings.<br />

Pepper: Der männliche Akt ist in der<br />

öffentlichen Wahrnehmung nicht so<br />

verbreitet, obwohl er natürlich genau<br />

so existiert wie der weibliche. Im künstlerischen<br />

Bereich waren es seit den<br />

1960er Jahren unter anderem Robert<br />

Mapplethorpe, Arthur Tress, Duane<br />

Michals, Herb Ritts, Peter Hujar und<br />

ein paar andere, die hier neue Akzente<br />

gesetzt haben. Gibt es in ihren Augen<br />

eine unterschiedliche Entwicklung zwischen<br />

männlichem und weiblichem<br />

Akt? Also in den vergangenen Jahrzehnten.<br />

Klaus Honnef: Schwierige Frage. Ich<br />

sehe Unterschiede, bin aber ein Mann.<br />

Die männlichen Akte, die ich kenne und<br />

die vor allem von den Fotografen stammen,<br />

die Sie nennen, sind direkter, fordernder<br />

und vielleicht (????!!) weniger<br />

voyeuristisch als die weiblichen Akte,<br />

die Männer fotografiert haben. Vermutlich<br />

nur in einem anderen Sinne<br />

anziehend und verführerisch. Würde<br />

man jedoch ein Auto, das vorwiegend<br />

auf weibliche Käuferschicht zielt, mit<br />

einem halbausgezogenen Mann bewerben?<br />

Andererseits kenne ich von Fotografinnen<br />

fotografierte weibliche Akte,<br />

die sexuell herausfordernder, appellativer<br />

und abgründiger sind als die meisten<br />

von Fotografen fotografierten Akte.<br />

Ich kann die Frage also nicht mit einem<br />

klaren Ja oder Nein beantworten.<br />

www.klaushonnef.de<br />

www.pepperproject.de<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

51


Portfolio Christian Werner<br />

Christian Werner<br />

»Charcoal Children«<br />

Christian Werner is a freelance photographer<br />

based in Nordstemmen, Germany.<br />

As a teenager he developed his interest<br />

in photography while travelling to foreign<br />

countries.<br />

Since 2009 he’s studying photojournalism<br />

at the University of Applied Sciences<br />

in Hannover.<br />

His main interests are social diversity<br />

and global political issues. The areas of<br />

interest is mainly the arabic world and<br />

culture.<br />

Chris worked in various countries in<br />

Asia, Africa, Eastern Europe and South<br />

America.<br />

His work has been exhibited internationally.<br />

He welcomes assignments<br />

local and overseas and.<br />

Since 2012 Christian is represented by<br />

agency laif.<br />

Vita<br />

1987 – born in Hannover.<br />

2007 – final secondary-school examinations.<br />

2008 – seven-month practical course<br />

at the photography department of the<br />

newspaper »Neue Presse«, Hannover.<br />

2009 – begin of photojournalism study<br />

at the University of Applied Sciences in<br />

Hannover.<br />

2012 – represented by agency laif.<br />

2012 – four-month practical course at<br />

the photography and multimedia department<br />

of the magazine »DER SPIEGEL«,<br />

Hamburg.<br />

Awards<br />

2012, »BEST PORTFOLIO«- competition,<br />

3rd , Freundeskreis des Hauses<br />

der Photographie e.V.<br />

2012, Unicef Photo of the Year, Honorable<br />

Mention, Unicef.<br />

2013, Canon ProfiFoto Award 13/1,<br />

winner, Profifoto.<br />

2013, PDN photo annual, winner, Pdn<br />

photo annual.<br />

2013, px3 Prix de la Photographie Paris,<br />

gold medal, px3.<br />

2013, <strong>brennpunkt</strong> AWARD, winner,<br />

<strong>brennpunkt</strong> Magazin.<br />

© Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

2013, American Aperture Awards, 2 x<br />

winner, ax3.<br />

2013, dpa news talent, 2nd, dpa news<br />

talent<br />

2013, Axel-Springer-Preis, finalist, Axel-<br />

Springer-Preis.<br />

2013, Alexia Foundation Professional<br />

Grant, finalist, Alexia Foundation.<br />

2013, Eugene Smith Grant, finalist,<br />

Eugene Smith Memorial Fund.<br />

2013, Kindernothilfe Medienpreis,<br />

winner, Kindernothilfe.<br />

2013, Felix Schoeller Photo Award,<br />

nominated, FSPA.<br />

2013, JGS Photography Contest, runnerup,<br />

Forward Thinking Museum.<br />

2013, 68th College Photographer of the<br />

Year, gold + bronze medal, CPOY.<br />

2013, Fellowship 14, Commendation<br />

Award, Silver Eye Center for Photography.<br />

www.werner-photography.com<br />

Im Rahmen des »browse fotofestival<br />

berlin 2013«, wurde dieses Portfolio<br />

mit einem <strong>brennpunkt</strong> AWARD ausgezeichnet.<br />

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Portfolio Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

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Portfolio Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

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Portfolio Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

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Portfolio Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

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Portfolio Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

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Portfolio Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

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Portfolio Christian Werner<br />

© Christian Werner<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

OSTERINSEL<br />

Der aus Tschechien stammende und<br />

in Berlin lebende Fotograf Pavel Sticha<br />

hat sich international einen Ruf erarbeitet<br />

mit Fotografien aus 55 Ländern, und<br />

natürlich aus seiner zweiten Heimat<br />

Berlin. Gerade hat er in der Galerie des<br />

Theaters seiner Heimatstadt Podêbrady<br />

eine Ausstellung vorgestellt mit Bildern<br />

von den Osterinseln.<br />

Reporter: Pavel Sticha, Sie haben 55<br />

Länder bereist, viele davon mit Ihrem<br />

Assistenten Philip. Die Zusammenarbeit<br />

war immer sehr erfolgreich. Aber dieses<br />

Mal konnte Philip nicht dabei sein.<br />

Pavel: Leider, leider.<br />

Reporter: Wieso haben Sie ausgerechnet<br />

die Osterinseln aufgesucht?<br />

Pavel: »Schuld« sind meine Schwester<br />

und Thor Heyerdahl. Ich bekam von<br />

meiner Schwester in den 80er Jahren<br />

das Buch »Das letzte Paradies« des<br />

tschechischen Schriftstellers Miloslav<br />

Stingl über Polynesien geschenkt. Und<br />

natürlich kannte ich die Südsee-Bilder<br />

von Paul Gauguin. Dann las ich in der<br />

Zeitung, dass der tschechische Ingenieur<br />

Pavel Pavel eine der großen Figuren<br />

auf den Osterinseln, die Moai genannt<br />

werden, »zum Laufen brachte«. Der<br />

Artikel blieb mir auch deswegen in Erinnerung,<br />

weil ich zunächst dachte, dem<br />

Journalisten wäre ein Fehler unterlaufen:<br />

Die Namens-Kombination »Pavel<br />

Pavel« ist selbst in Tschechien sehr<br />

ungewöhnlich.<br />

Reporter: Warum sind Sie dann erst jetzt<br />

auf die Osterinseln geflogen?<br />

Pavel: Ich wäre beinahe schon früher<br />

dorthin gekommen. Beim Rückflug<br />

von Argentinien, wo ich einen Auftrag<br />

für die Steakhaus-Kette Maredo hatte,<br />

machte ich einen Zwischenstopp in<br />

Santiago de Chile. Ich hätte von dort<br />

gleich weiter auf die Osterinseln fliegen<br />

können, bekam aber leider kein<br />

Flugticket mehr.<br />

Reporter: Was gab den Ausschlag für die<br />

Reise in diesem Jahr?<br />

Pavel: Ich war mit meiner Frau Martina<br />

in Neuseeland, und sah in einem Reisebüro<br />

eine Werbung für die Osterinseln.<br />

Da dachte ich: »Jetzt oder nie!« Im<br />

März bin ich dann mit meinem Freund<br />

dorthin geflogen.<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

Reporter: Ist es schwer, zu den großen<br />

Figuren, den Moai, zu kommen?<br />

Pavel: Nein, das ist wie mit der Siegessäule<br />

in Berlin – jeder findet sie.<br />

Reporter: Wie ist es mit den Bedingungen<br />

zum Fotografieren?<br />

Pavel: Das Wetter kann zum Problem<br />

werden. Wir hatten an neun Tagen<br />

Regen, an zwei Tagen konnten wir gar<br />

nichts machen.<br />

Reporter: Welche Erfahrungen haben<br />

Sie mit den Menschen gemacht?<br />

Pavel: Die Menschen dort sind sehr nett.<br />

Einer hat uns einen Tipp gegeben, wo<br />

es die einzige Figur im Landesinneren<br />

zu finden gibt.<br />

Reporter: Was hat Sie noch auf der Insel<br />

fasziniert und beeindruckt?<br />

Pavel: Der Besuch im Museum. Dort<br />

weiß man alles über Pavel Pavel.<br />

Reporter: Wissen Sie jetzt selbst mehr<br />

über die Osterinseln?<br />

Pavel: Es gibt verschiedene Theorien<br />

über Transport der Moais. Einheimische<br />

sagen, sie sind gekommen.<br />

Und das hat Pavel Pavel und Thor Heyerdahl<br />

mit einem Versuch 1986 bewiesen.<br />

Christian Schindler<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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Portfolio Pavel Sticha<br />

© Pavel Sticha, (Original in Farbe)<br />

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Fotoszene<br />

Fotoclub Roth –<br />

hochklassige Amateur-<br />

Photographie seit<br />

dreieinhalb Dekaden<br />

Der Fotoclub Roth besteht seit 1979,<br />

also nunmehr seit fast 35 Jahren. Aus<br />

den wenigen Gründungsmitgliedern<br />

von damals entwickelte sich im Lauf<br />

der Zeit eine Gruppe von rund 35 eingeschriebenen<br />

Photographie-Begeisterten,<br />

deren Arbeits- und Interessenspektrum<br />

von klassischem schwarz/weiß bis<br />

hin zur Infrarotphotographie reicht. Der<br />

Verein bzw. seine Mitglieder nehmen<br />

seit langem regelmäßig und v.a. auch<br />

regelmäßig erfolgreich an regionalen<br />

wie überregionalen jurierten Ausstellungen<br />

und Wettbewerben teil und<br />

präsentieren ihre Arbeiten gelegentlich<br />

sogar im Ausland, wie in Polen und<br />

Finnland.<br />

Der Fixstern des Vereins ist naturgemäß<br />

die »eigene«, jährlich stattfindende S/W-<br />

Ausstellung. Diese fachkundig jurierte<br />

und auch mit ansehnlichen Preisgeldern<br />

dotierte Ausstellung präsentiert jeweils<br />

ca. 120 aus allen Einsendungen ausgewählte<br />

Werke in den Räumen der Kulturfabrik<br />

Roth, deren lichtdurchflutetes<br />

sachliches Ambiente sich zu diesem<br />

Zweck bestens eignet. An dieser Ausstellung<br />

kann übrigens jeder Amateurund<br />

Profifotograf teilnehmen. Einige<br />

Ausstellungsimpressionen und natürlich<br />

auch nähere Informationen zum Fotoclub<br />

Roth im Allgemeinen finden sich<br />

unter: www.fotoclub-roth.de.<br />

Dirk Ringehahn, der Vorsitzende und<br />

Leiter der Gruppe sagt:<br />

»Wie in jedem Verein gibt es auch bei<br />

uns mehr und weniger aktive Mitglieder.<br />

Der harte Kern der Aktiven zählt<br />

derzeit rund 15 Köpfe. Im Verhältnis zur<br />

Mitgliederzahl ist dies erfahrungsgemäß<br />

eine recht gute Quote - vor allem wenn<br />

man bedenkt, dass diese 15 Photographen<br />

nicht einfach nur regelmäßig aktiv<br />

photographieren, sondern an jurierten<br />

Wettbewerben teilnehmen und mit<br />

Ihren Photographien sich online und<br />

in verschiedenen Foren, wie Modelkartei<br />

und der fotocommunity messen.<br />

Wir sind stolz drauf, nicht nur für die<br />

Schublade zu photographieren, sondern<br />

unsere Werke auch öffentlich zu präsentieren<br />

- in letzter Zeit z.B. in Ausstellungen<br />

der Metropolregion Nürnberg sowie<br />

in diversen Galerien von Unternehmen<br />

und öffentlichen Einrichtungen«.<br />

Ein Ausstellungsaustausch mit einem<br />

englischen Fotoclub (in einer Rother<br />

Partnerstadt) ist übrigens gerade in Vorbereitung.<br />

Daneben stehen in Kürze<br />

auch wieder einige gemeinsame Tagestouren<br />

an.<br />

Außerdem bieten einige Mitglieder<br />

aktuell wieder Volkshochschul-Kurse<br />

zu den Grundlagen der Photographie<br />

und zur Bildbearbeitung mit Photoshop<br />

an, sogar eine Photowoche<br />

auf den Azoren mit Leitung ist dabei.<br />

Dirk Ringehahn<br />

Dirk Ringehahn:<br />

»Persönlich freue ich mich besonders<br />

auf einen bald stattfindenden Workshop<br />

im Volksbad Nürnberg, einem wunderschönen<br />

Jugendstil-Hallenbad, das<br />

architektonisch stark an römische Thermen<br />

erinnert und vor etlichen Jahren<br />

stillgelegt wurde. Mindestens ebenso<br />

wichtig wie all diese Aktivitäten ist mir<br />

als Vorsitzenden allerdings, dass unser<br />

aktiver harter Kern sowohl nach Alter<br />

und Persönlichkeiten als auch nach Interessen<br />

gut durchmischt ist. Unter uns<br />

finden sich typische Reisephotographen<br />

ebenso wie künstlerisch ambitionierte<br />

Aktspezialisten, akribische Stillleben<br />

Arrangeure und experimentier- freudige<br />

Photoshop -Nerds«.<br />

© Andreas Michel, »TT«<br />

© Andreas Michel, »water girl«<br />

Folglich haben wir auch keinen echten<br />

thematischen Schwerpunkt. Landschaft,<br />

Stillleben, Portrait und Akt sind<br />

im Grunde gleichermaßen beliebt<br />

und anerkannt - und auch ein guter<br />

Schnappschuss steht immer hoch im<br />

Kurs. Aus diesem breiten Themenspektrum<br />

ergibt sich allerdings zwangsläufig,<br />

dass wir keineswegs eine einheitliche<br />

Meinung zu technischen und ästhetischen<br />

Fragen vertreten. Es ist ein Glücksfall,<br />

dass uns die ausgesprochen gute<br />

Atmosphäre innerhalb der Gruppe seit<br />

vielen Jahren ermöglicht, diese meist<br />

sehr unterschiedlichen Meinungen bzw.<br />

vor allem deren Differenzen ausgesprochen<br />

zwanglos und offen zu diskutieren.<br />

Bei unseren internen monatlichen<br />

Bildbesprechungen geht es deshalb oft<br />

auch richtig zur Sache – aber gerade<br />

unsere Uneinigkeit in photographischen<br />

Fragen empfinden wir als großen<br />

Gewinn, denn erst die ständige Diskussion<br />

und Kritik regen die Kreativität an<br />

und eröffnen uns allen immer wieder<br />

neue Perspektiven und neue Ideen.<br />

Wünsche…Ja, wie jeder Verein oder<br />

Club wünscht man sich in den heutigen<br />

Zeiten, dass die alten aktiv bleiben,<br />

junge dazu kommen und durch diese<br />

Mischung viel Interessantes und Kreatives<br />

entsteht.<br />

Dirk Ringehahn<br />

Leiter des Fotoclubs der städt. vhs Roth<br />

70 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

© Heinz Ripka, »Brandung«<br />

© Thilo Bittner, »Nebel«<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

71


Fotoszene<br />

© Dirk Ringehahn, »sea world«<br />

© Christine Trautner, »Brücke«<br />

72 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

© Bernd Weyrauch, »im Nebel«<br />

© Günther Blösl, »An der Küste«<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

73


Fotoszene<br />

© Günther Mühlöder, »kein Ausweg für den Falter«<br />

74 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

© Peter Wedig, »Lazise«<br />

© Tamara Ambrunn-Weinrich, »Strandkorb«<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

75


Fotoszene<br />

© Ralph Engelhardt, »Macho«<br />

76 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

© Matthieu Favre, »Roller Speed«<br />

© Heiko Würth, »Turmland Nürnberg«<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

77


Fotoszene<br />

© Rudolf Auernhammer, »Ziegenbart«<br />

© Franz Künstler, »A apple a day«<br />

78 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Fotoszene<br />

© Günther Ullmann, »Rapunzel«<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

79


Fotoszene<br />

Plädoyer für ein festes<br />

Juryteam<br />

Mal ehrlich, geht es Ihnen nicht<br />

genauso? Sofern Ihre Bilder bei einem<br />

Wettbewerb ausgezeichnet werden,<br />

waren sicherlich »gute Juroren« am<br />

Werk. Wenn Ihre Bilder »im Keller«<br />

landen, ist es mal wieder ein willkommener<br />

Anlass die Kompetenz der Jury in<br />

Frage zu stellen.<br />

Bei hinreichender Anzahl von Teilnahmen<br />

an solchen Veranstaltungen,<br />

werden Sie aber feststellen, dass Sie mal<br />

auf der einen - und mal auf der anderen<br />

Seite des Grabens landen. Also haben<br />

Sie wahrscheinlich für sich dann schon<br />

eine Liste von »guten und schlechten«<br />

Juroren im Kopf gespeichert.<br />

Wenn es mal so einfach wäre...<br />

Seitdem ich die Wettbewerbsszene<br />

kenne, hat man sich damit abgefunden,<br />

dass Bilder auf der einen Seite<br />

»im Keller« landen und auf der anderen<br />

Seite hoch dekoriert werden.<br />

Ich konnte das nie so richtig akzeptieren<br />

und habe mich immer nach dem<br />

»warum« gefragt. Wenn man diese Frage<br />

im Kollegenkreis diskutiert, bekommt<br />

man häufig die gleiche Antwort: »Kunst<br />

ist eben subjektiv und sei keine Mathematik!«<br />

Die Beurteilung von Kunst mag ja subjektiv<br />

sein - aber sie ist keinesfalls beliebig!<br />

Sonst würde es keine Bewerbungsmappen<br />

für Fachhochschulen, oder<br />

Abschlussprüfungen an Universitäten<br />

im Fachbereich Kunst geben.<br />

Warum redet man dann in der fotografischen<br />

Wettbewerbsszene immer »vom<br />

Geschmack der Jury«?<br />

Für mich ist das ein »Unwort des Jahres«.<br />

Der persönliche Bildgeschmack eines<br />

Jurors hat bei den Auswahlkriterien<br />

keine Rolle zu spielen. Ein Jurykollege<br />

hat mal bei der Bewertung von<br />

Bildern zu mir gesagt »das Bild gefällt<br />

mir«. Darauf habe ich ihm geantwortet<br />

»dann kaufe es und hänge es Dir an<br />

die Wand«.<br />

Jurieren bedeutet das Anwenden von<br />

Auswahlkriterien auf eine Bildmenge<br />

zum Zwecke der Selektion durch ein<br />

Gutachtergremium!<br />

Die Auswahl von Juroren<br />

Seien wir doch mal ehrlich, oft haben<br />

Veranstalter schon die Musikgruppe für<br />

die Eröffnung einer Fotoveranstaltung<br />

gebucht, bevor ihnen einfällt, dass sie<br />

ja vielleicht noch Juroren brauchen,<br />

die die Bilder aussuchen. Und das geht<br />

dann nach dem Motto: »Wer kennt da<br />

jemanden...« und wer verursacht die<br />

geringsten Spesen.<br />

Die Benennung von Juroren durch Veranstalter<br />

ist daher häufig ein reines Lotteriespiel.<br />

Früher konnten Juroren ihre Inkompetenz<br />

auch immer hinter der Anonymität<br />

der Punktewertung verstecken und<br />

da es als normal angesehen wurde, dass<br />

Ergebnisse von Wettbewerben höchst<br />

unterschiedlich sind (siehe oben),<br />

konnte der Juror wenn er ein schlaues<br />

Gesicht gemacht hat und freundlich war,<br />

damit rechnen auch weiter gereicht zu<br />

werden. Wenn der Name dann immer<br />

häufiger als Juror in Katalogen auftauchte,<br />

galt er als etabliert und wurde<br />

immer häufiger eingeladen.<br />

Das klappt heute zum Glück nicht<br />

mehr. In der modernen Debattenjury<br />

beim Rundensystem, muss jeder Juror<br />

»die Hosen runterlassen« - natürlich<br />

fachlich gesehen! Spätestens bei der<br />

Begründung seiner Entscheidung kann<br />

sich jeder ein Urteil über die fachliche<br />

Qualifikation eines Jurors machen.<br />

Auch die Besetzung im Viererteam fördert<br />

die intensive Auseinandersetzung<br />

zwischen den Juroren - es kann eben<br />

nicht wie bei dem historischen Dreierteam<br />

einfach überstimmt werden,<br />

weil schon der Magen knurrt und man<br />

schnell an den Futtertrog will.<br />

Glauben Sie mir bitte, bei dreissig<br />

Jahren Juryerfahrung - habe ich alles<br />

schon erlebt!<br />

Nun will ich auch nicht zu schwarz<br />

malen. Es gibt selbstverständlich auch<br />

eine Reihe von ganz ausgezeichneten<br />

fachlich versierten Juroren. Aber auch<br />

die haben ein Problem. Nämlich die Tatsache,<br />

das es keine verbindlichen Richtlinien<br />

gibt. Es fehlt gewissermaßen das<br />

übergreifende fachliche Regelwerk an<br />

dem man sich einerseits orientieren,<br />

aber andererseits auch neue Erkenntnisse<br />

hinzufügen kann.<br />

Juryteam<br />

Es ist ja nun nicht so, dass diese Problematik<br />

im DVF nicht gesehen wird und<br />

es gab ja auch schon Versuche etwas<br />

zu ändern. Zum Beispiel die Jurorenschulungen,<br />

die Wilfried Müller und ich<br />

im Auftrag des Verbandes durchgeführt<br />

haben. Es hat sich aber gezeigt, dass<br />

zu den Teilnehmern überwiegend Fotogruppen<br />

gehörten, die zwar an dem<br />

Thema interessiert waren, aber eigentlich<br />

nicht zu der erwünschten Zielgruppe<br />

der aktiven Juroren gehörten.<br />

Meiner Meinung nach, muss es verbindliche<br />

Bewertungskriterien für Bilder<br />

geben, die von einem kompetenten<br />

Team entwickelt werden, welches auch<br />

für die verbindliche Umsetzung sorgt.<br />

Diese Bewertungskriterien müssen<br />

natürlich immer dem aktuellen Wissensstand<br />

der künstlerischen Fotografie<br />

und der technischen Entwicklung angepasst<br />

und publiziert werden.<br />

Die Veröffentlichung der Bewertungskriterien<br />

gehört zu den wichtigsten Erfordernissen,<br />

denn nur daran kann ein Wettbewerbsteilnehmer<br />

sich orientieren und<br />

auch die Ergebnisse überprüfen.<br />

Mit dem Dreiklang der Siebziger Jahre<br />

»Idee - Umsetzung - Technik« kommen<br />

wir heute nicht mehr sehr weit.<br />

Man sollte bei der gleichen Wettbewerbsgruppe<br />

(zum Beispiel Bundesfotoschau)<br />

die Viererjury immer mit zwei<br />

Leuten aus diesem »Entwicklungsteam<br />

»besetzen - gewissermaßen als »Qualitätsbeauftragte«.<br />

Mindestens so lange,<br />

bis es einen kompetenten Pool an Juroren<br />

gibt, die die Kriterien umsetzen<br />

können.<br />

Wenn jemand sagt, bei konstanter Jury<br />

käme immer »dasselbe« raus, ist es<br />

natürlich Quatsch, weil der Charakter<br />

einer Ausstellung von den Einsendern<br />

abhängt, nicht von der Jury (zumindest<br />

bei der hier angedachten Modernisierung<br />

des Systems).<br />

Eine gute Jury muss sämtlichen Genres<br />

der Fotografie gerecht werden können<br />

und die Qualifikation haben, diese zu<br />

beurteilen.<br />

Außerdem adaptiert sich eine feste Jury<br />

auch an den wiederkehrenden Einsendungen<br />

eines bestimmtes Wettbewerbs<br />

und kann so immer feinere Kriterien für<br />

dessen Bewertung entwickeln.<br />

Vielleicht kann man in Zukunft dahin<br />

kommen, dass Bewertungen in der Fotografie<br />

nachvollziehbarer sind und nicht<br />

mehr den Eindruck einer Lotterie vermitteln.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

80 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Buchbesprechung<br />

Faszinierende Photoshop-<br />

Scott Kelbys Photoshop für<br />

Digitalfotografen<br />

Erfolgsrezepte zum Arbeiten mit CS6<br />

und CC<br />

Scott Kelby<br />

Verlag: dpunkt.verlag<br />

ISBN: 978-3-86490-112-6<br />

484 Seiten, Festeinband, komplett in<br />

Farbe<br />

36,90 Euro<br />

Na, da ist er endlich wieder - der Guru<br />

der Bildbearbeitung aus den USA!<br />

Wenn Sie also noch Wissensbedarf zu<br />

Photoshop CS6 oder CC haben, bei<br />

Scott Kelby finden Sie Lösungen. Und<br />

wenn Sie meinen, Sie wüßten alles,<br />

dann liefert Ihnen das Buch Fragen, auf<br />

die Sie nie gekommen wären - fairerweise<br />

natürlich auch die zugehörigen<br />

Antworten. Der Aufbau der Kapitel ist<br />

nicht nur didaktisch hervorragend, nein<br />

auch der Schreibstil von Kelby ist einfach<br />

vergnüglich und unterhaltsam zu<br />

lesen.<br />

Nicht von ungefähr gehören seine<br />

Werke jedes Jahr zu den literarischen<br />

Preisträgern ihrer Klasse. Ich freue mich<br />

sehr, dass jetzt offensichtlich auch der<br />

dpunkt Verlag diesen hervorragenden<br />

Autor unter Vertrag hat.<br />

Meiner Meinung nach gehört dieses<br />

Buch in jedes Regal, das sich auch nur in<br />

der Nähe eines Bildbearbeitungsrechners<br />

befindet - eine absolute Empfehlung!<br />

Manfred Kriegelstein<br />

Welten<br />

mit Peter »Brownz« Braunschmid<br />

Verlag: Galileo Design<br />

ISBN: 978-3-8362-2756-8<br />

DVD - 11 Stunden Gesamtspielzeit<br />

39,90 Euro<br />

Wer Spaß an verblüffenden Composings<br />

und surrealen Bilderwelten hat,<br />

ist hier genau richtig! Peter »Brownz«<br />

Braunschmid ist ein ausgesuchter Experte<br />

in Sachen Bildmontagen - gewissermaßen<br />

der österreichische Ulli Staiger...<br />

Im Gegensatz zu vielen reinen Demonstrationsvideos,<br />

können Sie hier am Bildschirm<br />

alle Schritte selbst nachvollziehen.<br />

Und wer Lust auf computergenerierte<br />

3D-Elemente hat, wird in diesem<br />

Video auch entsprechende Anleitungen<br />

finden. Selbst wenn man nicht sämtlichen<br />

aufwändigen Konstrukten folgen<br />

möchte - eine Anregung und technische<br />

Hilfestellung für eigene Ideen findet<br />

man auf jeden Fall.<br />

Und keine Angst, obwohl Österreicher,<br />

der Autor spricht ein klares Hochdeutsch<br />

mit sympathisch eingefärbten<br />

Akzent!<br />

Wer vorab schnuppern möchte - auf<br />

der Verlagsseite gibt es ein kostenloses<br />

Demonstrationsvideo.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

LUMIX GX7<br />

System Fotoschule<br />

Frank Späth<br />

Verlag: Point Of Sale Verlag<br />

ISBN: 978-3-941761-41-1<br />

288 Seiten mit 450 farbigen<br />

Abbildungen<br />

28,00 Euro<br />

Der Produktionszyklus dreht sich immer<br />

schneller - da kann einem ganz schwindelig<br />

werden.<br />

Auf den Neuerscheinungen der Lumix-<br />

Reihe von Panasonic, folgt unmittelbar<br />

das entsprechende Fachbuch von Frank<br />

Späth. Man könnte direkt den Eindruck<br />

gewinnen, dass der Autor heimlich als<br />

Entwicklungsingenieur bei Panasonic<br />

mitarbeitet - so schnell und präzise<br />

erscheinen seine Fachbücher.<br />

Wie auch immer, wer diese neue edle<br />

Kamera der Lumix-Reihe sein eigen<br />

nennt, kommt an dem Buch nicht vorbei.<br />

Was Sie hier über die Technik und das<br />

Handling des Apparates erfahren, kann<br />

keine Bedienungsanleitung leisten.<br />

Die meisten Fotografen nutzen ja nur<br />

einen Teil ihrer Möglichkeiten aus - weil<br />

sie viele Features gar nicht kennen.<br />

Dieses Werk hilft ihnen endlich mal den<br />

Durchblick zu bekommen und dann in<br />

vollem Wissen die Entscheidung zu treffen,<br />

was sie nutzen wollen.<br />

Manfred Kriegelstein<br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

81


Vorschau 2/<strong>2014</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 2-<strong>2014</strong><br />

erscheint am<br />

4. April <strong>2014</strong><br />

6. Europäischer Monat<br />

der Fotografie <strong>2014</strong><br />

Portfolio<br />

Manfred Carpentier<br />

© Manfred Carpentier, »cuban-coffee«<br />

© Ingelore Willing, Serie: »Reiher«, (O.i.F.), Ausgezeichnet mit einer »Medaille«<br />

bei der DVF-Landesfotoschau Berlin 2013.<br />

Die Fotosequenz »Cuban Coffee« entstand<br />

- wie zwei weitere Fotosequenzen<br />

- im Winter 2011 in Miami Beach, Florida,<br />

USA. Sie alle wurden realisiert mit<br />

einer digitalen Panasonic-Reisekamera.<br />

Die Sequenz »Cuban Coffee« wurde in<br />

gehender Bewegung aus Oberschenkelhöhe<br />

fotografiert ohne durch den Sucher<br />

zu sehen. Es entstanden »zufällige« Aufnahmen.<br />

Die Fotografien wurden zu<br />

einem Kontaktbogen zusammengefügt.<br />

Von diesem wurden eher assoziativ Ausschnitte<br />

gewählt.<br />

Carpentier wurde 1954 in Gerolstein<br />

geboren. Nach zahllosen abgebrochenen,<br />

überwiegend geisteswissenschaftlichen<br />

Universitätsstudien in Berlin, war<br />

er erst als Fahrer für Süßwaren und Zeitungen<br />

und dann drei Jahre als Nachtwächter<br />

tätig. Schließlich begann er<br />

1985 auf Drängen einer Frau eine Ausbildung<br />

zum Diplombibliothekar und verabschiedete<br />

sich damit ins kleinbürgerliche<br />

und kreativ-freie Leben. Er bekam<br />

einen Sohn und wurde unkündbar. Erst<br />

2004 kehrte Carpentier zurück. 2010<br />

gründete er eine Privatgalerie. Carpentier<br />

ist Herausgeber einer Edition von<br />

Künstlerbüchern. Gelegentlich nimmt<br />

er eine Kamera in die Hand.<br />

Nils Stelte<br />

Von A nach B mit New Yorker Subway<br />

zu kommen kann atemberaubend sein:<br />

jammende Musiker; Geschäftsmänner,<br />

die bei ihrem Lieblingslied mitsingen<br />

oder Liebespaare, die jeden Fahrgast<br />

mitbekommen lassen, wie schwierig<br />

doch Beziehungen sein können - und<br />

dies in zumeist überfüllten Waggons.<br />

Überwältigt von diesen lebendigen Eindrücken<br />

zogen mich die stillen Momente<br />

der pulsierenden Stadt an: Menschen,<br />

die sozialen Interaktionen aus dem Weg<br />

gehen, müde, gedankenverloren warten<br />

oder andere beobachten.<br />

Nils Stelte wurde 1989 in Berlin geboren.<br />

Er hat Soziologie-, Politk- und Kulturwissenschaften<br />

an der Humboldt<br />

Universität studiert. Sensibilisiert für<br />

gesellschaftliche Thematiken wandelt<br />

er diese fotojournalisitisch um. Seine<br />

Arbeiten wurden unter anderem im<br />

C / O Berlin ausgestellt. Als Hospitant<br />

hat er in den Fotoredaktionen der Agentur<br />

MAGNUM Photos, The New Yorker<br />

und OSTKREUZ - Agentur der Fotografen<br />

gearbeitet. Neben der Arbeit als<br />

selbständiger Fotograf hospitiert Nils<br />

momentan in der Bildredaktion des<br />

»ZEITmagazins« und assistiert Dawin<br />

Deckel.<br />

© Nils Stelte, »breathing deeply«<br />

82 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>


Vorschau 2/<strong>2014</strong><br />

<strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong><br />

83


Vorschau 2/<strong>2014</strong><br />

1984 – <strong>2014</strong><br />

»30 Jahre«<br />

<strong>brennpunkt</strong> Magazin<br />

84 <strong>brennpunkt</strong> 1/<strong>2014</strong>

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