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Aging Sciences and Humanities - Interdisziplinäre Fakultät ...

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PSYCHOLOGIE<br />

Wortschatz, Erfahrungen, gut geübte<br />

Fertigkeiten) gegenübergestellt.<br />

Die Mechanik der Intelligenz wird zu<br />

Beginn des Lebens aufgebaut, was vor<br />

allem mit dem Aufbau neuronaler<br />

Strukturen einhergeht. Trotz der biologisch-genetischen<br />

Grundlage erfolgt<br />

dieser Aufbau nicht automatisch, Reifung<br />

und (Umwelt-)Erfahrungen stehen<br />

in einer dauernden Wechselwirkung.<br />

Die kognitive Alterung im Hinblick auf<br />

die Mechanik erfolgt möglicherweise<br />

aufgrund indirekter Auswirkung des<br />

geringeren phylogenetischen Selektionsdrucks.<br />

Zum <strong>and</strong>eren scheinen sich<br />

altersbezogene Dysfunktionen auszuwirken,<br />

die wiederum eng mit altersspezifischen<br />

Erkrankungen, wie Diabetes<br />

mellitus oder hohem Blutdruck, zusammenhängen<br />

können.<br />

Aufbau der Pragmatik der Intelligenz<br />

meint beispielsweise den Erwerb kulturell<br />

verankerten Wissens. Diese Wissensbestände,<br />

oft auch als „kristallisierte<br />

Intelligenz“ bezeichnet, entwickeln sich<br />

auf der Grundlage der kognitiven Mechanik,<br />

in diesem Zusammenhang oft auch<br />

als „flüssige Intelligenz“ bezeichnet, und<br />

der Bildungschancen, über die das Individuum<br />

verfügt. Beides, flüssige Intelligenz<br />

und Bildungschancen wie auch<br />

spezifische persönliche Erfahrungen,<br />

sind also notwendige Voraussetzungen<br />

zum Aufbau pragmatischen Wissens<br />

und von Expertise.<br />

Während die Mechanik der Intelligenz<br />

sich ab dem mittleren Erwachsenalter<br />

als altersanfällig erweist, gilt dies<br />

für die Pragmatik nicht. Der Abbau im<br />

Bereich der Mechanik lässt sich zwar<br />

kaum aufhalten, ein reiches Wissen, also<br />

eine gut trainierte Pragmatik kann allerdings<br />

die negativen Auswirkungen dieses<br />

Abbaus entscheidend abpuffern.<br />

Weiter lässt sich festhalten, dass sich<br />

sowohl der Beginn der Abbauprozesse<br />

als auch das Ausmaß des Abbaus zwischen<br />

dem 60. und 80. Lebensjahr von<br />

Mensch zu Mensch stark unterscheiden.<br />

Auch sind die Unterschiede zwischen<br />

den Generationen genauso groß wie die<br />

altersbedingten Effekte, mit <strong>and</strong>eren<br />

Worten: Die Alterseffekte verändern sich<br />

von Generation zu Generation.<br />

Trotz moderatem Rückgang bleibt<br />

auch die Funktionsfähigkeit der kognitiven<br />

Mechanik (flüssige Intelligenz,<br />

Gedächtnisfunktionen) in der Regel bis<br />

ins hohe Alter erhalten, so dass nach<br />

wie vor neues Wissen erworben werden<br />

kann (Ausnahme: demenzielle Erkrankungen).<br />

Allerdings scheinen ältere Versuchspersonen<br />

neu Gelerntes weniger<br />

gut auf Neues anwenden zu können<br />

(geringerer Transfer) und die absoluten<br />

Leistungsobergrenzen, die unter äußerster<br />

Anstrengung eben noch zu erreichen<br />

sind, scheinen sich zu verringern. Daher<br />

ist es in der Regel besser, bei älteren<br />

Personen direkt die zu verbessernden<br />

Fertigkeiten zu trainieren und nicht die<br />

allgemeinen Kompetenzen.<br />

Bestimmte Bereiche der Pragmatik,<br />

etwa das, was die Psychologen „Weisheit“<br />

nennen, nehmen im Alter sogar zu:<br />

Ältere Personen können demnach komplexe<br />

soziale Probleme besser einschätzen,<br />

indem sie auf reichhaltigere Erfahrungen<br />

zurückgreifen können. Damit dies<br />

funktioniert, ist natürlich die soziale Teilhabe<br />

entscheidend und damit wichtig für<br />

die Intelligenzleistungen im Alter. ■<br />

Der Autor<br />

Prof. Dr. Christoph Perleth<br />

geboren 1958; Studium Psychologie,<br />

Mathematik und kath. Theologie an der<br />

LMU München; Promotion 1992; Habilitation<br />

1998; 1986 bis 1988 wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter im Forschungsprojekt<br />

„Formen der Hochbegabung bei Kindern<br />

und Jugendlichen“ (Leitung: Prof. Dr. K.<br />

Heller); 1992 bis 1999 wissenschaftlicher<br />

Assistent am Institut für Pädagogische<br />

Psychologie und Empirische Pädagogik<br />

der LMU München, ab 1998 Privatdozent;<br />

1999 Professor für „Pädagogische und<br />

Heilpädagogische Psychologie mit dem<br />

Schwerpunkt Differenzielle Psychologie<br />

und Diagnostik“ am Institut für Pädagogische<br />

Psychologie der Universität Rostock<br />

Forschungsschwerpunkte:<br />

u. a. Intelligenz- und (Hoch-)Begabungsforschung,<br />

Lern- und Leistungsentwicklung<br />

bei Kindern und Jugendlichen inklusive<br />

Expertiseforschung, Entwicklung<br />

psychologischer Tests<br />

Universität Rostock<br />

Philosophische <strong>Fakultät</strong><br />

Institut für Pädagogische Psychologie<br />

„Rosa und David Katz“<br />

August-Bebel-Str. 28, 18055 Rostock<br />

Tel.: 0381/498-2650<br />

E-Mail: christoph.perleth@uni-rostock.de<br />

allgemeine Intelligenz<br />

10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60<br />

Alter<br />

Intelligenzentwicklung über die Lebensspanne nach Wechsler, 1949 (Abb. 1)<br />

Universität Rostock<br />

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