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arcHÄologie des wassers - Deutsches Archäologisches Institut

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Cultural hEritage<br />

Besuchermagnet Der Göbekli Tepe wird von einer jährlich steigenden Zahl von Touristen besucht. Foto: BTU Cottbus, Schmidt<br />

die Archäobotaniker <strong>des</strong> dai fanden Spuren wilder Gerste und<br />

wilden Einkorns. Am nördlichen Rand <strong>des</strong> Fruchtbaren Halbmon<strong>des</strong><br />

gelegen, bot das Areal so gute Lebensbedingungen, dass es<br />

womöglich Jäger und Sammler von überall her anzog. Inzwischen<br />

ist der Hügel mit Georadar und Geomagnetik untersucht. Min<strong>des</strong>tens<br />

16 Megalith-Ringe liegen noch verborgen unter der Erde.<br />

In einer späteren Phase hatten die Erbauer <strong>des</strong> Tempels weitere<br />

kleinere Pfeiler errichtet, die in rechtwinkligen Räumen aufgestellt<br />

wurden. Schließlich gaben sie den Ort auf, und erst die Römer<br />

nutzen den Hügel mit der guten Aussicht wieder, um darauf<br />

einen Wachtturm zu errichten.<br />

Klaus Schmidt vermutet, dass es genau dieser weite „Blick“ war,<br />

der die Erbauer <strong>des</strong> Göbekli Tepe veranlasste, hier ihre Heiligtümer<br />

zu errichten. Weitere Arbeiten vor Ort sind nötig, um den Zweck<br />

der Anlagen genauer zu verstehen. Eine Verbindung zum Totenkult<br />

ergibt sich durch den Fund einzelner menschlicher Knochen,<br />

und die Ikonographie <strong>des</strong> Platzes lässt diese Interpretationsmöglichkeit<br />

für die Anlagen zu. Die Darstellung von Armen, Händen<br />

und Kleidungsstücken auf einigen Pfeilern hilft, sie als stark abstrahierte<br />

Darstellungen überirdischer Wesen zu verstehen. In jedem<br />

Fall schufen die Steinmetze von Göbekli Tepe die ältesten architektonisch<br />

ausgestalteten Heiligtümer der Menschheit.<br />

Präzisionsarbeit Die Pfeiler <strong>des</strong> Heiligtums wurden ohne Metallwerkzeuge aus monumental gearbeiteten Werksteinen von unglaublicher Präzision<br />

geschaffen. BTU Cottbus, Schmidt<br />

12000 Jahre alte TieRWelt Tonnenschwere monolithische Pfeiler werden von Mauerzügen, die „Innen“ und „Außen“ temenosartig abgrenzen,<br />

kreisförmig verbunden. Im Zentrum steht ein alles überragen<strong>des</strong> Pfeilerpaar. Großformatige Reliefs von wilden Tieren halten viele offene Fragen für die<br />

Archäologen bereit. Fotos: DAI Orient-Abteilung, Schmidt<br />

Prof. Dr. Klaus Schmidt<br />

entdeckte 1994 die<br />

Bedeutung <strong>des</strong> Göbekli<br />

Tepe. Der Archäologe<br />

leitet die Arbeiten <strong>des</strong><br />

DAI vor Ort. Foto: DAI<br />

Kulturrevolution<br />

Die Monumente auf dem Göbekli Tepe sind eine weltweit einzigartige Quelle zur Geschichte<br />

<strong>des</strong> Umbruchs von jägerischen Gesellschaften zum Bauerntum und lassen diesen Wandel in<br />

gänzlich neuem Licht erscheinen. Da sich östlich <strong>des</strong> Göbekli Tepe aber die Vulkanlandschaft<br />

Karacadağ erstreckt, die mit Hilfe naturwissenschaftlicher Untersuchungen als Heimat später<br />

kultivierter Getreidearten bestimmt werden konnte, stellt sich auch die Frage, ob die jägerisch<br />

geprägte Kultgemeinschaft <strong>des</strong> Göbekli Tepe unter Umständen die Kultivierung von Wildgetreide<br />

initiiert haben könnte.<br />

Besonders in der älteren Schicht <strong>des</strong> Göbekli Tepe mit den monumentalen Anlagen zeugen<br />

große Mengen an Tierknochen von großen Festen, die sicher religiös motiviert waren und auch<br />

dem Zweck dienten, eine ausreichende Anzahl an Menschen zum Bau der Anlagen zusammenzuziehen.<br />

Das Ausrichten dieser Feste muss das ökonomische System einer jägerischen<br />

Gesellschaft schnell überlastet haben. Möglicherweise lag hierin der Grund zur Erschließung<br />

neuer Ressourcen, ein Vorgang, der schließlich mit der Domestikation von Pflanzen und Tieren<br />

in eine gänzlich neue, nahrungsmittelproduzierende Lebensweise mündete, die die Periode der<br />

Jungsteinzeit charakterisiert. Der Göbekli Tepe bietet damit einen Einblick in einen der<br />

grundlegendsten Wandlungsprozesse der Menschheitsgeschichte.<br />

Klaus Schmidt<br />

20 _ archäologie weltweit<br />

archäologie weltweit _ 21

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