Aging Sciences and Humanities - Interdisziplinäre Fakultät ...
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MEDIZIN<br />
genetische Tests wurden nach der Entdeckung<br />
dieses Zusammenhanges etabliert.<br />
Deren diagnostischer und prognostischer<br />
Wert wird jedoch für den<br />
Einzelnen als sehr gering eingeschätzt.<br />
Trotz intensiver weltweiter Bemühungen<br />
ist es nicht gelungen, das „Alzheimer<br />
Gen“ zu identifizieren.<br />
Im Forschungslabor der Klinik für<br />
Neurologie am Zentrum für Nervenheilkunde<br />
geht man nun einen neuen Weg.<br />
In den letzten Jahren wurde herausgefunden,<br />
dass die Menge von β-Amyloid-<br />
Ablagerungen im Gehirn älterer Patienten<br />
mit der Funktion von Proteinen an<br />
den Hirngefäßen eng zusammenhängt.<br />
Bereits mehrere Jahrzehnte zuvor beschrieb<br />
R. Weller gefäßnahe Ablagerungen<br />
und deren Morphologie in elektronenmikroskopischen<br />
Präparaten. Zur<br />
damaligen Zeit waren molekularbiologische<br />
Methoden, z. B. transgene oder<br />
knock-out Mausmodelle, undenkbar.<br />
Durch diese neuen Methoden ist es nun<br />
möglich, die Zusammenhänge zwischen<br />
Blut-Hirn-Schranke (BHS) und die dabei<br />
wichtigen Transportproteine zu charakterisieren.<br />
In früheren Arbeiten zeigte sich,<br />
dass die Aktivität der Transporter und<br />
somit Durchlässigkeit der BHS eng mit<br />
der Menge von β-Amyloid im Gehirn<br />
korreliert: viel Transportprotein – wenig<br />
Amyloid und vice versa. Zahlreiche<br />
neue Mausmodelle wurden in den letzten<br />
drei Jahren etabliert, bei denen<br />
jeweils ein, zwei, drei oder sogar vier<br />
Transporter an der BHS fehlen. Diese<br />
„Alzheimer-Mäuse“ werden nun zu verschiedenen<br />
Zeitpunkten von 50 Tagen<br />
bis zwei Jahren analysiert, um den Einfluss<br />
jeder dieser Transporter genau zu<br />
beschreiben.<br />
Doch wozu ist dieser Aufw<strong>and</strong> zur<br />
präzisen Beschreibung der Transportkinetiken<br />
nötig? Aus pharmakologischen<br />
Untersuchungen ist bekannt, dass eine<br />
große Anzahl von Medikamenten für<br />
Demenzformen<br />
Häufigkeit<br />
Alzheimer Demenz 55 %<br />
vaskuläre Demenz (gefäßbedingt) 15 %<br />
gemischte Demenz 10 %<br />
Lewy-Körperchen-Demenz 5 %<br />
seltene Formen: frontotemporale Degeneration (FTLD), Parkinson,<br />
HIV-assoziiert, Normaldruck-Hydrocephalus, sonstige<br />
15 %<br />
Häufigkeiten verschiedener Demenzformen (siehe auch www.DemNET.uni-rostock.de)<br />
Der Autor<br />
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jens Pahnke<br />
geboren 1972; Staatsexamen Medizin,<br />
Diplom Humanbiologie 2000; Promotion<br />
zum Dr. med. 2000 (EMAU Greifswald);<br />
Promotion zum Dr. rer. nat. 2004 (Universität<br />
Rostock); PostDoc am Universitätsspital<br />
Zürich, Institut für klinische Pathologie<br />
/ Neuropathologie (2002 – 2005);<br />
seit Dezember 2005 Juniorprofessor am<br />
Zentrum für Nervenheilkunde/Klinik für<br />
Neurologie; Leiter des Neurodegeneration<br />
Research Lab (NRL) – Grundlagenforschung<br />
von Demenzerkrankungen;<br />
Leiter des Neuromuskulären Labors<br />
(NML) – Diagnostik von Neuromuskulären<br />
Erkrankungen<br />
Universität Rostock<br />
Zentrum für Nervenheilkunde<br />
Klinik für Neurologie<br />
Neurodegeneration Research Lab<br />
Gehlsheimer Str. 20, 18147 Rostock<br />
Tel.: 0381/494-4700<br />
E-Mail: jens.pahnke@med.uni-rostock.de<br />
Internet: www.NRL.uni-rostock.de<br />
DemNET-MV: www.DemNET.uni-rostock.de<br />
die Langzeittherapie des Bluthochdruckes,<br />
u. a. β-Blocker und Kalziumantagonisten,<br />
die Transporterfunktion negativ<br />
beeinflussen. Es ist deshalb anzunehmen,<br />
dass die Langzeiteinnahme und<br />
die damit verbundene Absenkung der<br />
„Reinigungsfunktion“ der Transportmoleküle<br />
das Risiko erhöhen, an einer Alzheimer<br />
Demenz zu erkranken.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl<br />
für „Systems Biology <strong>and</strong> Bioinformatics“<br />
(Prof. O. Wolkenhauer) werden<br />
aus den biologischen Daten der verschiedenen<br />
Mausmodelle Computermodelle<br />
erarbeitet, die es ermöglichen sollen, die<br />
Wechselwirkungen und Zusammenhänge<br />
der Regulation genauer zu verstehen.<br />
Ziel ist es, eine individualisierte Risikoabschätzung<br />
für verschiedene Medikamente<br />
bei Einnahme bereits vor dem<br />
65. Lebensjahr zu ermöglichen. Einer<br />
der ersten sechs Doktor<strong>and</strong>en des Departments<br />
„<strong>Aging</strong> Science <strong>and</strong> <strong>Humanities</strong>“<br />
wird sich intensiv mit der Gewinnung<br />
und Aufbereitung der biologischen<br />
Daten zur systembiologischen Modellierung<br />
beschäftigen.<br />
Neben den Untersuchungen zur<br />
Funktion der Blut-Hirn-Schranke bei<br />
Demenzerkrankungen spielen auch<br />
Experimente zur Erarbeitung neuer<br />
Methoden der Bildgebung und intravitalen<br />
Darstellung von β-Amyloid, zur<br />
Funktion der endogenen neuronalen<br />
Stammzellen bei der adulten Neurogenese<br />
und zur Wechselwirkung von<br />
Prion-Protein und Amyloid-Precursor-<br />
Protein eine zentrale Rolle. Hierbei werden<br />
wichtige Signalwege und Aspekte<br />
der Neurodegeneration und das Restaurationsvermögen<br />
in den vorh<strong>and</strong>enen<br />
36 Erkrankungsmodellen untersucht.<br />
Um die Aktivitäten auf dem Gebiet<br />
der Demenzforschung in Mecklenburg-<br />
Vorpommern zu bündeln, wurde im Februar<br />
die Arbeitsgemeinschaft Demenz<br />
(DemNET-MV) ins Leben gerufen. Die<br />
Internetplattform soll es zukünftig ermöglichen,<br />
interdisziplinäre Forschungsansätze<br />
frühzeitig zu erkennen, aktuelle<br />
Informationen über die Mitglieder und<br />
Aktivitäten bereitzustellen sowie Hilfesuchenden<br />
einen ersten Anlaufpunkt im<br />
Netz zu bieten.<br />
Einige der Mitglieder des DemNET-<br />
MV und des Departments „<strong>Aging</strong> Science<br />
<strong>and</strong> <strong>Humanities</strong>“ konnten bereits erfolgreich<br />
an der Ausschreibung des<br />
Bundesministeriums für Bildung und<br />
Forschung (BMBF) mit ihrem interdisziplinären<br />
Projekt zur Demografie,<br />
Community Medicine und klinischen<br />
Demenzforschung (DeCoK-MV) am geplanten<br />
Deutschen Zentrum für Neurodegenerative<br />
Erkrankungen teilnehmen.<br />
Ein Helmholtz-Partnerzentrum (Sprecher:<br />
Prof. S. Teipel, Klinik für Psychiatrie)<br />
ist zukünftig in Mecklenburg-Vorpommern<br />
geplant und wird gemeinsame<br />
Forschungsaktivitäten der Universitäten<br />
Rostock und Greifswald zur Verbesserung<br />
der Versorgung älterer Demenzkranker<br />
koordinieren.<br />
■<br />
Universität Rostock<br />
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