130830_Action Report M_group preventive detention final german ...
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30. August 2013<br />
Abschließender Bericht über die Urteilsumsetzung<br />
Fallgruppe M. gegen Deutschland<br />
Bericht zur Umsetzung des Leiturteils des Europäischen Gerichtshofs für<br />
Menschenrechte vom 17. Dezember 2009 sowie 11 weiterer Urteile betreffend die<br />
nachträgliche Verlängerung oder Anordnung von Sicherungsverwahrung<br />
I. Einführung<br />
1 Der Bericht bezieht sich auf folgende Entscheidungen:<br />
Fallgruppe 1: Nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung<br />
Beschwerde Nr. Fall Urteil vom Endgültig am Verletzung von<br />
19359/04 M. 17.12.2009 10.05.2010 Artikel 5 und 7<br />
30060/04 J. 14.04.2011 14.07.2011 Artikel 5 und 7<br />
17792/07 K. 13.01.2011 13.04.2011 Artikel 5 und 7<br />
20008/07 M. 13.01.2011 13.04.2011 Artikel 5 und 7<br />
27360/04, S. 13.01.2011 13.04.2011 Artikel 5 und 7<br />
42225/07<br />
4646/08 H. 24.11.2011 24.02.2012 Artikel 5 und 7<br />
21906/09 K. 19.01.2012 19.04.2012 Artikel 5<br />
Fallgruppe 2: Nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung bzw. der Unterbringung<br />
Beschwerde Nr. Fall Urteil vom Endgültig am Verletzung von<br />
61272/09 B. 19.04.2012 19.07.2012 Artikel 5<br />
6587/04 H. 13.01.2011 13.04.2011 Artikel 5<br />
Fallgruppe 3: Nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach Unterbringung in<br />
einem psychiatrischen Krankenhaus<br />
Beschwerde Nr. Fall Urteil vom Endgültig am Verletzung von<br />
61827/09 K. 07.06.2012 07.09.2012 Artikel 7<br />
65210/09 G. 07.06.2012 07.09.2012 Artikel 7<br />
3300/10 S. 28.06.2012 28.09.2012 Artikel 5<br />
1
2 Am 11. März 2013 hat die Bundesregierung einen umfassenden Bericht über die<br />
Maßnahmen vorgelegt, die zur Umsetzung des Leiturteils des Europäischen Gerichtshofs für<br />
Menschenrechte am 17. Dezember 2009 sowie 11 weiterer Urteile betreffend die<br />
nachträgliche Verlängerung oder Anordnung der Sicherungsverwahrung ergriffen wurden. In<br />
dem Bericht, auf den hiermit Bezug genommen wird, legte die Bundesregierung dar, dass<br />
das Bundesverfassungsgericht zur Umsetzung des sogenannten Abstandsgebots zwischen<br />
der Sicherungsverwahrung und dem Strafvollzug eine Frist bis zum 31. Mai 2013 gesetzt<br />
hatte. Diese Frist ist abgelaufen und nachfolgend wird in Ergänzung des letzten<br />
Umsetzungsberichts über die Gesetzesänderungen auf Landesebene sowie die Maßnahmen<br />
zur Umsetzung des Abstandsgebots in der Praxis informiert:<br />
II. Gesetzesänderungen auf Landesebene<br />
3 Wie bereits im letzten Umsetzungsbericht dargelegt, hat die Arbeitsgruppe der Länder unter<br />
Beteiligung des Bundesministeriums der Justiz im Auftrag der Konferenz der<br />
Justizministerinnen und Justizminister der Länder gesetzliche Grundlagen zur Neuregelung<br />
des Vollzuges der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung sowie besondere<br />
Vorschriften im Vollzug der Freiheitsstrafe bei angeordneter oder vorbehaltener<br />
Sicherungsverwahrung erarbeitet. Dabei wurden die Entscheidung des<br />
Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 und die vom Bundesgesetzgeber festgelegten<br />
Leitlinien (insbesondere in § 66c StGB n. F.) einbezogen. Die vorgeschlagenen gesetzlichen<br />
Grundlagen verstehen sich nicht als Mustergesetzentwurf, sondern haben beispielhaften<br />
Charakter, um aufzuzeigen, mit welchen Formulierungen die als notwendig erachteten<br />
Neuregelungen im künftigen Vollzug der Sicherungsverwahrung und im künftigen Vollzug der<br />
Freiheitsstrafe bei Gefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung<br />
grundsätzlich gesetzlich umgesetzt werden können. Die Länder hatten sodann zu<br />
entscheiden, ob und in welcher Form die Änderungen länderspezifisch normiert wurden.<br />
4 In den einzelnen Ländern sind deshalb folgende Gesetzesänderungen erfolgt:<br />
5 Am 1. Juni 2013 ist das Gesetz zur Schaffung einer grundgesetzkonformen Rechtsgrundlage<br />
für den Vollzug der Sicherungsverwahrung in Baden-Württemberg in Kraft getreten (GBl. BW<br />
2012 Nr. 17, S. 581). Die Untergebrachten haben einen Anspruch auf Durchführung<br />
individueller sozialtherapeutischer, psychotherapeutischer und psychiatrischer<br />
Behandlungsmaßnahmen. Geregelt ist zudem die fortwährende Verpflichtung der<br />
Vollzugseinrichtung, die Mitwirkungsbereitschaft der Untergebrachten zu wecken und zu<br />
fördern. Untergebrachte dürfen sich selbst verpflegen. Ihnen ist gestattet, sich außerhalb der<br />
Nachtruhe in den für sie vorgesehenen Innenbereichen und dem dazugehörenden<br />
2
Außenbereich frei zu bewegen. Vollzugsöffnende Maßnahmen sind zu gewähren, sobald<br />
und soweit zwingende Gründe nicht entgegenstehen.<br />
6 Am 1. Juni 2013 ist in Bayern das Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung<br />
(Bayerisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz - BaySvVollzG) vom 22. Mai 2013<br />
(BayGVBl. 275) in Kraft getreten. Das Gesetz löste die bis zum 31. Mai 2013 für<br />
Sicherungsverwahrte geltenden Vorschriften der Art. 159 bis 164 des Bayerischen<br />
Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG) ab. Die Sicherungsverwahrten erhalten insbesondere<br />
einen individualisierten Behandlungsanspruch, eine umfassende Bewegungsfreiheit, das<br />
Recht auf Tragen eigener Kleidung und Benutzung eigener Wäsche, das Recht zur<br />
Selbstverpflegung, das Recht auf die Pflege weitgehender Außenkontakte, ein deutlich<br />
erhöhtes Lohnniveau bzw. Taschengeld sowie einen grundsätzlichen Anspruch auf<br />
vollzugsöffnende Maßnahmen. Innerhalb der Einrichtung gewährt das BaySvVollzG<br />
Sicherungsverwahrten eine weitest gehende Bewegungsfreiheit, die außerhalb der<br />
Nachtruhe auch im Außenbereich besteht.<br />
7 In Berlin ist das Gesetz über den Vollzug der Sicherungsverwahrung in Berlin am 1. Juni<br />
2013 in Kraft getreten. Es trägt den Anforderungen an eine verfassungsgemäße, einen<br />
deutlichen Abstand zum Strafvollzug herstellende und konsequent am Vollzugsziel<br />
ausgerichteten Unterbringung in der Sicherungsverwahrung Rechnung, indem es den<br />
Vollzug therapiegerichtet und freiheitsorientiert ausgestaltet und den Untergebrachten ein<br />
Leben in Würde und weitgehender Selbstbestimmung ermöglicht. So sieht es einen<br />
Rechtsanspruch der Untergebrachten auf Unterbreitung von individuell auf sie<br />
zugeschnittenen Behandlungsangeboten vor, soweit Standard-Therapiemethoden nicht<br />
ausreichen oder keinen Erfolg versprechen. Das Gesetz sieht Motivierungsmaßnahmen vor,<br />
um die Bereitschaft der Untergebrachten zur Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels<br />
fortwährend zu wecken und zu fördern. Die Unterbringung erfolgt regelmäßig in<br />
Wohngruppen. Die Untergebrachten dürfen sich außerhalb der Nachtruhe in den für sie<br />
vorgesehenen Bereichen der Einrichtung einschließlich des Außenbereichs frei bewegen.<br />
Das Gesetz sieht die Möglichkeit der Selbstverpflegung vor. Das Gesetz trägt ferner dem<br />
Bedürfnis der Untergebrachten nach sozialen Kontakten, insbesondere zur Familie, durch<br />
eine Erhöhung der Mindestbesuchsdauer auf mindestens zehn Stunden monatlich Rechnung<br />
und sieht auch Langzeitbesuch in der Einrichtung vor. Schließlich werden die Möglichkeiten<br />
der Erprobung in Lockerungen erheblich erweitert.<br />
3
8 Der Landtag Brandenburg hat am 16. Mai 2013 das Brandenburgische<br />
Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (BbgSVVollzG) als eigenständiges Gesetzeswerk<br />
verabschiedet, welches mit Wirkung vom 1. Juni 2013 in Kraft getreten ist (GVBl. I Nr. 17).<br />
9 In Bremen ist das Bremische Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (BremSVVollzG) am<br />
31. Mai 2013 im Gesetzblatt der Hansestadt Bremen verkündet worden und am Tag darauf<br />
in Kraft getreten. Die Sicherungsverwahrung an Bremischen Sicherungsverwahrten wird<br />
aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung mit Niedersachsen in Niedersachsen vollzogen.<br />
10 In Hamburg ist am 1. Juni 2013 das Hamburgische Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz<br />
(HmbSVVollzG, HmbGVBl 2013, S. 211ff) in Kraft getreten.<br />
11 In Hessen ist zum 1. Juni 2013 das Hessische Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz<br />
(HSVVollzG) in Kraft getreten, das u. a. von folgenden Leitlinien geprägt ist:<br />
12 Der Vollzug der Sicherungsverwahrung wird therapiegerichtet und freiheitsorientiert<br />
ausgestaltet. Die Untergebrachten haben einen Anspruch auf wissenschaftlich fundierte<br />
Behandlungsmaßnahmen nach eingehender Behandlungsuntersuchung und<br />
Vollzugsplanung. Behandlung und Betreuung erfolgen durch multidisziplinäre Teams. Die<br />
Untergebrachten erhalten erleichterten Zugang zu sozialtherapeutischen Maßnahmen. Die<br />
Bereitschaft der Untergebrachten zur Mitwirkung ist fortwährend zu wecken und zu fördern.<br />
Untergebrachte dürfen eigene Kleidung tragen und sich selbst verpflegen. Außenkontakte<br />
der Untergebrachten werden effektiv gefördert. Dementsprechend wird die<br />
Mindestbesuchszeit auf 10 Stunden monatlich erhöht und Langzeitbesuche werden<br />
gesetzlich geregelt.<br />
13 In Mecklenburg-Vorpommern ist zum 1. Juni 2013 das Gesetz über den Vollzug der<br />
Sicherungsverwahrung in Mecklenburg-Vorpommern (SVVollzG M-V) in Kraft getreten<br />
(GVOBl. M-V 2013 S. 348). Der Schwerpunkt des Gesetzes liegt in der vom<br />
Bundesverfassungsgericht geforderten freiheitsorientierten und therapiegerichteten<br />
Ausgestaltung des Vollzugs der Sicherungsverwahrung. Das Gesetz bestimmt einen<br />
Rechtsanspruch der Untergebrachten auf individuell auf sie zugeschnittene<br />
Therapieangebote.<br />
14 Der freiheitsorientierten Wahrung des Abstandsgebots trägt das Gesetz zum einen dadurch<br />
Rechnung, dass die Sicherungsverwahrung in einer vom Strafvollzug getrennten Abteilung<br />
einer Justizvollzugsanstalt vollzogen wird. Zum anderen wird dem Abstandsgebot dadurch<br />
Rechnung getragen, dass das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen<br />
4
soweit wie möglich angeglichen wird. So sieht das Gesetz weitgehende Bewegungsfreiheit<br />
der Untergebrachten innerhalb der Mauern vor. Des Weiteren soll den Untergebrachten<br />
ermöglicht werden, ihre Zimmer individuell auszugestalten und sich selbst zu verpflegen.<br />
Das Gesetz verpflichtet den Vollzug zudem, den Untergebrachten dem gesellschaftlichen<br />
Leben nicht zu entfremden, sondern die Bezüge nach draußen zu fördern, zum Beispiel<br />
durch großzügige Besuchszeiten und Ausführungen.<br />
15 Niedersachsen hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts durch das Gesetz zur<br />
Neuregelung des Vollzuges der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in<br />
Niedersachsen vom 12. Dezember 2012 (Nds. GVBl. 2012, 566) umgesetzt. Geregelt ist der<br />
Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hiernach seit dem 1. Juni 2013 im<br />
Niedersächsischen Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (Nds. SVVollzG).<br />
16 Das Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Sicherungsverwahrung in Nordrhein-<br />
Westfalen vom 30. April 2013 (Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz - SVVollzG) ist am 1.<br />
Juni 2013 in Kraft getreten. Es setzt die Vorgaben enthält klare und verständliche<br />
Vorschriften für einen freiheitsorientierten und konsequent therapiegerichteten Vollzug. Im<br />
Mittelpunkt des Regelwerkes steht die Behandlung: Die Sicherungsverwahrten erhalten<br />
einen Rechtsanspruch auf wissenschaftlich fundierte Behandlungs- und Therapieangebote.<br />
Unverzüglich nach der Aufnahme erfolgt eine umfassende Behandlungsuntersuchung, die<br />
Grundlage eines detaillierten Vollzugsplans ist. Für die Diagnose und die Behandlung sind<br />
multidisziplinäre Behandlungsteams vorgesehen, auch Experten außerhalb des Vollzuges<br />
können beteiligt werden. Als wesentliche Ergänzung zum Behandlungsanspruch sieht das<br />
Gesetz eine fortwährende Verpflichtung vor, die Bereitschaft der Sicherungsverwahrten zur<br />
Mitwirkung zu wecken und zu fördern.<br />
17 Wegen der erforderlichen Umsetzung des Abstandsgebotes werden darüber hinaus<br />
Einschränkungen des Alltagslebens auf das Unumgängliche reduziert. Kontakte nach außen,<br />
die für die Wiedereingliederung eine entscheidende Rolle spielen, werden effektiv gefördert.<br />
18 In Rheinland-Pfalz hat der Landtag das Landesgesetz zur Weiterentwicklung von<br />
Justizvollzug, Sicherungsverwahrung und Datenschutz vom 8. Mai 2013 verabschiedet. Es<br />
trat am 1. Juni 2013 in Kraft. Es beinhaltet in Artikel 2 das<br />
Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetz.<br />
19 Im Saarland ist zum 1. Juni 2013 das Gesetz zum Vollzug der Sicherungsverwahrung im<br />
Saarland (Saarländisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – SLSVVollzG) vom 15.<br />
Mai 2013 in Kragt getreten (Amtsblatt des Saarlandes Teil I, S. 146). Aufgrund einer<br />
5
entsprechenden Verwaltungsvereinbarung mit Rheinland-Pfalz bringt das Saarland seine<br />
Sicherungsverwahrten in Rheinland-Pfalz unter.<br />
20 In Sachsen ist am 1. Juni 2013 das Gesetz über den Vollzug der Unterbringung in der<br />
Sicherungsverwahrung im Freistaat Sachsen (Sächsisches<br />
Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz – SächsSVVollzG; Sächsisches Gesetz- und<br />
Verordnungsblatt Nr. 5/2013, S. 294 ff.) in Kraft getreten.<br />
21 Das gesetzliche Vollzugsziel besteht darin, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die<br />
Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Maßregel möglichst bald zur<br />
Bewährung ausgesetzt oder sie für erledigt erklärt werden kann. Der Vollzug hat die<br />
Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.<br />
22 Den Anforderungen an eine verfassungsgemäße, einen deutlichen Abstand zum Strafvollzug<br />
herstellende und konsequent am Vollzugsziel ausgerichtete Unterbringung in der<br />
Sicherungsverwahrung trägt das Gesetz dadurch Rechnung, dass es den Vollzug<br />
therapiegerichtet und freiheitsorientiert ausgestaltet und den Untergebrachten selbst bei<br />
langer Dauer der Unterbringung ein Leben in Würde und weitgehender Selbstbestimmung<br />
ermöglicht.<br />
23 Am 1. Juni 2013 ist das Gesetz vom 13. Mai 2013 über den Vollzug der<br />
Sicherungsverwahrung in Sachsen-Anhalt und zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung<br />
des Therapieunterbringungsgesetzes in Sachsen-Anhalt in Kraft getreten.<br />
24 In Schleswig-Holstein ist am 1. Juni 2013 das Gesetz über den Vollzug der<br />
Sicherungsverwahrung und zur Änderung weiterer Gesetze in Kraft getreten. Durch dieses<br />
Gesetz wird das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz Schleswig-Holstein (SVVollzG SH)<br />
in Kraft gesetzt. Außerdem ist zum 1. Juni 2013 ein Staatsvertrag mit Hamburg in Kraft<br />
getreten, auf dessen Grundlage die schleswig-holsteinischen Sicherungsverwahrten in<br />
Hamburg untergebracht werden.<br />
25 In Thüringen ist am 1. Juni 2013 das Gesetz zur Schaffung und Änderung der für Thüringen<br />
geltenden Vollzugsgesetze in Kraft getreten. Dies enthält in Artikel 2 das Thüringer<br />
Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz (ThürSVVollzG).<br />
III. Praktische Maßnahmen zur Umsetzung des Abstandsgebots<br />
26 Damit sich der Vollzug der Sicherungsverwahrung deutlich von der Strafhaft unterscheidet<br />
und das Abstandsgebot eingehalten wird, sind in der Praxis folgende Maßnahmen ergriffen<br />
worden:<br />
6
1. Ort der Unterbringung, bauliche Maßnahmen<br />
27 Die Länder haben die räumliche Unterbringung der Sicherungsverwahrten insbesondere<br />
durch umfangreiche bauliche Maßnahmen deutlich verbessert. Diese sind zwar von Land zu<br />
Land unterschiedlich; mit ihnen werden aber vor allem drei Ziele verfolgt:<br />
• Unterbringung in größeren Räumen mit eigener Privatsphäre,<br />
• bessere Freizeit- und Sportmöglichkeiten (auch auf den Außenanlagen),<br />
• mehr Bewegungsfreiheit innerhalb der Einrichtung (z. B. dadurch , dass tagsüber kein<br />
Einschluss erfolgt).<br />
Insgesamt entsprechen die baulichen Veränderungen dem neuen therapiegerichteten,<br />
freiheitsorientierten Gesamtkonzept der Sicherungsverwahrung.<br />
28 Die einzelnen Länder haben folgende Maßnahmen durchgeführt:<br />
29 In Baden-Württemberg werden männliche Sicherungsverwahrte in der Justizvollzugsanstalt<br />
Freiburg untergebracht. Dort wurden auf vier Stockwerken eines im Jahr 2001 errichteten<br />
separat zugänglichen Gebäudes 63 Einzelunterkünfte jeweils mit abgetrenntem und separat<br />
entlüftetem Badezimmer für die Sicherungsverwahrten vollständig saniert und neu möbliert.<br />
Eines der Zimmer wurde behindertengerecht ausgestattet. Die Grundfläche eines Zimmers<br />
eines Sicherungsverwahrten beträgt mindestens 14 m². Auf jedem der Stockwerke befinden<br />
sich eine Gemeinschaftsküche sowie ein großzügiger Aufenthaltsraum. Zudem stehen den<br />
Sicherungsverwahrten vier umgestaltete Räume für Arbeits-, Bewegungs- und Kunsttherapie<br />
sowie ein neu gestalteter, zugänglicher Hof mit Bachlauf zur Verfügung. Darüber hinaus<br />
können die Untergebrachten die in der Justizvollzugsanstalt vorhandene umfangreiche<br />
Infrastruktur bezüglich Schul-, Ausbildungs-, Arbeits- und Freizeitangeboten nutzen.<br />
30 Tagsüber können sich die Sicherungsverwahrten frei bewegen. Der Hof ist regelmäßig<br />
vormittags und nachmittags geöffnet. In den Sommermonaten Mai bis<br />
einschließlich September werden verlängerte Öffnungszeiten bis maximal 20.00<br />
Uhr gewährt. In ihrer Freizeit können die Sicherungsverwahrten u. a. an einer Sportgruppe,<br />
an Spieleabenden oder an einem Hofprojekt teilnehmen oder gemeinsam Kochen oder<br />
Grillen.<br />
31 In der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd wurde für die einzige weibliche<br />
Sicherungsverwahrte in Baden-Württemberg eine wesentlich kleinere separate Wohneinheit<br />
7
mit eigener Küche und Duschmöglichkeit in einem räumlich abgetrennten Bereich eines nicht<br />
belegten Stockwerks für Strafgefangene eingerichtet. Die Räumlichkeiten waren Mitte Juni<br />
2013 bezugsfertig.<br />
32 In Bayern wurde zur Umsetzung der neuen gesetzlichen Vorgaben zum 31. Mai 2013 die<br />
neue Einrichtung für Sicherungsverwahrung auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt<br />
Straubing fertig gestellt, dazu im Einzelnen: Das vom Strafvollzug baulich getrennte neue<br />
Gebäude besitzt eine Kapazität von 84 Plätzen. Die Sicherungsverwahrten sind in<br />
Wohngruppen, zusammen mit maximal elf weiteren Verwahrten, untergebracht. Jede<br />
Wohngruppe verfügt über eine Gemeinschaftsküche, einen Hauswirtschaftsraum, einen<br />
Gruppenraum, eine Begegnungsfläche und eine Loggia. Eine Wohngruppe ist barrierefrei<br />
konzipiert. Die Zimmergröße beträgt jeweils 15 Quadratmeter, im Bereich der barrierefreien<br />
Wohngruppe 20 Quadratmeter. Jedes Zimmer verfügt über eine Küchenzeile mit zwei<br />
Induktions-Herdplatten, Kühlschrank, Spülbecken und Küchenschränken. Neben einem Bett,<br />
Schrank, Regalen, Tisch und Stuhl enthält jedes Zimmer ein eigenes, vom Wohnraum<br />
getrenntes Bad mit Dusche und Handtuchhalterheizkörper. Die Sicherungsverwahrten dürfen<br />
die Zimmer in angemessenem Umfang mit eigenen Gegenständen ausstatten und haben die<br />
Möglichkeit, ihr Zimmer abzuschließen. Die Einrichtung für Sicherungsverwahrung bietet<br />
einen großen Außenbereich, der über einen Kommunikationshof, einen Bewegungshof und<br />
einen Ruhehof verfügt und entsprechend ausgestattet ist, z. B. mit einer Tischtennisplatte<br />
und Liegen. Ausschließlich für die Sicherungsverwahrten steht zudem ein Außensportplatz<br />
sowie ein Sport- bzw. Gymnastikraum zur Verfügung. Des Weiteren befinden sich in der<br />
Einrichtung für Sicherungsverwahrung neben Verwaltungs- und Bürobereichen eine<br />
Arbeitstherapie, ein medizinischer Bereich, ein Besucherzentrum sowie zahlreiche Einzelund<br />
Gruppentherapieräume.<br />
33 In Berlin soll die Unterbringung in einem gestaffelten 4 bis 5-geschossigen Neubau auf dem<br />
Gelände der Justizvollzugsanstalt Tegel erfolgen. Dort entstehen insgesamt 60<br />
Einzelunterkünfte verteilt auf 3 Obergeschosse mit jeweils 2 Wohneinheiten zu je 10<br />
Zimmern. Im Erdgeschoß liegen die entsprechenden Funktionsbereiche für Sicherheit,<br />
Verwaltung, Therapie, Medizin und Langzeitbesuche. Bereiche für Bildung/Qualifizierung,<br />
Arbeit/Beschäftigung, Freizeit/Sport/Fitness befinden sich im obersten Geschoss; ergänzt<br />
wird die Anlage durch entsprechend differenziert gestaltete Außensport-, Freizeit-,<br />
Erholungs-, Rasen- und Grünflächen. Die 58 Standardzimmer (je 20,00 m² zzgl. eigenem<br />
Bad mit bodengleicher, barrierefreier Dusche, WC, Waschbecken; zimmerseitig<br />
Einbauschrank mit Kühlschrank und Arbeitsfläche) werden durch 2 behindertengerechte<br />
Zimmer (je 23,5 m² zzgl. eigenem Bad mit Dusche, WC, Waschbecken; zimmerseitig<br />
8
Einbauschrank mit Kühlschrank und Arbeitsfläche) ergänzt. Jede der 6 Wohneinheiten<br />
verfügt über eine Gemeinschafts-/Wohngruppenküche mit Speiseraum sowie einem<br />
abgetrennten und verglasten Raucherbereich; zusätzlich zu den individuellen Bädern gibt es<br />
auf jeder Wohneinheit ein Wannenbad für spezielle Anwendungen sowie einen<br />
Hauswirtschaftsraum mit entsprechender Geräteausstattung. Die Grundsteinlegung erfolgte<br />
nach dem Regierungswechsel mit erneuten Haushaltsberatungen im Dezember 2012. Die<br />
Baufertigstellung ist im ersten Quartal 2014 geplant, damit die Inbetriebnahme/Belegung<br />
zum zweiten Quartal 2014 beginnen kann. Bis dahin werden die Sicherungsverwahrten in<br />
der Teilanstalt V der Justizvollzugsanstalt Tegel untergebracht. Dabei wird das<br />
Abstandsgebot umgesetzt, indem jedem Untergebrachten zwei Räume zur freien Gestaltung<br />
zur Verfügung stehen und zudem verschiedene Betreuungs- und Therapieangebote<br />
bestehen. Außerdem könnten sich die Sicherungsverwahrten auf den Stationen und im<br />
Außenbereich der Teilanstalt frei bewegen.<br />
34 In Brandenburg wird zur Unterbringung der Sicherungsverwahrten ein Neubau auf dem<br />
Gelände der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel errichtet. Dieser Neubau soll<br />
bis zum Beginn des vierten Quartals 2014 fertiggestellt werden. Er wird über 18<br />
Wohneinheiten mit Nasstrakt, Dusche und Kochnische auf einer Fläche von je 25 m²<br />
verfügen. Der Wohnbereich ist in zwei Wohngruppen untergliedert. Zusätzliche Räume für<br />
die medizinische Betreuung, Gruppen- und Einzeltherapien, Beschäftigung und Unterricht<br />
sowie Sport und Freizeit stehen im Gebäude zur Verfügung. Das Außengelände ist<br />
großzügig gestaltet und bietet Möglichkeiten zu Freizeitgestaltung, Sport und Erholung.<br />
35 Bis zur Fertigstellung des Neubaus sind die Sicherungsverwahrten vorübergehend in einem<br />
extra hierfür hergerichteten Etagenbereich eines Bestandsgebäudes auf dem Gelände der<br />
Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel untergebracht, welches auch über einen<br />
eigenen Hofbereich zur Freizeitgestaltung verfügt. Im Gebäude sind neun Wohneinheiten<br />
vorhanden, welche jeweils über einen Wohn- und Schlafbereich, Nasstrakt mit Dusche und<br />
Kochnische verfügen. Räume zur Therapie, Freizeitgestaltung, Bildung und Beschäftigung<br />
sind vorhanden.<br />
36 In Hamburg wurde in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel eine vom Strafhaftbereich<br />
räumlich getrennte Abteilung für die Sicherungsverwahrten eingerichtet. Diese ist in drei<br />
Wohngruppen mit insgesamt 31 Zimmern untergliedert. Zu einer Wohngruppe gehören 9<br />
bzw. maximal 11 Zimmer. Jede Wohngruppe verfügt über einen Aufenthaltsbereich und eine<br />
kleine Küche, weiter gibt es eine Gemeinschaftsküche für angeleitete Kochgruppen und<br />
einen Waschraum.<br />
9
37 Die Zimmer der Sicherungsverwahrten, die jeweils über einen abgetrennten Sanitärbereich<br />
mit Waschbecken und WC verfügen, sind ca. 17,5 m² groß. Die Wohnräume sind mit speziell<br />
dafür gefertigten Möbeln ausgestattet, die auf den Grundriss der Räume abgestimmt wurden.<br />
Die Sicherungsverwahrten können ihre Räume in einem größeren Ausmaß als<br />
Strafgefangene mit eigenen Möbeln und eigenen Gegenständen ausstatten. Zwei Zimmer<br />
sind behindertengerecht ausgestattet.<br />
38 Innerhalb der Abteilung können sich die Sicherungsverwahrten tagsüber frei bewegen. Die<br />
Sicherungsverwahrten haben ein eigenes Außengelände, das sie tagsüber jederzeit nutzen<br />
können.<br />
39 Auch Schleswig-Holstein bringt auf Grund eines Staatsvertrages mit Hamburg seine<br />
Sicherungsverwahrten in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel unter.<br />
40 In Hessen erfolgt der Vollzug der Sicherungsverwahrung in der Justizvollzuganstalt<br />
Schwalmstadt. Der Erweiterungsbau der Hauptanstalt in Schwalmstadt wird derzeit für die<br />
Sicherungsverwahrung umgebaut, die Fertigstellung der Baumaßnahme ist für das erste<br />
Quartal 2014 vorgesehen. Die baulichen Gegebenheiten entsprechen den gesetzlichen<br />
Vorgaben und beinhalten einen deutlichen Abstand zum Strafvollzug. Der Umbau in der<br />
Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt mit Platz für 60 Untergebrachte berücksichtigt<br />
insbesondere eine Mehrausstattung an Gruppen-, Freizeit-, und Therapieräumen, die<br />
Schaffung von individuell ausgestatteten Zimmern für die Untergebrachten mit einer<br />
Gesamtgröße von mind. 18 m² einschließlich Sanitätsbereich zur alleinigen Nutzung und die<br />
Gestaltung eines eigenen Freigeländes für eine erweiterte Bewegungsfreiheit innerhalb und<br />
außerhalb des Gebäudes. Das Zusammenleben findet in überschaubaren Wohngruppen<br />
statt. Ausnahmen gelten gemäß § 19 HSVVollzG dann, wenn Untergebrachte aufgrund ihres<br />
Verhaltens zum Beispiel nicht gruppenfähig oder eine Gefahr für andere sind.<br />
41 Bis zur Beendigung der vorgenannten Baumaßnahmen erfolgt die Unterbringung der<br />
Sicherungsverwahrten in der Zweiganstalt Weiterstadt der Justizvollzugsanstalt<br />
Schwalmstadt. Hier steht für die Sicherungsverwahrung ein eigener Gebäudeteil mit 38<br />
Plätzen auf insgesamt drei Stationen zur Verfügung. Auch hier gibt es bereits einen<br />
deutlichen Abstand zur Strafhaft. Jeder Untergebrachte hat statt eines Haftraums zwei<br />
Räume zur Verfügung (insgesamt 18,70 m² zzgl. Nassbereich), die er nach eigenem<br />
Belieben ausgestalten und nutzen kann; so kann zum Beispiel einer der Räume als<br />
Wohnraum und der andere als Schlafraum, Arbeitsraum, Sportraum, Lagerraum oder<br />
Audioraum für die Musikanlage genutzt werden. Jede Station verfügt über eine<br />
Stationsküche. Die wohnlich gestalteten Gemeinschaftsräume der Stationen werden für<br />
10
gemeinsame Essen oder Fernsehabende genutzt. Es gibt darüber hinaus Freizeit- und<br />
Gruppenräume zur Umsetzung der Therapie- und Behandlungsmaßnahmen sowie zur<br />
Durchführung verschiedener Freizeitprojekte. Das Unterkunftshaus für die<br />
Sicherungsverwahrung verfügt über einen separaten gärtnerisch gestalteten Freistundenhof.<br />
Der Besuchsbereich ist großzügig dimensioniert und die Trennung von Strafgefangenen<br />
auch dort realisierbar. Sowohl die Stationen als auch die Gruppen- und Besuchsräume<br />
werden von den Untergebrachten wohnlich gestaltet und ausgestattet.<br />
42 Die Zimmer der Untergebrachten sind tagsüber geöffnet, freitags und samstags von 7.00 bis<br />
20.00 Uhr sowie sonntags von 8.00 bis 20.00 Uhr. Ferner besteht die Möglichkeit, das<br />
Freigelände täglich ab 9.00 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit, längstens bis 21.30 Uhr,<br />
zu nutzen. Die Freizeit- und Sportangebote sind vielfältig und fester Bestandteil des täglichen<br />
Programms; die Teilnahme ist freiwillig. Die Untergebrachten bringen ihre Wünsche mit ein.<br />
43 Aufgrund eines entsprechenden Staatsvertrages werden auch die Sicherungsverwahrten aus<br />
Thüringen in Hessen im neu entstehenden Erweiterungsbau der Justizvollzugsanstalt<br />
Schwalmstadt bzw. bis zu dessen Fertigstellung in der Zweiganstalt Weiterstadt der<br />
Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt untergebracht.<br />
44 In Mecklenburg-Vorpommern wird die Sicherungsverwahrung seit 1. Juni 2013 in einem<br />
gesonderten neugebauten Gebäude auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Bützow<br />
vollzogen. Es handelt sich um einen Gebäudekomplex, bestehend aus einem Wohngebäude<br />
sowie einem Verwaltungs- und Therapiegebäude, jeweils in zweigeschossiger Bauweise.<br />
Das im Mai 2013 fertiggestellte Wohngebäude verfügt über insgesamt 20 Zimmer, deren<br />
Mindestgröße 20 m² beträgt, zuzüglich Badezimmer und einer eigenen Kochgelegenheit.<br />
Die Unterbringung erfolgt in zwei Wohngruppen mit je 10 Untergebrachten. Fünf der Zimmer<br />
wurden barrierefrei für Mobilitätsbehinderte hergerichtet. Den Untergebrachten stehen<br />
darüber hinaus Gemeinschafträume (Gemeinschaftsküche, Freizeit- und Sporträume pp.)<br />
sowie ein eigener Außenbereich (Sportplatz, Gartenflächen zur eigenen Gestaltung pp.) zur<br />
Verfügung. In dem voraussichtlich im September 2013 fertiggestellten Therapie- und<br />
Verwaltungsgebäude befinden sich Büro-, Besprechungs-, Therapie- sowie Besuchsräume.<br />
45 Niedersachsen hat auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Rosdorf ein neues,<br />
eigenständiges Gebäude errichtet, das Platz für die Unterbringung von bis zu 45<br />
Sicherungsverwahrten bietet. Die Unterkunftsbereiche sind über drei Etagen auf 6<br />
Wohngruppen (jeweils 7 oder 8 Plätze) mit ausreichenden Gemeinschaftsflächen und<br />
Gemeinschaftsküchen verteilt. Die Unterkunftsbereiche haben eine Grundfläche von ca. 23<br />
11
Quadratmetern und verfügen über einen baulich abgetrennten Schlaf- und Wohnbereich<br />
sowie über ein Badezimmer mit Dusche. Drei Unterkunftsbereiche sind behindertengerecht<br />
errichtet und ausgestattet worden. Das Gebäude verfügt über einen eigenen, großzügigen<br />
Außenbereich, der für die Sicherungsverwahrten in den Aufschlusszeiten von in der Regel<br />
6:00 bis 22:00 Uhr grundsätzlich frei zugänglich ist, und über gesonderte Räumlichkeiten u.<br />
a. für arbeitstherapeutische Maßnahmen und Maßnahmen zur Selbstbeschäftigung. Das<br />
Gebäude ist am 24. Mai 2013 eröffnet worden. Die vormals überwiegend zentral in der<br />
Justizvollzugsanstalt Celle untergebrachten Sicherungsverwahrten aus Niedersachsen und<br />
Bremen sind Anfang Juni 2013 in die Justizvollzugsanstalt Rosdorf verlegt worden.<br />
46 Auch Bremen bringt seine Sicherungsverwahrten aufgrund einer entsprechenden<br />
Verwaltungsvereinbarung in Niedersachsen unter.<br />
47 In Nordrhein-Westfalen wird für die Sicherungsverwahrten des Landes ein neues<br />
viergeschossiges Unterkunftsgebäude mit 140 Plätzen in acht Abteilungen (davon 45 Plätze<br />
in drei sozialtherapeutischen Abteilungen sowie acht behindertengerechte Zimmer) neben<br />
der Justizvollzugsanstalt Werl errichtet. Ferner ist der Neubau eines Werkstattgebäudes<br />
geplant. Der Unterbringungsbereich der Sicherungsverwahrung wird zum übrigen<br />
Anstaltsbereich durch eine 5,5 m hohe Mauer abgegrenzt.<br />
48 Die Zimmer für die Sicherungsverwahrten werden 20 m² groß (zuzüglich Bad) und erhalten<br />
eine Pantry-Küche. Den Abteilungen sind jeweils ein Gruppenraum, eine zusätzliche<br />
Wohnküche, ein Raum für Waschmaschine und Trockner sowie Dienst- und Sprechräume<br />
zugeordnet. Durch entsprechende Fluraufweitungen werden Kommunikations- und<br />
Begegnungszonen für die Sicherungsverwahrten geschaffen. Abteilungsübergreifend stehen<br />
Freizeiträume, eine Bücherei sowie ein Mehrzweckraum zur Verfügung. Für die<br />
Sportausübung sind zwei Sporträume, ein Kleinspielfeld sowie eine befestigte Fläche für z.B.<br />
Boule geplant. In den an das Unterkunftsgebäude angrenzenden Außenanlagen ist neben<br />
verschiedenen Sitzgruppen und Bewegungsflächen auch ein Nutzgarten mit entsprechend<br />
zu bepflanzenden Beeten vorgesehen. Mit vorbereitenden Bauarbeiten ist bereits begonnen<br />
worden. Die Neubauten sollen im Dezember 2015 zur Verfügung stehen.<br />
49 Gegenwärtig sind die Sicherungsverwahrten noch in abgetrennten Haftbereichen der<br />
Justizvollzugsanstalt Aachen bzw. der Justizvollzugsanstalt Werl untergebracht. Dort wird<br />
das Abstandsgebot durch konsequente Anwendung des<br />
Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes NRW (SVVollzG) umgesetzt. Beispielsweise sieht<br />
§ 14 Absatz 2 StVollzG NRW sieht vor, dass den Untergebrachten zu Wohn- und<br />
Schlafzwecken ein Zimmer in ausreichender Größe zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird,<br />
12
das wohnlich zu gestalten ist und mit einem baulich abgetrennten Sanitärbereich versehen<br />
sein muss. Deshalb sind die Sicherungsverwahrten beispielsweise in Aachen in Zimmern<br />
untergebracht, die eine Grundfläche von 10,43 m² zuzüglich 1,2 m² für den Toilettenbereich<br />
haben, der räumlich durch eine Tür und Wand bis zur Decke vom Zimmer getrenntgetrennt<br />
ist und gesondert belüftet wird. Die Zimmertüren der Verwahrten sind täglich von 6.00 Uhr<br />
bis 21.30 Uhr geöffnet.<br />
50 In dem Bereich der Justizvollzugsanstalt Aachen, in dem die Sicherungsverwahrten<br />
untergebracht sind, befinden sich auf jeder Etage Teeküchen und Freizeiträume, die jeweils<br />
mit Polstermöbeln und Fernseher sowie Sitzgelegenheiten nebst Tisch und Dartscheiben<br />
ausgestattet sind. Es steht jedem Untergebrachten frei, sich den allgemeinen<br />
Beköstigungsmöglichkeiten der Anstalt anzuschließen oder sich selbst ein Essen<br />
zuzubereiten. Darüber hinaus gibt es einen Kraftsportraum, der ebenfalls für alle<br />
Sicherungsverwahrten frei zugänglich ist. Dieser ist mit einem Ergometer, einem Stepper,<br />
mehreren Hanteln und Kraftsportbänken ausgestattet. Auf entsprechenden Wunsch wird<br />
auch eine Tischtennisplatte zur Verfügung gestellt.<br />
51 Auf einem bisher brach liegenden Bereich des Geländes der Justizvollzugsanstalt Diez ist<br />
zum Vollzug der Sicherungsverwahrung in Rheinland-Pfalz und für das Saarland ein<br />
Neubau errichtet worden Das viergeschossige Gebäude mit T-förmigem Grundriss ist<br />
konzipiert für die dauerhafte Unterbringung von 64 Personen, aufgeteilt in vier gleich große<br />
Wohngruppen, nebst zugehöriger Infrastruktur für Therapie, Freizeit und Verwaltung. Die<br />
Mietfläche beläuft sich auf insgesamt 4.857 qm. Sowohl die Grundstücksverhältnisse als<br />
auch die Kubatur des Gebäudes machen eine spätere Erweiterung bei Bedarf möglich.<br />
52 Beginn der Tiefbauarbeiten war am 16. Januar 2012. Der A-Bau mit dem<br />
Unterbringungsbereich der Sicherungsverwahrten war Ende Mai 2013 bezugsfertig. Die<br />
Wohnräume der Untergebrachten weisen eine Grundfläche von rund 18 qm aus, circa 2,5<br />
qm entfallen auf den eigenen Nassbereich. Die vier behindertengerechten Wohnräume<br />
haben eine Größe von 28 qm Grundfläche inklusive 5 qm Nassbereich. Neben den<br />
Wohnräumen stehen für jede der vier Wohngruppen eine Gemeinschaftsküche mit<br />
Speiseraum, ein Aufenthaltsraum, ein Einzelgesprächsraum sowie ein großzügiger<br />
Aufenthaltsbereich im Flur zur Verfügung. Weiterhin gibt es einen Sportraum und eine<br />
Mediathek.<br />
53 Das frei nutzbaren Außengelände ist für vielfältige Freizeitaktivitäten vorbereitet: Ein<br />
Kleinspielfeld, ausgestattet mit den nötigen Vorrichtungen für Tennis, Volleyball, Basketball<br />
13
und Handball, eine Boule-Bahn, Tischtennis, Aufenthaltsflächen sowie Freiflächen zum<br />
Anlegen von Einzelgärten.<br />
54 Die Baukosten belaufen sich einschließlich der Baunebenkosten auf rund 19,5 Mio. €.<br />
55 Mit dem Umzug der Untergebrachten wurde am 3. Juni begonnen. Ende der 25.<br />
Kalenderwoche waren 23 von derzeit 42 Untergebrachten in den Neubau umgezogen.<br />
Wegen intensiver Arbeiten im Außenbereich, insbesondere des Abbaus des Gerüstes, wurde<br />
der Umzug in der 26. Kalenderwoche unterbrochen, bis Ende Juli konnte er dann<br />
abgeschlossen werden.<br />
56 Die Therapiebereiche in der Abteilung B sowie Waschräume und Büroräume sind soweit<br />
fertiggestellt, dass mit ihrer Einrichtung begonnen werden konnte. Auch auf dem<br />
Freizeitgelände sind die Bauarbeiten weitestgehend abgeschlossen. Dort sind nur noch<br />
einige Restarbeiten zu erledigen. Außerhalb des Freizeitgeländes sind allerdings noch<br />
weitere umfangreichere Außenarbeiten zu verrichten. Alle Bauarbeiten werden bis Oktober<br />
2013 abgeschlossen sein.<br />
57 Die Unterbringung der Sicherungsverwahrten erfolgt im Freistaat Sachsen in einem<br />
gesonderten Bereich der Justizvollzugsanstalt Bautzen. Dort wurde zunächst in einem ersten<br />
Bauabschnitt die Hälfte eines vorhandenen Hafthauses umgebaut. Nach der völligen<br />
Entkernung und dem Einbau neuer Zwischendecken wurden die baulichen Voraussetzungen<br />
zur Umsetzung des neuen Raumkonzeptes geschaffen. Dieser erste Bauabschnitt mit 20<br />
Unterkünften sowie Behandlungs- und Freizeiträumen wurde im Mai 2013 zur Nutzung<br />
übergeben. Derzeit wird bis voraussichtlich Mitte 2014 in einem zweiten Bauabschnitt die<br />
andere Hälfe dieses Hauses für weitere 20 Unterkünfte umgebaut. Die Gesamtbaukosten für<br />
diese Baumaßnahme betragen 7,4 Mio. Euro.<br />
58 Die Zimmer der Untergebrachten verfügen über je eine Dusche, WC, Waschbecken und<br />
Miniküche (insbes. Kühlschrank und zwei Kochplatten). Die Grundfläche der Zimmer beträgt<br />
mindestens 20 qm einschließlich Nassbereich. Im Rahmen einer Arbeitsgruppe wurden<br />
durch Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt Bautzen Möbel speziell für diese Unterkünfte<br />
entwickelt und durch Gefangene der Tischlerei der Justizvollzugsanstalt Bautzen hergestellt.<br />
Ausgestattet sind die Zimmer mit zwei Schränken, einem Wandregal, einem Bett, einer<br />
Garderobe, einem Schreibtisch, einem separaten Esstisch und mit zwei Stühlen. Vier<br />
Unterkünfte sind behindertenfreundlich errichtet und ausgestattet worden.<br />
59 Jedem Unterkunftsbereich (10 Plätze) stehen u.a. eine Gemeinschaftsküche einschließlich<br />
Tischen und Stühlen sowie ein PC-Arbeitsplatz (derzeit ohne Internetzugriff) unmittelbar<br />
14
neben der Küche im aufgeweiteten Flur zur Verfügung. Weiterhin sind in den<br />
Unterkunftsbereichen Behandlungs- und Diensträume angeordnet. In der unteren Etage des<br />
Hauses sind weitere Behandlungs- und Freizeiträume sowie ein Waschmaschinenraum und<br />
eine Bibliothek vorgesehen.<br />
60 Unmittelbar am Haus befindet sich ein eigener, großzügiger, unter anderem mit Sportplatz,<br />
Sitzbänken, Wiese und einem Garten ausgestatteter Außenbereich. Die Freifläche ist für die<br />
Untergebrachten tagsüber grundsätzlich frei zugänglich. Die Zimmer sind grundsätzlich<br />
tagsüber und nachts unverschlossen.<br />
61 Nach Fertigstellung der Gesamtbaumaßnahme werden auf zwei Etagen insgesamt vier<br />
Wohngruppen mit jeweils 10 Plätzen vorhanden sein. Zukünftig ist eine<br />
Binnendifferenzierung der Wohngruppen vorgesehen (Stufe I: Orientierung mit dem Ziel der<br />
Motivationssteigerung; Stufe II: Wahrnehmung von Behandlungsangeboten mit dem Ziel der<br />
Reduzierung der Gefährlichkeit des Einzelnen und Erarbeitung einer konkreten<br />
Lebensperspektive; Stufe III: Vorbereitung der Entlassung).<br />
62 Im Übrigen können Untergebrachte in der sozialtherapeutischen Abteilung der<br />
Justizvollzugsanstalt Waldheim untergebracht werden, insbesondere wenn sie diese<br />
Maßnahme bereits während des Vollzugs einer vorhergehenden Freiheitsstrafe begonnen<br />
haben.<br />
63 In Sachsen-Anhalt wurden in der Justizvollzugsanstalt Burg durch Umbau 18 neue Räume<br />
für Sicherungsverwahrte eingerichtet und im Juni 2013 eröffnet. Die Räume haben eine<br />
Größe von mindestens 20 qm einschließlich Badezimmer. Des Weiteren ist eine Miniküche<br />
mit Spülbecken, zwei Kochplatten und Kühlschrank integriert. Ein Raum ist<br />
behindertengerecht ausgestattet. Der Ausbau weiterer sechs Räume im selben Gebäude ist<br />
bis 2018 beabsichtigt. Die erforderlichen Räume für die therapeutische Behandlung der<br />
Untergebrachten sind in der Justizvollzugsanstalt Burg vorhanden und werten weiter genutzt.<br />
64 In Thüringen wird trotz der bereits genannten Kooperationen mit Hessen die<br />
Sicherungsverwahrung vereinzelt auch in der Justizvollzugsanstalt Tonna vollzogen.<br />
Voraussetzung ist jedoch, dass es die Behandlung nach § 66c Abs. 1 Nr. 1 StGB erfordert<br />
(vgl. § 62 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit § 11 Abs. 2 Satz 1 und 2 ThürSVVollzG). Dies ist<br />
insbesondere dann der Fall, wenn eine sozialtherapeutische Behandlung erfolgt oder die<br />
Sicherungsverwahrten im offenen Vollzug auf ihre Entlassung vorbereitet werden sollen.<br />
Dabei müssen sich die konkreten Unterbringungsbedingungen im Rahmen der vorhandenen<br />
Gegebenheiten von denen der Strafgefangenen unterscheiden (vgl. § 62 Abs. 3 Satz 2<br />
ThürSVVollzG). Das heißt, die Vollzugsbehörde hat alle organisatorischen Maßnahmen zu<br />
15
treffen, um für eine weitgehende Gleichstellung mit den Bedingungen in der Einrichtung für<br />
die Untergebrachten zu sorgen.<br />
2. Therapie<br />
65 In den Einrichtungen, die in den Ländern für den Vollzug der Sicherungsverwahrung zentral<br />
zuständig sind, werden den Sicherungsverwahrten umfassende und interdisziplinäre<br />
Behandlungsmaßnahmen und sonstigen Maßnahmen angeboten. Soweit dies zur<br />
Erreichung der Vollzugsziele erforderlich ist, werden die Sicherungsverwahrten zur<br />
Teilnahme an solchen Maßnahmen motiviert. Ergänzt werden diese Maßnahmen durch<br />
Angebote in anderen Einrichtungen des Justizvollzuges, insbesondere im Vollzug der<br />
Freiheitsstrafe, an denen Sicherungsverwahrte – in der Regel nur mit ihrer Zustimmung –<br />
grundsätzlich ebenfalls teilnehmen können, sofern dies zur Erreichung der Vollzugsziele<br />
erforderlich ist. Die Maßnahmen werden den individuellen Erfordernissen angepasst und die<br />
Unterbringung erfolgt daher in diesen Fällen in einer geeigneten Einrichtung im Sinne von<br />
Artikel 5 Abs. 1 lit. e EMRK.<br />
66 Um sicherzustellen, dass die Untergebrachten die für sie individuell geeignete<br />
therapeutische Behandlung erhalten, haben die Länder folgende Maßnahmen ergriffen:<br />
67 In Baden-Württemberg wurden insgesamt 18 neue Planstellen in den<br />
Justizvollzugsanstalten geschaffen, in denen Strafgefangene mit vorbehaltener oder<br />
angeordneter Sicherungsverwahrung und Sicherungsverwahrte nach geltendem<br />
Vollstreckungsplan untergebracht sind. Zur Behandlung Sicherungsverwahrter stehen in der<br />
Justizvollzugsanstalt Freiburg zudem ein psychiatrischer Konsiliararzt sowie zwei externe<br />
Honorarkräfte zur Durchführung einer Kunst- und Bewegungstherapie zur Verfügung.<br />
68 In konzeptioneller Hinsicht wurde in der Justizvollzugsanstalt Freiburg aus den Fachdiensten<br />
und dem allgemeinen Vollzugsdienst ein Behandlungsteam gebildet, das die künftige<br />
Unterbringungssituation jedes Sicherungsverwahrten in therapeutischer Hinsicht unter<br />
jeweils fester Zuordnung der einzelnen Bediensteten zu einer der vier Stockwerksstationen<br />
gestalten soll.<br />
69 Als Behandlungsform ist mittlerweile der auf die vier verschiedenen Stockwerksstationen<br />
aufgeteilte Wohngruppenvollzug etabliert. Je nach Behandlungsbedarf sind die<br />
Sicherungsverwahrten auf einer Zugangs- und Orientierungsstation, auf einer Station für<br />
derzeit gefährliche und gemeinschaftsunfähige Personen - sogenannte<br />
Individualbetreuungsstation - oder auf einer von zwei Stationen mit verpflichtendem<br />
Wohngruppenvollzug - eine zur Motivation und Förderung sozialer Kompetenz und eine für<br />
16
Tataufarbeitung und Entlassungsorientierung - untergebracht. Dort werden die<br />
Untergebrachten jeweils individuell nach ihren Bedürfnissen behandelt.<br />
70 Um die erforderliche Therapiebereitschaft bei den Sicherungsverwahrten zu wecken,<br />
erhalten die meisten Sicherungsverwahrten regelmäßig psychotherapeutische<br />
Gesprächsangebote zur Durchführung einer Einzeltherapie. Ergänzend finden auf drei der<br />
eingerichteten Stationen behandlungsorientierte Stationsgruppen statt. Darüber hinaus wird<br />
den Sicherungsverwahrten regelmäßig die Teilnahme an milieutherapeutischen<br />
Einzelmaßnahmen angeboten.<br />
71 An speziellen Therapiemöglichkeiten stehen den Sicherungsverwahrten eine<br />
deliktspezifische Therapie für Sexual- und Gewaltstraftäter ebenso zur Verfügung wie soziale<br />
Trainingskurse, Arbeits-, Kunst- und Bewegungstherapie.<br />
72 Für weibliche Sicherungsverwahrte besteht in der Justizvollzugsanstalt Schwäbisch Gmünd<br />
ein der Behandlung in der Justizvollzugsanstalt Freiburg entsprechendes therapeutisches<br />
Konzept.<br />
73 In Bayern verfügt die Einrichtung für Sicherungsverwahrung in Straubing über<br />
Behandlungsangebote, die dem Standard der Sozialtherapie entsprechen. Den<br />
Sicherungsverwahrten wird eine intensive und individuell zugeschnittene Behandlung<br />
angeboten. Deshalb wurden für die neue Einrichtung für Sicherungsverwahrung insgesamt<br />
71 neue Stellen, speziell für die therapeutische Behandlung 1 Psychiater-, 7 Psychologen-,<br />
1 Arzt- und 4 Krankenpflegerstellen geschaffen.<br />
74 Die Behandlung der Sicherungsverwahrten erfolgt auf Grundlage eines auf ihre Bedürfnisse<br />
zugeschnittenen Behandlungskonzepts, das vom Kriminologischen Dienst des bayerischen<br />
Justizvollzugs bereits nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte<br />
(EGMR) vom 17. Dezember 2009 entwickelt und nach dem Urteil des<br />
Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 ergänzt wurde (zum Ganzen ausführlich<br />
Endres/Breuer, Sicherungsverwahrung: Das Behandlungskonzept des bayerischen<br />
Justizvollzugs, Forum Strafvollzug 5/2011, 286 ff.).<br />
75 Mit jedem Sicherungsverwahrten wird zu Beginn der Sicherungsverwahrung eine<br />
Behandlungsuntersuchung durchgeführt (vgl. Art. 8 BaySvVollzG). Dabei werden im Fall der<br />
Mitwirkungsbereitschaft der Verwahrten, zusammen mit den Betroffenen insbesondere die<br />
Ursachen der Straftaten, die individuellen Risikofaktoren sowie der Behandlungsbedarf, die<br />
17
Behandlungsfähigkeit und die Behandlungsmotivation der Sicherungsverwahrten erörtert und<br />
festgestellt. Gleichzeitig werden diejenigen Fähigkeiten der Sicherungsverwahrten ermittelt,<br />
deren Stärkung einer Gefährlichkeit für die Allgemeinheit entgegenwirkt.<br />
76 Im Anschluss an die Behandlungsuntersuchung wird aufgrund der gewonnenen<br />
Erkenntnisse ein Vollzugsplan aufgestellt, der die individuellen Behandlungsziele festlegt und<br />
die zu ihrem Erreichen geeigneten und erforderlichen Maßnahmen benennt (vgl. Art. 9<br />
BaySvVollzG). Die in diesem Rahmen oftmals in Kombination angebotenen Maßnahmen<br />
sind insbesondere standardisierte evaluierte Behandlungsprogramme für Gewalt- oder<br />
Sexualstraftäter, Einzeltherapien, sozialpädagogische Gruppenmaßnahmen,<br />
sozialpädagogische Einzelfallhilfe sowie behandlerisch begleitete Freizeitgruppen. Bei<br />
Bedarf werden diese Maßnahmen auch durch die Hinzuziehung von externen Therapeuten<br />
ergänzt.<br />
77 Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Behandlungseinsicht bzw. -bereitschaft der<br />
Sicherungsverwahrten. Der Vollzugsplan legt daher explizit fest, ob und welche Einzel- oder<br />
Gruppenmaßnahmen ergriffen werden sollten, um bei den betroffenen<br />
Sicherungsverwahrten eine Behandlungsmotivation zu erreichen. Dabei kommen<br />
insbesondere Einzelgespräche sowie Freizeitgruppen in Betracht, um ein erstes „Einlassen“<br />
auf die angebotenen Maßnahmen und Möglichkeiten zu erleichtern und um Widerstände und<br />
Vorbehalte Schritt für Schritt abbauen zu können. Zudem fördert ein gesetzlich geregeltes<br />
Anreizsystem die Motivation der Sicherungsverwahrten an der Teilnahme an<br />
Behandlungsmaßnahmen. Beispielsweise kann das Taschengeld der Sicherungsverwahrten<br />
von ca. 50 € auf ca. 100 € erhöht werden, wenn diese an (auch niederschwelligen)<br />
Behandlungsmaßnahmen teilnehmen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass<br />
Sicherungsverwahrte, die während der Arbeitszeit an Behandlungsangeboten teilnehmen,<br />
der entstandene Verdienstausfall für bis zu 10 Stunden in der Woche „ersetzt“ erhalten.<br />
78 In Berlin bedient sich die Einrichtung der Sicherungsverwahrung sozial- und<br />
psychotherapeutischer, psychiatrischer, sozialpädagogischer und arbeitstherapeutischer<br />
Methoden. Bei der therapeutischen Ausgestaltung wirken Bedienstete der verschiedenen<br />
Fachrichtungen in enger Abstimmung zusammen und beziehen, soweit es erforderlich ist,<br />
auch externe Fachkräfte mit in das multidisziplinäre, quantitativ und qualitativ gut<br />
ausgestattete Team ein. Durch überschaubare Wohngruppen mit fest zugeordnetem<br />
Betreuungs- und Fachpersonal wird ein enges, individuelles und intensives<br />
Behandlungssetting gewährleistet. Die Behandlungsmaßnahmen haben vier Schwerpunkte:<br />
Motivierung und Aktivierung, Erhalt der Lebensqualität und Vermittlung von<br />
18
Alltagskompetenzen, Verbesserung der Prognose und Verminderung der Gefährlichkeit,<br />
Entlassungsvorbereitungen.<br />
79 Sicherungsverwahrte mit einer entsprechenden Indikation werden in der<br />
Sozialtherapeutischen Anstalt behandelt, die sich auf demselben Gelände befindet wie die<br />
Einrichtung zum Vollzug der Sicherungsverwahrung.<br />
80 In Brandenburg wurde auf der Grundlage des Brandenburgischen<br />
Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes (BbgSVVollzG) ein Rahmenkonzept für einen<br />
freiheitsorientierten und therapiegerichteten Sicherungsverwahrungsvollzug im Land<br />
Brandenburg erarbeitet. Dieses angewandte Rahmenkonzept enthält besondere Strukturund<br />
Verfahrensvorgaben auch für den Motivations- und Behandlungsprozess. Neben<br />
sozialtherapeutischen Behandlungsansätzen und einzeltherapeutischer Betreuung durch<br />
externe Therapeuten sollen neuere therapeutisch orientierte Behandlungsmethoden erprobt<br />
werden, wie z. B. Reasoning & Rehabilitation, Schematherapie, Akzeptanz-und-<br />
Commitment-Therapie. Kunst- und gartentherapeutische Ansätze werden verfolgt. Ergänzt<br />
um externe Spezialisten (Psychiater/in, Ergotherapeut/in) steht für die Betreuungs- und<br />
Behandlungsaufgaben Personal entsprechend dem Personalschlüssel der<br />
sozialtherapeutischen Einrichtungen zur Verfügung.<br />
81 In Hamburg gehört zu den Grundlagen der Behandlung ein Behandlungssetting als intensive<br />
Milieutherapie (Wohngruppenvollzug). Das angewandte Behandlungskonzept sieht in<br />
Anlehnung an bewährte sozialtherapeutische Konzeptionen eine Kombination von<br />
Behandlungsmaßnahmen vor, die auf das Delikt und die Persönlichkeit des Täters<br />
ausgerichtet sind. Die Behandlung erfolgt methodenübergreifend im Einzel- und<br />
Gruppensetting. Jedem Sicherungsverwahrten wird ein Einzeltherapeut zugeordnet. Die für<br />
die Behandlung von impulsiven und dissozialen Störungen entwickelten Methoden der<br />
Dialektisch Behavioralen Therapie wurden in adaptierter Form übernommen. Die<br />
deliktorientierte Behandlung von Sexualstraftätern stützt sich insbesondere auf die Methoden<br />
des Behandlungsprogramms für Sexualstraftäter (Sex Offender Treatment Programme). Für<br />
Gewalttäter wird ein entsprechendes Behandlungsprogramm angewandt. Zur Motivation der<br />
Sicherungsverwahrten wird u.a. die klinische Methode der motivierenden Gesprächsführung<br />
(Motivational Interviewing) eingesetzt. Die Behandlung der Sicherungsverwahrten beginnt<br />
nicht erst mit Antritt der Sicherungsverwahrung. Bereits bei Haftantritt der Strafgefangenen<br />
mit angeordneter Sicherungsverwahrung wird mit einer intensiven Behandlung begonnen.<br />
Dazu gehört insbesondere die Behandlung in einer sozialtherapeutischen Anstalt, die die<br />
umfassende Behandlungsuntersuchung für diese Gefangenengruppe durchführt. Die<br />
vollzuglichen Einrichtungen, die Sicherungsverwahrte und Strafgefangene mit angeordneter<br />
19
Sicherungsverwahrung betreuen, sind mit dem hierfür erforderlichen Personal ausgestattet<br />
worden.<br />
82 Durch die in der Abteilung für Sicherungsverwahrte tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
und durch externe Therapeutinnen und Therapeuten wird sichergestellt, dass die<br />
Sicherungsverwahrten die erforderliche therapeutische Behandlung erhalten.<br />
83 Diese Maßnahmen werden auch auf die Sicherungsverwahrten aus Schleswig-Holstein<br />
angewandt, die in Hamburg untergebracht werden.<br />
84 In Hessen wurde für die Abteilung für Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt<br />
Schwalmstadt sowie in der Justizvollzugsanstalt Frankfurt am Main III (Frauenanstalt) eine<br />
ausführliche, an den gesetzlichen Vorgaben sowie wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
orientierte Behandlungskonzeption entwickelt, die auf einem umfangreichen<br />
individualtherapeutischen und sozialpädagogischen Angebot aufbaut. Im Wesentlichen<br />
werden fünf Themenbereiche abgedeckt:<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Kriminaltherapie<br />
Psychotherapie<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der sozialen Kompetenz<br />
Arbeits- und sporttherapeutische Maßnahmen und<br />
Entlassungsvorbereitung<br />
85 In der Konzeption werden auf Basis dieser Themenbereiche Behandlungsmaßnahmen im<br />
Allgemeinen sowie spezifische Therapieangebote im Besonderen als Hilfestellung<br />
vorgehalten, die den Prozess der Resozialisierung fördern sollen. Ein breites Angebot an<br />
Maßnahmen berücksichtigt sowohl die im Deliktbereich angesiedelten Defizite der<br />
Sicherungsverwahrten wie auch die derzeitige Altersstruktur. Die Therapieindikation erfolgt<br />
durch sorgfältige Diagnostik und Prognostik des Fachpersonals vor Ort.<br />
86 Die Konzeption wird auch in der Interimszeit bis zur Fertigstellung des geschilderten Umbaus<br />
bereits in der Abteilung für Sicherungsverwahrung der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt –<br />
Zweiganstalt Weiterstadt- bereits vollständig umgesetzt.<br />
87 Folgende Behandlungsmaßnahmen werden dort beispielsweise durchgeführt:<br />
<br />
Motivierungs- und Orientierungsgruppe<br />
Schwerpunkt: Schaffung von Akzeptanz von Behandlungsmaßnahmen;)<br />
20
R & R (Reasoning and Rehabilitation Program)<br />
Schwerpunkt: Erarbeitung von Problemlösungsstrategien;<br />
SOTP (Sex Offender Treatment Program)<br />
Schwerpunkt: Rückfallvermeidung von Sexualstraftätern;<br />
GKS (Gruppentraining sozialer Kompetenzen)<br />
Schwerpunkt: Soziales Kompetenz- und Verhaltenstraining; Alltagsbewältigung;<br />
Therapeutische Einzelgespräche mit spezieller Indikation<br />
Schwerpunkt: individuelle therapeutische Einzelfallhilfe; Vorbereitung auf<br />
Gruppentherapie<br />
Therapeutische Sporteinheiten<br />
Schwerpunkt: Gruppenfindungsprozess, Mannschaftssport einhergehend mit<br />
gesundheitspräventiven Komponenten sowie Motivationsförderung;<br />
Freizeitpädagogische Maßnahmen durch Sozialdienst und AVD<br />
Sozialpädagogische Gruppenprojekte<br />
88 Zur Gewährleistung der Durchführung der therapeutischen und behandlerischen<br />
Maßnahmen in der erforderlichen hohen Behandlungsintensität wurde der Personalstamm<br />
durch 45,5 zusätzliche Stellen im Bereich der Fachdienste (Psychologischer, Pädagogischer<br />
sowie Sozialdienst), des allgemeinen Vollzugsdienstes sowie im ärztlichen- und<br />
Krankenpflegedienst deutlich aufgestockt; zudem wurden zwei Ergotherapeuten eingestellt.<br />
89 Von diesem Behandlungsangebot profitieren auch die Sicherungsverwahrten aus<br />
Thüringen, die in Hessen untergebracht sind.<br />
90 In Mecklenburg-Vorpommern wurden für die Sicherungsverwahrung insgesamt 24 Stellen<br />
zur Verfügung gestellt, die mit erfahrenen und im Umgang mit Sicherungsverwahrten<br />
geschulten Bediensteten aus dem Bereich des Justizvollzuges besetzt wurden. Lediglich ein<br />
Sozialpädagoge wurde neu eingestellt.<br />
91 Die erforderliche therapeutische Behandlung der Sicherungsverwahrten in Mecklenburg-<br />
Vorpommern wird durch eine Behandlungskonzeption sichergestellt, die neben einer<br />
deliktorientierten auch eine auf die individuelle Persönlichkeit zugeschnittene Therapie<br />
für die Sicherungsverwahrten vorsieht. Die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen wird<br />
für jeden Sicherungsverwahrten regelmäßig und unabhängig durch das Diagnostikzentrum<br />
des Justizvollzugs Mecklenburg-Vorpommern überprüft.<br />
92 Der im SVVollzG M-V festgelegten Verpflichtung, fortlaufend die Motivation der Untergebrachten<br />
zu wecken und zu fördern, wird durch verschiedene Motivierungsmaßnahmen,<br />
die gemäß individueller Bedürftigkeit des Untergebrachten parallel oder nacheinander<br />
21
durchgeführt und gegebenenfalls durch weitere Motivationsmaßnahmen ergänzt werden<br />
können, umgesetzt.<br />
93 In Niedersachsen sind insbesondere für die Betreuung und Behandlung von<br />
Sicherungsverwahrten ab dem Haushaltsjahr 2013 30 neue Planstellen bewilligt worden. Die<br />
Behandlungsleitung in der Abteilung für den Vollzug der Unterbringung in der<br />
Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf hat eine Psychiaterin<br />
übernommen. Ab dem Haushaltsjahr 2014 sind weitere Stellen sowohl für den Vollzug der<br />
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Rosdorf als auch für<br />
den Vollzug der Freiheitsstrafe bei angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung<br />
zum Haushalt angemeldet worden. Flankiert werden die personellen Maßnahmen durch<br />
erhöhte Sachkostenbudgets, um erforderlichenfalls auch externe Therapeuten beauftragen<br />
zu können.<br />
94 Davon profitieren auch die Sicherungsverwahrten aus Bremen, die ebenfalls in Rosdorf<br />
untergebracht sind.<br />
95 In Nordrhein-Westfalen ist in Abstimmung mit der Vollzugspraxis ein Konzept für einen<br />
freiheitsorientierten und therapiegerichteten Vollzug der Sicherungsverwahrung erarbeitet<br />
worden. Das Konzept, das am 1. Juni 2013 in Kraft getreten ist, beinhaltet insbesondere<br />
folgende Maßnahmen<br />
• Allgemeine Förderangebote (z. B. Erwerb von Alltagskompetenzen, Aktivierung<br />
förderungswürdiger Ressourcen, Bereitstellung von Anreizsystemen),<br />
• Therapeutische Basismodule (z.B. Psychoedukation, d. h. Aufklärung über<br />
Behandlungsbedarf, Motivational Interviewing, d. h. motivierende Gesprächsführung<br />
mit dem Ziel, intrinsische Motivation zur Verhaltensänderung aufzubauen, Reasoning<br />
& Rehabilitation - Verstehen und Eingliedern – das dem Abbau von Therapieängsten<br />
und –vorbehalten dient, BPS - ein Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter,<br />
sowie ein Behandlungsprogramm für inhaftierte Gewalttäter),<br />
• Sozialtherapeutische Behandlung (z.B. Psychotherapie, Dialektisch - Behaviorale<br />
Therapie - Reduktion von selbst- und fremdschädigendem Verhalten,<br />
Rückfallprophylaxegruppen).<br />
96 Zudem wurde eine sozialtherapeutische Abteilung für Sicherungsverwahrte in der<br />
Justizvollzugsanstalt Werl errichtet.<br />
97 Die personelle Ausstattung in den betroffenen Abteilungen wurde verbessert. Die<br />
Stellenzuordnung in diesem Bereich orientiert sich nunmehr an dem für sozialtherapeutische<br />
22
Anstalten üblichen (günstigen) Stellenschlüssel. Zur Verbesserung der Behandlung werden<br />
des weiteren Haushaltsmittel für externe Therapeuten zur Verfügung gestellt.<br />
98 In Rheinland-Pfalz wurde eine interdisziplinär zusammengesetzte Arbeitsgruppe<br />
eingerichtet, in der auch das Saarland vertreten war. Sie hatte den Auftrag, ein<br />
Behandlungskonzept der Sicherungsverwahrung in Rheinland-Pfalz zu erarbeiten. Ihr<br />
Abschlussbericht datiert vom 13. Mai 2013.<br />
Der Abschlussbericht ist so aufgebaut, dass zunächst die diagnostischen und<br />
therapeutischen Vorgehensweisen im Hinblick auf Strafgefangene mit angeordneter oder<br />
vorbehaltener Sicherungsverwahrung skizziert werden. Anschließend werden diese dann auf<br />
die Untergebrachten in der Sicherungsverwahrung übertragen. Deren Diagnostik und<br />
Behandlung folgt grundsätzlich ähnlichen Prinzipien, weist punktuell aber andere Akzente<br />
auf. Da nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 die<br />
Behandlungsangebote in der Sicherungsverwahrung auf die individuellen Erfordernisse der<br />
Sicherungsverwahrten ausgerichtet sein müssen, hat die Arbeitsgruppe eine große Zahl an<br />
wissenschaftlich anerkannten Interventionen zur Motivierung und Behandlung<br />
zusammengestellt, die in der Justizvollzugsanstalt Diez sukzessive erprobt und<br />
weiterentwickelt werden können.<br />
99 Das Behandlungskonzept verfolgt das Ziel, mit Diagnostik und Behandlung bei Personen mit<br />
rechtskräftig angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung bereits während der<br />
Strafhaft anzusetzen und unter Ausschöpfung aller zur Verfügung stehenden Maßnahmen<br />
die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung möglichst zu vermeiden.<br />
100 In Sachsen sind in der mit 20 Untergebrachten belegten Abteilung der<br />
Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Bautzen ein Abteilungsleiter (höherer<br />
Dienst - Juristin), zwei Psychologen, ein psychotherapeutisch vorgebildeter Arzt, zwei<br />
Sozialarbeiter, ein Kunsttherapeut, ein Arbeitstherapeut und neun Bedienstete des<br />
allgemeinen Vollzugsdienstes beschäftigt.<br />
101 Um die differenzierten Störungsbilder dieser Klientel behandeln zu können, wurden zudem<br />
Haushaltsmittel insbesondere für Honorarkosten bei Einsatz von Psychiatern,<br />
Psychotherapeuten, Ergotherapeuten und Fachkräften weiterer Spezialrichtungen<br />
bereitgestellt.<br />
102 Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Bediensteten der Justizvollzugsanstalt Bautzen und dem<br />
Kriminologischen Dienst des Freistaates Sachsen, erarbeitete unter Koordinierung und<br />
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Beteiligung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Europa ein Konzept zur<br />
Unterbringung, Betreuung und Behandlung der Sicherungsverwahrten. Grundlage hierfür<br />
war eine durch den Kriminologischen Dienst erfolgte Diagnostik der Probanden mit<br />
angeordneter/vorbehaltender Sicherungsverwahrung zur Bedarfsanalyse.<br />
103 Ziel der Behandlung ist die Verbesserung der psychischen Gesundheit, die Stärkung der<br />
Ressourcen und Veränderung der kriminogen wirkenden Persönlichkeits- und<br />
Umweltfaktoren und letztlich die Reduktion der Gefährlichkeit durch einen ganzheitlichen<br />
Behandlungsansatz. Die zukünftigen Untergebrachten werden bereits vor Antritt der<br />
Sicherungsverwahrung durch Bedienstete der Abteilung Sicherungsverwahrung der<br />
Justizvollzugsanstalt Bautzen in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt aufgesucht. Es erfolgt<br />
ein therapeutisches Übergabegespräch gemeinsam mit dem Untergebrachten. Der gesamte<br />
Behandlungsverlauf in der Sicherungsverwahrung gliedert sich in folgende drei Module:<br />
• Orientierungs- und Diagnostikmodul: Neben der Diagnostik soll der Untergebrachte<br />
sich an die neue Umgebung gewöhnen, eigene Ansatzpunkte der Veränderung<br />
finden und eine Motivation für noch intensivere therapeutische Interventionen<br />
entwickeln. Dies erfolgt etwa durch Einzel- und Gruppengespräche und eine<br />
psychologische und medizinisch/psychiatrische Diagnostik. Anhand dieser Daten<br />
wird ein individueller Vollzugs- und Eingliederungsplan erarbeitet.<br />
• Interventionsmodul: Der Untergebrachte erhält einen Wochenplan mit seinen<br />
Therapiebausteinen. Je nach Gruppenfähigkeit und Lernziel werden Einzel- und/oder<br />
Gruppensitzungen durchgeführt. Der Untergebrachte soll an arbeitstherapeutischen<br />
Maßnahmen teilnehmen oder einen Schul- bzw. Berufsabschluss ermöglicht<br />
bekommen ebenso wie die gesunde Lebensweise und Verantwortung für die Gruppe<br />
im Rahmen der milieutherapeutischen Wohngruppe übernehmen.<br />
• Übergangsmodul: Der Kontakt und Übergang in die individuelle Entlassungssituation<br />
wird organisiert mit Entwicklungszielen, etwa dem Aufbau bzw. Intensivierung von<br />
sozialen Kontakten (Einbeziehung von Angehörigen bzw. ehrenamtlichen<br />
Mitarbeitern), gestufte vollzugsöffnende Maßnahmen, der Unterbringung im offenen<br />
Vollzug, der Kontaktaufnahme mit externen Nachsorgeeinrichtungen und<br />
Entlassungsplanung und der Planung des Übergangs in Betreutes Wohnen oder<br />
Altenheime.<br />
104 Die Implementierung des Konzeptes wurde durch den Kriminologischen Dienst des<br />
Justizvollzugs im Freistaat Sachsen fachlich begleitet.<br />
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105 In Sachsen-Anhalt orientiert sich das Behandlungskonzept für Sicherungsverwahrte an<br />
sozialtherapeutisch ausgerichteten integrativen Behandlungskonzepten. Ausgehend von<br />
einem multifaktoriell bedingten Delinquenz- bzw. Störungsmodell wird dem Klienten ein<br />
individuelles breit gefächertes, ineinandergreifendes Behandlungsangebot gemacht. In<br />
diesem integrativen Ansatz wird sowohl die Bearbeitung kriminogener Faktoren<br />
(Defizitmodell) als auch die Förderung der Delinquenz vermeidenden Faktoren<br />
(Ressourcenorientierung) umgesetzt.<br />
106 Die Behandlung der Klienten wird von einem interdisziplinären Team von Ärzten,<br />
Psychologen, Psychotherapeuten, Sozialpädagogen und -arbeiter, Ergotherapeuten und<br />
Bezugsbetreuern geleistet. Nach einer umfassenden Eingangsuntersuchung und<br />
Befunderhebung wird der Untergebrachte im Wohngruppenvollzug integriert. Gemäß der<br />
Indikationsstellung wird dem Klienten eine auf ihn abgestimmte individuelle Behandlung bzw.<br />
Therapie angeboten.<br />
107 Behandlungsgespräche beziehen sich auf psychologische ggf. psychotherapeutische<br />
Einzelgespräche, Motivationsgruppen, deliktspezifische Behandlungsgruppen,<br />
Antiaggressionsgruppen, Suchtgruppen, Training sozialer Kompetenz, Frustrations- und<br />
Stressbewältigung, Freizeit- und Kreativgruppen. Neben den Einzelgesprächen und der<br />
Gruppenarbeit kann die Einbeziehung von externen Bezugspersonen (z.B. Ehe- oder<br />
Lebenspartner, Kinder, Bewährungshilfe) in den Behandlungsprozess ein wichtiger Faktor für<br />
die Legalbewährung sein.<br />
108 Der Alltag und das soziale Miteinander der Untergebrachten werden im Sinne einer<br />
Milieutherapie gemeinsam mit Vollzugsbediensteten und Wohngruppenleitern ausgewertet.<br />
Die Umsetzung des Behandlungsauftrags setzt bei allen am Behandlungsprozess Beteiligten<br />
ein hohes Maß an beruflicher Kompetenz, Belastbarkeit, Eigenmotivation und Teamfähigkeit<br />
etc. voraus. Dies wird durch externe Teamsupervision gewährleistet.<br />
109 In Thüringen wird derzeit für die Sicherungsverwahrten, die sich in der Justizvollzugsanstalt<br />
Tonna befinden, das Konzept der Sozialtherapeutischen Abteilung vom Thüringer<br />
Justizministerium in Zusammenarbeit mit dem Kriminologischen Dienst und der<br />
Justizvollzugsanstalt überarbeitet. Zudem wird ein Behandlungskonzept für Gefangene mit<br />
angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung erstellt.<br />
IV. Individuelle Maßnahmen<br />
110 Im Umsetzungsbericht vom 11. März 2013 sind die individuellen Maßnahmen in den<br />
einzelnen Verfahren umfassend dargestellt worden, worauf an dieser Stelle verwiesen wird.<br />
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Zu ergänzen sind lediglich nachfolgende Informationen über die weitere Entwicklung bei den<br />
Beschwerdeführern, die sich weiterhin in der Sicherungsverwahrung befinden:<br />
1. K. (Beschwerde Nr. 17792/07) und M. (Beschwerde Nr. 20008/07)<br />
111 Der Sicherungsverwahrte K. befindet sich weiterhin in der Justizvollzugsanstalt Aachen im<br />
Maßregelvollzug.<br />
112 In den letzten Jahren sind Einstellung und Verhalten des Untergebrachten durch das<br />
Bewusstsein bestimmt, als „Altfall“ rechtswidrig in der Sicherungsverwahrung festgehalten zu<br />
werden. Vor diesem Hintergrund war er bislang nicht bereit, sich innerhalb der<br />
Sicherungsverwahrung Behandlungsmaßnahmen zu unterziehen.<br />
113 Durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer beim Landgericht Aachen vom 21. Februar<br />
2013 wurde die Begutachtung des Verwahrten K. durch Herrn Dr. R. beauftragt und der<br />
Sachverständige gebeten, insbesondere zu der Frage Stellung zu nehmen, ob in Bezug auf<br />
den Untergebrachten die hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- und Sexualverbrechen aus<br />
konkreten Umständen in dessen Person oder Verhalten abzuleiten sind.<br />
114 Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 22. April 2013 zu dem Ergebnis, dass<br />
bei dem Verwahrten alle Kriterien im Hinblick auf eine dissoziale Persönlichkeitsstörung im<br />
Sinne des ICD-10 als erfüllt anzusehen sind. Hinzu kommt ein Mehrfachsubstanzmissbrauch<br />
von Alkohol und Drogen mit Abhängigkeitssyndrom und Abstinenz unter beschützenden<br />
Bedingungen. Aufgrund dieser psychischen Störung besteht nach Einschätzung des<br />
Sachverständigen die hochgradige Gefahr von sexuellen Missbrauchstaten fort.<br />
115 Durch die erneute Aufnahme von therapeutischen Gesprächen könnten sich Perspektiven für<br />
den Untergebrachten entwickeln. Konkret wird Herr K. im September 2013 bei einer externen<br />
Therapeutin eine Einzeltherapie beginnen.<br />
116 Die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Aachen hat - im Anschluss an die<br />
Anhörung des Verwahrten - mit Beschluss vom 14. Juni 2013 abgelehnt, die weitere<br />
Vollstreckung der Sicherungsverwahrung für erledigt zu erklären oder zur Bewährung<br />
auszusetzen. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig, da Herr K. sofortige Beschwerde<br />
dagegen eingelegt hat.<br />
117 Gegen den Sicherungsverwahrten M. wurde seit dem 4. Januar 1997 die Maßregel der<br />
Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichtes Duisburg vom 22. Juli 1991<br />
vollzogen, dies seit dem 15. März 2006 in der Justizvollzugsanstalt Aachen. Die<br />
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Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Aachen hat mit am 11. Juni 2013<br />
rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 31. Mai 2013 die weitere Vollstreckung der<br />
Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gegen Auflagen und Weisungen zur Bewährung<br />
ausgesetzt.<br />
118 Der Verurteilte ist am 12. Juni 2013 aus dem Maßregelvollzug in die Wohngemeinschaft „Die<br />
Kaue“ in Recklinghausen entlassen worden. Am 20. Juni 2013 hat die<br />
Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Aachen gegen den Verurteilten wegen<br />
Verstoßes gegen ihm auferlegte Weisungen einen Sicherungshaftbefehl gemäß § 453c<br />
StPO erlassen; am selben Tag wurde Herr M. in Recklinghausen verhaftet und der<br />
Justizvollzugsanstalt Bochum zugeführt. Herr M. hatte mehrere ihm auferlegte Weisungen -<br />
insbesondere keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu<br />
nehmen - nicht befolgt. Zudem hatte er mit seinem Verhalten in der erst am 12. Juni 2013<br />
begonnenen Unterbringung in der Einrichtung „Die Kaue“ gegen die dortigen hausinternen<br />
Regeln verstoßen.<br />
119 Der Verurteilte befindet sich seither in Sicherungshaft, seit dem 24. Juni 2013 wieder in der<br />
Justizvollzugsanstalt Aachen. Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat beantragt, die<br />
Aussetzung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung zu widerrufen.<br />
Eine Entscheidung darüber ist noch nicht ergangen.<br />
2. B. (Beschwerde Nr. 61272/09)<br />
120 Der Sicherungsverwahrte befindet sich seit dem 26. Juni 2013 in der Einrichtung für<br />
Sicherungsverwahrung in der Justizvollzugsanstalt Straubing. Seit Mai 2012 fanden 25<br />
Einzeltherapiestunden statt. Derzeit wird im Auftrag der auswärtigen<br />
Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing gemäß<br />
einem Beschluss vom 31. Januar 2013 ein Prognosegutachten durch den Sachverständigen<br />
Dr. N. erstellt. Zu diesem Zweck wurde der Sicherungsverwahrte am 22. und 24. Mai 2013<br />
durch den Sachverständigen exploriert. Das Gutachten liegt noch nicht vor.<br />
121 Dem Sicherungsverwahrten wurden am 17. April und 13. Juni 2013 begleitete Ausführungen<br />
gewährt, die psychologisch vor- und nachbereitet wurden. Die Ausführungen verliefen ohne<br />
Beanstandungen. Für den 25. Juli 2013 ist eine weitere Ausführung geplant.<br />
3. K. (Beschwerde Nr. 61827/09) und G. (Beschwerde Nr. 65210/09)<br />
Wiederaufnahmeverfahren:<br />
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122 Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, den der Sicherungsverwahrte K gestellt<br />
hatte, wurde mit Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 20. Februar 2013 als<br />
unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main<br />
brachte ebenfalls keinen Erfolg; mit Beschluss vom 13. Mai 2013 wurde die Beschwerde<br />
verworfen.<br />
123 Der Sicherungsverwahrte G hat gegen den Beschluss des Landgerichts Darmstadt vom 20.<br />
Dezember 2012, das die Wiederaufnahme des Verfahrens abgelehnt hatte, sofortige<br />
Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt. Mit Beschluss des Oberlandesgerichts<br />
Frankfurt am Main vom 29. April 2013 wurde die Beschwerde als unzulässig verworfen.<br />
124 In beiden Fällen gelangte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in seiner Begründung zu<br />
der Auffassung, dass der Tatsachenvortrag nicht ausreichend sei.<br />
Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung<br />
125 Gegen die bisher ergangenen Beschlüsse des Landgerichts Marburg sowie des<br />
Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, nach denen die Sicherungsverwahrung fortdauert,<br />
haben beide Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde eingelegt.<br />
126 Mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Februar 2013 wurden<br />
• in der Sache G. (2 BvR 2122/11) gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts<br />
Frankfurt am Main vom 22. August 2011 (3 Ws 761-762/11) sowie des Landgerichts<br />
Marburg vom 15. Juli 2011 (7 StVK 190/11 + 267/11) und<br />
• in der Sache K. (2 BvR 2705/11) gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts<br />
Frankfurt am Main vom 15. November 2011 (3 Ws 970/11) sowie des Landgerichts<br />
Marburg vom 30. August 2011 (7 StVK 266/11)<br />
127 die Entscheidungen aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht<br />
zurückverwiesen. In der Begründung führt das das Bundesverfassungsgericht aus, dass die<br />
Beschlüsse des Oberlandesgerichts Frankfurt die beiden Beschwerdeführer in ihren<br />
Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 104 Absatz 1 und<br />
Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes verletzten. Ausschlaggebend war, dass das<br />
Oberlandesgericht nicht den strengen Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts für<br />
die Fälle mit Vertrauensschutzproblematik angewandt hatte, nach dem eine Fortdauer der<br />
Sicherungsverwahrung nur noch unter den Voraussetzungen des Artikels 5 Abs. 1 lit. e<br />
EMRK erfolgen kann. In beiden Fällen ist noch keine Entscheidung ergangen bzw. eine<br />
Entscheidung hier noch nicht bekannt.<br />
28
128 In beiden Fällen sind auf den jeweiligen Antrag der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt vom<br />
24. Dezember 2012 Verfahren zur Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz<br />
(ThUG) beim Landgericht Marburg anhängig.<br />
Therapeutische und behandlerische Maßnahmen; Motivationsarbeit<br />
129 Herr G. nimmt nach wie vor an keiner behandlerischen und/oder therapeutischen Maßnahme<br />
teil. Er gilt als Totalverweigerer, der mit keinen Mitteln oder individuellen Anreizen zu<br />
erreichen ist. Motivierungsversuche enden nach sehr kurzer Zeit in verbal aggressiven<br />
Ausbrüchen des Herrn G. und werden vehement abgelehnt. Gesprächsbereitschaft besteht<br />
grundsätzlich nicht. Ein kürzlich unternommener Motivierungsversuch des zuständigen<br />
Psychologen (Teilnahme an der SOTP Gruppe) endete damit, dass der Beschwerdeführer<br />
entrüstet und aggressiv verlautbarte, dass er sich etwaige Versuche in Zukunft verbitte.<br />
130 Herr K. konnte vor kurzem dazu motiviert werden ein 6-wöchiges soziales Kompetenztraining<br />
zu absolvieren. Trotz dieses Fortschritts lehnt er die Kommunikation mit den Bediensteten ab<br />
und lässt alle weiteren Therapie- und Behandlungsversuche nicht zu. Auch in seinem Fall<br />
findet eine stetige Ansprache statt, die aber ins Leere läuft. Zu weiteren Maßnahmen ist er<br />
nicht bereit.<br />
131 Beide Beschwerdeführer sind aus Sicht der Bediensteten vor Ort trotz intensivster<br />
Bemühungen zu keiner Veränderung bereit.<br />
• S. (Beschwerde Nr. 3300/10)<br />
132 Gegen den Betroffenen wurde mit Urteil vom 30. Juli 2008 die nachträgliche<br />
Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 3 StGB a.F. angeordnet. Nachdem das<br />
Bundesverfassungsgericht mit Entscheidung vom 6. Februar 2013 ausgeführt hatte, dass der<br />
verschärfte Maßstab aus dem Urteil vom 4. Mai 2011 auch für die Fälle der nachträglichen<br />
Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 3 StGB a. F. gilt, wurde die Staatsanwaltschaft<br />
München I mit Schreiben vom 4.März 2013 gebeten, umgehend die neue<br />
Fortdauerüberprüfung nach dem verschärften Maßstab anzustoßen.<br />
133 Die Justizvollzugsanstalt Straubing wurde daraufhin von der Staatsanwaltschaft München I<br />
um Stellungnahme zur Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten, zum Vorliegen<br />
einer psychischen Störung sowie zur Überweisung in den Vollzug gemäß § 63 StGB<br />
gebeten. In der Stellungnahme vom 2. April 2013 führte die Justizvollzugsanstalt Straubing<br />
aus, dass eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung in der<br />
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Gesamtschau zum gegenwärtigen Zeitpunkt – vor allem unter Berücksichtigung des<br />
Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit – keinesfalls befürwortet werden könne. Auch eine<br />
Überweisung des Verurteilten in den Vollzug gemäß § 63 StGB erscheine wenig sinnvoll, da<br />
die Compliance im therapeutischen Bereich zu niedrig sei. Ebenso beschreibe die<br />
Gutachterin, dass eine Veränderung des Verhaltens durch eine<br />
psychotherapeutische/psychiatrische Maßnahme derzeit nicht zu erwarten sei.<br />
134 Am 11. April 2013 beantragte die Staatsanwaltschaft München I bei der auswärtigen<br />
Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing die<br />
Fortdauer der Sicherungsverwahrung und legte die Akten vor.<br />
135 Mit Beschluss vom 11. Juni 2013 wurde durch die Strafvollstreckungskammer Prof. Dr. O.<br />
mit der Erstellung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zu Gefährlichkeit und<br />
psychischer Störung im Sinne des § 1 ThUG bzw. möglichen Maßnahmen zur Verbesserung<br />
der Kriminalprognose des Verurteilten beauftragt. Dieses liegt noch nicht vor.<br />
136 Der Sicherungsverwahrte ist nach wie vor nicht bereit, an Behandlungsmaßnahmen<br />
teilzunehmen. Er hatte sich lediglich für die Teilnahme an einer „Basisgruppe Kochen“ bereit<br />
erklärt. Nach zwei Stunden verweigerte er jedoch die weitere Teilnahme. Als Grund gab er<br />
an, dass die Gruppe von internen Fachdiensten durchgeführt werde.<br />
137 Mit dem Sicherungsverwahrten werden weiterhin Einzelgespräche geführt werden, um seine<br />
Vorbehalte gegen eine Behandlung abzubauen. Zudem werden dem Sicherungsverwahrten<br />
die Teilnahme an zahlreichen begleiteten Gruppen- bzw. Freizeitveranstaltungen, wie zum<br />
Beispiel Gesprächsgruppen, Entspannungsgruppen, Therapievorbereitungsgruppen<br />
angeboten.<br />
V. Ergebnis<br />
138 Aus Sicht der Bundesregierung setzen diese Maßnahmen gemeinsam mit den im Bericht<br />
vom 11. März 2013 genannten Maßnahmen das Urteil vollständig um.<br />
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