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<strong>target</strong> FORSCHUNG<br />
Bei der Durchleuchtung mit schnellen Protonen<br />
ist der innere Aufbau der Spezialpuppe des<br />
Matroshka-Experiments sichtbar. Man kann die<br />
Knochen und die Zähne erkennen.<br />
THERANOSTIK<br />
Tumoren erkennen und behandeln mit Protonen<br />
Kann man einen Tumor gleichzeitig untersuchen<br />
und behandeln? Diese Idee<br />
könnte bald Wirklichkeit werden. In einem<br />
gemeinschaftlichen Experiment von<br />
<strong>GSI</strong>, der Technischen Universität Darmstadt<br />
(TUD) und des Los Alamos National<br />
Laboratory (LANL), USA, haben<br />
Forscher im Dezember 2012 gezeigt,<br />
dass dies mit Strahlen aus schnellen Protonen<br />
gelingen könnte. Die Kombination<br />
von Therapie und Diagnostik nennen die<br />
Forscher Theranostik.<br />
In den Experimenten an der Beschleunigeranlage<br />
in Los Alamos haben die<br />
Wissenschaftler eine Maus mit schnellen<br />
Protonen durchleuchtet. Winzige Strukturen<br />
wie das Rückgrat oder die Rippen<br />
sind dabei genau zu erkennen. Ebenfalls<br />
mit den Protonen durchleuchtet wurde<br />
die menschenähnliche Spezialpuppe<br />
des Matroshka-Experiments, die vom<br />
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt<br />
(DLR) für Dosimetrieexperimente<br />
auf der Internationalen Raumstation ISS<br />
eingesetzt wird.<br />
Protonen sind die Atomkerne von Wasserstoffatomen.<br />
Mithilfe eines Beschleunigers<br />
lassen sie sich auf hohe Geschwindigkeiten<br />
bringen. Ähnlich wie die in der<br />
medizinischen Diagnostik etablierten<br />
Röntgenstrahlen können die Protonen<br />
ein Objekt durchstrahlen und ein Bild von<br />
ihm erzeugen. “Mit dieser Technik wurden<br />
bisher leblose Objekte untersucht –<br />
man kann beispielweise ein Plasma oder<br />
eine Explosion damit durchleuchten und<br />
ein Abbild der Bewegungen darin erzeugen”,<br />
erklärt Dr. Dimitry Varentsov aus<br />
der <strong>GSI</strong>-Plasmaphysik. In den Experimenten<br />
in Los Alamos haben Forscher<br />
aus der <strong>GSI</strong>-Plasmaphysik und -Biophysik<br />
nun erstmals Bilder und Filme von<br />
biologischem Material erzeugt.<br />
“Die gleichen schnellen Protonen, die<br />
für die Bildgebung eingesetzt werden,<br />
könnten auch für die direkte Behandlung<br />
eines Tumors genutzt werden. Man<br />
könnte gezielt und millimetergenau eine<br />
Dosis Protonen durch den Tumor hindurchschießen,<br />
um ihn zu zerstören<br />
– Zielen und Schießen”, sagt Professor<br />
Marco Durante, Leiter der <strong>GSI</strong>-Biophysik.<br />
“Die von den schnellen Protonen<br />
erzeugten Bilder haben eine hohe Auflösung,<br />
man kann sehr kleine Strukturen<br />
erkennen. So könnte man insbesondere<br />
die Abgrenzung zwischen empfindlichem<br />
gesunden Gewebe und dem Tumor<br />
sehr präzise vornehmen.”<br />
“Im Falle der Protonentherapie bekäme<br />
man bei einer therapeutischen Bestrahlung<br />
gleichzeitig ein genaues Bild der<br />
Umgebung des Tumors geliefert, um die<br />
Therapie in den Folgesitzungen perfekt<br />
einzustellen. Das ist bei sehr empfindlichem<br />
Gewebe in der Umgebung, wie<br />
Rückenmark oder Hirnstamm, besonders<br />
wichtig”, erklärt Dr. Matthias Prall aus<br />
der <strong>GSI</strong>-Biophysik, der an den Experimenten<br />
in Los Alamos beteiligt war.<br />
“Man kann sich quasi an die kritischen<br />
Stellen vorsichtig herantasten und sicherstellen,<br />
dass der Tumor abgetötet, das<br />
gesunde Gewebe jedoch erhalten wird.”<br />
In weiteren geplanten Experimenten in<br />
Los Alamos wollen die Forscher von <strong>GSI</strong>,<br />
TUD und LANL weitere biologische Proben<br />
untersuchen. Langfristig ist geplant,<br />
mit der Technik einen Tumor sichtbar<br />
zu machen und direkt mit der Strahlung<br />
zu therapieren. Das könnte zunächst<br />
entweder ein künstlicher Tumor in der<br />
Matroshka-Puppe oder ein Tumor an einem<br />
Tier sein.<br />
“In Zukunft werden solche Experimente<br />
auch an der Beschleunigeranlage FAIR<br />
möglich, die momentan in internationaler<br />
Zusammenarbeit errichtet und mit<br />
den bestehenden <strong>GSI</strong>-Anlagen verbunden<br />
wird”, zeigt Durante als Perspektive<br />
auf. “An FAIR ist ein Experimentierplatz<br />
geplant, der von den Forschern aus der<br />
Plasma- und Biophysik gemeinschaftlich<br />
genutzt wird. FAIR kann Protonen mit<br />
deutlich höheren Energien zur Verfügung<br />
stellen als sie <strong>GSI</strong> oder die Anlage<br />
in Los Alamos aktuell liefert. Das wird die<br />
Bildqualität verbessern und eine weitere<br />
Untersuchung der Therapiemöglichkeiten<br />
erlauben.”<br />
Wissenschaftlicher Kontakt:<br />
Marco Durante, <strong>GSI</strong><br />
Seite 12 <strong>GSI</strong>-Magazin <strong>target</strong> Ausgabe 10