Ausgabe gesamt (S. 1 – 13) - Heimatverein Teltow - der Stadt Teltow
Ausgabe gesamt (S. 1 – 13) - Heimatverein Teltow - der Stadt Teltow
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<strong>Teltow</strong>er Heimatbote<br />
Nr. 11 / 24. Jg. Mitteilungsblatt 26. 11. 20<strong>13</strong><br />
In dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
Wir trauern um Herta Schulz ................................................................. 1<br />
„Feuer und Flamme für unsere Museen“ am 26. Oktober 20<strong>13</strong>.................... 4<br />
Aus dem Verwaltungsbericht <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Teltow</strong> für die Jahre 1914 <strong>–</strong> 1928...5<br />
Juxartikel im Grunewald.............................................................................. 11<br />
Die Glockengießerei von Gustav Collier in Zehlendorf.............................. 12<br />
Wir trauern um Herta Schulz<br />
Am 26. Oktober 20<strong>13</strong> morgens ist unserer Ehrenmitglied Herta Schulz<br />
sanft entschlafen. Herta wäre am 2. Dezember<br />
99 Jahre alt geworden.<br />
Mit ihr hat uns ein <strong>Teltow</strong>er Urgestein verlassen,<br />
dass 1914 am 2. Dezember geboren<br />
wurde. Herta Schulz war so etwas wie eine<br />
„Urmutter“ des <strong>Heimatverein</strong>s in <strong>Teltow</strong>.<br />
Sie hat uns mehrere ausführliche sehr aufschlussreiche<br />
Berichte über ihr Leben hinterlassen.<br />
So hat sie uns geschil<strong>der</strong>t, wie sie<br />
nach ihrem Weggang aus <strong>Teltow</strong> im Jahre<br />
1953, am 7. Februar, gelegentlich in Berlin<br />
ehemalige <strong>Teltow</strong>erinnen und <strong>Teltow</strong>er getroffen<br />
hat, mit denen sie sich schließlich<br />
immer wie<strong>der</strong> bei Kaffee und Kuchen traf.<br />
1
Nach <strong>der</strong> Gründung unseres <strong>Heimatverein</strong>s im Jahre 1990 kam die ganze<br />
Gruppe <strong>der</strong> ehemaligen <strong>Teltow</strong>er zu den Treffen des Vereins bei Frau<br />
Schiele in die Breite Straße.<br />
Foto: aus Herta Schulz' Nachlass, Dezember 1984, Klassentreffen<br />
So konnten wir Margarete Graßmann, Helene Genens, Liesbeth Wäsch,<br />
Christel Boy, Dietrich Scheibel und Fritz Löwe begrüßen und vorneweg<br />
Herta Schulz, und sie wurden Mitglie<strong>der</strong> des Vereins.<br />
Und damit hat Herta Schulz von Anfang unserem Verein wesentliche<br />
Impulse gegeben. Sie hat uns ihre Erlebnisse im Krieg in <strong>Teltow</strong> und aus<br />
<strong>der</strong> Zeit des Zusammenbruchs 1945 und dem schwierigen Neuanfang danach<br />
bis hin zu ihrem abenteuerlichen Weggang mit ihrem noch sehr<br />
kleinen Sohn sehr anschaulich aufgeschrieben.<br />
Unter dem Titel „Heimkehr nach <strong>Teltow</strong>“ erfuhren wir von ihrer Sehnsucht<br />
nach <strong>Teltow</strong>.<br />
In Berlin begegneten mir hin und wie<strong>der</strong> alte <strong>Teltow</strong>er aus meiner<br />
Schulzeit, die jetzt auch im Westen von Berlin lebten. Helene Genens,<br />
Lieschen Wäsch und Gretel Graßmann, wir trafen uns zufällig beim Einkaufen<br />
und beschlossen, uns bei mir zum Kaffeekränzchen zu treffen. Zu<br />
<strong>der</strong> Zeit arbeitete ich in <strong>der</strong> Kirchengemeinde. Ich erfuhr auch von Elfriede<br />
Lüdwitz, Hilde Dreke, Hilde Zwick, Herrn und Frau Prochnow<br />
und Elisabeth Homann (aus <strong>der</strong> Berliner Straße in <strong>Teltow</strong> ─ neben dem<br />
Kaffeegeschäft, die hatten früher den Konsum). So beschlossen wir ein<br />
Klassentreffen zu organisieren. Zufällig erfuhr ich, wo Ernst Manthey<br />
2
wohnte und fuhr gleich hin nach Tegel. Er kam dann auch dazu. Zuerst<br />
trafen wir uns im Restaurant. Als ich 70. Geburtstag hatte, war meine<br />
Wohnung voll; wir passten alle rein. So machte ich den Vorschlag, uns<br />
von da an alle vier Wochen bei mir zu treffen. Mittlerweile waren wir 12<br />
ehemalige <strong>Teltow</strong>er Schüler. Es war ein dufter Haufen geworden. Wir<br />
tauschten alte Erinnerungen aus. Je<strong>der</strong> wusste Begebenheiten zu berichten,<br />
die <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e schon längst vergessen hatte.<br />
Ich wollte so gern mal wie<strong>der</strong> nach <strong>Teltow</strong>, denn mein Bru<strong>der</strong> wohnte<br />
noch dort. Ich bekam auch die Erlaubnis von einem Bekannten aus <strong>Teltow</strong>,<br />
<strong>der</strong> Beziehungen hatte. Pfingsten 1961 kam ich das erste mal wie<strong>der</strong><br />
dort hin mit Einreisebescheinigung vom Propagandaminister in<br />
Potsdam ? . Mein Mann hatte Angst, aber ich wollte unter allen Umständen<br />
wie<strong>der</strong> mal nach <strong>Teltow</strong>. Es ging alles gut. Zur goldenen Konfirmation<br />
1978 waren wir wie<strong>der</strong> alle, unsere Klicke, in <strong>Teltow</strong> und haben<br />
dort mitgefeiert.<br />
Nach <strong>der</strong> Wende erzählte Gretel mir, es habe sich in <strong>Teltow</strong> bei Frau<br />
Schiele im Seniorenclub ein <strong>Heimatverein</strong> gegründet. "Hast Du nicht<br />
Lust mit zu kommen?" fragte sie mich. "Na klar hatte ich Lust". So beschlossen<br />
wir alle dort hin zu gehen und sind seit <strong>der</strong> Gründung des Vereins<br />
Mitglie<strong>der</strong>. Einige von unserer alten Truppe leben nicht mehr, aber<br />
ich freue mich immer auf das nächste Treffen dort. Auch wenn sich viel<br />
verän<strong>der</strong>t hat in meiner Heimatstadt, so bleibe ich doch eine <strong>Teltow</strong>erin.<br />
Nach <strong>der</strong> Aufgabe ihrer Wohnung in Tempelhof wegen ihrer angeschlagenen<br />
Gesundheit kehrte Herta nach <strong>Teltow</strong> zurück und bezog eine<br />
schöne kleine Wohnung in <strong>der</strong> Lavendelresidenz an <strong>der</strong> Elbestraße.<br />
Hier fand ihr Leben am Samstag, dem 26. Oktober sein stilles Ende.<br />
Herta Schulz lebt weiter in unserer Erinnerung.<br />
Wir werden ihr Andenken dankbar in Ehren halten.<br />
Es ist mir bei dieser Gelegenheit ein Bedürfnis im Namen des Vorstandes<br />
und <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> Frau Heidi Döpmann herzlich Dank zu sagen für<br />
die Pflege und Fürsorge, die sie Herta hat angedeihen lassen. Sie hat seitens<br />
<strong>der</strong> Lavendelresidenz mit viel Liebe und Zuwendung unserem Ehrenmitglied<br />
in den letzten Jahren in <strong>Teltow</strong> zur Seite gestanden.<br />
So hat Frau Döpmann mit ihrem Auto Herta auch die Teilnahme an unseren<br />
Vereinstreffen ermöglicht. Für das alles herzlichen Dank Frau<br />
Döpmann!<br />
3
Frau Schirmer hat ihrerseits in alter Verbundenheit Herta häufig besucht,<br />
hat Besorgungen für sie erledigt und ihr Gesellschaft geleistet. Auch dafür<br />
herzlichen Dank Frau Schirmer!<br />
P. Jaeckel<br />
****<br />
„Feuer und Flamme für unsere Museen“ am 26. Oktober 20<strong>13</strong><br />
Der <strong>Heimatverein</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Teltow</strong> 1990 e. V. beteiligte sich auch in diesem<br />
Jahr wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> jährlich stattfindenden Aktion, die sich inzwischen<br />
über den Landkreis Potsdam-Mittelmark hinaus zu einem beliebten<br />
Event entwickelt hat.<br />
Schon am Vortrag begannen die Aufbauarbeiten und Vorbereitungen,<br />
um unseren Gästen eine interessante Ausstellung unter dem Motto „Licht<br />
machen ohne Strom <strong>–</strong> Beleuchtung und Wärmetechnik in vergangenen<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ten“ zu bieten.<br />
Im Museum waren Kienspanhalter, Kerzenleuchter, Eisenbahn- und<br />
Fahrradbeleuchtung sowie Petroleumlampen zu sehen. Wir konnten zu<br />
dieser Veranstaltung auch in diesem Jahr wie<strong>der</strong> einiges von dem Ehepaar<br />
Meyer für unsere Ausstellung ausleihen. Frau Jaeckel saß wie<strong>der</strong><br />
am Spinnrad in <strong>der</strong> „guten Stube“ im Schein <strong>der</strong> Kerzen. Die Kin<strong>der</strong><br />
schauten andächtig zu und wollten wissen woran sich denn Dornröschen<br />
gestochen hatte. Vor dem Museums stand die Schmiede von Reymund<br />
Kempf mit Amboss, glühendem Eisen und fliegenden Funken. Im Hof<br />
wurde von <strong>der</strong> Freiwilligen Feuerwehr die große Feuerschale mit Reisig<br />
in Gang gehalten. In den Staudenbeeten unseres Museumsgartens leuchteten<br />
Teelichter und verstärkten so einen urig-romantischen Eindruck.<br />
Unter Zeltdächern konnten sich die Besucher vor dem Museum und im<br />
Museumshof mit Kürbissuppe, Glühwein und Kin<strong>der</strong>punsch aufwärmen.<br />
Die Kürbissuppen wurde von Frau Szilleweit und von Frau Jaeckel<br />
gezaubert. Sie fanden reißenden Absatz. Hinter den Tresen standen Frau<br />
Scharnagel, Frau Kröger, Frau Döpmann und Frau Dorsch. Unsere vielen<br />
freiwilligen Helfer sowie die Freiwilligen Feuerwehr wurden mit Kaffee<br />
und selbstgebackenem Kuchen sowie mit Schmalzstullen versorgt. Die<br />
Kuchen wurden von Edeltraud Szilleweit, Sigrid Scharnagel, Bärbel<br />
Jaeckel und Sabine Eichelkraut gebacken. In <strong>der</strong> Küche unseres Museums<br />
wirkte ununterbrochen Christel Schirmer.<br />
Für die Sicherheit im Hause und im Hof sorgten die Kameraden <strong>der</strong><br />
Freiwilligen Feuerwehr <strong>Teltow</strong>. In diesem Jahr waren es die Herren<br />
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Rendelmann, Mache, von Kuczkowski, Isensee, Kuhrt und Schmidt.<br />
Vielen Dank für diesen ehrenwerten Einsatz!<br />
Zu den Betreuern im Heimatmuseum zählten in alphabetischer Reihenfolge<br />
Erna Brand, Heidi Döpmann, Ursula Dorsch, Ursula und Sabine<br />
Eichelkraut, Irina Frank, Walter Heidbrink, Bärbel und Peter Jaeckel,<br />
Erika Kleinschmidt, Sigrid Kröger, Joachim Kulczyk, Erika Lachmann,<br />
Marlies Oelgarten, Günther Pätz, Hans-Christian Puchalla, Sigrid<br />
Scharnagel, Christel Schirmer, Ingrid Schumann, Frank-Jürgen Sei<strong>der</strong><br />
und Edeltraud Szilleweit.<br />
Bei Einbruch <strong>der</strong> Dunkelheit und mit dem von <strong>der</strong> Lokalen Agenda 21<br />
und <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Teltow</strong> <strong>–</strong> AG Altstadt, speziell von Frau Gerhardt und<br />
Herrn Schulze, organisierten Lampionumzug <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> nahm <strong>der</strong><br />
Besucheransturm zu. Der Andrang und die Nachfrage nach einer kleinen<br />
Stärkung waren groß. So konnten wir an diesem Tag schätzungsweise<br />
350 … 400 Besucher zählen, die von den mit Kerzen beleuchteten<br />
Fenstern in <strong>der</strong> Altstadt und im Heimatmuseum angezogen wurden. Ein<br />
lebhaftes Treiben herrschte rund um das Heimatmuseum.<br />
Es war wie<strong>der</strong> ein schöner und erfolgreicher Tag. Wir sagen allen Helferinnen<br />
und Helfern herzlichen Dank.<br />
Red.<br />
****<br />
Aus dem Verwaltungsbericht <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Teltow</strong> für die Jahre 1914 <strong>–</strong> 1928<br />
18. Das Schulwesen<br />
a) Die <strong>Stadt</strong>schule.<br />
In den Berichtsjahren hat sich die Zahl <strong>der</strong> Schulkin<strong>der</strong> wie folgt entwickelt:<br />
1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928<br />
649 677 667 674 667 668 678 678 630 580 523 483 492 478 487<br />
Welche Folgen <strong>der</strong> Krieg bezw. die Nachkriegszeit mit ihren Begleiterscheinungen<br />
als Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit usw. auf die Zahl <strong>der</strong><br />
Schulkin<strong>der</strong> gehabt hat, beweist die Feststellung, daß Ende 1914 bei<br />
einer Einwohnungszahl von 4600 die Zahl <strong>der</strong> Schulkin<strong>der</strong> 649 betrug<br />
und Ende 1928 bei einer Einwohnerzahl von 6200 nur 487. Im Verhältnis<br />
zur Bevölkerungszunahme müßte die Schülerzahl auf 875 gestiegen<br />
sein <strong>–</strong> jedoch fast 400 weniger!<br />
Während <strong>der</strong> Berichtsjahre litt <strong>der</strong> Unterricht sehr unter den Begleiterscheinungen<br />
<strong>der</strong> Kriegszeit. Mehrere Herren des Kollegiums waren zum<br />
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Kriegsdienst einberufen, Klassen mußten zusammengelegt und <strong>der</strong> Unterricht<br />
verkürzt werden. Erwähnt sei, daß Herr Kantor und Lehrer i. R.<br />
Semler (im Ruhestand) ohne Entschädigung für die Dauer von 2 Jahren<br />
trotz seines hohen Alters vertretungsweise unterrichtete, ihm sei auch<br />
hierdurch freundlichst gedankt!<br />
Seit Beginn des Schuljahre 1919 wurde für Knaben und Mädchen je eine<br />
Oberklasse eingerichtet, sodaß nunmehr in <strong>Teltow</strong> ebenso wie in Groß-<br />
Berlin nach dem siebenstufigen System mit Oberklasse unterrichtet<br />
wurde. Die erfor<strong>der</strong>lichen Schulräume waren schon vorher durch Ankauf<br />
zweier Schulbaracken geschaffen worden. Lei<strong>der</strong> ist eine <strong>der</strong> Baracken<br />
im Jahre 1919 einem Brande zum Opfer gefallen.<br />
Auf Grund <strong>der</strong> Personalabbau-Verordnung vom 8. 2. 1924 wurden zwei<br />
Lehrkräfte abgebaut.<br />
Seit dem Jahre 1925 ist im Aufbau <strong>der</strong> Schule insofern eine Än<strong>der</strong>ung<br />
eingetreten, als nunmehr die Klassen 1 <strong>–</strong> 8 durchgezählt werden. Im<br />
Jahre 1924 wurde <strong>der</strong> 1918 angelegte Schulgarten in eine Gartenarbeitsschule<br />
umgewandelt.<br />
Für die 1. Klasse 1 wird seit dem Jahre 1925 wahlfreier Kurzschrift- und<br />
Schwimmunterricht erteilt, <strong>der</strong> rege besucht worden ist. Letzterer ist<br />
1926 auf alle Kin<strong>der</strong> des letzten Schuljahres erweitert worden. Neben<br />
diesen Verbesserungen wurde für Schülerinnen, die im letzten Schuljahre<br />
stehen, in <strong>der</strong> Schulbaracke hauswirtschaftlicher Unterricht eingeführt,<br />
sodaß <strong>der</strong> Betrieb an<strong>der</strong>e Stunden nicht stört, erteilt von einer<br />
theoretisch und praktisch gründlich ausgebildeten Hauswirtschaftslehrerin.<br />
Im Kochunterricht findet Kleinbetrieb statt.<br />
Die Mädchen, die Ostern ihrer Schulpflicht genügen, werden in sechs<br />
Familien eingeteilt; jede Familie arbeitet für sich an beson<strong>der</strong>em Herd<br />
und mit beson<strong>der</strong>em Geschirr und sonstiger Küchenausstattung. Neben<br />
dem Kochen wird auch noch an<strong>der</strong>e hauswirtschaftliche Arbeit wie<br />
Fensterputzen, Waschen und Plätten für den Küchenbedarf usw. betrieben.<br />
Auch in Säuglingspflege wird unterrichtet. Die an dem Unterricht<br />
teilnehmenden Kin<strong>der</strong> erhalten am Unterrichtstage das von ihnen gekochte<br />
Mittagessen. Der Schulgarten kommt dem Unterricht beson<strong>der</strong>s<br />
zu statten, da er einen großen Teil zur Belieferung <strong>der</strong> Küche bestreiten<br />
muß und hierdurch erst recht seinen Platz im Betriebe <strong>der</strong> Schule<br />
gewinnt.<br />
Über den Haushaltungsunterricht ist nur Günstiges zu berichten. Die<br />
Kin<strong>der</strong> arbeiten mit großem Interesse, die Einrichtung wird von Kennern<br />
als vorzüglich beurteilt.<br />
Neben den Schulfeiern finden seit Jahren Schülerwan<strong>der</strong>ungen statt, die<br />
1 Hier wurde sicherlich von dem Autor in alter Gewohnheit die alte Klassennummer<br />
verwendet, er meinte wohl die 8. Klasse<br />
6
<strong>der</strong> Schuljugend die Heimat vertraut machen und zum gesundheitsför<strong>der</strong>nden<br />
Wan<strong>der</strong>n anhalten sollen. Die Mittel sind von den städtischen<br />
Körperschaften zur Verfügung gestellt worden unter <strong>der</strong> Bedingung, daß<br />
an <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ung sämtliche Ostern zur Entlassung kommende Kin<strong>der</strong><br />
teilnehmen, ausgenommen hiervon sind nur die aus den Klassen 3 <strong>–</strong> 8<br />
zur Schulentlassung kommenden Kin<strong>der</strong>, wenn nach dem Urteil des<br />
Rektorats mit Rücksicht auf den geistigen und körperlichen Zustand<br />
dieser Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Teilnahme eine Störung <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ung bedeuten<br />
würde.<br />
Um den Zusammenhang zwischen Elternhaus und Schule zu festigen,<br />
finden Elternabende und seit 1920 Elternbeiratssitzungen statt, in denen<br />
Erziehungsfragen sowie Fragen <strong>der</strong> Berufsberatung besprochen werden.<br />
Der Elternbeirat unter Vorsitz des Angestellten Wilhelm Zahn setzt sich<br />
1928 zur Hälfte aus Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Christlich-Unpolitischen Liste und<br />
zur Hälfte aus <strong>der</strong> Gemeinschaft für Schulaufbau zusammen.<br />
Im Jahre 1923 wurde infolge <strong>der</strong> Inflation die Tätigkeit <strong>der</strong> Schulsparkasse<br />
eingestellt. Ihre Wie<strong>der</strong>aufnahme erfolgte mit Beginn des Unterrichtsjahres<br />
1926.<br />
Es sparten am Schluß des Jahres<br />
1926 49 Kin<strong>der</strong> = 12 v.H. <strong>der</strong> Schülerzahl mit 539 Mk. Einlage;<br />
1927 166 Kin<strong>der</strong> = 35 v.H. <strong>der</strong> Schülerzahl 2844 Mk. Einlage und<br />
1928 210 Kin<strong>der</strong> = 42 v.H. <strong>der</strong> Schülerzahl 5979 Mk. Einlage.<br />
Die Schifferkin<strong>der</strong>schule ist mit Beginn des Krieges eingestellt worden,<br />
Lehrer und Schüler wurden von <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>schule übernommen.<br />
Der in Aussicht genommene Werkunterricht muß vorläufig noch zurückgestellt<br />
werden, da es an einer geeigneten Lehrkraft und ebenso an<br />
geeigneten Räumen fehlt.<br />
Allen bedürftigen Schulkin<strong>der</strong>n wurden wie in den Vorjahren freie<br />
Lernmittel gewährt, wofür verstärkte Mittel in den Haushaltsplan eingesetzt<br />
wurden.<br />
Religionsunterricht. Von den 487 Kin<strong>der</strong>n zu Beginn des Schuljahres<br />
1928 waren 44 katholischer Konfession; diese erhalten gemeinsam mit<br />
den katholischen Kin<strong>der</strong>n aus Stahnsdorf, Kl.-Machnow und Ruhlsdorf<br />
den Religionsunterricht durch den katholischen Geistlichen in <strong>der</strong><br />
hiesigen Schule. Für 38 Kin<strong>der</strong> haben die Erziehungsberechtigten Nichtteilnahme<br />
am Religionsunterricht beantragt. Zum 1. Dezember 1928,<br />
dem Stichtag für die Meldung zur Sammelschule, wurden für rd. <strong>13</strong>0<br />
Kin<strong>der</strong> Anträge von Erziehungsberechtigten eingereicht. Die Schuldeputation<br />
sprach sich jedoch gegen die Errichtung einer Sammelschule<br />
aus, aber für die Einführung lebenskundlichen Unterrichts für die nicht<br />
am Religionsunterricht teilnehmenden Kin<strong>der</strong>. Die von dem Schulrat mit<br />
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den Antragstellern auf eine weltliche Schule geführten eingehenden<br />
Verhandlungen haben ergeben, daß vorläufig auf dieser Seite starkes<br />
Mißtrauen gegen Form und Inhalt des in <strong>der</strong> Schule zu erteilenden<br />
lebenskundlichen Unterrichts besteht und daß er es im Interesse des<br />
Schulfriedens für geraten hält, bis zum Eintritt ruhigerer Zustände auf<br />
die Erteilung des Unterrichts zu verzichten. Der Magistrat hat darum<br />
beschlossen, die Einführung vorläufig noch hinauszuschieben.<br />
Lehrerschaft. 1919 trat Frl. Jäschke in den Ruhestand, für sie trat Frl.<br />
Schmiedel aus Stralau ein. Am 1. Oktober 1919 ging Lehrer Euen als<br />
Rektor nach Putlitz, in seine Stelle kam Lehrer Worch aus Peitz. Für den<br />
am 14. Juli 1921 verstorbenen Lehrer Zion trat Lehrer Brandt aus Baruth<br />
ein. Am 1. Juli 1921 trat Frl. Hesse aus dem Schuldienst und wurde<br />
durch Frl. Oldenburg aus Berlin-Tempelhof ersetzt.<br />
Am 1. Oktober 1922 ging Lehrer Müller nach 45jähriger Tätigkeit an <strong>der</strong><br />
hiesigen Schule in den Ruhestand, seine Stelle wurde dem Lehrer<br />
Kupsch <strong>–</strong> ein <strong>Teltow</strong>er Kind <strong>–</strong> aus Dortmund übertragen. Anstelle <strong>der</strong><br />
am 1. November 1924 nach Stahnsdorf versetzten Lehrerin Oldenburg<br />
kam die Lehrerin Frl. Lehmbruch.<br />
1924 schieden ferner die Lehrerin Ertle und Lehrer Wagner infolge<br />
Personalabbaues aus. Konrektor Marquardt schied anläßlich des Altersgrenzengesetzes<br />
mit dem 30. 9. 1926 aus dem Amte, an seine Stelle trat<br />
als Konrektor <strong>der</strong> Lehrer Brüggemann, hier.<br />
Die dadurch frei gewordene Lehrerstelle wurde in eine technische Lehrerinnenstelle<br />
für Turn-, Haushalts- und Handarbeitsunterricht umgewandelt<br />
und mit Frl. Fletemeyer besetzt. Hierdurch war die bisher nebenamtliche<br />
Beschäftigung einer Zehlendorfer Hauswirtschaftslehrerin erledigt.<br />
Am 1. 2. 1927 erhielt die Schule den zweiten Konrektor in dem bisherigen<br />
Lehrer Brandt. Frl. Fletemeyer gab am 1. 12. 1927 ihr Schulamt auf<br />
und wurde durch Frl. Schaumann aus Nowawes ersetzt. 1928 erkrankte<br />
<strong>der</strong> Lehrer Konschewski und wurde mit dem 30. 9. 1928 auf seinen Antrag<br />
in den Ruhestand versetzt. In seine Stelle trat Lehrer Pust aus Pölitz.<br />
Desgleichen erkrankte in den Sommerferien Lehrer Worch ernstlich. Ihn<br />
vertraten zwei Junglehrer. Im neuen Schuljahr konnte Lehrer Worch<br />
wie<strong>der</strong> den Dienst aufnehmen.<br />
b) Die Schularzteinrichtung.<br />
Im Jahre 1914 wurde mit dem hiesigen Arzt Dr. Eichler die Übernahme<br />
<strong>der</strong> Schularztstelle vereinbart, doch mußte Herr Dr. Eichler seine Tätigkeit<br />
schon am 1. 8. 1914 einstellen, da er zum Sanitätsdienst einberufen<br />
wurde. Während des Krieges mußte die Schularztstelle unbesetzt bleiben.<br />
Erst im April 1919 übernahm Herr Dr. Lubowski die Schularztstel-<br />
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le, legte sie jedoch schon im Herbst desselben Jahres nie<strong>der</strong>. Daraufhin<br />
wurde mit Herrn Dr. Parow die Übernahme <strong>der</strong> Schularztstelle vereinbart,<br />
<strong>der</strong> seine Tätigkeit bis zum April 1922 ausübte. Zu seinem Nachfolger<br />
wurde Herr Dr. Günßel bestellt; er betreut dieses Amt auch heute<br />
noch mit Liebe und Sorgfalt.<br />
Die Tätigkeit des <strong>Teltow</strong>er Schularztes umfaßt eine regelmäßige<br />
wöchentliche Sprechstunde in <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>schule. Daneben werden sämtliche<br />
Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Schule klassenweise einmal in jedem Vierteljahre vom<br />
Schularzt untersucht. Beson<strong>der</strong>e Fälle werden auch in <strong>der</strong> Privatsprechstunde<br />
des Arztes erledigt. Die Tätigkeit des Schularztes soll jedoch<br />
nur eine beratende sein, regelrechte Behandlung kann nicht gewährt<br />
werden, es sollen nur die vorhandenen Krankheiten festgestellt<br />
und die Kin<strong>der</strong> vor einer Verschleppung <strong>der</strong> Krankheit bewahrt werden.<br />
Außerdem liegt dem Schularzt die Untersuchung <strong>der</strong> die Schule Verlassenden<br />
ob, um sie auf ihre Berufseignung zu prüfen.<br />
Der Gesundheitszustand <strong>der</strong> Schulkin<strong>der</strong> ist nach den Ergebnissen <strong>der</strong><br />
Untersuchungen nicht schlecht, jedenfalls ist er besser als in an<strong>der</strong>en<br />
Industrieorten. Der Grund für diese erfreuliche Erscheinung ist darin zu<br />
suchen, daß den <strong>Teltow</strong>er Kin<strong>der</strong>n in weitem Maße die Möglichkeit zur<br />
Bewegung in freier Luft gegeben ist, dann aber auch die Ernährungsverhältnisse<br />
in <strong>Teltow</strong> günstiger liegen als in einer ausgesprochenen<br />
Industriestadt und nicht zuletzt in <strong>der</strong> sozialen Fürsorge <strong>der</strong> <strong>Stadt</strong>verwaltung.<br />
Die Schule mußte in den Berichtsjahren dreimal wegen Ansteckungsgefahr<br />
geschlossen werden, im Dezember 1914 wegen Diphterieerkrankungen,<br />
im Oktober 1918 wegen einer Grippeepidemie und im Juni 1925<br />
wegen Masern.<br />
Die Aufnahmeuntersuchungen ergaben im allgemeinen gute Jahrgänge<br />
bis auf den letzten, bei dem beinahe 20 v.H. <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> die Ansprüche<br />
nicht erfüllten, die man sonst an ein normales Kind dieses Jahrganges<br />
stellt.<br />
Wichtigere Erkrankungen sind nicht vorgekommen. Die Gesundheitsverhältnisse<br />
<strong>der</strong> Schulräume sind gut, auch sind diese mit neuzeitlichem farbenfreudigen<br />
Anstrich versehen.<br />
c) Die gewerbliche Fortbildungsschule.<br />
Die gewerbliche Fortbildungsschule <strong>–</strong> Berufsschule <strong>–</strong> nimmt alle männlichen<br />
Jugendlichen im Alter von 14 <strong>–</strong> 18 Jahren auf, die in gewerblichen<br />
Betrieben beschäftigt sind. Die s. Zt. vom Demobilmachungskommissar<br />
gefor<strong>der</strong>te Erweiterung <strong>der</strong> Schulpflicht auf die nicht in gewerblichen<br />
Betrieben Beschäftigten ist wie<strong>der</strong> in Fortfall gekommen, die Erweiterung<br />
<strong>der</strong> Schulpflicht vom 17. auf das 18. Lebensjahr jedoch geblieben.<br />
9
Die Schule hat einen dreiklassigen Aufbau mit zwei Zeichenklassen.<br />
Die notwendige Glie<strong>der</strong>ung des Unterrichts nach Berufsarten ist wegen<br />
<strong>der</strong> geringen Schülerzahl lei<strong>der</strong> nicht möglich, die noch dazu von 106<br />
Schülern im Jahre 1921 auf 57 Schüler im Jahre 1928 gesunken ist. Die<br />
57 Schüler verteilten sich wie folgt: Oberstufe 19, Mittelstufe 18 und<br />
Unterstufe 20 Schüler. Die beiden Zeichenklassen hatten 23 und 27<br />
Schüler. An Berufen waren 1928 vertreten: 24 Metallarbeiter, 3 Holzarbeiter,<br />
8 Bauarbeiter, 5 aus dem Bekleidungs-, 11 aus dem Nahrungsmittelgewerbe,<br />
2 Porzellandreher, 1 Buchdrucker, 1 Bürolehrling und 2 ungelernte<br />
Arbeiter.<br />
Der Unterricht fand in wöchentlich vier Unterrichtsstunden für jede<br />
Stufe im wirtschaftlichen Interesse <strong>der</strong> Arbeitgeber nur an einem Nachmittage<br />
in <strong>der</strong> Woche und zwar Mittwoch nachmittags statt. Unterrichtet<br />
wurde in Berufs- und Bürgerkunde, Rechnen und Buchführung und<br />
Schriftverkehr. Daneben erhielten die Schüler, die für ihren Beruf eine<br />
zeichnerische Ausbildung brauchen, in je zwei Wochenstunden Unterricht<br />
im gewerblichen Zeichnen.<br />
Die Leitung <strong>der</strong> Schule führt im Nebenamt <strong>der</strong> Rektor Miethge, die<br />
übrigen, sämtlich nebenamtlich beschäftigten Lehrkräfte waren im Jahre<br />
1928 Konrektor Brüggemann und die Lehrer Behrends, Kupsch, Worch<br />
und Klix, letzterer trat mit Beginn des Schuljahres für den gleichzeitig<br />
ausscheidenden Konrektor Brandt ein. Anläßlich <strong>der</strong> Erkrankung des<br />
Lehrers Worch mußte <strong>der</strong> Zeichenunterricht nach den Sommerferien<br />
eingestellt werden, bis mit Beginn des Winterhalbjahres <strong>der</strong> neu hier<br />
eingetretene Lehrer Pust den Unterricht übernahm.<br />
Das Betragen <strong>der</strong> Schüler war zufriedenstellend, die Leistungen waren<br />
weniger befriedigend.<br />
Schulgeld wird seit 1925 nicht mehr erhoben.<br />
19. Jugendpflege und Jugendherberge.<br />
Die Bildung eines Ortsausschusses für Jugendpflege und Leibesübungen<br />
wurde in einer Zusammenkunft von Vereinsvertretern und jugendpflegerisch<br />
interessierten Persönlichkeiten am 26. Juni 1922 beschlossen.<br />
Am 31. Juli 1922 gab sich <strong>der</strong> Ortsausschuß eine Satzung. Danach erstrebt<br />
er die körperliche, geistige und sittliche Entwicklung <strong>der</strong> heranwachsenden<br />
Jugend. Vereine, welche diesen Zweck verfolgen und<br />
jugendliche Mitglie<strong>der</strong> haben, können Mitglie<strong>der</strong> des Ortsausschusses<br />
werden. Ihm gehören ferner an: je ein Vertreter des Magistrats und <strong>der</strong><br />
<strong>Stadt</strong>verordnetenversammlung, <strong>der</strong> Leiter des städtischen Wohlfahrtsamtes,<br />
<strong>der</strong> Kreisjugendpfleger, ein Vertreter des Jugendherbergsbundes<br />
und <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Fortbildungsschule.<br />
Dem Ortsausschuß traten im Jahre 1922 11 Vereine mit 162 Jugend-<br />
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lichen bei. Zunächst wurde die Errichtung eines Jugendheims betrieben.<br />
Ein Raum im damaligen Schifferkin<strong>der</strong>heim wurde für diesen Zweck in<br />
Aussicht genommen und mit städtischen Mitteln hergerichtet. Im Jahre<br />
1926 bewilligte die <strong>Stadt</strong> 100 Mk. zur Beschaffung einer kleinen Jugendbücherei.<br />
Ein Radioapparat und ein Lautsprecher wurden geschenkt.<br />
1924 wurde dem Jugendherbergsbund <strong>der</strong> Boden des damaligen Schifferkin<strong>der</strong>heims<br />
zur Einrichtung einer Jugendherberge zur Verfügung gestellt.<br />
30 eiserne Bettgestelle mit Strohsäcken und wollenen Decken<br />
sowie Waschgelegenheiten stehen für die jugendlichen Wan<strong>der</strong>er bereit.<br />
Benutzt wurde die Herberge im Jahre 1924 von 11, 1925 von 68, 1926<br />
von 80, 1927 von 82 und 1928 von 109 Wan<strong>der</strong>ern.<br />
****<br />
Juxartikel im Grunewald<br />
Im <strong>Teltow</strong>er Kreisblatt Beilage Nr. <strong>13</strong>1 vom 2. November 1893 fanden<br />
wir folgenden Artikel:<br />
Gelegentlich <strong>der</strong> Hubertusjagd pflegten sich in bedenklich zunehmen<strong>der</strong><br />
Zahl Händler mit Lebensmitteln, Bier und Branntwein, sowie allerlei<br />
Juxartikeln im Grunewald einzufinden und nicht selten überaus lärmvoll<br />
o<strong>der</strong> belästigend ihrem Gewerbe nachzugehen.<br />
Wenn ihnen die Polizei auf den Leib rückte, um sie zu vertreiben beziehungsweise<br />
zu Ruhe und Anstand zurückzuführen, leisteten sie, häufig<br />
unter dem demonstrativen Beifallsgejohle eines gewissen Publikums,<br />
Wi<strong>der</strong>stand.<br />
Sogar an die hohe Jagdgesellschaft selber drängten sich diese Händler<br />
nicht selten in durchaus ungehöriger Weise heran.<br />
Nunmehr hat <strong>der</strong> Landrat des <strong>Teltow</strong>schen Kreises Herr Stubenrauch<br />
unter Zustimmung des Kreis-Ausschusses für den Umfang <strong>der</strong> Gutsbezirke<br />
Spandauer Forst, Villenkolonie Grunewald und Dahlem, sowie <strong>der</strong><br />
Gemeinde Schmargendorf und Zehlendorf eine Polizei-Verordnung erlassen,<br />
durch welche <strong>der</strong> Gewerbebetrieb vom stehenden Gewerbe je<strong>der</strong><br />
Art außerhalb <strong>der</strong> gewerblichen Nie<strong>der</strong>lassung und <strong>der</strong> Gewerbebetriebe<br />
im Umherziehen bei Gelegenheit <strong>der</strong> Hubertusjagd verboten ist, und Zuwi<strong>der</strong>handelnde<br />
mit Geldstrafe bis zu 30 Mark bestraft werden, an <strong>der</strong>en<br />
Stelle im Unvermögensfalle Haft tritt.<br />
Auftraggeber unterliegen <strong>der</strong> gleichen Strafe. Die vorliegende Polizei-<br />
Verordnung ist mit dem Tage <strong>der</strong> Verkündung (31.Oktober) in Kraft<br />
getreten.<br />
11
Die Glockengießerei von Gustav Collier in Zehlendorf<br />
Im <strong>Teltow</strong>er Kreisblatt vom 14.11.1893 steht dazu folgendes:<br />
Der Glockengießerei von Gustav Collier in Zehlendorf, wo augenblicklich<br />
17 große Glocken in Arbeit sind, machten am Sonnabend die oberen<br />
Klassen <strong>der</strong> Haupt-Kadettenanstalt in Groß-Lichterfelde unter Führung<br />
<strong>der</strong> Lehrer und Offiziere einen Besuch.<br />
Um 10 Uhr Abends konnte Meister Collier den Zapfen ausstoßen und<br />
die aus 120 Ctr. Metall geschmolzene Glockenspeise floß rasch und sicher<br />
in die Formen. Mit lebhaftem Interesse folgten die Besucher dem<br />
ganzen Vorgang, bis <strong>der</strong> Guß als gelungen bezeichnet werden konnte<br />
und <strong>der</strong> schwere Rauch und Gasgeruch in <strong>der</strong> Gießerei die Schaulustigen<br />
vertrieb.<br />
Von den 17 Glocken, die bei zwei o<strong>der</strong> drei aufeinan<strong>der</strong>folgenden Güssen<br />
hergestellt werden, kommt ein dreifaches Geläut, auf A-Cis-E abgestimmt,<br />
nach Weitenhagen bei Stolp in Pommern; für dieses Geläut ist<br />
eine sehr alte Glocke, die am Reformationsfest 1891 zersprang, mit umgegossen<br />
worden. Die Namen <strong>der</strong> beiden Kirchenpatrone „Wilhelm von<br />
Bandemer-Weitenhagen“ und „Eduard-Petersen-Klein-Machinin“ sind<br />
mit denen <strong>der</strong> Kirchenältesten und Gemeindevertreter auf den Glocken<br />
verewigt.<br />
Ein an<strong>der</strong>es Dreigeläut in E-Gis-H ist für die neu erbaute Kirche in Luckenwalde<br />
bestimmt. Auf den drei Glocken stehen die Inschriften: 1.<br />
„Alles was Odem hat, lobet den Herren.“ Ps.150.6.2. und 2. „Ich will<br />
dich täglich loben und Deinen Namen ewiglich.“ Ps.145,2. und 3. „Ich<br />
rufe Euch zum Tisch des Herren, o Menschenkin<strong>der</strong> folget gern“. Ferner<br />
erhalten die Kirchen zu Störpke bei Callehne (in <strong>der</strong> Nähe von Kalbe)<br />
und zu Wichmannsdorf bei Boitzenburg in <strong>der</strong> Uckermark je zwei Glocken,<br />
während je eine für die Kirchen in Rügenwalde, Naugard, Poseritz<br />
auf <strong>der</strong> Insel Rügen, Neukirchen (bisher Neu-Sipiorn) bei Schubin (Posen),<br />
Neu-Langerwisch bei Belitz, sowie für die Kgl. Armen-Conservenfabrik<br />
in Spandau und für das Centralgefängnis für die Provinz Posen in<br />
Wronke bestimmt sind.<br />
Die sieben letztgenannten Glocken sind von sehr verschiedener Größe.<br />
Auch für die Rügenwal<strong>der</strong> Glocke ist eine sehr alte Glocke mit benutzt<br />
worden und die Inschrift <strong>der</strong>selben: „Heute, so ihr seine Stimme höret,<br />
verstocket euer Herz nicht“ Ps.95.7, hat auch, nebst den Namen <strong>der</strong> gegenwärtigen<br />
Pastoren, Bürgermeister und Ältesten, auf <strong>der</strong> neuen Glocke<br />
Platz gefunden.<br />
12
Die Glocke für Naugard trägt die Inschrift: „Friede auf Erden!“ und<br />
dazu: „Gegossen für die St. Marienkirche zu Naugard 1893.“ (heute in<br />
Polen Nowogard)<br />
Auf den zwei Glocken für die Wichmannsdorfer Kirche (Uckermark) außer<br />
dem Namen des Patrons „Graf Dietlof von Arnim-Boitzenburg“ die<br />
Bibelworte „Thuet Buße“ und „Glaubet an das Evangelium“.<br />
Und die Glocken für Störpke und für Neu-Langerwisch (Das Dorf Langerwisch<br />
bestand aus zwei Teilen Alt- und Neu-Langerwisch. Sie haben<br />
sich 1938 zusammengeschlossen) sind mit <strong>der</strong> Weihnachtsbotschaft<br />
„Ehre sei Gott in <strong>der</strong> Höhe“ geziert.<br />
(kursiv gedruckt, Anmerkungen <strong>der</strong> Redaktion)<br />
*<br />
Die Glockenstraße in Zehlendorf ist nach <strong>der</strong> Gießerei von Gustav Collier<br />
benannt worden. Am Ende <strong>der</strong> Straße Nr. 1 befand sich die Gießerei.<br />
Bei einem Glockenguss für die Residenzstadt Berlin war am 3. Juli 1893<br />
Kaiser Wilhelm II. anwesend. Die drei Bronzeglocken <strong>der</strong> Kirche von<br />
Nikolassee sind in <strong>der</strong> Gießerei in Apolda gegossen worden. Der Gießer<br />
war Gustav Collier aus Zehlendorf. Auch hier wurden das Datum und<br />
<strong>der</strong> Name des Gießers auf den Glocken verewigt. Die Glocken erhielten<br />
die Namen „Gottvertrauen“,„Friede“ und „Freude“.<br />
Red.<br />
Bild auf <strong>der</strong> Titelseite: Zeichnung von Wilhelm Reichner, Sammlung: Archiv <strong>Heimatverein</strong><br />
Impressum: <strong>Heimatverein</strong> <strong>Stadt</strong> <strong>Teltow</strong> 1990 e.V., Vereinsregister 864 P<br />
Rosa-Luxemburg-Steig 4, 145<strong>13</strong> <strong>Teltow</strong>, Tel. 03328-41765 / 314854, Fax 03328-314855<br />
Redaktion: P. Jaeckel, Layout: B. Jaeckel (OpenOffice 3.2), Lektorin: E. Szilleweit<br />
Erscheinungsmodus: monatlich zur Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
- kostenlos -<br />
Mail: heimatverein@teltow.de<br />
Bankverbindung: Konto Nr. 3522204270; BLZ 16050000;<br />
bei <strong>der</strong> Mittelbrandenburgischen Sparkasse Potsdam<br />
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