Schule & Job - Stellenmarkt - Süddeutsche Zeitung
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SCHULE &<br />
JOB<br />
N o 0 1 / 1 3 -------------- j e t z t . d e<br />
Gegen den Strich.<br />
EIN HEFT ÜBER NERDS, BOXENDE MÄDCHEN<br />
UND DIE KRAFT DES EIGENSINNS.
1/1 Seite
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
früher hatte das Wort „Nerd“ eine nicht gerade<br />
schmeichelhafte Bedeutung. Das hat sich geändert.<br />
Wer sich heute in eine Sache reinfuchst, wer sich<br />
super mit Computern auskennt oder überhaupt im<br />
Leben seinen eigenen Weg geht, wird bewundert.<br />
Wir haben dieses Heft daher vor allem den Eigensinnigen<br />
gewidmet. Jenen, die das Internet besser<br />
machen, und jenen, die den Mars erkunden. Oder<br />
auch jenen, die ihre Stadt nicht den Rechten überlassen<br />
wollen.<br />
Viel Spaß beim Lesen!<br />
INHALT<br />
4 Porträt Isabel erzählt, was sie jetzt gerade mag.<br />
Kein Heft mehr verpassen!<br />
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6 Wow Die Geschichte von einem Ingenieur, der zum Weltstar wurde.<br />
12 Ehrlich Wie Büromenschen an ihrem Computer verzweifeln.<br />
* Bitte die zum Teil gesonderten Zugangsvoraussetzungen<br />
der Dualen Hochschulen<br />
bzw. Berufsakademien beachten.<br />
14 Programmieren Die tollsten Programmierer gehen noch zur <strong>Schule</strong>.<br />
18 Unterricht Wie die Digitalisierung den Lehrerberuf verändert.<br />
20 Poster Zehn Tipps für ein einfacheres Leben.<br />
22 Rechtsradikalismus Detailaufnahmen aus einer hilflosen Stadt.<br />
30 Boxen Beim SV Stahl lernen Mädchen ein neues Selbstbewusstsein.<br />
36 Dingdong Errätst du, wem welches Telefon gehört?<br />
38 Kolumne Nadjas Schuljahre.<br />
Duales bachelor-studium –<br />
Studieren mit gehalt.<br />
38 Impressum<br />
Lidl lohnt sich.
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Unser Geschmack wandelt sich im Lauf des Lebens.<br />
Doch zu jeder Zeit sagt das, was wir gerade mögen, ein bisschen<br />
was über uns selbst.<br />
Isabel Schultheis, Hamburg<br />
2<br />
1<br />
1 Was hörst du gerade?<br />
2 Auf welcher Website bist du im Moment Stammgast?<br />
3 Welche Accessoires magst du zurzeit?<br />
4 Welchen Film hast du zuletzt gesehen und gemocht?<br />
5 Was kannst du gerade überhaupt nicht leiden?<br />
6 Welche Kunst ist gerade gut?<br />
7 Welches Buch hast du zuletzt gern gelesen?<br />
8 Welches Video hast du gerade geliket oder empfohlen?<br />
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ISABELS FAVOURITES HABEN WIR GEFUNDEN BEI AMAZON.COM, OPI.COM, YOUTUBE.COM, PHAIDON VERLAG<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
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4 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13
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6 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13
VON MATTHIAS KOLB / TEXT & ANDY J. SCOTT / FOTOS<br />
Wenn ich<br />
groß bin,<br />
werde ich<br />
Nerd.<br />
In Amerika werden Nerds plötzlich als<br />
Helden gefeiert. Einer von ihnen ist der<br />
NASA-Ingenieur Bobak Ferdowsi. Die ganze<br />
Welt himmelte ihn an, als er die Sonde<br />
„Curiosity“ auf dem Mars landete. Liegt es<br />
wirklich nur an seiner Frisur?<br />
jetzt SCHULE&JOB N o 01/13 7
ert, weil er das Ergebnis der Präsidentschaftswahl<br />
in allen fünfzig Bundesstaaten der USA<br />
richtig prognostizierte, und Apple-Gründer<br />
Steve <strong>Job</strong>s ist auch nach seinem Tod allgegenwärtig:<br />
Walter Isaacsons <strong>Job</strong>s-Biografie klebt<br />
in den Bestsellerlisten, und zwei neue Hollywood-Filme<br />
widmen sich <strong>Job</strong>s’ Leben.<br />
Dass ihn einmal Zehntausende bewundern<br />
würden, hätte sich Bobak nie träumen lassen:<br />
„Ich hielt mich für alles andere als cool.“ Er<br />
habe viel Science-Fiction gelesen, erzählt Bobak,<br />
der wegen des <strong>Job</strong>s seines Vaters in Japan<br />
zur Highschool ging. Heute wirkt er mit<br />
Jeans, schwarzen Espadrilles und Karohemd<br />
wie einer der vielen Schauspieler, die in Los<br />
Angeles auf den Durchbruch hoffen, oder<br />
wie der Gitarrist einer Indieband. Als Teenager<br />
glänzte Bobak in Mathe und Physik,<br />
doch an der American School in Tokio wurden,<br />
genau wie in den USA, vor allem die guten<br />
Sportler bewundert.<br />
Als 1997 die Sonde „Pathfinder“ auf dem<br />
Mars landet, staunt Bobak. Er sieht die Bilder<br />
von der Oberfläche des Mars und denkt:<br />
Für die NASA will ich auch arbeiten.<br />
„Ich hatte selbst viele Vorurteile gegenüber<br />
Ingenieuren, als ich mich 2003 bewarb“, sagt<br />
Bobak. Würde die NASA jemanden wie ihn<br />
einstellen, einen 23-Jährigen ohne dicke Brille,<br />
dessen Füße nicht in „Socken und Sandalen“<br />
steckten? So dachte er. Bobak bekam<br />
den <strong>Job</strong> und merkte schnell, dass seine Kollegen<br />
normale Typen waren, deren Privatleben<br />
Als Barack Obama im August vergangenen<br />
Jahres bei der NASA in Kalifornien anrief,<br />
um den Ingenieuren zum Erfolg ihrer Marsmission<br />
zu gratulieren, sagte der US-Präsident:<br />
„Bei euch arbeitet doch der Kerl mit der<br />
Irokesenfrisur. Ich habe überlegt, mir auch<br />
einen Mohawk wachsen zu lassen, doch mein<br />
Team hat mir abgeraten. Auf alle Fälle seid ihr<br />
bei der NASA um einiges cooler als früher!“<br />
Der Mann, dem die Weltraumbehörde das<br />
neue Image verdankt, heißt Bobak Ferdowsi,<br />
ist 33 Jahre alt und arbeitet in Pasadena als<br />
Flugdirektor der „Curiosity“- Mission. Per<br />
Livestream konnte am 5. August 2012 jeder<br />
auf der ganzen Welt dabei sein, als der mit<br />
Messinstrumenten bepackte Marsrover „Curiosity“<br />
auf dem roten Planeten landete. Immer<br />
wieder zeigte die Kamera<br />
Bobak, der vor<br />
Begeisterung strahlte.<br />
Seinen schwarzen Irokesen<br />
schmückten rote<br />
und blaue Strähnen,<br />
links und rechts<br />
am Kopf prangten<br />
gelbe Sterne. Und sofort<br />
wurden die Menschen<br />
im Internet auf<br />
den „Mohawk Guy“<br />
aufmerksam, Journalisten<br />
kürten Bobak<br />
zum „sexiest Nerd“<br />
der NASA, Tausende<br />
posteten sein Bild bei<br />
Facebook.<br />
Sechs Monate später<br />
sitzt Bobak im Café<br />
„Zona Rossa“ in Pasadena,<br />
nippt an seinem<br />
Kaffee – und<br />
staunt noch immer<br />
über seine Medienkarriere.<br />
Auf Obamas Lob folgten Hunderte<br />
Heiratsanträge, viele Interviews sowie ein<br />
Fotoshooting für GQ, zusammen mit dem<br />
„Curiosity“-Team. Wenn künftige Historiker<br />
einmal erforschen, was Amerika im Jahr<br />
2012 beschäftigt hat, dann werden sie recht<br />
sicher auf Bobaks Kopf stoßen. Viele glauben,<br />
dass nicht zuletzt dank Bobak der<br />
„Nerd“ im Jahr 2012 endgültig im Mainstream<br />
angekommen ist. Die Nerds, das sind<br />
nicht mehr die seltsamen Technikfreaks, das<br />
sind Menschen wie du und ich. Und manche<br />
werden zu Stars.<br />
Facebook-Chef Mark Zuckerberg grinst vom<br />
Titelblatt des People-Magazins, der Statistik-<br />
Blogger Nate Silver wird in Talkshows gefeisich<br />
nicht nur im Keller vor einem Bildschirm<br />
abspielte.<br />
„Die Leute in meinem Team sind wie ich:<br />
Viele sind tätowiert oder haben gefärbte<br />
Haare. Unsere Arbeit erfordert Kreativität,<br />
und je verschiedener die Leute, umso besser<br />
das Ergebnis“, sagt Bobak. Aus Spaß begann<br />
er 2008, seine Frisur an bestimmte Ereignisse<br />
anzupassen: Beim fünften Systemtest für<br />
die „Curiosity“-Mission rasierte er sich ein V<br />
in die Schläfen. Zum Start von „Curiosity“<br />
färbte er sich den Schopf in Rot- und Goldtönen,<br />
so wie die Flammen der Rakete. Vor der<br />
Landung forderte sein Chef das Team auf,<br />
über Bobaks Frisur abzustimmen. Die meisten<br />
wünschten sich die Farben der US-Fahne<br />
in den Haaren des Flugdirektors.<br />
Sein plötzlicher Ruhm<br />
kam für alle im Jet<br />
Propulsion Laboratory<br />
der NASA völlig<br />
überraschend, erzählt<br />
Bobak. „Für uns war<br />
es normal, dass ich<br />
komische Dinge mit<br />
meiner Frisur anstelle.“<br />
Als er am 6. August<br />
aufwachte und<br />
zu seinem iPhone<br />
griff, war das Mailfach<br />
voll. Für jeden<br />
der 40 000 neuen Follower<br />
hatte Twitter<br />
eine Mail geschickt;<br />
und dazu kamen viele<br />
Nachrichten via Facebook<br />
und SMS von<br />
Freunden, die ihm<br />
gratulierten oder die<br />
ihn aufzogen. „Es war<br />
wirklich verrückt, das<br />
alles kam aus dem<br />
Nichts“, erinnert sich Bobak, der seitdem an<br />
<strong>Schule</strong>n und Universitäten für die Wissenschaft<br />
wirbt. Bei der Parade zu Obamas zweiter<br />
Amtseinführung lief er neben einem Modell<br />
des „Curiosity“-Wagens mit. „Es war<br />
bitterkalt, aber viele Erwachsene und Kinder<br />
haben uns zugejubelt“, schwärmt Bobak. Er<br />
geht entspannt mit seiner neuen Popularität<br />
um. „Wenn mein Mohawk dazu führt, dass<br />
sich mehr Kinder für Technik interessieren,<br />
dann ist das doch großartig.“ Dass sein Beispiel<br />
inspiriert, das zeigt auch seine Facebook-Seite,<br />
auf der die Fotos von Knirpsen<br />
zu sehen sind, die sich an Halloween als Mohawk<br />
Guy verkleidet haben und nun Forscher<br />
werden wollen. ><br />
8 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13
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Das neue Image der Nerds sei ohne Internet<br />
und Social Media nicht zu erklären, sagt Bobak.<br />
Auf Facebook, Google Plus und Twitter<br />
können sich Gleichgesinnte austauschen:<br />
„Ich dachte früher, ich sei der einzige Teenager,<br />
der Star Trek: The Next Generation<br />
guckt. In Wahrheit gab es sehr viele, doch die<br />
waren unerreichbar weit weg.“ Heute wüssten<br />
Schüler, dass überall auf der Welt Gleichaltrige<br />
an Computerprogrammen schreiben oder<br />
in der Garage basteln. Anders als noch 1997<br />
bei der „Pathfinder“-Mission veröffentlicht<br />
die NASA Videos und Bilder des Rovers<br />
„Curiosity“ im Internet. Die Arbeit der Forscher<br />
wird also sichtbar wie nie zuvor. Schüler,<br />
die sich jetzt für einen <strong>Job</strong> bei der NASA<br />
interessieren, schreiben Bobak einfach. Und<br />
er versucht, möglichst viele Mails und Tweets<br />
zu beantworten.<br />
Bobak vermutet, dass erst die Smartphones<br />
vielen Menschen vor Augen geführt haben,<br />
wie sehr unser Leben von Technik durchdrungen<br />
ist. All die Apps zum Beispiel – jemand<br />
muss die doch programmiert haben.<br />
„Ich glaube, dass es heute für Lehrer leichter<br />
ist, Kinder für Technik zu interessieren“, sagt<br />
Bobak. „Es gilt als cool, gut mit Computern<br />
umgehen zu können, weil sie das Leben leichter<br />
machen.“ Es gibt kaum mehr Lebensbereiche,<br />
die nicht vom Wissen der Nerds geprägt<br />
sind. In der Finanzwelt läuft nichts<br />
ohne Algorithmen. Barack Obama verdankt<br />
seinen Wahlsieg auch Menschen wie Harper<br />
Reed. Der 34-jährige Chief Technology<br />
Officer sorgte dafür, dass Obamas Wahlkampfstrategen<br />
auf aktuelle Daten über<br />
Wählerregistrierung und Umfragen zugreifen<br />
konnten. Er half dabei, dass Dutzende Wählergruppen<br />
maßgeschneiderte Werbebotschaften<br />
erhielten. Auch Mitt Romney, der republikanische<br />
Herausforderer, hatte eine Milliarde<br />
Dollar für seine Kampagne zur Verfügung<br />
und war doch hoffnungslos unterlegen. Nach<br />
Obamas Sieg erschienen Texte über Harper<br />
Reed. Die Botschaft: Ohne Nerd geht nichts.<br />
Dass Reed genauso wie der Statistiker Nate<br />
Silver von der New York Times so viel Aufmerksamkeit<br />
bekommt, liegt nicht zuletzt am<br />
Auftreten der beiden. Nate Silver ist ein eloquenter,<br />
unerwartet lustiger Kerl. Harper<br />
Reed passt mit seiner kantigen Brille und<br />
dem roten Hipster-Vollbart so gar nicht zum<br />
Politbetrieb. Auch Bobak vermutet, dass die<br />
Reaktion auf sein Outfit mit veralteten Bildern<br />
zu tun hatte: „Der letzte NASA-Film<br />
war Apollo 13. Der spielte 1970. Alle trugen<br />
weiße Hemden mit schwarzer Krawatte und<br />
wirkten schrecklich steif.“ Vielleicht ändert<br />
sich dieses Bild jetzt. Schon in den Sechzigerjahren,<br />
erzählt Bobak, hätten sich die Popularität<br />
der Science-Fiction-Filme und die in<br />
Kalifornien boomende Raumfahrtindustrie<br />
gegenseitig inspiriert. Gerade die Gründerszene<br />
im Silicon Valley beflügelt zurzeit die<br />
Unterhaltungsindustrie. Auf dem Kabelsender<br />
Bravo ging eben die erste Staffel der Realityshow<br />
Start-Ups: Silicon Valley zu Ende.<br />
Es war der Versuch, den Alltag von Programmierern<br />
einer größeren Zahl von Menschen<br />
näherzubringen. Hermione Way, Video-Bloggerin<br />
und Protagonistin der Show, verkündete<br />
stolz: „Nerds sind die Rockstars des 21. Jahrhunderts.“<br />
Bobak ist da nicht so sicher. Er sei,<br />
sagt er, ein ganz<br />
normaler Typ, der<br />
seine Arbeit liebt.<br />
Und das ist bestimmt<br />
eine sehr<br />
gute Beschreibung<br />
für einen Nerd.<br />
Wie allürenfrei und zugänglich<br />
Bobak Ferdowsi ist, das erlebte<br />
unser Autor Matthias Kolb gleich<br />
zu Beginn seiner Recherche.<br />
Er schrieb Bobak eine Direktnachricht<br />
auf Twitter – und hatte<br />
in kürzester Zeit eine Antwort.<br />
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10 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13<br />
München Starnberg Ebersberg
Was ist ein Nerd?<br />
Es gibt mehrere Theorien über den Ursprung des Begriffs „Nerd“. In dem Gedicht „If I ran the zoo“ von<br />
Dr. Seuss zum Beispiel taucht ein gleichnamiges Fabelwesen auf. Manche erinnern an den Aufdruck<br />
N.E.R.D., der auf den Overalls der Techniker der Firma „Northern Electric Research and Development“<br />
stand. Wieder andere glauben, „Nerd“ sei eine Abkürzung für „not emotionally responsive dude“ (emotional<br />
nicht ansprechbarer Kerl). Zugleich kursiert die Legende, dass strebsame Collegestudenten als<br />
„knurd“ bezeichnet wurden. Das Wort ergibt sich, wenn man „drunk“ (betrunken) rückwärts liest. Der<br />
Buchstabe „k“ sei im Lauf der Zeit verloren gegangen.<br />
Was macht „Curiosity“?<br />
Der Name des 900 Kilogramm schweren Gefährts „Curiosity“ passt zur Mission: Neugierig soll der mit<br />
Instrumenten bepackte Rover mindestens zwei Jahre auf dem roten Planeten herumfahren, Gestein<br />
untersuchen und eine Frage beantworten: War irgendwann Leben auf dem Mars möglich? Die Marsmission<br />
hat ein Budget von 2,5 Milliarden Dollar.<br />
Was bedeuten die Buchstaben JPL in Bobaks Haar?<br />
JPL steht für Jet Propulsion Laboratory. In dem „Strahlantriebslabor“ mit Sitz im kalifornischen dena werden seit achtzig Jahren Satelliten und Sonden für die US-Weltraumbehörde NASA gebaut.<br />
Pasa-<br />
Im JPL arbeiten mehrere Tausend Ingenieure — einer davon ist Bobak Ferdowsi.<br />
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jetzt SCHULE&JOB N o 01/13 11
WARNUNG<br />
vor dem<br />
DAU<br />
.<br />
*<br />
von CHriSTina WaeCHTer / PROTOKOLLE<br />
Die meisten Menschen haben es nicht<br />
so mit Computern — selbst wenn sie<br />
beruflich vor einem sitzen. Drei Experten<br />
aus dem Backoffice erzählen.<br />
Sven: Einmal hat eine Mitarbeiterin angerufen und wollte<br />
bei Excel das Gitterraster wiederhergestellt haben, damit<br />
es auch ausgedruckt wie eine schöne Tabelle ausschaut.<br />
Während ich noch nach der Funktion suchte,<br />
sagte ich: „Du, da hat Microsoft gerade Lieferschwierigkeiten,<br />
die sind nicht vorrätig. Kannst du vielleicht das<br />
Gitter vorläufig selbst einzeichnen?“ Und die meinte nur:<br />
„Okay.“ Und hat aufgelegt. Ich hab dann natürlich gleich<br />
zurückgerufen und die Sache aufgeklärt.<br />
Camillo: Einer rief mal an, weil sein Computer angeblich<br />
komplett kaputt sei. Ich saß im Erdgeschoss, er saß im<br />
sechsten Stock. Ich fragte noch einmal, ob er seinen Rechner<br />
und den Monitor auch angeschaltet habe. Klar, meinte<br />
der. Also bin ich raufgelatscht und habe sofort gesehen,<br />
dass der Monitor nicht eingeschaltet war.<br />
Sven: Ein Praktikant saß an einem Arbeitsplatz mit zwei<br />
Bildschirmen. Er rief mich an und sagte: „Bei mir verschwindet<br />
dauernd die Maus vom Bildschirm.“ Ich hab<br />
mich dann eingeloggt und gesehen, dass die Maus auf<br />
dem anderen Monitor war. Dann habe ich sie zurückgeschoben,<br />
woraufhin er ganz aufgeregt rief: „Da ist sie ja<br />
wieder!“ Ich hab ihn dann gefragt, was er vor sich sehe. Er<br />
meinte nur: „Einen Schreibtisch, einen Monitor, eine<br />
Maus und die Tastatur.“ Den zweiten Monitor hat er<br />
überhaupt nicht wahrgenommen, weil er ihn ja nicht<br />
brauchte. Dass der aber trotzdem ans System angeschlossen<br />
war, hat er nicht kapiert.<br />
Camillo: Ein Mitarbeiter hat mich angerufen und mir<br />
ernsthaft erzählt, er habe das Internet gelöscht. Hatte er<br />
natürlich nicht. Er hatte aus Versehen das Safari-Symbol<br />
entfernt.<br />
edgar: In einem Drittel der Fälle sind die Anrufe überflüssig.<br />
Wenn die Menschen sich ein bisschen Zeit genommen<br />
hätten oder sich ein klein wenig mit dem Computer<br />
auseinandersetzen würden, dann hätten sie sich den Anruf<br />
sparen können. Man kann grob sagen, dass die Hälfte<br />
der Probleme vom Anwender verursacht werden und die<br />
andere von den Rechnern.<br />
Sven: Man sollte einfach mal lesen, was bei einer Fehlermeldung<br />
steht, und nicht immer gleich alles hektisch wegklicken.<br />
Man kann ja sogar komplette Fehlermeldungen<br />
12 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13
ei Google eingeben und findet sofort Lösungsvorschläge.<br />
Ansonsten sollte man seine Daten sichern, wenn sie<br />
einem wichtig sind, Bilder, Musik oder Videos. Und zwar<br />
nie auf einem Computer oder Laptop, die ja kaputtgehen<br />
oder geklaut werden können, sondern zusätzlich auf einer,<br />
besser noch auf zwei externen Festplatten.<br />
Camillo: Sicherung ist das Wichtigste – jeder sollte seine<br />
Daten mindestens auf einer externen Festplatte abspeichern.<br />
Sven: Ich wurde vor einigen Jahren an einem Sonntag<br />
um 22 Uhr angerufen. „Hilfe, ich komme nicht ins System.“<br />
Es war ein sehr wichtiger Mitarbeiter. Erst habe ich<br />
versucht, die Sache telefonisch zu klären. Ich habe gefragt:<br />
Ist der Benutzername richtig geschrieben? Ist das<br />
Passwort richtig? Groß-/Kleinschreibung beachtet? Ist<br />
die Feststelltaste gedrückt? Dann haben wir den Rechner<br />
neu gestartet, weil das die Feststelltaste zurücksetzt. Hat<br />
er alles gemacht, hat nichts geholfen. Ich bin dann 40 Minuten<br />
ins Büro gefahren, habe einen Griff am Computer<br />
gemacht und bin wieder 40 Minuten nach Hause gefahren.<br />
Was war? Er hatte gleich nach dem Hochfahren wieder<br />
die Feststelltaste gedrückt.<br />
Camillo: Das mit der Feststelltaste ist in 98 Prozent der<br />
Passwortanfragen des Rätsels Lösung. In den restlichen<br />
zwei Prozent der Fälle ist der Rechner nicht ans System<br />
angeschlossen. Ansonsten haben die Leute meist Probleme<br />
mit Anwendungen, die sie nicht dauernd benutzen.<br />
Dann vergessen sie einfach, wie etwas funktioniert, und<br />
weil sie zu faul zum Googeln sind, rufen sie an. Was auch<br />
sehr häufig passiert: Der Drucker ist kaputt. Sagen jedenfalls<br />
die Leute, weil sie am falschen Drucker ausgedruckt<br />
haben. Und statt mal in der Anwendung nachzuschauen,<br />
wo sie ausgedruckt haben, drucken sie einfach noch mal,<br />
und siehe da: Der Ausdruck landet wieder im falschen<br />
Drucker. Das ist auch der Grund, warum in jedem Drucker<br />
immer ein Stapel Papier im Ausgabefach liegt.<br />
Sven: Einmal wurde ich mit der Fehlermeldung „Kein<br />
Speicherplatz mehr verfügbar“ angerufen. Ich schaute<br />
vorbei, und die Meldung stimmte. Der Mitarbeiter musste<br />
in eine Konferenz, ich habe mir in der Zwischenzeit<br />
einen Überblick verschafft und bemerkt, dass der Papierkorb<br />
auf dem Desktop total voll war. Wohl noch nie geleert.<br />
Ich habe ihn geleert und es dem Mitarbeiter mitgeteilt.<br />
Er fiel aus allen Wolken und schrie, dass das sein<br />
Archiv sei. Auf die Frage, ob er seine Sachen zu Hause<br />
auch im Mülleimer lagere, fragte er zurück, ob ich denn<br />
bescheuert sei.<br />
edgar: Die meisten Menschen sind so computertauglich,<br />
wie der durchschnittliche deutsche Autofahrer autotauglich<br />
ist. Der weiß meistens auch, wo das Benzin reinkommt<br />
und wie man mit dem Auto von A nach B kommt.<br />
Was dabei im Innersten des Autos passiert, wissen die allerwenigsten.<br />
So ist es mit Rechnern auch. Aber das wandelt<br />
sich gerade ein bisschen. Wer mit Smartphones aufwächst,<br />
weiß viel besser Bescheid.<br />
Sven, Edgar und Camillo arbeiten in unterschiedlichen Unternehmen<br />
im Backoffice. Sie kümmern sich also darum,<br />
dass die Computer in ihren jeweiligen Häusern das tun, wozu<br />
sie eingekauft wurden. Die Namen der drei wurden von der<br />
Redaktion geändert.<br />
* dümmster anzunehmender User<br />
Studium oder Ausbildung?<br />
»Machen Sie doch beides!«<br />
„Entweder – oder“ war gestern. Clevere Abiturienten entscheiden sich für den<br />
dualen Weg: Hochschulstudium plus Ausbildung im Unternehmen. An der<br />
FOM School of Dual Studies können Sie dabei sogar wählen:<br />
Die dualen Studienmodelle an der FOM<br />
Ausbildungsbegleitendes Modell: wochentags „klassische“ Ausbildung im<br />
Unternehmen inkl. Berufsschule plus Studium abends und am Wochenende oder<br />
Ausbildungsintegrierendes Modell: Ausbildung im Unternehmen<br />
an drei Tagen pro Woche plus Studium an zwei Wochentagen tagsüber<br />
und Zusatzqualifikation zum „Internationalen Wirtschaftsassistenten“<br />
mit optionalem Auslandsaufenthalt.<br />
In beiden Fällen wird Ihre Entscheidung mit einem Hochschulabschluss und jeder<br />
Menge Praxiserfahrung belohnt. Clever, oder?!<br />
School of<br />
Dual Studies<br />
Die Hochschul-Studiengänge neben der Ausbildung:<br />
Bachelor of Arts (B.A.) in Banking & Finance Business Administration<br />
Gesundheits- & Sozialmanagement International Business*<br />
International Management Steuerrecht<br />
Bachelor of Science (B.Sc.) in<br />
Automatisierungstechnik*** Wirtschaftsinformatik<br />
Bachelor of Engineering (B.Eng.) in<br />
Elektrotechnik** Elektrotechnik & Informationstechnik<br />
General Engineering Maschinenbau Maschinenbau** Mechatronik**<br />
Regenerative Energien Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau<br />
Bachelor of Laws (LL.B.) in<br />
Wirtschaftsrecht<br />
(Kooperation mit der *FH Köln, **Hochschule Bochum, ***Hochschule Mannheim)<br />
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Das Studienangebot kann je nach Studienort und -modell variieren.<br />
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Die Ungeduldigen.<br />
Viele gute Programmierer sind noch sehr jung.<br />
Wie kommt das? Und was bedeutet das für den Schulunterricht?<br />
Eine Geschichte über Neugier und Fragesteller.<br />
Von Kathrin hollmer / TexT & ClaudiaKlein.net / IllusTraTIon<br />
Mit fünfzehn hat Nick D’Aloisio für eine<br />
Geschichtsarbeit im Internet recherchiert<br />
und sich geärgert. Nicht weil er keine Lust auf<br />
das Thema hatte, sondern weil er die Suche<br />
mit Google schrecklich mühsam fand. Er<br />
klickte einen Link an, sah, dass auf der Seite<br />
dahinter nichts Interessantes stand, ging zurück<br />
zu den Suchergebnissen, klickte den<br />
nächsten Link an. „Dafür hat doch keiner die<br />
Zeit“, sagt der Londoner Schüler gern in Interviews.<br />
„Ich will sofort wissen, ob ich mir<br />
eine Website anschauen muss.“<br />
Während die meisten sich damit abfinden,<br />
dass das Suchen im Netz oft umständlich ist,<br />
hat Nick einen Weg gefunden, wie es doch anders<br />
geht. Heute ist er siebzehn und hat aus<br />
seinem Problem ein Geschäft gemacht. Ein<br />
Geschäft, in das Investoren wie Yoko Ono<br />
und Ashton Kutcher mehr als eine Million<br />
US-Dollar gesteckt haben.<br />
Dazu muss man wissen, dass Nick programmiert,<br />
seit er zwölf war. Mit neun bekam er<br />
seinen ersten Mac. Mit zwölf hat er sich mit<br />
YouTube-Videos und in Chats mit App-Entwicklern<br />
das Programmieren selbst beigebracht<br />
und schon mehrere Projekte entwickelt:<br />
SoundStumble zum Beispiel, eine App, mit<br />
der man sieht, welche Musik die Freunde in<br />
der Gegend gerade hören. Und Facemood,<br />
eine App, die Facebook-Timelines analysiert<br />
und anzeigt, wie es den Freunden geht.<br />
Mit der App Summly löste Nick sein Problem<br />
beim Recherchieren im Internet. Seine App<br />
nutzt einen Algorithmus, der anders als<br />
Google nicht nach Schlagwörtern, sondern<br />
nach Inhalten sucht. Sie liefert eine Zusammenfassung<br />
in Stichworten von maximal 400<br />
Zeichen. So weiß der Suchende gleich, ob sich<br />
ein Klick lohnt oder nicht. Die Testversion<br />
hat Nick innerhalb von drei Monaten programmiert,<br />
seit Ende 2012 steht eine verbesserte<br />
Version der iPhone-App im App Store.<br />
Im Dezember zählte sie bereits eine halbe<br />
Million Downloads. Seine Firma leitet Nick<br />
neben der <strong>Schule</strong>. Er spricht auf Konferenzen<br />
wie der DLD (Digital Life Design) in München<br />
und wird mit Steve <strong>Job</strong>s und dem Google-Gründer<br />
Sergey Brin verglichen.<br />
Nick kommt aus einer Generation, in der die<br />
meisten mit Computern, Tablet-PCs und<br />
Smartphones aufgewachsen sind. Die Studie<br />
Jugend 2.0 des Branchenverbands Bitkom<br />
aus dem Jahr 2011 hat gezeigt, dass 98 Prozent<br />
der Zehn- bis Achtzehnjährigen das Internet<br />
zumindest gelegentlich nutzen, bei den<br />
Zehn- bis Zwölfjährigen sind es 96 Prozent.<br />
(Fünf Jahre früher hatten laut dem Medienpädagogischen<br />
Forschungsverbund Südwest<br />
erst 90 Prozent der Zwölf- bis Dreizehnjährigen<br />
Onlineerfahrung.) Programmieren kann<br />
laut Bitkom schon knapp jeder fünfte Dreizehn-<br />
bis Fünfzehnjährige und gut jeder vierte<br />
Sechzehn- bis Achtzehnjährige.<br />
Wenn man früher mit dem Computer umgehen<br />
kann, fängt man auch früher an, Fragen<br />
zu stellen: Wie geht das? Warum funktioniert<br />
das so? Warum nicht anders? Die meisten Eltern<br />
haben auf solche Fragen keine Antworten.<br />
Sie können vielleicht zeigen, wie man ein<br />
Fahrrad zerlegt und wieder zusammenbaut.<br />
Aber einen Computer? Auch der achtzehnjährige<br />
Lukas Martini aus Mannheim, der<br />
seit einem Jahr als Systemadministrator beim<br />
Webdienst Soup.io arbeitet, war als Kind<br />
nicht zufrieden mit den Antworten, die er<br />
von seinen Eltern bekam. Mit sechs hat er am<br />
Computer seines Opas mit „Paint“ Bilder gemalt,<br />
mit zehn hat er seinen ersten Computer<br />
bekommen und mit elf angefangen zu programmieren.<br />
„In meinem Kopf existiert kein<br />
Zeitpunkt, zu dem ich keine Ahnung von<br />
Technik hatte. Mein Großvater erzählt immer,<br />
dass ich ihm schon in der ersten Klasse<br />
gesagt habe, welche neuen Computer auf den<br />
Markt kommen“, sagt Lukas. Er hat damals<br />
angefangen, sich den Quelltext von Webseiten,<br />
die er gut fand, anzuschauen, er las Computerzeitschriften<br />
und lernte im Internet, wie<br />
man Webseiten mit HTML baut. „Ich dachte<br />
immer: Okay, da wird eine Seite angezeigt,<br />
aber warum? Das wollte ich verstehen“, sagt<br />
er. Später hat er sich so die Sprachen PHP<br />
und Python beigebracht – ebenso wie alles<br />
andere, das er lernen wollte. Mit sechzehn<br />
brach er schließlich die <strong>Schule</strong> ab.<br />
Heute muss niemand einen Kurs besuchen,<br />
um programmieren zu lernen. Es gibt Foren<br />
und Tutorials, mit denen man programmieren<br />
lernen und sich abschauen kann, wie andere<br />
Probleme lösen. Ohne diese Möglichkeit<br />
gäbe es nicht so viele junge Programmierer,<br />
sagt Christian Borowski, Sprecher der niedersächsischen<br />
und Bremer Informatiklehrer in<br />
der Gesellschaft für Informatik und wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der Universität<br />
Oldenburg im Bereich Didaktik der Informatik.<br />
„Außerdem ist das Erlernen von Programmiersprachen<br />
inzwischen leichter geworden“,<br />
jetzt sCHule&JoB n o 01/13 15
sagt Borowski. „Programme zu schreiben wird<br />
immer einfacher. Mit der Programmiersprache<br />
Scratch lernen bereits Grundschüler programmieren.<br />
Das ist kein Zauberwerk.“<br />
Mit Lukas kann man gut über den Zauber des<br />
Programmierens sprechen. Er hat ein großes<br />
Bedürfnis, Hintergründe zu verstehen, und er<br />
will unbedingt etwas Eigenes schaffen. „Wenn<br />
ich die Technik verstehe“, sagt er, „begreife<br />
ich auch die Welt ein bisschen besser. Und<br />
wenn ich eine Idee habe, weiß ich, wie ich sie<br />
umsetzen kann.“ Gerade arbeitet Lukas – neben<br />
seinem <strong>Job</strong> bei Soup.io und seinem Engagement<br />
im Vorstand der Jungen Piraten – an<br />
Shortdiary.me, einer Tagebuchplattform. „Die<br />
Idee ist, dass man jeden Tag einen Eintrag<br />
schreibt, der nach sieben Tagen verschwindet<br />
und nicht mehr angezeigt wird. Nach einem<br />
Jahr kriegt man ihn wieder per Mail geschickt<br />
und liest, was man vor einem Jahr geschrieben<br />
und gedacht hat“, erklärt er. Spätestens<br />
im Frühjahr soll die Seite online gehen.<br />
Malte Götz aus Düsseldorf ist schon einen<br />
Schritt weiter. Der Siebzehnjährige hat das<br />
Browser-Add-on ProxTube entwickelt. Malte<br />
wusste, wie man YouTube-Videos ansehen<br />
kann, die in Deutschland – meist mit einem<br />
Verweis auf die GEMA – nicht gezeigt werden<br />
dürfen. „Das funktioniert, und zwar legal,<br />
indem man über einen Server in den USA<br />
geht. Das ist ganz einfach, aber das jedem<br />
Kumpel extra zu erklären ist schon ein bisschen<br />
nervig“, sagt Malte. Innerhalb weniger<br />
Tage entwickelte er ein Firefox-Add-on und<br />
stellte es zum Download online. Inzwischen<br />
hat Malte auch eine Chrome-Erweiterung<br />
programmiert. Zusammen wurden die beiden<br />
Add-ons mehr als fünf Millionen Mal heruntergeladen.<br />
Malte besucht die zwölfte Klasse<br />
eines Gymnasiums und ist im Informatikleistungskurs.<br />
Seinen ersten Computer hat er mit<br />
zehn bekommen und sich darauf das Programmieren<br />
beigebracht; zuerst die Programmiersprache<br />
Visual Basic, im Informatikunterricht<br />
kam Java hinzu, außerdem hat er gelernt, wie<br />
man Webseiten baut, später noch die Sprachen<br />
PHP und C#. Obwohl er sich aufs Abitur<br />
vorbereiten muss, arbeitet er nebenbei an<br />
Projekten für „Jugend forscht“ und den Studentenwettbewerb<br />
„Microsofts Imagine Cup“.<br />
Nach dem Abi will er studieren. „Irgendwas<br />
mit Informatik“, sagt er, aber genau weiß er<br />
es noch nicht.<br />
Wenn man die Geschichten von Nick, Lukas<br />
und Malte hört, kommt einem das Wort<br />
„Wunderkind“ in den Sinn. Ist es das richtige<br />
Wort, wenn man die Programmierleistung<br />
von Teenagern beschreiben will? „Ich halte<br />
mich nicht für ein Wunderkind“, sagt Malte.<br />
Lukas sagt: „Wenn man sich viel mit dem<br />
Computer beschäftigt, dann erreicht man irgendwann<br />
ein Level, auf dem man sehr gut<br />
damit umgehen kann.“ Zwar erfüllen die beiden<br />
die Definition eines „Wunderkinds“ insoweit,<br />
als sie schon als Jugendliche Fähigkeiten<br />
haben, die man normalerweise erst im<br />
Erwachsenenalter erreicht. Sie sind Ausnahmen,<br />
weil sie Probleme sehen und Lösungen<br />
entwickeln, die andere nicht sehen. Hinter<br />
den Fähigkeiten von Nick, Lukas und Malte<br />
steckt aber vielleicht nicht nur Talent, sondern<br />
wohl eher Fleiß und in erster Linie: Neu-<br />
16 jetzt sCHule&JoB n o 01/13
gier. Aber das verstehen nicht alle. Nick zum<br />
Beispiel erzählte seinen Freunden lange Zeit<br />
nichts davon, dass er gerade die Suche im Internet<br />
veränderte. Er hatte Sorge, sie würden<br />
ihn für einen Nerd halten.<br />
Immer wieder fordern Experten, dass an der<br />
<strong>Schule</strong> viel mehr Programmierkenntnisse<br />
vermittelt werden sollten. Manche sprechen<br />
sogar davon, dass die Programmiersprachen<br />
nach und nach zumindest eine Fremdsprache<br />
ersetzen sollten. Sie haben die Hoffnung,<br />
dass auf diese Weise Talente wie Malte und<br />
Lukas gefördert werden. Aber geht diese<br />
Rechnung auf?<br />
„Mit dem, was man in der <strong>Schule</strong> lernt, kann<br />
man nicht viel anfangen“, sagt Malte. Er findet<br />
den Informatikunterricht größtenteils<br />
veraltet. Erst jetzt im Leistungskurs lerne er<br />
das meiste komplett neu.<br />
Lukas hat die <strong>Schule</strong> in der zehnten Klasse<br />
abgebrochen und deshalb während seiner<br />
Schulzeit nur wenig Informatikunterricht genossen.<br />
„Ich bin immer in den Unterricht gegangen<br />
und habe die ersten zehn Minuten das<br />
gemacht, was wir gerade machen sollten –<br />
und mich danach mit den Sachen beschäftigt,<br />
die ich gerade selbst gebaut habe. Der Lehrer<br />
war ganz gut. Er hätte mir sicher etwas beibringen<br />
können, aber er musste das Niveau<br />
der Klasse bedienen“, erinnert sich Lukas.<br />
Christian Borowski glaubt, dass man Schüler<br />
wie Malte und Lukas anders fördern muss.<br />
Nicht durch ein neues Pflichtfach, sondern<br />
durch Wahlfächer, wie es in vielen Bundesländern<br />
seit Langem üblich ist. „Erfinder sind<br />
oft begeisterte Querköpfe“, sagt Borowski,<br />
der in Oldenburg einmal die Woche mit<br />
Grundschülern in einer AG Lego-Roboter<br />
programmiert. „Wenn man nur zu Hause vor<br />
sich hin programmiert, besteht die Gefahr,<br />
dass es unstrukturiert wird und keiner mehr<br />
die Codes lesen kann. In einer AG für Schüler,<br />
die bereits viel Programmiererfahrung<br />
haben, könnte Malte lernen, dass er Teile von<br />
ProxTube auch für andere Ideen verwenden<br />
kann, weil er die dahinterliegenden Konzepte<br />
in seinem Programm erkennt“, so Christian<br />
Borowski.<br />
Die entscheidende Qualifikation für einen<br />
Programmierer kann aber vermutlich auch<br />
der beste Lehrer nicht beibringen. Ein unbedarfter<br />
Mensch surft im Internet, stößt auf<br />
ein Problem und denkt sich: „Hm, geht nicht.<br />
Das ist wohl so.“ Ein programmierbegabter<br />
Mensch denkt vermutlich: „Geht nicht. Warum<br />
geht das nicht?“ Und dann fängt er an,<br />
nach einer Lösung zu suchen.<br />
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„An meinem ersten Tag bei KiK wurde ich einfach<br />
ins kalte Wasser geworfen, aber das hat<br />
mir nicht geschadet. Ganz im Gegenteil. Man<br />
lernt einfach viel mehr, wenn man schnell<br />
Verantwortung trägt und auch mal spontan<br />
sein muss. Das habe ich in der Zeit, die ich<br />
schon dabei bin, schnell festgestellt.“
Herr Moderator.<br />
Wenn die Schüler mehr wissen als der Lehrer,<br />
dann ist der Lehrer eigentlich kein Lehrer mehr,<br />
oder? Ein Gespräch mit Informatiklehrer<br />
Michael Fröhlich über einen Paradigmenwechsel.<br />
Von Peter Wagner / InTervIew & gerald Von Foris / foTo<br />
miChael FröhliCh IsT MedIenpädagogIsCHer<br />
BeraTer und leHrer für MaTHeMaTIk,<br />
pHysIk und InforMaTIk aM gyMnasIuM kIrCHseeon.<br />
er unTerrICHTeT seIT 25 JaHren.<br />
Herr Fröhlich, wie sah der Computerraum 1993 in Neubiberg<br />
aus, als Sie dort Lehrer waren?<br />
Es gab zwölf Standalone-Rechner. IBM-PCs mit Festplatten<br />
von je 20 MB.<br />
In jener Zeit waren Informatiklehrer noch Helden: Sie<br />
haben den Schülern Geräte gezeigt, die es zu Hause<br />
nicht gab. Was hat sich seitdem verändert?<br />
Erst haben immer mehr Familien Heimcomputer angeschafft,<br />
und es gab den Hype um Grafikkarten und Intel-<br />
Pentium-Prozessoren. Zu der Zeit musste man den Schülern<br />
klarmachen: Es ist egal, was das für ein Rechner ist,<br />
mach deine Arbeit! Um die Jahrtausendwende kam das<br />
Internet, und wir haben per Webcam zugesehen, wie<br />
Schiffe durch den Panamakanal geschleust wurden. Die<br />
nächste Phase, in der sind wir noch, ist die Virtualisierung<br />
des Unterrichts.<br />
Das heißt?<br />
Schüler und Lehrer treffen sich auf einer Lernplattform<br />
und schreiben zum Beispiel in der Woche vor einer Schulaufgabe<br />
ihre Lernfragen in ein Forum. Diese Fragen können<br />
dann gleichermaßen Mitschüler wie der Lehrer beantworten!<br />
Eine vollkommen neue Kultur des Lernens<br />
und Kooperierens.<br />
Dafür muss der Lehrer fit sein im Umgang mit neuen<br />
Medien. Spüren Sie die Überheblichkeit mancher Schüler,<br />
die im Gegensatz zu Ihnen mit dem Internet aufgewachsen<br />
sind?<br />
Jugendliche dürfen überheblich sein. Wenn sie etwas wissen,<br />
geben sie damit an.<br />
Na ja, wenn Schüler mehr wissen als Sie, ist Ihre Kompetenz<br />
infrage gestellt.<br />
Ich kann nicht alles wissen. Wenn es zum Problem wird,<br />
muss ich den Unterricht umstellen.<br />
Wie?<br />
Ich trage nicht mehr nur vor, ich moderiere. Das ist ein<br />
Paradigmenwechsel in der Lehrerwelt.<br />
Dieser Wechsel hat entscheidend mit der Digitalisierung<br />
des Lebens zu tun, weil Wissen überall abrufbar ist.<br />
Können alle Lehrer damit umgehen?<br />
Für viele ist es ein Problem. Das, was sie an der Uni gelernt<br />
haben, trägt sie nicht mehr durch die Berufsjahre.<br />
Wie reagieren die Kollegen auf die Digitalisierung?<br />
Es gibt ältere Lehrer, die sich nicht mehr damit auseinandersetzen<br />
wollen, es gibt aber auch jüngere Kollegen, die<br />
nicht damit anfangen.<br />
Das heißt?<br />
Es gibt Junglehrer, die kommen an die <strong>Schule</strong> und wissen<br />
nicht, wie man eine gute Internetrecherche macht. Das<br />
kriegen sie auch in der Lehrerausbildung nicht gezeigt.<br />
Tatsächlich, ist das so?<br />
Die können ein Arbeitsblatt schreiben, aber das Medium<br />
Internet als Unterrichtsmethode nutzen, das geht nicht.<br />
Entsteht nicht so etwas wie ein Lehrerprekariat, das<br />
vom Digitalen nix mitkriegt und dann schlechten Unterricht<br />
macht?<br />
Wenn ein Mensch gut mit Kindern umgehen kann, dann<br />
kann er das. Studien zeigen bislang, dass digitale Medien<br />
den Unterricht weder besser noch schlechter machen.<br />
Wissen alle Kollegen, was Facebook ist?<br />
Was genau sollen die darüber wissen?<br />
Dass es das gibt.<br />
Das wissen, glaube ich, schon die meisten.<br />
Wissen alle, wie’s funktioniert?<br />
Nein. Das wissen aber auch nicht alle Eltern.<br />
Sind Sechzehnjährige kompetenter im Umgang mit PCs<br />
als früher?<br />
Ich hatte Situationen, in denen ich einem Sechzehnjährigen<br />
gesagt habe: Schau mal, rechte Maustaste, „Bild speichern<br />
unter“, so kannst du das Bild auf der Festplatte ablegen.<br />
Wusste er nicht?<br />
Wenn die Lust auf „World of Warcraft“ haben, dann haben<br />
die für das andere auch keinen Kopf. Ich kann es nie<br />
verhindern, dass im Informatikunterricht mal Unterrichtsfremdes<br />
angeschaut wird, zum Beispiel Comics. Aber ich<br />
kann trotzdem den Horizont erweitern und darauf hoffen,<br />
dass sie an einer Aufgabe Spaß finden. Lernen ist<br />
kein Prozess, den man erzwingen kann.<br />
Interessieren sich heute mehr Schüler fürs Programmieren<br />
als früher?<br />
Nein.<br />
Warum?<br />
Wenn ich einen Programmierer ausbilde, braucht der immer<br />
einen, der ihm sagt, was er zu tun hat.<br />
Niemand bekommt gern was gesagt.<br />
Wenn ich Schüler berate, sage ich: Studier Medizin, Physik,<br />
lern ein Fach mit Inhalt. Dann kannst du immer noch<br />
in dem Bereich was programmieren.<br />
Es gibt Wissenschaftler, die empfehlen, Latein durch<br />
Programmieren zu ersetzen. Und Sie sagen, Programmieren<br />
soll man sich später bei Bedarf selber beibringen?<br />
Natürlich. Lieber bringen wir noch eine Fremdsprache an<br />
die <strong>Schule</strong>. Kommunizieren ist viel schwieriger. Das andere,<br />
das lernen sie schnell.<br />
18 jetzt sCHule&JoB n o 01/13
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POSTER
Schaut auf<br />
22 jetzt sCHULe&JoB N o 01/13
diese Stadt.<br />
Von Anke lübbert / TexT & MonikA keiler / FoTos<br />
Was passiert, wenn alle Jugendlichen ihre<br />
Region verlassen und die Demokratie den<br />
Falschen in die Hände fällt? Ein Beispiel<br />
aus Mecklenburg-Vorpommern.<br />
jetzt sCHULe&JoB N o 01/13 23
iM linken bilD DAS GYMnASiUM, reCHtS DAS „neGerHÄUSCHen‟.<br />
HAnneS rADiCke, 18 Jahre, schülersprecher Gymnasium<br />
Wie ist es, hier zu leben?<br />
Die Stadt hat ihre guten Seiten. Ich habe alles, was ich<br />
brauche: eine gute <strong>Schule</strong>, Handballverein, meinen Segelfl<br />
i e ge r c lu b.<br />
Was für eine Rolle spielt es für dich, dass die Stadt eine<br />
Hochburg des Rechtsextremismus ist?<br />
In meinem Alltag keine. Ich halte mich raus.<br />
Aus was?<br />
Aus politischen Dingen.<br />
Glaubst du, dass Jugendliche gefahrlos ihre Meinung<br />
vertreten können?<br />
Ja.<br />
Auch wenn sie ein Shirt tragen, auf dem steht: „Nazis<br />
raus“?<br />
Das nicht. Aber solange man seine Meinung nicht auf<br />
dem Präsentierteller vor sich herträgt, ist alles okay.<br />
I<br />
In dieser Stadt hat sich etwas verschoben. „Kanaken zerhacken“<br />
steht an der Bushaltestelle am Bahnhof. Im Zentrum<br />
finden sich ein rechter Szeneladen und ein rechtes<br />
Schulungs- und Veranstaltungszentrum. In der Stadtvertretung<br />
sitzen zwei NPD-Abgeordnete, die in den Sitzungspausen<br />
mit der CDU-Fraktion Kaffee trinken. An<br />
einem Tisch. Auf der Propagandaseite „Mupinfo“ rühmen<br />
sich zwei NPD-Funktionäre und Köpfe der Kameradschaftsszene<br />
damit, dem städtischen Gymnasium 300 Euro<br />
für Sportgeräte gespendet zu haben. Die Stadt liegt in<br />
Vorpommern. Wie sie heißt, soll in diesem Text keine<br />
Rolle spielen. Es könnte Demmin sein, Pasewalk oder Ueckermünde.<br />
Ihre Probleme sind die einer ganzen Region.<br />
JürGen StÄHle, 58 Jahre, schulleiter Gymnasium<br />
Spielen rechtsextreme Strukturen bei Ihnen im Schulalltag<br />
eine Rolle?<br />
Nein. Wir geben an unserer <strong>Schule</strong> weder dem Rechtsnoch<br />
dem Linksextremismus ein Podium. Ich halte übrigens<br />
beide für gleichermaßen gefährlich.<br />
Rechtsextremismus ist also kein Problem?<br />
An der <strong>Schule</strong> selbst nicht. Wir tun ja auch eine Menge dagegen.<br />
Extremismus ist immer ein Problem der gesamten<br />
Gesellschaft, vornehmlich dort, wo demokratische Strukturen<br />
wegbrechen sowie Arbeits- und Perspektivlosigkeit<br />
den Alltag bestimmen. Eine Folge dieser Entwicklung<br />
ist, dass 93 Prozent unserer Absolventen seit der Wende<br />
das Land Mecklenburg-Vorpommern verlassen haben.<br />
Einen derartigen Verlust an kreativen Köpfen kann auf<br />
Dauer wohl keine Region kompensieren. Da fragt man<br />
sich auch: Mit wem und für wen machen wir hier morgen<br />
noch Demokratie?<br />
Glauben Sie, dass wir morgen noch Demokratie machen?<br />
Es gibt nach wie vor viele engagierte Bürger, die in ganz<br />
verschiedenen Bereichen Großartiges leisten. Das stimmt<br />
mich optimistisch. Ich sehe aber auch Gefahren. Die<br />
Menschen hier fühlen sich oft alleingelassen. Viele Hoffnungen<br />
und Erwartungen nach der Wende haben sich<br />
nicht erfüllt.<br />
Eine private Werbefirma hatte im Auftrag der <strong>Schule</strong><br />
eine Zeit lang in der Stadt um Spenden geworben. Zwei<br />
Jahre nach Eingang diverser Spenden wurde Schulleiter<br />
Jürgen Stähle darauf aufmerksam gemacht, dass auch<br />
24 jetzt sCHULe&JoB N o 01/13
Berufsbegleitend<br />
studieren an der HFH<br />
in Ihrer Nähe.<br />
stadtbekannte Nazis unter den Geldgebern waren, die<br />
sich noch heute auf besagter Webseite mit der Spende<br />
brüsten. Stähle kontaktierte seine Vorgesetzten – die<br />
Schulaufsicht, den Schulträger sowie die Polizei. Muss<br />
das Geld zurückgegeben werden? Der Direktor sagt:<br />
„Wir erhielten die Bestätigung, dass kein schuldhaftes<br />
Verhalten vorliegt und somit unsererseits kein Handlungsbedarf<br />
besteht.“<br />
Seit 1990 hat die Stadt fast ein Drittel ihrer Einwohner<br />
verloren. Jahr für Jahr verlassen Menschen die Region,<br />
vor allem die gut ausgebildeten und motivierten. Die ganze<br />
Stadt ist Zeuge dieser Abstimmung mit den Füßen. Jeder<br />
hier hat miterlebt, wie immer mehr Freunde und Verwandte<br />
weggingen, wie Hoffnung dem Zynismus gewichen<br />
ist und der Glaube an einen rettenden Investor verschwand.<br />
Trotzdem gibt es Jugendliche in der Stadt, die<br />
hier erwachsen werden und ihren Platz suchen. Robert ist<br />
sechzehn und einer von ihnen,<br />
Man muss in den Stadtpark, wenn man mit ihm reden<br />
will. Dort sitzen die Punks in einer Hütte, die sie „Negerhäuschen“<br />
nennen. So hieß das Häuschen schon immer,<br />
angeblich weil das Dach der Hütte mit Stroh gedeckt ist.<br />
Roberts Haare sind bunt gefärbt, er versucht gerade, seinen<br />
Schulabschluss nachzumachen. Er spricht viel und<br />
schnell und schaut sich immer wieder Richtung Parkeingang<br />
um, es ist ein Schulterblick, wie beim Linksabbiegen.<br />
Im Mai haben Nazis seine Freunde zusammengeschlagen,<br />
drei von ihnen landeten im Krankenhaus. „Die<br />
haben ,asoziale Schweine‘ und ,Dreckspack‘ gerufen und<br />
hatten Eisenstangen und Totschläger dabei“, erinnert<br />
sich Robert. Er konnte sich vor den zwanzig Schlägern in<br />
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AUF Den DeMokrAtielADen.
einen Kellereingang retten. Seitdem schaut er immer wieder<br />
hinter sich. Die Überfälle haben kaum etwas verändert.<br />
„Normale Bürger“ hätten weiterhin nichts zu befürchten,<br />
sagte der parteilose Bürgermeister der Stadt in<br />
einem Interview. Und sein Stellvertreter sagte, er habe<br />
keine Lust, die Verletzten im Krankenhaus zu besuchen.<br />
In der Öffentlichkeit gelten die Übergriffe als Höhepunkt<br />
einer Art Bandenkrieg. Rechte gegen Linke, Punks gegen<br />
Nazis. Dass die Punks auf öffentlichen Plätzen herumsitzen<br />
und Alkohol trinken, nervt viele. Sie sind eine<br />
lose Gruppe von gut zwei Dutzend Jugendlichen, die eine<br />
diffuse Antihaltung verbindet. Sie werden nicht ernst genommen.<br />
Muss man also auch die Schläger nicht ernst<br />
nehmen?<br />
In der Stadt trifft „ein strukturell starker Rechtsextremismus<br />
auf geschwächte demokratische Strukturen“, schreibt<br />
Dierk Borstel, Professor für praxisorientierte Politikwissenschaften<br />
an der Fachhochschule Dortmund, in seinem<br />
Buch „Braun gehört zu bunt dazu“. Die Nazis sehen die<br />
Region als „national befreite Zone“, als einen Raum, in<br />
dem sie Recht setzen und umsetzen. 1996 gründet sich in<br />
der Stadt der „Kameradschaftsbund“, der rechtsextreme<br />
Konzerte organisiert und für die nächsten Jahre die rechte<br />
Szene und Jugendkultur entscheidend prägt. Hinzu kommen<br />
die Kameradschaft „Jungsturm“ und die „Hammerskins“,<br />
eine Organisation im Geiste der verbotenen Gruppierung<br />
„Blood and Honour“. 2003 zieht der NPD-Mann<br />
Michael Andrejewski aus Baden-Württemberg in die<br />
Stadt, sitzt bald in Stadtvertretung und Kreistag, seit 2006<br />
auch im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Wenke GrAMS, 21 Jahre, studentin in Potsdam<br />
Hast du dich wegen deines Engagements für die Demokratie<br />
in der Region bedroht gefühlt?<br />
Nein, ich persönlich nicht. Dafür war ich nicht bekannt<br />
genug. Aber ich mache mir Sorgen um andere. Zum Beispiel<br />
um Kollegen, mit denen ich während meines „Freiwilligen<br />
Sozialen Jahres in der Demokratie“ zusammengearbeitet<br />
habe und die eine persönliche Durchwahl zur<br />
Polizei in ihrem Handy gespeichert haben.<br />
Aber für dich persönlich spielt es keine Rolle?<br />
Neulich gab es eine Situation.<br />
Welche?<br />
Eine Schulfreundin, die jetzt in Berlin lebt, wollte ihren<br />
Freund, einen Kenianer, mit zu ihren Eltern nehmen. Sie<br />
hat mich gefragt, ob ich denke, dass das geht. Und welche<br />
Konsequenzen es für ihn, aber langfristig auch für ihre<br />
Familie haben würde.<br />
Je weniger Menschen öffentlich gegen die rechte Ideologie<br />
auftreten, desto stärker stehen sie im Rampenlicht. In<br />
der Innenstadt, in einem ehemaligen Ladengeschäft, liegt<br />
der Demokratieladen. Träger sind der Verein „Demokratisches<br />
Ostvorpommern“ und die Landeszentrale für politische<br />
Bildung. Die Mitarbeiter organisieren Diskussions-<br />
und Kulturveranstaltungen und sind Ansprechpartner<br />
für alle, die eine aktive Zivilgesellschaft aufbauen wollen.<br />
Zweimal war der Laden in jüngerer Vergangenheit<br />
Ziel eines Anschlags. Im März 2012 wurden Davidsterne<br />
auf die Fensterscheiben geschmiert; im Mai 2012, kurz<br />
vor den Überfällen auf die Punks im Stadtpark, kippte<br />
jemand Buttersäure durch einen Türschlitz in das Ladeninnere.<br />
Wie kommt es zu der Gleichgültigkeit, die viele<br />
hier gegenüber den rechtsextremen Strukturen haben?<br />
„Vor die Wahl gestellt zwischen Unordnung und Unrecht,<br />
entscheidet sich der Deutsche für das Unrecht.“ Das ist<br />
ein Zitat von Johann Wolfgang von Goethe, aber eine<br />
Mitarbeiterin des Demokratieladens verwendet es für ei-<br />
nen Erklärungsversuch.<br />
ole HinnebUrG, , 21 Jahre, studiert in Kiel<br />
Du bist seit 14 Jahren bei einem Tanz- und Artistikensemble<br />
der Stadt engagiert und hast bis zum Abitur<br />
2009 hier gelebt. Was ist deine Erfahrung mit dem<br />
Rechtsextremismus?<br />
Wie viele Nazis es hier gibt, habe ich überhaupt erst festgestellt,<br />
als ich die Stadt verließ. Vorher ist es mir nicht so aufgefallen.<br />
In unserem Verein sind wir unpolitisch.<br />
Was heißt das?<br />
Nazis gab es bei uns nicht, aber es heißt zum Beispiel,<br />
dass die Kinder mit bunt gefärbten Haaren nicht mittanzen<br />
durften.<br />
Warum nicht?<br />
Weil das in der Öffentlichkeit als links gilt.<br />
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WenDe Die StADt UnD DAS bUnDeSlAnD VerlASSen.<br />
Ist das negativ besetzt?<br />
Schon. Ich habe dagegen oft gehört, dass die Rechten angenehmer<br />
sind, weil sie die öffentliche Ordnung nicht stören.<br />
Wenke Grams hat das Gymnasium besucht, an dem Jürgen<br />
Stähle Direktor ist. Nach dem Abitur hat sie beschlossen,<br />
für ein „Freiwilliges Soziales Jahr in der Demokratie“<br />
in der Stadt zu bleiben. Sie erinnert sich, dass<br />
es in jedem Jahrgang Jugendliche gab, die zu den Rechten<br />
gehörten. „Im Unterricht spielte das aber keine Rolle“,<br />
sagt sie. Der Geschichtsunterricht habe aus Zahlen, Daten,<br />
Fakten bestanden. „Politische Diskussionen gab es<br />
höchstens in den Pausen. Viele meiner Mitschüler haben<br />
auch gesagt: Der ist zwar rechts, aber menschlich ist der<br />
doch ganz okay“, erinnert sich Wenke. „Es hatte auch etwas<br />
von einem Machtspiel. Die Nazis konnten sich ja sicher<br />
sein, dass man Respekt vor ihnen hatte. Einen Nazi<br />
in seinem Freundeskreis zu haben war für viele auch eine<br />
Absicherung, dass sie in Ruhe gelassen würden.“<br />
„Ich nehme erst mal jeden, solange er nicht agitiert“, sagt<br />
Roderich Eichel, 45 Jahre, gelernter Tischler und<br />
„Mühlentreff“-Chef. Der Club liegt in einer Baracke am<br />
MArCo *, 24 Jahre, „Mühlentreff‟<br />
Ich war mal in der rechten Szene. Habe auch Ausländer<br />
verprügelt und war deshalb drei Monate im Knast.<br />
Und dann bist du ausgestiegen?<br />
Ja. Rodi (Anm.: der Leiter des Jugendclubs „Mühlentreff“)<br />
hat mich da rausgeholt. Er hat an mich geglaubt, hier im<br />
„Mühlentreff“ bin ich seine zweite Hand.<br />
Und zu den Rechten hast du keinen Kontakt mehr?<br />
Ich versuche, ihnen aus dem Weg zu gehen. Die haben Kameradschaft<br />
und Freundschaft gepredigt, aber wenn es<br />
hart auf hart kam, haben sie einen fallen gelassen. Nur in<br />
einer Sache, mit den Ausländern, haben sie meiner Ansicht<br />
nach recht.<br />
Übergang zwischen Innenstadt und Plattenbau, in einer<br />
ruhigen Straße zwischen Einfamilienhäusern. Roderich<br />
Eichel hält nicht viel davon, die Stadt schlechtzumachen.<br />
„Jeder kann ja seinen Beitrag dazu leisten, dass sie schöner<br />
wird“, sagt er. Ganz oben in der Hausordnung steht<br />
der Satz „Jeder hier ist gleich viel wert“, weiter unten wird<br />
Sexismus verboten, Drogen, Gewalt. Rechtsextremismus<br />
kommt nicht vor. Einer der Jungs, die in der Werkstatt<br />
schrauben, trägt das Shirt einer Rockband, die im Verdacht<br />
steht, rechtsoffen zu sein. Würde es funktionieren,<br />
Rechtsextremen konsequent die Tür zu verbieten? „Die<br />
Grenzen sind fließend“, sagt Roderich Eichel. „Das lässt<br />
sich nicht immer nachprüfen. Mir ist wichtig, dass die Jugendlichen<br />
die Hausordnung akzeptieren, dass sie sich an<br />
die Gewaltfreiheit halten und daran, dass alle das gleiche<br />
Recht haben, hier zu sein. Man muss bedenken, dass die<br />
meisten Jugendlichen noch mitten in ihrem politischen<br />
Entwicklungsprozess stecken. Wenn wir die rauswerfen,<br />
nehmen wir uns die Chance, sie zu erreichen.“<br />
Vor zwei Jahren bezeichnete der Autor Moritz von Uslar<br />
die Stadt als „kaputteste, fertigste und unseligste Stadt<br />
Deutschlands“. Die Stadt ist ausgeblutet und ringt um<br />
eine Perspektive. Sie verliert immer noch, Jahr für Jahr,<br />
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11. März 2013<br />
in München<br />
ihre Einwohner. Aber es gibt eine Intercity-Verbindung.<br />
Es gibt ein Hallenbad, ein Kino und ein Theater. Und für<br />
eine Stadt mit 13 000 Einwohnern gibt es eine beeindruckende<br />
Vielzahl an Sport- und anderen Vereinen. Im vergangenen<br />
Sommer gründete sich das Aktionsbündnis<br />
„Vorpommern: weltoffen, demokratisch, bunt!“, das innerhalb<br />
kürzester Zeit 2000 Menschen für eine Menschenkette<br />
gegen ein Fest der NPD mobilisierte. Auch die<br />
Mitarbeiter des Demokratieladens waren unter den Initiatoren.<br />
„Diese Aktion hat uns viel Energie und Hoffnung<br />
gegeben“, sagt Wenke Grams. Die Frage ist allerdings, ob<br />
das reicht.<br />
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Auf den<br />
Sack gehn.<br />
Sie boxen, weil sie<br />
sich nicht mehr unterbuttern<br />
lassen wollen: Eindrücke<br />
vom Mädchentraining beim<br />
SV Stahl Schöneweide.<br />
Von katharina behling / FOtOS & ruben donsbach / tExt<br />
jetzt SCHULE&JOB N o 01/13 31
32 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13<br />
die Mädchen s<br />
gerader, sagt<br />
trainerin. sie<br />
selbstbewuss
tehen<br />
die<br />
sind<br />
ter.<br />
Im Übergangsgebiet zwischen Berliner Zentrum<br />
und Peripherie leitet Peggy Maelicke das<br />
Frauen-Boxtraining des SV Stahl Schöneweide.<br />
In Paaren üben ihre Schülerinnen einmal<br />
die Woche kompliziert aussehende Boxkombinationen<br />
in einer in die Jahre gekommenen<br />
Sporthalle. Turnschuhe quietschen, und Sandsäcke<br />
ächzen dumpf. Im Hintergrund hängen<br />
überlebensgroße Poster von Muhammad Ali<br />
und dessen Tochter Laila.<br />
Ein etwas verlebter Ort vielleicht, aber einer,<br />
an dem man Ambitionen spürt, an dem mit<br />
Disziplin und Konzentration gearbeitet wird.<br />
Für Peggy Maelicke sind die Mädchen und<br />
jungen Frauen „wie eine Familie“, die sie beim<br />
Erwachsenwerden begleitet. Viele kommen<br />
schon mit acht Jahren zum Training und bleiben<br />
oftmals bis ins Erwachsenenalter. „Von<br />
der Friseurin und der Studentin bis zum Vorstandsmitglied<br />
haben wir alle dabei“ sagt<br />
Maelicke, die eine Art Ersatzschwester ist, die<br />
bei Liebeskummer mit dem ersten Freund<br />
oder Stress in der Familie zuhört.<br />
Peggy Maelicke ist mit 16 Jahren zur Berliner<br />
Polizei gegangen, heute leitet sie das Sportund<br />
Einsatztraining ihrer Behörde. Sie stand<br />
im Kader der deutschen Kickbox-Nationalmannschaft.<br />
Neben Beruf und Sport hat sie<br />
die Zeit gefunden, mindestens einmal die<br />
Woche Entwicklungshilfe im Frauenboxen<br />
beim SV Stahl zu geben. Als sie selbst einst<br />
zum traditionellen Boxen wechselte, war sie<br />
ein Exot unter Kerlen. Sie musste sich durchsetzen<br />
gegen Vorurteile und Mackertum. ><br />
jetzt SCHULE&JOB N o 01/13 33
34 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13<br />
„Wir traini<br />
geist und s
eren<br />
eele.“<br />
Maelicke glaubt, der Boxsport kann einem<br />
helfen, sich im Leben durchzusetzen. Das<br />
Training ist mehr als ein reines Fitnessprogramm.<br />
Sobald „die Mädchen“ ankommen, wird jede<br />
persönlich begrüßt, dann wird die abgelaufene<br />
Woche besprochen: Welche Wettkämpfe<br />
gab es? Wer hatte Geburtstag? Hat jemand etwas<br />
von zu Hause zu berichten? Der Zusammenhalt<br />
und die Gruppendynamik der Boxfamilie<br />
profitieren von solchen Ritualen.<br />
Danach wird gearbeitet. Seilspringen, Krafttraining,<br />
Technik am Sandsack. Boxen ist eine<br />
der komplettesten Sportarten. „Wir trainieren<br />
Geist und Seele“ sagt Peggy Maelicke. „Viele<br />
Mädchen formt das Boxen für das ganze Leben.<br />
Sie stehen gerader. Sie sind selbstbewusster,<br />
und sie lassen sich von den Jungs<br />
nicht mehr so leicht unterbuttern.“<br />
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In der fünften Klasse lernte ich im Keller. Denn der<br />
Gang, in dem die jüngsten Schüler meines Gymnasiums<br />
untergebracht waren, lag im untersten Stockwerk. Von<br />
der Eingangshalle führte eine Treppe hinunter, und dann<br />
konnte man geradeaus durch eine Tür zu den Toiletten<br />
gehen oder links abbiegen, ins Dunkle und zu den Fünfern.<br />
Die klumpten sich morgens vor der verschlossenen<br />
Feuerschutztüre, die in ihren Gang führte, bis der Hausmeister<br />
kam und sie aufschloss. Und sie machten brav<br />
Platz, wenn ältere Schüler auf dem Weg zum Klo vorbeikamen:<br />
die Sechser und Siebener aus dem ersten Stock,<br />
die Achter und Neuner aus dem zweiten, die Zehner aus<br />
dem dritten. Und die Oberstufenschüler aus dem Nebengebäude,<br />
dessen Betreten vor Erreichen der elften Klasse<br />
streng verboten war.<br />
Auf dem Gymnasium konnte ich sehr gut beobachten,<br />
wie ich älter wurde. Weil ich jedes Jahr in einen neuen<br />
Raum zog, mindestens alle zwei Jahre in ein neues Stockwerk<br />
und am Ende sogar in ein anderes Gebäude. Gemeinsam<br />
mit Menschen in meinem Alter, die in Mathe<br />
neben mir stöhnten, die Umkleidekabine mit mir teilten<br />
und mir im Kunstunterricht den Farbkasten liehen, beobachtete<br />
ich, wie die Menge an Schülern im Gebäude, die<br />
jünger waren als wir, jedes Jahr wuchs. Die Menge derer,<br />
die älter waren, schrumpfte im Verhältnis dazu. Wir bewegten<br />
uns in einem Raum, der das Alter eines jeden darin<br />
abbildete, anhand der Gänge und Räume und Gebäudeteile.<br />
Wie Lettern in einem Setzkasten hatte jede<br />
Gruppe ihren Platz und ihren Status. Manchmal sogar<br />
eine Aura. Spätestens in der neunten Klasse fing man<br />
nämlich an, sich in Oberstufenschüler zu verlieben. Nicht<br />
nur, weil sie süß waren und manchmal sogar schon ein<br />
bisschen Bart hatten, sondern weil sie im Oberstufengebäude<br />
verschwanden, als gingen sie durch ein geheimes<br />
Portal in ein verborgenes Königreich. In Wirklichkeit lagen<br />
hinter dem Portal natürlich nur das Treppenhaus und<br />
VON NADJA SCHLÜTER / TEXT<br />
Schließfächer mit stinkenden Turnschuhen drin. Hätte<br />
ich damals nicht dieses Bezugssystem aus Fünfern mit zu<br />
großen Rucksäcken, Neunern mit Akne und Dreizehnern<br />
mit Zigaretten gehabt, wäre mir das Größerwerden sicher<br />
weniger aufgefallen. Man schaut ja nicht dauernd an sich<br />
herunter und sagt: „Oha, wieder zwei Zentimeter mehr<br />
als im letzten Jahr!“ oder: „Ich seh viel reifer aus als in<br />
der Neunten!“ Aber wenn ich zu Beginn eines neuen<br />
Schuljahrs morgens zu den Toiletten ging, mitten durch<br />
diesen Klumpen aus Zehn- und Elfjährigen mit Schnupfnasen<br />
in Anoraks, dann war die durchschnittliche Höhe<br />
dieses Klumpens schon wieder etwas niedriger geworden<br />
und die Kulleraugen noch etwas kindlicher als im Vorjahr.<br />
Heute stelle ich mir mein Schulgebäude manchmal im<br />
Querschnitt vor. Dann sehe ich auf den ersten Blick einen<br />
wilden Ameisenhaufen, auf den zweiten aber ein geordnetes<br />
System. Wenn man als Schüler da hindurchtransportiert<br />
wird, weiß man immer genau, wo man sich befindet,<br />
in welchem Verhältnis zu den anderen man steht und<br />
welchen Status man in diesem Gefüge hat. Am Ende wird<br />
man oben, zwanzig bis vierzig Zentimeter größer, ausgespuckt<br />
und landet in der Welt, die erst einmal überhaupt<br />
nicht mehr nach diesem Prinzip funktioniert. Sie ist ziemlich<br />
chaotisch, und es ist viel schwieriger als vorher, jemanden<br />
zu finden, der dir seinen Farbkasten leiht. Keiner<br />
sagt mehr: „Das ist dein Stockwerk, das ist dein Raum,<br />
und das sind deine Klassenkameraden“, und die Fünfer,<br />
die dir acht Jahre lang das Gefühl gegeben haben, überlegen<br />
zu sein, sind auf einmal auch nicht mehr da. Es gibt<br />
keinen Keller und keine Gänge mit Feuerschutztüren<br />
mehr. Dafür gibt es auf einmal sehr, sehr viel Unordnung<br />
und ebenso viele Möglichkeiten, tausendmal mehr als auf<br />
dem Schulhof. Und dann muss man halt einfach losgehen<br />
und einen neuen<br />
Platz finden.<br />
Manchmal fallen einem die Seltsamkeiten<br />
der Schulzeit, der Studienzeit und des<br />
<strong>Job</strong>lebens erst mit ein bisschen Abstand auf.<br />
Unsere Kolumnistin notiert sie − in diesem<br />
Heft, in jetztUNI&JOB am 15. April und in<br />
jetzt LEBEN&JOB am 13. Mai.<br />
IMPRESSUM jetztSCHULE&JOB Eine Verlagsbeilage der <strong>Süddeutsche</strong>n <strong>Zeitung</strong> im März 2013 Verlag <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> GmbH, Hultschiner Straße 8,<br />
81677 München, Tel. 0 89 / 21 83 - 0 Chefredakteur Kurt Kister Verantwortlich im Sinne des Presserechts Dirk von Gehlen Redaktion Peter Wagner<br />
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aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages<br />
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Veröffentlichung gemäß Art. 8 Abs. 3 Bayerisches Pressegesetz Alleinige Gesellschafterin der <strong>Süddeutsche</strong> <strong>Zeitung</strong> GmbH ist die <strong>Süddeutsche</strong>r Verlag GmbH,<br />
München. An dieser sind beteiligt: Südwestdeutsche Medien Holding GmbH, Stuttgart: 81,25 %; SV Friedmann Holding GmbH, Grünwald: 18,75 %.<br />
38 jetzt SCHULE&JOB N o 01/13
Der <strong>Süddeutsche</strong> Verlag ist eine hundertprozentige Tochterfirma der Südwestdeutschen Medienholding GmbH, einem der<br />
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